The Project Gutenberg EBook of Reise nach dem skandinavischen Norden und
der Insel Island im Jahre 1845. Zweiter Band., by Ida Pfeiffer

This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
whatsoever.  You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
www.gutenberg.org.  If you are not located in the United States, you'll have
to check the laws of the country where you are located before using this ebook.



Title: Reise nach dem skandinavischen Norden und der Insel Island im Jahre 1845. Zweiter Band.

Author: Ida Pfeiffer

Release Date: October 25, 2014 [EBook #47193]

Language: German

Character set encoding: ISO-8859-1

*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK REISE NACH DEM SKANDINAVISCHEN NORDEN ***




Produced by The Online Distributed Proofreading Team at
http://www.pgdp.net (This transcription was produced from
images generously made available by Bayerische
Staatsbibliothek / Bavarian State Library.)






Reise
nach dem
skandinavischen Norden
und der
Insel Island
im Jahre 1845.

Von
Ida Pfeiffer,
geborne Reyer,
Verfasserin der »Reise einer Wienerin in das heilige Land«.


Zweite Auflage.

Zweiter Band.


Pest, 1855.

Verlag von Gustav Heckenast.

Pest, 1855. Gedruckt bei Landerer und Heckenast.

Inhalt des zweiten Bandes.

Seite
Reise nach dem Geiser, Hekla u. s. w. 1
Fernere Bemerkungen über Island und seine Bewohner 64
Abreise von Island. – Fahrt nach Kopenhagen 79
Abreise von Kopenhagen. – Christiania 97
Aufenthalt zu Christiania 107
Reise nach Delemarken 115
Reise von Christiania nach Stockholm 142
Aufenthalt in Stockholm 170
Fahrt nach dem alten königl. Schlosse Gripsholm in Mälarsee 182
Reise von Stockholm nach Upsala und den Eisenbergwerken von Danemora    188
Von Stockholm nach Travemünde und Hamburg 208
Von Hamburg nach Berlin 220
Aufenthalt in Berlin. – Rückkehr nach Wien 227
Charlottenburg 236
Potsdam 238
Jahresgehalte der kön. dänischen Beamten auf Island 252
Verzeichniß der auf Island gesammelten wirbellosen Thiere 256
Uebersicht der isländischen Pflanzen 259

Reise nach dem Geiser, Hekla, u. s. w.

Das Wetter hatte sich bald wieder aufgeheitert, und ich trat schon am 24. Juni meine Reise nach dem Geiser und Hekla an. – Der erste Tag, an dem wir nach Thingvalla ritten, bot an Gegenden zwar nichts Neues, aber dafür eine äußerst schöne atmosphärische Erscheinung.

Als wir nämlich in die Nähe des See's kamen, senkten sich einige zarte Nebelwolken über den See und auch zur Erde, daß es den Anschein hatte, als ob es regnen würde. – Ein Theil des Himmels erglänzte im schönen Hellblau, während der andere mit dichten Wolken bedeckt war, aus denen gerade die Sonne hervor brach. Einige ihrer Strahlen erreichten nun die Nebelwolken, und beleuchteten den Dunstkreis auf eine wunderbare Art. Der zarteste Farbenschmelz war über diese Stellen gehaucht; da schien ein Regenbogen aufgelöst; seine glühendsten Farben waren da verschmolzen, und traten doch wieder einzeln aus dem Ganzen. Dieses Farbenspiel blieb so über eine halbe Stunde, dann ward es immer schwächer und schwächer, bis es ganz verschwand, und die gewöhnliche Atmosphäre an seine Stelle trat. – Es war dieß eine der reitzendsten Erscheinungen, die ich je gesehen.

25. Juni.

Eine viertel Meile hinter dem Oertchen Thingvalla trennen sich die Wege; links reitet man nach Reikholt, rechts nach dem Geiser. – Wir hatten noch lange den See zur Seite, und fanden am Ende des Thales eine ähnliche schauerliche Felsenkluft, wie jene von Almannagiau, die wir auf einem gräßlichen Wege passiren mußten.

Das daran stoßende Thal glich viel jenem von Thingvalla; dagegen sah das dritte wieder schrecklich aus. Da war die Lava niedrig, und ganz mit jenem weißlichen Moose überwuchert, das sich wunderschön ausnimmt, wenn es nur die untern Theile der Lava bedeckt, und wenn schwarze Massen und Figuren darüber hinaus ragen, so aber einen höchst einförmigen und öden Anblick gewährt.

Wir kamen auch an zwei Grotten vorüber, die sich zu unsern Füßen öffneten. Am Eingange der einen stand ein Felsenpfeiler, als Stütze einer ungeheuern Lavaplatte, welche ein schauerliches Portale bildete. Leider hatte ich von diesen beiden Höhlen nichts gewußt, und daher auch keine Vorbereitungen getroffen, sie besuchen zu können. – Wenigstens hätte ich Fackeln dazu benöthiget. So viel ich aber später erfuhr, sollen sie gar nicht tief reichen, und nichts Interessantes bieten.

Im Verlaufe dieses Tages kamen wir durch Thäler, wie ich deren in ganz Island noch keine gesehen hatte. Schöne Wiesenteppiche, und zwar ohne jene zahllosen Erhöhungen, bedeckten oft mehrere meilenlange Strecken. – Natürlich waren diese futterreichen Thäler auch ziemlich bewohnt; wir ritten häufig an 3-4 beisammen stehenden Kothen vorüber, und sahen Pferde, Kühe und Schafe in ziemlicher Anzahl auf den Wiesen weiden.

Die Berge, die diese Thäler auf der linken Seite begränzten, erschienen mir sehr merkwürdig; – sie waren zwar auch braun, schwarz oder dunkelblau, allein die Massen, aus welchen sie bestanden, hielt ich, meinen geringen mineralogischen Kenntnissen zu Folge, für feine Lehmschichten. Einige dieser Berge hatten auch Aufsätze von großen, einzeln stehenden Lavafelsen, wirklichen Kolossen, von denen es mir unbegreiflich war, wie sie sich auf diesen weichen Schichten halten konnten.

In einem dieser Thäler lag auch ein ziemlich bedeutender See, an und um welchen einige Dampfwolken empor wirbelten, die von unbedeutenden heißen Quellen aufstiegen.

Nun aber, nachdem wir schon bei 5-6 Meilen zurückgelegt hatten, kam das Merkwürdigste das mir noch je vorgekommen ist; – es war dieß ein Strom mit einem ganz eigenthümlichen Flußbette.

Dieses Flußbett ist breit und etwas abschüssig; es besteht aus Lavaschichten und ist in der Mitte der Länge nach durch eine 18-20 Fuß tiefe, und 15-18 Fuß breite Schlucht getheilt, der sich das Wasser brausend und schäumend zudrängt, so daß man schon von weitem das Rauschen desselben hört. – Ueber diese Kluft führt ein hölzernes Brückchen, das in der Mitte des Flusses steht, und stets von den hochaufspringenden Wogen bespühlt wird. – Wer nun nicht näher unterrichtet ist, kann sich schwerlich diesen Anblick, so wie das Tosen und Brausen des Stromes enträthseln. – Das Stückchen Brücke mitten im Flusse würde man für den Rest einer eben zerstörten Brücke halten, und die Kluft sieht man vom Ufer aus nicht, weil sie von den aufschäumenden Wellen überragt ist. – Gewiß, von einer unbeschreiblichen Bangigkeit wird man erfaßt, sieht man den verwegenen Führer in den ungestümen Fluß hineinreiten, und muß ihm dann ohne Gnade und Barmherzigkeit folgen.

Der Priester zu Thingvalla hatte mich auf diese Scene schon vorbereitet, und mir gerathen, über diese Brücke zu gehen. Da aber der Wasserstand in dieser Jahreszeit so groß war, daß die Wogen von allen Seiten bei 2 Fuß hoch über die Brücke schlugen, konnte ich nicht absteigen, und mußte hinüber reiten.

Die ganze Passage durch den Strom war so eigen, daß man sie sehen muß, aber schwer beschreiben kann. Mit furchtbarer Gewalt tobt und ras't das Wasser von allen Seiten; es stürzt mit heftigem Ungestüm in die Kluft, bildet von beiden Seiten Fälle, und zerschellt beinah an den emporragenden Klippen. – Unweit der Brücke endet die Kluft, und der Strom stürzt dann in seiner ganzen Breite über 30 bis 40 Fuß hohe Felsen. Je mehr wir der Mitte zukamen, desto wüthender, tiefer und reißender wurde der Strom, desto betäubender das Getöse. Die Pferde wurden ängstlich und scheu, und als wir über die Brücke reiten wollten, fingen sie an zu zittern, sträubten sich, wandten sich nach allen Seiten, nur nicht nach der rechten, und versagten uns durchaus den Gehorsam. Mit unendlich vieler Mühe gelang es uns endlich, sie über diese gefahrdrohende Stelle zu bringen.

Das Thal, welches von diesem originellen Flußbette durchschnitten wird, ist enge, und ganz von Lava-Bergen und Hügeln umfaßt; die erstorbene, lautlose Natur vollkommen geschaffen, dem Wanderer diese grausige Scene für immer in's Gedächtniß zu prägen.

Dieser merkwürdige Strom war das letzte Hinderniß gewesen, und nun ging es ruhig und gefahrlos in einem schönen Thale fort, bis zu dem Geiser, den jedoch ein vorliegender Hügel meinem spähenden Auge noch lange verbarg. – Endlich war auch dieser Hügel umritten, und ich sah den Geiser mit seinen Umgebungen, mit den mächtigen Dampfsäulen, mit den zahllosen Wolken und Wölkchen. – Von diesem Hügel hatten wir noch eine kleine halbe Meile an den Geiser, und die ihn umgebenden heißen Quellen. Da kochten und sprudelten sie rings um ihn herum, und mitten durch führte der Weg zu seinem Becken. – Achtzig Schritte vor diesem wurde Halt gemacht.

Und nun stand ich da – vor einem Hauptziele meiner Reise; ich sah es, – es lag so nahe vor mir, und doch wagte ich keinen Schritt weiter. – Ich wußte nicht, ob und wie weit man sich dem Becken nähern dürfe. – Da kam ein Bauer, der uns aus einer der nahen Kothen gefolgt war, und meine Begierde und Furcht errathen haben mochte; der nahm mich bei der Hand und machte meinen Cicerone. Leider hatte er aber, da es gerade Sonntag war, der Brandweinflasche etwas zu tapfer zugesprochen, so daß er mehr taumelte als ging, – und diesem Menschen nun, von dem ich nicht wußte, ob er noch Verstand genug besäße, unterscheiden zu können, wie weit man sich überall wagen dürfe, sollte ich mich anvertrauen? – Zwar versicherte mich mein Führer, der mich von Reikjavik hierher begleitet hatte, daß ich ihm dessen ungeachtet trauen dürfe, und daß er selbst mitgehen werde, um mir sein isländisches Kauderwelsch in das Dänische zu übersetzen, aber dennoch folgte ich ihm nicht ohne einige Furcht.

Er führte mich also bis an den Rand des Beckens des Geisers, der auf einer sanften Erhöhung von höchstens 10 Fuß liegt und in sich das Becken und den Kessel faßt. Der Durchmesser des Beckens mag 30 Fuß betragen, der des Kessels 6-7 Fuß. Beide waren bis an den Rand gefüllt, das Wasser war rein wie Crystall, kochte und brauste aber nur sehr wenig. Bald verließen wir diese Stelle; denn, ist Becken und Kessel mit Wasser ganz angefüllt, so ist es höchst gefährlich sich ihm zu nähern, da er sich alle Augenblick durch einen Ausbruch entleeren kann. Wir gingen also die andern Quellen zu besichtigen.

Mein begeisterter Führer bezeichnete mir jene, denen ich ungescheut nahen dürfe, und warnte mich vor den andern. Dann kehrten wir wieder in die Nähe des Geisers, wo er mir noch einige Verhaltungsregeln für den Fall eines statthabenden Ausbruches gab, und mich dann verließ, um Anstalt zu meinem Aufenthalte zu treffen. – Ich will hier in Kurzem die Regeln meinen Lesern mittheilen.

»Die Wassersäule steigt immer senkrecht in die Höhe, und das überströmende Wasser hat seine Hauptabzüge stets auf einer und derselben Seite; von dieser muß man sich daher entfernt halten. An den andern Seiten läuft zwar auch Wasser ab, aber nur in sehr geringer Menge, und in unförmlichen Rinnen, denen man leicht ausweichen kann. – Man kann sich daher von diesen Seiten selbst bei den stärksten Ausbrüchen bis auf vierzig Schritte nahen. Der Ausbruch selbst kündigt sich durch ein dumpfes Gebrüll an. Wie man nun dieß vernimmt, muß man sich gleich auf die bezeichnete Stelle begeben, da der Ausbruch sehr schnell darauf folgt. Das Wasser steigt jedoch nicht jedesmal in die Höhe, oder oft auch nur unbedeutend, so daß man, um eine schöne Explosion zu sehen, manchmal mehrere Tage verweilen muß.«

Für das Unterkommen der Reisenden sorgte wahrhaft edelmüthig der französische Gelehrte, Herr P. Geimard, der vor einigen Jahren ganz Island bereiste. Er ließ nämlich zwei große Zelte zurück, und zwar das eine hier, und das andere in Thingvalla. Das hiesige ist besonders zweckdienlich, da man, wie gesagt, oft mehrere Tage auf einen schönen Ausbruch warten muß. – Gewiß wird jeder Reisende, wenigstens in Gedanken, ihm Dank für diese Annehmlichkeit zollen. – Ein Bauer, derselbe, der die Reisenden an den Quellen herum führt, hat es zu bewahren, und muß es gegen ein Trinkgeld von 1 bis 2 fl. Jedermann aufschlagen.

Als ich mit meinem Zelte in Ordnung kam, war es bereits 11 Uhr Nachts. Da empfahlen sich Alle, und ich blieb allein zurück.

Man pflegt immer die Nacht zu durchwachen, um keinen Ausbruch zu versäumen. Für mehrere Reisende ist nun zwar ein abwechselndes Wachen keine sehr schwere Sache, für mich allein war es aber doch eine arge Last; – und einem isländischen Bauer ist nicht zu trauen; den könnte oft kaum ein Ausbruch des Hekla erwecken.

Ich saß bald vor, bald in dem Zelte und horchte mit gespannter Erwartung der Dinge, die da kommen sollten; endlich – nach Mitternacht – der Geisterstunde – vernahm ich einige dumpfe Töne, als würde in weiter Ferne eine Kanone gelöst, und deren echoähnlicher Schall durch den Luftzug herüber getragen. – Ich stürzte aus dem Zelte, und erwartete nun in Folge der Beschreibungen, welche ich gelesen hatte, unterirdisches Getöse, heftiges Krachen und Erzittern der Erde, als Vorläufer des eigentlichen Ausbruches. – Kaum konnte ich mich einer Anwandlung von Furcht erwehren. Um Mitternacht bei einer solchen Scene sich allein zu wissen, ist denn doch keine kleine Sache.

Manche meiner Freunde und Freundinen werden sich vielleicht erinnern, wie ich ihnen schon bei meiner Abreise sagte, daß ich mir vorstelle, auf den Reisen in Island vorzüglich in den Nächten am Geiser der meisten Herzhaftigkeit zu benöthigen.

Diese dumpfen Laute ließen sich nur in sehr kurzen Zwischenräumen 13 Mal vernehmen; nach einem jedesmaligen Laute überlief das Becken, und entleerte sich immer bedeutender Portionen Wassers. Die Töne selbst schienen nicht von einem unterirdischen Tosen, sondern von den starken, heftigen Aufwallungen des Wassers herzurühren. – Nach anderthalb Minuten war Alles vorüber; das Wasser floß nicht mehr über, Kessel und Becken blieben ziemlich gefüllt, und – in jeder Hinsicht getäuscht kehrte ich wieder in mein Zelt zurück. – Diese Erscheinungen wiederholten sich alle 2½, spätestens alle 3½ Stunden. Ich sah und hörte die ganze Nacht nichts anderes, so wie auch am folgenden Tage und in der zweiten Nacht. Vergebens sah ich einem Ausbruche entgegen.

Nachdem ich mit dieser periodischen Beschaffenheit meines Nachbars vertraut geworden war, überließ ich mich in den Zwischenräumen entweder einem leisen Schlummer, oder ich besuchte die andern Quellen und ging auf Entdeckungen aus – nach den kochenden Brodem, und nach den verschiedenen farbigen Quellen, welche hier gesehen zu haben manche Reisebeschreiber behaupten.

Alle heißen Quellen sind in einem Umkreise von 800 bis 900 Schritte vereint; mehrere derselben sind merkwürdig, die meisten aber unbedeutend.

Sie liegen in einem Winkel eines ungeheueren Thales am Fuße eines Hügels, hinter welchem sich eine Gebirgskette erhebt. Das Thal ist ganz mit Gras bewachsen, und die Vegetation ist nur unmittelbar in der Nähe der Quellen etwas geringer. – Auch liegen überall Kothen, ja die nächsten an den Quellen mögen kaum 7-800 Schritte davon entfernt sein.

Größere Becken und Kessel mit kochenden und springenden Quellen zählte ich zwölf; – kleinere noch mehr.

Unter den Springquellen zeichnet sich besonders der Strokker aus. Er kocht und wallt mit ganz außerordentlicher Heftigkeit in einer Tiefe von ungefähr 20 Fuß, schießt dann plötzlich auf, und wirft seine Strahlen in die Höhe. Ein solcher Ausbruch soll oft über eine halbe Stunde währen, und die Strahlen sollen oft bei 40 Fuß hoch gehen. Ich sah mehrere seiner Ausbrüche, aber leider nie einen in dieser vollen Herrlichkeit. Der stärkste Strahl, den ich sah, mochte höchstens 30 Fuß hoch gehen, und das Aufsteigen währte nie über eine Viertelstunde. – Der Strokker ist außer dem Gaiser die einzige Quelle, der man sich vorsichtig nahen muß. Die Ausbrüche folgen oft auf einander, setzen aber oft auch viele Stunden aus, und kündigen sich nicht an. – Eine andere Quelle springt beständig, aber nie über 3-4 Fuß. – Wieder eine andere liegt ungefähr 4-5 Fuß tief in einem ziemlich weiten Kessel, und wirft kaum einige zarte Bläschen auf. Diese Ruhe ist aber nur scheinbar; sie dauert oft nicht ½ Minute, höchst selten 2 bis 3 Minuten. Dann fängt die Quelle an zu brausen, zu wallen und zu kochen, und wirft 2 bis 3 Fuß hohe Strahlen, die jedoch nie die Höhe des Kessels erreichen. – In einigen Kesseln hörte ich wieder ein Kochen und Brausen, wie ein leises Brüllen, sah aber kein Wasser, oft nicht einmal viel Dampf aufsteigen.

Zwei der allermerkwürdigsten Quellen aber, wie man sie vielleicht in der ganzen Welt nicht sehen kann, liegen gleich oberhalb des Geisers, in zwei Oeffnungen, die durch eine kaum fußbreite Felswand geschieden sind. Diese Scheidewand erhebt sich aber nicht über die Oberfläche des Erdbodens, sondern geht nur in die Tiefe hinab; das Wasser kocht sehr schwach, und hat einen gleichmäßig langsamen Abfluß. Die außerordentliche Schönheit dieser Quellen besteht in ihrer merkwürdigen Durchsichtigkeit und Klarheit. All die manigfaltigen Formen und Höhlen, die vorspringenden Zacken und Ecken der Felsen sieht man weit hinab, bis sich der Blick in den Tiefen der Finsterniß verliert. – Noch schöner aber und wie dem Feenreiche entnommen wird diese Quelle durch eine herrliche Beleuchtung, die sich an den Felsen bildet. Es ist das zarteste, durchsichtigste, blaßgrün und blau spielende Licht, und gleicht dem Wiederscheine eines griechischen Feuers. – Das Merkwürdigste aber ist, daß dieses Farbenspiel von den Felsen auszugehen scheint, indem es sich nur 8 bis 10 Zoll weit davon erstreckt, und das übrige Wasser wieder farblos, wie das gewöhnliche, nur durchsichtiger und reiner ist.

Ich konnte das nicht glauben, und dachte, die Sonne müße doch auch mit im Spiele sein; ich ging daher zu den verschiedensten Zeiten an diese Quellen, theils wenn die Sonne hell leuchtete, theils wenn sie von Wolken ganz umhüllt war, ja selbst nach ihrem Untergange: – die Beleuchtung blieb immer dieselbe, immer das gleiche, überirdisch schöne Farbenspiel.

Man kann sich dem Rande dieser Quellen ungescheut nahen. Die Decke, welche sich unmittelbar an die Quellen schließt, und unter die man nach allen Seiten sehen kann, ist zwar nur eine dünne Felsplatte, aber doch stark genug, um jeden Einbruch zu verhüten. – Das Schöne und Ergreifende liegt, wie bereits gesagt, in der magischen Beleuchtung und in der Durchsichtigkeit, vermöge welcher alle Höhlen und Grotten bis zur größten Tiefe dem Auge sichtbar sind.

Unwillkührlich fiel mir Schillers Taucher ein. Ich meinte den Becher an den Spitzen und Zacken der Felsen hangen, – die Ungeheuer aus den Tiefen auftauchen zu sehen. – – An dieser Stelle das herrliche Gedicht zu lesen, müßte von ganz eigener Wirkung sein.

Kessel, in welchen Brodem oder farbige Wasser kochten, fand ich beinahe gar keine. Das Einzige, was ich der Art sah, war ein kleines Becken, in welchem eine braunrothe Substanz kochte, die etwas dichter war als Wasser. Ein noch kleineres Quellchen mit schmutzig braunem Wasser würde ich ganz übersehen haben, hätte ich nicht so emsig nach derlei Merkwürdigkeiten gesucht.

Endlich nach langem Harren und Warten, am zweiten Tage meines Aufenthalts am Geiser, am 27-ten Juni um halb 9 Uhr Morgens, war es mir vergönnt, einen Ausbruch des Geisers in seiner vollsten Pracht zu sehen. – Der Bauer, der täglich Früh und Abends kam, sich zu erkundigen, ob ich schon einen Ausbruch gesehen habe, war gerade bei mir, als sich die dumpfen Töne, welche denselben ankündigen, wieder hören ließen. – Wir eilten hinaus, und ich verlor abermals die Hoffnung etwas zu sehen; das Wasser überwallte nur, wie gewöhnlich, und das Getöse ließ schon nach. – Da aber begann auf einmal, als kaum die letzten Töne verstummt waren, die Explosion. – Diese zu schildern, weiß ich wirklich keine Worte zu finden. So etwas Großartigem, so ergreifend Schönem kann man nur einmal im Leben begegnen.

Alle meine Erwartungen und Vorstellungen wurden weit übertroffen. – Die Strahlen schoßen mit unbeschreiblicher Kraft, Heftigkeit und Wasserfülle empor; eine Säule stieg höher als die andere, eine schien die andere überbieten zu wollen. – Als ich nur einigermaßen mich von der Ueberraschung erholt hatte, und meiner Besinnung wieder mächtig war, sah ich auf das neben an stehende Zelt. – Wie klein, wie winzig klein, erschien es gegen die Höhen dieser Wassersäulen! Und doch hatte es bei 20 Fuß Höhe. Freilich lag es ungefähr 10 Fuß niedriger, als das Becken des Geisers; – hätte man aber Zelt auf Zelt gestellt, so konnten diese 10 Fuß doch nur das erstemal abgezogen werden, und ich berechnete nach meiner Ansicht, die wohl nicht die richtigste sein mag, daß man fünf und sechs Zelte auf einander hätte stellen können, um die gleiche Höhe zu erreichen. – Ohne Uebertreibung glaube ich behaupten zu können, daß der stärkste Strahl gewiß über 100 Fuß hoch stieg, und 3 bis 4 Fuß im Durchmesser hatte.

Glücklicher Weise hatte ich schon beim Beginn der dumpfen Töne, der Vorläufer des Ausbruches, auf die Uhr gesehen; während des Ausbruches selbst würde ich wohl darauf vergessen haben. – Das Ganze währte bei vier Minuten, von denen die größere Hälfte auf die eigentliche Eruption zu rechnen ist.

Als diese wunderbare Scene geendet hatte, geleitete mich der Bauer an das Becken. Wir konnten uns nun sowohl diesem, als dem Kessel ohne Gefahr nähern, und beide nach Gefallen betrachten und umgehen. – Zu besorgen war nichts mehr. Das Wasser war spurlos aus dem Becken verschwunden; wir stiegen hinein und naheten uns unmittelbar dem Kessel, in welchem das Wasser ebenfalls 7 bis 8 Fuß tief gesunken war, wo es heftig kochte und wallte.

Ich löste mittelst eines Hammers einige Krusten sowohl von dem Innern des Beckens, als auch des Kessels; die ersteren waren weiß, letztere braun. Auch das Wasser kostete ich; es hatte keinen unangenehmen Geschmack, und kann nur wenig Schwefeltheile enthalten, da auch der Dampf nicht darnach riecht.

Ich ging nun jede halbe Stunde zu dem Becken des Geisers, um zu beobachten, wie viel Zeit zur Füllung des Kessels und Beckens nöthig sei. – Nach der ersten Stunde konnte ich noch in das Becken steigen; als ich aber nach einer halben Stunde später kam, war der Kessel bereits gefüllt, und fing gerade an überzulaufen. So lange das Wasser nur den Kessel füllte, kochte es heftig auf, je mehr es aber in das Becken überfloß, desto weniger kochte es, und hörte beinahe ganz auf, nachdem das Becken angefüllt war; es warf nur hie und da kleine Bläschen.

Nach dem Verlaufe von ferneren zwei Stunden – es war gerade 12 Uhr Mittags – war das Becken beinah bis an den Rand gefüllt, und während ich noch an selbem stand, fing das Wasser wieder an, sich heftig aufzuwerfen, und die dumpfen Töne von sich zu geben. Ich hatte kaum Zeit zurück zu springen, denn allsogleich erhoben sich die Strahlen. Sie stiegen dießmal während des Brüllens empor, und waren noch wasserreicher, als jene der ersten Explosion, was wohl daher kommen mochte, weil sie nicht so hoch sprangen, und daher dichter beisammen blieben. – Ihre Höhe mochte bei 40 und 50 Fuß betragen. Kessel und Becken blieben dießmal nach dem Ausbruche beinahe eben so gefüllt, wie vorher.

Somit hatte ich nun zwei Explosionen des Geisers gesehen, und fühlte mich bereits reichlich entschädigt für meine unermüdete Geduld und Wachsamkeit. Aber ich sollte noch glücklicher sein, und seine Ausbrüche in allen Formen und Gestalten kennen lernen; – er sprang abermals um 7 Uhr Abends, stieg höher als Mittags, und führte dießmal einige Steine mit, die in der weiß schäumenden Wassersäule gerade wie schwarze Flecken und Punkte aussahen. – Und wieder ein anderes Schauspiel gewährte er in der dritten Nacht. – Da erhob sich das Wasser in furchtbaren, schnell auf einander folgenden Wallungen, ohne Strahlen zu werfen; das Becken floß stark über, und es erzeugte sich eine solche Masse von Dampf, wie ich noch nie gesehen. Zufällig trieb ihn der Wind gerade der Gegend zu, wo ich stand, und da hüllte er mich so dicht ein, daß ich kaum einige Fuß weit sehen konnte. Ich fühlte jedoch weder einen Geruch, noch eine Beängstigung, sondern nur einen geringen Grad von Wärme.

28. Juni.

Da ich nun den Geiser schon so oft und auch so schön hatte spielen gesehen, bestellte ich meine Pferde auf heute 9 Uhr Früh zur Weiterreise. Ich eilte um so mehr aus der Nähe des Geisers, da ein holländischer Prinz erwartet wurde, der erst kürzlich mit großem Gefolge in einer schönen Kriegsfregatte zu Reikjavik angekommen war.

Noch hatte ich das Glück, vor meiner Abreise, um halb neun Uhr, abermals einen Ausbruch zu sehen, und zwar einen beinah eben so schönen, als der erste war. – Auch dießmal war das Becken ganz und der Kessel bis auf eine Tiefe von 6 bis 7 Fuß geleert. Ich konnte daher nochmals in das Becken treten, und dem Geiser unmittelbar am Kessel selbst »Lebewohl« sagen, was ich natürlich auch that.

Ich war nun drei Nächte und zwei Tage beständig in unmittelbarer Nähe des Geisers gewesen, und hatte im Ganzen fünf Ausbrüche erlebt, von welchen zwei zu den bedeutendsten gehörten; doch kann ich auf mein Wort versichern, nicht Alles so gefunden zu haben, wie ich es mir nach den vernommenen Erzählungen und Beschreibungen vorstellte. – Ich hörte nie ein größeres Geräusch, als ich es bereits anfänglich beschrieb, und fühlte von einem Erzittern der Erde nie das Geringste, obwohl ich stets mit gespanntester Aufmerksamkeit auf Alles achtete und mein Ohr sogar während einer Explosion an den Boden hielt.

Es ist wirklich merkwürdig, wie manche Leute Alles nachreden, was sie von Andern hören, und wie Andere wieder in ihrer erhitzten Fantasie selbst Sachen zu sehen, zu hören und zu empfinden sich einbilden, die gar nicht vorhanden sind, – – und wie endlich noch Andere geradezu die unverschämtesten Lügen erzählen. – So traf ich z. B. in Reikjavik im Hause des Apothekers Möller einen Marine-Offizier von der französischen Fregatte, welcher behauptete, »er sei bis unmittelbar an den Krater des Vesuv's geritten.« – Er dachte wohl nicht in Reikjavik mit Jemanden zusammen zu treffen, der ebenfalls am Krater des Vesuv's gewesen war. – Nichts ärgert mich mehr als dergleichen Lügen und Prahlereien. Ich konnte mich daher nicht enthalten zu fragen, wie er das angestellt habe; – ich sei auch dort gewesen, scheue gewiß so wenig eine Gefahr wie er, und hätte mich doch bequemen müssen, am Kogel des Vesuv's von dem Esel zu steigen, und mich von meinen Füßen hinauf tragen zu lassen. – Er schien nun freilich ein wenig verlegen und meinte, »er habe sich versprochen, er habe nur sagen wollen, bis beinahe an den Krater«; – doch wette ich darauf daß er diese Lüge noch oft erzählen, und sie endlich selbst glauben wird.

Bevor ich den Geiser verlasse, kann ich nicht umhin, meinen Lesern einige Kleinigkeiten zu erzählen, die mir da wiederfuhren. Ich hoffe ihre Geduld nicht allzusehr zu ermüden. – Von einem so wenig bekannten Lande interessirt oft das Geringste, und aus unbedeutenden Vorfällen kann man oft am Besten auf die eigenthümlichen Eigenschaften der Bewohner schließen.

Von meinem betrunkenen Cicerone habe ich bereits erzählt; und heute noch ist es mir ein Räthsel, wie er mich in einem solchem Zustande so sicher umherführen konnte; – wäre er nicht der einzige zu haben gewesen, ich hätte mich ihm gewiß nicht anvertraut.

Als er das Zelt errichtet hatte, ließ ich mir einen Kotzen und einen Polster bringen, um der Feuchtigkeit des Bodens weniger ausgesetzt zu sein, – prosit die Mahlzeit – – es sollte mir noch schlimmer ergehen. – Aus dem Polster kroch ein ganz kleines Würmchen, in welchem ich Anfangs eine Bereicherung meiner Sammlung gefunden zu haben vermeinte, welches ich aber bei genauerer Besichtigung zu meinem Entsetzen für eine Made erkannte. – Mehrere dieser lieblichen Thierchen folgten noch nach. – Natürlich warf ich Polster und Kotzen allsogleich wieder zum Zelte hinaus.

Reinlichkeit ist bei den Isländern durchaus nicht zu finden; Alle sind im höchsten Grade ekelhaft. So zog z. B. ein zwölfjähriges Mädchen, das mir immer Schmetten (Obers) und frisches Wasser brachte, in meiner Gegenwart den Stöpsel aus der Flasche, um das daran klebende Obers mit der Zunge abzulecken, und wollte solchen dann wieder auf die Flasche thun.

Oft saß sie halbe Stunden lang an meiner Seite; da geschah es denn mitunter, daß sie vom Ungeziefer auf dem Kopfe belästiget wurde; sie suchte und fing es, sah es ganz phlegmatisch an, und wollte es gleich nebenan auf den Boden werfen. – Da ziehe ich in diesem Punkte noch die Grönländer vor, die speisen es doch sogleich auf, und man ist wenigstens vor einer Erbschaft gesichert. – Ueberhaupt haben die Isländer durchaus keinen Begriff und kein Gefühl des Schicklichen. Wollte ich alle Ekelhaftigkeiten, die ich sah, erzählen, ich könnte noch manche Seite damit füllen.

Nie werde ich begreifen können, daß dieses Volk einst durch Wohlhabenheit, durch Tapferkeit und Bildung ausgezeichnet war. – Ich setze z. B. im Schicklichkeits-Gefühle die Isländer den Beduinen und Arabern weit nach.

Meine heutige Reise ging nur sechs Meilen weit, nach Skalholt.

Die erste Meile gingen wir denselben Weg zurück, den wir gekommen waren; dann wendeten wir uns links und durchwanderten das ganze schöne und lange Thal, in welchem der Geiser liegt. – Meilenweit sahen wir von dieser Seite noch seine Dampfsäulen aufsteigen. – Die Wege waren nur gut, wo sie sich an den Seiten der Hügel und Berge fortzogen; in den Ebenen waren sie meistens sumpfig und voll Wasser. Wir verloren oft jede Spur des Weges, und ritten nur der Gegend zu, dabei mußten wir bei jedem Schritte befürchten einzusinken, so weich und nachgiebig war der Boden.

Ich fand die Trägheit der isländischen Bauern wirklich unverzeihlich. Alle Thäler, die wir durchzogen, waren eigentlich große, reich mit Gras bewachsene Sümpfe. Träten nun die einzelnen Gemeinden zusammen, um Gräben zu ziehen und sie trocken zu legen, so würden sie die schönsten Wiesen erhalten. Dieß beweisen die vielen Abhänge, wo das Wasser abläuft; – da herrscht üppiger Graswuchs, da gedeihen schöne Wiesenblumen und Kräuter, ja selbst wilder Klee. – Meist stehen auf diesen Abhängen auch einige Kothen.

Bevor wir noch das Oertchen Thorfastädir erreichten, erblickten wir schon den Hekla, umgeben von schönen Jokuln.

In Thorfastädir kam ich gerade zu einem Begräbnisse. Als ich in die Kirche trat, waren die Leidtragenden eben beschäftigt, sich gegenseitig mit Brandwein Muth und Trost einzutrinken. Freilich lautet das Gesetz, daß dieß nicht in der Kirche geschehen soll; – doch hielten sich alle Leute an das Gesetz, zu was wären die Richter? – Gewiß denken die Isländer so; sonst würden sie diesen Unfug unterlassen.

Endlich kam der Priester. – Nun wurde ein Psalm oder ein Gebet – ich verstand nichts davon, da es isländisch war – unter Anleitung eines Vorbeters von dem Priester und von mehreren Auserwählten – Bauern – derart herab geschrieen, daß die guten Leute ganz erhitzt wurden, und völlig außer Athem kamen. – Hierauf stellte sich der Priester an den Sarg, der aus Mangel an Raum auf die Lehnen der Bänke gestellt worden war, und las da mit lauter Stimme ein Gebet ab, das über eine halbe Stunde dauerte. Die Funktionen im Innern der Kirche waren hiemit beendet, und die Leiche wurde nun in Begleitung des Priesters und der Anwesenden um die Kirche herum dem Grabe zu getragen. Letzteres war von einer Tiefe, wie ich noch nirgends gesehen. – Als die Leiche hineingesenkt worden war, warf der Priester dreimal Erde darauf; von den Leidtragenden that aber dieß Niemand. – Unter der herausgegrabenen Erde befanden sich vier Todtenschädel, mehrere Gebeine, und ein Stück Brett von einem einstigen Sarg. Alles wurde dem so eben eingesenkten nachgeworfen, und das Grab im Beisein des Priesters und des Volkes zugeschaufelt. Ein Mann trat dabei die Erde fest; dann wurde ein Leichenhügel aufgerichtet, und mit Rasenstücken, die schon bereit lagen, überdeckt. Die ganze Arbeit ging mit beispielloser Raschheit von Statten.

Das Oertchen Skalholt, meine heutige Nachtstation, war in religiöser Beziehung einst so berühmt, wie Thingvalla in politischer. – Hier ward, bald nach Einführung der christlichen Religion, das erste Bisthum im Jahre 1098 gegründet; auch soll die hiesige Kirche eine der größten und reichsten gewesen sein. – Jetzt ist Skalholt ein erbärmliches Nest; es besteht aus einer mittelgroßen hölzernen Kirche – die vielleicht 100 Personen fassen mag – und 3-4 Kothen, und hat nicht einmal seinen eigenen Geistlichen, sondern gehört nach Thorfastädir.

Das Erste, als ich ankam, war, die noch vorhandenen Reste der Vergangenheit zu besehen. – Man zeigte mir vor Allem ein Bildniß in Oehl gemalt, das in der Kirche hängt und den ersten Bischof von Skalholt, Thorlakur, darstellen soll, der wegen seines strengen und frommen Lebenswandels beinahe als Heiliger verehrt wurde.

Hierauf wurden Anstalten gemacht, am Altar die großen Stufen, und mehrere Bretter vom Fußboden wegzuräumen. – Erwartungsvoll stand ich daneben und dachte an nichts anderes, als nun in eine Gruft steigen zu müssen, und darin den einbalsamirten Körper des Bischofes zu finden. – Ich muß gestehen, daß mir diese Aussicht gerade nicht sehr angenehm erschien, wenn ich an die herannahende Nacht dachte, die ich in dieser Kirche, vielleicht gerade ober dem Todten-Gerippe, zubringen mußte. – Ich hatte an dem heutigen Tage ohnehin schon zu viel mit Verstorbenen zu thun gehabt, und konnte den garstigen Leichengeruch, den ich in Thorfastädir einsog, gar nicht mehr aus meinen Kleidern und aus meiner Nase bannen. [1] – Wie erfreut war ich daher, statt der gefürchteten Gruft und Mumie, nur eine große Marmorplatte zu Gesichte zu bekommen, auf der die üblichen Anzeigen der Geburt, des Todes u. s. w. dieses Bischofes standen.

Noch zeigte man mir ein altes gesticktes Meßkleid, und einen einfachen goldenen Kelch, die beide aus jenen Zeiten herstammen sollen.

Dann stiegen wir in die sogenannte Rumpelkammer, die nur durch Bretter von dem untern Theile der Kirche geschieden ist, und sich bis gegen den Altar zu zieht. Hier befinden sich die Glocken und die Orgel wenn nämlich die Kirche etwas derart besitzt, die Lebensvorräthe, und eine Menge Geräthschaften verschiedener Art u. s. w. – Man öffnete da eine ungeheure Kiste, die große Stücke Talg, der in Form von Käsen gegossen war, enthielt, hob diese heraus, und kam auf die Bibliothek, in welcher ich einen sehr interessanten Fund machte. Ich fand nämlich unter mehreren sehr alten Büchern in isländischer Sprache, drei dicke Folianten, die ich ganz bequem lesen konnte; – sie waren deutsch, und enthielten Luthers Lehren, Briefe, Episteln u. s. w.

Jetzt hatte ich aber auch Alles gesehen. – Ich konnte nun auch auf meine leiblichen Bedürfnisse denken, und mir etwas heißes Wasser zum Kaffeeaufgusse bringen lassen u. s. w. Abermals pflanzten sich sämmtliche Einwohner des Oertchens vor und in der Kirche auf, vermuthlich um an mir das Studium ihrer Menschenkenntniß zu bereichern. Doch bald sperrte ich die Thür zu, und bereitete mir ein prächtiges Lager. Schon bei meinem ersten Eintritte in die Kirche hatte ich an einer der Wände einen langen Verschlag bemerkt, der ganz mit Schafwolle angefüllt war; auf diese warf ich meinen Polster, und da lag ich so warm und so weich, wie in dem besten Bette. – Des Morgens krauste ich die Wolle wieder sorgfältig auf, und kein Mensch hätte nun errathen können, wo ich eigentlich die Nacht zugebracht habe.

Nichts kam mir bei meinen derartigen Nachtquartieren komischer vor, als die Neugierde der Leute, die stets, nachdem ich des Morgens die Thür aufgeschlossen hatte, herein stürmten. Das erste, was sie zu einander sagten, war: »Kvar hefur hún sovid« (wo hat sie denn geschlafen?) Die guten Leute konnten durchaus nicht begreifen, wie es mir möglich sei, die ganze Nacht allein in einer Kirche mitten auf dem Friedhofe zuzubringen; sie hielten mich vielleicht für einen halben Geist oder wohl gar für eine Zauberin, und hätten gar zu gerne gewußt, wo denn dieses Geschöpf gehaust habe. – Wenn ich dann ihre verblüften Gesichter gesehen hatte, mußte ich mich immer umwenden, um nicht laut aufzulachen.

29. Juni.

Früh, zeitlich des Morgens setzte ich meine Reise wieder fort. Unweit Skalholt kamen wir an den Fluß Thiorsa, der ziemlich tief und sehr reißend ist. Wir wurden in einem Boote übergesetzt; die Pferde mußten durchschwimmen. Es braucht oft viel Mühe diese Thiere in solche Ströme zu bringen; sie entdecken gleich, daß sie da schwimmen müssen. – Führer und Bootsmann dürfen sich nicht eher vom Ufer entfernen, als bis sie vom Strome erfaßt sind, und selbst dann noch müssen sie ihnen Steine nachwerfen, mit der Peitsche drohen, und sie durch Lärmen und Geschrei erschrecken, damit sie nicht wieder umkehren.

Nachdem wir ungefähr drei Meilen auf größtentheils sumpfigen Wegen zurückgelegt hatten, kamen wir zu einem schönen Wasserfalle des Huitha. – Dieser Fall war nicht so sehr durch seine Höhe – die betrug kaum 15 bis 20 Fuß, – als vielmehr durch seine Breite und Wasserfülle ausgezeichnet. – Einige schöne Felsentrümmer sind an der Kante des Sturzes derart gelagert, daß sie ihn auf Augenblicke in drei Theile theilen; doch unter ihnen vereinigt sich der Sturz gleich wieder. – Das Bett dieses Flußes besteht, so wie auch seine Ufer, aus Lava.

Merkwürdig ist an diesem Flusse die Farbe des Wassers; sie spielt so sehr in's Milchweiße, daß wenn die Sonne darauf scheint, wirklich keine starke Einbildungskraft dazu gehört, die ganze Flüssigkeit für Milch zu halten.

Eine kleine ¼ Meile oberhalb des Wasserfalles muß man den Huitha, der einer der bedeutendsten Flüsse Island's ist, in einem Boote übersetzen. – Dann zieht sich der Weg durch Wiesen, die jedoch weniger versumpft sind, als ihre Vorgängerinen, bis zu einem großen Lavastrome, durch den man an die Nähe des fürchterlichen Feuerspeiers Hekla erinnert wird.

Noch waren mir in Island keine so großen Strecken, wie vom Thale des Geisers bis hierher, vorgekommen, die ich hätte durchziehen können, ohne auf Lavaströme zu stoßen. – Und selbst dieser hier schien für die schönen Wiesen einiges Mitleid zu empfinden; er theilte sich an mehreren Stellen in zwei Arme, und umschloß so die lachende Flur. Doch auf lange hatte er wahrscheinlich den nachstürmenden Massen nicht widerstehen können; er ward mit fortgerissen, um überall hin Tod und Vernichtung zu tragen. – Flächen, die mit dunklem Sande überdeckt waren, und steile Hügel, die sich dazwischen lagerten, machten den Weg etwas mühevoll und beschwerlich.

So ging es fort bis zu dem Oertchen Struvellir, wo wir anhielten und unsere Pferde einige Stunden ruhen ließen. Wir trafen hier eine große Versammlung von Menschen und Thieren. [2] Es war gerade Sonntag, und noch dazu ein recht warmer, sonnenklarer, und da wurde in der hübschen Kirche großer Gottesdienst gehalten. – Nach Beendigung desselben sah ich eine recht artige, ländliche Scene. Die Leute strömten alle aus der Kirche – ich zählte 96 Personen – eine unerhörte Versammlung für Island – theilten sich in verschiedene Gruppen, und schwatzten und schäckerten, wobei sie jedoch nicht vergaßen, ihre Kehlen mit Brandwein zu befeuchten, von dem sie bedeutende Quantitäten zur Vorsorge mitgenommen hatten. Dann zäumten sie ihre Pferde, und schickten sich zu ihrer Abreise an. Nun regnete es Küsse von allen Seiten und das Abschiednehmen hatte kein Ende, – die Armen wissen ja nie, ob und wann sie sich wieder zusammen finden.

In ganz Island besteht Willkomm und Abschied in einem derben Kusse, – ein Gebrauch der für den Nicht-Isländer sehr ekelhaft ist, wenn er einen Blick auf die häßlichen, schmutzigen Gesichter, auf die tabaktriefenden Nasen der Alten und auf die ....... der Kinder wirft. Jedoch für den Isländer hat dieß nichts auf sich. Alle küßten den Priester und er wieder sie, dann küßten sie sich untereinander, und so ging es fort und fort. Es herrscht hierbei nicht einmal Rangunterschied, und ich war nicht wenig erstaunt zu sehen, wie mein Führer, ein ganz gewöhnlicher Bauersknecht, ein halb Dutzend Töchter eines Sysselmanns küßte, oder die Frau und die Kinder irgend eines Pastors, oder den Sysselmann, den Pastor oder Probst selbst, und wie diese seine Küsse eben so herzlich erwiederten. – Ländlich, sittlich.

Die Ceremonieen in der Kirche fangen gewöhnlich erst gegen Mittag an und dauern zwei auch drei Stunden. – Die Lebhaftigkeit vor der Kirche ist deßhalb so groß, weil es nirgend eine Gaststube gibt, in der man sich versammeln, oder einen Stall, in den man die Pferde sperren könnte. Alles muß unter freiem Himmel bleiben.

Als der Gottesdienst beendet war, besuchte ich den Priester, Herrn Horfuson; er war so gütig, mir seine Begleitung nach dem zwei Meilen entfernten Oertchen Sälsun anzutragen, hauptsächlich um dort für mich mit einem Führer nach dem Hekla zu unterhandeln.

Ich war doppelt froh, diesen guten Mann an meiner Seite zu haben, da wir einen sehr gefährlichen Strom zu passiren hatten, der sehr reißend und so tief war, daß er den Pferden bis an die Brust reichte. Trotz dem, daß wir die Füße so viel als möglich hinauf zogen, wurden wir dennoch tüchtig durchnäßt. – Eine derlei Partie gehört zu den unangenehmsten, die ich kenne. – Das Pferd schwimmt mehr als es geht, und dieß erzeugt eine höchst widerliche Empfindung. Man weiß gar nicht, wohin man sehen soll; sieht man in den Strom, so wird man sehr leicht vom Schwindel erfaßt, und sieht man nach dem Ufer, so ist es auch nicht viel besser, denn dieses scheint sich ordentlich zu bewegen und davon zu gleiten, was natürlich daher rührt, weil das Pferd, von der Strömung erfaßt, ein Stück abwärts gerissen wird. – Zu meiner großen Beruhigung ritt der Priester an meiner Seite, um mich zu erfassen, wenn ich mich auf dem Pferde nicht mehr sollte erhalten können. – Glücklich überstand ich auch diese Feuer- – nein – Wasserprobe, und als wir das jenseitige Ufer erreicht hatten, machte mich Herr H. aufmerksam, wie weit wir von der Strömung waren mitgerissen worden.

Das Thal, in welchem Sälsun und der Hekla liegen, ist eben wieder eines derjenigen, die man nur in Island finden kann. – Es umfaßt die größten Contraste. Da sind wunderliebliche Fluren, wie mit einem prächtigen sammtgrünen Teppiche überzogen, dort wieder Hügel von schwarzer, glänzender Lava; – ja die Wiesen selbst sind durchschnitten von Lavaströmen und Sandflächen. Bekanntlich hat der Hekla die schwärzeste Lava und den schwärzesten Sand; hier ist nun Alles von ihm, Hügel und Berg, Lava und Sand; und man kann sich denken, wie das aussieht. Ein einziger Berg an der linken Seite des Hekla ist rothbraun, und mit Sand und Gerölle von derselben Farbe ganz bedeckt. In der Mitte ist er stark eingesunken, und scheint einen großen Krater zu bilden. – Der Hekla selbst schließt sich unmittelbar an die rund um ihn her aufgethürmten Lavaberge, und erscheint von hier gesehen auf ihnen, wie ein höherer Aufsatz. Er ist von mehreren Gletschern umgeben, deren glänzende Schneefelder sich tief herab neigen, und deren Flächen wohl nie von einem menschlichen Fuße betreten wurden. Mehrere seiner Seitenwände waren ebenfalls mit Schnee bedeckt. Links im Thale bei Sälsun, und am Fuße eines Lavahügels liegt ein lieblicher See, an dessen Ufer eine bedeutende Schafheerde gelagert war. – Unweit davon steht ein schöner Berg, so vereinzelt und abgesondert, als ob er von seinen Nachbarn verstoßen und hierher gewiesen worden wäre. – Ueberhaupt ist die Ansicht dieser ganzen Landschaft so echt isländisch, so eigen und merkwürdig, daß sie gewiß für immer meinem Gedächtnisse eingeprägt bleiben wird.

Das Oertchen Sälsun liegt am Fuße des Vorgebirges Hekla; man sieht es aber erst, wenn man es schon beinahe erreicht hat.

Als wir zu Sälsun angelangt waren, war das Erste, einen Führer zu suchen, und Alles zur Besteigung des Hekla vorzubereiten und auszuhandeln. Der Führer hatte für mich ein Pferd zu schaffen, und mich nebst meinem frühem Führer bis auf die Spitze des Hekla zu geleiten. – Er begehrte 5 Thaler und 2 Mark, nach unserem Gelde 5 fl. 20 kr. CM., eine unverschämte Forderung, – für das Pferd rechnete er nur 20 kr., für sich selbst 5 fl., – eine Summe, mit der er gewiß einen ganzen Monat leben konnte. – Doch was war zu machen? Ein anderer Führer war nicht zu finden, das wußte er wohl, und so mußte ich in Gottes Namen einwilligen. – Nachdem Alles geordnet war, empfahl sich mein gütiger Beschützer, mir viel Glück zur morgigen beschwerlichen Reise wünschend.

Ich sah mich nun nach einer Stelle um, wo ich die Nacht zubringen konnte; – ach, ein ekelhaftes Loch ward mir zu Theil. Man stellte mir eine Truhe hinein, die etwas kürzer war als meine Person, die sollte mir zur Schlafstelle dienen; neben ihr hing ein mehr als ellenlanger halb verfaulter Fisch, der bereits das ganze Gemach mit seinem Gestank verpestet hatte. Ich konnte kaum Athem holen, und mußte, da keine andere Oeffnung vorhanden war, die Thüre offen lassen, und derart die zahlreichen Besuche der liebenswürdigen Einwohner empfangen. – Wahrhaftig eine schöne Erholung und Stärkung für die morgende Reise!

Am Fuße des Hekla, und besonders in dieser Gegend, scheint Alles unterhöhlt zu sein. – Solch dumpfe dröhnende Töne, wie sie hier den schweren Fußtritten der Bauern nachhallten, hörte ich weder auf dem Vesuv, noch sonst wo. – Diese Töne machten einen besonders schauerlichen Eindruck auf mich, da ich in der Nacht so ganz allein in diesem finstern Loche eingeschlossen war.

Mein Hekla-Führer – ich nenne ihn so zum Unterschiede meines andern – meinte, daß wir Morgens um zwei Uhr aufbrechen sollten. Ich war vollkommen damit einverstanden, wußte aber schon voraus, daß wir um fünf Uhr auch noch nicht zu Pferde sitzen würden.

Wie gedacht, so geschehen. Erst um halb sechs Uhr waren wir vollkommen ausgerüstet, und zum Aufbruche bereit. Außerdem, daß wir Brod und Käse, eine Flasche Wasser für mich und eine Flasche Brandwein für meine Führer mitnahmen, hatten wir uns auch mit langen Stöcken, die unten in eisernen Spitzen ausgingen, versehen, um damit den Schnee sondiren, und uns auf sie stützen zu können.

Der schönste, wärmste Morgen begünstigte uns, und guten Muthes galoppirten wir über die Wiesen, und die daran stoßenden Sandflächen. Mein Führer nahm dieß schöne Wetter für eine besonders glückliche Vorbedeutung; er sagte mir, daß Herr Geimard – der bereits erwähnte französische Gelehrte und Naturforscher – drei Tage auf schönes Wetter habe warten müssen. – Dieß sei nun schon neun Jahre, und seitdem habe Niemand den Hekla erstiegen. Ein Prinz von Dänemark, der vor einigen Jahren ganz Island bereiste, sei zwar auch da gewesen, aber unverrichteter Sache wieder weiter gezogen.

Der Weg führte anfänglich, wie gesagt, über eine schöne Wiese, und dann über Flächen von schwarzem Sande, die von allen Seiten von Strömen, Hügeln und Bergen aufgethürmter Lava umfangen sind. Immer mehr und mehr rücken diese furchtbaren Massen zusammen, und gewähren oft kaum den Ausweg durch eine enge Schlucht; da muß man über Lava-Blöcke klettern, Hügel und Berge erklimmen, und findet kaum ein Plätzchen, den Fuß fest zu stellen. Lava rollte neben und hinter uns, und wir mußten sehr auf der Hut sein, nicht selbst zu rollen, oder von der rollenden Lava getroffen zu werden. Das Gefährlichste waren aber die mit Schnee ausgefüllten Schluchten, über die wir setzen mußten; der Schnee war, durch die Wärme der vorgerückten Jahreszeit, doch schon erweicht worden, und so sanken wir beinahe bei jedem Schritte ein, oder was noch schlimmer war, glitten oft mehr zurück als wir vorwärts kamen. Ich glaube kaum, daß es einen zweiten Berg geben kann, bei dessen Ersteigung man mit so vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.

Nachdem wir nach vierthalbstündiger Mühe den letzten Höhen des Berges nahe kamen, mußten wir auch die Pferde zurück lassen. – Ich hätte dieß zwar schon lange gethan, da mich die armen Thiere erbarmten, wie sie über die Abhänge, man könnte beinahe sagen, über diese rollenden Berge, mehr fielen als kletterten, aber mein Hekla-Führer ließ es nicht zu. Theilweise kamen doch Stellen, wo wir sie benützen konnten, und dann behauptete er, müsse ich so weit als möglich reiten, um den nachfolgenden Beschwerden gewachsen zu sein. – Und er hatte recht; – ich glaube kaum, daß ich es ausgehalten hätte, all diese Strecken zu Fuß zurück zu legen; denn wenn man schon glaubt den letzten Höhen des Berges ganz nahe zu sein, lagern sich abermals Hügel und Ströme von Lava dazwischen, und man sieht sich vom Ziele entfernter als zuvor.

Mein Führer sagte mir, daß er noch nie Jemanden zu Pferde so weit geführt habe, wie mich. – Ich glaube es gerne, – schon das Gehen war schrecklich, das Reiten aber wahrhaft fürchterlich!

Auf jeder erkämpften Höhe entrollten sich neue Bilder der ödesten, traurigsten Gegend. Alles war starr und todt, überall ausgebrannte schwarze Lava. – Es war ein schmerzliches Gefühl, so weit zu sehen, und doch nichts zu erschauen, als eine steinige Wüste, ein unermeßliches Chaos.

Noch hatten wir zwei Höhen zu erklimmen, – es waren die letzten, aber auch die schrecklichsten. Da ging es steil über Lavamassen, die ordentlich stachelig waren, und die ganze Spitze des Berges bedeckten. – Wie oft ich da fiel, und wie oft ich mir die Hände an den feinen Zacken der Lava aufritzte, kann ich gar nicht sagen. Ach! es war eine gräßliche Partie.

Die blendende Weiße des Schnees wirkte beinahe blind machend gegen die glänzend schwarze Lava daneben. Wenn ich Schneefelder ersteigen mußte, sah ich nach der Lava gar nicht hinüber; ich hatte es einigemal versucht, und hätte darauf bald meinen Weg nicht mehr gesehen, ich wäre schneeblind geworden.

Endlich nach abermaligem zweistündigem Klettern war die Spitze des Berges erstiegen. – Ich stand nun auf dem Hekla, und suchte vor Allem den Krater auf der schneelosen Spitze, und – fand ihn nicht. Ich war um so mehr erstaunt auf dem Hekla keinen Krater zu finden, da ich in einigen Reisebeschreibungen ganz ausführliche Berichte davon gelesen hatte.

Ich umging die ganze Spitze des Berges, ich kletterte bis zu dem anstoßenden Jokul – nirgends bemerkte ich eine Oeffnung, einen Riß, eine eingedrückte Wand, oder sonst irgend ein Anzeichen eines Kraters. Nur an den etwas tiefer gelegenen Seiten des Berges, aber durchaus nicht an dem eigentlichen Kogel, sah ich weite Risse und Schlünde, aus welchen sich wahrscheinlich die Lavaströme ergossen haben werden.

Die Höhe des Berges soll 4300 Fuß betragen.

Schon während der letzten Stunde unseres Hinaufklimmens hatte sich die Sonne verdunkelt. Nebelwolken stürmten von den nahen Gletschern herüber, verbargen die Ferne, und hüllten bald auch uns dermaßen ein, daß wir kaum zehn Schritte weit sehen konnten. Endlich lösten sie sich auf, – aber glücklicher Weise nicht in Regen, sondern in Schnee, der in reichlicher Menge die schwarze krause Lava mit großen Flocken überstreute. – Der Schnee blieb liegen, und der Thermometer wies 1 Grad Kälte.

Nach und nach erschien der Himmel wieder in seinem unnachahmlichen zarten Blau, und auch die Sonne säumte nicht länger uns zu erfreuen. Ich blieb oben auf der Spitze des Berges, bis die Wolken auch in der Ferne sich theilten und mir eine willkommene Rundansicht gestatteten.

Solch ein Bild, wie ich es hier sah, meinen Lesern zu versinnlichen, ihnen die Zerstörung, Ausdehnung und Anhäufung dieser Lavamassen zu beschreiben, ist leider meine Feder viel zu schwach. – Ich meinte in einem Krater zu stehen, das Ganze schien mir ein ausgebrannter Feuerherd. – Hier waren Lavamassen übereinander gethürmt zu steilen unersteigbaren Bergen, – dort füllten versteinerte Ströme, deren Breite und Länge ich gar nicht ersehen konnte, unermeßliche Thäler. – Alles war über- und durcheinander geworfen, und doch unterschied man wieder deutlich die Bahn der letzteren Ausbrüche.

Man ist in der Mitte der gräßlichsten Schluchten, Höhlen, Ströme, Thäler und Berge; man faßt es kaum, wie es möglich gewesen sei, bis hierher zu dringen, und wird von Angst und Entsetzen ergriffen bei dem unwillkührlich sich aufdringenden Gedanken, vielleicht nimmer wieder aus diesem gräßlichen Labyrinthe hinaus finden zu können.

Hier, von der Spitze des Hekla konnte ich weit hinein in das unbewohnte Land sehen – das Bild einer erstarrten Schöpfung, todt und regungslos, und doch dabei so einzig großartig, – ein Bild, das, nur einmal gesehen, nie mehr dem Gedächtnisse entschwindet, und dessen Erinnerung allein schon für alle ausgestandenen Beschwerden und Gefahren reichlich entschädiget! Eine ganze Welt von Gletschern, Lavamassen, Schnee- und Eisfeldern, Flüßen und kleinen Seen liegt da aufgeschlossen, nie hat es ein menschlicher Fuß gewagt, ihr Inneres zu betreten. – Wie muß es da gewüthet und gearbeitet haben, bis solche Gestaltungen geschaffen wurden? – Und wird es nun genug damit sein? – Hat das Element ausgetobt, oder ruht es nur, gleich der hundertköpfigen Hydra, um mit verdoppelter Kraft wieder hervor zu brechen, und auch noch jene Gegenden zu verwüsten, die ohnehin schon, so weit dem Meere zugedrängt, sich nur als bescheidener Kranz um das Innere des Landes winden. – Ich danke Gott, daß er mich dies Chaos seiner Schöpfung schauen ließ; aber doppelt danke ich ihm, daß er mich in Gefilden leben läßt, wo die Sonne mehr zu thun hat, als nur den Tag zu schaffen; wo sie wirkend und wärmend Pflanzen und Thiere belebt, und das Herz des Menschen zur Freude und zum Dank gegen den Schöpfer stimmt. [3]

Die Westmanns-Inseln, die man vom Hekla aus erblicken soll, konnte ich nicht finden, wahrscheinlich waren sie von Wolken verdeckt.

Schon während der Besteigung des Hekla hatte ich häufig die Lava berührt, theils unfreiwillig, wenn ich fiel, theils freiwillig, um eine heiße oder wenigstens warme Stelle zu finden. – Ich war so unglücklich auf lauter kalte zu treffen. Nichts konnte mir daher erwünschter kommen, als der so eben gefallene Schnee. Ueberall sah ich begierig herum, ein Plätzchen zu entdecken, wo ihn die unterirdische Hitze nicht dulden würde. – Dahin wäre ich dann geeilt, und das Gesuchte wäre gefunden gewesen. – Leider blieb der Schnee an allen Orten liegen. Auch Rauchwolken sah ich nirgend aufsteigen, obwohl ich stundenlang meine Augen nicht von dem Berge wendete, den ich hier auch von allen Seiten bis tief hinab ganz überschauen konnte.

Als wir hinab stiegen, fanden wir in einer Tiefe von 5-600 Fuß den Schnee im Schmelzen; noch tiefer rauchte der ganze Berg, eine Erscheinung, die ich für eine Folge der plötzlich eingetretenen Sonnenwärme hielt; mein Thermometer zeigte nämlich jetzt neun Grade Wärme. Ich beobachtete sie häufig auch an Bergen, die nicht zu den Feuerspeiern gehörten. – Die Stellen, wo der Rauch aufstieg, waren ebenfalls kalt.

Die eigentliche glatte, kohlschwarze, glänzende und durchaus nicht poröse Lava findet man nur auf dem Hekla selbst und in seinen nähern Umgebungen. Doch ist nicht alle Lava so; man sieht auch zackige, glasige und poröse; jede ist aber schwarz, so wie ebenfalls der Sand, welcher eine Seite des Hekla überdeckt. Je weiter Lava und Sand von diesem Berge entfernt sind, desto mehr verlieren sie jene Schwärze, und ihre Farbe geht ins eisenfarbige, ja sogar ins lichtgraue über; manche Lava behält jedoch, selbst bei dieser lichten Farbe, den Glanz und die Glätte der schwarzen bei.

Nach dem mühevollsten Herabsteigen, und nachdem wir zur ganzen Partie über zwölf Stunden verwendet hatten, erreichten wir glücklich wieder Sälsun, und ich wollte mich eben, etwas niedergeschlagen, in meine frühere Wohnung begeben, schaudernd bei dem Gedanken, hier abermals eine Nacht zubringen zu müssen, – da überraschte mich mein Führer sehr angenehm durch die Frage, ob ich nicht vielleicht heute noch nach Struvellir wolle? Die Pferde seien hinlänglich ausgeruht, und dort könnte ich doch im Hause des Priesters ein gutes Zimmer bekommen. – Rasch war Alles zusammen gepackt und im Kurzen saß ich wieder zu Pferde. – Als ich jetzt zum zweiten Male in die tiefe Rangaa kam, durchritt ich sie schon furchtlos, und bedurfte keines Schutzes mehr an der Seite. – So ist der Mensch; nur das erstemal schreckt ihn die Gefahr; hat er sie glücklich überwunden, denkt er das künftige Mal kaum mehr daran, und begreift gar nicht, wie er da so große Furcht haben konnte.

In der Nähe dieses Stromes sah ich eine Merkwürdigkeit, – fünf kleine Bäumchen, die auf einer Wiese standen. Ihre Stämme waren zwar schief und knotig, aber dennoch 6-7 Fuß hoch, und mochten 4-5 Zoll im Durchmesser haben.

Wie mein Führer behauptet hatte, fand ich wirklich in dem Hause des Priesters ein niedliches Zimmerchen sammt einem guten Bette. Herr Horfuson ist einer der besten Menschen, die mir im Leben vorgekommen sind. – Mit größter Freude ergriff er jede Gelegenheit mir ein Vergnügen zu machen; ich habe ihm auch mehrere schöne Mineralien, und ein isländisches Buch vom Jahre 1601 zu verdanken. – Gott lohne ihm seine Güte und Herzlichkeit.

1. Juli.

Nun ging die Reise abermal bis zum Fluße Huitha, wo wir uns überführen ließen, dann schlugen wir eine andere Richtung ein. – Da ging es durch lauter schöne Thäler, die größtentheils mit Gras bewachsen waren; leider wuchs aber darunter so viel Moos, daß diese großen Flächen doch keine guten Weiden abgaben, und nur den Reisenden eine Annehmlichkeit gewährten, indem sie hübsch aussahen und durchaus trocken waren.

Das Thal, in welchem Hjalmholm, unsere heutige Nachtstation lag, durchzog ein großer Lavastrom, der jedoch so bescheiden war, nicht das ganze Thal auszufüllen, sondern auch dem schönen Wasserstrome Elvas und einigen Wiesen und Anhöhen Raum gab, auf deren letzterer überall Kothen standen. Dieses Thal war eines der bevölkertsten, die ich bisher sah.

Hjalmholm liegt auch auf einem Hügel. Hier wohnt der Sysselmann des Rangaarsyssels, und zwar in einem so schönen und großen Hause, wie ich deren nur in Reikjavik einige sah. – Ich wurde von seinen Töchtern – er selbst befand sich als Mitglied des Alldings in Islands Hauptstadt – sehr herzlich und freundlich aufgenommen.

Wir plauderten und schwatzten viel; ich suchte meine dänische Sprachkenntniß in voller Pracht und Herrlichkeit zu entfalten, und mußte dabei manchmal gar komische Phrasen hervorgebracht haben, denn die Mädchen konnten sich oft des Lachens nicht enthalten. Das hinderte mich jedoch nicht; ich lachte mit, nahm mein Wörterbuch, das ich stets mit mir führte, zu Hilfe, und schwatzte wieder weiter. – Von der Schönheit meiner Landsmänninen mußten sie durch meine Person eben auch keinen hohen Begriff bekommen haben, wofür ich Letztere pflichtschuldigst um Entschuldigung bitte, und sie dabei auf meine Ehre versichere, daß ich es selbst am meisten bedauerte. Allein die gute Mutter Natur verfährt gegen Leute in meinem Alter stets sehr unerbittlich, und gibt der Jugend, bezüglich der Aufmerksamkeit die man dem Alter erzeigen soll, ein sehr schlechtes Beispiel. – Statt uns zu ehren, und uns den Vorzug zu geben, hält sie sich lieber an das junge Volk, und jedes sechzehnjährige Mädchen schlägt uns würdigen Matronen ein gar gewaltiges Schnippchen. Dazu kam noch, daß die schrecklich scharfe Luft und die rauhen Stürme, denen ich beständig ausgesetzt war, mein Gesicht sehr entstellt hatten. – Sie hatten mich mehr angegriffen, als selbst die glühende Hitze im Oriente; – ich sah sehr braun aus, meine Lippen waren aufgesprungen, und meine Nase – ach Gott! – die fing gar an sich gegen ihre garstige Farbe aufzulehnen; sie wollte wahrscheinlich eine neue, blendendweiße zarte Haut besitzen, und da schob sie die alte in kleinen Stückchen von sich.

Das Einzige, was mich in der Meinung der guten Mädchen noch rettete, war, daß ich zufälliger Weise meine Haare mehr als gewöhnlich aus der Stirne streifte, und daß dadurch eine weiße Stelle zum Vorscheine kam. – Wie aus einem Munde schrien alle Mädchen, ganz überrascht und verwundert: »Hún er quit« (sie ist weiß). Ich mußte darüber lachen, und streifte den Aermel hinauf, um ihnen zu beweisen, daß ich nicht zu dem Stamme der Araber gehöre.

Aber auch mir stand in diesem Hause eine große Ueberraschung bevor; – ich stöberte nämlich in dem Bücherkasten des Sysselmannes herum, und fand da – Rottecks Weltgeschichte, ein deutsches Lexikon, und mehrere Gedichte und andere Schriften von deutschen Dichtern.

2. Juli.

So wie der Weg von Kalmannstunga nach Thingvalla über lauter Lava führte, so führte der heutige durch lauter Sümpfe. Kaum hatten wir einen im Rücken, lag schon wieder ein anderer vor uns. Doch schien auch hier der Grund aus Lava zu bestehen; denn an vielen Orten erhoben sich kleine Flecken dieses Gesteins, die wie Inseln aus den Sümpfen ragten.

Die Gegend wurde nun schon immer freier; die Gletscher verloren sich nach und nach ganz. Die hohen Gebirge auf der linken Seite erschienen, ihrer großen Entfernung wegen, wie Hügel, und die näheren waren es wirklich. – Nach einem ungefähr zwei Meilen langen Ritte mußten wir in einem Boote über den ziemlich bedeutenden Fluß Elvas setzen, und hierauf über einen schmalen, sehr langen Damm balanciren, der über eine Wiese führte, die ganz unter Wasser stand. Wären wir auf diesem Damme einem Reisenden begegnet, wüßte ich wahrlich nicht, was wir angefangen hätten; das Umkehren wäre so gefährlich gewesen, wie das Hinabsteigen in den Sumpf. Glücklicher Weise begegnet man in Island Niemanden.

Hat man den Damm überschritten, so führt der Weg einige Meilen längs der Berge und Hügel, die alle aus Lava bestehen, und von sehr dunkler, beinahe schwarzer Farbe sind. Das Gestein auf dieser Höhe war sehr lose; in der Wiese unten lagen viele Kolosse, die herabgestürzt sein mußten, und eine Menge andere sahen dem Sturze jeden Augenblick entgegen. – Wir bekamen diese gefährliche Passage glücklich im Rücken, ohne Augenzeuge eines solchen Schauspieles sein zu müssen.

In diesen Gebirgen hörte ich sehr oft ein dumpfes Getöse; ich hielt es anfangs für fernes Rollen des Donners, und suchte am Horizonte das herannahende Gewitter zu entdecken. Als ich aber weder Wolken noch Blitze sah, sondern nur den blauen Himmel, der sich heiter und rein über die unermeßlichen Thäler wölbte, da gewahrte ich erst, daß diese dumpfen Laute in meiner Nähe zu suchen waren, und aus den Bergen kamen.

Die höhern Gebirge links verliert man nun immer mehr und mehr aus dem Gesichte; dagegen breitet sich der Fluß Elvas der Art aus, und theilt sich in so viele Arme, daß man ihn für einen großen See mit vielen Inseln halten könnte. Er ergießt sich in das nahe Meer, dessen ausgedehnte Fläche man erblickt, nachdem man noch einige unbedeutende Hügel überstiegen hat.

Das Thal Reikum, in welches wir nun kamen, ist eben so wie jenes von Reikholt, reichhaltig an heißen Quellen, die rechts theils in der Ebene, theils auf Anhöhen oder hinter solchen, in dem Umkreise einer halben Meile beisammen liegen.

Als wir das Oertchen Reikum erreicht hatten, ließ ich gleich meine wenigen Effekten in das Kirchlein schaffen, nahm einen Führer, und begab mich zu diesen kochenden Quellen. – Ich fand ihrer sehr viele, aber merkwürdige nur zweie; die gehören aber auch wieder zu dem Merkwürdigsten, was man in dieser Art sehen kann. Die Eine heißt: der kleine Geiser, die Andere: der Bogensprung.

Der kleine Geiser hat einen Kessel von ungefähr drei Fuß im Durchmesser. Das Wasser kocht heftig in einer Tiefe von zwei bis drei Fuß, und bleibt ziemlich in diesen Schranken, bis es anfängt zu springen, wo es dann einen schönen wasserreichen Strahl von 20 bis 40 Fuß in die Höhe wirft.

Schon um halb neun Uhr Abends hatte ich das Glück, einen dieser schönen Ausbrüche zu sehen, und durfte also nicht, wie beim großen Geiser, Tag und Nacht seine Quelle belagern. Der Ausbruch dauerte sehr lange, und war ziemlich gleichmäßig, nur auf Augenblicke sank der Strahl etwas zurück, um dann mit erneuerter Gewalt auf die frühere Höhe wieder empor zu schießen; erst nach vierzig Minuten sank er ganz in den Kessel zurück. – Steine, die wir hinein warfen, führte er entweder gleich, oder nach einigen Secunden in zersplitterten Stücken bis zu einer Höhe von ungefähr 12-15 Fuß mit sich. – Seine Dicke mochte 1 bis 1½ Fuß im Durchmesser betragen. – Mein Führer versicherte mich, daß diese Quelle in 24 Stunden höchstens drei Mal, gewöhnlich aber nur zwei Mal springe; – also nicht wie ich irgendwo gelesen, alle sechs Minuten. – Ich selbst blieb bis Mitternacht in seiner Nähe, sah aber keinen Ausbruch mehr.

Man könnte diese Quelle füglich mit dem Strukker am Geiser vergleichen, und dürfte nur den einzigen Unterschied finden, daß bei Letzterem das Wasser im Kessel viel tiefer sinkt.

Die zweite der beiden merkwürdigen Quellen, der Bogensprung, liegt unweit vom kleinen Geiser, am Abhange eines Hügels, den man übersteigen muß. – Bei keiner Springquelle hatte ich noch eine so sonderbare Bildung des Bettes gefunden. – Sie besitzt gar keinen Kessel, sondern liegt halb offen vor den Füßen, wie in einer kleinen Grotte, die in verschiedene Höhlungen und Löcher getheilt, und halb kreisförmig von einer Felswand umgeben ist, die sich in einer Höhe von ungefähr zwei Fuß sanft über sie neigt, und dann noch 10 bis 12 Fuß gerade aufsteigt. – Diese Quelle bleibt höchstens eine Minute in ruhigem Zustande; sie fängt dann an schnell zu steigen und zu kochen, und wirft einen wasserreichen Strahl auf, der an die sich überneigende Felswand anprallt, durch sie breitgedrückt, und gleich einem bogenartigen Fächer in die Höhe steigt. Die Höhe dieses so wunderbar ausgebreiteten Strahles mag bei 12 Fuß, der Bogen, den er beschreibt, 15 bis 20 Fuß, und seine Breite 3 bis 8 Fuß betragen. Die Zeit des Ausbruches währt oft länger als jene der Ruhe. Nach dem Ausbruche sinkt das Wasser immer einige Fuß in die Höhle zurück, und gewährt auf 15 oder 20 Secunden einen Blick in diese wunderbare Grotte. – Doch gleich fängt es wieder an zu steigen, füllt bald sowohl die Grotte als auch das Becken, das eigentlich nur eine etwas erhöhte Fortsetzung der Grotte ist, und springt von Neuem.

Ich verweilte bei diesem wundervollen Naturspiele gewiß über eine Stunde, und konnte mich von dem Anblicke dieser bogenförmig aufsteigenden Wasserstrahlen gar nicht trennen. Mir gefiel diese Quelle, die gewiß einzig in ihrer Art ist, bei weitem besser, als jene des kleinen Geiser.

Noch ist eine Quelle da, der sogenannte brüllende Geiser; es ist dieß aber nichts, als ein unförmliches Loch, in welchem man das Wasser kochen hört, aber nicht sieht. Das Geräusch ist unbedeutend.

3. Juli.

Nahe an Reikum setzten wir über ein Bächlein, das all diese heißen Quellen aufnimmt, und da einen artigen Fall bildet. Wir stiegen hierauf den daran stoßenden Berg hinan, und ritten dann gute zwei Stunden in einer Hochebene fort. Die Hochebene selbst bot, da sie nur mit Lavagerölle und Moos bedeckt war, einen sehr einförmigen Anblick, – dagegen war aber die Aussicht desto abwechselnder und schöner. Thal und Meer lagen ausgebreitet vor den Blicken, und ich sah, was mir auf dem Hekla die Wolken neidisch verborgen hatten, – in weiter Ferne eine schöne Gebirgskette, die Westmanns-Inseln. Zu meinen Füßen lagen einige Häuschen, der Hafenort Eierbach, und unweit davon strömen die Wasser der Elvas in jene des Meeres.

Am Ende dieser Hochebene lag ein Thal, das zwar auch nur wieder mit Lava ausgefüllt war, aber mit jener schwarzen, zackigen, die einen so überaus schönen Anblick gewährt. Mächtige Ströme dieser Lavaart durchzogen es von allen Seiten, so daß es beinahe einem schwarzen See glich, der durch eine Reihe ebenfalls schwarzer Berge von dem Meere abgedämmt war.

Ueber Lava-Trümmer und Schneeflächen mußten wir uns in dieses finstere Thal hinab den Weg bahnen, und dann ging es fort durch Thäler und Schluchten, über Lavafelder und Wiesenflächen, an dunkeln Bergen und Hügeln vorüber, bis zur Hauptstation meiner isländischen Reisen, – bis nach Reikjavik.

Das ganze Land zwischen Reikum und Reikjavik ist größtentheils unbewohnt. (Eine Strecke von 10 Meilen). Nur hie und da sieht man in den Lavafeldern kleine Pyramiden von Lavasteinen aufgeschichtet, die als Wegweiser dienen, und an zwei Stellen sind Häuschen errichtet für jene Reisende, die da im Winter durchmüssen. – Wir trafen aber dennoch sehr viel Leben auf den Straßen, und überholten häufig Caravanen von 15-20 Pferden. – Es war nämlich jetzt Anfangs Juli, die Zeit des Verkehres und Handels in Island. Da ziehen die Landleute 20 und noch mehrere Meilen weit nach Reikjavik, um ihre Erzeugnisse und Produkte theils gegen Geld, theils gegen andere Bedürfnisse umzusetzen. – Die Kaufleute und Faktoren haben dann nicht Hände genug, die Waaren umzutauschen, oder die Rechnungen zu schließen, die der Bauer für das oft schon während des Jahres Genommene berichtigen will.

Um diese Zeit herrscht in und um Reikjavik eine Lebendigkeit sonder gleichen. Ueberall sieht man zahlreiche Gruppen von Menschen und Pferden. Hier werden Waaren auf- oder abgeladen, dort begrüßen sich Freunde, die sich schon ein ganzes Jahr, oder noch länger nicht gesehen haben. Da nehmen Andere von einander Abschied; hier sieht man einzige Zelte [4] errichtet, vor welchen sich Kinder herum tummeln, dort sieht man Betrunkene taumeln, oder wohl gar zu Pferde heran sprengen, daß Einem angst und bange wird, und man jeden Augenblick fürchtet sie stürzen zu sehen u. s. w.

Leider währt diese Lebhaftigkeit höchstens 6-8 Tage. Für den Bauer ist die Heuernte vor der Thüre, und der Kaufmann muß eilen seine eingelösten Produkte und Waaren zu ordnen, und seine Schiffe damit zu befrachten, um absegeln zu können, und noch vor den Stürmen des herbstlichen Aequinoctiums seinen Hafen zu erreichen.

Von Reikjavik bis Thingvalla 10 Meilen.
Von Thingvalla bis an den Geiser    8 "
Vom Geiser nach Skalholt 6 "
Von Skalholt bis Sälsun 8 "
Von Sälsun bis Struvellir 2 "
Von Struvellir bis Hjalmholm 6 "
Von Hjalmholm bis Reikum 7 "
Von Reikum bis Reikjavik 10 "
——————
  57 Meilen.

Fernere Bemerkungen über Island und seine Bewohner.

Durch meine Reisen in diesem Lande hatte ich natürlich Gelegenheit, seine Bewohner, und deren Thun und Treiben kennen zu lernen. Ich muß gestehen, daß ich von dem Bauernstande einen höhern Begriff gehabt hatte. Wenn man in der Geschichte ihres Landes liest, daß die ersten Bewohner dieser Insel von aufgeklärten Staaten ausgewandert waren, daß sie Gesittung und Kenntnisse mitgebracht hatten; wenn man in den Schilderungen früherer Reisenden stets von dem einfach gemüthlichen Volke, von seiner wahrhaft patriarchalischen Lebensweise sprechen hört; wenn man endlich weiß, daß fast jeder Bauer Island's lesen und schreiben kann, daß man in der ärmsten Hütte wenigstens die Bibel, und noch andere Bücher religiösen Inhaltes findet; so ist man ja freilich geneigt, dieß Volk für das beste und gebildetste von ganz Europa zu halten. – Die Gesittung desselben dachte ich mir auch hinlänglich verwahrt und gesichert durch den wenigen Verkehr mit Fremden, durch das vereinzelte Leben, und durch die Armuth des Landes. Da gibt keine große Stadt Gelegenheit zu Putz und Unterhaltung, zur Erzeugung geringerer oder größerer Laster. – Nur selten betritt ein Fremdling die Insel, deren große Entfernung, deren rauhes Clima, Unwirthlichkeit und Armuth zu abschreckend sind. – Was allein sie interessant macht, Großartigkeit und Seltsamkeit der Natur, genügt dem großen Haufen nicht.

Ich hielt daher Island, in Bezug seiner Bewohner, für ein wahres Arkadien, und freute mich innig ein solch idyllisches Leben doch zum Theil verwirklicht zu sehen. – Ich fühlte mich so glücklich, als ich dieses Land betrat, – ich hätte alle Menschen an mein Herz drücken können, – – – Aber bald ward ich eines Andern belehrt.

Oft schon zürnte ich dem Mangel an Begeisterung, der bei mir sehr arg sein muß, da ich leider immer Alles viel prosaischer sehe, als andere Reisende. Ich bin auch weit entfernt zu behaupten, daß ich recht sehe, – höchstens habe ich die gute Eigenschaft, das Gesehene so darzustellen, wie ich es sah, und nicht Andern nachzuplaudern.

Die Unhöflichkeit und Herzlosigkeit der sogenannten »gebildeten Klasse« habe ich bereits geschildert. Von dieser verlor ich sehr bald die vorgefaßte gute Meinung. Nun kam die Reihe an die Arbeitsleute in der Nähe Reikjavik's. – Wie das Sprichwort von den Schweizern sagt: »Kein Geld, kein Schweizer«, – so kann man von diesen sagen: »Kein Geld, kein Isländer.« – Hier nur einige Beispiele:

Kaum erfuhren sie, daß ich, eine Fremde, angelangt sei, so kamen sie auch schon häufig und alle Augenblicke zu mir, und brachten mir Gegenstände ganz gewöhnlicher Art, wie man sie in Island überall findet; die sollte ich nun theuer bezahlen. Anfangs kaufte ich Manches aus Mitleid, oder um nur Ruhe zu haben, und warf es gewöhnlich wieder weg; bald aber mußte ich damit aufhören, ich wäre sonst den ganzen Tag von Groß und Klein umlagert gewesen. Die Sucht sich auf leichte Art etwas zu verdienen, nahm ich ihnen dabei noch weniger übel, als die Unverschämtheit, mit der sie die Preise machen und den Fremdling zu prellen suchen. – Für einen Käfer, den man unter jedem Steine finden konnte, begehrten sie 5 kr. C. M., für eine Schnecke, von deren Art Tausende an der Küste lagen, eben so viel, und für ein Vogelei, ganz gewöhnlicher Art 10 bis 20 kr. Zwar ließen sie dann, wenn ich nichts kaufen wollte, oft zwei Drittheile der Forderung nach; sicherlich war dieß aber keine Folge ihrer Redlichkeit. Ein anderes Beispiel des Eigennutzes dieser Leute, erlebte der Bäcker, bei dem ich wohnte. – Er hatte einen armen Taglöhner aufgenommen, um sein Haus mit Theer bestreichen zu lassen. Mitten in dieser Arbeit begriffen, kam dem Manne ein anderer Verdienst vor. Da fand er es nicht einmal der Mühe werth, den Bäcker zu fragen, ob er einige Tage bei ihm aussetzen dürfe; er ging fort, und kam erst nach acht Tagen wieder, um die unterbrochene Arbeit fortzusetzen. Um so schändlicher war dieß Benehmen von ihm, da seine Kinder vom Bäcker wöchentlich zweimal Brod, und auch noch Butter dazu bekamen.

Auch ich war so glücklich, Aehnliches zu erfahren. Herr Knudson hatte für mich einen Führer gedungen, und in einigen Tagen schon sollte die Reise angetreten werden. Da wollte zufälliger Weise auch der Stiftsamtmann einen Ausflug machen, und schickte um meinen Führer. Dieser hoffte da mehr zu verdienen, und sagte zu, kam aber nicht zu mir, um sich zu entschuldigen, sondern ließ mir blos am Vorabend der Reise sagen, daß er krank geworden sei, und folglich nicht mit mir gehen könne. – Und solche Beispiele, die dem Isländer gerade nicht zum Lobe gereichen, könnte ich noch gar viele aufzählen.

Ich tröstete mich, Einfalt und Redlichkeit in den entfernteren Gegenden zu finden, und freute mich deßhalb doppelt auf meine Reisen in das Innere des Landes. – Da fand ich wohl manches Gute, doch leider auch so viele Schattenseiten, daß ich weit entfernt bin, die isländischen Bauern als Muster aufzustellen.

Die vorzüglichste ihrer guten Eigenschaften ist die Ehrlichkeit. – Ich konnte meine Sachen überall liegen lassen, und stundenlang davon entfernt bleiben, – nie mangelte mir das geringste, ja sie erlaubten sogar weder sich noch ihren Kindern auch nur etwas davon in die Hände zu nehmen. In diesem Punkte sind sie so gewissenhaft, daß wenn z. B. ein Bauer aus einem entfernteren Orte kömmt, und in eine Kothe treten will, er gewiß nicht unterläßt, vorher an die Thüre zu klopfen, selbst wenn sie offen steht. Sagt Niemand »herein«, so betritt er sie nicht. – Man könnte ohne Furcht und Sorge bei unverschlossener Thüre schlafen.

Ueberhaupt sind Verbrechen hier so selten, daß das Gefängnißgebäude zu Reikjavik schon seit vielen Jahren in das Wohnhaus für den Stiftsamtmann umgewandelt wurde. – Kleine Vergehungen werden gleich bestraft, entweder in Reikjavik selbst, oder an dem Orte, wo der Sysselmann seinen Sitz hat. – Große Verbrecher werden nach Kopenhagen geschickt und dort verurtheilt und bestraft.

Mein Hausherr zu Reikjavik, der Bäckermeister Bernhöft, erzählte mir, daß seit den 13 Jahren, die er in Island ansässig ist, nur ein großes Verbrechen begangen worden sei. – Ein verheiratheter Bauer hatte mit seiner Magd ein Kind gezeugt, und es gleich nach der Geburt verbrannt. – Die kleineren Verbrechen bestehen meistens aus Vieh-Diebstählen.

Was die Kenntnisse der Isländer anbelangt, so sah ich wirklich mit Erstaunen, daß fast Alle lesen und schreiben konnten; Letzteres war unter dem weiblichen Geschlechte etwas seltener. Jünglinge und Männer aber hatten oft recht gute und feste Schriften. – Bücher fand ich in jeder Hütte, wenigstens die Bibel, oft aber auch Gedichte und Erzählungen, manchmal sogar in dänischer Sprache.

Ihr Begriffsvermögen ist ebenfalls sehr gut. Wenn ich in ihrer Gegenwart meine Landkarte aufschlug, verstanden sie so ziemlich, was sie vorstellte, und begriffen schnell und leicht deren Gebrauch und Nutzen. – Diese Bildung ist doppelt überraschend, wenn man bedenkt, daß jeder Familienvater seine Kinder, und allenfalls auch die nachbarlichen Waisen selbst unterrichtet. – Zwar geschieht dieß nur im Winter, doch der dauert acht Monate, und ist folglich dazu lange genug.

Schule besteht im ganzen Lande eine einzige, in Bessestadt – vom Jahre 1846 an in Reikjavik. – In dieser Schule werden nur Jünglinge aufgenommen die bereits lesen und schreiben können. – Sie können hier entweder zu Priestern gebildet werden, oder auch die Vorkenntnisse zu den juridischen Studien erhalten. – Jene, die sich dem Priesterstande widmen, können allda ihre ganzen Studien beendigen; Jene aber, die Aerzte, Apotheker oder Sysselmänner werden wollen, müssen nach Kopenhagen gehen.

Außer den theologischen Wissenschaften werden auf der Schule zu Reikjavik auch Geometrie, Geographie und Geschichte gelehrt, so wie mehrere Sprachen, als: lateinisch, dänisch und vom Jahre 1846 auch deutsch und französisch.

Die Hauptbeschäftigung der isländischen Bauern besteht im Fischfange, welcher am stärksten in den Monaten Februar, März und April betrieben wird.

Da kommen die Bewohner der innern Gegenden des Landes in die Hafenorte, verdingen sich den Strandbewohnern, den eigentlichen Fischern, als Gehilfen, und nehmen dafür einen Antheil an den Fischen. Außer dieser Zeit wird der Fischfang wohl auch betrieben, aber mehr nur von den Strandbewohnern. – In den Monaten Juli und August gehen wieder Viele von diesen in das Innere des Landes, und helfen da bei der Heuernte, wofür sie Butter, Schafwolle und gesalzenes Lammfleisch erhalten. – Andere besteigen die Gebirge, und sammeln das isländische Moos. Von diesem machen sie entweder einen Absud, der dann mit Milch gemischt, getrunken wird, oder sie zerreiben es zu Mehl und backen flache Kuchen daraus, die ihnen statt des Brodes dienen.

Die Arbeit des weiblichen Geschlechtes besteht in der Zurichtung der Fische zum Trocknen, Räuchern oder Einsalzen, in Abwartung des Viehes, im Stricken und wohl auch in Moossammeln. – Im Winter weben und stricken beide Geschlechter.

Was die Gastfreundschaft der Isländer betrifft, so glaube ich nicht, daß man sie ihnen zu einem sehr großen Verdienste anrechnen darf. Es ist wahr, Priester und Bauern nehmen jeden europäischen Reisenden gerne auf, und bewirthen ihn mit Allem was in ihren Kräften steht, – aber Beide wissen, daß der Reisende, der ihr Land besucht, gewiß weder ein Abentheurer noch ein Bettler ist, und ihnen daher auch erkenntlich sein wird. – Mir kam kein Priester und kein Bauer vor, der nicht die gebotene Gabe ohne die geringste Widerrede angenommen hätte. – Von den Priestern muß ich jedoch zu ihrem besondern Lobe bemerken, daß sie überall sehr dienstfertig und gefällig, und mit jeder Gabe zufrieden waren. Auch ihre Forderungen, wenn ich Pferde zu meinen Excursionen nahm, waren immer sehr bescheiden gestellt. – Den Bauer hingegen fand ich nur in jenen Gegenden weniger eigennützig, wo beinah nie ein Reisender hinkam. An Orten aber die schon mehr besucht werden, waren seine Forderungen oft unverschämt.

Für Ueberfahrten über Flüsse z. B. mußte ich 20 bis 30 kr. zahlen, und da wurden ich und mein Führer in einem Kahn übergeschifft, die Pferde mußten schwimmen. – Der Führer, welcher mich auf den Hekla begleitete, forderte gar 5 fl. 20 kr. CM. und ließ sich ordentlich noch dazu bitten. Er wußte, daß ich gezwungen war, ihn zu nehmen, denn Auswahl an Führern hat man nicht, und unverrichteter Sache will man auch nicht zurückkehren.

Aus diesem Benehmen aber sieht man, daß der Charakter der Isländer gerade nicht zu den trefflichsten gehört, und daß sie ihren Vortheil von den Reisenden so gut zu ziehen wissen, wie die Wirthe und Lohnbedienten auf dem Continente.

Eine große Leidenschaft der Isländer ist das Trinken. Ihre Armuth wäre gewiß nicht so groß, wenn sie weniger dem Brandweine zusprächen, und dafür fleißiger arbeiten würden. Aber so ist es heillos zu sehen welch tiefe Wurzel dieses Laster hier gefaßt hat. – Nicht nur an Sonntagen, auch an Wochentagen begegnete ich Bauern, die so berauscht waren, daß es mir noch heute ein Räthsel ist, wie sie sich auf den Pferden erhalten konnten. – Vom weiblichen Geschlecht kam mir, Gott sei es gedankt, nie ein Exemplar in diesem Zustande vor.

Eine zweite ihrer Haupt-Leidenschaften ist das Tabakschnupfen. – Sie kauen und schnupfen den Tabak mit derselben Lust, mit der man ihn bei uns rauchen sieht. Ihre Art aber, wie sie den Tabak zu sich nehmen, ist so eigen, daß ich sie unmöglich übergehen kann. Die meisten Bauern, ja selbst viele der Priester haben keine eigentliche Dose, sondern eine Büchse aus Bein gedrechselt, in Gestalt eines kleinen Pulverhornes. – Wenn sie nun schnupfen wollen, so neigen sie den Kopf zurück, stecken die Spitze dieses Hornes in die Nase und schütteln eine Dosis Tabak hinein. – Und so gar nicht ekel sind diese liebenswürdigen Naturmenschen, daß sie dieß Tabak-Horn ihrem Nachbar reichen, dieser wieder dem seinigen und so fort – – von Nase zu Nase, – ohne es je zu reinigen oder abzuwischen.

Ueberhaupt glaube ich, daß, was Unreinlichkeit anbelangt, die Isländer den Grönländern, Eskimos oder Lappländern nicht viel nachstehen werden. – Wollte ich beschreiben, was ich in der Art alles sah, meine guten Leserinen würden mitten auf dem festen Lande seekrank werden, oder doch wenigstens mich sehr arger Uebertreibungen beschuldigen. Ich sage daher nur: Man denke sich von Unreinlichkeiten, von ekelhaften Handlungen so viel die kräftigste Fantasie zu erfinden vermag, ich unterschreibe es unbedingt als bei den Isländern zu Hause.

Neben diesen gar nicht rühmlichen Eigenschaften besitzen sie auch eine große Trägheit. Etwas entfernt von den Küsten liegen unübersehbare Wiesenthäler, die aber alle so versumpft sind, daß man sie stets mit Furcht durchreiten muß. Die Ursache hiervon liegt weniger am Boden als an den Menschen. – Man dürfte nur Gräben ziehen, und die Wiesen auf diese Art trocken legen, um das herrlichste Gras zu erhalten; denn daß dieses in Island gedeiht, beweisen die vielen kleinen Anhöhen, die in solchen Thälern aus den Sümpfen ragen, und mit Gras, Futterkräutern und wildem Klee üppig bewachsen waren. – Eben so kam ich über große Stellen, die schöne Erde hatten, und über andere, auf denen Erde mit Sand gemischt lag.

Ich sprach öfter mit einem Herrn Boge, der bereits vierzig Jahre in Island ansässig ist und nicht geringe landwirthschaftliche Kenntnisse besitzt, ob es denn nicht möglich wäre, durch Fleiß und Arbeit da bedeutende Feld- und Wiesenkultur zu erzielen? Herr Boge gab dieß zu, und meinte selbst, daß nebst schönen Wiesen auch wohl ergiebige Kartoffelfelder erzweckt werden könnten, wenn nur das Volk nicht so träge wäre und lieber Hunger litte, und allen Bedürfnissen der Reinlichkeit und Annehmlichkeit entsagte, ehe es zur Arbeit greift. Was ihm die Natur freiwillig bietet, ist ihm genug; – ihr etwas abzuringen, fällt ihm gar nicht ein. – Ich wünschte nur einige deutsche Bauern hierher versetzt zu sehen, wie manche Stelle würde bald ganz anders aussehen!

Der beste Boden Island's soll auf dem Norderlande sein. Da sieht man sogar einige Kartoffel-Aeker und auch Bäumchen, die ohne Hilfe und Pflege eine Höhe von 7-8 Fuß erreichen. Herr Boge, welcher bei dreißig Jahre dort etablirt war, hatte einige Vogelbeer- und Birken-Bäumchen gepflanzt, die bis zu 16 Fuß empor gewachsen waren.

Im Norderlande, so wie überhaupt etwas entfernter von der Küste, leben die Leute von der Viehzucht. Mancher Bauer besitzt da 2-400 Schafe, 10-15 Kühe und 10-12 Pferde; freilich gibt es so reiche nicht viele, aber jedenfalls sind sie besser daran, als die armen Küstenbewohner. – Die haben meist schlechten Grund und Boden und sind daher größtentheils auf den Fischfang angewiesen.


Noch muß ich, bevor ich Island verlasse, einer Sage erwähnen, die mir von vielen Seiten erzählt wurde, und die nicht nur von Bauern, sondern auch von Leuten der sogenannten »bessern Klasse« für Wahrheit gehalten wird.

Man behauptet nämlich, daß das innere unwirthbare Land ebenfalls bevölkert sei. Es sei von einer ganz eigenen Menschenklasse bewohnt, der allein die Pfade in diesen Wüsteneien bekannt wären. Diese Wilden hätten aber während des Jahres gar keinen Verkehr mit ihren Landsleuten, und kämen nur Anfangs Juli, höchstens auf einen Tag an einen der Hafenorte, um verschiedene Lebensbedürfnisse zu erhandeln, die sie alsogleich mit baarem Gelde auszahlen. Hierauf verschwinden sie plötzlich, ohne daß man weiß, wohin sie ihren Weg genommen haben. – Niemand kennt sie, nie bringen sie Frauen oder Kinder mit, und nie beantworten sie die Frage, woher sie kämen? – Auch ihre Sprache soll etwas schwerer zu verstehen sein, als jene der bekannten Einwohner Island's.

Ein Herr – den ich aus Achtung nicht nennen will – äußerte mehrmals den Wunsch, 20 oder 25 gut bewaffnete Soldaten zu haben, und mit ihnen diese wilden Menschen aufzusuchen.

Die Leute, welche jene Naturmenschen gesehen haben wollen, behaupten: daß sie größer und stärker seien als die andern Isländer, daß ihre Pferde, statt mit eisernen Hufen – mit Hufen aus Horn beschlagen wären, und daß man sehr viel Geld bei ihnen sähe, welches sie wohl nur durch Raub erlangen könnten. Als ich aber frug, wer von den rechtlichen Bewohnern Islands, wann und in welchen Gegenden er von dieser wilden Menschenrace beraubt worden wäre, wußte mir Niemand eine andere Antwort zu geben als: das wisse man nicht. – Ich glaube aber kaum, daß in Island eine Person, viel weniger ein ganzer Stamm vom Raube leben könnte.

Abreise von Island; – Fahrt nach Kopenhagen.

Ich hatte jetzt alles Merkwürdige in Island gesehen, alle meine Reisen in diesem Lande glücklich beendet, und erwartete nun mit unaussprechlicher Sehnsucht das Absegeln eines Fahrzeuges, das mich meiner theuern Heimat wieder etwas näher bringen sollte. Ach, ich mußte noch 4 ewig lange Wochen in Reikjavik bleiben, täglich meine Geduld auf die Probe stellen, und selbst dann, nach so langem Harren, mit der ersten besten Gelegenheit vorlieb nehmen.

Freilich segelten auch unter dieser Zeit einige Schiffe ab, und auch Herr Knudson, mit dem ich die Herüberfahrt von Kopenhagen gemacht hatte, lud mich ein, Theil an seiner Rückreise zu nehmen, – aber da ging Alles nach England oder Spanien, und diese Wege wollte ich nun einmal nicht einschlagen. – Ich wünschte eine Gelegenheit nach Scandinavien, um auf diese pittoresken Länder wenigstens einige Blicke werfen zu können.

Endlich fanden sich zwei Schaluppen, die gegen Ende Juli in die See zu stechen gedachten. Die Eine davon, die bessere, ging nach Altona, und die andere nach Kopenhagen. Ich wollte mit der Ersteren gehen, allein da hatte schon ein Kaufmann von Reikjavik den einzigen Platz – mehr gibt es auf so kleinen Fahrzeugen selten – gemiethet, und so mußte ich mich noch glücklich schicken, auf der zweiten einen Platz zu erhalten. Herr Bernhöft meinte freilich, das Schiff könnte zu erbärmlich sein, um eine so bedeutende Reise darauf zu machen, und er wollte es doch wenigstens vorher in Augenschein nehmen und mir einen Bericht darüber erstatten. Allein da ich fest entschlossen war, nach Dänemark zu gehen, so bat ich ihn, die Untersuchung zu unterlassen und mit dem Kapitain auf dem Lande für meine Ueberfahrt zu unterhandeln. – Würde er, wie ich gleich voraus vermuthete, das Fahrzeug gar zu schlecht gefunden haben, so hätten seine Warnungen vielleicht meinen Vorsatz erschüttern können, und das wollte ich vermeiden.

Zuletzt erfuhren wir noch, daß auch eine Dänin, die hier im Dienste stand, sich auf diesem Fahrzeuge einzuschiffen wünsche. – Sie war so vom Heimweh' erfaßt worden, daß sie um jeden Preis ihr geliebtes Vaterland wieder sehen wollte. Nun, dachte ich mir, ist bei diesem Mädchen das Heimweh stark genug, sie gegen Gefahr gleichgiltig zu machen, so wird dieß bei mir die Sehnsucht thun, und ich werde ihr nicht zurück stehen.

Unsere Schaluppe führte den beruhigenden Namen »Haabet« (die Hoffnung) und gehörte dem Kaufmanne Fromm in Kopenhagen.

Die Abfahrt war für den 26. Juli bestimmt. – Von diesem Tage an durfte ich mich kaum vom Hause entfernen, und mußte jeden Augenblick die Botschaft erwarten gleich an Bord zu kommen. – Leider verhinderten heftige Stürme unser Auslaufen, und ich wurde erst am 29. Juli an Bord geholt. – Nun hieß es Abschied nehmen.

Von dem Lande that ich es leicht. – Hatte ich gleich wirklich viel Wunderbares, Neues und Interessantes gesehen, – ich sehnte mich doch wieder nach den heimatlichen Fluren, in denen man zwar nicht so großartige, ergreifende, aber desto heitrere, lieblichere Bilder findet. – Schwerer ward mir die Trennung von Herrn Knudson, und von der Familie Bernhöft. Alles Gute, das mir in diesem Lande erwiesen wurde, jede Anleitung und Erleichterung meiner Reisen habe ich nur ihnen zu verdanken. – Nie wird aber auch mein Dank, mein Andenken an diese guten Menschen in meiner Brust ersterben.

Um Mittag also befand ich mich bereits auf der Schaluppe, und konnte mit Muße all' die schönen Flaggen und Fähnlein betrachten, mit welchen die französische Fregatte, die hier vor Anker lag, geschmückt war, um das Andenken der Juli-Revolution zu feiern.

Ich suchte meine Aufmerksamkeit so viel als möglich von meinem Schiffe abzulenken, denn nach Allem, was ich bereits unwillkührlich davon gesehen hatte, ließ es sehr viel zu wünschen übrig. – Auch die Kajüte nahm ich mir vor, nicht eher zu betreten, als bis wir in offner See wären, und die Lootsen unsere Schaluppe verlassen hätten, damit mir dann jede Möglichkeit einer Rückkehr abgeschnitten sei.

Unsere Mannschaft bestand aus dem Kapitain, dem Steuermann, zwei Matrosen und einem Schiffsjungen, der den Titel eines Koches hatte; wir fügten ihm auch noch den eines Kammerdieners bei, da er zu unserer Bedienung bestimmt war.

Als uns die Lootsen »Lebewohl« gesagt hatten, suchte ich den Eingang der Kajüte, des einzigen, und daher gemeinschaftlichen Gemaches. – Er bestand aus einem ungefähr 2 Fuß breiten Loche, das sich gähnend zu meinen Füßen öffnete, und in welches eine Leiter von fünf Sprossen senkrecht hinab führte. – Ich stand lange sinnend davor, und überlegte, auf welche Art am Besten da hinab zu kommen sei. – Endlich wußte ich mir nicht anders zu helfen, als daß ich beschloß unsern Hausherrn, den Schiffskapitain, darum zu fragen. – Er zeigte es mir gleich, indem er sich an den Eingang niedersetzte und die Füße hinab ließ. – Man denke sich nun eine solche Expedition mit unsern langen Kleidern, und noch dazu bei schlechtem Wetter, wenn das Schiff von Stürmen tüchtig herum geworfen wird! – Aber der Gedanke, daß es viele Menschen noch viel schlechter treffen, und dennoch fortkommen, war bei dergleichen Unannehmlichkeiten immer der Ankerstab des Trostes, an dem ich mich festhielt. Ich stellte mir gleich vor, daß ich ja aus demselben Teige gemacht sei, wie meine Nebenmenschen, nur verzärtelter, verwöhnter, und daß ich dasselbe ertragen könne, wie sie. In Folge dieser Vorstellungen setzte ich mich augenblicklich nieder, versuchte die neue Rutschbahn und langte glücklich in der Tiefe an.

Vor allem andern mußte ich meine Augen an das hier herrschende Halbdunkel gewöhnen, denn die Lucken (Schiffsfensterchen) ließen die Tageshelle nur gar zu spärlich ein. – Leider sah ich aber bald nur zu viel. – Diese trostlose Erbärmlichkeit, dieser Schmutz, diese Unordnung, die ich da fand! – – Doch ich will Alles nach der Ordnung, und zwar noch dazu recht ausführlich beschreiben, denn ich schmeichle mir, daß manche meiner lieben Landsmänninen im Buche diese Reise mit mir machen wird, und da Viele unter ihnen wahrscheinlich noch nie Gelegenheit gehabt hatten, ein Seefahrzeug zu sehen, so dürfte eine solche ausführlichere Beschreibung hier nicht überflüßig sein. – Daß ich der Wahrheit getreu bleiben werde, mögen ihnen alle Jene bezeugen, die mit dem Seewesen vertraut sind. – Kehren wir also wieder zu meiner geliebten Schaluppe zurück. – An Alter wetteiferte sie mit mir, – wir Beide stammten aus dem vorigen Jahrhundert. Unglücklicherweise wurde damals bei Schiffsbauten wenig Rücksicht auf die Bequemlichkeit der Menschen genommen, und aller Raum nur für die Fracht bemessen; – eine Sache, über die man sich eben nicht wundern darf, da des Schiffers eigentliches Leben nur auf dem Deck ist, und das Schiff für Reisende nicht gebaut wurde. – Die ganze Länge der Kajüte maß von einer Koje zur andern 10 Fuß, die Breite 6 Fuß. Letztere ward noch überdieß auf der einen Seite durch einen Kasten, auf der andern durch ein Tischchen und zwei Bänkchen dermaßen eingeengt, daß gerade nur so viel Raum blieb, durchgehen zu können.

Beim Diner oder Souper saßen wir Damen – die Dänin und ich – auf dem Bänkchen, wo wir so eingepreßt waren, daß wir uns kaum rühren konnten; – die beiden Cavaliere – der Kapitain und der Steuermann – mußten aber vor dem Tischchen stehen, und in dieser Stellung ihr Mahl einnehmen. – Das Tischchen war so klein, daß sie ihre Teller in den Händen halten mußten. Kurz man sah aus Allem, daß die Größe der Kajüte blos auf den Schiffsstand, nicht aber auf Passagiere berechnet war.

Die Luft in diesem Gemache war auch nicht die allerbeste, denn außerdem, daß es unsern Speise-, Schlaf- und Empfangssalon bildete, ward es noch als Vorrathskammer verwendet, und in den Seitenschränken lagen Lebensmittel aller Art, Oelfarben, und eine Menge anderer Sachen. – Ich zog es vor, auf dem Verdecke zu sitzen, und lieber Sturm und Kälte zu ertragen, oder mich von einer Woge überschütten zu lassen, als da unten halb zu ersticken. Manchmal mußte ich aber doch hinab, theils wenn es gar zu sehr regnete und stürmte, theils wenn das Schiff von Gegenwinden erfaßt, und von den hohen Wellen derart herumgeworfen oder geschlungen [5] wurde, daß man auf dem Verdecke nicht sicher war. – Das Rollen und Werfen des Schiffes war oft so arg, daß wir – die Dänin und ich – nicht einmal sitzen, viel weniger stehen konnten, und manchen langen Tag in der erbärmlichen Koje liegen bleiben mußten. – Ich beneidete da meine Gefährtin, die konnte Tag und Nacht in einem fort schlafen. – Mir ging es nicht so gut, – ich wachte immer, und empfand dabei viel Langeweile und Unbehagen, denn die Lucken, der Eingang, Alles war bei Regenwetter verschlossen, und in dem Gemache herrschte nebst einer athembehemmenden Luft auch noch eine wahrhaft egyptische Finsterniß.

Was die Kost betraf, so speiste Alles, Passagiere, Kapitain, Steuermann und Matrosen aus einem und demselben Topfe. – Den Anfang machte des Morgens ein erbärmlicher Thee, oder besser gesagt, ein übelschmeckendes Wasser, das eine Theefarbe hatte. Die Matrosen tranken es ohne Zucker, der Kapitain aber und der Steuermann nahmen dazu ein kleines Stückchen Kandiszucker – dieser Zucker zerfließt weniger schnell als der raffinirte – in den Mund, schlürften eine Tasse Thee nach der andern, und aßen dazwischen Schiffszwieback mit Butter.

Die Mittagskost wechselte von einem Tage zum andern. Den ersten Tag bekamen wir gesalzenes Fleisch, das schon immer den Abend vorher in Seewasser geweicht, und am folgenden Tag in Seewasser gekocht wurde. Es war so übersalzen, hart und zähe, daß wohl nur ein Matrosen-Gaumen daran Behagen finden konnte; als Suppe, Gemüse und Mehlspeis kam dazu Gerstengrütze, die ganz einfach, ohne Salz und Butter in Wasser gekocht, und Mittags bei Tische mit Syrup und Essig gemischt wurde. – Alle fanden dieses Gericht sehr leckerhaft, und konnten sich, als ich es für ungenießbar erklärte, nicht genug über meinen verdorbenen Geschmack wundern.

Der zweite Tag brachte uns ein in Seewasser gekochtes Stück Speck, und dazu abermals die Gerstengrütze. – Der dritte Stockfische mit Erbsen. Letztere waren zwar etwas hart gekocht und ohne Butter, doch fand ich sie unter allen Gerichten noch am genießbarsten. – Am vierten Tage bekamen wir wieder die Speisen des ersten, und so ging es regelmäßig fort; – den Schluß jedes Diner's machte schwarzer Kaffee. – Der Abend bot die Morgenkost, Theewasser, Schiffszwieback und Butter.

Ich hätte mich gerne in Reikjavik mit einigen Hühnern, Eiern und Kartoffeln versehen, allein ich konnte keinen dieser Artikel bekommen. Hühner werden nur wenig gehalten, höchstens von den Beamten oder Kaufleuten; – Eier bekömmt man zwar ziemlich häufig von Eidergänsen und andern Vögeln, aber es werden nur so viele gesammelt, als man zum täglichen Gebrauche benöthiget, und das nur im Frühjahre zur Brütezeit dieser Thiere; – für die Kartoffeln war es noch zu früh an der Zeit. – Man denke sich nun das üppige Leben, daß ich auf diesem Schiffe führte. – Hätte ich das Glück gehabt auf ein besseres Fahrzeug zu kommen, wo man doch bequemer wohnt, und schmackhaftere Speisen erhält, würde mir die Seekrankheit dießmal gewiß nichts angehabt haben; – so aber in Folge der dunstigen Kajüten-Luft und der schlechten Nahrung litt ich doch den ersten Tag daran. Aber schon am zweiten Tage ward ich gesund, der Hunger stellte sich wieder ein, und ich speiste ein Stück Salzfleisch, Speck und Erbsen u. s. w. so gut wie ein Matrose; nur den Stockfisch, die Grütze, den Kaffee und Thee ließ ich unberührt.

Ein echter Schiffsmann trinkt nie Wasser. Ich machte diese Bemerkung auch an unserm Kapitain und Steuermann; in Ermangelung des Weines oder Bieres tranken sie stets Thee, und zwar außer den Mahlzeiten meistens kalten Thee.

Sonntag Abends war großes Souper, da ließ der Kapitain für uns vier Personen acht Stück Eier kochen, die er noch von Dänemark mit sich führte. Die Mannschaft bekam in den Thee einige Gläschen Punsch-Essenz.

Da ich nun meine lieben Leserinen mit dem kostbaren Speisenwechsel auf solch einem Schiffe bekannt gemacht habe, muß ich auch noch sagen, wie die Tischwäsche und das Reinigen derselben beschaffen war. – Erstere bestand blos aus einem Stücke altem Segeltuche, das über den Tisch gebreitet wurde, und so beschmutzt und unrein aussah, daß ich mir dachte, es wäre gewiß besser und appetitlicher den Tisch gar nicht zu decken – appetitlicher? Ja! aber besser?? Nein! – Doch so geht es den naseweisen Leuten, die immer klüger sein wollen, als Andere; – bald sollt' ich erfahren, wie wichtig dieses Tuch sei. – Ich sah nämlich eines Tages unsern Kammerdiener ein Stück Segeltuch gar mörderisch bearbeiten; er hatte es auf dem Boden ausgebreitet, stand mit den Füßen darauf, und fegte es von allen Seiten mit dem Schiffsbesen rein. – Nur bald erkannte ich an den manigfaltigen Fett- und Schmutzflecken unser Tischtuch, – und richtig fand ich Abends den Tisch ungedeckt. Nun sah ich aber auch die Folgen davon. Kaum hatte der Junge die Theekanne auf den Tisch gestellt, als sie schon in demselben Augenblick zu gleiten anfing. Glücklicherweise erfaßte sie der gewandte Kapitain noch am Henkel, sonst wäre sie zu Boden gestürzt, und hätte unsere Füße mit ihrem Inhalte überschüttet. – Und so ging es mit Allem; man konnte nichts auf dem glatten Tische stehen lassen und ich bedauerte den Kapitain recht sehr daß er kein zweites hatte.

Alles bisher Gerügte wäre, wie jeder meiner Leser einsehen wird, gewiß schon hinreichend gewesen, den Aufenthalt auf diesem Schiffe sehr unangenehm zu machen; nun kam aber noch ein Umstand dazu, durch welchen er sogar beunruhigend ward. Ich entdeckte nämlich nach mehreren Tagen, daß unser Schifflein fortwährend eine tüchtige Portion Wasser einließ, die alle 6-8 Stunden ausgepumpt werden mußte. Der Kapitain suchte mich zu beruhigen, indem er behauptete, daß jedes Schiff Wasser einließe, und das unsere nur etwas mehr, weil es schon alt sei. Ich mußte mich damit zufrieden geben; denn es zu ändern wäre ich doch nicht im Stande gewesen. – Glücklicher Weise bekamen wir keinen bedeutenden Sturm, und liefen daher weniger Gefahr.

Unsere Reise dauerte 20 Tage; 12 Tage sahen wir kein Land; der Wind trieb uns zu viel östlich und so bekamen wir weder die Farroäer noch die Schettlands-Inseln zu Gesichte. – Daraus würde ich mir nun eben nicht viel gemacht haben, hätte ich dafür einige Seeungeheuer, schäckernde Wallfische, bescheidene Haie oder so etwas dergleichen gesehen. – So aber sah ich von allen diesen Merkwürdigkeiten nur sehr wenig. Von einem Wallfische nahm ich nur die Strahlen des Wassers wahr, die er aus seinen Nasenöffnungen in die Höhe warf, und die vollkommen den Strahlen eines Springbrunnens glichen. Das Thier selbst war leider von unserm Schiffe zu weit entfernt, als daß man das Geringste von seinem Körper hätte sehen können. – Da war ein Hai schon etwas galanter; der schwamm doch wenigstens einige Minuten hindurch so nahe an unserm Fahrzeuge, daß man ihn vollkommen gut betrachten konnte; er mochte gewiß 16 bis 18 Fuß lang sein.

Eine schöne Vorstellung gaben uns während zwei Abenden die sogenannten Springer oder fliegenden Fische. Die See war so ruhig, als sie es nur sein konnte, die Abende mild und vom Mondlichte glänzend erleuchtet, und so blieben wir lange auf dem Decke und sahen dem heitern Spiele dieser Thiere zu. – So weit wir sehen konnten, war die Wasserfläche von ihnen bedeckt. Die jüngeren Fische erkannte man gleich an ihren höheren Sprüngen; sie mochten 3-4 Fuß lang sein und erhoben sich 5-6 Fuß über die Meeresfläche. Das Springen selbst sah aus wie ein Versuch des Fliegens, wobei ihnen jedoch ihre Flossen schlechte Dienste erwiesen, und sie augenblicklich wieder zurückfallen ließen. – Die Alten schienen nicht mehr die Schwungkraft zu besitzen, sie beschrieben nur ähnliche Bogen wie die Delphine, und erhoben sich nur so viel über das Wasser, daß man den Mitteltheil ihres Körpers sehen konnte.

Diese Springer werden nicht gefangen, sie haben wenig Thran und schmecken sehr schlecht.

Am dreizehnten Tage erblickten wir endlich wieder Land. Wir waren in das Skaggerakk gekommen, und sahen die Halbinsel Jüttland nebst dem Städtchen Skaggen. Die Halbinsel sieht von dieser Seite sehr öde aus; sie ist flach und mit viel Sand bedeckt.

Am sechzehnten Tage liefen wir in das Kattegat ein. – Wir hatten in letzterer Zeit fast immer entweder Windstille oder Gegenwinde, und trieben uns in Skaggerakk, Kattegat und Sund beinah 8 Tage herum. Manchen Tag kamen wir kaum 15 bis 20 Seemeilen vorwärts. – An solch windstillen Tagen vertrieb ich mir manche Stunde mit dem Fischfange, allein die guten Fische, obwohl man sie dumm schilt, waren doch so verzweifelt klug, an der Lockspeise meiner Angel nicht anzubeißen. Ich hoffte täglich auf eine Mahlzeit von Makarelen und fing im Ganzen – eine einzige.

Größere Unterhaltung gewährte mir der Anblick der vielen Schiffe, die von allen Seiten in das Kattegat segelten; ich zählte ihrer über 70. Je näher wir der Einfahrt des Sundes kamen, desto imposanter wurde dieses Schauspiel, desto näher drängten sich die Schiffe an einander. – Glücklicherweise begünstigte uns eine prachtvolle Mondnacht; – in einer finstern Gewitternacht wäre wohl mit der größten Vorsicht und Geschicklichkeit ein Zusammenstoßen nicht zu vermeiden gewesen.

Von der außerordentlichen Klarheit und dem Schimmer einer nordischen Mondnacht haben wir südlich Gelegenen keinen Begriff; es ist gerade als ob ein Theil des Sonnenlichtes sich mit dem nächtlichen Gestirne vereinte. Ich habe herrliche Nächte an den asiatischen Küsten, auf dem mittelländischen Meere erlebt, – ich fand sie aber hier an den Gestaden Skandinaviens heller und schimmernder.

Die ganze Nacht blieb ich auf dem Verdecke. Eine solche Masse von Schiffen zu sehen, die sich hier zusammen drängten, und gleichzeitig die Einfahrt in den Sund erstürmen wollten, war für mich ein seltenes Schauspiel. Ich konnte mir nun einen deutlichen Begriff von einer Flotte machen, denn ich glaube nicht zu irren, wenn ich diese Masse von Schiffen mit einer Kauffarthei-Flotte vergleiche.

Am zwanzigsten Tage unserer Reise um drei Uhr Morgens liefen wir in den Hafen von Helsingör ein. Man muß hier den Sund-Zoll entrichten, oder wie der Schiffer es nennt: »das Schiff klar machen.« – Es ist dieß eine sehr lästige Unterbrechung, und das Anhalten und wieder Weiterfahren des Schiffes macht sehr viele Umstände. Da müssen die Segel eingeräfft, die Anker ausgeworfen, die Jolle ausgesetzt und der Kapitain an das Ufer gerudert werden. Meist vergehen viele Stunden bis er abgefertigt ist. – Kehrt er endlich an das Schiff zurück, muß die Jolle wieder aufgewunden, müssen die Anker wieder gelichtet, die Segel entfaltet werden. – Oft hat unterdessen der Wind umgeschlagen, und man verdankt es nur diesen Plackereien, daß man den Hafen von Kopenhagen viel später erreicht, als man gehofft hat.

Ist man erst so unglücklich, in einer finstern Nacht in die Nähe von Helsingör zu kommen, so darf man, um mit andern Schiffen nicht zusammen zu stoßen, gar nicht einlaufen; man muß im Kattegat vor Anker gehen, und somit zwei Unterbrechungen erleiden. – Kömmt man in der Nacht vor vier Uhr nach Helsingör, so muß man warten, da erst um diese Zeit das Zollamt eröffnet wird.

Freilich steht es dem Schiffer frei, hier nicht anzuhalten und gleich nach Kopenhagen zu fahren, allein diese Freiheit kostet ihm 5 Thaler. – Kann nun aber der Zoll auf diese Art auch in Kopenhagen entrichtet werden, so ist dann die Forderung des Anhaltens bei Helsingör eigentlich nichts als eine Finte, um dem Schiffer eine höhere Taxe zu entlocken, denn hat dieser große Eile, oder einen gar zu herrlichen Wind, so läßt er in Gottesnamen diese 5 Thaler fahren und segelt unaufgehalten bis Kopenhagen.

Unser guter Kapitain berücksichtigte weder Zeit noch Arbeit, er machte das Schiff hier klar, und so begrüßten wir erst um 2 Uhr Nachmittag die liebe Stadt Kopenhagen, die mir beinahe heimatlich vorkam, und so schön und herrlich, als ob ich in meinem ganzen Leben nichts Aehnliches gesehen hätte. Man muß aber auch bedenken, woher ich kam, und wie lange ich an ein Fahrzeug gebannt war, auf dem ich mich kaum bewegen konnte. – Als ich die Erde wieder betrat, ging es mir beinahe wie Columbus, ich wäre bald niedergesunken und hätte sie geküßt.

Abreise von Kopenhagen. – Christiania.

Am 19. August – den folgenden Tag nach meiner Ankunft von Island – um zwei Uhr Nachmittag saß ich schon wieder zu Schiffe, und zwar auf dem schönen königlichen norwegischen Dampfer »Christiania« von 170 Pferdekraft, um nach der 304 Seemeilen entfernten Stadt Christiania zu segeln. – Bald hatten wir den Sund durchschnitten und gelangten glücklich in das Kattegat, in welchem wir uns jetzt mehr rechts hielten, als auf der Reise nach Island, denn dießmal war es uns nicht genug Schweden und Norwegen nur von der Ferne zu sehen; wir wollten auch daselbst Anker werfen, und zwar an der schwedischen Küste schon den folgenden Morgen.

Wir sahen vollkommen gut die schöne Gebirgskette, welche rechts das Kattegat begrenzt, und deren äußerste Spitze, die Kulm, sich derart in das Meer verläuft, daß sie eine lange Erdzunge bildet. – Sowohl hier, als an allen andern gefährlichen Stellen, deren es eine Menge gibt, sowohl an der dänischen als schwedischen Küste, stehen Leuchtthürme, deren Lichter uns Abends von allen Seiten entgegen schimmerten. Diese Lichter sind theils beweglich, theils unbeweglich, um dem Schiffer in finsterer Nacht die verschiedenen Stellen anzuzeigen, die er zu vermeiden hat.

20. August.

Schlechtes Wetter gehört für den Reisenden gewiß zu den größten Plagen, und ist um so unangenehmer, wenn man durch Gegenden kömmt, die sich durch ihre Schönheit oder Originalität auszeichnen. – Beides vereinte sich heute; es regnete fast unaufhörlich, und dabei war die Fahrt an der schwedischen Küste und in den kleinen Fiord nach dem Hafen Gothenburgs von ganz eigenem Interesse. Das Meer glich hier mehr einem ausgebreiteten Strome, der von schönen Klippenpartieen begränzt, und von einzelnen kleineren und größeren Felsen und Klippenriffen durchwirkt war, an welchem sich die Brandung wunderbar schön machte. – Ganz nahe vor dem Hafen liegen theils an, theils zwischen den Felsbergen einige Gebäude; – es ist dieß das berühmte königl. schwedische Eisenbergwerk, das neue Werk genannt. Sogar amerikanische Schiffe kamen in größerer Anzahl, um hier dieses Metall zu holen.

Das Dampfboot bleibt in dem Hafen von Gothenburg über vier Stunden liegen, und man hat daher Zeit in die Stadt zu gehen, die eine kleine halbe Meile entfernt ist, und deren Vorstädte sich bis an den Hafen ziehen. Gleich beim Landungsplatze wohnt ein Kapitain, der stets zwei Pferde und einen Wagen in Bereitschaft hat, um die Reisenden in die Stadt zu führen. Es gibt auch Einspänner da, und selbst einen Omnibus. Erstere waren bereits bestellt, und letzterer soll so langsam fahren, daß beinah die ganze Zeit damit zugebracht wird. Ich miethete mit zweien meiner Reisegefährten die Equipage des Herrn Kapitain zur Hin- und Rückfahrt. Der Regen strömte zwar noch in dichten Massen auf unsere Häupter; doch beirrte uns dieß nur wenig. Meine beiden Gefährten hatten Geschäfte zu besorgen, und mich lockte die Neugierde. Ich wußte damals noch nicht, daß mich mein Weg nochmals hierher führen werde, und fortzufahren ohne eine so niedliche Stadt zu besehen, das ertrage wer will, – ich nicht.

Die Vorstädte sind durchaus von Holz gebaut, und besitzen viele schöne stockhohe Häuser, an die sich meist kleine Gärtchen schließen. Die Lage der Vorstädte ist ganz sonderbar und eigen. Mitten zwischen den Häusern liegen oft Felsenhügel, oder kleine Wiesen und Felder, ja die Felsen ziehen sich hie und da bis an die Straße und mußten theilweise gesprengt werden um den Durchgang zu gewinnen. Herrlich macht sich die Aussicht auf einer der Höhen, über welche der Weg nach der Stadt führt. Man sieht zwischen zwei gigantischen Felsen, welche einen schönen Ausschnitt bilden und in der See stehen – hindurch auf die ausgebreitete Nordsee.

Die Stadt hat zwei schöne Plätze. Auf dem kleinern steht die ansehnliche Hauptkirche, auf dem größeren das Rathhaus, die Post und viele sehr hübsche Häuser, an welchen es auch in den Gassen nicht fehlt. In der Stadt ist Alles von Ziegeln erbaut. Der Fluß Ham durchschneidet den großen Platz und erhöht seine Lebhaftigkeit durch die vielen Schiffe und Barken, die von der nahen See herein kommen, und Lebensmittel, vorzüglich aber Brennholz zu Markte bringen. Mehrere Brücken führen über ihn. – Interessant zu besuchen ist auch der Fischmarkt; es sind da sehr viele, und darunter sehr große Fische aufgestappelt.

Ich betrat hier zum ersten Male auf schwedischem Grund und Boden ein Zimmer. Was mir alsogleich in die Augen fiel, war, daß ich den Fußboden mit den feinen zarten Spitzen der Tannenzweige ganz bestreut fand; diese Nadeln verbreiteten einen höchst angenehmen Geruch, der gewiß auch gesünder ist, als jeder durch Kunst hervorgebrachte. – Ich fand diesen Gebrauch in ganz Schweden und Norwegen, aber leider nur in den Gasthöfen oder in den Wohnungen ärmerer Leute.

Gegen 11 Uhr Morgens setzten wir unsere Reise fort. Wir schifften glücklich durch die vielen Felsen und Klippen, und gelangten bald wieder in die offene Nordsee. An der Küste, welcher wir immer ziemlich nahe blieben, sahen wir auf einigen Felsen Telegraphen errichtet. Das Land links, Dänemark, verloren wir bald aus dem Gesichte. – Abends kamen wir zu der Festung Friedrichsver, von der wir aber, der bereits eingetretenen Dämmerung halber, nicht viel sehen konnten. Hier beginnen die sogenannten Scheren, die sich über 60 Seemeilen weit erstrecken, und den Christianssund bilden. So viel uns die zunehmende Dunkelheit erkennen ließ, war der Anblick dieses Sundes wunderschön. Zahllose Inselchen, viele darunter aus einzelnen Felsmassen bestehend, andere wieder herrlich bewachsen mit schönen schlanken Tannen, traten uns von allen Seiten entgegen. Doch der Lootse den wir eingenommen hatten, verstand sein Amt meisterhaft, und trotz der finstersten Nacht führte er uns sicher mitten hindurch nach Sandessund. – Hier warfen wir Anker, denn noch weiter zu fahren, wäre doch zu gefährlich gewesen. Auch mußten wir hier mit dem von Bergen kommenden Dampfboote zusammentreffen, seine Passagiere übernehmen, und ihm dafür einen Theil der unsrigen übergeben. Dieses Dampfboot ging nämlich wieder nach Bergen zurück, und nahm daher unsere dahin reisenden Passagiere mit sich. – Leider ging die See sehr hoch, und da war dieses Uebersiedeln höchst schwer zu veranstalten. – Keiner der beiden Dampfer wollte ein Boot aussetzen; endlich nach Mitternacht that es der unsrige, und nicht ohne Angst und Jammern wurden die Reisenden hinabgelassen. – Mich erbarmten sie Alle recht von Herzen; doch – Gott sei gedankt – es ging Alles ohne Unfall von statten.

21. August.

Heute bei Tage konnte ich erst die Lage von Sandessund besser betrachten. – Es besteht nur aus einigen Häusern. Die Wasserstraße ist hier von schroffen Felswänden derart eingeengt, daß sie kaum die Breite eines Stromes erreicht; doch bald erweitert sie sich wieder, und gewinnt nun mit jedem Ruderschlage an Schönheit und Mannigfaltigkeit. Man meint fast auf einem herrlichen See zu fahren, denn die Inseln ziehen sich so nahe an das im Hintergrunde liegende Gebirge, daß man sie für festes Land, und die durch sie gebildeten Buchten für Mündungen von Strömen halten kann. Dann scheint es wieder, als sähe man eine ganze Kette von Seen; da reiht sich einer an den andern, und manchmal glaubt man gar, schon das Ende der Fahrt erreicht zu haben, als sich plötzlich wieder durch die dicht an einander gelegenen Inseln ein Ausweg eröffnet. Die Inseln selbst sind von der mannigfaltigsten Verschiedenheit; – bald bestehen sie aus kahlen Felsen, und sind nur hie und da mit einzeln stehenden Tannen bewachsen, bald wieder reich mit Wiesen und Wäldern bedeckt. – Und zu allem diesem nun der Anblick der Ufer! Ach da gibt es so viel des Schönen, daß ich wirklich nicht wußte, wohin die Blicke zu wenden, um ja auch Alles zu sehen. – Dort liegen hohe Berge, die von unten bis hinauf mit finstern Tannenwaldungen bewachsen sind, da wieder liebliche Hügel mit saftigen Wiesen, mit reichen Feldern, mit niedlichen Bauerhäusern und Höfen, oder es öffnen sich die Berge und bilden die schönste Perspective in Schluchten und Thäler. – Oft kann man den Lauf einer Bucht verfolgen, bis sie in unendlicher Ferne mit den Wolken verschwimmt. – Oft sieht man wieder die herrlichsten Thäler geschmückt mit Ortschaften und kleinen Städten. – Ach! wäre ich nur auch im Stande, diese reiche, schöne Natur mit der Begeisterung zu schildern, die ich fühlte, als ich sie erschaute. – Leider sind meine Worte, wie meine Kenntnisse, viel zu schwach dazu, und ich kann meine Gedanken und Empfindungen nur andeuten, aber nicht beschreiben.

Bei dem Oertchen Walloe fängt die Gegend an minder schön zu werden; die Berge verwandeln sich in Hügel, und das Wasserbecken entbehrt der Inselgruppen. Das Oertchen selbst ist größtentheils hinter kleinen Hügeln verborgen. Doch daran stoßen eine Reihe hölzerner Hütten und Häuschen, die alle zu einer Salzsiederei gehören. Das Salz wird hier aus Meerwasser gewonnen.

Um zu dem Städtchen Moß zu gelangen, macht man einen kleinen Abstecher in eine der vielen Buchten, die sich von allen Seiten öffnen. Die Lage dieses Städtchens ist wunderschön; es liegt amphitheatralisch an einem Hügel, der sich an einen Berg lehnt. Am Meeresgestade steht ein artiges Haus, dessen Porticus auf Säulen ruht, es ist eine Badeanstalt.

Nahe dem Oertchen Horten, das ebenfalls recht malerisch gelegen ist, sieht man ein Schiffswerft, auf welchem Kriegsschiffe für Rechnung des Staates gebaut werden. – Viele müssen es aber denn doch nicht sein, denn ich sah nur ein einziges vor Anker liegen, und kein zweites im Beginne.

Auf der Fahrt nach dem Städtchen Dröbak kömmt man öfter an Ausschnitte von Inseln, durch die der Blick auf das hohe Meer streifen kann.

Ungefähr acht Seemeilen hinter Horten gewährt ein Berg ein wunderschönes Bild. Er liegt mitten in der See, drängt sie an die nahen Gebirgsketten und theilt sie derart in zwei Ströme, die sich erst hinter ihm wieder vereinigen.

Christiania erblickt man erst, wenn man kaum mehr zehn Seemeilen entfernt ist. Die Stadt und die Vorstädte, das Festungsgebäude, das neu erbaute königl. Schloß, die Freimaurerloge u. s. w. liegen an dem Hafen in einem schönen Halbkreise, der von Feldern und Wiesen, Waldungen und Gebirgen herrlich umfangen ist. Selbst die See kann sich von diesem zauberischen Anblicke nicht losreißen, und windet sich durch Hügel und Felder in schmalen Streifen bis weit hinter die Stadt.

Gegen eilf Uhr Morgens ungefähr erreichten wir Christianiens Hafen. Die Strecke von Sandesund hatten wir in sieben Stunden zurückgelegt, und während dieser Zeit viermal angehalten. Die Boote mit den Reisenden, mit den Waaren und Briefen waren immer schon bereit, fuhren eilig heran; Alles wurde umgetauscht und – weiter gefahren.

Aufenthalt zu Christiania.

In dieser Stadt kaum angekommen, war mein Erstes, eine Landsmännin aufzusuchen, die hier an einen Advocaten verheirathet ist. – Man sieht, daß die Wienerinen, denen man immer vorwirft »sie könnten ohne ihren lieben Stephansthurm gar nicht leben,« diese Sage doch manchmal zu Schanden machen. Nicht bald sah ich ein Pärchen, das glücklicher und zufriedener lebt als dieses, und doch ist Christiania über 200 Meilen vom Stephansthurm entfernt.

Schon während des Ganges vom Hafen in den Gasthof, und von da zu meiner Freundin kam ich durch die ganze Stadt. Ich fand sie nicht sehr groß und nicht sehr hübsch. Am besten macht sich noch der neuerbaute Theil; der hat doch wenigstens breite, ziemlich lange Straßen, in welchen die Häuser von Ziegeln und Steinen und mitunter recht ansehnlich sind. In den Nebengassen findet man häufig hölzerne Baracken die den Einsturz drohen. – Der Platz ist groß, aber unregelmäßig, und, da auf ihm der Markt von allen möglichen Artikeln abgehalten wird, auch sehr schmutzig.

Die Vorstädte sind meist von Holz erbaut. – Oeffentliche Gebäude gibt es mehrere ziemlich hübsche. Am schönsten machen sich das neue königl. Schloß und die Festung. Beide sind auf kleinen Anhöhen herrlich gelegen, und besitzen eine wahrhaft feenartige Aussicht. – Das alte königl. Schloß liegt in der Stadt, zeichnet sich aber durch nichts aus; es gleicht vollkommen einem Privathause. – Das Haus, in welchem der Storrthing abgehalten wird, ist groß, sein Portale ruht auf Säulen; doch die Treppen sind, wie in allen Steinhäusern in ganz Skandinavien, von Holz. – Das Theater fand ich von Außen für den Bedarf der Stadt groß genug, – von Innen sah ich es nicht. – Eines der schönern Gebäude ist die Freimaurerloge; sie enthält zwei ausgezeichnet große und schöne Säle, in welchen, nebst den Sitzungen der Freimaurer, auch jene von Gelehrtengesellschaften oder Festlichkeiten anderer Art abgehalten werden. – Das Universitätsgebäude scheint mir in gar zu großem Style angelegt zu sein; es ist noch nicht ganz beendet, wird aber so schön erbaut, daß es den größten Residenzen zur Zierde dienen könnte. Recht artig ist auch das Locale, in welchem sich die Fleischerbuden befinden. – Es bildet einen Halbkreis, und ist mit Bogengängen umgeben, in welchen die Käufer bei jeder Witterung im Trocknen stehen. Das ganze Gebäude ist von Ziegeln gebaut, die in ihrem natürlichen Zustande gelassen, weder mit Mörtel angeworfen, noch mit Kalk übertüncht sind. – Von sonstigen Pallästen oder Prachtgebäuden ist nicht viel zu sehen; die meisten Häuser sind einstockig.

Eine große Erleichterung für Fremde, die man in allen Städten Skandinaviens findet, ist das häufige Anschreiben der Namen der Straßen. Es mögen noch so viele Straßen in eine oder die andere münden, an jeder Ecke sind ihre Namen angeschrieben. – Man mag daher kommen, von welcher Seite man will, so weiß man gleich den Namen der Straße, in der man sich befindet, und braucht nicht erst darum zu fragen.

Die Stadt hat offene Kanäle und, wie alle übrigen, bei angekündigtem Mondschein keine Beleuchtung.

Um den Hafen ziehen sich hölzerne Quais, neben welchen mehrere große Magazingebäude stehen, die ebenfalls aus Holz erbaut, aber, wie überhaupt auch die meisten Häuser, mit Ziegeln gedeckt sind.

Die Einrichtungen und Auslagen der Gewölber sind einfach, die Waaren sehr schön, jedoch nicht von eigener Erzeugung. Es bestehen noch sehr wenig Fabriken, und Alles muß aus fremden Staaten bezogen werden.

Was mir sehr mißfiel, waren die schrecklich zerlumpt gekleideten Leute, die man überall auf den Straßen traf. Besonders sahen die jungen Burschen sehr liederlich aus. Sie bettelten zwar höchst selten; doch möchte ich ihnen bei Leibe nicht in einem einsamen Gäßchen begegnet sein.

Ich war so glücklich, gerade zur Zeit nach Christiania zu kommen, als die Sitzungen des Storthings gehalten wurden. – Es geschieht dieß alle drei Jahre. Die Sitzungen fangen im Jänner oder Februar an, und dauern gewöhnlich drei Monate. Dießmal hatten sich jedoch die Geschäfte derart angehäuft, daß der König vorschlug, den Storthing zu verlängern. Diesem glücklichen Zufalle hatte ich es zu verdanken, noch mehreren Sitzungen beiwohnen zu können. – Der König selbst wurde, um die Verhandlungen zu schließen, erst im Monat September erwartet.

Der Sitzungssaal ist länglich und ziemlich groß. An der einen der längern Wände stehen vier Reihen tapezierter Bänke, von denen eine Reihe die andere überragt. – Ueber achtzig Storthings-Männer haben da Raum zu sitzen. Den Bänken gegenüber steht auf einer erhöhten Tribüne der Tisch, an welchem der Präsident und der Secretär sitzen. Um die eine obere Hälfte des Saales läuft eine Gallerie, zu welcher Jedermann Zutritt hat.

Obwohl ich von der norwegischen Sprache nur sehr wenig verstand, so ging ich doch während meines kurzen Aufenthaltes in Christiania täglich auf eine Stunde in die Sitzung. Ich konnte wenigstens entnehmen, ob flüssig gesprochen, ob kurze oder lange Reden gehalten wurden u. s. w. Ich hatte leider das Unglück, lauter solche Redner zu hören, die die wenigen Worte die sie vortrugen, so abgesetzt und langsam herausstotterten, daß mir dabei ordentlich angst wurde, sie schienen nicht die geringste Gabe des Vortrages zu besitzen. Man sagte mir, daß es bei dem ganzen Storthing nur 3-4 gute Redner gäbe, und daß diese während der Paar Tage meines Aufenthaltes gerade nicht zu sprechen gehabt hätten.

Noch nirgends habe ich so verschiedenartige Fuhrwerke gesehen wie hier. Die gewöhnlichsten, dabei aber unbequemsten, sind jene, die man Carriol nennt. Solch eine Carriol besteht aus einem sehr schmalen, länglichen und offenen Kasten, der zwischen zwei ungeheuer hohen Rädern ruht und mit einem winzigen Sitzchen versehen ist. Da hinein wird man gepreßt; man muß die Füße der Länge nach ausstrecken, wird mit einem Leder bis an die Hüfte zugeschnürt, und muß in derselben Stellung, ohne auch nur einen Fuß bewegen zu können, vom Anfange bis zu Ende der Fahrt verbleiben. – Für den Kutscher ist hinter dem Kästchen ein Brett angebracht, auf welchem er, will der Kastenbewohner nicht selbst die Pferde leiten, knieend oder stehend dieß Geschäft verrichtet. Da es aber höchst unangenehm ist, auf der einen Seite beständig das Schwirren des Leitseiles, und auf der andern das Knallen der Peitsche zu hören, so kutschirt Alles selbst, die Frauen so gut wie die Männer. Außer diesen Carriols gibt es auch noch Phaetons, Droschken, Steierwägelchen u. s. w., nur keine gedeckten Wagen.

Ganz eigen construirt sind die Wagen, die zur Verführung des Biers gebraucht werden; man muß vorerst wissen, daß in Christiania sehr viel Bier getrunken wird, und daß man selbes nicht in Fässern, sondern gleich in Flaschen verführt. Die Wagen bestehen nun aus geräumigen, höchstens anderthalb Fuß hohen, gedeckten Kästen, die inwendig, gleich einem Flaschenkorbe, in viele Fächer getheilt sind, in welche die Flaschen gestellt werden.

Vielleicht nimmt man mir es nicht übel, wenn ich auch einer besonderen Art von Körben erwähne, deren sich die Dienstleute bedienen, wenn sie Artikel, die feucht oder schmutzig sind, wie z. B. Fische, Fleisch, Kartoffeln u. s. w., einkaufen. Diese Körbe sind von feinem Weißblech, und mit einem Henkel versehen. Die strohgeflochtenen Körbe gehören für Brot und andere reine und trockene Eßwaaren.

Oeffentliche Gärten oder Versammlungsorte gibt es in Christiania eigentlich keine, aber Spaziergänge desto mehr; denn jeder Weg, den man außer der Stadt einschlägt, führt in die herrlichsten Gegenden, und jeder Hügel, den man ersteigt, ja beinah jeder Punkt der von allen Seiten offenen Stadt, bietet die wunderherrlichsten Aussichten.

Ladegaardoen ist allenfalls der einzige Ort, den die Städter sehr häufig sowohl zu Fuß als auch zu Wagen besuchen. Man hat hier viele und prachtvolle Ansichten der See und deren Inseln, so wie der umliegenden Gebirge, Thäler, Fichten- und Tannenwaldungen. Hier liegen auch sehr viele Landhäuser. Die meisten sind klein, aber recht niedlich und von schönen Obst- und Blumen-Gärten umgeben. – Wenn ich da herumspazierte, glaubte ich tief im Süden zu sein; – so herrlich grünte und blühte Alles. – Nur an den Getreidefeldern erkannte ich den Norden. – Nicht daß das Getreide schlecht gestanden wäre, im Gegentheile, ich fand Waitzenähren, die sich in höchster Fülle und Schwere zur Erde neigten, – aber jetzt, gegen Ende August, stand das meiste noch ungeschnitten auf dem Felde.

Schöne Wege führen durch einen Tannenwald, oft an Ausschnitten vorüber, die so herrliche Prospecte gewähren, daß man stundenlang da verweilen könnte. – In diesem Walde stehen zwei Monumente, die jedoch beide nicht von Bedeutung sind; das Eine gilt einem Kronprinzen von Schweden, Christian August, das Andere dem Grafen Hermann Wedel Jarlsberg.

Reise nach Delemarken.

Alles was ich bisher von Norwegen gesehen, gefiel mir so außerordentlich, daß ich der Begierde unmöglich widerstehen konnte, eine Reise nach den wildromantischen Gegenden Delemarkens zu machen. Man sagte mir freilich, daß es für eine Frau allein, und noch dazu bei so geringer Kenntniß der Sprache, ein etwas schwieriges Unternehmen sei, sich durch all das Bauernvolk durchzuarbeiten. – Nun fand sich aber in diesem Augenblicke Niemand, der dieselbe Reise gemacht hätte, – reisen wollte ich doch, und so vertraute ich meinem Glücke und ging allein.

Nach den Erkundigungen, die ich in Betreff dieser Reise eingezogen hatte, standen mir besonders dadurch viel Unannehmlichkeiten bevor, daß man nirgends eine Anstalt trifft, die für das schnelle und bequeme Fortkommen der Reisenden sorgt. Man ist gezwungen sich einen eigenen Wagen anzuschaffen, und von Station zu Station Pferde zu miethen. Man bekommt zwar wohl auch auf jeder Station ein Wägelchen, das aber nichts anders als ein höchst elender Bauernkarren ist. Ich miethete daher zu Christiania eine Carriol für die ganze Reise und ein Pferd bis nach dem 5 Meilen weit entfernten Städtchen Drammen.

Am 25. August Nachmittags drei Uhr verließ ich Christiania, preßte mich in meinen Wagen, und bemächtigte mich, dem Beispiele der norwegischen Frauen folgend, allsogleich des Leitseiles. Ich fuhr so tapfer zu, als hätt' ich dieß Geschäft schon seit meiner Kindheit betrieben, ich lenkte rechts und links, und ließ mein Bräunchen laufen und springen, daß es eine Freude war.

Die Fahrt nach Drammen ist das Herrlichste was man sehen kann. Hierher soll jeder Maler kommen. – Alle möglichen Naturschönheiten die er sich nur denken kann, findet er hier in schönster Harmonie vereint. Man wird gleichsam erdrückt von dieser Fülle und Reichhaltigkeit, – und der Maler könnte aus einer Ansicht unzählige Bilder schaffen. – Auch die Vegetation ist hier viel kräftiger und üppiger, als ich sie so hoch im Norden zu finden hoffte. Jeder Hügel, ja beinahe jeder Fels und Stein ist von Tannen überschattet; das Grüne der Wiesen war von unnachahmlicher Frische, das Gras mit Kräutern und Blumen durchwirkt, und die Felder strotzten von üppiger Aehrenfülle.

Ich habe viele Länder, viele herrliche Gegenden gesehen, ich war in Italien, in der Schweiz, in Tyrol und Salzburg gewesen; aber nirgends fand ich so eigenthümliche Ansichten wie hier. – Da war das Meer, das sich überall hereindrängte und uns bis Drammen folgte. Da bildete es bald einen lieblichen See, auf dem sich einzelne Boote schaukelten, bald wieder einen Strom, der sich durch Hügel und Felder die Bahn brach, bald war es wieder die herrliche, weit ausgedehnte Wasserfläche, von ziemlichen Dreimastern, gleich riesigen Schwänen, durchzogen und mit zahllosen Inseln übersäet. Letztere bestehen oft nur aus einigen Felstrümmern, manche jedoch bilden niedliche Eilande, auf welchen, halb verborgen von Feldern und Bäumen, einzelne Hütten stehen. – Durch üppige Thäler, durch herrliche Waldungen dahin fahrend, stets begleitet von den schönsten Ansichten und Bildern, erreichte ich nach fünf Stunden die Stadt Drammen, die sich an den Ufern der See und des Flußes Storri Elf ausbreitet, und deren Nähe ich schon, bevor ich sie noch sah, an den umliegenden Landhäusern erkannt hatte.

Ueber den Fluß führt eine lange, schön gebaute hölzerne Brücke, die mit herrlichen eisernen Geländern versehen ist. Das Städtchen Drammen hat hübsche Gassen und Häuser, und über 6000 Einwohner. Das Gasthaus, in welchem ich abstieg, war sehr nett und rein. Man wies mir zum Schlafgemache einen Salon an, der gewiß auch den vornehmsten Städter in jeder Hinsicht zufrieden gestellt hätte. – Lächeln mußte ich dagegen, als man mir mein frugales Abendmahl brachte, das aus einigen weichgekochten Eiern bestand. Ich bekam dazu weder Salz noch Brot, noch ein Löffelchen, sondern nichts als ein Messer und eine Gabel. – Ich möchte doch wissen, wie es diese Leute hier anstellen, weich gekochte Eier mittelst Messer und Gabel zu verspeisen.

25. August.

Ich miethete hier ein frisches Pferd, mit welchem ich bis Kongsberg, vier Meilen weit, fuhr. Die ersten anderthalb Meilen boten eine Fortsetzung der gestrigen romantischen Gegend; nur die See blieb zurück. Dafür hatte ich lange den schönen Fluß zum Gefährten, bis ich eine kleine Anhöhe erklimmen mußte, von der ich ein großes, und wie es schien, auch ziemlich bevölkertes Thal übersah; denn überall lagen theils Gruppen von Häusern, theils einzelne Höfe. – Sonderbar ist es, daß man in ganz Norwegen selten große Ortschaften findet; jeder Bauer baut sein Haus inmitten seiner Grundstücke.

Von dieser Anhöhe an wird und bleibt die Gegend etwas einförmig; am meisten verliert sie durch den Mangel des Meeres. Die Gebirge werden niedriger, das Thal verengt sich, und man ist allerseits von Wald- und Felspartieen umschlossen. Was die norwegischen Felsenregionen ganz eigen für sich haben, ist ihre Nässe. Von allen Seiten sickert das Wasser hervor, aber gerade nur so viel, um die Steinflächen wie mit einem Schleier zu überdecken. Scheint dann die Sonne auf solch eine benäßte Felsenplatte, deren es zwischen und ober den Waldpartieen sehr viele und mitunter auch große gibt, so erglänzen sie wie Glas- oder Spiegel-Wände.

Dieser Theil von Norwegen, nämlich Delemarken, scheint noch ziemlich bevölkert zu sein. – Selbst hier in diesen ausgedehnten, finstern Waldungen traf ich häufig einzeln stehende Bauernhütten, die in die einförmige Landschaft doch einiges Leben brachten. – Der Fleiß des norwegischen Bauers ist groß, denn jedes Fleckchen Erde, oft an den steilsten Abhängen, war mit Kartoffeln, Gerste oder Hafer bebaut; auch ihre Häuschen sehen recht freundlich aus und waren meist mit ziegelrother Farbe übertüncht.

Die Straßen fand ich sehr gut. Besonders war es jene von Christiania bis Drammen; auch an der von Drammen nach Kongsberg fand ich nur wenig auszustellen. – Man hat in Norwegen einen solchen Ueberfluß von Holz, daß die Straßen von beiden Seiten mit hölzernen Zäunen besetzt sind; ja jede Wiese, jedes Feld ist gegen das Eindringen des Viehes durch einen derlei Zaun geschützt, und die schlechten Wege im Walde werden sogar mit runden Baumstämmen überlegt.

Das Bauernvolk hat in diesen Gegenden keine eigene oder bemerkenswerthe Tracht; nur die Kopfbedeckung der Weiber läßt komisch. Sie tragen nämlich einen vollkommenen Damenhut, der, freilich nach einer Mode des vorigen Jahrhunderts, rückwärts mit einem kleinen Bunde geziert, und vorne mit einem großen Schirme versehen ist. Diese Hüte sind von allen Stoffen, meist aus den Resten alter Kleidungsstücke zusammen gemacht, und nur an Sonntagen sieht man schönere, manchmal sogar seidene.

In der Gegend von Kongsberg hört dieser Kopfputz auf; da tragen sie kleine Häubchen, nach Art der schwäbischen Bäuerinen; Röcke, die beinah bis an die Schultern reichen, und ganz kurze Spenser, eine Tracht, die sehr häßlich läßt, da der ganze Wuchs durch den kurzen Leib verunstaltet wird.

Das Städtchen Kongsberg ist ziemlich ausgebreitet, und liegt über alle Beschreibung schön auf einer kleinen Anhöhe in der Mitte eines großen herrlichen Waldthales. Das ganze Städtchen ist zwar nur, wie alle Städte Norwegens, Christiania ausgenommen, von Holz erbaut, doch hat es viele schöne, nette Häuser und einige breite Gassen. Besonders hübsch nimmt sich die Kirche aus, die auf der Spitze der Anhöhe steht, und hoch über alle Gebäude empor ragt.

An der Stadt fließt der Strom Storri Elf, der gerade unterhalb der Brücke über Felsentrümmer stürzt und einen, zwar kleinen, aber recht artigen Fall bildet. Am besten gefiel mir dabei die Farbe des an den Felsen aufspringenden Wassers. – Es war gegen Mittag als ich über die Brücke fuhr, die Sonne beleuchtete den Strom und die ganze Gegend, und die an den Felsen zerschellenden, und wieder aufsteigenden Wogen erschienen, vermöge der Beleuchtung, in schöner blaßgelber Farbe, so daß sie großen Massen des herrlichsten, durchsichtigsten Bernsteines glichen.

In der Nähe von Kongsberg befinden sich zwei bedeutende Merkwürdigkeiten, ein reichhaltiges Silber-Bergwerk, und ein herrlicher Wasserfall, der Labrafoß. – Da aber meine Zeit karg bemessen war, und ich nur einige Stunden in Kongsberg verweilen konnte, zog ich es vor, den Wasserfall zu besuchen, und mir von dem Silberbergwerke blos erzählen zu lassen, daß sich der tiefste Schacht 800 Fuß unter der Erde befinde, und daß es da höchst beschwerlich sei herum zu gehen, indem Kälte, Rauch und Pulverdampf eine gar unangenehme Wirkung auf den an Licht und Luft gewohnten Reisenden machen.

Ich miethete also ein Pferd und fuhr zu dem Falle, der ungefähr eine kleine Meile von Kongsberg entfernt in einem engen Waldthale liegt. – Der Strom bildet eine kleine Strecke vor dem Falle ein stilles ruhiges Wasserbecken, und stürzt dann mit jähem Falle dem Abgrunde zu. Sowohl die bedeutende Tiefe des Falles, als auch die Fülle des Wassers bilden einen wahrhaft imposanten Anblick. Dieser wird noch gesteigert durch einen ungeheuren Felskoloß, der gleich einer Wand im untern Becken aufgepflanzt ist, und sich dem eilig dahin brausenden Elemente entgegen stemmt. An ihm prallt der größte Theil des Wassers zurück, erhebt sich dann in mächtigen Massen, und stürzt hinüber, auf seinem ferneren Laufe noch einige kleine Fälle bildend.

Ich stand auf einem hohen Fels, ward aber doch von dem Staubregen erreicht, und oft derart überschüttet, daß ich kaum die Augen öffnen konnte. Der Führer leitete mich dann hinab in die Tiefe, um auch von da den Fall, und zwar von verschiedenen Seiten betrachten zu können; – überall erschien er anders und herrlicher. Ich sah auch hier an den Wasserstrahlen, die sich an dem Felsen brachen, und von der Sonne erleuchtet waren, jene gelbe, durchsichtige Farbe, die mir bereits an dem Falle bei Kongsberg aufgefallen war. Meines Erachtens rührt sie, nebst der Beleuchtung, von den Felsen her, die in der ganzen Gegend häufig als braun-röthliches Gestein vorkommen, denn das Wasser selbst war klar und rein.

Um 4 Uhr Nachmittag verließ ich Kongsberg, und fuhr nach dem vier Meilen entfernten Oertchen Bolkesoe. Die Fahrt gehörte eben nicht zu den schönen oder angenehmen. Der Weg war meistentheils sehr schlecht, und führte fortwährend durch Schluchten und Thäler, durch Waldungen und über steile Berge, und dazu überraschte uns eine finstere, mondlose Nacht. – Oft kam mir der Gedanke wie leicht es meinem Führer, der knapp hinter mir auf dem Wagen saß, wäre, mich durch einen sanften Schlag aus der Welt zu expediren, um sich dann meiner Habseligkeiten zu bemächtigen. Doch ich vertraute dem biedern Charakter der Norweger, fuhr ruhig meines Weges, und schenkte meine ganze Aufmerksamkeit der Lenkung meines Rößleins, das ich über Berg und Thal, über Löcher und Steine und neben Abgründen mit sicherer Hand leiten mußte. Ich hörte keinen andern Laut, als das Brausen eines Waldstromes, der oft knapp an unserer Seite über Felsen dahin stürmte, und oft wieder in weiter Ferne zu verrauschen schien.

Erst gegen 10 Uhr Nachts erreichten wir das Oertchen Bolkesoe. – Eine kleine Angst befiel mich, als wir an einem unansehnlichen Bauernhause anhielten; – die isländischen Nachtlager waren mir noch ganz frisch im Andenken, und ich dachte es hier nicht viel besser zu finden. – Wie angenehm war ich daher überrascht, als mich die Bäuerin über eine bequeme Treppe in ein großes, nettes Zimmer führte, das nebst einigen guten Betten auch mit Bänken, einem Tische, Kasten, und sogar mit einem eisernen Ofen versehen war. – Eben so fand ich es auch auf den ferneren Stationen.

In Norwegen gibt es auf den weniger befahrenen Straßen eigentlich keine Gast- und Posthäuser. Beide Geschäfte werden von den wohlhabenderen Bauern versehen. Es ist jedoch jedem Reisenden zu rathen, Brot und andere Lebensartikel selbst mitzuführen, indem er von diesen »Bauern-Wirthen« selten etwas bekömmt. – Ihre Kühe haben sie während des Sommers stets auf den Höhen der Gebirge, oder auf den Alpen, – Hühner sind für sie ein zu großer Luxus-Artikel, und das Brot, das sie backen, ist kaum zu genießen. Es besteht aus großen runden Kuchen, die höchstens einen halben Zoll dick und sehr hart sind, oder aus eben so großen Kuchen, die kaum Messerrücken dick, und ganz ausgetrocknet sind. – Das Einzige, was ich manchmal fand, waren Fische und Kartoffeln, und hatte ich Zeit einige Stunden irgendwo zu bleiben, so brachte man mir auch gute Milch von der Alpe herab.

Noch schlechter steht es mit der Weiterbeförderung; doch werde ich dieß Kapitel erst später berühren, wenn ich noch größere Erfahrungen gemacht haben werde.

26. August.

Erst heute bei Tage konnte ich die Lage des Oertchens Bolkesoe besehen; gestern war sie mir durch das Dunkel der Nacht verborgen. Es liegt in einem niedlichen Waldthale, auf einem kleinen Hügel, zu dessen Füssen sich ein artiger See gleichen Namens ausbreitet.

Von hier bis Tindosoe, 3½ Meile ist der Weg nicht mehr fahrbar, man muß seine Zuflucht zum reiten nehmen; ich ließ also mein Carriol zurück und stieg zu Pferde. – Die Gegend wird nun immer unbewohnter und stiller, und die Thäler werden zu förmlichen Schluchten. Um so überraschender ist der Anblick zweier Seen, die in ziemlicher Ausdehnung zwischen den Bergen liegen. Der größere davon, der Foelsoe, hat eine ziemlich regelmäßige Form, mag eine halbe Meile im Durchmesser haben, und ist von schönen Gebirgen kreisförmig umgeben. Besondern Effect machen die düstern Schatten, die die nadelbewachsenen Spitzen der Berge auf seine spiegelglatte Fläche werfen. Ich ritt über eine Stunde an seinen Ufern, und hatte überhaupt während dieser ganzen Partie Zeit genug, Alles genau zu besehen und zu betrachten, denn das Reiten geht hier zu Lande höchst langsam von statten. Der Begleiter hat kein Pferd, und geht nebenher zu Fuß, und zwar meist auf etwas schläfrige Weise; das Pferd kennt durch mehrjährige Erfahrung die Eigenschaft seines Herrn, und ist nur zu bereitwillig, ihn dabei durch einen ebenfalls langsamen, schwerfälligen Gang zu unterstützen. – Ich ritt über 5 Stunden bis nach dem Oertchen Tindosoe. – Von hier muß man, um nach dem berühmten Wasserfalle des Rykanfoß – meinem dießmaligen Ziele – zu gelangen, über einen großen See schiffen. – Obwohl der Regen bereits seit der letzten Meile mein unzertrennlicher Begleiter gewesen war, und der Himmel von allen Seiten höchst melancholisch auf mich herab blickte, miethete ich doch augenblicklich ein Boot mit zwei Ruderern, um meine Reise alsogleich fortzusetzen. Ich befürchtete nämlich einen Sturm, und würde dann keinen Schiffer gefunden haben, der es gewagt hätte, die 4 oder 5 Stunden lange Fahrt auf diesem gefährlichen See zu unternehmen. – Nach zwei Stunden war schon Alles in Ordnung, und unter heftigem Regen fuhr ich ab. – Ich mußte mich noch glücklich schätzen, doch wenigstens keine starken Nebel zu Begleitern zu haben, denn dadurch wären mir die großen Schönheiten der mich umgebenden Natur verborgen geblieben. – Der See ist bei 4 Meilen lang, jedoch nur an manchen Stellen eine halbe Meile breit. Er ist von allen Seiten von Bergen umgeben, die zum Theil sich terassenförmig erheben, und auch nicht den kleinsten Ausschnitt zu einer Fernsicht bilden. In Folge dieser Gebirge, die größtentheils mit finstern Tannenwaldungen bedeckt sind und vermöge der nicht sehr bedeutenden Breite des See's ihn ganz überschatten, sieht sein Wasser vollkommen dunkel, ja beinahe schwarz aus. – Dieser See ist sehr gefährlich zu befahren wegen der vielen Felswände, die senkrecht aus dem Wasser steigen. Ueberfiele den Fahrenden in ihrer Nähe ein Sturm, so würde sein Boot an ihnen zerschmettert, und er in der Tiefe des See's sein Grab finden. – Wir hatten zwar auch ziemlichen Wind, er war uns aber günstig, und trieb uns rasch unserm Ziele zu. – An einer dieser Felswände bildet sich ein starkes Echo.

Dieser See hat eine Insel, an der man gleich nach der ersten Meile vorüber kömmt; sie ist höchstens eine viertel Meile lang, und scheidet ihn in zwei ganz gleiche Theile. – Nunmehr gestalten sich die Gebirge ganz eigenthümlich. Ein Berg scheint dem andern vortreten zu wollen, und schiebt seinen Fuß tiefer in den See hinein; es bilden sich dadurch viele liebliche kleine Buchten, deren Mehrzahl aber weder zum Landen noch zum Einfahren geeignet ist, da überall gefährliche Klippen und Felsen aus dem Wasser hervorragen.

Wunderbar nehmen sich die kleinen Fleckchen Wiesen oder Felder aus, die wie an den Wänden zu schweben scheinen, so wie die bescheidenen Häuschen der Bauern, die oft an den gefährlichsten Abhängen stehen, und über die sich Felsmassen und Trümmer zu Bergen thürmen. Die fürchterlichsten Blöcke hängen hie und da darüber, und drohen den baldigen Einsturz, der freilich Hütte und Felder mit in den See reißen würde. Man weiß da wahrlich nicht, ob man die Wahl solcher gefährlicher Wohnplätze mehr der Tollkühnheit oder der Dummheit der Bauern zuschreiben soll.

Von den Bergen stürzen sich viele Flüsse in den See, die wunderschöne, wasserreiche Fälle bilden. Freilich mag dieß auch nur jetzt der Fall gewesen sein, weil es unaufhörlich regnete, so daß von allen Seiten Wasser herabrieselte, und die Berge und Felsen wie mit zarten Silberfäden durchwirkt erschienen. Es war ein schöner Anblick; ich würde ihm aber gerne entsagt, und dafür lieber die Sonne gesehen haben. Sich einem so heftigen Gebirgsregen von Früh bis Abends Preis zu geben, ist denn doch keine Kleinigkeit. – Ich war durch und durch naß, und hatte keine Aussicht auf besseres Wetter, da der Himmel auf allen Seiten finster, und mit Wolken bedeckt war. Bald wäre sogar meine Beharrlichkeit erschüttert worden, und ich war schon deßhalb im Begriffe umzukehren, und dem Ziele meiner Reise, dem Anblicke des höchsten norwegischen Wasserfalles zu entsagen; – – da fiel mir ein, daß dieses schlechte Wetter meinem Zwecke gerade günstig wäre, daß mit jedem Tropfen die Schönheit des Wasserfalles gesteigert würde, – und ich ließ vorwärts rudern.

Nach vierthalb Stunden erreichten wir Haukaneß am See, an welchem Orte man gewöhnlich über Nacht zu bleiben pflegt, da man hier einen recht netten »Hof« findet, und die Entfernung des Falles doch noch bedeutend ist.

27. August.

Mein erster Blick war des Morgens nach dem Wetter, – ach! es war so wie gestern, und die erfahrnen Bauersleute prophezeiten mir, daß es auch so bleiben würde. Umkehren, oder hier einige Tage auf besseres Wetter warten wollte ich nicht, und so blieb mir nichts anders übrig, als mein Boot wieder zu besteigen, meinen ganz durchnäßten Mantel umzuhängen, und muthig weiter zu schiffen.

Schon das Schlußbild des See's, das sich uns bald zeigte, entschädigte mich zum Theil für meine bewiesene Ausdauer. – Ein hoher Berg stellt sich der Breite nach dem See entgegen, der sich beiderseits an seinen Abhängen verläuft, und zwei überaus reizende Buchten bildet. Wir lenkten in die linkseitige, und landeten bei dem Oertchen Mael, das an der Mündung des Flusses Rykaneß liegt. Die Entfernung von Haukaneß bis hieher beträgt eine halbe Meile.

Ich mußte nun ein Pferd besteigen, um zu dem noch 2½ Meilen entfernten Wasserfalle zu gelangen. Der Weg führt durch ein schmales Thal, das immer enger und enger wird, und bald blos dem Strome Raum gibt, so daß man die Höhen ersteigen, und sich an den Abhängen der Berge fortwinden muß. Man sieht dann unten im Thale nur den Schaum der Wellen, die sich an den Klippen und Felsen brechen; – gleich einem Silberfaden erglänzt ihr Band in der finstern Tiefe. Oft führt der Weg so hoch an den Bergen, daß man weder den Strom selbst sieht, noch sein Rauschen vernimmt. – Die letzte halbe Meile muß man zu Fuß machen. Da gelangt man an Stellen, die wirklich gefährlich zu passiren sind; zahlreiche Wasserfälle, die man auf Stegen von zusammen gelegten Baumstämmen umgehen muß, stürzen von den Bergen und kaum fußbreite Wege führen an schwindelnden Alpenwänden vorüber. – Doch kann man sich furchtlos auf den Arm des Führers stützen, der noch Jeden glücklich an das ersehnte Ziel geleitete.

Diese Partie von Haukaneß bis an den Wasserfall müßte an einem freundlichen, sonnenhellen Tage das schönste sein, was man sich wünschen könnte; denn selbst trotz dem beständigen Regen trotz meinen von Nässe triefenden Kleidern, ward ich begeistert von der mich umgebenden wildromantischen Natur, und hätte um keinen Preis meinem vorgesteckten Ziele entsagt. Leider nahm das Unwetter immer mehr zu, und dichte Nebel wälzten sich von allen Seiten dem Thale zu. Das Wasser rieselte überall von den Bergen herab, und verwandelte unsern Gehsteig oft in einen förmlichen Bach, dessen Wasser uns hoch über die Knöchel ging. – Endlich gelangten wir an die Stelle, von welcher der Fall am besten übersehen werden konnte. Noch war er nebelfrei, und es war mir vergönnt, die außerordentliche Schönheit seines Sturzes und seines Wasserreichthumes zu bewundern. Ich sah den ungeheuern Felsberg, der das Thal schließt, die ungeheure Wassersäule, die über ihn rollt, und in der Mitte des Falles an den vorragenden Felsen anprallend, und das ganze Thal mit Schaumwolken erfüllend, kaum die Tiefe erkennen läßt, in die sie hinabstürzt. – Ach! ich sah eines der seltensten, eines der herrlichsten Naturwunder, aber ich sah es nur – auf einen Augenblick; ich hatte nicht einmal Zeit, mich von der Ueberraschung des ersten Anblicks zu erholen. Es war mir nicht vergönnt die einzelnen Großartigkeiten des Falles oder seiner Umgebung anzustaunen, – ich mußte mit einem Bilde, mit einem Blicke zufrieden sein. Undurchdringliche Nebel senkten sich von allen Seiten in die wilde Schlucht herein, und hüllten Alles in völlige Nacht. Ich setzte mich auf einen Felsblock, und starrte zwei Stunden lang auf den Ort hin, wo der Fall kaum in den schwächsten Umrissen durch den Nebel zu erkennen war; oft aber gingen sogar diese verloren, und dann erkannte ich seine Nähe nur an dem fürchterlichen Tosen des Sturzes, und an dem Erzittern der Felsen unter meinen Füssen.

Nachdem ich so lange geschaut und gehofft, und meinen Blick vergebens, nur um einen einzigen Sonnenstrahl flehend, zum Himmel erhoben hatte, mußte ich mich endlich doch zur Rückkehr entschließen. Beinah mit Thränen im Auge verließ ich meinen Standpunkt, und hatte im Vorwärtsschreiten den Kopf mehr rück- als vorwärts gewendet. Hätte sich der Nebel nur etwas zerstreut, gleich würde ich wieder umgekehrt sein.

Leider entfernte ich mich immer mehr und mehr davon, bis zu dem Oertchen Mael, wo ich betrübt mein Boot wieder bestieg, und ohne Unterbrechung nach dem Oertchen Tindosoe fuhr. – Erst gegen 10 Uhr Abends kam ich da an. – Die schreckliche Nässe, die Kälte, der gänzliche Mangel an Nahrungsmitteln, und vor allem Andern meine durch die getäuschte Hoffnung etwas getrübte Gemüthsstimmung hatten mich so angegriffen, daß ich mich mit leichten Fieberanfällen zu Bette legte, und schon glaubte, meine Reise des andern Tages nicht fortsetzen zu können. – Doch meine kräftige Natur besiegte Alles, und um 5 Uhr Morgens war ich schon wieder bereit meine Reise zu Pferd nach Bolkesoe anzutreten.

Ich mußte so eilen, um die Abfahrt des Dampfschiffes von Christiania nicht zu versäumen. – Man hatte mir die Reise nach Delemarken viel kürzer angegeben, als ich sie in der Wirklichkeit fand; auch nimmt das ewige Warten auf Pferde, Boote, Führer u. s. w. sehr viele Zeit in Anspruch.

28. August.

Ich hatte mir in Tindosoe schon Abends vorher das Pferd zur Weiterreise auf heute Morgens 5 Uhr bestellt; trotz dem mußte ich bis 7 Uhr warten.

Obwohl ich nur eine kleine Reise in das Innere des Landes machte, hatte ich doch volle Gelegenheit, all die Prellereien und Unannehmlichkeiten kennen zu lernen, welchen der Fremde in Norwegen ausgesetzt ist. – Ich glaube, daß es in ganz Europa kein Land geben mag, das hinsichtlich der Reiseverbindungen noch so in der Kindheit liegt wie dieses. Man bekömmt zwar überall Pferde, Wagen, Boote u. s. w., das Gesetz hat auch die Gebühren dafür festgestellt; leider ist aber Alles in den Händen der Bauern oder der Wirthe, und diese wissen den Fremdling durch ihr Zaudern, und durch ihre absichtliche Langsamkeit so zu quälen, daß er, um nur etwas schneller fort zu kommen, gezwungen ist, das Doppelte und Dreifache zu bezahlen. Die Stationen sind sehr klein, höchstens 1 oder 1¼ Meile lang; man muß daher alle Augenblicke Pferde wechseln. Kömmt man nun auf die Station, so ist entweder wirklich kein Pferd vorhanden, oder es wird nur so vorgegeben. – Dem Fremden wird dann gesagt, daß man das Pferd erst vom Berge holen müsse, daß er aber in 1½ bis 2 Stunden befördert werde. – Man fährt also eine Stunde um dann zweie warten zu können. Es ist auch höchst nöthig ein ganzes Register zu führen; denn jede Kleinigkeit, der Wagen, der Sattel, das Pferdegeschirr, das Holen des Pferdes, das Boot u. s. w., Alles muß bezahlt werden. Weiß man nun nicht die dafür bestimmten Taxen, so wird man auch hierin tüchtig betrogen. Auf jeder Station liegt zwar ein Buch, in welchem sie angegeben sind; es ist aber nur in der Landessprache, und also für den Fremden so gut als gar nicht vorhanden. Man kann in dieses Buch, das alle Monate dem nächsten Gerichte vorgelegt werden muß, auch seine Klagen gegen Bauer oder Wirth einzeichnen; jedoch scheinen Beide nur wenig Furcht davor zu haben, denn der Führer z. B. der mich nach dem Rykanfosser Falle begleitete, suchte mich zweimal auf die unverschämteste Weise zu prellen, indem er für den Gebrauch des Sattels das Achtfache, und für das Holen des Pferdes das Sechsfache begehrte. Als ich ihm mit dem Strafbuche drohte, kehrte er sich wenig daran, und bestand derart auf seiner Forderung, daß ich ihn wirklich bezahlen mußte. Bei meiner Rückkehr nach Mael hielt jedoch auch ich Wort, forderte das Buch, und zeichnete in Gegenwart aller Bauern, obwohl ich mich ganz allein unter ihnen befand, meine Klage ein – Es war nicht der Geldbetrag, was mich dazu bewogen, sondern nur die niederträchtige Prellerei. Ich bin der Meinung, daß jeder Mensch sich stets beschweren soll, wenn ihm Unrecht geschieht; wird auch ihm selbst nichts vergütet, so macht er es vielleicht doch für seinen Nachfolger leichter.

Zum Lobe der Bauern muß ich sagen, daß, als ich ihnen die Betrügereien ihres Landsmannes erklärte, sie sehr ungehalten über ihn waren, und durchaus keinen Versuch machten, mich von der Klage abzuhalten.

Um nun noch zum Schlusse meiner Reise zu kommen, so bemerke ich nur, daß der Regen zwar aufgehört hatte, der Himmel jedoch noch immer mit Wolken bedeckt, und die Gegend in Nebel gehüllt war. Ich nahm deßhalb den frühern kürzern Weg nach Christiania zurück, obwohl ich dadurch um eine schöne Partie kam, wo ich, wie man mir sagte, eine der herrlichsten Gegenden, und besonders der schönsten Fernsichten Norwegens gesehen hätte. Man kann nämlich von Kongsberg über Kroxleben nach Christiania gehen. Bei Kroxleben ist diese herrliche Gegend.

Doch meine Zeit war zu kurz, um diesen Umweg machen zu können, und ich ging über Drammen zurück. Eine Meile hinter Kongsberg, in dem Oertchen Muni, wo ich gegen 7 Uhr Abends ankam, wollte mich der liebenswürdige Wirth abermals zwei Stunden auf ein Pferd warten lassen. Da mir dasselbe wahrscheinlich auf jeder Station geschehen wäre, so war ich gezwungen ein Pferd gleich auf die ganze noch übrige Strecke von 6 Meilen, bis Christiania, um den dreifachen Betrag zu miethen, legte mich dann auf einige Stunden zur Ruhe, fuhr in der Nacht um 1 Uhr ab, und erreichte Christiania glücklich gegen 2 Uhr Nachmittag.

Ich fand auf dieser Reise alle jene Leute sehr gut und gefällig, die mit mir in keine Geldverbindung kamen, aber die Wirthe, Bootführer, Fuhrmänner, Führer u. s. w. waren eben so eigennützig und habsüchtig, wie in allen andern Ländern. – Ich glaube, daß man bei diesen Leuten Biederkeit und Treuherzigkeit nur dort fände, wo man das Glück hätte der erste Reisende zu sein.

Diese kleine Reise kam mich ziemlich theuer, und dennoch getraute ich mich auch dieses bekannt theure Land ziemlich billig zu durchreisen. Ich würde mit dem Dampfschiffe die Küstenreise bis Hammerfast machen, dort mir ein gutes Pferd und ein Wägelchen kaufen, und dann die Reise mitten durch das Land recht angenehm und ohne Aerger fortsetzen. Einer Familie aber, die in einem gedeckten bequemen Wagen fahren wollte, käme diese Reise über alle Maßen hoch, und wäre wohl an manchen Stellen, der schlechten Wege halber, gar nicht ausführbar.

Das norwegische Landvolk ist kräftig und stark, ihre Gesichtszüge gehören aber gerade auch nicht zu den hübschen und anmuthigen; – auch schienen sie mir weder wohlhabend noch Reinlichkeit liebend zu sein. Sie waren meistentheils sehr ärmlich gekleidet, und gingen barfuß. Ihre Hütten, von Holz erbaut, und häufig mit Ziegeln gedeckt, sind zwar geräumiger als jene der Isländer, aber nichts desto weniger schmutzig und armselig. Eine Schwäche der Norweger scheint der Kaffee zu sein. Sie trinken ihn schwarz und ohne Zucker. – Die alten Weiber rauchen so gut wie die Männer des Abends und des Morgen ihr Pfeifchen.

Von Christiania bis Kongsberg  9 deutsche M.
Von Kongsberg bis an den Wasserfall Labrafoß     1 " "
Von Kongsberg nach Bolkesoe  3 " "
Von Bolkesoe bis Tindosoe  3½ " "
Von Tindosoe über den See nach Maelen  3½ " "
Von Maelen bis an den Wasserfall Rykanfoß  2½ " "
—————————
  22½ Meilen.

Reise von Christiania nach Stockholm.

30. August.

Von den Segenswünschen meiner lieben Landsmännin und ihrem Gemahl, Herrn Procurator M.... begleitet, verließ ich um 7 Uhr Morgens Christiania, und fuhr auf demselben Dampfschiffe, das mich vor zehn Tagen hieher gebracht hatte, nach Gothenburg zurück. – Ich habe von dieser Fahrt nur noch die herrliche Ansicht eines Theiles des Christians-Sundes – auch Fiord genannt – nachzutragen, die mir bei der Herreise durch die Dunkelheit entzogen wurde. – Wir kamen da Nachmittags vorüber. – Die Lage des Städtchens Lauervig gehört zu den ausgezeichnetsten. Es breitet sich auf einer erhöhten Naturterasse aus, und ist im Hintergrunde von schönen Gebirgen umgeben. Vorne liegt die Festung Friedrichsver auf einem Fels, der von vielen Klippen und Felsen umgeben ist, auf welchen einzelne Wachhäuschen stehen. Links sieht man das weite Meer.

Bei Friedrichsver hatten wir uns über eine Stunde verhalten. Es wird nämlich, wie auf der Hinreise von Kopenhagen nach Christiania bei Sandessund, so auf der Rückreise bei Friedrichsver angehalten, um die nach Bergen abgehenden Reisenden dem bereits vor Anker liegenden Dampfschiffe zu übergeben.

Dieß Bild machte den Schlußstein des Fiordes, folglich auch des Schönen, denn nun ging es hinaus in die offene See, und schon nach einigen Stunden war alles Land unserem Blicke entschwunden. Wir sahen nun nichts als Himmel und Wasser, bis wir am folgenden Morgen an die Scherren kamen und nach Gothenburg einlenkten.

31. August.

Wir hatten die ganze Nacht hohe See gehabt, und trafen deßhalb in Gothenburg um drei Stunden später als gewöhnlich ein. Wunderbar machte sich bei diesem Stande der bewegten See die schäumende Brandung an den vielen Klippen und Inseln in der Nähe Gothenburgs.

Die wenigen Reisenden, die sich auf den Füßen erhalten konnten, die nicht der Seekrankheit erlagen, und auf dem Decke geblieben waren, sprachen viel von dem gegenwärtigen gefährlichen Sturm. – Ich hatte mich oft schon verwundert, jeden Menschen, und wenn er auch nur eine ganz kleine Fahrt von 40-60 Seemeilen über irgend einen Kanal gemacht hatte, von den schrecklichen Stürmen erzählen zuhören, die er auf seiner Reise erlebte. – Nun konnte ich mir die Sache erklären, da die Reisenden neben mir den etwas scharfen Wind, der nichts als ein – wie die Seeleute es nennen – Hochgehen des Meeres bewirkte, bereits für einen Sturm erklärten, und wahrscheinlich zu Hause viel von den überstandenen Gefahren erzählten. Die Stürme sind, Gott sei Dank, nicht gar so häufig. Ich selbst habe schon viele tausend Seemeilen, und gar manche stürmische Ueberfahrt – besonders jene von Kopenhagen nach Island – gemacht, und dennoch erlebte ich eigentlich nur einen Sturm, aber einen desto bedeutenderen und wirklich gefährlichen, im Monat April 1842, als ich über das schwarze Meer nach Constantinopel fuhr.

Wir langten im Hafen von Gothenburg, wie bereits gesagt, um drei Stunden später – statt um sechs Uhr, erst um neun Uhr des Morgens an. – Ich ließ mich gleich in die Stadt rudern, um mit dem nächsten Stockholmer Dampfschiffe die berühmte Schleußenfahrt über die Wasserfälle bei Trollhätta zu machen. – Durch die Verbindung des Flußes Götha mit einigen Binnenseen durchschneidet dieses große Werk das ganze Land und verbindet die Nordsee mit der Ostsee.

Ich fand dießmal die Stadt Gothenburg ganz außerordentlich belebt. Der König von Schweden befand sich hier auf der Durchreise nach Christiania, wohin er ging, um den Storthing zu schließen. Es war eben Sonntag, und der König mit seinem Sohne gerade in der Kirche. Die Straßen wogten von Menschen, die sich alle dem Platze zudrängten, um die Majestät bei ihrem Austritte aus dem Dome zu sehen. Natürlich hatte auch ich nichts Eiligeres zu thun, als mich unter die Menge zu mischen, und glücklich sah ich Vater und Sohn aus der Kirche treten, den Wagen besteigen und knapp an mir vorüberfahren. Beide waren schöne, freundliche Erscheinungen. Das Volk stürmte dem Wagen nach, und haschte begierig nach den herzlichen Grüßen des geistvollen Vaters, wie des hoffnungsvollen Jünglings; es begleitete sie bis an die Wohnung, stellte sich vor derselben auf, und sah mit Sehnsucht dem Augenblicke entgegen, in welchem sie sich am Fenster zeigen würden.

Ich hätte fürwahr an keinem günstigeren Tage hier eintreffen können, denn heute sah ich Alles geschmückt und geputzt; Militär, Geistlichkeit, Beamte, Bürger und Volk waren dem Könige zu Ehren im vollsten Staate.

Unter dem herbei geströmten Landvolke bemerkte ich zwei Bäuerinen, die etwas eigens gekleidet waren. Sie trugen schwarze Röcke, die bis an die halbe Wade reichten, rothe Strümpfe, rothe Leibchen und weiße Hemden mit langen weiten Aermeln. Die Köpfe hatten sie mit Tüchern verhüllt. – Einige Bürgerinen trugen kleine Häubchen nach Art der schwäbischen, und darüber einen kleinen, schwarzen, gestickten Schleier, der jedoch das Gesicht frei ließ.

Auch hier sah ich, so wie zu Kopenhagen, unter den Trommelschlägern und in den Musikbanden des Militärs 10-12jährige Knaben.

Der König blieb noch diesen und den folgenden Tag in Gothenburg, und setzte erst Dienstags seine Reise fort. An den beiden Abenden seiner Anwesenheit waren allerorts die Fenster mit Guirlanden von frischen Blumen geschmückt, zwischen welchen Lichter brannten. – An manchen Häusern waren sogar Transparente sichtbar, die jedoch dem Erfindungsgeiste der guten Gothenburger gar keine große Ehre machten. Alle waren gleich, jedes zeigte ein ungeheures »O« (Oskar), über welchem die königliche Krone angebracht war.

Ich mußte vier ganze Tage in Gothenburg bleiben; auch in Schweden scheint bei den Eintheilungen der Fahrten wenig Rücksicht auf die schnellere Beförderung der Reisenden genommen zu werden. An demselben Tage als ich mit dem Dampfschiffe von Christiania kam, ging jenes nach Stockholm ab, aber leider schon um fünf Uhr Morgens. – Da nun im Monate September nur mehr zwei Dampfboote wöchentlich nach Stockholm abgehen, mußte ich bis Donnerstag warten. – Ich empfand bis dahin ziemlich Langeweile, denn die Stadt selbst so wie die herrliche Aussicht auf dem Hügel zwischen den Vorstädten hatte ich bereits während meiner frühern Anwesenheit gesehen, und die übrige Umgebung der Stadt bestand nur aus kahlen Felsen und Klippen, die nichts Sehenswerthes boten.

4. September.

Der Zudrang der Reisenden war dießmal so groß gewesen, daß man schon zwei Tage vor der Abfahrt keinen andern Platz mehr als auf dem Decke bekommen konnte; mehrere Frauen und Herren, die die nächste Gelegenheit nicht abwarten wollten, mußten sich damit begnügen. Auch mich traf dieß Schicksal; denn ich dachte nicht an die Möglichkeit einer solchen Ueberfüllung, und nahm erst zwei Tage vor der Abreise einen Platz. – Während der Fahrt bekamen wir auf den verschiedenen Stationen auch noch Passagiere, und da kann man sich nun den Jammer der armen, jeder Beschwerde ungewohnten Städter denken. – Da suchte nur jedes ein Plätzchen für die Nacht. Einige Glückliche erhielten die winzig kleinen Gemächer des Maschinisten und des Steuermannes, und die andern kauerten sich in den Gängen und an den Stufen der zu den Kajüten führenden Treppen nieder. – Auch mir bot man ein Plätzchen in der kleinen auf eine Person berechneten Kajüte des Maschinisten; da waren aber bereits 3-4 Personen hineingepreßt, und ich zog es daher vor, lieber Tag und Nacht auf dem Decke zu bivouakiren. Einer der Herren war so gütig mir einen tüchtigen Mantel zu borgen, in welchen ich mich einhüllen konnte, und so schlief ich unter Gottes freiem Himmel viel besser, als meine Gefährten in ihrer Schwitzkammer.

Die Einrichtung auf den Schiffen die den Göthakanal befahren, ist auch nicht die beste. Der erste Platz ist zwar sehr bequem, und sein Kajütenraum ist in artige, lichte Kabinete für zwei und zwei Personen eingetheilt; aber desto schlechter steht es mit dem zweiten Platz; da wurden des Nachts nur Hängematten aufgezogen; über Tag diente er zum gemeinschaftlichen Speisesaale. – Noch schlechter ist für das Gepäck gesorgt. Die Schiffe, die den Kanal befahren, haben einen etwas beschränkten Kielraum, und da werden die Koffer, Kisten, Felleisen u. s. w. auf dem Decke aufgespeichert, gar nicht befestiget, und nur höchst nothdürftig gegen den Regen geschützt. Daß aber diese Nachlässigkeit bei einer Fahrt von 5-6 Tagen gar zu groß ist, bewies die Folge. – Der Regen und die aufschlagenden Wogen der Binnenseen setzten den Raum des zweiten Deckplatzes oft 2-3 Zoll hoch unter Wasser, und das Gepäck wurde von allen Seiten durchnäßt. Noch ärger war es während des Sturmes auf dem Wennersee; der warf das Schiff etwas derb herum, wodurch mancher Koffer sein Gleichgewicht verlor, und den Vorübergehenden auf den Kopf zu stürzen drohte. Dagegen sind die Preise sehr billig; eine Sache, die mir doppelt auffiel, da doch die vielen Schleußen bedeutende Kosten verursachen müssen.

Nun zur Reise selbst.

Um fünf Uhr Morgens wurde abgefahren, und bald befanden wir uns im Götha-Fluß, dessen Ufer Anfangs sehr flach und öde sind. Das Thal selbst ist von kahlen, felsigen Hügelketten begrenzt. – Nach ungefähr zwei Meilen [6] kamen wir zu dem Städtchen Kongelf, das 1000 Einwohner haben soll. Es liegt an und hinter Felsen, und bleibt dadurch dem Auge theilweise verborgen. Dem Städtchen gegenüber, auf einem Fels, steht die Ruine der einstmaligen Festung Bogus. Von hier fängt die Gegend an etwas mannigfaltiger zu werden. Waldpartieen wechseln mit den kahlen Felsen ab; an beiden Seiten öffnen sich kleine Thäler, und der Fluß selbst, hier durch eine Insel getheilt, breitet sich später oft bedeutend aus. – Die Bauerhäuser sahen größer und netter aus, als jene in Norwegen; sie sind meist ziegelroth angestrichen, und stehen oft auch in größern Gruppen beisammen.

Bei Lilla Edet kömmt man an die ersten Schleußen, deren hier fünfe sind. Während das Schiff sie passirt, hat man Zeit den gleich daneben liegenden zwar niedern, aber wasserreichen und breiten Fall der Götha zu betrachten.

Diese erste Strecke der Schleußen und des Kanals zieht sich noch ziemlich weit hinter dem Falle fort, und ist theils in die Felsen gesprengt, theils mit Quadersteinen ausgemauert. – Bei Äkestron fährt man wie in einem schönen Naturparke; das Thal wird durch reizende Hügel eingeengt und gibt nur dem Strome und einigen niedlichen Pfaden Raum, die sich durch Nadelgehölz, das sich bis an die Ufer zieht, winden.

Nachmittags kamen wir an die berühmten Schleußen bei Trollhätta. Sie bilden ein Riesenwerk, das man nur in den größten Staaten vermuthen würde, nicht aber in einem Lande, das weder an Macht noch an Größe zu den ersten gehört. Im Ganzen sind 11 Schleußen, die bei einer Länge von 3500 Fuß die Höhe von 112 Fuß erreichen. Sie sind breit, tief und in die Felsen gesprengt und mit schönen Quadersteinen ausgelegt; sie gleichen den einzelnen Stufen einer Riesentreppe, unter welchem Namen man dieses Werk auch füglich den sieben Weltwundern beizählen könnte. Eine Schleuße erhebt sich über der andern, mächtige Thore schließen sie, und wunderbar schwebt das große Fahrzeug der Höhe zu. Die Umgebung ist wildromantisch.

Kaum bei den Schleußen angelangt, wird man gleich von einer Menge Knaben umschwärmt, die sich den Fremden als Wegweiser zu den nahen Wasserfällen bei dem Oertchen Trollhätta anbieten. An Zeit zu diesem Ausfluge gebricht es nicht; das Schiff braucht um die Höhe zu erreichen 3-4 Stunden, und in der halben Zeit ist die Excursion abgethan. Früher unterlasse man aber ja nicht, den Fels zu ersteigen, zu dem sich die Schleußen erheben. Ein Pavillon ziert seine Spitze, und von hier übersieht man die Schleußen in die Tiefe hinab.

Nach Trollhätta führen artige, durch den Wald gehauene Wege. Dieses Oertchen hat eine überaus reizende Lage; es liegt in einem lieblichen Thale, das von Waldungen und Hügeln umgeben ist, an den Ufern des Stromes, dessen weiß schäumende Wogen grell von dem dunkeln Waldsaume abstechen. – Man sieht von hier aus nur den Saum des Kanals, der einen weiten Bogen vom Hauptstrome beschreibt, die letzten Schleußen aber liegen hinter kleinen Felspartieen ganz verborgen; wir konnten weder das Aufziehen der Thore noch das Steigen des Wassers in ihnen bemerken, und waren daher sehr überrascht, als wir plötzlich erst die Masten, dann das Schiff selbst aus den Tiefen steigen sahen. Es schien, als ob es von unsichtbaren Händen zwischen Felsenmassen empor gehoben würde.

Die Fälle des Stromes zeichnen sich weniger durch ihre Höhe, als durch ihre Mannigfaltigkeit und Wasserfülle aus. Der Hauptstrom wird an der äußersten Spitze seines Sturzes durch eine kleine Felsinsel in zwei beinahe gleich mächtige Fälle getheilt. Auf dieß Inselchen führt ein langer, schmaler Kettensteg, der gerade über dem Falle schwebt, und so zart und schwach gebaut ist, daß nur immer eine Person hinüber schreiten darf. Der Eigenthümer dieses gefährlichen Steges hält ihn stets versperrt, und öffnet ihn nur gegen ein Entgeld von 10 kr. CM.

Ein eigenes schauerliches Gefühl beengt die Brust während des Hinüberschreitens. Man sieht den Strom wüthend daher tosen, man sieht ihn sich an den hoch emporragenden Felsen brechen und schäumend in die Tiefe stürzen, man sieht unter seinen Füßen die brandenden Wogen; – dabei erzittert das Brückchen bei jedem Tritte, – ängstlich eilt man das Inselchen zu erreichen. Hier erst, auf festem Grund und Boden, wagt man es, sich mit Muße umzusehen. Ein fester Fels neigt sich etwas über die Fälle hinaus, und auf ihm kann man mit Sicherheit seinen Standpunkt wählen. Man steht da nicht nur zwischen zwei schönen Fällen sondern übersieht auch noch 4-5 andere, welche der Strom ober- und unterhalb bildet. – Kaum glaubt man sich von diesen zauberischen Bildern trennen zu können.

Hinter Trollhätta breitet sich der Strom beinahe zu einem See aus, indem er von mehreren Inseln in viele Arme getheilt wird. Seine Ufer verlieren jedoch bedeutend an Schönheit, indem sie flach und unansehnlich werden.

Den herrlichen Wenner-See, 10-12 Meilen lang und mehrere Meilen breit, erreichten wir leider erst gegen Abend, als es schon zu sehr dunkelte, um von der Umgebung noch etwas unterscheiden zu können. – Wir hielten hier bei dem unbedeutenden Städtchen Wennersborg einige Stunden an.

Diesen Tag über waren uns gewiß sechs oder sieben Dampfschiffe begegnet, die Alle schwedischen oder norwegischen Kaufleuten gehörten. Es gewährte einen eigenen interessanten Anblick, diese Schiffe in den hohen Schleußen auf und ab steigen zu sehen.

5. September.

Als wir noch gestern spät in der Nacht Wennersborg verließen, und uns auf dem See herumtrieben, erhob sich ein widriger Wind, oder vielmehr ein kleiner Sturm, der zwar für ein gutes Fahrzeug nichts zu bedeuten gehabt hätte, dem aber das unsrige doch nicht gewachsen war. Vergebens mühte sich der arme Kapitain die ganze Nacht hindurch ab, das Fahrzeug über den See zu bringen, – er mußte seinem Versuche entsagen, wieder zurückkehren, und irgend an einer Stelle Anker werfen. – Wir verloren bei dieser Gelegenheit unser Hilfsboot; eine mächtige Welle schlug über das Schiff und riß es mit sich fort; wahrscheinlich war es so gut befestiget gewesen, als unsere Kisten und Koffer.

Obwohl es erst neun Uhr Morgens war, erklärte der Kapitain dennoch, während des Tages nicht weiter fahren zu können; nur wenn es gut ginge, wäre er im Stande die Reise gegen Mitternacht fortzusetzen. – Glücklicherweise wagte sich ein Fischerboot heran, und einige von uns ließen sich ans Land setzen. Auch ich that dieß und benützte diesen Zufall, einige Bauernhütten zu besuchen, die unfern des Sees am Saume eines Waldes lagen. Ich fand sie zwar auch ärmlich, aber doch aus zwei Gemächern bestehend, die einige Betten und andere Geräthschaften enthielten; auch die Leute waren etwas besser gekleidet als jene in Norwegen. Selbst die Kost der Leute war nicht so übel; sie kochten aus grobem schwarzen Mehle ein dickes Muß, das dann mit süßer Milch verspeiset wurde.

6. September.

Erst des Morgens ein Uhr lichteten wir die Anker – Nach ungefähr fünf Stunden kamen wir an die kleine Insel Eken, die aus lauter Felsen besteht, und von einer Menge noch kleinerer Inseln und Klippen umgeben ist. Es ist hier einer der bedeutenderen Landungsplätze des See's. – Ein ziemlich großes hölzernes Magazin steht nahe am Ufer, und in dieses werden die verschiedenen Artikeln von der Umgebung geschafft und an Bord gebracht, und so umgekehrt. Man sieht hier immer einige Schiffe vor Anker liegen.

Nun mußten wir uns durch ein Heer von Inseln durchwinden, bis wir wieder den großen See erreichten der außer seiner Größe nicht viel Sehenswerthes bietet. – Seine Ufer sind größtentheils kahl und einförmig, und nur hie und da mit Waldungen oder niederen Hügeln umgeben; selbst der Hintergrund zeichnet sich durch nichts aus. – Zu den schönsten Ansichten gehört noch das ziemlich bedeutende Schloß Leko, das auf einem Fels liegt und von dichten Waldungen umgeben ist. – Weiterhin erhebt sich der Berg, oder besser gesagt, Hügel Kinnekulle [7], auf welchen jeder Reisende aufmerksam gemacht wird. Er soll nämlich eine ausgedehnte Aussicht, sowohl auf den See, als auch tief hinein in das Land gewähren, da sich dem Auge nirgends ein hoher Punkt störend dazwischen stellt. – In dem Innern dieses Berges soll sich eine sehr merkwürdige Grotte befinden. – Leider kann man, seit man auf Dampfschiffen fährt, all diese Merkwürdigkeiten nicht mehr besehen. Man fliegt überall schnell vorüber, und wird bald die größte Reise mit einigen Worten beschreiben können.

Zu Bromoe befindet sich eine bedeutende Glasfabrik, die ausschließend Fensterscheiben verfertiget. Wir hielten kurze Zeit an, und nahmen eine tüchtige Ladung dieses Artikels ein.

Die Fabriksgebäude liegen, nebst einigen andern Häuschen, recht artig auf kleinen Höhen zwischen reizenden Waldpartieen.

Bei Sjotorp tritt man wieder durch mehrere Schleußen aus dem See in den Fluß. – Die Fahrt über den Wennersee rechnet man gewöhnlich auf zehn bis eilf Stunden.

Der Fluß schlängelt sich anfänglich häufig durch Waldungen, und man kann, während sich das Schiff mühsam in den Schleußen fortarbeitet, einen Theil des Weges recht angenehm im Schatten zu Fuße machen. Später öffnen sich weite Thäler, die jedoch durchaus keine schönen Bilder gewähren.

7. September.

Zeitlich des Morgens durchschifften wir den niedlichen Bikensoe, der sich, wie überhaupt alle schwedischen Seen, durch seinen Reichthum an Inselchen, Felsen und Klippen auszeichnet. Häufig sind diese Inselchen mit Bäumen überwachsen, was sich dann um so herrlicher macht.

Dieser See liegt 306 Fuß höher als die Nordsee; hier hat man den höchsten Punkt erreicht, und nun beginnen die Schleußen in die Tiefe zu führen. – Die Zahl aller Schleußen, durch welche man sowohl hinauf als hinab getragen wird, beträgt 72.

Ein kurzer Kanal führt in den Bottensee, welcher anfänglich einen weniger durch Inseln unterbrochenen Wasserspiegel zeigt. Die Fahrt durch diesen kleinen See ist überaus lieblich; die Ufer bieten schöne Hügelreihen, wechselnd mit Wäldern, Wiesen und Feldern. – Ihm folgt der bedeutend größere Wettersee, dessen Eingang durch die schöne Festung Karlsborg leicht vertheidigt werden kann. – Dieser See hat zwei ganz besondere Eigenheiten: die eine besteht in der außerordentlichen Reinheit und Klarheit des Wassers, die andere darin, daß sehr viele Stürme auf demselben herrschen. Man sagt, daß es da manchmal woge und brause, selbst, wenn es in der Umgegend heiter und windstill sei. Oft soll der Sturm den Schiffer mit solcher Eile und Heftigkeit überfallen, daß ihm das Entrinnen unmöglich wird. Gar viel Sagen und Märchen erzählt man sich von den tückischen Unthaten dieses Sees.

Wir blieben, Gottlob, verschont, und durchschnitten seine Flächen unter Scherz und Freude. – An den Ufern dieses See's liegt das schöne Fräuleinstift Wadstenä und der berühmte Berg Omberg, an dessen Fuße eine Schlacht statt hatte.

Der nun folgende Kanal ist sehr kurz und leitet durch liebliche Waldungen in den kleinen See Norrbyson. Man legt diese Strecke gewöhnlich zu Fuß zurück, um das einfache Grabmal des Grafen Platen zu besuchen, der die Plane zu den Schleußen und Kanälen, zu diesem ewig dauernden Riesenwerke geliefert hat. – Das Grabmal ist mit einem Eisengitter umfaßt; die Gruft deckt eine schöne Marmorplatte, auf welcher eine einfache Inschrift in schwedischer Sprache angebracht ist, die seinen Namen, Todestag u. s. w. anzeigt. Dem Monumente beinahe gegenüber, auf der andern Seite des Kanals, liegt das Städtchen Motala, mit großen Eisenwaaren-Fabriken, in deren schönen Gebäuden sich besonders die ungeheuren großen Arbeitssäle auszeichnen.

Von dem Norrbysee in den Roxersee führen 15 Schleußen, durch welche das Schiff 116 Fuß hinabgelassen wird. – Dieser Kanal schlängelt sich recht angenehm durch Waldungen, Wiesen und Felder, die von hübschen Landstraßen durchzogen, mit niedlichen Häuschen und größeren Gebäuden besetzt sind. – Einige Kirchthürme verrathen die Nähe des Oertchens Norrby, das, halb versteckt hinter kleinen Waldpartieen, den Blicken des Vorübereilenden bald erscheint, bald wieder entschwindet. Wenn die Sonne auf das Wasser in diesem Kanale schimmert, hat es eine so schöne, durchsichtige, erbsengrüne Farbe, wie der reinste Chrisolith.

Einen überraschenden Anblick genießt man von der Höhe, welche sich beinahe unmittelbar vor dem See Roxen erhebt. Plötzlich erschließt sich da ein mächtig großes Thal, das von den herrlichsten Wald- und Felspartieen und anmuthigen Hügeln durchwirkt ist, und – zu den Füßen der See, der sich sehr ausdehnt und dessen Arme weit in die Waldungen hinein greifen. – Die Abendsonne warf ihre letzten Strahlen auf ein Städtchen, das am See liegt, und glänzend leuchteten die neuüberfirnißten Ziegeldachungen zu uns herauf.

Während sich das Schiff durch die vielen Schleußen da hinabsenkte, besuchten wir die nahe Kirche des Oertchens Vretakloster, die in äußerst schön gearbeiteten, metallenen Särgen die Gerippe mehrerer Könige enthält.

Wir fuhren dann noch über den See, der gewiß eine Meile breit ist, und blieben die Nacht über am Eingange des Kanals, der uns am nächsten Morgen in einen Busen der Ostsee leiten sollte.

8. September.

Dieser Kanal ist einer der längsten; seine Umgebungen sind ziemlich hübsch, und das Thal, welches er durchschneidet, gehört zu den größeren. Das Städtchen Söderköping lehnt an hohen malerischen Felsgruppen, die sich weit verzweigen.

Auch in Schweden sah ich jedes Thal, jedes Fleckchen Erde sorgfältig angebaut und cultivirt. Das Volk war im Ganzen ziemlich wohl gekleidet, und besaß zwar kleine, aber äußerst niedliche Häuschen, deren Fenster an den obern Theilen sogar häufig mit neuen, weißen Vorhängen drapirt waren. Ich besuchte mehrere solche Häuschen, denn, während das Schiff durch die Schleußen ging, hatte man zu Spaziergängen und kleinen Ausflügen Zeit genug. – Ich glaube, daß man die ganze Reise von Gothenburg bis Stockholm zu Fuß in derselben Zeit zurücklegen könnte, wie mit dem Dampfschiffe. Täglich verliert man viele Stunden mit diesen Schleußen, und muß sogar ihretwegen die Fahrt bei der Nacht einstellen. Man rechnet die Entfernung auf 40-45 deutsche Meilen, und bringt gewöhnlich 5 Tage auf der Reise zu.

Erst des Nachmittags kamen wir in die Scheren der Ostsee, welche ganz den Character jener der Nordsee an sich tragen. Man befindet sich in einem Meere von Inseln und Inselchen, von Felsen und Klippen; man begreift hier so wenig wie dort, wie es dem guten Steuermanne möglich ist, alle diese hervorragenden Klippen zu vermeiden, und das Schiff so sicher mitten durchzuführen. Ueberall theilt sich das Meer in Ströme und Buchten, in kleine und große Seen, die sich zwischen den Inseln und Waldungen bilden, und von schönen Hügeln ungesäumt sind. – Nichts gleicht aber dem überraschenden Anblicke des Schlosses Storry Husby, das in einer Bucht auf einem hohen Berge liegt. Vor dem Fels breitet sich ein schöner Wiesenteppich bis an die Ufer des Meeres aus, während er im Hintergrunde von herrlichem Tannengehölze umgeben ist. Und unweit von diesem niedlichen Bilde taucht aus einem bewaldeten Inselchen ein Thurm auf, als Rest der großen Ruine Stegeborg. Es ist nicht leicht möglich etwas Romantischeres zu sehen, als die Zusammenstellung dieser Gegend, und überhaupt die ganze Fahrt in diesem Fiord, der in ewig wechselnden Gestaltungen dem Blicke erscheint.

Doch nach und nach werden die Hügel niedriger, die Inseln seltner; das Meer drängt Alles zurück, es scheint eifersüchtig zu sein, die Aufmerksamkeit des Reisenden mit so vielen andern Gegenständen theilen zu müssen, es will sie allein besitzen, und nimmt das Schiff in seine weiten Räume auf. Und nun ist man bald in der offenen See, und sieht nur Himmel und Wasser, und bald ist man wieder von Felsen und Klippen derart eingeengt, daß man ohne Lootsen den Ausweg gar nicht finden könnte.

9. September.

Heute verließen wir das Meer und schifften durch einen sehr kurzen Kanal abermals in einen See, und zwar in den durch die Zahl seiner Inseln berühmten Mälar-See. – An seinem Eingange liegt das Städtchen Sotulje reizend in einem engen Thale am Fuße eines ziemlich steilen Hügels. – Dieser See gleicht anfangs eigentlich mehr einem breiten Strome, er erweitert sich jedoch bei jedem Ruderschlage, und erscheint bald in ausgedehnter Größe. – Die Fahrt auf dem Mälarsee dauert 4 Stunden, und ist eine der reizendsten die man sich nur denken kann. – Dieser See soll bei 1000 Inseln und Inselchen enthalten, man kann sich nun leicht vorstellen, wie in ewig wechselnden Gestaltungen und Formen dieser schöne Wasserspiegel erscheint und wie er, gleich seinem Vorgänger, dem herrlichen Fiord der Ostsee, bald kleinere und größere Seen, bald Ströme und Buchten u. s. w. bildet.

Auch die Ufer sind sehr abwechselnd und schön. Bald ziehen sich Hügel und Berge bis knapp an den See, und steil abfallende Felsen bilden gefährliche Wände, bald erscheinen wieder dunkle, finstere Tannen-Waldungen, oder es öffnen sich freundliche Thäler mit Wiesen und Feldern, mit Dörfchen und Höfen. – Manche der Reisenden behaupten zwar, daß dieser See doch eigentlich nur ein ewiges Einerlei biete; ich konnte jedoch ihre Meinung nicht theilen, ich fand ihn so reizend, daß ich wohl unzählige Male darauf fahren könnte, ohne dieses lieblichen Einerlei's überdrüßig zu werden. – Er hat zwar nicht die majestätischen Umgebungen der Schweizerseen, aber gerade seine Unzahl von Inselchen bilden eine Eigenthümlichkeit, die man gewiß auf keinem andern See findet.

Auf der Spitze eines steilen Abhanges, wie deren mehrere den See umgeben, ist eine hohe Stange errichtet, auf welcher der Hut des unglücklichen Eriks befestiget ist. Die Geschichte erzählt von diesem Könige, daß er in einer Schlacht vor dem Feinde geflohen, und hier von einem Soldaten ereilt worden sei, der ihm darüber Vorwürfe gemacht haben soll. Aus Scham und Verzweiflung gab er seinem Pferde die Sporen, und stürzte sich mit ihm in die fürchterliche Tiefe. Bei diesem Sturze soll ihm der Hut vom Kopfe geflogen, und an dieser Stelle zurück geblieben sein.

Unweit dieses Punktes erblickt man nun endlich auch einen Theil der Vorstädte Stockholms, die sich um einen breiten Arm des See's lagern. – Mit steigender Begierde aber sieht man nach der Stadt, von der sich immer mehr und mehr entfaltet. – Man sieht schon viele der artigen Landhäuser, die in kleinen Thälern, oder auf Abhängen und Hügeln als Vorläufer der Stadt liegen, und die Vorstädte, die sich amphitheatralisch an den steilen Felsufern fortziehen. Die Stadt selbst macht den Schluß, sie nimmt das ganze obere Ende des See's ein, und reiht sich zu beiden Seiten an die Vorstädte. Schon von weitem sieht und bewundert man die Ritterholmer Kirche, mit ihren gußeisernen, durchbrochenen Thürmen, und das wahrhaft grandiose königliche Schloß, das ganz im italienischen Style erbaut ist.

Kaum hatten wir im Hafen Stockholms Anker geworfen, so erschienen schon mehrere herkulische Weiber, und boten uns, gleich Trägern, ihre Dienste an. Es waren Darlekarlerinen [8]; sie kommen häufig nach Stockholm, um daselbst als Last- und Wasserträgerinen, als Kahnführerinen, u. s. w. ihren Lebensunterhalt zu gewinnen. Man nimmt sie gerne in Dienst, weil sie zwei treffliche Eigenschaften besitzen; sie sollen nämlich höchst redlich und arbeitsam sein, und dabei Kraft und Ausdauer gleich Männern besitzen.

Ihre Tracht besteht in schwarzen Röcken, die bis an die halbe Wade reichen, rothen Leibchen, weißen Hemden mit langen Aermeln, kurzen schmalen Schürzen von zwei Farben, rothen Strümpfen und Schuhen mit zollhohen hölzernen Sohlen. Um den Kopf schlagen sie entweder ein Tuch, oder sie setzen ein ganz kleines, anliegendes, schwarzes Häubchen auf, das nur auf dem Hinterkopfe sitzt.

Man findet in Stockholm häufig sowohl ganze eingerichtete Wohnungen, als auch einzelne Zimmer, die, so wie im Gasthause, tagweise vermiethet werden. Sie kommen bedeutend billiger, und haben daher sehr vielen Zuspruch. Auch ich miethete mir gleich ein solches Zimmerchen, das recht nett und freundlich war, und für welches ich, den Morgenkaffee mit eingeschlossen, täglich nur 1 Reichsthaler, d. i. nach unserm Gelde 32 kr. bezahlte.

Aufenthalt in Stockholm.

Da meine Reise eigentlich nur Island gegolten hatte, und ich diesen kleinen Theil Skandinaviens nur im Durchfluge besah, wird man es mir verzeihen, wenn ich mich darüber kurz fasse. Auch sind diese Länder bereits von andern Reisenden so trefflich geschildert, daß dagegen meine Beschreibung von zu geringem Belange wäre.

Ich blieb sechs Tage in Stockholm, und benützte diese Zeit so gut als möglich. – Die Stadt liegt an den Gestaden der Ostsee und des Mälarsee's. Beide Wasserflächen sind durch einen kurzen Kanal verbunden, an welchem die schönsten Gebäude stehen.

Ich besuchte vor Allem die herrliche Ritterholm-Kirche, die eigentlich mehr die Dienste einer Gruft und eines Waffensaales, als einer Kirche vertritt. – Die untern Räume bilden die Königsgruft; – die Monumente der verstorbenen Könige stehen in den Seitenkapellen. Im Schiffe der Kirche sind an beiden Seiten gewappnete Ritter zu Pferde aufgestellt, deren Rüstungen von einigen Königen von Schweden herrühren. – Die Wände und Ecken der höhern Räume der Kirche und Seitenkapellen sind reich mit Fahnen und Standarten geschmückt, deren Anzahl sich auf 5000 belaufen soll. Ueberdieß hängen noch an den Wänden der Seitenkapellen die Schlüssel der eroberten Festungen und Städte, und auf dem Boden liegen Trommeln und Pauken aufgeschichtet. Alle diese Gegenstände wurden den verschiedenen Nationen abgerungen, mit welchen Schweden Krieg führte.

Nebst all diesen Merkwürdigkeiten sieht man auch noch in den Seitenkapellen mehrere Rüstungen oder Anzüge von schwedischen Regenten hinter Glaskästen bewahrt. – Am meisten interessirte mich jener Anzug darunter, den Karl XII. an seinem Todestage trug, und der Hut durch welchen die Kugel durchging; – seine Reiterstiefel stehen daneben auf dem Boden. – Nicht minder interessant ist, schon auch des grellen Gegensatzes wegen, der modische Anzug, und der mit Gold und Federn geschmückte Hut des letztverstorbenen Königs, des Gründers der neuen Dynastie.

An derselben Seite des Kanals steht auch die Nikolaus-Kirche, welche unter den protestantischen Kirchen eine der schönern ist, die ich bisher gesehen habe; man sieht gleich, daß sie noch aus den katholischen Zeiten stammt, und daß man ihr die frühere Ausschmückung größtentheils gelassen hat. Sie besitzt mehrere große und kleine Oelgemälde, viele Monumente älterer und neuerer Zeit, und einen großen Reichthum an Vergoldungen. – Die Orgel ist groß und schön. Am Eingange der Kirche stehen schöne Reliefs in Stein gehauen, und in der Höhe sieht man auf einer Brücke stehend, eine aus Holz geschnitzte, mehr als lebensgroße Statue des heil. Erzengels Michael, wie er zu Pferde sitzend den Drachen erlegt.

Unweit dieser Kirche liegt der königliche Palast, zu dessen Beschreibung eine geschicktere Feder gehörte als die meine ist, und über welchen man lange Abhandlungen schreiben müßte, wollte man alle Schätze, Merkwürdigkeiten und Schönheiten sowohl seines Baues, als seiner innern Einrichtung erwähnen. Ich kann nur sagen, daß ich, außer den königlichen Palästen zu Neapel – Caserta mitgerechnet – nie etwas Aehnliches sah! – Doppelt fällt ein solcher Bau hier im hohen Norden auf, und in einem Reiche, das eben auch nie mit Ueberfluß überschüttet war.

Die Schifferholm-Kirche zeichnet sich mehr durch ihre Lage und tempelartige Form, als durch sonst etwas aus; sie steht frei auf einem Fels, dem königlichen Schlosse beinahe gegenüber, an der jenseitigen Seite einer Bucht der Ostsee, welche hier hereinschneidet. – Eine lange Schiffbrücke führt hinüber.

Die Katharinen-Kirche ist groß und schön. Man zeigt hier außerhalb der Kirche an einer Ecke derselben den Stein, auf welchem einer der Brüder Sturre geköpft wurde. [9]

Am Ritterplatz steht das »Ritterhaus«, eines der schönsten Schlösser – das alte königl. Schloß, und unweit davon noch andere theils königl., theils Privat-Schlösser; aber bei weitem nicht in der Anzahl und Pracht wie zu Kopenhagen. Auch die Straßen und Plätze dürfen sich mit jenen in Kopenhagen nicht messen.

Auf einem in einer der Vorstädte gelegenen Hügel, Groß-Mosbecken, hat man die schönste Ansicht von Stockholm; man übersieht das Meer und den Mälarsee, die Stadt und die Vorstädte, die sich bis an die Spitzen der Felshügel ziehen, die lieblichen Landhäuser, die auf allen Seiten an den Ufern der beiden Seen liegen. Kleine Felspartieen und Inselchen liegen so zwischen den Häusern und den Vorstädten, daß man sie auch noch zum Stadtgebiet rechnen muß, und gerade dieß Alles zusammen gibt der Stadt Stockholm ein so bizarres Ansehen, daß man wohl sagen kann, die Lage Stockholms läßt sich mit keiner Lage irgend einer andern Stadt vergleichen. Waldbedeckte Hügel, und nackte Felsengebirge schließen sich daran, deren Ketten man bis in die unendliche Ferne verfolgen kann. Wiesen und Felder nehmen wohl nur einen geringen Raum ein in dieser großen herrlichen Natur.

Wenn man von diesem Hügel herab steigt, unterlasse man ja nicht, nach Södermalm zu gehen, und die ungeheuren Eisenniederlagen zu besehen. Auf zwei großen freien Plätzen ist das Eisen in zahllosen Stangen aufgehäuft. – Der Kornmarkt ist unbedeutend. – Als größere und theilweise auch hübsche Gebäude sind zu bemerken: die Bank, die Münze, die Hauptwache, der Palast des Kronprinzen, das Theater u. a. m. Das Letztere ist schon darum interessant, weil König Gustav der III. daselbst bei einem Feste erschossen wurde. Der Platz wo er fiel, befindet sich auf dem Podium. Es war nämlich ein großer Maskenball gegeben worden, und das ganze Theater war in einen Saal umgestaltet. Der König bekam den Schuß von einer Maske, und verschied einige Stunden darauf.

Denselben Abend als ich das Theater besuchen konnte – täglich wird nicht gespielt – fand in dem Saale der Antiken eine große Feierlichkeit statt. Der geschätzte Künstler Vogelberg, ein geborner Schwede, hatte aus schönem Marmor die drei heidnischen Gottheiten: Thor, Balder und Odin in kolossaler Größe kunstvoll geschaffen, und von Rom hieher gebracht. Die Statuen waren erst kürzlich aufgestellt worden, und heute war, dem Künstler zu Ehren, der Saal erleuchtet, und eine große Gesellschaft geladen. Bei dem Enthüllen der Statuen sollten feierliche Hymnen gesungen werden. Ich hatte das Glück zu diesem Feste geladen zu sein, das gleich nach 7 Uhr seinen Anfang nehmen sollte. Vorher ging ich noch in's Theater, welches, wie man mir sagte, um 6½ Uhr beginnen würde. Ich dachte da eine halbe Stunde zu bleiben, und dann nach dem königl. Palaste zu gehen, wo mich meine Freunde erwarteten, um mit mir das Fest zu besuchen. Schon um 6 Uhr saß ich im Theater, und wartete eine halbe Stunde sehnsuchtsvoll auf das Beginnen der Ouverture; – es war schon 6½ Uhr und noch immer wurden keine Anstalten dazu gemacht. – Nun sah ich genauer nach dem Zettel, und entdeckte zu meinem Schrecken, daß die Oper erst um 7 Uhr beginne. Ich wollte aber nicht weichen, ohne das Podium gesehen zu haben, und vertrieb mir indessen die Zeit damit, das Theater von allen Seiten zu betrachten. Es ist ziemlich groß, und besteht aus 5 Stöcken, ist aber weder mit Pracht noch Luxus ausgestattet. Am meisten wunderte ich mich über die hohen Preise, und noch mehr über die Mannigfaltigkeit der Plätze. – Ich zählte deren 26; es scheint, daß jede Bank ihren eigenen Preis hat, sonst wüßte ich wirklich nicht, wie man eine solche Menge heraus brächte.

Endlich begann die Ouvertüre; ich hörte sie, sah den Vorhang aufrollen, betrachtete den verhängnißvollen Platz, und ging nach der ersten Arie fort. – Der Billeteur eilte mir nach, faßte mich am Arme, und wollte mir ein Retour-Billet geben. Als ich ihm sagte, daß ich keines brauche, indem ich nicht mehr zu kommen gedächte, meinte er, es habe ja erst angefangen, ich sollte doch bleiben, sonst hätte ich das viele Geld umsonst ausgegeben. – Leider besaß ich zu wenig Kenntniß der schwedischen Sprache, um ihm alle die Ursachen auseinander zu setzen, die mich zum Fortgehen veranlaßt hatten; gab ihm keine Antwort, und ging meiner Wege. Da hörte ich noch, wie er zu Jemanden sagte: »Das ist mir noch nicht vorgekommen. Bleibt die Frau eine halbe Stunde vor dem Vorhange sitzen, und geht fort, nachdem man ihn aufgezogen hat.« Als ich mich umsah, deutete er gerade mit dem Finger auf die Stirne, und schüttelte dazu bedenklich den Kopf. – Ich konnte mich des Lächelns nicht enthalten, und nahm diese Verurtheilung als zweiten Akt des »stummen Gastes« aus Mozarts Don Juan.

Ich holte meine Freunde im königl. Schlosse ab, und brachte dann den Abend recht angenehm in den effektreich beleuchteten Sälen der Antiken und der Bildergallerie zu. Ich hatte daselbst auch das Vergnügen Herrn Vogelberg persönlich kennen zu lernen. Schon sein bescheidenes, anspruchloses Benehmen mußte Jedermann mit Achtung erfüllen, die um so höher steigt, wenn man weiß, welch ausgezeichnetes Talent man in ihm begrüßt.

Zu den näheren Umgebungen von Stockholm gehört vor Allem der königl. Thiergarten. In dieser Art wird man nicht leicht etwas Schöneres sehen können. Es ist dieß ein sehr großer, prachtvoller Naturpark, mit einer endlosen Folge von Waldungen, Wiesen, Hügeln und Felsen. Dazwischen liegen allerliebste Landhäuser mit duftenden Blumengärten, und geschmackvolle Kaffee- und Gasthäuser, die an schönen Sonntagen von Städtern überfüllt sind. – Treffliche Fahrstraßen ziehen sich durch und um den Park, und bequeme Gehsteige führen auf allen Seiten zu den herrlichsten Aussichten über See und Land.

An einem freundlichen Plätzchen steht eine Büste des bekannten und beliebten Dichters Bellmann, dem zu Ehren da alljährlich ein fröhliches Fest abgehalten wird.

Tiefer im Thiergarten liegt das sogenannte Rosenthal, ein wahres kleines Eden. – Der letzt verstorbene König hatte dieß Plätzchen so lieb, daß er manche Stunde in dem Lustschlößchen zugebracht haben soll, das hier ganz einsam inmitten von Blumenbeeten und Waldungen liegt. Vor dem Schlößchen steht ein herrliches Becken, das aus einem Stück Porphyr gearbeitet ist. Man wollte behaupten, daß es das größte in Europa sei, doch halte ich jenes, welches man im Museum zu Neapel sieht, für bei weitem größer.

In diesem Garten brachte ich noch die letzten angenehmen Stunden mit der aus Finnland stammenden, höchst liebenswürdigen Familie Boje zu, welche ich auf der Reise von Gothenburg nach Stockholm kennen gelernt hatte. Doppelt unvergeßlich wird mir daher dieser schöne Park bleiben.

Einen zweiten recht angenehmen Ausflug machte ich nach dem königl. Schlößchen Haga, nach dem großen Friedhofe und dem Militär-Erziehungshause Karlberg.

Das königl. Schlößchen Haga ist von einem großartigen Park umgeben, an welchem die Kunst wenig nachzuhelfen hatte; er besteht aus den schönsten Wald- und Wiesenpartieen, aus majestätischen Alleen und niedlichen Hügeln; überall durchkreuzen sich prächtige Fahr- und Gehwege. – Das Schlößchen selbst ist so außerordentlich klein, daß man die Genügsamkeit der Herrscherfamilie nicht genug bewundern kann. Es soll aber auch ihr kleinster Sommersitz sein.

Diesem Parke beinah gegenüber liegt der große Friedhof; er besteht erst seit 17 Jahren und ist daher eine noch etwas junge Anlage. Bei Friedhöfen anderer Länder würde dieß zwar nicht viel zu sagen haben, allein in Schweden dienen sie zugleich zu Spaziergängen, und sind mit Alleen durchschnitten, mit Bosketten geziert, und mit Bänken zum Ausruhen versehen. Dieser Friedhof ist von einem düstern Tannenwald umgeben, und scheint dadurch wirklich so ganz von der Außenwelt abgeschlossen zu sein. Er ist der einzige außer der Stadt; alle übrigen liegen an den Kirchen zwischen den Häusern, deren Fronten oft unmittelbar ihre Wände bilden. – Und noch gegenwärtig haben da Begräbnisse statt; – das heiße ich doch, sich mit dem Gedanken des Todes befreunden.

Von dem großen Friedhofe führt eine schöne Fahrstraße durch den Wald nach dem nahen Karlberg; hier ist die Erziehungsschule der Land- und Seekadeten. Die zu dieser Anstalt gehörigen ausgedehnten Gebäude liegen auf einem Felsberg, der auf einer Seite von einem kleinen Arm des See's umspühlt wird, auf der andern von schönen Park-Anlagen umgeben ist.


Ehe ich Stockholm verließ, ward mir noch die Ehre zu Theil, Ihrer Majestät, der regierenden Königin vorgestellt zu werden. Ihre Majestät hörten von meinen Reisen, und nahmen ein ganz besonderes Interesse an jener von Palästina. – Ich erhielt auch in Folge dieser Auszeichnung die besondere Erlaubniß, das Innere des ganzen Palastes besehen zu dürfen. Obwohl er schon bewohnt war, führte man mich doch, nicht nur in alle Gesellschaftssääle, sondern auch in die Wohnzimmer des ganzen Hofes. – Von der hier herrschenden Pracht, von den Kunstschätzen jeder Art, von der überreichen Einrichtung und von dem in Allem ausgesprochenen Geschmack wäre so viel zu erzählen, daß ich gar nicht wüßte, wo anzufangen und wo aufzuhören. Ich war ganz bezaubert von all den gesehenen Schätzen und Herrlichkeiten, noch mehr aber von der wahren Herzlichkeit und dem Antheile, mit welchem sich Ihre Majestät mit mir über Palästina unterhielten. Ewig werden mir diese Augenblicke, als schöne Lichtpunkte meiner nordischen Reise im Gedächtnisse fortleben.

Fahrt nach dem alten königlichen Schlosse Gripsholm in Mälarsee.

Alle Sonntage Morgens 8 Uhr geht von Stockholm ein kleines Dampfboot nach diesem Schlosse ab; die Entfernung beträgt bei 8 Meilen, welche in 4 Stunden zurück gelegt werden; es bleibt daselbst 4 Stunden, und kehrt dann Abends wieder nach Stockholm zurück. – Dieser Ausflug ist höchst interessant, obwohl man den größten Theil derselben Strecke über den See fährt, welchen man schon auf der Fahrt von Gothenburg gemacht hat. Nur die letzte Meile biegt man ab in eine schöne Bucht, an deren Ende das schöne Schloß Gripsholm liegt. Dieses Schloß zeichnet sich sowohl durch seine Größe, als auch durch seine Bauart, und seine kolossalen Erkerthürme aus. Leider ist es aber auch mit der überhaupt in ganz Schweden so beliebten ziegelrothen Farbe angestrichen.

Im Vorhofe stehen zwei ungeheure große prächtig gearbeitete Kanonen, welche die Schweden einst in einem Kriege den Russen abgenommen haben.

Die Gemächer des Schlosses, die alle noch in gutem Stande erhalten werden, bieten an innerer Einrichtung weder Pracht noch Verschwendung, ja man könnte beinahe sagen, das Gegentheil davon dar. Nur das überaus niedliche Theater macht hiervon eine Ausnahme; in diesem sind die Seitenwände von oben bis unten mit Spiegeln eingelegt, die Zwischenpfeiler vergoldet, und die königliche Loge mit kostbarem rothen Sammte ausgeschlagen. – Seit Gustav dem III. wurde hier nicht mehr gespielt.

Besonders merkwürdig sind an diesem Schlosse die ungeheuer massiven Mauern; in den untern Erdgeschoßen messen sie gewiß drei Ellen in der Dicke.

Die obern Gemächer sind alle groß und hoch, und man genießt von den meisten Fenstern eine herrliche Aussicht auf den See. – Seufzend wendet man aber den Blick von diesen schönen Bildern, denkt man an die traurigen Begebenheiten, welche in diesem Schlosse einst statt hatten.

König Johann der III. und König Erich der XIV., Letzterer mit vier Räthen, die dann enthauptet wurden, saßen Jahre lang als Gefangene hier.

Das Gefängniß Johann des III. wäre gerade nicht so schlecht zu nennen gewesen, in so ferne man ein Gefängniß gut nennen kann. – Der König war auf einen großen, herrlichen Saal angewiesen, welchen er aber nicht überschreiten durfte und welchem er daher gewiß jede Bauernhütte mit dem Rechte der Freiheit vorgezogen haben würde. – Seine Gemahlin bewohnte zwei kleine Gemächer an der Seite des Saales; – sie wurde nicht als Gefangene betrachtet, und konnte ihre Wohnung nach Gefallen verlassen. – Hier wurde ihm sein Sohn Sigismund, im Jahre 1566 geboren; man zeigt noch das Zimmer und das Bett seiner Geburt.

Lange nicht so gut erging es Erich dem XIV. Dieser König wurde in enger und finsterer Haft gehalten. Ein kleines ganz schmuckloses Gemach, mit schmalen und ganz vergitterten Fensterchen in einem der runden Thürme diente ihm zum Gefängnisse. Der Eingang war mit einer festen, eichenen Thüre geschlossen, in welcher eine kleine Oeffnung angebracht war, durch welche man ihm die Nahrung reichte. Zu noch größerer Sicherheit schloß sich über diese hölzerne Thüre noch eine eiserne. – Außen um das Gemach lief rund herum ein schmaler Gang, in welchem die Wachen ihren Posten hatten, und stets durch die vergitterten Fenster auf den Gefangenen sehen konnten. Man zeigt noch an einem der kleinen Fenster die Stelle, an welchem der König stundenlang gestanden haben soll, den Kopf auf die Hand gestützt, und in das Freie sehend. – Mit welchen Empfindungen mag er da hinauf zu dem schönen Himmel, auf das üppige Grün, und auf den herrlichen See gestarrt haben! Wie viele Seufzer des Unglücklichen mögen da verhallt sein, – wie viele schlaflose Nächte mag er vertrauert, – wie viele Stunden – in den zwei langen Jahren – in banger Erwartung der Zukunft dahin gebracht haben!! –

Der Mann, der uns da herum führte, behauptete, der Fußboden sei an diesem Orte mehr ausgetreten, als in jedem andern, und auch der Ziegelstein am Fenster sei von dem aufgestützten Elbogen ausgewetzt; – ich bemerkte jedoch nichts von Beidem.

Der König war hier zwei Jahre eingeschlossen und wurde dann in ein anderes Gefängniß gebracht.

In diesem Schlosse befindet sich eine ziemlich bedeutende Bildergallerie. Sie enthält meistens Bildnisse von Regenten, nicht nur des schwedischen, sondern auch anderer Reiche, vom Mittelalter angefangen bis auf die jüngste Zeit. – Auch die Bildnisse berühmter Räthe, Generäle, Maler, Poeten, Gelehrten, dann jene ausgezeichneter Schwedinen, die sich um ihr Vaterland verdient gemacht haben, – und vorzüglicher Schönheiten der Frauenwelt haben hier Platz gefunden. – Auf jedem Bilde steht der Name und das Geburtsjahr des Dargestellten, und man kann sich daher seine Lieblinge aussuchen, ohne eines Cataloges, oder der langweiligen Erläuterung eines Cicerone zu bedürfen. – Was die Richtigkeit der Zeichnung, und die Schönheit des Colorits betrifft, bliebe freilich wohl bei den meisten viel zu wünschen übrig, doch wollen wir glauben, daß vielleicht die Aehnlichkeit dafür entschädige.

Auf der Rückfahrt waren mehrere Herren so gütig, mich auf einige interessante Punkte des See's aufmerksam zu machen. Dazu gehört Kakeholm, wo er seine größte Breite erreicht, die Felsinsel Esmoi, auf welcher eine Schwedin eine Schlacht gewann, Norsberg, ebenfalls durch eine Schlacht berühmt, und Sturrehof, die schöne Besitzung einer großen schwedischen Familie. – Bei Bjarkesoe sieht man ein einfaches Kreuz. Hier soll das Christenthum in Schweden zuerst eingeführt worden sein. – Ueberhaupt hat der Mälarsee außer dem Reize seiner ewig wechselnden Naturschönheiten auch noch so viele geschichtliche Erinnerungen, daß er dadurch einer der interessantesten Seen, nicht nur von Schweden, sondern von ganz Europa wird.

Reise von Stockholm nach Upsala und den Eisen-Bergwerken von Danemora.

12. September.

Zwischen Stockholm und Upsala besteht ein sehr großer Verkehr. Täglich, nur die Sonntage ausgenommen, geht von beiden genannten Orten ein kleines Dampfschiff über den Mälarsee, welches die Entfernung von neun deutschen Meilen in sechs Stunden zurücklegt.

Durch diese bequeme Gelegenheit angezogen, so leicht und schnell nach der berühmten Stadt Upsala zu kommen, und von der ungemein schönen Witterung angelockt, nahm ich eines Abends einen Platz zu dieser Fahrt, und war am darauf folgenden Morgen höchst unangenehm überrascht, als der Regen sich in Strömen ergoß. – Doch wollte man sich durch dergleichen Zufälligkeiten abhalten lassen, würde man nicht weit kommen. – Ich schiffte mich also um halb acht Uhr Morgens getrost ein, und kam zwar glücklich in Upsala an, war aber dießmal so recht wie eine verpackte Waare gereist. – Ich mußte beständig im Saale sitzen bleiben, und konnte nicht einmal die spärliche Aussicht durch die Kajüten-Fensterchen genießen; denn von außen schlug der Regen heftig an sie an, und von innen waren sie wegen der übergroßen Hitze ganz angelaufen. Ich begab mich dießmal ganz gegen meine Gewohnheit gar nicht auf das Deck, ich hoffte bei der Rückkehr wohl besseres Wetter zu treffen, und dann das Versäumte nachholen zu können.

Gegen drei Uhr endlich, als ich schon über eine Stunde in Upsala saß, heiterte sich das Wetter auf, und ich ging nun aus, um die Merkwürdigkeiten dieser Stadt zu besehen.

Vor Allem andern besuchte ich den schönen Dom. – Mit Bewunderung blieb ich am Haupteingange stehen, und betrachtete die hohe Decke, die auf zwei Reihen von Säulen ruht, und sich über die ganze Kirche spannt. – Keine Kuppel macht eine Unterbrechung; Alles läuft in einer geraden schönen Linie fort. – Das Innere der Kirche ist schmucklos, nur hinter dem Hauptaltare befindet sich eine schöne Kapelle, deren Wölbung himmelblau gemalt und mit goldenen Sternen durchwirkt ist. In dieser Kapelle ruht Gustav I. in Mitte seiner beiden Gemahlinen. Das Monument, welches die Gruft deckt, ist zwar groß und von Marmor, aber kunst- und geschmacklos. Es stellt einen Sarcophag vor, auf welchem die drei Körper in Lebensgröße ruhen. Ein Baldachin, ebenfalls von Marmor, wölbt sich darüber. – An den Wänden der Kapelle sind in hübschen Fresko-Gemälden, die wichtigsten Momente aus dem Leben dieses Monarchen dargestellt. – Unter diesen zeichnen sich besonders zwei aus – der eine, wie er als Bauer gekleidet gerade in demselben Augenblick in die Hütte eines Bauers tritt, als man sich vor derselben eifrig nach ihm erkundigt, – der andere, wie er ebenfalls als Bauer gekleidet auf einer Tonne steht, und eine Anrede an sein Volk hält. – Zwei große Tafeln, in breite Goldrahmen gefaßt, und ebenfalls als Fresko gemalt, enthalten in schwedischer Sprache – und nicht in lateinischer, wie es leider bei dergleichen Inschriften so häufig der Fall ist – die Erklärung der Gemälde. – Jeder Eingeborne kann sich daraus leicht mit der Geschichte dieses Königs bekannt machen.

In den verschiedenen Seitenkapellen stehen noch mehrere Monumente: das der Katharina Magelone, Johann's III., Gustav Erichson's, welcher geköpft wurde, und das der beiden Brüder Sturre, welche ermordet wurden. – Das Monument des Erzbischofes Menander von weißem Marmor ist eine geschmack- und kunstvolle Arbeit neuerer Zeit. In dieser Kirche ruht auch unter einer einfachen Steinplatte der große Linnée. Sein Monument steht jedoch nicht über dem Grabe, sondern in einer der Nebenkapellen, und besteht aus einer wunderschönen, dunkelbraunen Porphyr-Platte, an welcher sein Bildniß en relief angebracht ist.

Eine besondere Aufmerksamkeit verdient die prachtvolle Orgel, welche beinahe bis an die Decke der Kirche reicht.

In der Schatzkammer, die eben nicht große Reichthümer besitzt, sind hinter einem Glaskasten die mit Blut befleckten und mit Dolchstichen durchlöcherten Kleidungsstücke der unglücklichen Brüder Sturre aufbewahrt. – Auch steht hier eine aus Holz geschnitzte Bildsäule des Heidengottes Thor. Dieses hölzerne Machwerk scheint ursprünglich ein Ecce Homo gewesen zu sein, der vielleicht einstens irgend eine Dorfkapelle schmückte, dann von einem Ungläubigen geraubt, und noch mehr verstümmelt wurde, als es bereits der Schöpfer, der durchaus kein Jünger der Kunst gewesen sein konnte, gethan hatte. Jetzt glich es vollkommen einer abscheulichen Vogelscheuche.

Der Kirchhof, welcher unweit der Kirche ist, zeichnet sich durch seine Größe und Schönheit ganz vorzüglich aus. Er ist von einer zwei Fuß hohen Steinmauer umgeben, auf welcher ein ebenfalls zwei Fuß hohes eisernes Geländer, durch niedere Steinpfeiler unterbrochen, fort läuft. Von mehreren Seiten führen Stufen über diese vier Fuß hohe Einfassung in den Friedhof. – Auch in diesem Friedhofe, wie in jenem von Stockholm, glaubt man sich in einem lieblichen Garten mit großen Alleen, Lauben, Wiesenteppichen u. s. w. versetzt zu sehen, nur schöner und herrlicher wie dort, weil die Anlagen hier schon viele Jahre zählen mögen. Die Grabeshügel liegen hier von den Lauben halb verborgen. Viele waren mit Blumen und Blumenkränzen geziert, oder mit Rosenhecken umgeben. Wenn man diesen Friedhof oder vielmehr diesen Garten sieht, sollte man beinahe denken, er sei eben so für die Lebendigen zum Lustwandeln, wie für die Todten zur Ruhe bestimmt.

Die Monumente zeichnen sich durch nichts aus. Nur zwei darunter sind merkwürdig; sie bestehen aus ungeheuren Felsplatten in rohem Zustande, die aufrecht auf den Grabeshügeln stehen. Der eine dieser Hügel gleicht noch überdieß vollkommen einem Berge; er deckt die Asche eines Generals, und wäre wahrlich groß genug, auch noch seine ganze Mannschaft zu beherbergen. – Vermuthlich haben seine Verwandten die Grabeshügel von Troja zu Vorbildern genommen. – Auch die Zeichen auf dieser colossalen Felsentafel waren ganz ungewöhnlicher Art, und, so viel mir schien, waren es Runenzüge. – Die guten Leute vereinten also hier zwei Sachen des höchsten Alterthums ganz entgegengesetzter Reiche.

Das Universitäts- oder Bibliotheks-Gebäude in Upsala ist groß und schön; es liegt auf einem kleinen Hügel, und bildet gegen die Stadt eine schöne Fronte. Im Hintergrunde schließt sich ein Park daran, der jedoch noch etwas jugendlich ist.

Unweit von diesem Gebäude auf demselben Hügel steht ein königl. Schloß, welches durch seine ziegelrothe Farbe besonders auffällt. – Es ist sehr groß, und an seinen beiden vordern Eckseiten sind massive, runde Thürme angebaut.

An der Rückseite des Schlosses, in der Mitte des Vorplatzes, steht eine mehr als lebensgroße Büste Gustav des Ersten. Einige Schritte davon entfernt sind zwei künstliche Hügel gleich Bastionen errichtet, auf welchen einige Kanonen aufgepflanzt sind. Von hier, als den höchsten Standpunkten in der ganzen Umgebung, hat man die beste Uebersicht über Stadt und Gegend.

Das Städtchen selbst ist halb von Holz, halb von Stein erbaut, und sieht allerliebst aus; es ist von breiten schönen Straßen durchzogen, und mit vielen artigen Gartenanlagen geziert. Nur Eines mißfiel mir – die dunkle braunrothe Farbe der Häuser, die bei scheidendem Sonnenlichte einen eigenthümlich düstern Anblick gewährte.

Die Umgebung besteht aus einer weithin ausgedehnten Ebene, die zum Theil sehr fruchtbar ist. Zwischen die hellgrünen Wiesen und die gelbschimmernden Stoppelfelder lagern sich häufig dunkle Waldstreifen, und schon aus weiter Ferne sieht man den Silberfaden des Flußes Fyris, der sich dem See zuschlängelt. Den Hintergrund bilden dunkle Wälder, in deren Schatten sich der Blick verliert. – Dörfer sah ich wenige, es müßte nur sein, daß sie von Bäumen verdeckt waren.

Viele schöne Fahrstraßen durchschneiden und durchkreuzen diese Ebene.

Bevor ich meinen Standpunkt auf den Bastionen vor dem königlichen Schloß verließ, warf ich noch einen Blick auf den Schloßgarten, welcher unten am Hügel zu meinen Füßen aufgedeckt lag, und durch eine Straße vom Schloße getrennt ist; er scheint nicht sehr groß, aber recht hübsch zu sein.

Gerne hätte ich auch noch den botanischen Garten besucht, der unweit der Stadt liegt und Linnée's Lieblingsaufenthalt war, – doch die Sonne verschwand hinter den Bergen, und ich begab mich in mein Stübchen, mich auf die morgige Reise nach Danemora zu bereiten. – – Eine herrlichgearbeitete Büste Linnées soll die Hauptzierde jenes Gartens sein.

13. September.

Um vier Uhr Morgens verließ ich Upsala, um nach dem weltberühmten Eisenbergwerke Danemora zu fahren, welches 7 Meilen von hier entfernt ist. Ich fuhr so zeitlich aus, um ja gewiß vor 12 Uhr Mittags einzutreffen, da um diese Stunde in den Gruben gesprengt wird, und selbe dann geschlossen werden. – Man sagte mir schon, wie langsam das Reisen auch in diesem Lande von statten gehe, wie lange man überall durch das Wechseln der Pferde aufgehalten werde, und so mußte ich viel Zeit vor mir haben, um zu rechter Zeit an Ort und Stelle gelangen zu können.

Ungefähr eine halbe Meile hinter Upsala liegt Alt-Upsala (Gamla-Upsala). Ich sah nur im Vorüberfahren die alte Kirche und die Grabeshügel, von welchen drei ganz besonders groß, die andern kleiner sind. Man vermuthet, daß diese Hügel die Leichname schwedischer Könige bergen. – Ich sah ähnliche Hügel – Tumuli – auf meiner Reise in Griechenland, und zwar an der Stelle wo Troja gestanden sein soll. – Die Kirche wird nicht als Ruine geehrt; sie muß noch immer Dienste leisten, und ich sah mit Wehmuth an diesem altersgrauen Gebäude manche Stelle untermauert, und mit frischem Kalk übertüncht.

Auf dem halben Wege zwischen Upsala und Danemora liegt ein großes Schloß, das sich aber weder durch eine besondere Bauart, noch durch eine reizende Lage oder sonst irgend etwas auszeichnet. – Endlich sieht man den Fluß Fyris und den bedeutend langen See Danemora. Beide sind ganz mit Schilf und Gras überwachsen, und haben flache, einförmige Ufer. Ueberhaupt bietet die ganze Reise sehr wenig Abwechslung; man bleibt fortwährend in einer Ebene, und sieht nur Felder, Waldungen und Felsblöcke. Letztere sind noch das Interessanteste, weil man nicht begreifen kann, wie sie eigentlich hierher kamen. Berge und Hügel sind nämlich weit entfernt, und die Ebene selbst hat durchaus keinen felsigen Boden.

Das Oertchen Danemora liegt mitten im Walde, und besteht nur aus einer kleinen Kirche und einigen größern und kleinern zerstreut liegenden Häusern. Bevor man noch das Oertchen erreicht, ahnt man schon die Nähe der Gruben. Große, mächtige Anschichtungen von Steinen, welche fortwährend aus den Gruben geschafft werden, decken bedeutende Räume. Pferde sind beschäftiget, große Räder zu treiben, und Maschinen, Schleifen, Seile u. dgl. mehr sieht man überall gezogen.

Ich war glücklich zu rechter Zeit gekommen, und konnte den Sprengungen noch beiwohnen. – Am interessantesten sind sie in der großen Grube, deren obere Oeffnung so außerordentlich groß ist, daß man, um die Menschen in der Tiefe arbeiten und schaffen zu sehen, gar nicht nöthig hat hinab zu steigen; – man sieht Alles von oben. Es ist dieß ein unbeschreiblich schöner, einziger Anblick. – Wie ein Bild der Unterwelt erscheint der 480 Fuß tiefe Schlund. Man sieht colossale Thore und Eingänge, die in die Stollen führen, so wie Felsenbrücken, Vorsprünge, Bogen und Höhlen, die sich an den Wänden bilden, und bis an die Oberwelt reichen. – Die Menschen erscheinen da unten gleich beweglichen Püppchen; – man ist kaum im Stande ihren Bewegungen zu folgen, und muß erst das Auge an die Tiefe und an die unten herrschende Dämmerung gewöhnen. – Letztere ist jedoch nicht sehr bedeutend, ich konnte sogar mehrere Leitern unterscheiden, die mir wie Kinderspielzeug vorkamen.

Es war schon nahe an 12 Uhr, und die Arbeitsleute verließen die Gruben, nur jene blieben zurück, die mit den Minen zu thun hatten. – Das Heraufziehen geschieht hier mittelst kleiner Tonnen, die an Stricken hängen, und durch eine Winde gehoben werden. Es sieht wirklich schauerlich aus, die Menschen auf einem so kleinen Fahrzeuge herauf schweben zu sehen, besonders da oft zwei bis drei Arbeiter in einer Tonne beisammen sind, von welchen der Eine in der Mitte steht, während die beiden Andern auf den Rändern reitend sitzen.

Ich hätte mich gerne in die große Grube hinabgelassen, allein für heute war es schon zu spät, und bis an den andern Tag wollte ich nicht warten. Das Hinablassen hätte ich nicht gefürchtet, indem ich mit derlei Fahrten schon von frühern Zeiten her vertraut war. Ich hatte nämlich vor mehreren Jahren die berühmten Salzbergwerke von Wieliczka und Bochnia in Galizien besucht, und mich in beide an einfachen Seilen, also auf eine gefährliche Art, als solches hier mit der Tonne geschieht, hinabgelassen.

Mit Schlag 12 Uhr wurden an vier Minen in der großen Grube Lunten gelegt. Der Mann, der dieß that, lief hierauf mit größter Eile davon, und verbarg sich hinter einer Steinwand. – Nach einigen Minuten sah man das Pulver aufblitzen, und einige Steine in die Höhe fliegen, dann hörte man von allen Seiten ein fürchterliches Gekrache, und zum Schlusse das Rollen und Fallen der gesprengten Massen. Mehrfache kräftige Wiederholungen des Echo's verkündeten die schreckliche Explosion im Innern des Bergwerkes. Der Eindruck, den dieß Alles hervorbrachte, war ein wahrhaft schauerlicher. – Kaum daß noch die erste Mine ausgetobt hatte, fing schon die zweite, dritte u. s. w. an. – Dergleichen Minen werden täglich in verschiedenen Gruben gelegt.

Die andern Gruben sind noch tiefer, die tiefste hat 600 Fuß; aber ihre Oeffnungen sind kleiner und gehen auch nicht immer senkrecht hinab, wodurch sich der Blick dann in der Finsterniß verliert, was einen gar unheimlichen Eindruck macht. Mit beklommener Brust starrt man in diese dunkeln Räume und sucht vergebens etwas unterscheiden zu können. – Ich möchte um keinen Preis ein Bergmann sein; abgeschieden von dem Tage, von der Sonne, könnte ich das Leben kaum ertragen. – Ich wandte meinen Blick ab von den finstern Gruben, und warf ihn freudig auf die liebliche Landschaft, die im hellen Sonnenlichte erglänzte.

Noch denselben Tag kehrte ich nach Upsala zurück.

Ich hatte diese kleine Reise mit der Post versucht, werde aber meinen Lesern nur die Facta erzählen. Eine umfassende Meinung über das gute oder schlechte Fortkommen in diesem Lande kann ich unmöglich abgeben, da diese kleine Tour mehr einer Spazierfahrt als einer Reise glich.

Da ich keinen eigenen Wagen gemiethet hatte, mußte ich auf jeder Station ein anderes Fuhrwerk besteigen. Diese Fuhrwerke bestanden aus zweirädrigen ganz ordinären hölzernen Karren. Der Sitz wurde aus Heu gemacht, und mit dem Kotzen des Pferdes bedeckt. – Wären die Wege nicht so ausgezeichnet gut, würde man auf diesen Wagen wohl fürchterlich durchgeschüttelt werden. So aber muß ich sagen, daß ich mit ihnen besser fuhr, als mit jenen, zwar lakirten Kariolen der Norweger, in welchen ich ausgestreckt und eingepreßt fortwährend in derselben Stellung verbleiben mußte.

Die Stationen sind ungleich, bald länger bald kürzer. Die Postpferde werden hier wie in Norwegen von wohlhabenden Bauern besorgt, die man hier Dschusbauern nennt. Jeden Abend muß ein solcher Dschusbauer eine bestimmte Zahl Pferde zusammenbringen, um am folgenden Tag die Reisenden weiter befördern zu können. – Kömmt der Reisende, so findet er auf jeder Station ein Buch, aus welchem er ersehen kann, wie viele Pferde der Bauer hat, wie viele Fremde bereits expedirt wurden, und wie viele Pferde noch im Stalle stehen. Auch er muß seinen Namen, die Stunde der Abfahrt, und die Zahl der Pferde einzeichnen, deren er bedurfte. Auf diese Art ist den Betrügereien doch ziemlich Einhalt gethan; man kann sich von Allem überzeugen, und seine Forderungen darnach einrichten.

Geduld muß man aber auch hier haben, obwohl bei weitem nicht so viel, wie in Norwegen. Bis der Wagen in Stand gesetzt war, bis das Pferdegeschirr und endlich das Pferd selbst herbeigeschafft wurde, vergingen zwar immer 15-20 Minuten, aber auch nie mehr, und ich muß diesen schwedischen Postmeistern nachsagen, daß sie sich, so viel ihnen möglich war, beeilten, und nie ein doppeltes Fahrgeld verlangten, obwohl sie, besonders auf meiner Hinreise, wissen mochten, daß ich Eile hatte. – Das schnelle oder langsame Fahren hängt natürlich von der Güte des Pferdes, und von dem Willen des Kutschers ab. – In keinem Lande aber ist mir ein solches Schonen der Pferde vorgekommen, wie hier. Es ist wirklich lächerlich zu sehen, welch kleine Last zu Wagen, die mit Getreide, Ziegeln, Holz u. s. w. beladen sind, zwei Pferden aufgebürdet, und wie langsam und schläfrig gefahren wird.

Eine schreckliche Plage für Fahrende sind die unzähligen hölzernen Gitter, welche die Straßen in so viele Theile theilen, als Gemeinde-Gründe an derselben liegen. – Der Kutscher muß oft in einer Stunde mehr als 6-8 Mal absteigen, um diese Gitter zu öffnen und zu schließen. – Selbst auf der großen Poststraße sollen diese angenehmen Gitter nicht fehlen, und nur nicht gar so häufig vorkommen, wie auf den Nebenstraßen.

Der Holzreichthum muß hier so groß sein, wie in Norwegen; Alles ist eingezäunt, ja selbst Gründe, die so schlecht aussehen, daß sie gewiß des Zaunes und der Arbeit nicht werth sind.

Die Dörfchen, die ich theils berührte, theils seitwärts liegen sah, waren mitunter recht niedlich und freundlich. Auch die Hütten, deren manche ich während des Pferdewechsels besuchte, fand ich meist ziemlich nett und wohnlich eingerichtet.

Die Bauern haben in dieser Gegend eine sehr sonderbare Tracht. Die Männer, auch oft sogar die Knaben, tragen lange, dunkelblaue, tüchene Ueberröcke, und auf dem Kopfe tüchene Käppchen, so daß sie von ferne gesehen, beinahe Herren im Reiseanzuge gleichen. Komisch läßt es nun, so viel vermeinte Herren hinter den Pflügen gehen, oder Gras hauen zu sehen. – In der Nähe hat das Ding freilich ein ganz anderes Aussehen; da bemerkt man die meist abgerissenen und schmutzigen Kleider – und sieht, daß sie unter diesen Röcken auch noch lederne Schurzfelle tragen, wie bei uns die Zimmerleute. An der Tracht der Weiber fand ich nichts Eigenthümliches, als daß sie ebenfalls ärmlich und abgerissen war. – Was Kleidung und Fußbedeckung betrifft, stehen sowohl die Schweden, als auch die Norweger hinter den Isländern, – während Betreffs der Wohnungen Jene voraus sind.

14. September.

Heute machte ich die Fahrt auf dem Mälarsee zurück nach Stockholm. Das Wetter begünstigte mich mehr, als auf der Herreise, und ich konnte die ganze Zeit auf dem Decke bleiben. – Nun erst bemerkte ich, daß wir eine ganze Meile auf dem Fluße Fyris fuhren, dessen flaches Bett sich durch Waldungen und Wiesen dem See zuschlängelt.

Die große Ebene, auf welcher Neu- und Alt-Upsala liegen, verliert man bald aus dem Gesichte, und nachdem man zwei Brücken passirt hat, gelangt man unmittelbar in den Mälarsee, der sich anfangs als große Wasserfläche ausbreitet, und keine Insel zeigt. Seine Ufer sind mit niedrigen, bewaldeten Hügeln umfaßt. Doch bald kömmt man wieder in die Regionen der Inseln; die Wasserfahrt gewährt nun größeres Interesse, besonders da sich auch auf den Ufern immer schönen Bilder entfalten. Eines der ersten ist das nette Gütchen Krusenberg, dessen Schlößchen recht idyllisch auf einem reizenden Hügel liegt. Noch schöner aber und wahrhaft überraschend ist das herrliche Schloß Skukloster, ein großes, schönes und höchst regelmäßiges Gebäude, das mit vier mächtigen, runden Eckthürmen geziert, knapp am See liegt, und von prächtigen Gartenanlagen umgeben ist.

Von diesem Punkte an sind die Partieen des Mälarsee's voll Schönheit und Abwechslung. Jeder Augenblick bietet etwas anderes, etwas herrlicheres. Die Wasser breiten sich bald aus, bald werden sie wieder von den Inseln und Felsen eingeengt und in förmliche Kanäle gedämmt. – Vorzüglich gefielen mir jene Stellen, um welche die Inseln so beisammen liegen, daß man gar keinen Ausweg sieht. Plötzlich öffnete er sich dann zwischen ihnen, und man sah wieder eine neue Abtheilung des Sees. An den Ufern werden die Hügel immer höher, die Vorsprünge derselben immer bedeutender, und schöne Inselgruppen schließen sich derart an, daß man sie von ferne für vorgeschobene Theile des Landes hält, und erst in der Nähe ihre Selbstständigkeit erkennt.

Höchst malerisch nimmt sich das Städtchen Sixtunä aus, das in einem reizenden kleinen Thale liegt, in welchem auf allen Seiten Ruinen, besonders solche von runden Thürmen hervorragen. Diese Ruinen sollen noch Reste der alten Römerstadt Sixtum sein. Die neue Stadt behielt, wahrscheinlich zur Erinnerung, den Namen ihrer Vorgängerin bei.

Die hierauf folgende Partie bietet dem Auge Klippen und Felswände, die sich in die Tiefe des Sees senken, und deren Nähe bei einem Sturme nicht sehr erfreulich wäre. – Vom Schloße Rouse sieht man nur drei schöne Kuppeln aus dem Walde ragen; ein neidischer kahler Hügel verbirgt dem spähenden Auge das Uebrige. – Noch sieht man ein Schloß, Besitzthum eines Privaten, das durch seine Größe sehr in die Augen fällt, sonst aber nichts Ausgezeichnetes an sich hat. – Die letzte der Merkwürdigkeiten ist die Nokeby-Brücke, welche eine der längsten in Schweden sein soll. Sie verbindet das feste Land mit der Insel, auf welcher das königliche Schloß Drottingholm steht. – Von dieser Stelle erblickt man alsobald die Stadt Stockholm, und lenkt auch in den Theil des Mälarsees ein, an welchem sie liegt. – Um zwei Uhr Nachmittags erreichten wir glücklich wieder die Hauptstadt Schwedens.

Von Stockholm nach Travemünde und Hamburg.

Am 18. September sagte ich Stockholm »Lebewohl« und schiffte mich Mittags 12 Uhr auf dem Dampfboote Svithiold, mit 100 Pferdekraft, ein, um nach Travemünde zu fahren.

Ich glaube, daß nicht leicht eine Ueberfahrt theurer ist, wie diese. Die Entfernung beträgt bei 500 Seemeilen, die man gewöhnlich in dritthalb bis drei Tagen zurücklegt; dafür bezahlt man auf dem zweiten Platze ohne Kost 43 Bankthaler, oder nach unserm Gelde 35 fl. CM. Die Kost ist ebenfalls unendlich theuer, und noch dazu spielt der Kapitain auch die Rolle des Gastwirthes; man kann sich daher bei einer vorkommenden Prellerei oder Unzufriedenheit an Niemanden wenden, und muß Alles geduldig ertragen.

Nichts that mir so wehe, als da ich sah, wie sich einer der ärmeren Reisenden, der sehr an der Seekrankheit litt, an den Kellner wandte um eine Suppe zu bekommen, und wie dieser ihn an den gutmüthigen Kapitain wies, der dann rund heraus erklärte: er werde keine Ausnahme machen, und man müsse für eine Tasse Suppe so viel bezahlen, wie für die ganze Mittagskost. – Der Arme – er mußte also entweder der für ihn so wohlthuenden Suppe entsagen, oder jeden Kreuzer zusammen suchen, um täglich einige Bankthaler ausgeben zu können. – Glücklicherweise befanden sich einige wohlthätige Menschen auf dem Schiffe, welche für ihn die Mittagskost bezahlten. – Einige der Herren führten ein paar Flaschen Wein mit sich, dafür mußten sie beinah so viel Taxe zahlen, als der Wein werth war.

Zu all diesen Annehmlichkeiten kömmt auf einem schwedischen Dampfschiffe auch noch jene, daß man bei nur etwas ungünstigem Wetter gar nicht vom Flecke kömmt. – Vermuthlich sind die Maschinen zu schwach; wenigstens behaupteten dieß Viele der Reisenden. – Wir hatten nur etwas Gegenwinde und hohes Meer, aber bei weitem keinen Sturm, und doch verspäteten wir uns schon auf der ersten Hälfte des Weges, auf der Fahrt von Stockholm nach Calmar, um 24 Stunden. In Calmar warfen wir Anker und warteten auf bessern Wind. – Ein paar Herren, deren Geschäfte zu Lübeck sehr dringend waren, verließen hier das Dampfboot und setzten ihre Reise zu Lande fort.

Anfänglich hat die Ostsee den Charakter des Mälarsee's. Inseln, Klippen, Felsen, große und kleine Wasserbecken u. s. w. erscheinen immer wechselnd und schön. Rechts sieht man im Hintergrunde die unendlich lange hölzerne Brücke Lindenbrog, die eine Insel mit dem Festlande verbindet.

An dem Ende eines der Becken, in die man einlenkt, liegt das Städtchen Wachsholm, und diesem gegenüber auf einer kleinen felsigen Insel ein herrliches Festungswerk mit einem kolossalen runden Thurme. – Nach der Zahl der Kanonen, welche auf den Wällen aufgepflanzt sind, zu urtheilen, muß diese Festung zu einer der wichtigsten gehören. – An ein ähnliches Festungswerk, Friedrichsborg, kamen wir einige Stunden später; es steht jedoch nicht so frei wie das erstere, sondern ist zum Theil von Waldungen umgeben. Wir fuhren in ziemlicher Entfernung vorbei, und konnten nicht viel davon sehen, so wie auch von einem auf der entgegengesetzten Seite gelegenen Schlosse, das ebenfalls von Waldungen umgeben ist und sehr großartig zu sein scheint.

Die See wird nun auf der rechten Seite auf Augenblicke unübersehbar; – doch bald kömmt man wieder auf eine schauerliche Partie nackter Felsen, an deren äußersten Enden die schöne Festung Dolero liegt. Unweit davon hängen an nackten, in die See ragenden Felsen gruppenweise viele Häuser, die einen sehr ausgebreiteten großen Ort bilden.

19. September.

Wir befanden uns heute auf offener, etwas stürmischer See. Erst gegen Mittag kamen wir in den Calmarsund, der links von dem flachen, einförmigen Ufer der 15 Meilen langen Insel Öland, rechts von dem Festlande Schmoland gebildet wird. Vor uns thürmte sich der Inselberg, die Jungfrau, auf, auf welchen Wunderberg jeder Schwede mit Stolz hinweist. Seine Höhe fällt jedoch nur auf, weil Alles rund umher flach und eben ist. – Gegen die stolze, riesige Jungfrau in der Schweiz dürfte er wohl nur als Hügelchen erscheinen.

20. September.

Gestern Abend wurde, des widrigen Windes wegen, Anker geworfen, und erst heute Morgens die Fahrt nach dem Städtchen Calmar fortgesetzt, welches wir gegen 10 Uhr Vormittags erreichten. Das Städtchen liegt auf einer unübersehbaren Ebene, und bietet nicht viel Interessantes. Höchstens könnten die ausgezeichnet schöne Kirche und das sehr alterthümliche Schloß den Wunsch erregen, da einige Stunden verweilen zu dürfen. Uns wurde dieser Wunsch nur zu sehr gewährt. Wind und Wogen schienen sich gegen uns verschworen zu haben, und der Kapitain kündigte uns daher eine ungewisse Frist des Bleibens an. – Man wollte uns anfangs nicht an das Land setzen, da die Wogen zu hoch gingen. Endlich wagte sich doch eines der größeren Boote heran, und die Neugierigsten unter uns wagten es, das schwankende Fahrzeug zu besteigen, und an das Land zu schiffen.

Die Kirche würde man dem äußern Bau nach für ein schönes, aus vergangenen Zeiten stammendes Schloß halten. Vier schöne Eckthürme geben ihr dieses Ansehen, das noch dadurch vermehrt wird, daß die Kuppel das Gebäude nur wenig überragt, und die übrigen Thürme, die hie und da als Zierde angebracht sind, kaum bemerkbar werden. Das Innere der Kirche zeichnet sich durch Größe, Höhe und durch ein besonders schönes Echo aus. Einen ergreifenden Eindruck sollen die Töne der Orgel hervor bringen. – Wir sandten um den Organisten, der aber leider nirgend zu finden war, und wir mußten uns mit dem Echo unserer Stimmen begnügen. – Von da wanderten wir in das kaum zehn Minuten weit entfernte alte königliche Schloß, welches unter der Königin Margaretha im 16. Jahrhundert erbaut wurde. Im Innern ist dieses Schloß so gänzlich verfallen, daß ein längeres Verweilen in den obern Sälen beinahe nicht rathsam wäre. Die untern Gemächer des Schlosses wurden ausgebessert und dienen als Gefängnisse; aus vielen der eisenvergitterten Fenster ragten Arme hervor und flehende Stimmen baten uns Vorübergehende um eine kleine Gabe. – Es sollen sich gegenwärtig über 140 Gefangene hier befinden.

Gegen 3 Uhr Nachmittag ließ der Wind etwas nach, und wir setzten die Reise fort. – Die Fahrt in dem Calmars-Sunde ist höchst einförmig, da man nichts als flache öde Ufer an den Seiten hat; ein Wäldchen gehört schon zu den Seltenheiten.

21. September.

Als ich heute auf das Deck kam, hatten wir den Sund schon lange hinter uns; links umgab uns die offene See, und rechts wechselte das öde Schmoland mit dem noch öderen Schonen ab, das zum Theil so nackt erschien, daß man zwischen den niedrigen kahlen Hügeln kaum ein ärmliches Fischerdörfchen gewahrte.

Um 9 Uhr Morgens warfen wir im Hafen zu Ystadt Anker. Das Städtchen ist ziemlich artig, und besitzt einen geräumigen Platz, welchen das Haus des Gouverneurs, das Theatergebäude und das Rathhaus zieren. Die Gassen sind breit, die Häuser theils von Holz, theils von Stein. Das Interessanteste ist die alterthümliche Kirche, und in ihr ein hölzernes, zum Theil schon sehr beschädigtes Altarblatt, welches in der Sakristei aufbewahrt wird. Wenn auch die Figuren daran etwas plump und unrichtig gearbeitet sind, so muß man doch die Composition und das angebrachte Schnitzwerk bewundern. Nicht zu übersehen sind auch die Reliefs an der Kanzel, und ein schönes Monument, welches rechts vom Hochaltare steht. Alle diese Arbeiten sind in Holz geschnitzt.

Des Nachmittags kamen wir an der dänischen Insel Malmö vorüber.

Endlich, nachdem wir statt 2½ Tagen beinahe 4 Tage auf der See zugebracht hatten, erreichten wir am 22. September Morgens 2 Uhr glücklich den Hafen von Travemünde. Und nun waren meine Seereisen beendet. – Mit Wehmuth schied ich von der See. Die Wasser so ausgebreitet vor sich zu sehen, und auf ihrer spiegelglatten Fläche dahin zu schiffen, ist doch gar zu herrlich. Immer bietet die See ein schönes Bild, selbst wenn sie stürmt und wüthet, wenn sich Wellen auf Wellen thürmen, sich an dem Fahrzeuge brechen und es zu verschlingen drohen, oder wenn das Schiff bald auf ihren Spitzen tanzt, bald in den Abgrund schießt. Ich kauerte oft stundenlang in irgend einem Winkel, klammerte mich an die Schiffswand, und ließ Sturm und Welle über mich ergehen. Ich war durch das viele Reisen auf der See von der unleidlichen Seekrankheit nicht mehr bedroht, und konnte daher ungetrübt diese fürchterlich schönen Naturscenen bewundern und Gott in seinen erhabenen Werken preisen.

Kaum hatten wir im Hafen Anker geworfen, empfing uns ein ganzes Heer von Kutschern, um uns zu Land über Lübeck nach Hamburg zu expediren, – eine Reise von acht Meilen, die man gewöhnlich in neun Stunden zurücklegt.

Travemünde ist ein nettes Oertchen, das eigentlich nur aus einer Gasse besteht, deren Häuser meist Gasthöfe sind. Die Fahrt von hier bis Lübeck – zwei Meilen – ist überaus artig. Eine herrliche Straße, auf welcher die Wagen wirklich nur dahin rollen, führt durch einen anmuthigen Wald an einem Friedhofe vorüber, der an Schönheit selbst jenen von Upsala übertrifft; man würde ihn, sähe man nicht die Monumente, für den kunstvollsten, herrlichsten Park oder Garten halten.

Nichts bedauerte ich so sehr, als nicht einen Tag dem Aufenthalte zu Lübeck widmen zu können. Diese alte Hanseestadt, mit ihren pyramidal erbauten Häusern, mit dem ehrwürdigen Dome und den andern schönen Kirchen, mit dem geräumigen und reinlichen Platze u. s. w. zog mich gar sehr an; aber so mußte ich weiter, und konnte nur in eiliger Durchfahrt Manches bewundern und anstaunen. – Das Pflaster für die Fahrenden und das Trottoir daneben ist so schön und eben, wie in keiner andern nordischen Stadt. Auf den Straßen vor den Häusern stehen häufig hölzerne Kanapee's, auf welchen wahrscheinlich die Inwohner die schönen Abende zubringen. Hier sah ich auch zum ersten Male die funkelnden Hamburger Spiegelscheiben wieder. – Die Trave, über welche man zwischen Travemünde und Lübeck auf einem Schiffe übersetzt, umgibt auf einer Seite die Stadt.

In der Nähe von Oldeslo sind Salzsiedereien mit schönen Gebäuden und unendlich hohen Dampfrauchsäulen; bei Arensburg liegt ein altes romantisches Schlößchen, das ganz mit Wasser umgeben ist.

Nun aber wird die Gegend ziemlich einförmig, und bleibt so bis Hamburg; sie scheint jedoch sehr fruchtbar zu sein, da man überall schöne Felder und Wiesen sieht.

Diese kleine Reise von Lübeck bis Hamburg kömmt ziemlich hoch zu stehen; es ist aber auch unglaublich, wie viel Taxen und Zahlungen der arme Kutscher auf dieser kurzen Strecke zu entrichten hat. Erst mußte er für 1 fl. 16 kr. einen Erlaubnißschein lösen, um von dem Lübecker Gebiet in jenes von Hamburg fahren zu dürfen, dann bezahlt er in Lübeck ein doppeltes Thorsperrgeld, jedes von 24 kr., weil wir vor fünf Uhr früh kamen, und uns sowohl bei der Einfahrt, als auch bei der Ausfahrt die Thore, die erst um 5 Uhr geöffnet werden, aufsperren ließen, und außerdem mußte er fast auf jeder Meile an den Schlagbäumen 5 bis 6 kr. entrichten.

Diese fatale Plackerei des ewigen Anhaltens an den Schlagbäumen kennt man weder in Norwegen noch Schweden. Dort zahlt man für jedes Pferd des Jahres eine gewisse Taxe, und kann dann ungehindert im ganzen Lande herum fahren, nirgends sind solche – – – – errichtet.

Die Bauernhäuser sind hier sehr groß und ausgedehnt; dieß kömmt aber daher, weil Stall, Scheuer, Schoppen – Alles unter einem Dache ist. Die Wände oder eigentlich Gerippe dieser Häuser sind von Holz, und mit Ziegeln ausgefüllt.

Gleich hinter Arensburg sieht man schon die Thürme von Wandsbeck und Hamburg, welche beide Städte nur eine zu bilden scheinen, da sie blos durch artige Landhäuser getrennt sind. Wandsbeck ist jedoch im Vergleiche zu Hamburg nicht als Stadt, sondern als Dorf zu betrachten.

Gegen 2 Uhr Nachmittag traf ich glücklich bei meinen lieben Verwandten ein, die über meine Ankunft so erstaunt waren, daß sie mich beinahe für einen Geist hielten. – Bald wurde mir ihr Erstaunen begreiflich.

Als ich nämlich von Island abfuhr, ging, wie ich bereits bemerkte, zu gleicher Zeit eine Gelegenheit nach Altona, mit welcher ich ein Kistchen Mineralien u. dergl. an meinen Vetter nach Hamburg sandte. Der Schiffer nun, welcher das Kistchen übergab, machte ihm eine so arge Schilderung von dem schrecklich schlechten Fahrzeuge, in welchem ich nach Kopenhagen übergefahren wäre, daß er, nachdem ich über zwei Monate keine Nachricht von mir gegeben hatte, dachte, ich sei mit dem Schiffe zu Grunde gegangen. – Wohl hatte ich ihm bei meiner Ankunft zu Kopenhagen geschrieben, aber der Brief mußte verloren gegangen sein, und daher seine Vermuthung, und dann sein Erstaunen.

Von Hamburg nach Berlin.

Meine Zeit war karg bemessen, und ich konnte mich dießmal leider nur einige Tage bei meinen lieben Verwandten aufhalten. Schon am 26. September ging ich mit einem kleinen Dampfboote auf der Elbe nach Haarburg, das man in dreiviertel Stunden erreicht. Hier wechselte ich die Schiffsgelegenheit mit dem Eilwagen und fuhr nach Celle (14 Meilen).

Von der Gegend ist nur wenig zu sagen; sie besteht größtentheils aus Ebenen, die theilweise zu Haiden und Sümpfen werden, – doch gibt es dazwischen auch fruchtbare Stellen mit Feldern und Wiesen.

27. September.

In der Nacht trafen wir in Celle ein. Von hier bis Lehrte (1½ Meile) muß man eine Privatgelegenheit miethen. In Lehrte besteigt man die Eisenbahn, und fährt nun ununterbrochen bis Berlin. – Man berührt auf dieser Fahrt viele Städte und größere oder kleinere Orte, kann aber nur wenig von ihnen sehen, da die Bahnhöfe überall ziemlich entfernt liegen, und man nur einige Augenblicke anhält.

Die erste Stadt, an der wir vorüber kamen, war Braunschweig. Gleich außerhalb der Stadt sieht man das artige herzogliche Schloß, das im gothischen Style erbaut ist und in einem schönen Parke liegt. – Wolfenbüttel scheint, nach der Menge der Häuser und Kirchthürme zu urtheilen, eine ziemlich bedeutende Stadt zu sein. – Eine schöne hölzerne Brücke mit elegant gearbeitetem eisernem Geländer führt hier über die Ocker. Vor der Stadt leitet eine reizende Promenade zu einem sanften Hügel, auf dessen Plateau ein wunderliebliches Gebäude, »ein Kaffeehaus« steht.

Sobald man das Gebiet von Hannover im Rücken hat, wird die Gegend zwar nicht reicher an seltenen Naturmerkwürdigkeiten, aber doch verlieren sich wenigstens die Sümpfe und Haiden, und ein fleißig cultivirtes Land ersetzt deren Stelle. – Viele Dörfer liegen zerstreut umher, und manch reizendes Städtchen erregt den Wunsch, die Gegenden nicht gar so eilig durchfliegen zu müssen.

Man kömmt nun an Schepenstadt, Jersheim und Wegersleben vorüber, welch letztere Stadt bereits zu Preußen gehört. – In Aschersleben werden die Wagen gewechselt, eben so in Magdeburg. – Bei dem Städtchen Salze sieht man schöne Gebäude, die zu den ausgedehnten hier befindlichen Salzsiedereien gehören. – Zu Jernaudau ist der Sitz einer Herrnhuter Gesellschaft. – Gerne hätte ich die Stadt Köthen besucht; man kann sich nichts Reizenderes denken, als die Lage dieses Städtchens inmitten von duftenden Gärten. Leider hielten wir nur kurze Augenblicke an. – Auch das Städtchen Dessau ist mit artigen Anlagen umgeben. Mehrere Brücken führen hier über einzelne Arme der Elbe; die über den Hauptstrom führende ruht auf mächtigen Steinpfeilern. – Von dem Städtchen Wittenberg sieht man nur Häusermassen und Kirchthürme; eben so auch von dem Städtchen Jüterbog, das so neu aussieht, als ob es erst kürzlich entstanden wäre. – Bei Lukewalde fängt die Sandregion an, in die nur eine bei Trebbin erscheinende kleine Kette bewaldeter Hügel einige Abwechslung bringt. Doch auch diese nimmt bald ihr Ende, und man fährt nun bis Berlin in einer traurigen, einförmigen Sandfläche.

Ich war heute von 6 Uhr Morgens bis 7 Uhr Abends auf dem Wege, und hatte 46 Meilen zurückgelegt. – Häufig waren auf dieser Reise die Wagen gewechselt worden. – Ueberall hatte, der Leipziger Messe wegen, ein unendlicher Zudrang von Menschen statt gefunden; – oft zählte der Zug 35 bis 40 Wagen, 3 Locomotive und gewiß 7-800 Reisende, – dennoch war immer Alles in größter Ordnung geblieben. Eine große Bequemlichkeit ist es, daß man den Platz von Lehrte bis Berlin, obwohl man so vielerlei Staaten zu passiren hat, auf einmal berichtigen kann, und sich daher während der ganzen Reise, weder um sein Gepäck noch um sonst etwas mehr zu bekümmern hat. – Die bei den Eisenbahnen angestellten Leute fand ich alle sehr höflich. Wenn an einer Station angehalten wurde, verkündeten gleich die Conducteure mit lauter Stimme die Zeit des Aufenthaltes, 2-3 Minuten, ¼ Stunde u. s. w. Jeder Mitfahrende konnte sich darnach richten, in ein nahes Gasthaus oder Zelt treten und sich etwas reichen lassen. Die Wagen sind höchst bequem zum Ein- und Aussteigen eingerichtet, und zwar dadurch, daß die Räder an den Stations-Stellen in tiefen Geleisen laufen, und so der Wagen mit dem Erdboden in gleicher Höhe ist; man braucht gar keinen Wagentritt zu besteigen, sondern setzt den Fuß gleich auf die Erde. Die Wagen sind wie in breite Kutschen getheilt. Zwei Bänke stehen der Breite nach, einander gegenüber, und an jeder Seite befindet sich eine geräumige Wagenthür, bei welcher man bequem hinaus und herein kömmt. Auf der ersten und der zweiten Klasse sitzen in jeder solchen Wagenabtheilung 8 Personen, auf der dritten Klasse 10 Personen. – Die Wagen sind Alle numerirt und Jedermann findet leicht seinen Platz. – Eingesperrt ist Niemand.

Durch diese einfachen Einrichtungen ist es möglich, daß man selbst, wenn der Zug nur zwei Minuten anhält, aussteigen und Bewegung machen, oder sich mit Lebensmitteln versehen kann, ohne daß ein Gedränge oder eine Verwirrung statt hat.

Alles dieß fällt bei jenen Eisenbahnwagen weg, welche die unnatürliche Länge eines Hauses haben, und in deren jeden 60 oder gar 70 Personen eingepackt, mitunter sogar eingesperrt sind, wo die Thüren von den Conducteuren geöffnet werden, und dieser nur den Namen der Station hineinschreit, ohne die Zeit des Aufenthaltes bekannt zu machen. – Da ist es wohl keinem Reisenden zu rathen, seinen Posten zu verlassen; denn bis er sich von einem Ende des Wagens bis an das andere drängt, bis er durch das enge Pförtchen schlüpft und endlich über die hohen Stufen hinabklettert, erschallt schon wieder das Horn, und in demselben Augenblicke setzt sich der Zug in Bewegung, es ist also selbst dieß Blasen kein Zeichen für die Reisenden, um sich darnach richten zu können; es gehört nur für den Locomotivführer.

Eben so hat man in diesen Staaten, welche ich heute durchreiset hatte, nicht die geringste Plackerei mit dem Paßwesen, und mit den noch unausstehlichern Passirscheinen. Kein lästiger Polizei-Soldat kömmt in den Wagen und läßt den Reisenden erst aussteigen, nachdem er ihm von A bis Z Auskunft ertheilt hat. – Ich möchte wissen, wie viele Tage man auf dieser Reise zubringen würde, wenn man, wie in andern Staaten, die Pässe so oft abgeben müßte, die nicht einmal gleich an Ort und Stelle expedirt, sondern erst auf das Amt getragen werden.

Und solch störende Einrichtungen, man sollte es nicht glauben, haben oft im Innern eines und desselben Staates statt. – Man braucht gar nicht erst vom Auslande zu kommen; – man muß all diese Scherereien erfahren, wenn man auch nur von einer Provinz-Hauptstadt in die andere fährt.

In allen Ländern, durch welche ich bisher kam, hatte ich mich nirgends über dergleichen Sachen zu beklagen; man forderte mir den Paß nur im Gasthofe der Hauptstadt des Landes ab, wenn ich mehrere Tage daselbst zu verweilen gedachte. – Blos in Stockholm fand ich eine etwas sonderbare Einrichtung; da muß jeder Fremde, und wenn er nur 24 Stunden verweilt einen schwedischen Paß lösen, und dafür 1 fl. 20 kr. zahlen. Dieß ist, bei Licht betrachtet, doch nur eine Einführung, um dem Fremden auf eine anständige Art 1 fl. 20 kr. abzunehmen; wahrscheinlich scheut man sich, für das einfache Visiren der Pässe eine so hohe Bezahlung zu verlangen.

Aufenthalt in Berlin. – Rückkehr nach Wien.

Ich sah noch nie eine schöner und regelmäßiger gebaute Stadt als Berlin – die eigentliche Stadt Berlin; – höchstens können die vorzüglichsten Straßen, Plätze und Paläste Kopenhagens einen Vergleich mit ihr aushalten.

Ich konnte mich nur einige Tage da aufhalten, und hatte daher kaum Zeit, das Merkwürdigste und Interessanteste zu besehen.

In einem ziemlich nahen Umkreise liegen die herrliche königl. Residenz, die ausgedehnten Gebäude der Bildergallerie und der Museen, der große Dom u. s. w.

Die Domkirche ist groß und regelmäßig; an jeder Seite des Einganges steht eine Kapelle, die mit eisernen Gittern umgeben ist. Einige Könige liegen hier begraben, und alterthümliche Sarkophage decken die Grüfte, die unter dem Namen der Königsgräber bekannt sind. Unweit davon sieht man ein schönes, in Erz gegossenes Monument, unter welchem ein Graf Brandenburg ruht.

Die katholische Kirche ist im Style der Rotonde zu Rom gebaut, nur erhält sie nicht wie diese das Licht von oben, sondern durch Fenster, die rund herum im Kreise angebracht sind. Schöne Statuen, und ein einfacher aber geschmackvoller Altar sind die einzigen Zierden der Kirche. An dem Porticus sieht man kunstvolle Reliefs.

Die Werderische Kirche stammt aus neuerer Zeit, ist aber ganz im gothischen Style gehalten. Die Thürme schmücken schöne Bronce-Relief's. Die Wände im Innern der Kirche sind mit Holztafeln ausgelegt, die bis an die Gallerien reichen, und färbig eingelegt sind. Sie endigen in gothisches Schnitzwerk. Die Orgel hat einen klaren, starken Ton. Die Brüstung vor derselben enthält ein Gemälde, das man auf den ersten Blick eher für eine Fantasie aus der Göttergeschichte, als für ein Heiligenbild halten würde. Eine Menge Amoretten schweben zwischen Blumengewinden, und umgeben drei schöne weibliche Figuren.

Ganz nahe an dieser Kirche stehen das Münzgebäude und die Bauakademie. Ersteres ist mit schönen Bildhauerarbeiten geschmückt, Letzteres ist von viereckiger Form, mit ziegelrother Farbe angestrichen, ohne alle Architectur, und gleicht ganz einem ausgezeichnet großen Privat-Gebäude. Das untere Geschoß ist zu glänzenden Kaufmannsladen verwendet.

In der Nähe der Residenz liegt der Opernplatz, auf welchem außer dem berühmten Opernhause, auch noch das Zeughaus, die Universität, die Bibliothek, die Akademie, das Wachthaus, und einige königl. Paläste, u. s. w. stehen. – Der Platz selbst ist mit drei Statuen der Generäle: Graf Bülov, Graf Scharnhorst und Fürst Blücher geziert. Alle drei sind sehr schön gearbeitet; nur gefällt mir ihr Costume nicht, welches aus ganz gewöhnlichen Tuchmänteln besteht, die, vorne auseinander geschlagen, einen Theil ihrer Pracht-Uniform erblicken lassen.

Das Zeughaus ist eines der prachtvollsten Gebäude Berlin's; es bildet ein schönes Viereck. – Da zu der Zeit, als ich mich in dieser Stadt befand, einige kleine Ausbesserungen im Zeughause statt fanden, so war es für den Fremden geschlossen. Ich begnügte mich daher durch die Fenster im Erdgeschoße zu sehen, wo ich ungeheure Säle erblickte, in welchen ganze Reihen großer Kanonen aufgepflanzt waren.

Das Wachthaus ist gleich daneben, und gleicht mit seinem Säulenporticus einem artigen Tempel.

Des Opernhaus bildet ein längliches Viereck, es steht von allen Seiten frei. Es würde sich ungemein besser ausnehmen, wenn die Eingänge nicht so jämmerlich aussähen. Jener an der Hauptfaçade gleicht einer engen, ärmlichen Kirchthüre, er ist schmal, und von dunkler Farbe. Die untern Eingänge sind noch niedriger, und man vermuthet durchaus nicht, durch sie in solch ein Pracht-Lokale zu gelangen. – Die innere Einrichtung des Theaters ist über alle Beschreibung luxuriös und bequem. Im Parterre reihen sich höchst bequeme, herrlichst gepolsterte Stühle, die mit breiten, ebenfalls gepolsterten Lehnen versehen sind, an einander; sie werden nicht gesperrt, sondern offen gelassen; jeder Stuhl ist mit einer Nummer bezeichnet. Die Logen sind durch kaum fußhohe Wände geschieden; man sieht da die elegante Welt wie auf Tribunen sitzen. Die Stühle im Parterre, so wie die Logen des ersten und des zweiten Ranges, sind mit dunkelrothem Seidendamast überdeckt. Die königliche Loge ist ein herrlicher Salon, dessen Boden die feinsten Teppiche bedecken. – Den Plafond des Theaters schmücken schöne Oelgemälde, die in zierlich goldenen Rahmen gefaßt sind. Das größte Meisterwerk aber ist der ungeheure Luster. Er sieht so massiv in Bronce gearbeitet aus, daß einem ordentlich bangt, diese schwere Masse so frei in der Luft über den Köpfen der Zuseher schweben zu sehen. Das Ganze ist aber nur Täuschung, denn er soll aus Pappe zusammengesetzt, und blos broncirt sein. Eine Unzahl Gasflammen verbreiten das heiterste Licht. – Nur Eines geht mir bei so schönen und neu erbauten Theatern ab, – daß nirgends eine Uhr angebracht ist, – eine Sache, die man fast in jedem italienischen Theater findet.

Die übrigen Gebäude und Paläste auf dem Opernplatz zeichnen sich sowohl durch ihre Größe, als auch durch ihre schöne Bauart aus.

Eine ganz außerordentlich breite, steinerne Brücke mit künstlich gearbeitetem ehernem Geländer führt über einen kleinen Arm der Spree, und verbindet den Opernplatz mit jenem, auf welchem die Residenz steht.

Das königliche Museum gehört auch unter die vorzüglichsten Bauten; – schöne Fresken zieren den hohen Porticus. – Die Bildergallerie enthält manches Meisterwerk; und sehr bedauerte ich, für diese Schätze, so wie auch für die Antiken nicht mehr Zeit gehabt zu haben, – ich durchflog Beide in drei Stunden.

An die Akademie schließt sich eine ungemein breite und lange Straße, in welcher Reihen von Linden stehen, die ihr den Namen unter den Linden gegeben haben. Diese Alleen bilden den freundlichsten Spaziergang nach dem schönen Brandenburger Thor, vor welchem der Thiergarten liegt. – Unter den Straßen, welche in den Linden auslaufen, sind die längsten und hübschesten die Friedrichs- und Wilhelmsstraße. Die Leipzigerstraße, welche zwar nicht hier ausmündet, gehört auch noch unter die vorzüglichsten.

Auf dem Gensd'arme-Platz zeichnen sich die französische und deutsche Kirche, jedoch nur durch ihre herrliche Außenseite, durch ihre schönen hohen Kuppeln, Säulen und Porticus aus; die Kirchen selbst sind klein und unbedeutend. Auf diesem Platze steht auch das königliche Schauspielhaus, ein geschmackvolles, ausgezeichnet schönes Gebäude, das mit vielem Säulenwerk, den Musen und andern Statuen geziert ist.

Den Thurm, auf welchem sich der Telegraph befindet, bestieg ich der Aussicht halber, die man da über die Stadt und deren einförmige, flache Gegend hat. – Ein recht höflicher Beamter war so gütig, mir die Zeichen des Telegraphen zu erklären und erlaubte mir auch, durch die Fernröhre auf die entfernten Telegraphen zu sehen.

In der Königsstadt, die unweit der königl. Residenz am jenseitigen Ufer der Spree liegt, ist nicht viel zu sehen. Die Hauptstraße Königsstraße, ist zwar lang, aber schmal und etwas schmutzig. Ueberhaupt herrscht hier ein mächtiger Abstand gegen die eigentliche Stadt Berlin; die Gassen sind enge, kurz und mitunter auch winklicht. Die merkwürdigsten Gebäude sind die Post und ein Theater.

Der Luxus in den Auslagen der Waaren ist hier an einigen Plätzen und Straßen bedeutend. Manche Spiegelwand und manches Spiegelfenster erinnerte mich an Hamburgs Pracht, doch steht sie dort noch auf ungleich höherer Stufe als in Berlin.

An Ausflügen besitzt Berlin nicht viel, da die Umgebung größtentheils flach und einförmig ist. – Die einigen interessanten sind der Thiergarten, Charlottenburg, und jetzt, seit die Eisenbahnen Alles nahe bringen, auch Potsdam.

Der Thiergarten liegt gleich außerhalb des Brandenburger Thores; er ist in mehrere Partieen getheilt, deren eine mich ganz an unsern beliebten Prater erinnerte. – Schöne Alleen waren voll von Wagen, Reitern und Fußgängern; zierliche Kaffeehäuser belebten die freundlichen Waldpartieen und auf den grünen Plätzen schäckerten fröhliche Kinder. – Ich fand mich so sehr in meinen lieben Prater versetzt, daß ich mich nur wunderte, keine bekannten Gesichter zu sehen, keinen herzlichen Gruß zu empfangen. – Auf dieser Seite des Thiergartens steht auch das Krollische Casino; auch Wintergarten genannt. – Ich weiß nicht, wie ich dieß Gebäude nennen soll; – es ist ein wahrer Feenpalast. Alles was man sich Kostbares an Einrichtung, Vergoldung, Malereien, Drapirungen u. s. w. zu denken vermag, findet sich hier in herrlichen Säälen, Salon's, Tempeln, Galerien, Logen, u. s. w. vereint. Der Hauptsaal, welcher für 1800 Couverts Raum hat, erhält sein Licht nicht nur durch große Fenster, sondern auch durch eine Glasdecke, die sich als Dach darüber wölbt. Ganze Reihen von Säulen stützen hier Gallerien oder scheiden die kleinern Sääle vom Hauptsaale. In den Fensternischen, in den Ecken, um die Säulen, überall stehen duftende Blumen und Gewächse in zierlichen Töpfen und Vasen, welche dieses Lokale im Winter in einen wahren Zaubergarten umschaffen mögen. Alle Sonntage finden hier Conzerte und Reunionen statt, zu welchen der Zudrang des Publikums außerordentlich ist – trotz dem, daß nicht geraucht werden darf. – Dieses Lokale soll Raum für 5000 Menschen haben.

Die Seite des Thiergartens, welche sich gegen das Potsdamer Thor zieht, gleicht mit den beschnittenen Alleen, Blumenbeeten und Terassen, Inseln, Goldfischteichen u. s. w. einem vollkommenen Ziergarten. Hier besuche man die Luiseinsel, auf welcher ein schönes Denkmal der Königin Luise zu sehen ist. – Auf der Seite des Ziergartens ist das Kaffeehaus Odeon das vorzüglichste, es kann sich aber in keiner Art mit dem Krollischen Casino messen. – Hier stehen auch ganze Reihen der elegantesten Landhäuser, worunter die meisten im italienischen Style gebaut sind.

Charlottenburg

ist eine halbe Stunde vom Brandenburger Thor entfernt, vor welchem die Omnibus stehen, die alle Augenblicke dahin abgehen. Der Weg führt durch den Thiergarten, an dessen Ende ein niedlich Dörfchen, und gleich an demselben das königl. Lustschloß Charlottenburg liegt. – Das Schloß besteht aus zwei Stöcken, wovon der obere ganz nieder ist, und nur für die Dienerschaft zu gehören scheint. Das Schloß ist mehr breit als tief, das Dach terassenförmig, und in der Mitte desselben erhebt sich eine zierliche Kuppel.

Der Garten ist einfach, nicht sehr groß, besitzt aber eine bedeutende Orangerie. – In einem düstern Boskett steht ein kleines Gebäude, das Mausoleum, in welchem das Bildniß der Königin Luise in Marmor, von dem geschätzten Künstler Rauch, herrlich dargestellt ist. – Hier ruhen auch die irdischen Ueberreste des verstorbenen Königs. – Ferner ist hier eine Insel mit Statuetten, und endlich ein großer Teich, auf welchem einige Schwäne herum stolzieren. – Es ist wahrlich schade, daß an diesen weißgefiederten Thierchen kein Schmutz kleben bleibt, sonst würde man sie bald für eine der größten Merkwürdigkeiten, nämlich für schwarze Schwäne halten; denn der Teich oder Fluß, der sich um die Insel zieht, gleicht der schmutzigsten Pfütze, die ich noch je gesehen habe.

Bereits ermüdet dürfte man diesen Park nicht besuchen, denn Bänke findet man nur sehr wenige; dafür gibt es aber desto mehr Mücken.

Potsdam.

Die Entfernung Potsdam's von Berlin beträgt kaum 4 Meilen, die man auf der Eisenbahn in ¾ Stunden zurücklegt. – Diese Bahn ist sehr bequem eingerichtet; die einzelnen Wagen sind nämlich mit den Namen der Stationen bezeichnet, und der Reisende steigt daher in den Wagen jener Station, wohin er zu fahren gedenkt. Auf diese Art wird man nie durch das Ein- und Aussteigen der Ankommenden und Abgehenden belästiget, indem Alle, die in einen Wagen sitzen, zu gleicher Zeit aussteigen.

Die Fahrt selbst bietet nichts Interessantes, desto mehr aber Potsdam, so daß kaum ein Tag hinreicht, Alles besehen zu können.

Unmittelbar vor der Stadt fließt die Havel, über welche eine lange, wunderschöne Brücke führt, deren Pfeiler von Stein, und das Sparrwerk nebst dem Geländer von Eisen ist. Gleich am jenseitigen Ufer liegt das große königliche Schloß von Potsdam, dessen rückwärtige Seite von Gartenanlagen umgeben ist. Der Garten ist nicht sehr ausgedehnt, für einen Park in der Stadt aber immer groß genug; – er ist dem Publikum geöffnet. – Das Schloß ist in einem sehr großen Style gebaut. Leider ist es ganz unnütz geworden, da der Hof in der Nähe von Potsdam zu schöne Sommerpaläste besitzt, und den Winter in Berlin zubringt.

Der Platz vor dem Schloße gehört nicht zu den schönsten; er ist weder regelmäßig noch groß, und nicht einmal eben. Hier steht auch die Hauptkirche, die zwar noch nicht vollendet ist, aber ein schönes Gebäude zu werden verspricht. Die Stadt ist ziemlich groß, und besitzt eine Menge schöner Häuser. Die Straßen – darunter vorzüglich die Nauner – sind breit und lang, aber sehr schlecht gepflastert; die Steine sind alle mit den Spitzen nach oben gekehrt; für die Fußgeher ist nur immer auf einer Seite der Häuser durch ein zwei Fuß breites, aus Steinplatten bestehendes Trottoir gesorgt. – Ein schöner Platz am Kanal, von einem Kanal durchschnitten, und mit mehreren Alleen geziert, bildet die Promenade der Städter.

Von den königl. Sommerlustschlössern besuchte ich zuerst jenes von Sans souci, das von einem artigen Parke umgeben ist. Das Schloß selbst liegt auf einer Anhöhe, die in 6 Terassen abgetheilt ist. Auf jeder derselben stehen bedeutende Treibhäuser, und vor diesen ganze Alleen von Orangen- und Citronen-Bäumen.

Das Schloß besteht nur aus einem Erdgeschoße, und ist derart mit Lauben, Bäumen und Rebengewinden umgeben, daß nur wenig davon zu sehen ist. – In das Innere des Schlosses konnte ich nicht, weil es von der königlichen Familie bewohnt war.

Ein kleiner Seitenweg führt nach dem Ruinenberge, auf welchem durch die Hand der Kunst Reste eines kleinern und eines größeren Tempels zu sehen sind. Ein weites, ausgedehntes Wasserbecken nimmt zum Theil die Höhe des Hügels ein. Man übersieht von hier aus die rückwärtige Seite des Schlosses Sanssouci, und den sogenannten neuen Palast, welcher von ersterem nur durch den Park getrennt und kaum eine Viertelstunde entfernt ist.

Der neue Palast oder das neue Schloß, von Friedrich dem Großen erbaut, ist so prachtvoll, als man es sich nur denken kann. Es bildet ein längliches Viereck mit Arabesken und flachen Säulen geziert, und mit einem terassenartigen Dache überdeckt, das mit einem Steingeländer umgeben, und durch Figuren verschönert ist.

Die Säle und Gemächer sind hoch und groß, und über alle Maßen herrlich gemalt, austapeziert und eingerichtet. Viele Oelgemälde, darunter manche Meisterstücke, zieren die Wände. – Im Erdgeschoße ist ein Salon ganz mit den schönsten Muscheln ausgelegt. – Beinahe könnte man ein Buch füllen mit der Beschreibung der zahllosen Wunder dieses Feenschlosses. – Leider wird es nicht bewohnt.

An der Rückseite dieses Palastes, und nur durch einen großen Vorplatz von ihm getrennt, liegen zwei wunderniedliche Schlößchen, die mit einander durch eine halbmondförmige Säulenhalle verbunden sind, und herrliche Steintreppen führen auf Terassen, die sich um die ersten Stöcke dieser Gebäude ziehen. Beide Schlößchen dienen zu Casernen, und sind als solche die schönsten, die ich je gesehen habe.

Von hier führte mich ein recht lieblicher Weg nach dem allerliebsten Schlößchen Charlottenhof. – Da ich gerade vom großen neuen Palaste kam, konnte ich mir dieß Schlößchen als Wohnung, wenn auch nur für den Kronprinzen, nicht denken. Ich hätte es für einen prachtvollen, des neuen Schlosses würdigen Pavillon gehalten, nach welchem die königliche Familie manchmal einen Spaziergang machte, um daselbst etwa ein kleines Erfrischungsmahl einzunehmen. – Erst nachdem ich etwas heimischer geworden, und all die herzigen Zimmerchen gesehen hatte, die mit dem geschmackvollsten Luxus eingerichtet sind, erst da begriff ich, daß der Kronprinz nicht leicht eine bessere Wahl hätte treffen können.

Auf den Terrassen, die von einer Seite den obern Stock umgeben, spielen herrliche Wasserkünste. – Die Wände der Corridore und Vorsäle sind mit herrlichen Fresken bemalt, nach Art derjenigen, die man in Pompeji bei Neapel sieht. Die Zimmer selbst sind mit vortrefflichen Kupferstichen, Oelgemälden und andern Kunstschätzen geschmückt. Ueberall herrscht die größte Pracht und Herrlichkeit.

Unweit von diesem Schlößchen steht ein schöner chinesischer Chiosk, mit kunstvoll gearbeiteten Figuren, die aber leider größtentheils verstümmelt und arg beschädiget sind.

Alle diese drei königlichen Schlösser liegen in schönen Parken, die aber derart zusammenhängen, daß man sie für einen halten könnte. Diese Parke bestehen aus schönen Wald- und Wiesen-Partieen, durch welche sich die schattenreichsten Fahr- und Gehwege schlängeln; – an Blumenpartieen kömmt man nur selten vorüber.

Nachdem ich Alles mit Muße betrachtet hatte, kehrte ich wieder zu dem Schlosse Sanssouci zurück, um da die berühmten Wasserkünste spielen zu sehen. Sie spielen wöchentlich zweimal, Dienstag und Freitag, von Mittag bis Abend. – Die Strahlen, welche den beiden vor dem Schlosse liegenden Wasserbecken entsteigen, sind so mächtig, und steigen mit solcher Kraft in die Höhe, daß man staunend das wunderbare Kunstwerk betrachtet. Es ist ein wahres Vergnügen, in der Nähe dieser Becken zu sein, wenn die Sonne in ihrer vollen Pracht leuchtet, und in den Staubregen der halb aufgelösten Wasserstrahlen die schönsten Regenbogen bildet. – Einen zweiten schönen Anblick gewährt eine hohe Vase, die mit schönen Kränzen lebendiger Blumen umwunden ist; das Wasser ergießt sich über selbe, und bildet einen mächtigen beweglichen Sturz, der durchsichtig und rein wie der schönste Krystall ist. Ein schöner Aufsatz, von zwei Blumenkränzen umwunden, reicht noch über den Sturz hinaus. – Unbedeutend ist eine Neptunsgrotte, von deren Höhe sich aus einer Urne das Wasser ergießt und einige kleine Fälle über Muschelbecken bildet.

Gerade blieb mir noch Zeit, auch den Marmorpallast zu besuchen, der auf einer andern Seite Potsdams liegt, und von diesen Schlössern gewiß eine halbe Stunde entfernt ist.

Wenn man den Park dieses Schlosses betritt, sieht man an der linken Seite desselben eine Reihe niedlicher Bauerhäuser, die alle gleich gebaut, und nur durch Obst-, Blumen- und Gemüse-Gärten getrennt sind. – Der Pallast selbst liegt so ziemlich am Ende des Parkes, an einem niedlichen See, den der Fluß Havel bildet. – Er trägt den Namen Marmorpallast zwar nicht ganz mit Unrecht, aber doch mit etwas Anmaßung, wenn man ihn mit den Marmorpallästen zu Venedig oder mit den Marmor-Moscheen zu Constantinopel vergleicht.

Die Wände des Gebäudes sind von Ziegeln aufgeführt, welche in ihrer Naturfarbe gelassen wurden. Die untere und obere Einfassung derselben besteht aus Marmorplatten, ebenso die Fenstergesimse und die breiten Portale. Theilweise läuft um das Schloß eine Gallerie, welche auf Marmorsäulen ruht. – Die Treppen sind von schönem weißen Marmor, und manche der Gemächer sind mit dieser Steinart ausgelegt. – Im Innern ist der Luxus nicht so bedeutend, wie in den andern Potsdamer Schlössern.

Dieser Pallast machte den Schluß alles Schönen und Merkwürdigen, was ich in Potsdam und überhaupt in der Umgebung Berlins gesehen; denn schon am folgenden Tage setzte ich meine Rückreise nach Wien fort.

Schließlich muß ich noch einer in Berlin bestehenden Einrichtung erwähnen, welche besonders für die Fremden sehr zweckmäßig ist – – die Taxe für die Droschkenfahrten. Man darf nicht erst handeln, sondern setzt sich in den Wagen, gibt dem Kutscher den Ort an, wohin man zu fahren wünscht, und zahlt dafür 5 Groschen. Dieser mäßige Preis gilt für die Stadt, die wirklich sehr ausgedehnt ist. – Auch an den Eisenbahnen findet man stets eine Unzahl solcher Droschken, die einen um diese kleine Bezahlung nach jedem Gasthofe, wenn er auch noch so weit vom Bahnhofe entfernt liegt, fahren. – Wären doch die Wiener Fiaker auch so leicht zu befriedigen!! –

1. Oktober.

Ich fuhr auf der Eisenbahn über Leipzig nach Dresden, bestieg noch denselben Tag Abends 8 Uhr den Eilwagen, der in 18 Stunden Prag erreichte.

Von den reizenden Partieen und Aussichten des Nollendorfer Berges genossen wir nichts, da es noch Nacht war, als wir ihn passirten. – Des Morgens sahen wir zwei schöne Denkmäler, deren eines, eine 54 Fuß hohe Pyramide, dem Andenken des Feldzeugmeisters Grafen Kolloredo, das andere dem Andenken der russischen Truppen errichtet wurde. Beide entstanden nach den napoleonischen Kriegen.

Nun ging es fort durch reizende Gegenden nach dem berühmten Badeorte Teplitz, das außer seinen heißen Gesundheitsquellen noch die großartigste Umgebung besitzt, und so ausgerüstet gewiß mit jedem Badeorte in die Schranken treten darf.

Auf der fortgesetzten Route sieht man einen isolirt stehenden Basaltfelsen, Boren, der die Aufmerksamkeit des Fremden schon von ferne auf sich zieht, und gewiß nicht nur als Naturschönheit, sondern auch als Naturmerkwürdigkeit der Mühe werth wäre, genauer besehen zu werden. – Wir konnten dieß nicht, wir eilten fort nach Prag, um noch vor 6 Uhr Abends einzutreffen, und den Eisenbahn-Train, der um diese Stunde nach Wien abgeht, nicht zu versäumen.

Wer malt sich unsern Schrecken, als wir an die Stadtthore Prags kamen, uns da die Pässe abgenommen und nicht wieder zurückgegeben wurden. – Vergebens wiesen wir auf das Visa von Peterswalde – dem Grenzorte – hin; vergebens bedeuteten wir unsere Eile. – Man war so höflich uns ganz kurz mit den Worten zu expediren: »Das geht uns nichts an, morgen können Sie Ihre Papiere auf der Polizei-Direction holen lassen.« – Hiermit waren wir abgefertiget und verloren 24 Stunden.

Ich muß doch eines kleinen Scherzes erwähnen der mir auf dieser Fahrt von Dresden nach Prag begegnete. – In dem Eilwagen saßen außer mir noch eine Frau und zwei Herren. Die Frau hatte zufälliger Weise mein Reisetagebuch nach Palästina gelesen, und fragte mich, als sie meinen Namen erfuhr, ob ich jene gereiste Frau sei. Nachdem ich mich dazu bekannt hatte, drehte sich unser Gespräch viel sowohl um jene, als auch um meine jetzige Reise. Einer der beiden Herren, Herr Katze, war sehr gebildet, und wußte trefflich über Länder, Völkerkunde und andere wissenschaftliche Gegenstände zu sprechen. Auch dem andern Herrn mochte es nicht an vollkommener Bildung fehlen, nur machte er wenig Gebrauch davon. – Herr K. blieb in Teplitz zurück, und der Ungenannte fuhr mit mir bis nach Wien. Da fragte er mich einst: »Nicht wahr, Herr K. hat Sie ersucht, seiner in Ihrem künftigen Reisejournal mit Namen zu gedenken? Wenn Sie mir versprechen dasselbe zu thun, so sage ich Ihnen auch meinen Namen.« – Ich konnte mich des Lächelns kaum enthalten, und versicherte ihn, daß Herrn K. so etwas gewiß nie in den Sinn gekommen wäre, – auch bäte ich ihn, damit er sehe, daß wir arme Frauen mit Unrecht als neugierig gescholten werden, mir seinen Namen zu verschweigen. – Der gute Mann konnte es aber nicht, und ehe wir schieden, nannte er sich mir: Nikolaus B.... – Ich will aber doch lieber seinen Namen verschweigen, und zwar aus zwei Gründen: Erstens, weil ich ihm nicht versprochen habe, ihn zu nennen, und zweitens, weil ich gewiß nicht glaube, ihm dadurch eine Artigkeit erweisen zu können.

Die Eisenbahn von Prag nach Wien geht über Olmütz, und macht einen so bedeutenden Umweg, daß die Entfernung jetzt 66 Meilen beträgt. – Die Einrichtung der Eisenbahn selbst läßt noch Manches zu wünschen übrig.

Als ich fuhr, war noch nirgends ein Gasthof errichtet, und man mußte sich während der ganzen Reise mit Obst, Bier, Butterbrod u. dgl. begnügen. Und selbst diese Gegenstände waren schwer zu bekommen, da man es nicht wagen konnte aus dem Wagen zu steigen. Der Conducteur rief auf jeder Station: »es gehe gleich weiter,« obwohl der Zug oft eine halbe Stunde und noch länger stehen blieb. Mit Gewißheit wußte man es doch nicht, und so mußte man mit Geduld in dem Wagen ausharren. – Die Conducteure waren auch nicht von dem sanftesten Charakter – eine Sache, die ich beinahe dem Clima zuschreiben möchte; denn schon als wir von der sächsischen Grenze an die Grenze des österreichischen Staates zu Peterswalde kamen, empfing uns der Herr Controllor eben nicht am freundlichsten. Wir boten ihm zweimal einen guten Abend; er schien es zu überhören und forderte in ziemlich lautem und barschem Tone unsere Papiere; wahrscheinlich hielt er uns so wie wir ihn für taub. – Auch zu Gänserndorf, 6 Meilen von Wien, nahm man unsere Papiere auf sehr unfreundliche, wenig zuvorkommende Art in Empfang.

Am 4. October 1845, nach einer Abwesenheit von sechs Monaten, begrüßte ich endlich wieder – wie viele meiner Landsmänninen sagen würden – meinen lieben Stephansthurm.

Viel hatte ich ausgestanden und gelitten; doch wären alle Gefahren und Beschwerden auch noch viel ärger gewesen, meine Reiselust würde sich doch nicht gemindert haben, mein Muth wäre nicht gesunken. – Ich ward für Alles reichlich entschädigt. – Ich sah Dinge, wie sie im gewöhnlichen Leben wohl nie vorkommen; – ich sah Menschen – in ihrer Natürlichkeit – wie man sie auch nur selten trifft. – Und vor Allem brachte ich die Erinnerung des Geschehenen mit, welche mir ewig bleiben wird, und in welcher noch Jahre lang die gehabten Genüsse sich wiederholen werden.

Nun nehme ich Abschied von meinen lieben Lesern und Leserinen, und bitte, vorlieb zu nehmen mit meinen einfachen Worten und meinen vielleicht wenig ergötzlichen, aber gewiß wahren Schilderungen. – Haben sie ihnen vielleicht doch wider mein Vermuthen einiges Vergnügen gemacht, so mögen sie dafür in ihrer Erinnerung ihrer Landsmännin ein kleines Plätzchen gönnen.

Zum Schluße sei es mir erlaubt, meinem Werkchen noch einen kleinen Anhang beizufügen, der vielleicht für manche meiner Leser nicht uninteressant sein dürfte, und zwar:

1. Ein Document, welches ich mir in Reikjavik verschaffte, und aus welchem man die Besoldungen der königl. dänischen Beamten, so wie auch verschiedene andere Taxen und Gebühren ersehen kann.

2. Ein Verzeichniß der isländischen Insekten, Schmetterlinge, Blumen und Kräuter, die ich sammelte und mit in meine Vaterstadt brachte.

Jahresgehalte

der königlichen dänischen Beamten auf Island, welche sie von der isländischen Grundbuchs-Cassa beziehen:

Der Stiftsamtmann über Island 2000 fl. CM.
 Bureau-Spesen 600 " "
Der Amtmann über das westliche Amt 1586 " "
 Bureau-Spesen 400 " "
 Hausmiethe 200 " "
Der Amtmann über das Nord- und Ostland 1286 " "
 Bureau-Spesen 400 " "
Der Bischof über Island, der seinen Gehalt aus der Schul-Cassa erhält, bezieht noch aus der Grundbuchs-Cassa 800 " "
 
Die Mitglieder des Landesobergerichtes:
Ein Justiziarius 1184 fl. CM.
Erster Assessor 890 " "
Zweiter Assessor 740 " "
 
Der Landvogt auf Island 600 fl. CM.
 Bureau-Spesen 200 " "
 Hausmiethe 150 " "
Stadtvogt in Reikjavik 300 " "
Erster Polizeidiener in Reikjavik, der zugleich Profoß ist, und deßhalb um 50 fl. mehr hat, als der zweite Polizeidiener 200 " "
Zweiter Polizeidiener 150 " "
Der Probst zu Reikjavik bezieht aus dieser Casse nur die Hausmiethe mit 150 " "
Sysselmann auf den Westmanns-Inseln 296 " "
Die andern Sysselmänner jeder 230 " "
 
Medicinal-Einrichtung und Hebammen-Wesen.
Landphysikus 900 fl. CM.
 Hausmiethe 150 " "
Apotheker zu Reikjavik 185 " "
 Hausmiethe 150 " "
Der zweite Apotheker zu Sikkisholm 90 " "
Die sechs Chirurgen im Lande, jeder 300 " "
 Hausmiethe die Einen 30 " "
   "   die Andern 25 " "
Ein practizirender Arzt auf dem Nordlande 100 " "
Reikjavik hat zwei Hebammen, jede erhält 50 " "
Die andern Hebammen im Lande, deren Zahl sich auf dreißig beläuft, erhält jede 100 " "
Diese Hebammen werden von dem Landphysikus unterrichtet und examinirt, und dieser hat jährlich die Gelder unter sie zu vertheilen.
 
Organist zu Reikjavik 100 fl. CM.
 
Aus der Casse der Hochschule erhält:
Der Bischof 1200 fl. CM.
Die Lehrer an der Hochschule:
Der Lector der Theologie 800 " "
Der erste Adjunct, nebst der Wohnung, Gehalt 500 " "
Der zweite Adjunct 500 " "
 Hausmiethe 50 " "
Der dritte Adjunct 500 " "
 Hausmiethe 50 " "
Der Oeconom an der Schule 117 " "

Verzeichniß

der auf Island gesammelten wirbellosen Thiere

(Animalia evertebrata Cuv.).

I. Crustacea. Krebse.

Pagurus Bernhardus. Linné.

II. Insecta. Insecten.

a) Coleoptera. Käfer.

Nebria rubripes. Dejean. Rothfüßiger Damm-Käfer.

Patrobus hyperboreus. Polar-Lauf-Käfer.

Calathus melanocephalus. Fabr. Schwarzköpfiger Kreisel-Käfer.

Notiophilus aquaticus. Wasser-Sumpf-Käfer.

Amara vulgaris. Duftsihm. Gemeiner Bitter-Käfer.

Ptinus fur. Linn. Räuberischer Bohrholz-Käfer.

Aphodius Lapponum. Schh. Lappländischer Koth-Käfer.

Otiorhynchus laevigatus. Dhl. Glatter Holz-Rüssel-Käfer.

Ot..... Pinastri Fabr. Fichten-Holz-Rüssel-Käfer.

Ot..... ovatus Fabr. Eiförmiger     "      "

Staphylinus maxillosus. Gezähnter Kurz-Käfer.

Byrrhus pillula. Pillenartiger Fugen-Käfer.

b) Neuroptera. Netzflügler.

Limnophilus Lineola, Schrank. Gestreifte Thau-Fliege.

c) Hymenoptera. Aderflügler.

Pimpla instigator. Gravh. Nördliche Schlupf-Wespe.

Bombus subterraneus. Linn. Unterirdische Hummel.

d) Lepidoptera. Falter.

Geometra russata. Hüb. Bräunlicher Sponner.

Geom. alchemillata. Frauenmantel-Sponner.

Geom. spec. nov. Unbestimmte neue Sponner-Art.

e) Diptera. Zweiflügler.

Tipula lunata. Meig. Wollige Schnacke.

Scatophaga stercoraria. Gemeine Dung-Fliege.

Musca vomitoria. Brech-Fliege.

Musca mortuorum. Leichen-Fliege.

Helomyza serrata. Gesägte Helomize.

Lecogaster islandicus Scheff. [10]

Anthomyia decolor Fallin. Zweifärbige Anthomye.

III. Mollusea. Weichthiere.

Littorina (Turbo Linn.) obtusata Ferus. Stumpfe Uferschnecke.

Uebersicht

von isländischen Pflanzen, gesammelt von Frau Ida Pfeiffer im Sommer des Jahres 1845.

Felices.

Cystopteris fragilis. Bernh. Zerbrechlicher Blasenfarren.

Equisetaceae.

Equisetum Teltamega. Ehr. Weißer Schachtelnhalm.

Gramineae.

Festuca uniglumis. B. Einspelziger Schwingel.

Cyperaceae.

Carex filiformis. B. Fadenförmiges Riedgras.

     "      caespitosa. B. Rasenförmiges Riedgras.

Eriophorum caespitosum. B.

Juncaceae.

Luzula spicata. D. C. Aehrenartige Binse.

     "      campestris. D. C. Feld-Binse.

Salicineae.

Salix polaris. Wahl. Polar-Weide.

Polygoneae.

Rumex arifolius. Ehr. Arumblättriger Sauerampfer.

Oxyria reniformes. R. Br. Alpen-Oxyrie.

Plumbagineae.

Armeria alpina. W. Alpengras-Nelke. (In den inneren höheren Gegenden.)

Compositae.

Chrysanthemum maritimum. S. Seestrands-Gänseblümchen. (Am Meeresstrande, häufig auch auf feuchten Wiesen.)

Hieracium alpinum. B. Alpenhabichtskraut. (Auf grasichten Niederungen.)

Taraxacum alpinum. D. C. Alpen-Löwenzahn.

Erigeron uniflorum. B. Einblüthiges Berufungskraut. (Westlich von Havenfiord auf Felsen.)

Rubiaceae.

Gallium pusillum. Smith. Niederes Laabkraut.

     "      verum. L. Wahres Laabkraut.

Labiatae.

Thymus serpyllum. S. Gemeines Quendelkraut.

Asperifoliae.

Myosotis Alpestris. Sch. Alpen-Vergißmeinnicht.

Myosotis scorpioides. B. Gemeines Vergißmeinnicht.

Scrophularineae.

Bartsia alpina. S. Alpen-Barthie. (In den inneren nordwestlichen Thälern.)

Rhinanthus alpestris. Waldst. Alpen-Hahnenkamm.

Utricularieae.

Pinguicula alpina. B. Alpen-Fettkraut.

     "      vulgaris. Gemeines Fettkraut.

Umbelliferae.

Archangelica officinalis. B. Aechte Engelwurz. (Havenfiord.)

Saxifrageae.

Saxifraga caespitosa. B. Rasen-Steinbrech (Die ächt Linnéische Pflanze. Um den Hekla auf Felsen.)

Ranunculaceae.

Ranunculus auricomus. B. Gold-Ranunkel.

     "      nivalis. B. Schnee-Ranunkel.

Thalictrum alpinum. B. (Um Reikjavik zwischen Lavastücken wachsend.)

Caltha palustris. B. Sumpf-Dotterblume.

Cruciferae.

Draba verna. B. Gewöhnliches Hungerblümchen.

Cardamine pratensis. B. Wiesen-Schaumkraut.

Violariceae.

Viola hirta. B. Rauhes Veilchen.

Caryophylleae.

Sagina stricta. Fries. Steifes Mostkraut.

Cerastium semidecandrum. B. Fünffädiges Hornkraut.

Lepigonum rubrum. Fries. Rothes Sandkraut.

Silene maritima. L. Seestrands-Silene.

Lychnis alpina. L. Alpen-Pechnelke. (Auf Bergwiesen um Reikjavik.)

Empetreae.

Empetrum nigrum. B. Schwarze Rauschbeere.

Geraniaceae.

Geranium sylvaticum. Waldstorchschnabel. (Am See Thingvalla in Gruben.)

Troseraceae.

Parnassia palustris. S. Sumpf-Parnaßie.

Oenothereae.

Epilobium latifolium. B. Breitblättriger Schattenweiderich. (Am Fuße des Hekla in Felsenspalten.)

Epilobium alpinum. Alpen-Schottenweiderich. (Westlich von Havenfiord im Reikerthal.)

Rosaceae.

Rubus arcticus. L. Arktische Himbeere.

Potentilla anserina. B. Gänse-Fünffingerkraut.

Potentilla grönlandica. B. Grönländisches Fünffingerkraut. (Um Kalmannstunga und Kollismola auf Felsen.)

Alchemilla montana. B. Berg-Frauenmantel.

Sanguisorba officinalis. B. Gemeiner Wiesenknopf.

Geum rivale. Quellen-Bergwurz.

Dryas octopetala. B. Achtblättrige Dryade. (Um Havenfiord.)

Papilionaceae.

Trifolium repens. B. Kriechender Klee.

Fußnoten

[1]: In Island herrscht so wie in Dänemark der Gebrauch, daß man die Verstorbenen erst nach acht Tagen bestattet. Man denke sich nun einen todten Körper, der acht Tage, und noch dazu im Sommer, mitten unter den Lebendigen in einem warmen dumpfigen Loche gelegen hatte, und man wird mir gerne glauben, daß viel Ueberwindung dazu gehörte, mit einer nicht-isländischen Nase einem solchen Leichenbegräbnisse vom Anfange bis zu Ende beizuwohnen. Doch will ich nicht läugnen, daß der mir bleibende Leichengeruch auch Einbildung gewesen sein mag.

[2]: In Island reitet Alles.

[3]: Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit eines sonderbaren Zufalls zu erwähnen. Als ich im Jahre 1842 am Fuße des Aetna war, fand ich sein feuerspeiendes Element besänftiget. – Erst einige Monate nach meiner Abreise flammte es mit erneuerten Kräften auf. Als ich nun auf meiner Rückreise vom Hekla nach Reikjavik kam, äußerte ich scherzweise, daß es doch höchst sonderbar wäre, wenn nun dieser »Aetna des Nordens« auch zum Ausbruche käme. – Und kaum war ich fünf Wochen von Island entfernt, geschah dieß wirklich, und er flammte stärker als je. – Um so merkwürdiger ist dieser Zufall, da der Hekla nun achtzig Jahre geschwiegen hatte, und bereits für einen ausgebrannten Krater angesehen wurde. – Käme ich jetzt wieder nach Island, so würde man mich als »böse Prophetin« betrachten, und ich wäre wahrscheinlich kaum meines Lebens sicher.

[4]: Jeder nur etwas wohlhabende Bauer, der sich mehrere Tage von seinem Hause entfernt, führt ein kleines Zelt bei sich, das er überall aufschlagen kann. Diese Zelte sind höchstens 3 Fuß hoch, 5 bis 6 Fuß lang und 3 Fuß breit.

[5]: »Schlingen«, nennen die Schiffer, wenn die Segel schlaff hängen, der Wind stoßweise kömmt, und so das Fahrzeug von den plötzlich angeschwellten Segeln fürchterlich herumgeworfen wird.

[6]: Auf dieser Fahrt wird nach Landmeilen gerechnet.

[7]: Kulle heißt in der schwedischen Sprache, der Hügel.

[8]: Darlekarlien ist eine schwedische Provinz, 20 Meilen nördlich von Stockholm entlegen.

[9]: Die Familie Sturre war eine der ausgezeichnetsten in Schweden. Sten Sturre führte die Buchdruckerei in Schweden ein, stiftete die Universität Upsala, und zog viele gelehrte Männer nach Schweden. In einer Schlacht gegen die Dänen wurde Sten Sturre tödtlich verwundet und starb 1520.

Seine beiden Nachfolger, als Reichsvorsteher, Suante, Nilson Sturre und dessen Sohn, Sten Sturre, der Jüngere, leben auch noch im dankbaren Andenken bei den Schweden, wegen ihrer patriotischen Großthaten.

[10]: Herr J. Scheffer in Mödling nächst Wien entwirft von diesem neuen Zweiflügler, welcher zur Familie der Muscidae gehört und mit der Gattung Borborus zunächst verwandt ist, folgenden Charakter:

Antennae deflexae, breves, triarticulatae, articulo ultimo phaerico; seda nuda.

Hypoctoma subprominulum, fronte lata, setosa.

Oculi rotundi, remoti.

Abdomen quinque annulatum, dorso nudo.

Tarsi, simplices.

Alae, incumbentes, abdomine longiores, nervo primo simplici.

Lecogaster islandicus.

Niger, abdomine nitido, antennis pedibusque rufopiceis.

Hinweise zur Transkription

Das Originalbuch ist in Frakturschrift gedruckt.

Der Text des Originalbuches wurde grundsätzlich beibehalten, mit folgenden Ausnahmen:

der Halbtitel wurde entfernt;

das Inhaltsverzeichnis wurde vom Buchende an den Textbeginn verschoben;

"Ui" als Umlaut wurde generell in "Ue" geändert;

im Inhaltsverzeichnis:
"dänichen" geändert in "dänischen"
(Jahresgehalte der kön. dänischen Beamten auf Island)

Seite 13:
"uud" geändert in "und"
(30 Fuß hoch gehen, und das Aufsteigen währte nie)

Seite 36:
"hauptächlich" geändert in "hauptsächlich"
(hauptsächlich um dort für mich mit einem Führer nach dem Hekla)

Seite 39:
"." eingefügt
(mir viel Glück zur morgigen beschwerlichen Reise wünschend.)

Seite 63:
"." eingefügt
(seinen Hafen zu erreichen.)

Seite 84:
"." eingefügt
(und langte glücklich in der Tiefe an.)

Seite 112:
"ordentllich" geändert in "ordentlich"
(daß mir dabei ordentlich angst wurde)

Seite 122:
"Elb" "Elf"
(An der Stadt fließt der Strom Storri Elf)

Seite 155:
"," eingefügt
(Den herrlichen Wenner-See, 10-12 Meilen lang)

Seite 162:
"." eingefügt
(vor dem See Roxen erhebt. Plötzlich erschließt sich)

Seite 176:
"nm" geändert in "um"
(Schon um 6 Uhr saß ich im Theater)

Seite 180:
"Daß" geändert in "Das"
(Das Schlößchen selbst ist so außerordentlich klein)

Seite 196:
"Upsula" geändert in "Upsala"
(Ungefähr eine halbe Meile hinter Upsala liegt)

Seite 205:
"Alt-Upsula" geändert in "Alt-Upsala"
(Die große Ebene, auf welcher Neu- und Alt-Upsala liegen)

Seite 207:
"." eingefügt
(in den Theil des Mälarsees ein, an welchem sie liegt.)

Seite 208:
"ertrageu" geändert in "ertragen"
(an Niemanden wenden, und muß Alles geduldig ertragen.)

Seite 209:
"Mittagkost" geändert in "Mittagskost"
(so viel bezahlen, wie für die ganze Mittagskost)

Seite 210:
"Städchen" geändert in "Städtchen"
(liegt das Städtchen Wachsholm, und diesem gegenüber)

Seite 217:
"Trottroir" geändert in "Trottoir"
(das Trottoir daneben ist so schön und eben)

Seite 219:
"Banernhäuser" geändert in "Bauernhäuser"
(Die Bauernhäuser sind hier sehr groß und ausgedehnt)

Seite 239:
"nocht" geändert in "noch"
(die Hauptkirche, die zwar noch nicht vollendet ist)

Seite 240:
"Slosses" geändert in "Schlosses"
(In das Innere des Schlosses konnte ich nicht)

Seite 243:
"Blummenpartieen" geändert in "Blumenpartieen"
(an Blumenpartieen kömmt man nur selten vorüber)

Seite 256:
"Bohholz-Käfer" geändert in "Bohrholz-Käfer"
(Räuberischer Bohrholz-Käfer)






End of the Project Gutenberg EBook of Reise nach dem skandinavischen Norden
und der Insel Island im Jahre 1845. Zweiter Band., by Ida Pfeiffer

*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK REISE NACH DEM SKANDINAVISCHEN NORDEN ***

***** This file should be named 47193-h.htm or 47193-h.zip *****
This and all associated files of various formats will be found in:
        http://www.gutenberg.org/4/7/1/9/47193/

Produced by The Online Distributed Proofreading Team at
http://www.pgdp.net (This transcription was produced from
images generously made available by Bayerische
Staatsbibliothek / Bavarian State Library.)


Updated editions will replace the previous one--the old editions
will be renamed.

Creating the works from public domain print editions means that no
one owns a United States copyright in these works, so the Foundation
(and you!) can copy and distribute it in the United States without
permission and without paying copyright royalties.  Special rules,
set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to
copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to
protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark.  Project
Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you
charge for the eBooks, unless you receive specific permission.  If you
do not charge anything for copies of this eBook, complying with the
rules is very easy.  You may use this eBook for nearly any purpose
such as creation of derivative works, reports, performances and
research.  They may be modified and printed and given away--you may do
practically ANYTHING with public domain eBooks.  Redistribution is
subject to the trademark license, especially commercial
redistribution.



*** START: FULL LICENSE ***

THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE
PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK

To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free
distribution of electronic works, by using or distributing this work
(or any other work associated in any way with the phrase "Project
Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project
Gutenberg-tm License available with this file or online at
  www.gutenberg.org/license.


Section 1.  General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm
electronic works

1.A.  By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm
electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to
and accept all the terms of this license and intellectual property
(trademark/copyright) agreement.  If you do not agree to abide by all
the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy
all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your possession.
If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a Project
Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound by the
terms of this agreement, you may obtain a refund from the person or
entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8.

1.B.  "Project Gutenberg" is a registered trademark.  It may only be
used on or associated in any way with an electronic work by people who
agree to be bound by the terms of this agreement.  There are a few
things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
even without complying with the full terms of this agreement.  See
paragraph 1.C below.  There are a lot of things you can do with Project
Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this agreement
and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic
works.  See paragraph 1.E below.

1.C.  The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the Foundation"
or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project
Gutenberg-tm electronic works.  Nearly all the individual works in the
collection are in the public domain in the United States.  If an
individual work is in the public domain in the United States and you are
located in the United States, we do not claim a right to prevent you from
copying, distributing, performing, displaying or creating derivative
works based on the work as long as all references to Project Gutenberg
are removed.  Of course, we hope that you will support the Project
Gutenberg-tm mission of promoting free access to electronic works by
freely sharing Project Gutenberg-tm works in compliance with the terms of
this agreement for keeping the Project Gutenberg-tm name associated with
the work.  You can easily comply with the terms of this agreement by
keeping this work in the same format with its attached full Project
Gutenberg-tm License when you share it without charge with others.

1.D.  The copyright laws of the place where you are located also govern
what you can do with this work.  Copyright laws in most countries are in
a constant state of change.  If you are outside the United States, check
the laws of your country in addition to the terms of this agreement
before downloading, copying, displaying, performing, distributing or
creating derivative works based on this work or any other Project
Gutenberg-tm work.  The Foundation makes no representations concerning
the copyright status of any work in any country outside the United
States.

1.E.  Unless you have removed all references to Project Gutenberg:

1.E.1.  The following sentence, with active links to, or other immediate
access to, the full Project Gutenberg-tm License must appear prominently
whenever any copy of a Project Gutenberg-tm work (any work on which the
phrase "Project Gutenberg" appears, or with which the phrase "Project
Gutenberg" is associated) is accessed, displayed, performed, viewed,
copied or distributed:

This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
almost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away or
re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
with this eBook or online at www.gutenberg.org

1.E.2.  If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is derived
from the public domain (does not contain a notice indicating that it is
posted with permission of the copyright holder), the work can be copied
and distributed to anyone in the United States without paying any fees
or charges.  If you are redistributing or providing access to a work
with the phrase "Project Gutenberg" associated with or appearing on the
work, you must comply either with the requirements of paragraphs 1.E.1
through 1.E.7 or obtain permission for the use of the work and the
Project Gutenberg-tm trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or
1.E.9.

1.E.3.  If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is posted
with the permission of the copyright holder, your use and distribution
must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any additional
terms imposed by the copyright holder.  Additional terms will be linked
to the Project Gutenberg-tm License for all works posted with the
permission of the copyright holder found at the beginning of this work.

1.E.4.  Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm
License terms from this work, or any files containing a part of this
work or any other work associated with Project Gutenberg-tm.

1.E.5.  Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this
electronic work, or any part of this electronic work, without
prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with
active links or immediate access to the full terms of the Project
Gutenberg-tm License.

1.E.6.  You may convert to and distribute this work in any binary,
compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including any
word processing or hypertext form.  However, if you provide access to or
distribute copies of a Project Gutenberg-tm work in a format other than
"Plain Vanilla ASCII" or other format used in the official version
posted on the official Project Gutenberg-tm web site (www.gutenberg.org),
you must, at no additional cost, fee or expense to the user, provide a
copy, a means of exporting a copy, or a means of obtaining a copy upon
request, of the work in its original "Plain Vanilla ASCII" or other
form.  Any alternate format must include the full Project Gutenberg-tm
License as specified in paragraph 1.E.1.

1.E.7.  Do not charge a fee for access to, viewing, displaying,
performing, copying or distributing any Project Gutenberg-tm works
unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9.

1.E.8.  You may charge a reasonable fee for copies of or providing
access to or distributing Project Gutenberg-tm electronic works provided
that

- You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from
     the use of Project Gutenberg-tm works calculated using the method
     you already use to calculate your applicable taxes.  The fee is
     owed to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he
     has agreed to donate royalties under this paragraph to the
     Project Gutenberg Literary Archive Foundation.  Royalty payments
     must be paid within 60 days following each date on which you
     prepare (or are legally required to prepare) your periodic tax
     returns.  Royalty payments should be clearly marked as such and
     sent to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation at the
     address specified in Section 4, "Information about donations to
     the Project Gutenberg Literary Archive Foundation."

- You provide a full refund of any money paid by a user who notifies
     you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he
     does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm
     License.  You must require such a user to return or
     destroy all copies of the works possessed in a physical medium
     and discontinue all use of and all access to other copies of
     Project Gutenberg-tm works.

- You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of any
     money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
     electronic work is discovered and reported to you within 90 days
     of receipt of the work.

- You comply with all other terms of this agreement for free
     distribution of Project Gutenberg-tm works.

1.E.9.  If you wish to charge a fee or distribute a Project Gutenberg-tm
electronic work or group of works on different terms than are set
forth in this agreement, you must obtain permission in writing from
both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and Michael
Hart, the owner of the Project Gutenberg-tm trademark.  Contact the
Foundation as set forth in Section 3 below.

1.F.

1.F.1.  Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
public domain works in creating the Project Gutenberg-tm
collection.  Despite these efforts, Project Gutenberg-tm electronic
works, and the medium on which they may be stored, may contain
"Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate or
corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual
property infringement, a defective or damaged disk or other medium, a
computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by
your equipment.

1.F.2.  LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right
of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project
Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project
Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all
liability to you for damages, costs and expenses, including legal
fees.  YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT
LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3.  YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE
TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE
LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
DAMAGE.

1.F.3.  LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a
defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can
receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a
written explanation to the person you received the work from.  If you
received the work on a physical medium, you must return the medium with
your written explanation.  The person or entity that provided you with
the defective work may elect to provide a replacement copy in lieu of a
refund.  If you received the work electronically, the person or entity
providing it to you may choose to give you a second opportunity to
receive the work electronically in lieu of a refund.  If the second copy
is also defective, you may demand a refund in writing without further
opportunities to fix the problem.

1.F.4.  Except for the limited right of replacement or refund set forth
in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO OTHER
WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO
WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.

1.F.5.  Some states do not allow disclaimers of certain implied
warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages.
If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
the applicable state law.  The invalidity or unenforceability of any
provision of this agreement shall not void the remaining provisions.

1.F.6.  INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance
with this agreement, and any volunteers associated with the production,
promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works,
harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
that arise directly or indirectly from any of the following which you do
or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.


Section  2.  Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of computers
including obsolete, old, middle-aged and new computers.  It exists
because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come.  In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
and the Foundation information page at www.gutenberg.org


Section 3.  Information about the Project Gutenberg Literary Archive
Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service.  The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541.  Contributions to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
permitted by U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
throughout numerous locations.  Its business office is located at 809
North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887.  Email
contact links and up to date contact information can be found at the
Foundation's web site and official page at www.gutenberg.org/contact

For additional contact information:
     Dr. Gregory B. Newby
     Chief Executive and Director
     gbnewby@pglaf.org

Section 4.  Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment.  Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements.  We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance.  To
SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
particular state visit www.gutenberg.org/donate

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States.  U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses.  Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations.
To donate, please visit:  www.gutenberg.org/donate


Section 5.  General Information About Project Gutenberg-tm electronic
works.

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
concept of a library of electronic works that could be freely shared
with anyone.  For forty years, he produced and distributed Project
Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.

Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
unless a copyright notice is included.  Thus, we do not necessarily
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.

Most people start at our Web site which has the main PG search facility:

     www.gutenberg.org

This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.