The Project Gutenberg eBook of Landesverein Sächsischer Heimatschutz — Mitteilungen Band X, Heft 10-12

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Title: Landesverein Sächsischer Heimatschutz — Mitteilungen Band X, Heft 10-12

Monatsschrift für Heimatschutz und Denkmalpflege

Author: Landesverein Sächsischer Heimatschutz

Release date: March 27, 2021 [eBook #64937]

Language: German

Credits: The Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net

*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LANDESVEREIN SÄCHSISCHER HEIMATSCHUTZ — MITTEILUNGEN BAND X, HEFT 10-12 ***

Anmerkungen zur Transkription

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Cover

Landesverein Sächsischer
Heimatschutz

Dresden

Mitteilungen
Heft
10 bis 12

Monatsschrift für Heimatschutz und Denkmalpflege

Band X

Inhalt: Hermann Vogel, dem Malerpoeten des Vogtlandes zum GedächtnisKamenzer WeihnachtenWanderbilder aus dem östlichen VogtlandTrachtenechtes SpielzeugCaprivi und die Bäume im Garten des KanzlerpalaisDrei Baumbilder aus der Wilsdruffer HeimatsammlungPflanzt NußbäumePraktischer HeimatschutzIn den Hütten meiner HeimatDas Weberhaus in HosterwitzWissenschaft und VogelschutzKursächsische StreifzügeErzgebirgische Christ- und MettenspieleVon der Schönheit des BaumesBücherbesprechung

Einzelpreis dieses Heftes M. 20.–, Bezugspreis für einen Band (aus 12 Nummern bestehend) M. 30.–, für Behörden und Büchereien M. 20.–. Mitglieder erhalten die Mitteilungen kostenlos, Mindestjahresbeitrag M. 10.–

Geschäftsstelle: Dresden-A., Schießgasse 24

Postscheckkonto: Leipzig 13 987, Dresden 15 835 Stadtgirokasse Dresden 610

Dresden 1921


An unsere werten Mitglieder!

In dem vorliegenden Weihnachtsheft bieten wir unseren Mitgliedern, Freunden und Gönnern etwas ganz besonderes:

Wir sind in der glücklichen Lage, zehn ganz vortreffliche Zeichnungen Hermann Vogels, des gemütvollen Illustrators der »Fliegenden Blätter«, der Anfang dieses Jahres seine Augen für immer schloß, abzudrucken und so dem Hefte eine besondere Weihnachtsstimmung zu geben.

Unser Verein hat in dem nun ablaufenden Jahre an Mitgliedern ungeahnt zugenommen. Fast hat sich unsere Mitgliederzahl verdoppelt, denn wir werden mit einem Bestand von 12 000 Mitgliedern abschließen. Freilich haben unsere Einnahmen durch die zunehmende Geldentwertung mit der Erhöhung unserer Mitgliederzahl nicht Schritt gehalten. Eine obligatorische Erhöhung unseres Jahresbeitrages (Mindestbeitrag 10 Mk.), der in unseren Brudervereinen schon 20 Mk. und mehr beträgt, möchten wir vermeiden, um auch unseren minderbemittelten Volksgenossen, den zahlreichen Schülern, die sich an unserer Bewegung und an unseren Veröffentlichungen erbauen, auch weiterhin die Zugehörigkeit zum Heimatschutz zu ermöglichen. Wir hoffen daher, daß

unsere Bitte um freiwillige Erhöhung des Jahresbeitrages

auch weiterhin Gehör und Erfüllung finden und das besonders der Inhalt dieses Heftes, das uns fast 10 Mk. (unseren Mindestbeitrag) selbst kostet, dazu anfeuern möge.

Wir fügen daher auch diesem Hefte eine Zahlkarte bei und bitten alle diejenigen, davon Gebrauch zu machen, die dazu irgendwie in der Lage sind, ihren Beitrag freiwillig zu erhöhen oder uns eine Weihnachtsgabe für das Jahr 1921 noch zu übermitteln. Die jetzige Teuerungswelle bringt auch unseren Verein erneut vor wirtschaftliche Schwierigkeiten. Möge der Opfersinn und die Opferwilligkeit aller derer, die uns angehören, an unseren Bestrebungen Freude, Gefallen und Genugtuung finden, dazu beitragen, daß wir auch über die neue verschärfte wirtschaftliche Lage hinwegkommen und weiter unseren Bestrebungen für Heimat und Volk mit allen unseren Kräften in der bisherigen Weise gerecht werden können.

Wir danken allen aufrichtig und von ganzem Herzen, die uns bisher geholfen haben und unseren Verein in die Lage versetzten, einer der größten Vereine mit idealen Bestrebungen von ganz Sachsen zu werden.

Wir bitten alle, dazu beizutragen, daß wir im nächsten Jahre unser zwanzigtausendstes Mitglied aufnehmen und an Macht und Ansehen weiter gewinnen können. Zu diesem Zwecke fügen wir eine Anmeldekarte zur Gewinnung eines neuen Mitgliedes bei. Die Mitgliedschaft wäre ein schönes Weihnachtsgeschenk für Sachsens Jugend.

Dresden, im November 1921

Landesverein Sächsischer Heimatschutz


[197]

Band X, Heft 10/12, 1921

Die Mitteilungen des Vereins werden in Bänden zu 12 Nummern durch den Vorstand herausgegeben

Abgeschlossen am 1. Oktober 1921

Hermann Vogel dem Malerpoeten des Vogtlandes zum Gedächtnis

Von Karl Rödiger, Plauen i. V.

Die beigedruckten Bilder stammen »Aus den Fliegenden Blättern«, Braun & Schneider, München

»Bin kein Heimatkünstler im eigentlichen Sinne des Wortes, bin kein Vogtlandmaler«, schrieb mir Hermann Vogel in seiner kurzen, offenen Art, als ich mich vor etlichen Jahren an ihn gewendet hatte mit der Bitte, mir aus dem Reichtum seiner Bilder solche zu nennen, denen ein vogtländisch-heimatliches Motiv zu Grunde liegt. Und wer das gesamte Schaffen des Künstlers, der sich selbst einmal, auf dem Titelblatt seines »Bilder- und Geschichtenbuches«, als »romantisch-humoristischer Illustrator« bezeichnet hat, auch nur einigermaßen kennt, seine Illustrationen zu Scheffels Ekkehard, zu Wagners Deutschen Heldensagen, zu Schwabs Volksbüchern, zu der achtbändigen Weltgeschichte seines Lehrers Otto Kaemmel, seine wundersamen Bilder zu den Märchen der Brüder Grimm (1892/94), zu Rudolphis Märchen (1905), seine ungezählten Bilder und Gedichte, Tierfabeln und Geschichten in den Münchener »Fliegenden Blättern«, denen Hermann Vogel mehr als drei Jahrzehnte lang sein bestes Dichten und Können gewidmet hat, wer dies alles überblickt, der wird, erstaunt ob solcher Gestaltenfülle aus allen Zeiten und Völkern und Ländern, den Künstler nicht[200] mehr in den engbegrenzten Begriff des Heimat- und des Vogtlandmalers hineinzwängen wollen.

Der Schatzgräber

Und doch, wer näher zusieht, wer als geborener Vogtländer wie ich von Jugend an leidenschaftlich gern Hermann Vogelsche Bilder aufgesucht und stundenlang betrachtet hat, der wird mit aufrichtiger Freude entdecken können, wie Hermann Vogel auch seiner Heimat, seinem Vogtland, immer und immer wieder reizvolle Motive für seine Bilder abzulauschen wußte.

Hexenküche

Kein Wunder. Denn in Plauen, im Herzen des Vogtlandes, am 16. Oktober 1854 als zweiter Sohn des Maurermeisters Traugott Wilhelm Vogel geboren, ist der Künstler zeitlebens ein rechter Vogtländer von echtem Schrot und Korn geblieben. Mit allen Fasern seines Herzens hing Hermann Vogel an seinem Vogtland. Mit seinen Landsleuten hat auch er, wie Julius Mosen, der Vogtlandsänger, im Eingang der »Erinnerungen« von sich sagt, immer die Anhänglichkeit an die heimatliche Erde des Vogtlandes gemeinsam gehabt. Ein doppeltes Heim hat Hermann Vogel besessen, ein Sommerheim an der Plattleithe im sonnigen Loschwitz bei Dresden und ein Winterheim in seinem obervogtländischen Dörflein Krebes beim Burgstein, zwischen Ruderitz und Gutenfürst. Sobald es zu herbsteln begann, sobald die ersten Schneeflocken herabwirbelten, litt es den Künstler nicht länger im wohligen Loschwitz. Das Heimweh trieb ihn hinauf in seine heimatlichen Vogtlandberge und Vogtlandwälder. Und hier, in der Weltabgeschiedenheit des Krebeser Waldes, in nie befriedigtem Selbststudium, in unablässigem Naturstudium hat er, den kein Kunstlehrer und keine Kunstakademie dauernd hatte fesseln können, mühevoll sich den Weg zu seiner Künstlereigenart gebahnt. Hier hat er am 22. Februar 1921 sein Künstlerauge für immer geschlossen. Hier haben wir ihn, den »Krebesaere«, auf seinen ausdrücklichen Wunsch in den mütterlichen Schoß seiner heißgeliebten Vogtlanderde gebettet. –

Mit Stift und Skizzenbuch hat Hermann Vogel sein Vogtland kreuz und quer durchstreift und, als Maurermeisterssohn, mit ganz besonderer Vorliebe architektonische Motive heimgetragen. Immer wieder ragen in seinen Bildern die zerfallenen Mauern der beiden romantischen Burgsteinruinen empor, die seinem Krebeser Heim und seinem Künstlerherzen so nah benachbart waren: in Maiensonntagsbildern die untere Burgsteinruine mit dem ländlich gemütlichen Kegelschub, im mondlichtüberflossenen Schatzgräberbild die obere Burgsteinkapelle, in dem köstlichen Waldmappenbild von der Märchen erzählenden Großmutter die altersgrauen Burgsteinmauern mit dem geheimnisdunklen Spitzbogentor im Hintergrund, im Bild vom grauen Männel, das den späten Gast vom Burgstein heimleuchtet, in zahlreichen Bildern der Ora-pro-nobis-Brüderschaft, deren Seele der Künstler gewesen, im Bild vom eingeschneiten Einsiedler, in der innigen Dornröschenkarte vom Burgstein, deren Geleitgedicht der Malpoet ausklingen läßt:

Hier schläft, umraunt von Wald und Wind,
Der Heimat Poesie.
Waldseeklause

Aus vielen, über alle Welt verbreiteten Bildern Hermann Vogels grüßen uns wie vertraute Freunde Dorfkirchen des Vogtlandes mit ihren runden Zwiebeltürmen: [203]das Kirchlein von Krebes, von Kemnitz und Geilsdorf, die weit ins Land schauende St. Clara-Kapelle von Heinersgrün, die berühmte Bergkirche von Schleiz, eine der ältesten und denkwürdigsten Kultstätten des gesamten Vogtlandes. Alte Bauwerke, »Wohnungen der Frau Romantika«, Burgruinen, Kirchen, Tore, Türme und Schlösser, haben es ihm angetan: der zierliche Schloßturm des Rittergutes von Wiedersberg im oberen Vogtland, das Stadttor von Saalburg, der Wartturm von Ziegenrück, Schloß Ranis, das efeuumsponnene, im Pößnecker Kreis, vor allem das herrliche Schloß Burgk an der Saale in Sommersonnenglanz und deutscher Winterweihnachtspracht.

Wahr’ dich vor Waldschmieds Töchterlein!
Wie Eisen so stark, wie Gold so fein
Schwingt sie den Hammer wie Wieland gut,
Wie Kohle loht ihrer Augen Glut!
Und naht der Schmiede ein Reitersmann,
Der nicht mehr fechten und traben kann,
Dem bessert sie Harnisch und Huf zur Stund’,
Brennt aber auf ewig das Herz ihm wund!

Als begeisterte Anhänger und Vorkämpfer des Heimatschutzgedankens sind wir dem Künstler aber noch besonders dankbar, daß er bemerkenswerten Resten und Zeugen heimatlicher Bauweise so liebevoll nachgegangen ist und diese uns in vielen seiner Bilder erhalten hat: die schindelgedeckten Bauernhütten des Vogtlandes mit dem Rundbogenbalken über den kleinen Wohnfenstern, den kunstvoll mit Schiefer verkleideten Giebel der Waldschmiede in Heinersgrün, den altmeisterlichen Holzwerkgiebel ebendort (in dem Bild von der »Hochzeitsmusik«), das echt vogtländische Bauernhaus mit Holzgalerie (in Grimms Märchen von den klugen Leuten), das heimatliche Bauerngehöfte mit Taubenschlag und Bienenstöcken und Kleinod- (»Klaanet«) Garten (beim Märchen vom Frieder und Katerlieschen), die altvogtländische Bauernstube mit Spinnrad, vogtländischem Hauskalender und Kachelofen und volkskunsthandwerklicher Holzverkleidung (aus den Waldmappenbildern), den urwüchsigen Dorfbrunnen mit bretternem Brunnenhaus und wuchtigem Klotzhebel, im Volksmund »Leerl« genannt, (beim Märchen vom Fundevogel), den Wiedersberger Gasthof mit seinem Fachwerk und kunstschmiedeeisernem Wirtshausschild (im Märchen von dem, der das Fürchten lernen wollte) und endlich, nicht zuletzt, auch die weltabgeschiedenen Mühlen alle in den Waldbachtälern des Vogtlandes, vor allen die Kienmühle im Kemnitzgrund nahe dem Burgstein, zwischen Ruderitz und Geilsdorf, des Künstlers Lieblingsmühle, wo er so gern geweilt, die er in einem seiner schönsten Gedichte also preist:

Am Erlenbach, im engen Grund, du Mühle hast mir’s angetan,
Seit sich dein stiller Frieden mir zum ersten Male aufgetan.
Wie oft saß ich am Felsenhang, von Fichtenkronen rings umsäumt,
Und späht’ dein stilles Tal entlang, so heimatfröhlich und verträumt.


Noch heute summt durch meinen Traum ein fernes Lied, so leis und lind,
So liebend, wie wenn in den Schlaf die Mutter singt ihr krankes Kind.
’s ist ein gar eigen, stilles Lied, so waldeskräftig, sonnenmild,
Bald fröhlich wie der Mühlenbach, wenn er um moos’ge Felsen quillt,
Und bald wie Waldesbrausen ernst, dem scheu der Sprung der Rehe lauscht:
Es ist der Heimat Zauberlied, das durch die Fichtenkronen rauscht.
Im Maien.

[205]

Wenn der Hans die Grete nimmt,
Die Musica auf’s Feinste stimmt;
Wenn der Hans die Grete hat,
Wendet sich das Notenblatt –
Nun toent’s bald sueß, wie Nachtigallsang
Bald, als keiften zwei Kater die Daecher entlang!

H. V. 1904

Hochzeitsmusika

[206]

Der Heimatmühle tief drunten im Tal und dem Heimatwald hoch droben auf den Vogtlandbergen gehörte des Künstlers volle, treue Liebe.

Du Wald auf meiner Heimat Höh’n,
Mein ganzes Glück bist du!

bekennt er am Schluß des Geleitgedichtes zu seinem ergreifend schönen Heimatwaldbild. Tagelang und nächtelang ist er als Jäger durch den Krebeser Wald gestreift und durch die Wälder der Ruderitzberge und der Plattenberge, mit der Donnerbüchse über der Schulter. Nur selten hat er’s über sich vermocht, ein Wild des Waldes mit seiner Flinte wirklich tot zu schießen. Mit seinem Stift, dem treffsicheren, hat er die Tiere belauscht und im Skizzenbuch als Beute heimgebracht: den leichtflüchtigen Hasen, den listigen Fuchs, das keusche Reh (des Künstlers Lieblingstiergestalt), die gurrenden Holztauben, das übermütige Eichkätzchen und die nachtschwarzen Unglücksraben Wotans. (Hermann Vogel als Gestalter der heimischen Tierwelt ist ein besonders reizvolles Kapitel für sich allein.) Aber über die oft verblüffende Wirklichkeitstreue hinaus drängte es den Künstler, den heimatlichen Wald romantisch zu beleben, »märchenhaft und wunderbar«, mit Gnomen und Zwergen und Elfen und Nixen und Drachen und Hexen und Riesen. Die Bäume bekommen Gesichter, Arme und Hände. Hinter den Felsen lauern spukhafte Ungeheuer. Hänsel und Gretel, zwei vogtländische Bauerskinder, schreiten herzklopfend durch den verzauberten, nächtlichen Vogtlandwald. Hermann Vogel ist einer der bedeutendsten Märchenwaldmaler des deutschen Volkes. (Wer sich jemals in seine Waldbilder zu den Volksmärchen der Brüder Grimm und seine beiden Waldbildmappen vertieft, wird es bestätigt finden.)

Madonna im Walde

Als echter Malerpoet des Vogtlandes erweist sich Hermann Vogel auch in seiner Darstellung der vogtländischen Menschen, die er oft und gern in seine Bilder hineinführt. Echt romantisch ist es, wie er auch hier Märchentraum und Wirklichkeit oft seltsam zu verketten weiß. Wie wirklichkeitsscharf verkörpert er die junge Vogtländerin mit dem Leibgericht aller Vogtländer, den grünen Klößen (Griegenifften) in der runden Schüssel, und mit der alten, schönen Vogtlandtracht, der perlenverzierten Buckelhaube, dem reichbestickten Brusttuch, dem schwarzen Mieder, den kurzen, blütenweißen Hemdärmeln, dem langen, weiten Rock und der breiten, bunten Schürze. (Mit dem Künstler beklagen auch wir, daß die altheimische Tracht von den Dorfbewohnern im Vogtland nicht mehr getragen wird und nur noch in Museen, in Kästen und Truhen ein verborgenes Dasein fristet.) Was für altvogtländische Prachtgestalten sind die Mitglieder der Stammtischrunde in der Gutenfürster Waldschenke, wo auch Hermann Vogel gern gesessen und seinen Jagdabenteuerdurst gelöscht. Und dann der alte Nachtwächter, Totengräber und Bälgetreter von Krebes, des Künstlers liebvertrauter Freund, dem er in Bild und Vers ein dauerndes Denkmal geschaffen! »A’ schön’s Geld kriagt er aa’ … fufzig Pfenning für’n Tag. Und sei Spritzenhausstüberl hat d’feinste Lag’.« Nicht die Menschen der Großstadt, nein, die schlichten Menschen der weltfernen vogtländischen Dörfer, die arbeitgewohnten Männer und Frauen, die Alten, die Einsamen, sind des Künstlers liebster Umgang und Gesellschaft gewesen, und in den Bildern und Liedern des »Einsiedlers von[209] Krebes« leben sie alle fort: die einsame Hirtin von Ruderitz, die einsame Waldfrau aus den Plattenberghäusern, weit im Umkreis als »Waldhex verschriern« und gemieden, der kranke Einsiedler, den das Märchen selbst in seiner Waldeinsamkeit besucht und tröstet, der eingeschneite Einsiedelmann auf dem wundervollen Burgsteinwinterbild, wo zwei Damen aus der Stadt im schicken Schikostüm den Eremiten mehr erschrecken, als es der dickste Vogtlandschnee vermag.

Sneewittchen

Der Winter war des Künstlers liebste Jahreszeit. Bis ins beschwerliche Alter war es sein größter Spaß, mit Toni Kettner, seinem »Hausgeist«, seiner verständnisvollen Schwägerin und Pflegerin, auf Schneeschuhen über die Hochflächen und Talhänge des südwestlichen Vogtlandes hinzuflitzen. Winter und Hermann Vogel, einander innerlich verwandt, beide – Schwarzweißkünstler! Der Künstler ist nicht müde geworden, immer von neuem den Zauber des Winters in seinen Bildern festzubannen. Wintermärchenbilder und – Weihnachtsbilder, aus Vogtlandheimaterlebnissen geboren, sind wohl das Allerschönste, was Hermann Vogel, der herzinnige Kinderfreund, der kerngetreue Vogtlandsohn, der deutschfromme Mann, seinem Volk und Vaterland geschenkt und hinterlassen hat. Als urdeutscher Künstler überträgt er die Christnachtsgeschichte aus dem fremden Osten herein in seinen heimatlichen Vogtlandwald. Maria und Joseph sind vogtländische Bauersleute. Joseph, der Zimmermann, hat Herberg’ mit seinem vertrauten Weib in Wiedersberg, dem lieblichen, obervogtländischen Dorfidyll, gefunden. Durch den tiefverschneiten Krebeser Wald flieht die heilige Familie vor dem bösen König Herodes. In Vogtlandwaldesstille treu geborgen hält die heilige Familie Rast auf ihrem von echt vogtländischen Rindern gezogenen Schlitten. Vogtländische Bauern, Bäuerinnen und Kinder, vogtländische Hirten und Knechte drängen sich glückselig zum Christkind oder knien anbetend am Waldsaum. Engel bringen vom Himmel die Wiege des Christkindleins hernieder zur Erde, zum Schlosse Burgk an der Saale in seinem wundersamen Winterweihnachtskleid. Durch die Torbogen des Schlosses Burgk auf hölzernem Schlitten von Englein gezogen, hält das Christkind Einzug auf dieser armen, kalten Erde, die frohe Botschaft von Licht und Liebe, Wohlgefallen und Frieden verkündend. Eines der prächtigsten Vogtlandwinterbilder, die unserm Künstler gelungen, ist endlich noch das Neujahrsbild, das er für die Jahres- und Jahrhundertwende 1900 geschaffen: in zauberischem Mondlicht, von blendendem Schnee bedeckt, gleichsam wie Schneewittchen, atmet vor uns das Dörflein Krebes. (Wie wundersam zart die kahlen Bäume, Zaun und Hütten ihre Schatten auf dem weichen Schnee hinbreiten.) Und der treue Wächter des Dorfes mit seinem Horn und Spieß steht mitten in der Dorfstraße und blickt empor zu den jagenden Wolken, in denen der deutsche Erzengel Michael gegen drohende, feindliche Gewalten in den Kampf zieht. (Dies Traumgesicht des Künstlers ist im Weltkrieg furchtbare Wirklichkeit geworden.) Heimatliches und Vaterländisches sind in diesem, wie in vielen, vielen Bildern Hermann Vogels innig zusammengekettet. Heimat und Vaterland waren die Grundpfeiler seines Wesens und Schaffens. Mit dem heißgeliebten deutschen Vaterland ist auch ihm die schöpferische Kraft zusammengebrochen. In der Neujahrskarte 1919, die des Künstlers heimatlich-romantische Eigenart in Bild und Vers noch einmal ganz[212] besonders klar wiederspiegelt, hat Hermann Vogel seinem bitteren Weh erschütternden Ausdruck gegeben:

Wir graben mit dem alten Jahr
Ein Grab dem, was uns heilig war.
Der Märchenwald sein Hüter sei,
Der macht die Herzen wundenfrei.
Dann, Neues Jahr –
aus Not und Schand’
Schaff uns ein neues Vaterland!
Es war einmal

Es konnte und sollte in diesen Zeilen dankbaren Gedächtnisses nicht des Meisters gesamtes Lebenswerk umfassend gewürdigt werden, sondern, den Zielen des Heimatschutzes gemäß, nur insoweit, als es in der Vogtlandheimatscholle des Künstlers wurzelt, und auch da nur in knappen Andeutungen, Anregung gebend, selbst noch inniger und tiefer in das malerische und dichterische Schaffen unseres Hermann Vogel einzudringen.

Weihnachten

Ein einigermaßen abschließendes Urteil über ihn, den traumvollen Romantiker des Stiftes, wird erst dann möglich sein, wenn sein künstlerisches Vermächtnis in dem geplanten Hermann Vogel-Zimmer des vogtländischen Kreismuseums seiner Vaterstadt Plauen gesammelt vorliegt: seine frühesten Kinderzeichnungen, seine Illustrationen zu deutschen Helden-, Geschichts- und Märchenbüchern, seine Bilder und Gedichte für die »Fliegenden Blätter« und zahlreiche andere deutsche Zeitschriften, möglichst viele seiner Originale, unveröffentlichte auch aus Privatbesitz, seine Skizzenbücher, seine handschriftlichen Erinnerungen und Briefe (Hermann Vogel, Plauen ist ein unermüdlicher, geistvoller, humorvoller Briefschreiber gewesen) und seine hinterlassenen, zum Teil noch unvollendeten Werke. (Ein »Volksband« mit seinem Bildnis und Lebensabriß wird vorbereitet, und die Grimmschen Volksmärchen mit Hermann Vogels herzerquickenden Märchenbildern sollen von Braun und Schneider in München neu herausgegeben werden.)

Dann erst wird uns Hermann Vogels künstlerische Bedeutung und Stellung noch viel eindrucksvoller zum Bewußtsein kommen, namentlich sein inneres Verhältnis zu Moritz v. Schwind und Ludwig Richter, seinen beiden »Kunstheiligen«, denen er auf dem Titelblatt seines Bilder- und Geschichtenbuches (vgl. Kunstwart-Heft vom April 1921), in gestaltenreichen Gedenkblättern und zahlreichen Märchenbildern gemütinnige Ehrenmale geschaffen hat. Bemerkenswerte Kunstbekenntnisse Hermann Vogels enthält auch ein Bild, auf dem er in die Rinde des Eichbaums deutscher Kunst, der von modernen Stürmern gefällt werden soll, folgende Namen eingeschrieben hat: Dürer, Holbein, Cornelius, Rethel, Moritz v. Schwind, Spitzweg und Ludwig Richter. Ferner sein Spruch, in dem er seinen Meister Schwind zur Deutschen Kunst sagen läßt:

»Ob alt, ob neu, der Streit is umsunst:
Es gibt nur a gute und a schlechte Kunst!«

[213]

Heimat und Vaterland waren die Grundpfeiler seines Wesens und Schaffens. Heimat und Vaterland allein werden auch die unerschütterlichen Grundpfeiler sein, auf denen die Zukunft unseres deutschen Volkes neu aufgebaut werden kann. Darum ist uns Herzenswunsch und Hoffnung, was Ferdinand Avenarius in seinem Hermann Vogel-Nachruf ausspricht, daß kommende Geschlechter, wenn die »Richtungen« noch manchmal geschwenkt haben, sich zu Hermann Vogel, dem Bescheidenen, zurückfinden werden, vor allem unsere Jugend, unsere Kinder, die deutschen Jungen und Mädchen, und an seiner glühenden Liebe zu Heimat und Vaterland sich begeistern, so treu und deutsch zu sein wie er, von dem Fontanes Wort gilt:

»Der ist in tiefster Seele treu, wer die Heimat liebt wie du.«

Anmerkung. Auch für uns hat Hermann Vogel ein köstliches Blatt »Heimatschutz« geschaffen, das dem längst vergriffenen Bande I unserer Mitteilungen beigegeben wurde. Abzüge dieses Kunstblattes, auf weißen Karton gedruckt, können wir in beschränkter Anzahl zum Preise von 15 Mark noch abgeben. Für alle Heimatfreunde bildet das Blatt eine schöne Erinnerung an den gemütvollen Künstler. (Bestellung auf beigefügtem Bücherzettel erbeten.)


Kamenzer Weihnachten

Von Gerhard Stephan

Kamenz feiert wieder einmal sein Weihnachtsfest. Die andern tun es auch, aber Kamenz feiert es anders – sinniger, schöner. Man lebt hier in der »wendischen Türkei« zwar etwas hinter der Zeit her, dafür halten sich aber die alten Gebräuche auch um so länger, und wehe dem, der es wagen wollte, an ihnen zu rütteln. Am 30. April ist »Hexenabend«, im August ist es das Forstfest, das unser liebes Städtchen fast eine Woche lang in Atem hält und dessen Ausfall während des Krieges von allen Einheimischen schwer empfunden wurde. Zur Weihnachtszeit ist es »der Fackelzug«, der in so recht poesievoller Weise das liebe Christfest einleitet.

Unsre brave Freiwillige Feuerwehr muß auch hier wieder ran und die Fackelträger stellen. Auf dem alten Klosterhof der Franziskaner, der jetzt den Schulkindern als Aufenthalt während der Unterrichtspausen dient, und der auch beim Forstfest den Ausgangspunkt bildet, am bescheidenen Denkmal des größten Stadtsohnes sammelt sich die Schar der Sänger – die Schuljungen, verstärkt durch einige Mitglieder des »Sängerbundes«. Der geschäftige Kantor mustert die Reihen und erteilt die letzten Anweisungen: »Also, erst die Musik einen Vers und dann wird der erste Vers gesungen, dann kommt wieder die Musik und dann der zweite Vers!« Die Feuerwehr zündet ihre Fackeln an und verteilt sich auf den Zug, die Musik stellt sich an der Spitze auf.

Vom Turme des Rathauses ertönt es sechs Uhr, die Hauptkirche antwortet. Ihre Glocken klingen fort, sie läuten das Christfest ein. Der Zug setzt sich in Bewegung, das alte liebe Lutherlied erklingt, bald von der Musik allein gespielt, bald von den Kindern gesungen: »Vom Himmel hoch, da komm ich her!«

Durchs Klostertor geht der Zug über die Kirchstraße nach dem Markt, genau wie beim Forstfest. Stark ist die Zahl der Zuschauer, besonders die der Kinder. Für sie steht am Heiligen Abend das Programm fest: »Erst zum Fackelzug, dann[214] heim zur Christbescherung.« Und die Alten schließen sich an, ihnen fehlt auch etwas, wenn sie nicht zum Weihnachtssingen waren. –

Die Glocken tragen es hinaus in die Ferne: Weihnachten! – Die Sängerschar hat ihren Weg zum Rathaus genommen und sich im Kreise aufgestellt. Der ganze Marktplatz aber ist schwarz. Und laut erklingen die Weihnachtslieder: »Tochter Zion freue Dich!«, »Halleluja« und das alte ewig neue »Stille Nacht«. Dann eine große Teilung der Sänger, und der Höhepunkt kommt mit dem zweichörigen: »Hosianna, gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.« »Im Namen des Herrn«, so gibt es der andere Chor zurück. (Im Kriege wurde es einmal nicht gesungen, da fehlte etwas am Weihnachtsfeste.) – Die beiden Abteilungen finden sich wieder zusammen in dem: »Nun danket alle Gott!«

Dann aber stürmt die jugendliche Schar der Sänger und Zuhörer auseinander – dem Weihnachtstische zu. Was bleibt den Alten übrig? Sie müssen auch mit. Und in wenigen Minuten ist der Platz wieder leer, als wäre nichts geschehen. Nur die Glocken singen ihr Lied weiter und jubeln es hinaus in die Ferne: »Christ ist geboren!«

(Niedergeschrieben Weihnachten 1920.)


Die preußische Polizeiverordnung vom 30. Mai 1921, den Naturschutz betreffend

Von Martin Braeß

Während man bei uns in einzelnen Kreisen neuerdings bestrebt ist, eine Lockerung der Vogelschutzgesetzgebung herbeizuführen, trifft eine ausführliche Polizeiverordnung für den Umfang des ganzen preußischen Staatsgebiets Bestimmungen, die auf Grund des Gesetzes vom 8. Juli 1920 eine große Anzahl von Tieren weit über das Vogelschutzgesetz und die Jagdgesetze hinaus in Schutz nimmt. Auch eine Reihe wildwachsender Pflanzen werden durch die neue Polizeiverordnung vom 30. Mai 1921 geschützt. Diese Verordnung ist in mehrfacher Beziehung bemerkenswert; sie verdient die größte Beachtung auch in allen andern Ländern des Reichs.

Der Naturschutzgedanke, das ist der erste hocherfreuliche Eindruck, hat sich hier durchgerungen; ungetrübt tritt er in die Erscheinung. Die Frage nach Nutzen und Schaden steht nicht mehr im Vordergrund, sondern einzig die Sorge, unsrer Heimat die Mannigfaltigkeit, den Reichtum ihrer Tier- und Pflanzenwelt zu erhalten. Deshalb Schutz all den Geschöpfen, deren Dasein ernstlich bedroht ist! Es ist verboten, ihnen nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhigen, sie zu fangen oder zu töten. Ihre Eier, Nester oder sonstigen Brutstätten dürfen weder fortgenommen, noch beschädigt werden. Diese Bestimmungen gelten auch für den Meeresstrand und das Küstenmeer. Nur das Sammeln der Möweneier, wie es bisher geübt ward, bleibt unberührt; dagegen sind die Eier der Seeschwalben geschützt.

Die Liste der geschützten Tiere beginnt mit zwei Insekten, den beiden Formen des prächtigen Apollofalters und der Gottesanbeterin, deren Gestalt wohl ebenso wunderlich ist wie ihr Name. Für Preußen mögen die beiden Tiere allerdings zu den größten Seltenheiten gehören: ich kenne sie nur aus Südbayern[215] und Österreich. Diesen Kerbtieren schließt sich als einzige Vertreterin der Reptilien die Sumpfschildkröte an, die noch in Westpreußen und den benachbarten Gebieten lebt, auch im Regierungsbezirk Lüneburg, an der Unterweser, in Schleswig-Holstein, ebenso vereinzelt in der Altmark, im Braunschweigischen und in Schlesien nachgewiesen ist, während es sich bei unsern sächsischen Funden, wie es scheint, nur um ausgesetzte und verschleppte Tiere handelt. Es ist dringend erwünscht, daß diese einzige Vertreterin ihrer Ordnung dem Deutschen Reich als seltenes Naturdenkmal erhalten bleibe.

Die Reihe der geschützten Vögel ist sehr groß, obgleich bereits das Reichsvogelschutzgesetz über die meisten unsrer gefiederten Freunde seine schützende Hand hält, so daß es nicht nötig war, sie hier mit aufzunehmen. Trotzdem umfaßt diese Liste 51 Nummern, wobei zu bedenken ist, daß Sammelnamen wie Weihen, Eulen, Reiher u. a. mehr oder weniger zahlreiche Einzelarten umfassen. Sehr zu begrüßen ist es, daß überall hinter die deutschen die wissenschaftlichen Namen gesetzt sind, so daß jede Unklarheit ausgeschlossen ist, während dieser Mangel beim Reichsvogelschutzgesetz hier und da störend zutage tritt. Dieses schützt z. B. die »Bussarde« (§ 8). Sind darunter nur die in Europa brütenden Formen der Gattung Buteo mit Einschluß des Rauhfußbussards (Archibuteo lagopus) gemeint oder auch der Wespenbussard (Pernis apivorus)? Dieser gehört ja zur Familie der Weihen und ist ebensowenig ein Bussard, wie z. B. die »Turmschwalbe« (Cypselus apus) eine Schwalbe.

Der Schutz, den die Polizeiverordnung den angeführten Vögeln gewährt, ist dreifach abgestuft. Das ganze Jahr über sind geschützt: der Kormoran, der Höckerschwan, die Zwergtrappe, schwarzer und weißer Storch, Reiher und Rohrdommeln, mit Ausnahme des Fischreihers, der Schlangen-, Schrei-, Stein- und Seeadler, der Wespenbussard, der Baum-, Rotfuß- und Turmfalk, alle Eulen einschließlich des Uhus, die Spechte, der rotköpfige und der schwarzstirnige Würger, der Kolkrabe, der Steinsperling, der Karmingimpel und der Wasserschmätzer (die Wasseramsel). Man sieht, eine ganze Anzahl Fischerei- und Jagdschädlinge, wie Kormoran, Rohrdommel, die verschiedenen Adlerarten, der Uhu, sollen geschützt werden, doch aus keinem andern Grunde, als weil sie zu den seltenen Naturdenkmälern gehören, die wir unsern Grenzen erhalten wollen. Welch’ gewaltiger Fortschritt gegenüber den bisher in Preußen geltenden Bestimmungen! Da waren Kormoran, Wespenbussard, Baum- und Rotfußfalk, der Uhu, alle Würger, der Kolkrabe »vogelfrei«, d. h. sie durften von jedermann gefangen und getötet, auch ihrer Eier und Jungen beraubt werden. Nun genießen sie auf einmal innerhalb Preußens den denkbar größten Schutz. Andere wieder, wie die Störche, Eulen (mit Ausnahme des Uhus), der Turmfalk, die Spechte, der Wasserschmätzer erfreuten sich auch schon bisher des Schutzes durch das Reichsgesetz. Ihre Aufzählung in der vorliegenden Liste glaube ich nur dahin deuten zu sollen, daß man den unbedingten Schutz dieser Vögel nochmals nachdrücklichst betonen will. Von den in Preußen jagdbaren Vögeln nennt die Verordnung den Höckerschwan, die Zwergtrappe, die Rohrdommel und die verschiedenen Adler.

Während der Brutzeit, nämlich vom 1. März bis 31. August, sollen die folgenden geschützt sein: Eisalk, Trottellumme, Papageien- und Polartaucher,[216] Möwen und Seeschwalben, Eider- und Schellente, Brandgans, Austernfischer, Steinwälzer, Regenpfeifer, Kiebitz, Triel, Säbelschnäbler, Strand-, Kampf- und Wasserläufer, Uferschnepfe, Brachvogel, Kranich, Turtel- und Hohltaube, die Weihen (mit Ausnahme der Rohrweihe), die Milane, der Wanderfalk, der Raubwürger und der Tannenhäher.

Man sieht, es sollen sehr viele jagdbare See- und Küstenvögel, deren Schonzeit bisher viel enger begrenzt war, nämlich vom 1. Mai oder auch vom 1. März an bis zum 30. Juni, eine wesentlich längere Schonzeit genießen, damit sie ihre Bruten in Ruhe und Sicherheit großbringen, während die angeführten Tauben sich bisher überhaupt keiner Schonzeit erfreuen durften. Die zuletzt genannten Raubvögel aber, mit Einschluß des großen Raubwürgers, ebenso der Tannenhäher waren bisher in Preußen völlig schutzlos der Willkür eines jeden preisgegeben. Es ist dankbar anzuerkennen, daß die Idee des Naturschutzes auch hier über alle engherzigen Bedenken gesiegt hat. Hoffentlich gelingt es noch in letzter Stunde, die recht seltenen Vögel durch diese Maßnahmen unserm Vaterland zu erhalten.

Vom 1. März bis 30. Juni aber sollen geschützt sein die Säger und die Graugans. Erstere waren bisher vogelfrei, die Graugans aber, zu den jagdbaren Vögeln gehörend, entbehrte jeder Schonzeit.

Auch einige Säugetiere werden aufgeführt, die alle mehr oder weniger schädlich sind. Ihre Seltenheit oder ihr meist nur vereinzeltes Vorkommen rechtfertigt aber den unbedingten Schutz, den die neue Polizeiverordnung ihnen gewähren will. Es sind die folgenden: Sieben-, Baum- und Gartenschläfer, die Haselmaus, der Biber und der Nörz (Sumpfotter). Es ist möglich, daß die genannten kleinen Nagetiere noch in vielen Gegenden des mittleren Deutschlands auftreten, namentlich dort, wo Laubwaldungen vorherrschen, aber sie führen ein recht verstecktes Leben, und warum soll man mit dem Schutz eines Tieres immer erst so lange warten, bis es die allerhöchste Zeit ist, sich seiner anzunehmen? Biber aber und Nörz sind für Deutschland so seltene Tiere geworden, daß ihr unbedingter Schutz von jedem Naturfreund gefordert werden muß. Der Biber, ehemals in unserm Vaterland weit verbreitet, lebt nur noch an der Elbe zwischen Magdeburg und Wittenberg, wo zu seinem Schutz bereits alle Maßnahmen getroffen sind; der Nörz aber galt sogar vor kurzem für ausgerottet, bis einige Funde dies widerlegten. Er wird sicherlich vielfach verkannt und übersehen.

Von allgemein geschützten wildwachsenden Pflanzen führt die Liste folgende Arten an: Straußen- und Königsfarn, alle Arten von Bärlapp, Schlangenmoos, Eibe, Federgras, Türkenbund, Frauenschuh, Strandvanille, Seidelbast, Wassernuß, Stranddistel, eichenblättriges Wintergrün, die ausdauernden (blaublühenden) Arten von Enzian und Linnäe. Es ist verboten, die genannten Pflanzen zu entfernen oder zu beschädigen, insbesondere sie auszugraben, auszureißen, Blüten, Zweige oder Wurzeln abzupflücken, abzureißen oder abzuschneiden.

All diese Verbote würden aber wenig erreichen, wenn die Verordnung nicht zugleich den Handel mit den geschützten Tieren und Pflanzen untersagen würde.[217] In § 5 heißt es: »Es ist verboten, die auf Grund dieser Verordnung geschützten Tierarten, einschließlich ihrer Eier und Nester, sowie Pflanzen, soweit nicht eine anderweitige Anordnung getroffen ist, feilzuhalten, anzukaufen, zu verkaufen, sowie zu befördern.« Ausnahmen sind bei besonderen Gründen vorgesehen, namentlich wenn es sich um Abwendung wesentlicher, wirtschaftlicher Nachteile handelt, um Zucht- und Brutzwecke oder um wissenschaftliche und Unterrichtszwecke. In diesen Fällen kann der Regierungspräsident für den Bereich oder für Teile seines Bezirks Ausnahmen gestatten; doch muß zuvor die Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege gehört werden. Diese, sowie für seinen Bezirk der Regierungspräsident und die von ihm ermächtigten nachgeordneten Behörden sind außerdem befugt, »schriftliche Ausweise zu erteilen, welche die darin bezeichnete Person berechtigen, fremde Grundstücke zu solchen Untersuchungen und Ermittlungen zu betreten, die den Schutz von Tierarten, von Pflanzen oder von Naturschutzgebieten betreffen.« »Die Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigten sind verpflichtet, den mit Ausweis versehenen Personen den Zutritt zu gestatten und ihnen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen.«

Man muß gestehen, daß diese Anordnungen allen Wünschen des Natur- und Heimatschutzes gerecht werden. Besonders daß der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen der Platz eingeräumt wird, der allein ihr gebührt – eigentlich eine Selbstverständlichkeit – ist sehr erfreulich. Nur mit dem letzten Paragraphen der Verordnung, der die Strafandrohung bei Übertretungen ausspricht, kann man sich nicht einverstanden erklären. Was bedeutet heutzutage eine Strafe von 150 Mark! Und das ist die Höchststrafe, die auf Grund von § 34 des Feld- und Forstpolizeigesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 8. Juli 1920 in Frage kommen kann. Es erscheint dringend geboten, daß ein Naturschutzgesetz erlassen wird mit Androhung von Strafen, die wirklich als solche empfunden werden.

Vor unsrer weißgrünen Grenze macht die neue Polizeiverordnung halt. Leider gilt sie eben nur für Preußen. Aber selbstverständlich, auch wir, die Nachbarn, werden hoffen dürfen, daß jene Verordnung, wenn sie in den angrenzenden preußischen Gebieten genau befolgt wird, auch für unsre hartbedrängte heimatliche Tier- und Pflanzenwelt nicht ganz ohne segensreichen Einfluß bleibt. Zugleich aber erwächst uns die nachbarliche Pflicht, alles zu vermeiden, was dem Sinne jener Verordnung zuwiderläuft. Es wäre zu wünschen – und ich meine, man kann sich diesem dringenden Wunsche gar nicht verschließen – daß die Regierungen auch der andern deutschen Länder Naturschutzverordnungen erlassen, die sich dem von preußischer Seite gegebenen Vorbild aufs engste anschließen.


Wanderbilder aus dem östlichen Vogtland

Von Studienrat H. Hänig, Wurzen

Aufnahmen von Curt Sippel, Plauen i. V.

Es geht mir, wenn ich die Feder ergreife, um den Leser nochmals zu einer Wanderung durch das Vogtland einzuladen, ähnlich wie einem alten Schriftsteller: ich muß ihm zunächst Dank dafür sagen, daß er mir durch das verhältnismäßig[218] einförmige Gebiet jenseits der Elster gefolgt ist, und ich kann ihm dafür versprechen, daß ihm der östliche und südliche Teil dieses Landes wenigstens landschaftlich mehr bieten wird als der westliche. Allerdings verfügt er nicht über Glanzpunkte wie die vogtländische Schweiz und das Triebtal, das ja im übrigen selbst auf der rechten Seite in das Elstertal einmündet, und er vermag keine Edelsteine dörflicher Kunst wie die erwähnte Kirche zu Kürbitz aufzuweisen, aber die Bodenformen selbst sind hier weit mannigfacher, und derjenige, den immer wieder gerade der Blick ins Weite und die Sehnsucht nach den Höhen in die Natur hinauszieht, wird hier eher auf seine Kosten kommen als bei einer Wanderung jenseits der weißen Elster, wie wir sie früher zurückgelegt haben. Wer einmal von der Höhe des Friedrich-August-Steines in Schöneck hinabgeschaut hat ins weite Land oder dem Plätschern der Rißfälle gelauscht oder wer auf dem Grenzwall des vogtländischen Erzgebirges mit seinen Blicken nach Sachsen und Böhmen gewandert ist, der wird anerkennen müssen, daß sich gerade dieser Teil des Vogtlandes mit jedem anderen Sachsens an Naturschönheiten messen kann, und der wird verstehen, daß es einen Dichter wie J. Mosen immer wieder, wenn auch in weiter Ferne, zur Muttererde hinzog.

Wo auf hohen Tannenspitzen,
die so dunkel und so grün,
Drosseln gern verstohlen sitzen,
weiß und rot die Moose blühn,
zu der Heimat in der Ferne
zög ich heute noch so gerne –

Es liegt mehr darin in diesen Worten als so mancher ahnen dürfte – es ist die wahre, tiefe Sehnsucht nach dem Mutterboden, nach den Bächen und Tannen der Heimat, von der der Dichter auch weit in der Ferne nicht lassen konnte. –

Abb. 1 Kirche in Kürbitz

Allerdings wird man hier, wo es sich darum handelt, dem Leser einen Gesamtüberblick über das Ganze zu geben, ohne eine Einschränkung nicht auskommen können: das eigentliche Volkstümliche, Heimatliche findet sich im Vogtland mehr nach dem Süden zu, während der nordöstliche Teil heute von einem Netz von Industriestätten überzogen ist, die wenig Merkmale der ersteren Art aufkommen lassen. So bietet gleich Reichenbach, wo wir unsere Wanderung beginnen wollen, das Bild einer wohlhabenden Mittelstadt mit stark industriellem Einschlag, und der Ort enthält wenig, was gerade den Kunst- und Altertumsfreund zu längerem Bleiben einladen möchte. Das Hasten und Treiben der modernen Zeit pulsiert hier tagaus – tagein in dem Stadtkörper, und wie eine Erleichterung überkommt es den Wanderer, wenn er etwa um Mittag einen Blick über das Tal schweifen läßt bis hinüber zu der Höhe des Netzschkauer Kuhberges, wo eine Bismarcksäule Wacht über das nördliche Vogtland hält: aus hundert Fabrikschornsteinen strömt wie erlösend der Rauch, und Tausende von Händen feiern, um nach kurzer Zeit wieder die Arbeit zu beginnen. So ist die Stadt voll von Webereien, Färbereien und Spinnereien, und die größte dieser gewerblichen Anlagen, die Schlebersche Färberei, stellt mit ihren vielen Schornsteinen einen Organismus für sich dar, wie er in dieser Ausdehnung nicht so leicht wieder gefunden wird. Und doch vermag[219] auch in dieser Gegend so manches daran zu erinnern, daß alles einst geworden ist und seinem Wesen nach mit Vergangenem zusammenhängt. Schon der Name der Stadt, der an den des Goldflusses, der Göltzsch, erinnert, weist auf ein hohes Alter der Ansiedlung hin, und so wird denn Reichenbach schon 1140 in zwei alten Urkunden als Stadt genannt, während Plauen damals nur als »Ortschaft« erwähnt wird. In der Altstadt fließt der Seifenbach, wo das Gold geseift, d. h. die Goldteilchen aus dem Sande herausgewaschen wurden, und auf den früheren Bergbau weisen noch heute Stollen hin, die sich in dieser Gegend erhalten haben. Reichenbach gehörte mit den umliegenden Dörfern zu der Herrschaft, mit der 1212 König Ottokar v. Böhmen von Friedrich II. belehnt wurde, und es war später zeitweise Reichslehen, bis es durch den vogtländischen Krieg wieder an Böhmen fiel. Schon zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts muß die Industrie hier bedeutend gewesen sein, bis 1720 eine furchtbare Feuersbrunst den größten Teil in Asche legte, aber diese vermochte ebensowenig wie die von 1833 den Aufschwung der Stadt zu hindern, sondern hat im Gegenteil zu ihrer Erneuerung beigetragen, so daß besonders die Bahnhofsvorstadt heute ein freundliches Bild bietet. In weit höherem Maße vermag Mylau mit seinem Kaiserschloß und der vielbogigen Göltzschtalbrücke das Auge des Wanderers zu fesseln. In der Stadt selbst ist vor allem die prächtige, reiche Stadtkirche hervorzuheben, das Schloß dagegen liegt auf einem Hügel, der nur auf einer Seite bequem zu erreichen ist. Es zerfällt in zwei Höfe: den großen westlichen Burghof mit seinen beiden viereckigen Türmen und dem verwitterten Löwen über dem Haupteingang, der zum böhmischen Wappen gehört und die[220] frühere Zugehörigkeit des Mylauer Schlosses zu Böhmen zeigt, – dahinter der kleinere, östliche Burghof, der »Kaiserhof«, der mit seinem Bergfried und seinem Saalbau sowie dem ehemaligen Frauen- und Herrenhause noch ein ziemlich gutes Bild der früheren Zeit zu bieten vermag. Allerdings sind von der früheren Herrlichkeit des Saalbaues nur noch wenige Wappenschilde vorhanden, und das ehemalige Frauen- und Herrenhaus ist zu einer vielbesuchten Schenke geworden. Auch die Kapelle ist ihrer Würde entkleidet, so daß von ihrem Schmucke nur noch die gewölbte Decke mit rohgemalten Blumen und Engelsfiguren sowie einige Wappen übriggeblieben sind. Immerhin steht das Schloß mit seinen wuchtigen Mauern und dicken Türmen auch heute noch wie ein Wächter über Stadt und Land, und von den Fensternischen schweift der Blick gern in die Weite: nach der gewaltigen, fast hundert Meter hohen Göltzschtalbrücke, die sich in vier gigantischen Bogenreihen über das hier stark verbreiterte Göltzschtal spannt, oder nach dem gewerbfleißigen Netzschkau, das sich von dem Tale bis zur Höhe des Kuhberges hinaufzieht, dessen von Gesteinstrümmern übersäte Kuppe selbst bewaldet ist.

An der erst vor einigen Jahren gebauten Göltzschtalbahn gelangen wir durch stille Waldtäler, in denen sich heute gleichfalls hier und da eine Fabrikanlage erhebt, nach Lengenfeld, das im übrigen wie seine Nachbarstadt Treuen seiner Entwicklung nach nicht von den weiter südwärts gelegenen Städten Auerbach und Falkenstein zu trennen ist. Aber im Wettlaufe, den die letzten Jahrzehnte mit sich gebracht haben, ist die zuerst genannte Stadt zurückgeblieben: seitdem die von Bewohnern vielleicht slavischen Ursprungs lebhaft betriebene Tuchmacherei in Verfall gekommen ist, genügte die hier eingeführte Industrie (Spitzen, Filzwaren, Spinnereien) gerade noch, um die Bewohner ernähren zu können, während der Grund, der sich von hier aus bis hinauf zu den Quellmooren der Mulde zieht, in ungleich schnellerem Maße besiedelt wurde, so daß sich gerade hier die Schwankungen, denen die Industrie unterworfen ist, in der Gegenwart unangenehm bemerkbar machen. Und doch haben vor allem Auerbach mit seinem alten Schloßturm und das hochgelegene Falkenstein mit seiner schönen Kirche auch als Städte etwas Anziehendes. Besonders die letztere Stadt ging erst dann zur Industrie über, als es mit dem Bergbau vorüber war, der ihr schon im sechzehnten Jahrhundert die Rechte einer freien Stadt verliehen hatte, und wie bei Auerbach und Lengenfeld griff auch hier ein großer Brand gewaltsam ein, so daß diese Orte im wesentlichen ein neuzeitliches Aussehen haben. Der Naturfreund freilich wird gerade hinter Falkenstein die Natur des oberen Vogtlandes selbst suchen, die sich mit ihrem Waldreichtum unmittelbar hinter der Stadt nach allen Seiten auftut. Schon die Felspyramide des Lochsteins und die zackige Wand des Wendelsteins verdienen als Naturdenkmäler ebenso gewürdigt und besucht zu werden wie die Rißfälle, die in etwa einer Stunde von Falkenstein aus zu erreichen sind. In vielen kleinen Wasserfällen stürzt hier die Göltzsch zwischen Wald und Felsen in die Tiefe und zaubert die verschiedenartigsten Bilder vor das Auge des Wanderers. Wir befinden uns hier auf einer Höhe von etwa siebenhundert Metern und beinahe auf dem Kamm des Elstergebirges, das sich in dieser Gegend über das weite Gebiet des Schönecker Waldes nach Süden dahinzieht. Die Siedlungen werden[221] spärlicher, wenn sie überhaupt das Wald- und Moorgebiet unterbrechen: ein paar Holzhütten oder höchstens das eine oder andere Dorf hat sich auf diese Höhe gewagt, und der Rauch, der von hier aufsteigt, ist an stillen Nachmittagen oft das einzige, was noch den Wanderer an die Tätigkeit des Menschen zu erinnern vermag.

Abb. 2 Kirche in Kürbitz

Die große Ausdehnung des Schönecker Höhengebietes erklärt sich übrigens daraus, daß hier mehrere Gebirgszüge zusammenstoßen: das Elstergebirge, das sich von hier aus nach Südwesten hinzieht, und von der Kirchberger Seite her der westlichste Ausläufer des Erzgebirges, der vom Kuhberge bei Schönheide beginnt und wegen seiner Höhe bis zu siebenhundert Metern eine Reihe von Genesungsstätten enthält, die, von ausgedehntem Hochwald umgeben, von ihrer luftigen Höhe aus freundlich in das gewerbfleißige Tal der oberen Göltzsch herabschauen. Auch der etwas südlich davon verlaufende vogtländische Kamm des Erzgebirges, der sich etwa vom Kranichsee bis zum Schönecker Wald dahinzieht, ist anziehend genug,[222] um mit dem übrigen Teile dieses Gebirges einen Vergleich aushalten zu können. Um den hohen Wall, der sich hier zwischen das sächsische Niederland und das Egertal schiebt, durchwandern zu können, verläßt man am besten bei Rautenkranz, das bereits dem Vogtlande angehört, die Bahn des romantischen oberen Muldentals, die von Aue ab stundenlang zwischen Felstürmen und Wiesentälern bis zur Höhe des Schönecker Waldes hinauf dahinführt und wandert auf der wohlgebauten Straße in dem Tal der großen Pyra aufwärts, die in den Mooren des Kranichsees entspringt. Noch zwei Dörfer mit den charakteristischen erzgebirgischen Holzhäusern haben hier Platz gefunden, bis nach etwa zwei Wegstunden auch die letzten menschlichen Siedlungen aufhören und ein einsames Waldtal die Blicke des Wanderers bannt: bis fast an die drei oder vier Häuser von Sachsengrund ziehen sich von den Höhen die Fichten herab, und eintönig plätschern die Wässer im Wiesengrund, während nach der böhmischen Grenze zu der fast tausend Meter hohe Rammelsberg die Wacht hält. Was noch jenseits dieser Häuser liegt, gehört bereits der Waldwildnis an, in der sich der Weg noch eine Stunde lang hinaufzieht, bis der Kranichsee mit seinem Hochmoor sich weit über die Höhe von fast neunhundert Meter ausbreitet. Hier beginnt auch der sogenannte Schwertweg, der über den Rücken des kleinen Rammelsberges nach dem Vogtlande hinführt. Eine merkwürdige Höhenstraße, von der sich der Blick rasch nach allen Seiten weitet: im Norden die blauen Linien der Auerbacher Berge mit ihrem Waldreichtum, und nach Süden zu der Steilabfall des Gebirges nach der Egerebene, hinter der weitere Gebirgszüge Nordböhmens hervorschauen. Bei einer Waldlichtung überschreitet hier die Landstraße die Gebirgshöhe, die von Tannenbergstal nach Klingental hinüberführt. Aber wir wollen das merkwürdige Gebilde des Schneckensteins nicht vergessen, das sich bescheiden im Walde versteckt hält und der schwer zu finden wäre, wenn ihn nicht die Markierung des Verbandes vogtländischer Gebirgsvereine jedem bequem zugänglich machte. Von den Topasen ist allerdings gegenwärtig ebensowenig mehr zu sehen, als von den kleinen Schnecken, nach denen dieser einsam im Walde emporragende Fels seinen Namen hat. Auf Treppenstufen ist sein Gipfel auch für Ungeübte zu erklimmen, und man könnte, wenn man die Felsrisse und Felsblöcke vor sich hat, einen Augenblick an irgend einen Gipfel der Kalkalpen erinnert werden, wenn uns nicht die bescheidene, nur nach Norden und Westen reichende Aussicht belehrte, daß wir uns nur auf einer Höhe von etwa achthundert Meter befinden und daß wir uns durch den Waldreichtum, der hier überall zutage tritt, für die Schönheiten der Alpenwelt entschädigen müssen.

Das Elstergebirge macht hier eine ziemliche Biegung nach Süden und zieht sich waldbedeckt bis zum Kapellenberg hin – aber wir dürfen von ihm nicht Abschied nehmen, ohne der Stadt Klingental zu gedenken, die von hier aus in kurzer Zeit zu erreichen ist. Hart an der böhmischen Grenze hat sie bis heute ihr Bild als sächsische Kleinstadt bewahrt, und nur die kleine Rundkirche macht eine Ausnahme, die sich inmitten des Ortes anstatt der sonst üblichen Renaissance- oder gotischen Kirche erhebt. Mit Böhmen wird sie allerdings immer in einem gewissen inneren Verhältnis bleiben, denn es waren böhmische Musikanten, die hier herüberkamen und die Stadt gründeten – die Geigen, Trompeten und Klarinetten, die[223] noch heute hier gefertigt werden, wandern in alle Welt, und in jedem Hause des weit bis hinauf besiedelten Grundes klingt und singt es ebenso wie in Markneukirchen, das weiter westwärts in einem Seitentale der weißen Elster eingebettet ist.

Abb. 3 Winnknock am Wendelstein

Übrigens ist auch der Kamm des Elstergebirges oberhalb Klingentals reich an Aussichtspunkten aller Art und hat auch einzelnen Gehöften Raum gegeben, sich da oben anzusiedeln, und man kann das weite Waldgebiet vom Kuhberg bei Schönheide aus stundenlang durchstreifen und findet immer wieder Punkte, die solche Wanderungen lohnend machen. Ganz einsam wird der Wald erst in der Gegend von Kottenhaide bei Schöneck, aber auch hier ist der Blick in das Waldgelände und über die Wipfel der Fichten anziehend genug, um die Beschwerden des Weges vergessen zu machen. Stundenlang schwellt ein weicher Moosteppich unter den Schritten des Wanderers, während der Kuckuck lockt und der Specht seine Schläge durch den Wald erschallen läßt. Wie ein fernes Sagen erklingt das Rauschen der Bäume und das Murmeln der Bäche, die hier oben zahlreich in dem Moore ihren Ursprung haben. Nur selten verhallt in der Ferne der Schrei einer Lokomotive, die keuchend das Muldental heraufkommt, um nach kurzer Zeit bei Schöneck wieder in weitem Bogen ins Tal hinabzufahren. Den Schwarzwald des Vogtlandes hat man diese Hochfläche genannt, und wer einmal auf ihr gewandert ist, wird diesen Vergleich nicht unrecht finden und zugeben, daß so manches, was wir bisher nur in der Ferne zu suchen pflegten, auch in unserem engeren Vaterlande zu finden ist. Erst an dem Abfalle nach Westen zu lichtet sich der Wald. Wie ein Wahrzeichen dieses Höhengebietes liegt nach dem Elstertale vorgeschoben[224] etwa zwei Wegstunden von Falkenstein Schöneck, das schon durch seine Lage zu den seltsamsten Städten Deutschlands gehört und deshalb wert ist, längere Zeit unsere Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen.

Abb. 4 Rißfälle

Die Stadt Schöneck ist eine Bergstadt, wenn ein Ort in Deutschland überhaupt diesen Namen verdient; denn sie liegt nicht nur auf der stattlichen Höhe von siebenhundertachtundsechzig Metern, sondern sie baut sich hier auch hart am Rande der erwähnten Hochfläche auf, die sich von dem Elstergebirge zum Erzgebirge dahinzieht und nach Westen zu ziemlich rasch zum Elstertale hinabfällt. Es ist, als wäre hier oben jeder freie Platz bis zum letzten ausgenützt worden und als klammerte sich ein Haus eng an das andere, um noch auf der Höhe selbst bleiben zu können, denn schon die Hauptstraße des Städtchens führt steil abwärts und noch mehr die Verbindungswege, die von der Stadt westwärts nach den nächsten Dörfern weisen,[225] und dem Wanderer, der etwa von Ölsnitz her heraufsteigt, muß es zu Mute sein, als habe er hier endlich die Höhe erreicht und müsse durch den Rundblick für die Mühe belohnt werden, die ihm das Steigen gekostet hat. Und das ist tatsächlich der Fall; denn zwischen jeder Häuserreihe drängt sich ein Stück vogtländischer Gebirgslandschaft hinein, und von dem Friedrich-August-Stein, der sich neben der Kirche unvermittelt aufbaut und auf dem früher eine stattliche Burg zum Schutze gegen die Sorben gestanden hat, bietet sich dem Auge eine geradezu überraschende Aussicht dar: wie auf einer Landkarte liegt das ganze Vogtland vom Kuhberg bei Netzschkau bis hinüber zum Kapellenberg an der böhmischen Grenze vor dem Auge des Wanderers ausgebreitet, und Hügel wechseln in endloser Reihe mit Wäldern, Wiesen und Dörfern, bis sich fern am Horizonte die sanften Bogen des Frankenwaldes und der bayrisch-böhmischen Berge darüber spannen. Und diese Landschaft zeigt immer neue Reize, zu welcher Zeit man sie auch betrachten mag: wenn an einem Sommerabend der rote Mond emporsteigt hinter den Bergen und die ganze Gegend in seinem Dämmerlichte versunken ist oder wenn im Herbste die Heidefeuer emporsteigen und klarer als je sich die Linien der Berge und Wälder hervorheben, oder wenn an einem Januartage die ganze Landschaft in dem Winterkleide leuchtet und die unendliche Mannigfaltigkeit dieser Landschaftsformen in tausend Farben glitzert. Nur die Stadt selbst bleibt immer dieselbe im Wechsel der Jahreszeiten, ob man sie nun von Kemmler bei Plauen sehen mag oder von Mißlareuth oder von dem Granitsockel des Kapellenberges: sie hängt, die Häuser eng um den Markt und die Kirche gedrängt, hoch oben über dem Tale, und mir fallen, so oft ich sie sehe, immer zwei Städte in Italien ein, mit denen ich sie am[226] ehesten vergleichen möchte: Assisi in Umbrien, die Stadt des heiligen Franziskus, und Rokka di Papa, das Räubernest im Albanergebirge bei Rom, das hoch oben am Latinerberg seine Stätte gefunden hat.

Abb. 5 Großer Rammelsberg und Sachsengrund, Kammweggebiet

Die Stadt Schöneck darf sich schon im vierzehnten Jahrhundert der Rechte rühmen, die ihr von Karl IV. erteilt worden sind und ist heute wegen ihrer Lage ein stark besuchter Luftkurort geworden, während die Bewohner vorzugsweise in der Industrie (Zigarren usw.) beschäftigt sind, dagegen sind die Abhänge zwischen der Stadt und dem Elstertale erst allmählich besiedelt worden, und manches der hier liegenden freundlichen Dörfer ladet zu längerem Verweilen ein. Durch den sogenannten Buttergrund führt ein Weg stark bergab nach dem Dörfchen Marieney, das zwischen Wiesen und Wald dahingestreckt liegt und das sich rühmen kann, die Heimat des größten vogtländischen Dichters, Julius Mosen, zu sein. Dort streifte er als Knabe allein durch Wälder und Auen oder lag am murmelnden Erlenbach oder er saß stundenlang auf dem alten Kirchenboden, um dem Ticken des Perpendikels und dem Schnarren des Räderwerks der großen Kirchenuhr zu lauschen. Von dem sprachkundigen Vater wurde er schon in der Heimat in den Anfangsgründen der lateinischen Sprache unterrichtet und selbst als er auf das Gymnasium zu Plauen kam, wanderte er noch oft hinaus in das Heimatsdorf, um die Eindrücke der Jugend wachzurufen. Die schöne Gabe, Land und Leute zu schildern, die uns besonders in den Bildern »Im Mose« entgegentritt, mag auf des Vaters Art zurückgehen, wie er den Kindern die biblischen Geschichten und die Weltgeschichte erzählen könnte. Auch die rauhe Kriegszeit, die damals über das Vogtland dahinging (Mosen ist 1803 geboren), hinterließ bei dem aufgeweckten Knaben lebhafte Eindrücke und klingt in den Vaterlandsliedern wieder, durch die er volkstümlich geworden ist – wer vergißt von seinen Erzählungen das Heimweh oder Ismael, oder von seinen Gedichten Zu Mantua in Banden oder den Trompeter an der Katzbach oder den Löwen zu Braunschweig und wie die Gedichte alle heißen mögen, durch die sein Name in ganz Deutschland bekannt geworden ist. Nach der Heimat zog es ihn immer wieder zurück, mochte er nun als Aktuar in Kohren oder als Rechtsanwalt in Dresden beschäftigt sein, wo er übrigens seine glücklichste Zeit verlebte, und wie schwer mag es ihm geworden sein, als er nach dem fernen Oldenburg übersiedelte, wo er eine sichere Stelle als Hofrat und Theaterdichter im Dienste des dortigen Großherzogs gefunden hatte. Eine zunehmende Krankheit verbitterte ihm seine letzten Lebensjahre, und nur noch einmal fiel ein Lichtbild in diese Nacht, als Freunde mit vieler Mühe eine Gesamtausgabe seiner Werke veranstalteten. Zwei Fichten aus dem Vogtlande beschatten sein Grab, in welchem er nach zweiundzwanzigjährigem Leiden am 10. Oktober 1867 zur Ruhe gebettet wurde. –

Abb. 6 Schneckenstein

Von Marieney gelangen wir in zwei Stunden nach Markneukirchen, dessen wir schon bei der Erwähnung von Klingental zu gedenken hatten. Die Stadt, die zwei Kilometer von der Adorf–Aue–Chemnitzer Bahn entfernt liegt, ist neben dem genannten Orte der Hauptsitz der vogtländischen Musikinstrumentenfabrikation, und man erhält in die Reichhaltigkeit dieses Erwerbszweiges am besten einen Einblick, wenn man die wertvolle Sammlung in- und ausländischer Musikinstrumente aus älterer und neuerer Zeit besichtigt. Auch hier die Mannigfaltigkeit der Bodenformen,[227] die für das obere Vogtland charakteristisch ist und die sich auch in dem südwestlichen Teile jenseits der Elster findet: die ganze Landschaft aufgelöst in Berg und Tal, Teilstücke von Hügeln mit Dörfern oder Einzelgehöften und Wäldern, so daß es sich auch hier lohnt, einmal seitwärts vom Elstertal selbst auf die Höhen hinaufzusteigen. Wer von Plauen kommt, wird allerdings noch durch eine ganze Anzahl von vogtländischen Städten aufgehalten werden, die sich hier, wo eine alte Straße am Elsterlauf entlang hinüber nach Böhmen führt, angesiedelt haben. So liegt gleich Ölsnitz am Ende der erwähnten Straße, die von Eger bis hierher führte, und gilt als eine der ältesten Städte des Vogtlandes, die vielleicht von den Sorben gegründet ist. Als dann die Deutschen das Land besiedelten, wurde hier eine befestigte Straßensperre angelegt, und man grub gegen einen Angriff der Feinde die großen Teiche (der letzte ist 1898 verschwunden), wobei die Befestigungsanlagen[228] noch durch das Schloß Vogtsberg verstärkt wurden, dessen Türme auch von Schöneck sichtbar sind. Aus den Mitteln des Bergbaues – die Zinn- und Kupfergruben wurden 1519 durch Wasser zerstört – wurde die schöne St. Jakobskirche errichtet, die mit ihren beiden Türmen weit über das Städtebild hervorschaut. Sie ist ein Muster gotischen Kirchenbaues, obwohl von der ursprünglichen Anlage nur noch die Türme in ihren Unterteilen sowie ein sandsteinernes Dreipaßrelief von der äußeren Südseite des Chores erhalten sind. Auch später ist sie öfters umgestaltet worden; so erhielt sie ihre jetzige Gestalt nach dem großen Stadtbrande, während das Innere 1888/89 künstlerisch erneuert wurde. Die Türme wurden 1865 nach den Plänen von Lipsius errichtet, und auch im Inneren findet sich manches schöne Denkmal kirchlicher Kunst: die Chorfenster von C. L. Türcke in Zittau mit prächtiger Glasmalerei, sowie das Altargemälde: Abendmahl der Emmausjünger von Moritz Heidel und der Taufstein, der 1833 von E. Rietschel gefertigt worden ist. Ähnliche Umwandlungen hat auch die alte Kirche St. Katharina am alten Friedhofe durchgemacht, deren Sterngewölbe im alten Chor aus der alten Kirche noch auf das fünfzehnte Jahrhundert zurückweist. In neuester Zeit hat Ölsnitz seinen Aufschwung besonders der Industrie wie der Teppich- und Kammgarnfabrikation zu verdanken gehabt, nicht zu vergessen seine günstige Lage, durch die es besonders wegen der Nähe der sächsischen und böhmischen Bäder zu einem Standquartier für Touristen geworden ist.

Abb. 7 Schöneck

Das weiter südlich liegende Adorf, ein freundliches Städtchen mit etwa achttausend Einwohnern, ist besonders durch die Perlmutterfabrikation groß geworden, die auch in Ölsnitz zu Hause ist, die Muscheln wurden früher zahlreich in der Elster gefunden, und der Erwerbszweig ist geblieben, auch nachdem die Funde seltener geworden waren, so daß heute auch zahlreiche importierte Stücke dort verarbeitet werden. Im übrigen zeigt auch Adorf mit seinem geräumigen Marktplatz dasselbe freundliche Bild wie alle diese vogtländischen Kleinstädte, und die Industrie, die sich auch hier zahlreich findet, hat es nicht wesentlich zu beeinflussen vermocht. Abseits davon sind noch zwei Orte zu erwähnen, deren Name jedem bekannt ist und die dem Reichtum der Erde selbst ihre Blüte verdanken: Bad Elster und Brambach. Inmitten der Nadelwälder des Elstergebirges ist hier eine Stätte für Genesungsuchende entstanden, die mit ihren Quellen und Sprudeln (alkalisch-salinische Eisensäuerlinge, Glaubersalz, kohlensaure Stahlbäder) jährlich Tausenden Genesung bietet und sich zu einem modernen Bade entwickelt hat, wobei auch dem Moorboden aus den großen Lagern der Umgebung ein wesentlicher Anteil zufällt. In weitaus freierer Lage ist Bad Elster, wenn auch in weit bescheidenerem Maße, Brambach gefolgt, das in der Nähe der böhmischen Grenze am Fuße des Kapellenberges in einer engen Talmulde eingebettet ist. Wer von Adorf nach Brambach wandert, durchschreitet zuerst in fortwährender Steigung ein stilles Waldtal, bis der Weg zuletzt steil auf die letzte Hügelwelle hinaufführt, die vor Brambach gelagert ist und erblickt von hier hinüber nach den waldbedeckten Höhen des Elstergebirges und ein Stück ins böhmische Land hinein, das sich hier von beiden Seiten an diese Ausläufer des Vogtlandes heranschiebt. Auch Brambach selbst hat sich, so gut es möglich war, an die eingeengte Lage im Tale des Fleissenbaches,[229] der hier in westlicher Richtung der Elster zufließt, angepaßt. Die Straße nach Eger führt von hier unmittelbar am Kapellenberg vorbei, der mit seinem granitenen Aufbau wie ein Wächter des südlichen Vogtlandes dasteht und von dessen Gipfel eine weite Rundsicht nach Norden und über Böhmen gestattet ist. Die beiden nächsten Dörfer, die südlichsten des Vogtlandes, liegen bereits tief unten am Steilabfall des Elstergebirges, und Straße und Eisenbahn haben die Senkung nur künstlich durch große Bogen überwinden können. Wir sind hier am Ende unserer[230] Wanderung angelangt, aber an einer Stelle, von der sich in kurzer Zeit weitere Glanzpunkte landschaftlicher Schönheit erreichen lassen: das herrliche Egertal im Osten, oder das Kaisergebirge mit Eger und Franzensbad oder das Fichtelgebirge mit seinen östlichen Ausläufern bei Selb und Tirschenreuth und der uralten Kultstätte des Klosters Waldsassen, die von hier in ein paar Wegstunden zu erreichen ist.

Abb. 8 Kirche von Bösenbrunn am Triebelbach

Es war nicht meine Absicht, eine vollständige Beschreibung des Vogtlandes zu geben, sondern es waren nur Wanderbilder, die vor dem Auge des Lesers vorüberziehen sollten, um ihn selbst zu einer Fahrt durch diesen südwestlichen Gau Sachsens einzuladen. Wer mehr mit der Landschaft selbst vertraut werden will, der möge selbst kommen und schauen, und er wird mit der Überzeugung zurückkehren, daß kein Grund vorliegt, das Vogtland hinter den übrigen Gegenden unseres engeren Vaterlandes zurückzusetzen. Daß es noch nicht »Mode« geworden ist, ist wohl der beste Beweis, daß ein Unterkommen auf den Wanderungen auch denen ermöglicht ist, die nur über bescheidene Mittel verfügen.

Abb. 9 Bad Elster

Anmerkung. Wer mehr über das Vogtland erfahren will, sei auf die Literatur verwiesen, die auch bei den vorliegenden beiden Arbeiten benutzt worden ist, vor allem auf: Unser Vogtland (Heimatkundliche Lesestücke für die Schulen des sächsischen Vogtlandes, bearbeitet von einer Kommission Plauenscher Lehrer, Verlag der Dürrschen Buchhandlung, Leipzig), Das Königreich Sachsen in Wort und Bild von Leo Woerl und Steche: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreich Sachsen; weitere Literatur ist in dem zuerst genannten Buche angeführt. Denen, die ihr Wissen und Können in den Dienst dieser Sache stellten, besonders Herrn C. Sippel, Schriftführer des Verbandes vogtländischer Gebirgsvereine in Plauen, der für beide Aufsätze eine Reihe von eigenen photographischen Aufnahmen zur Verfügung stellte, bin ich zu großem Danke verpflichtet.


[231]

Trachtenechtes Spielzeug

Von Karl Lucas, Meißen

Weihnachten naht. Es wird gebastelt, gesägt, geschnitzt, geleimt, geklebt bis über die mitternächtige Stunde hinaus. Das Weihnachtsfieber hat uns gepackt.

Auch mir ging es so. Auf dem Wunschzettel meiner Mädel waren kleine Tierchen, Männer und Bauernfrauen verzeichnet. Diese Sächelchen waren bereits in Anzahl im Besitze der kleinen Bittstellerinnen. Aber es sollten noch mehr sein. Es sind das jene reizenden Gegenstände, die aus unseren Erzgebirgsdörfern ihren Weg in jede Spiel- und Holzwarenhandlung gefunden haben. Bei ihrer Naturtreue und ihrem auch heute noch verhältnismäßig billigen Preise werden sie sehr gern gekauft. Sie treten in scharfen Wettbewerb mit den altbekannten früheren »Pfengstückchen«. Auch ärmere Leute greifen oft nach den natürlicher wirkenden »Dreiertierchen« (Friedenskurs!). Es wird der leider nicht überall befolgte Grundsatz angewandt: Wenig und gut ist besser als viel und schlecht.

Ein Vorzug der »Dreiertierchen, Fünf-Pfeng- oder Groschentierchen und -männel« ist es, daß sie sich in ein besseres Größenverhältnis zu den aus Bauklötzchen, Modellierbogen usw. aufgebauten Gebäuden einstellen. Das Spiel gibt so ein getreueres Bild der Wirklichkeit und wird natürlicher und lebendiger.

Bei anderer Gelegenheit stieß ich auf die Künstlermodellierbogen. Diese verhalten sich zu den schablonenhaften früheren Bogen wie Tag zur Nacht. Leider gibt es auch heute noch Bogen, bei deren Herstellung derartig hohe Maßstäbe wie an die Künstlermodellierbogen nicht angelegt worden sind. An zwei aufgestellten Modellen – Lappenlager und rumänisches Bauerngehöft – hatte ich erfahren können, was für ein anschauliches Bild diesen Siedelungen samt dem Leben und Treiben der Bewohner durch diese Bogen vermittelt wird.

Einem Zuge nach der Heimat folgend, wählte ich für meine Mädel das »Altwendische Bauerngehöft« (Teubner Nr. 19) aus. Eine Pappe 37 : 50 Zentimeter genügte zur Aufstellung. Dabei blieb noch Platz für Wege, Raine, Brücken, Baumgruppen, für einen Bach mit Entenpfütze. Die Gebäude wurden durch eingelegte Pappe gesteift. So entstand ein ziemlich standhaftes Spielzeug. Zur Belebung sind auf dem Bogen eine Anzahl Leute, Tiere und Bäume aufgezeichnet. Sie erfüllen ihren Zweck nicht recht. Die ausgeschnittenen, auch gesteiften Gestalten vertragen das fortgesetzte Anfassen schlecht. Dann fehlt ihnen die Körperlichkeit, die die Gebäude nach ihrer Aufstellung besitzen. Die Einbildungskraft der Kinder überwindet den Mangel der Gestalten zum Teil. Freudiger aber greifen sie zu den körperlichen Gestalten, die aus unserer sächsischen Spielwarenerzeugung hervorgegangen sind.

Ich entschied mich von vornherein für die Aufstellung der Holzsächelchen. Beim Durchstöbern der Vorräte in den Läden fand ich Tiere, Taubenschläge, landwirtschaftliche Geräte, Wagen, Hundehütten, Bienenstände in reicher Auswahl und geeignet für meinen Bauernhof. Aber Menschen, wie ich sie brauchte, konnte ich nirgends auftreiben. Um meinen Hof nicht verwaist stehenzulassen, nahm ich, was da war: Bauern, Bäuerinnen, Butterfrauen, Nachtwächter, Kinder, Geistliche,[232] Brautleute, Kränzeljungfern, Stadtvolk. So hatte ich Leben. Aber es paßte wie die Faust aufs Auge, wenn ich in meinem Hofe den Großknecht in Älplertracht spazieren sah.

Meine Mädel freuten sich zunächst uneingeschränkt, nach und nach wurden ihnen die Widersprüche aber bewußt. Freude löste diese Entdeckung bei ihnen nicht aus.

Auch der Erwachsene spielt gern mit, wenn das Spiel heimatliche Vorstellungen und Gefühle auslöst. Eine rechte Freude kann aber bei ihm nicht aufkommen, wenn sich solche Stilwidrigkeiten fortgesetzt aufdrängen. Das bedeutet aber einen Verlust für den Erwachsenen und für das Kind. Unsere Zeit hastet. Sie löst den einen früher, den andern später aus der Umgebung, in der er seine Kindheit verlebte. Ein großer Teil unseres Volkes führt ein modernes Nomadenleben. Nur noch ganz bestimmte Volksgruppen haben sich die Seßhaftigkeit bis zu einem gewissen Grade bewahrt. Aber auch diese Kreise fangen an, den Sinn in die Weite schweifen zu lassen und das Naheliegende zu übersehen. Der sich überallhin ausbreitende Verkehr mit seinem Einebnen alles dessen, was kennzeichnend hervortreten will, läßt die besten Eindrücke der Kindheit rasch verblassen. Alles wird käuflich, verkäuflich. Es scheint, als ob jene innerlich wirkenden Werte einer Sache, die aus der Geschichte, aus der Pietät heraus zu erklären sind, schwänden. Gerade diese Werte aber machten früher eine Sache oft unbezahlbar. Darum müssen wir das alles mit Freuden begrüßen, was uns helfen könnte, jene verborgenen, in der Vergangenheit wurzelnden Werte wieder zu erschließen. Im Geiste wenigstens lerne jedes sich wieder versenken in die Schätze der Vergangenheit, damit die Gegenwart mit ihren verwickelten Verhältnissen besser verstanden werde. Alle Gegenwart ist Gewordenes. Alles Gewordene fußt in der Vergangenheit. Wir sollen nicht mehr bloß Gegenwartsmenschen sein wollen, sondern sollen uns wieder als etwas betrachten lernen, das in der Vergangenheit wurzelt. Wir werden dann einsehen, daß jedes gewaltsame Lösen der Fäden, die uns mit der Vergangenheit verbinden, einen nie wieder gut zu machenden Schaden für den einzelnen wie für die Gesamtheit bedeutet.

Unsere Spielwarenerzeugung kann uns helfen, die verborgenen Beziehungen zum Vergangenen wieder aufzudecken, kann uns helfen, Einkehr zu halten in den Tagen der Kindheit wie in denen der reifen Jahre, kann uns helfen, die Heimat durch ihre Vergangenheit zu verstehen. Ein weites unbebautes Feld breitet sich hier für diese Industrie aus. Rechte Bearbeitung muß eine gute Ernte für den Erzeuger und für die Gesamtheit unseres Volkes bringen. Gefühl und Sinn für Heimatliebe, Volkskunst, Heimatschutz würden zu gleichen Teilen durch Belehrung im Spiel schon in den Kleinen geweckt werden. Fortgesetztes Spiel mit Spielzeug, das mehr wie Spielzeug sein will, brächte diesen Sinn, diese Gefühle zum Wachstum. Schließlich würden sie beim Erwachsenen unbewußt zum unveräußerlichen Besitzstand geworden sein.

Wie können die beteiligten Industrien diese Forderungen erfüllen? Kurz gesagt dadurch, daß sie Erzeugnisse schaffen, die die Verbindung mit der Heimat erkennen lassen und echt sind, also jede Scheinkunst vermeiden. Wir brauchen[233] Modellierbogen, die uns einen sächsischen wendischen Bauernhof, einen sächsischen ländlichen Bahnhof, ein sächsisches mittelalterliches Rathaus usw. darstellen. In unserem Vaterlande haben wir reichliche Stoffbeispiele dafür. Ferner sei zur Auswahl gestellt: Oberlausitzer Weber- und Gutshäuser – Erzgebirgische Gebäude – Moritzburg – Altes Leipziger Rathaus – Meißner Dom, Albrechtsburg, Rathaus, Bürgerhäuser – Bautzener Gebäude – alte sächsische Kirchen, Mühlen, Pochwerke – Gebäude, deren Erhaltung mit besonderer Sorgfalt oft unter Aufwendung nicht geringer Mittel durchgeführt wird (Frohnauer Hammer) – Bogengruppen mit Planzeichnungen zur Veranschaulichung der Siedlungsweisen (Pfahldorf, Rundling, Längsdorf, Dörfer mit sägeblattähnlicher Gebäudestellung, Klosterbauten, Gartenstädte, Alt-Dresden, Alt-Leipzig). Wenn heute die Festung Königstein als Modell herausgebracht würde, so würde wohl kaum etwas dagegen eingewendet werden.

Seien nun die Gebäude auszuführen vom Modellierbogen aus, seien sie besser aus einzelnen bemalten Holzteilen zusammenzuschränken, jedenfalls werden dem Kinde im Spiel die Unterschiede der Bauweisen, der Siedelungsanlagen auffallen. Fragen nach zeitlichen und örtlichen Gründen, auch nach solchen der Zweckmäßigkeit werden auftauchen. Nicht alle Fragen wird der Erwachsene befriedigend beantworten können. Er wird mit dem Kinde und durch das Kind Heimatkunde und Heimatgeschichte treiben müssen, wenn er nicht dauernd die Fragen halb oder ausweichend oder mit »ich weiß das selber nicht« beantworten will. Darum dürfen die Modellbogen nicht ohne Erläuterungsblätter gelassen werden. Gute Bücher können noch gründlichere Auskunft erteilen. Ansätze in dieser Richtung sind vorhanden. Aber die Heimatforschung hat noch genügend Brachland zu bearbeiten, ehe sie alle Wünsche nach dieser Seite hin befriedigen kann. Es gibt wohl keinen Ort Sachsens, der nichts hätte, was als bauliches Wahrzeichen für Modellzwecke festgehalten zu werden verdiente.

Zu den Modellen von Bauwerken gehört das richtige Gestaltenmaterial. Getreu dem Leben oder – wenn dies keine Kunde mehr gibt – getreu den kulturgeschichtlichen Quellen wird es dargeboten. Wie viele verborgene Schätze unsrer Heimatsammlungen, Geschichtsmuseen, Bildergalerien, Innungsschränke, Zunftladen könnten da eine fröhliche Auferstehung feiern! Wie könnte aus dem, das hinter Glas und Rahmen, Tür und Riegel wohlverwahrt gehalten wird, ein Quell der Heimatliebe entspringen! Da werden lebendig: alte Zünftler, Landsknechte, Zöllner, Sänftenträger, Narren, fahrende Gesellen. Dazu die alten Gebäude. Die Vergangenheit wird lebendig in der Gegenwart. Aus Papierstoff, Holz, Zinn, Linoleum, durch Guß, Pressen, Drehen, Schnitzen werden die zeit- und trachtenechten Gestalten hergestellt. Sie sind einzeln käuflich (zum Aussuchen). Sie können aber auch – zu fein abgestimmten Gruppen geordnet – in widerstandsfähigen Schachteln erstanden werden, die recht wohl die überlieferte Aufschrift tragen können: Andenken an … Zur Erinnerung an … Oheim Max bringt dem kleinen Hans eine Schachtel mit: Andenken an Leipzig. Drinnen liegen Studenten in Wichs. Das Fräulein mit farbigem Band ist Base Lotte, die Studentin. Burschen heraus zum Couleurbummel! Muhme Alma bringt eine Schachtel mit: Erinnerung an Meißen. Da sind zu sehen: Aschekarl, Aschemarie mit dem Spitz auf dem Arme,[234] Kalmus, der dumme Junge von Meißen, ein Fremder mit der Fummel, Winzer, Winzerinnen. Freiberg wartet auf mit Bergstudenten, Bergleuten in Parade- und Arbeitstracht, Kloster Marienstern mit Osterreitern und Nonnen, Bautzen mit dem Taubenjokel, wendischen Männern und Frauen und Kindern, dem Hochzeitsbitter, der Braut und dem Bräutigam, Oybin mit Mönchen. Anderswo gibt es beim Schützenfeste die ganze Schützengilde in einer Schachtel wohlverwahrt zu erstehen. Radeberg knüpft an seine Bürgerwehr, seinen ehemaligen Bergbau, sein Gregoriusfest, seine Soldaten an. Leppersdorf und Augustusbad bieten an eine Einsiedelei mit Bäumchen, Hasen, Rehen, kleinen Vöglein und dem »Lampert im Walde«. Ein Steinkreuz, ein Grenzstein, ein altes Denkmal gehört auch manchmal in so eine Schachtel. Schmiedefeld bei Stolpen und andere Orte waren vor Einführung der Eisenbahn belebtere Orte als jetzt. Sie lagen an den alten Poststraßen. Eine Schachtel zeigt als Inhalt eine alte Postkutsche, ein Land-(fracht-)fuhrwerk, Zöllner, Torwächter, Handwerksburschen, Reisende in Biedermeiertracht. Kriegszeiten haben viele sächsische Orte durchleben müssen (Hussiten-, Schweden-, Franzosenzeit). Kamenz bringt bei seinem Forstfeste eine Schachtel heraus, deren Inhalt die Erinnerung an eine glückliche Errettung aus solch schweren Tagen wach hält. Bei Regimentstagen können Gestalten in den Regimentstrachten der verschiedenen Zeiten vertrieben werden. Vom Trachtenfest »Biedermeierzeit« bringen Vater und Mutter eine Spielschachtel mit, die entsprechende Gestalten, Rosenlauben, grüne Hecken enthält. Das, was bei Ausstellungen mit den »alten Städten« (Vergnügungsecken) geboten wird und nach seiner oft recht beachtlichen geschichtlichen Treue wert wäre, länger zu bestehen, das könnte in verkleinerter Ausgabe zum Spiel geschaffen, als Andenken verkauft werden.

Im Vereine mit guten Gebäudenachbildungen müssen solche Geschenke oder Andenken in Vergangenheit und Gegenwart vertiefen helfen, müssen sie alt und jung zur Besinnung einladen. Die Sachen haben ja etwas zu erzählen. Der Quell der Sage und Geschichte muß da sprudeln. Kinder und Erwachsene werden beim Spiel oft in den Geleisen wandeln, die der Darstellung zugrunde liegen. Wie wir aber einen »Freiberger Bauerhasen« stets mit einer gedruckten Erklärung zu kaufen bekommen, so darf bei all diesen Sachen nicht mit frisch und lebendig geschriebenen Erläuterungen gespart werden.

Trachtenechte Puppen, stilgerechte Puppenmöbel (Himmelbetten, Bauerntische, Schemel, Wiegen, Stühle, geblümte Vorhänge, Teller, Tassen, Kannen), eine rechte Bauernstube, Weberstube, Patrizierstube, Spinnstube: das müßte Mädchen eine wirkliche Freude geben!

Das sind wirkliche Reiseandenken, die ihren Zweck erfüllen, ein Band zu schlingen über den Geber hinweg vom Empfänger zum kulturgeschichtlichen, heimatkundlichen Stoff. Das kann von den jetzt noch beliebten Fangbällen, Windrädern, Abziehbildern und Postkarten auf Holzquerschnitten, Steingutsachen u. a. m. nicht behauptet werden. Welche Sorte von Reiseandenken verraten wohl Verlegenheit und Gedankenlosigkeit des Gebers, welche begegnen Verlegenheit und Gleichgültigkeit beim Empfänger?

Strenge Wahrhaftigkeit in der Darstellung des trachtenechten Spielzeugs gibt den Kleinen auch wahre Anschauungen. Eine nach irgendeiner Seite hinzielende,[235] da hinzufügende, dort verheimlichende Scheinkunst ist verpönt. Sie würde Truggebilde der Heimat erzeugen und die Jugend verwirren. Für die Jugend muß nur das Beste gerade gut genug sein. Aber auch viele Erwachsene gleichen in dieser Hinsicht Kindern und verlangen die gleiche Behandlung. Auch ihnen dürfen wir das Bild der Heimat durch Unwahrhaftigkeit des gebotenen Spielzeuges nicht entstellen oder verzerren.

Die Bestandteile der Kleinspielzeugkästen werden etwas schematisch, maschinenmäßig aussehen. Auf die Maschinenhilfe kann aber aus Gründen möglichster Billigkeit nicht verzichtet werden. Doch der handarbeitende Holzschnitzer mag nicht abseits stehen. Wie verschieden können ein Student, Soldat, Bergmann, Mönch, Bauer, Schützenhauptmann gestaltet werden in Bewegungen, Gesichtszügen, Farbengebung! So können wir auch mit handgeschnitztem Kleinspielzeug unsere Schachteln füllen, die freilich nur zu einem höheren Preise zu haben sein könnten. Ein Vergleich von geschnitzten und gedrehten Figuren wird die Berechtigung des Preisunterschiedes beweisen. Der Schnitzer kann seine Gestalten aus dem Bereiche des gewöhnlichen Spielzeuges in das Gebiet des Kleinkunstwerkes erheben. Ich erinnere mich der Ausstellung von Krippenfiguren in Dresden. Wie verschieden hatte jeder einzelne Aussteller sein persönliches Empfinden in einem gegebenen Stoffe zum Ausdrucke gebracht. Bewegung, Ausdruck, Farbe, Gruppierung usw., das alles zusammen genommen brachte trotz Gleichheit des Vorwurfes doch durch die selbständige Auffassung der einzelnen Verfertiger große Unterschiede heraus. Dazu kam die unterschiedliche Beherrschung und Anwendung der einzelnen Techniken. Neben etwas schematisch anmutenden Sachen waren reizende kleine Kunstwerke vertreten, bei denen die Schablone einer durchgeistigten Auffassung hatte weichen müssen. So braucht sich auch der Gestalter einzelner Personen vom trachtenechten Spielzeug nicht sklavisch an überlieferte Bewegungs-, Ausdrucks- und Kompositionsschemen zu halten, sondern kann diese etwas traditionellen Sachen mit seinem eigenen Geiste durchdringen, bezw. durchbrechen, wenn am letzteren nicht höhere Gesichtspunkte hindern sollten. Tracht und Farbengebung ist ja doch durch die Überlieferung festgelegt. Mancher Käufer wird dann die auch nicht besonders billigen Phantasiegestalten der jetzt noch herrschenden Marktware zurückweisen, um nach einer nicht so billigen, aber lebenswahren Figur zu greifen, die durch einen gut empfindenden Gestalter herausgebracht worden ist. Solche Geschenke brauchen sich nicht vor dem Tageslichte zu scheuen. Sie werden immer wieder gern angesehen.

Unsere sächsischen Spielwarenerzeuger können aber auch über die Landesgrenzen greifen. Nach guten Vorbildern kann unsere Industrie jedes außersächsische Modell lebensvoll gestalten. Für Seebäder werden Schachteln gefüllt mit trachtenechten Fischern und Fischerinnen, Seeleuten, Badegästen, Badekarren, Strandkörben – für Halle Hallorengruppen usw. So können Trachtengruppen aus dem ganzen früheren und jetzigen deutschen Vaterlande zusammengestellt werden. An Künstlermodellierbogen stehen uns für diese Zwecke eine ganze Anzahl zur Verfügung, die den Aufbau von Gebäuden aus allen Teilen Deutschlands ermöglichen. Die Verzeichnisse könnten noch durch eine Anzahl Bogen von Orten mit ausgedehntem[236] Fremdenverkehr bereichert werden. Nach diesen Orten könnte unsere heimische Industrie ihre Erzeugnisse senden. Das Schutzwort »Gefertigt in Deutschland« könnte umgewandelt werden in »Gefertigt in Sachsen«.

Auch hier muß Sorge getragen werden, daß neben den billigeren, etwas schematischen Drehbankarbeiten für das kaufkräftigere Publikum auch handgeschnitzte lebensvolle Gestalten am Lager sind. Damit der Erzeuger einen angemessenen Gewinn von seiner Arbeit habe, die Gegenstände aber trotzdem nicht zu hoch im Preise kommen, dürfte sich keine lange Reihe Zwischenhändler zwischen Verkäufer und Käufer einschieben.

Wir gehen kühn über Deutschlands Grenzen hinaus und umspannen den Erdball. Wir lassen im Spielzeug erstehen das ganze bunte Völker- und Trachtengemisch von Europa und den übrigen Erdteilen. Wir bringen Modellbogen auf den Markt von der Eskimohütte und dem Hottentottenzelt bis zum Wolkenkratzer, vom Pfahldorfhaus in der Südsee bis zur Baumwohnung auf Java. Die Zinngießerei bringt bereits Völker aller Welt zur Anschauung. Oft hat die Phantasie sich dabei allzu reichlich betätigt. Wahrheit in der Darstellung ist hier aber um so nötiger, als eine Verbesserung eines Modelleindruckes durch nachträgliche Sinneseindrücke am natürlichen Gegenstande nicht eintreten kann. Sind keine einwandfreien Unterlagen zu haben, dann verzichte man lieber auf die Darstellung. Auch hier darf das Erzeugnis der Handarbeit nicht fehlen, es wird sicher im Auslande kaufkräftige Abnehmer finden.

Die Darstellung deutscher Anschauungsstoffe wird von unseren Erzeugern vor außerdeutschen stets bevorzugt werden müssen. In dem Heimatlichen liegen die starken Wurzeln unserer Spielwarenerzeugung. Heimatliche Darstellungen finden den Weg über die Grenzen hinüber zu unseren deutschen Brüdern im Auslande. Ob sie in Rumänien, in Siebenbürgen, im Elsaß, im Kaukasus, in den Urwäldern Südamerikas oder sonst wo sitzen mögen: sie werden es gern sehen, wenn ihre Kinder mit Spielzeug spielen, das Fäden spinnt zur alten Heimat. Schaut der Erwachsene solchem Spiel der Kleinen zu, so wird ihn stilles Gedenken übermannen; da wird schließlich die Zunge beredt werden beim Erzählen von altheimatlichen Zuständen, von der eigenen Jugend, die – wenn auch manchmal hart – doch schön war. Die Kinder lauschen. So sprechen Vater und Mutter selten. Es muß etwas besonderes um das Spielzeug sein.

Geht aus der alten Heimat als Geschenk zur Weihnachtszeit eine solche Gabe hinaus in die Fremde, und Vater und Mutter stellen die Sächelchen auf, wie es sein muß, dann stehen jung und alt herum um das Bild aus der alten Heimat, Wehmut und Freude im Herzen. Das sind Weihestunden, der fernen Heimat gewidmet, die unermeßlichen Gewinn für die Außenposten unseres Volkes haben, aber auch für uns selbst. Da kommt kein Negerenglisch, kein Burendeutsch, kein Sprachenwirrwarr beim Erzählen und Erklären heraus, da kommt die reine deutsche Muttersprache zu ihrem Rechte. Für diese altheimatlichen Stoffe hat die fremde Zunge keine Ausdrücke. Wenn unsere Brüder draußen sich auch äußerlich verändern, sich ihrer Umgebung anbequemen, so halten wir doch durch solche in der Heimat wurzelnde Gaben bei ihnen das Heimatgefühl wach. So lange sie dies[237] Gefühl haben, so lange sind sie noch unser, sind sie und ihre Kinder fürs Deutschtum noch nicht ganz verloren!

Wenn unsere Geschenke das erreichen, Heimatsinn zu erwecken im Lande selbst und draußen in der Fremde, dann können wir wohl sagen: Es sind rechte Geschenke gewesen. Wir haben mehr geschenkt als Spielzeuge oder Kunstwerke. Wir haben innere Werte erschlossen und mitgegeben, die unbezahlbar sind, die sich nicht wiegen und messen lassen, die nur innerlich erlebt und gewertet werden können.

Aber nicht nur der Geber kann befriedigt auf sein Geschenk blicken, nein auch der Erzeuger. Auch er gibt mehr hinaus als allein seiner Hände Fleiß. Auch er kann sprechen: Der Geist, aus dem heraus ich alles gebildet und geschafft; der Geist, der aus meiner Arbeit spricht, der Geist der Heimat, der ist an Euch, Ihr Käufer, mein Geschenk!


Caprivi und die Bäume im Garten des Kanzlerpalais

»Ich kann nicht leugnen, daß mein Vertrauen in den Charakter meines Nachfolgers einen Stoß erlitten hat, seit ich erfahren habe, daß er die uralten Bäume vor der Gartenseite seiner, früher meiner Wohnung hat abhauen lassen, welche eine erst in Jahrhunderten zu regenerierende, oft unersetzbare Zierde der amtlichen Regierungsgrundstücke in der Residenz bildeten. Kaiser Wilhelm I., der in dem Reichskanzlergarten glückliche Jugendtage verlebt hatte, wird im Grabe keine Ruhe haben, wenn er weiß, daß sein früherer Gardeoffizier alte Lieblingsbäume, die ihres Gleichen in Berlin und Umgebung nicht hatten, hat niederhauen lassen, um un poco piu di luce zu gewinnen. Aus dieser Baumvertilgung spricht nicht ein deutscher, sondern ein slawischer Charakterzug. Die Slawen und die Kelten, beide ohne Zweifel stammverwandter als jeder von ihnen mit den Germanen, sind keine Baumfreunde, wie jeder weiß, der in Polen und Frankreich gewesen ist; ihre Dörfer und Städte stehen baumlos auf der Ackerfläche, wie ein Nürnberger Spielzeug auf dem Tische. Ich würde Herrn von Caprivi manche politische Meinungsverschiedenheit eher nachsehen, als die ruchlose Zerstörung uralter Bäume, denen gegenüber er das Recht des Nießbrauchs eines Staatsgrundstücks durch Deterioration desselben mißbraucht hat.«

(Aus Bismarcks drittem Bande.)


Drei Baumbilder aus unsrer Heimatsammlung

Von A. Kühne, Wilsdruff

Auf Anregungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz hin arbeiteten wir im vergangenen Jahre an einem heimatlichen Baumbuch. Es liegt jetzt in der Handschrift vor und soll in unsrer Heimatbeilage abgedruckt werden. Dank will ich sagen den Herren Rühle und Zieschang, ersterer hat die Bäume gemessen, Geschichte und Überlieferung gesammelt, letzterer hielt sie im Bilde fest.

[238]

Von unsern heimatlichen Höhenbäumen mögen hier stehen Rüdigers Linden in Helbigsdorfer Flur. Kein Wandrer, der unsre Wilsdruffer Heimat gekreuzt hätte, ohne sie zu sehen. In einer Höhe von 334 Meter – die Generalstabskarte nennt den Hügel den Eschenhübel – beherrschen sie die weite Umgegend, und köstlich ist der Blick von dem Ruhebänkchen zu ihren Füßen. Wettergezaust und blitzgetroffen, doch stolz und stark stehen sie hier, Saat und Ernte seit einem Jahrhundert um sie her. Mögen sie noch lange Freude und Erholung für Land- und Wandersmann spenden!

Rüdigers Linden in Helbigsdorf (Amtsh. Meißen)
(Aufn. G. Zieschang, Kaufbach)

Ein Wegebaum – der Blankensteiner Bergahorn. Da wo die Dorfstraße anhebt, wo der Kommunweg Helbigsdorf–Blankenstein endet, steht dieser stolze Baum. 3,68 Meter mißt der Umfang seines Stammes in Brusthöhe, an die 26 Meter hoch quillt das Laubwerk in den Himmel hinauf. Eine gewaltige, herrliche Fülle, dieses Astwerk mit seinem Blätterwald. Einen höheren Genuß aber schafft sein Anblick im Winter, wenn ihm der Frost den Blättermantel nahm, wenn sich eine weiße Decke unter ihm breitet. Da erst wird der gleichmäßig schöne Bau der Krone offenbar, dieses Wachsen und Dehnen und Greifen in die Weite und Höhe. Und dazu die graubraune Färbung der schlanken Stämme und Schäfte auf weißem Hintergrunde. Ein köstlich Bild.

Bergahorn in Blankenstein (Amtsh. Meißen)
(Aufn. G. Zieschang, Kaufbach)

Als dritter und letzter einer der geborstenen Riesen des Weistropper Schloßparkes, eine Edelkastanie. Ihr Geschlecht mag unter all den heimatlichen[241] beachtenswerten Bäumen das älteste sein, bei weitem älter und ehrwürdiger als die dreihundertjährigen Reformationslinden zu Wilsdruff und Wurgwitz. Der Sage nach soll Bischof Benno sie gepflanzt haben; daß die frühmittelalterliche Kirche sich um Pflanzung und Pflege des Weinstocks, der Edelkastanie u. a. verdient gemacht hat, steht außer allem Zweifel. Auch der Miltitzer Schloßpark zeigt stolze alte Bäume dieser Art, sie sollen von Karl v. Miltitz, dem päpstlichen Staatssekretär, gepflanzt worden sein. Wir freuen uns an dem ausgeprägten Artcharakter dieser Stämme, danken der Schloßherrschaft für deren Erhaltung und hoffen, daß diese Bäume uns noch manches Mal Labsal sind auf unsern Heimatwanderungen.

Edelkastanie im Schloßpark Weistropp
(Aufn. G. Zieschang, Kaufbach)

Pflanzt Nußbäume!

(Zu meinem Aufsatze: Erhaltet dem heimatlichen Landschaftsbilde die Alleen und die hervorragenden Bäume)[1]

Von A. Klengel

Zu den wertvollsten und malerischsten Schmuckstücken unseres Landschaftsbildes gehören stattliche Walnußbäume, mögen sie nun als Einzelbäume im Garten stehen, den ländlichen Hof beschatten oder als Allee der Dorfstraße das Geleit geben. Der Nußbaum ist aber nicht nur ein ausgezeichneter Schattenspender, sondern durch Frucht und Holz einer unserer wertvollsten Nutzbäume.

Der Umstand, daß sich sein Holz nicht nur für den Möbelbau, sondern vor allen Dingen für die Herstellung von Gewehrschäften ausgezeichnet eignet, ist dem Nußbaum während der Kriegszeit verhängnisvoll geworden. Alle Nußbäume, von einer bestimmten Stammstärke ab, waren beschlagnahmt und viele Tausende fielen der Axt zum Opfer, um das Vaterland verteidigen zu helfen. Empfindliche Lücken wurden dadurch in unseren ohnehin nicht zu hohen Nußbaumbestand gerissen; wir merken die Knappheit am besten an den zu schwindelnder Höhe gestiegenen Nußpreisen.

Es ist eine Pflicht aller heimischer Grundbesitzer, der Anpflanzung von Walnußbäumen erhöhtes Augenmerk zuzuwenden. Die durch den Krieg gerissenen Lücken müssen sich wieder schließen, der Nußbaum muß auch deswegen ausgiebiger angepflanzt und gehegt werden, weil uns Elsaß und Lothringen, die seither einen hohen Prozentsatz des heimischen Bedarfs an Walnüssen und Nutzholz lieferten, verlorengegangen sind. Hieraus ergibt sich ohne weiteres, daß jetzt die Anpflanzung der Nußbäume viel lohnender sein wird als in früheren Jahren. Durch reichlichen eigenen Anbau und eigene Erzeugung von Walnüssen und Holz können wir auch die Einfuhr einschränken und dadurch einer wichtigen vaterländischen Pflicht genügen. Daß wir überdies durch Hegen des stattlichen großlaubigen Baumes auch unser Landschaftsbild verschönern und dadurch dem Heimatschutz trefflich dienen, wurde bereits erwähnt.

Einer ausgiebigen Anpflanzung des Nußbaumes werden mancherlei Bedenken entgegengestellt, die sich aber bei näherer Untersuchung fast durchweg als unhaltbare Vorurteile erweisen.

[242]

Es muß zunächst vorausgeschickt werden, daß unser Walnußbaum (Juglans regia) ein Kind des heißen Orients ist, aber auch in Südeuropa ausgedehnte wilde Bestände bildet. Er ist insofern etwas anspruchsvoll, als er geschützte Lage, mildes Klima und tiefgründigen nahrhaften Boden bevorzugt und gegen Spätfröste empfindlich ist. Nach meinen, über dreißig Jahre reichenden Erfahrungen ist aber der Nußbaum durchaus nicht so zart wie oft angenommen wird. Ein neben meinem Hause in Meißen, allerdings sehr geschützt stehender Baum, hat seit über zwanzig Jahren niemals durch Frost gelitten, auch sind viele Jahre vergangen seit ich das letztemal in der freigelegenen Umgebung von Meißen erfrorene Nußblüten feststellen konnte.

Vielfach ist die Meinung vertreten, daß der Nußbaum nur bis höchstens fünfhundert Meter Seehöhe und dann nur an geschützten Standorten ertragreich bliebe; in höheren Lagen empfehle sich seine Anpflanzung lediglich des Holzes, nicht aber der Fruchtgewinnung wegen. Diese Ansicht mag viel dazu beigetragen haben, daß man von der Anpflanzung abgesehen hat. Ich habe jedoch schon ganz andere Erfahrungen gesammelt. In Bärenstein im Müglitztale trug ein alter, in über fünfhundert Meter Höhe nicht besonders geschützt stehender, leider auch dem Kriege zum Opfer gefallener Nußbaum seit Menschengedenken reichlich Früchte und versagte nur dann einmal, wenn Spätfröste die Blüte vernichtet hatten, was aber, wie bereits erwähnt, auch in tieferen Lagen zuweilen vorkommt. Ein im gleichen Orte in fünfhundertfünfzig Meter Höhe stehender jüngerer Baum trägt seit einigen Jahren ebenfalls reichlich Früchte. Völlig überraschend war aber die Tatsache, daß sogar ein in siebenhundert Meter Höhe stehender jüngerer Nußbaum am Köllnerschen Vorwerk in Hirschsprung bei Altenberg noch ausgereifte Früchte trägt. Man hatte mit Blühen und Früchtetragen nicht mehr gerechnet, weil der Baum solange damit zögerte; es war dabei aber nicht beachtet worden, daß die Mannbarkeit des Nußbaumes nicht vor dem zwanzigsten Lebensjahre, vielfach sogar noch später eintritt.

Eine weitere Abneigung gegen das Anpflanzen der Nußbäume entspringt aus dem angeblich schweren Anwachsen verpflanzter Bäume und anderen Mißerfolgen, die aber durchweg aus gärtnerischen Mißgriffen entstehen und lediglich darauf zurückzuführen sind, daß man die natürliche Eigenart des Nußbaumes sehr oft außer Acht läßt. Der Nußbaum darf nur im Frühjahr umgepflanzt werden, die Wurzeln sind dabei zu kürzen und zurückzuschneiden. Da der Nußbaum im Gegensatze zu seinem harten Stammholze sehr weiche Wurzeln besitzt, kommt es sehr oft vor, daß die noch nicht angewachsenen Wurzeln der im Herbst versetzten Bäume während der Winterruhe verfaulen und absterben, wodurch der Baum stets eingeht. Wenn irgend möglich, vermeide man das Verpflanzen überhaupt und lege die Samennüsse gleich an die späteren Standorte der Nußbäume. Der Nußbaum darf, im Gegensatz zu den meisten anderen Bäumen nur im vollbelaubten Zustande, am besten im Frühjahre verschnitten werden; der Rückschnitt im unbelaubten Zustande während der Winterruhe bringt ein Kränkeln und völliges Absterben des Baumes mit sich. Bei Anpflanzung von Alleen ist darauf zu achten, daß die Nußbäume mindestens fünfzehn Meter voneinander entfernt zu stehen kommen. Um gesund zu bleiben, muß sich der Baum nach allen Seiten frei entwickeln können.

[1] Siehe Band X, Heft 4/6, Seite 95.


[243]

Praktischer Heimatschutz

In Alt-Trachau, dem ehemaligen alten Dorfplatz von Trachau, das leider in seiner alten Ursprünglichkeit durch Einbauen moderner Großstadthäuser bedeutend eingebüßt hat, kenne ich von Jugend her ein kleines, immer sauber getünchtes Häuschen, das mich dadurch ganz besonders interessierte, weil es neben seiner kleinen grüngestrichenen Hoftür im alten Gemäuer einen alten Hausspruch barg, den nur wenige kannten; ja, wie ich bei seiner Ausbesserung beziehungsweise Sichtbarmachung erfuhr, nicht einmal alle die jetzigen Bewohner dieses Hauses.

KOM HER REIN DU GE
SEGNERDER DES HERN
WAS SEIEST DU DRAUSEN.
Alt-Trachau
(Aufnahme Julius Georg Perlik, Dresden-Rochwitz)

Diese alte Sandsteinplatte, welcher man bei Erbauung dieses Häuschens oder schon früher, mit ungelenker Hand und primitiven Werkzeugen diese alten Schriftzeichen[244] eingraviert hat, lenkte eines Tages meine Aufmerksamkeit auf sich, und ich hatte alle Mühe, diese alten, mit Kalkfarbe verschmierten Buchstaben überhaupt zu entziffern. Seinerzeit als es noch ein schöner, sinniger und volkstümlicher Brauch war, solche Sprüche – meist ernsten Inhalts – über Türen, an Giebeln und Torbogen, nicht nur anzubringen, sondern wo man noch Zeit fand sie auch zu lesen und darüber nachzudenken, da waren diese Buchstaben wohl noch scharf und leserlich. Doch bis dahin, als ich erstmalig darauf aufmerksam wurde, war wohl der Faustpinsel des Scharwerksmaurers verschiedene Male und in allen erdenklichen Farben darübergefahren. So kam es, daß diese alten Schriftzeichen mit der Länge der Zeit fast eins geworden waren mit dem übrigen Mauerwerk. Wind und Wetter und das Alter haben das übrige getan.

Lange, lange Jahre vergingen und immer wieder sorgte der Besitzer dafür, daß dieses alte Häuschen wieder schön wurde, mal weiß, mal hellblau, mal rosa. Das Gebälk schön dunkel. Die Hoftür, das Weinspalier, der Gartenzaun und die Fensterladen frisch blaugrün. Das alte Ziegeldach aber bekam von Zeit zu Zeit durch einige neue Ziegel, die sich hier und da notwendig machten, eine wunderhübsche Abwechslung. Es war eben immer schön.

Der alte Spruch aber verschwand immer mehr. Dann wurde ich Heimatschützler. In Nr. 3 der Heimatschutznachrichten läßt der Heimatschutz seinen Mitgliedern wissen, daß Bilder von Hausinschriften erwünscht seien. So ließ sich aber kein Bild machen. Bei dieser Gelegenheit sollte dieser alte Hausspruch wieder zu Ehren kommen.

Sonntag, den 24. Juli dieses Jahres, frühzeitig, machten wir uns ans Werk. Alles dazu Notwendige hatte ich bereits an Ort und Stelle gebracht, auch die Genehmigung des Besitzers holte ich mir. Zement – gestiftet von Kell & Löser – war auch schon da. Kurz berichtet war die Arbeit folgende:

Die Sandsteinplatte wurde von anhaftendem Mörtel und Putz gereinigt, dann die als Rahmen gedachte, vorstehende und abgerundete Wulst oder Kante aus einem Gemisch von Zement und Sand aufgetragen und verputzt; die Mauer nach hinten um einige Zentimeter erhöht, um den darauf liegenden Dachziegeln, die als Schutzdach und gleichzeitig, um das Ganze zu heben, als Abschluß und zur Zierde dienen sollen, eine schräge Lage zu geben.

Diese Arbeit nahm ungefähr sieben Stunden in Anspruch, fand aber dadurch eine unerwünschte Unterbrechung, daß wir von einem Wohlfahrtsbeamten wegen Entheiligung der Sonntagsruhe zur Anzeige gebracht wurden. Ich ließ mich selbst zur Wache führen, und erwirkte nach längerer Rücksprache mit dem Wohlfahrtsinspektor, daß wir doch diese Arbeit zu Ende führen konnten. Darüber habe ich seinerzeit im Heimatschutz persönlich Bericht erstattet.

Zum Schluß wurden die ausgebesserten Stellen dieser Mauer mit Weiße überstrichen. Die Wulst aber bekam einen Anstrich in dunkel Ocker, während die Innenfläche ganz hell Ocker gehalten wurde. So kam aber die alte Schrift noch entschieden zu wenig zum Vorschein, wir sahen aber vorläufig von einem Ausmalen der Buchstaben noch ab, da wir befürchteten, daß das Historische dieses alten Spruches dadurch einbüßen würde.

[245]

Soweit wieder hergestellt, nahm der Heimatschutz eine Besichtigung unserer Arbeit vor, wobei ihm vor allem die sich zu schwach hervorhebende und dadurch schwer leserliche Schrift auffiel. Er riet uns deshalb, das Ausmalen der Schrift doch noch vorzunehmen. Diese Arbeit wurde am 8. August ausgeführt. Mit Dunkelgrau ausgemalt wirkt dieser Hausspruch wieder wie ehedem auf die Vorübergehenden und selbst der Pastor von Trachau sprach gleich am nächsten Tage in diesem Hause vor, und war sehr erfreut und doch beschämt, daß sich Leute gefunden hatten, die diesen alten Spruch wieder zu Ehren brachten. Er selbst gestand zu seiner Schande, wiewohl er über zehn Jahre hier im Amte sei, wäre ihm dieser herrliche Spruch noch nicht aufgefallen. So mancher, der hier hunderte Male vorbeiging, ohne ihn zu bemerken, macht jetzt Halt vor diesem alten Spruch und sinnt. Der eine flüchtig, der andere nachdenklich. Was mögen sie wohl alle denken? Warum hat man den alten Spruch gerade jetzt wieder sichtbar gemacht?

Alt-Trachau
(Aufnahme Julius Georg Perlik, Dresden-Rochwitz)

Die Bauersfrau gegenüber hat mir es erzählt, immerwährend ständen jetzt Leute hier – meist alte, aber auch junge – und buchstabierten den alten Spruch. –

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Herr Perlik, der mich auch hier wieder in dankenswerter Weise unterstützt hat, indem er mit besonderer Liebe und Sorgfalt den größten Teil dieser Arbeiten nach meinen Angaben ausführte, fertigte auch umstehende Aufnahmen an. Während mein Wanderfreund Burk Handlangerdienste leistete, führte Herr Schilling die malerischen Arbeiten aus. Die Skizze hierzu hatte Herr A. Wiehl nach der Natur angefertigt und den zur Ausführung gebrachten Entwurf dabei mit eingezeichnet. Ich übte das Amt eines Poliers aus.

So kann durch Mithelfen eines jeden manches wieder ans Tageslicht gebracht und der Nachwelt erhalten werden. Es gibt in unseren schönen Vororten und Dörfern noch viel Interessantes und Erhaltenswertes, aber leider noch zu wenig Helfer.

Richard Köhler.


In den Hütten meiner Heimat

(aus »Bunte Gassen, helle Straßen«, ein Buch von Kinderland und Heimat von Max Zeibig, Bautzen. 2. Band der Heimatbücherei des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz[2])

Meine Heimat läuft vom Kamme duftblauer Berge waldreiche Hänge hinab über einen Saum von blumigen Wiesen und fruchtschweren Feldern, eilt an rauschenden Schornsteinen, klirrenden Werkstätten und sausenden Webstühlen vorbei, zeigt stolz zwei alte, turmreiche Städte, davon eine immer schöner und lieber als die andere, zieht hinaus in bauernsatte Dörfer und wandert, wandert und kommt endlich ganz müde in die Heide, in die grüne einsame Heide und ruht sich dort aus.

Und bin ich des Lebens und der Arbeit, des Hasses, Neides und Streites müde, spricht mein Herz verlockend zu mir: Flieh’ auf! Deine Heimat ruft, die Heide.

Da bin ich nun. In schimmerndem Kleide grüßen die Birken, die schlanken Geliebten des Waldes. Die Fichten raunen und prahlen mit ihren jungen Trieben; aber die Kiefern träumen und schweigen. Tiefverborgen liegt ein Teich, da leuchten aus moosgrünen Binsen schneeweiße Rosen. Die sind so heilig und so schön, wie ein Mädchen in seiner seligsten Jugend. Hoch am Himmel ein beutesuchender Bussard, im Schilf Scharen wilder Enten, im Wald das sorglose, flinkfüßige Reh, dazu tausend und tausend blaue und braune brummige Käfer, Insekten mit lichtglänzendem Flügelkleid, schönheittrunkene Schmetterlinge, von Heidekraut zu Heidekraut überaus zarte, feinfädige Spinngewebe, darinnen der morgenfrische Tau funkelt und leuchtet wie Millionen Brillanten, und über allem ein ungemein feines und weiches Singen und Klingen und ein Duft und eine Seligkeit, daß das Herz schreien möchte vor so viel Schönheit.

Das ist die Ruhe, der Frieden meiner Heimat – die Heide.

Heute bin ich in ihren Hütten gewesen.

Die Menschen wohnen in niedrigen, dumpfen Stuben. (Sie sind den lieben langen Tag im Wald und auf dem spärlichen Feld! Was brauchen sie in den Stuben frische Luft!)

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Wie gemütlich so ein brauner, breiter Kachelofen ist! Das Doppelbett hat einen frischen, buntblumigen Überzug. Auf dem Tisch stehen ein paar blutrote Nelken, die brennen vor lauter Liebe. An den Wänden hängen, gestickt, unter Glas und Rahmen, oder bloß auf Pappe gedruckt, fromme, bescheidene Wandsprüche. Im Glasschrank feiern silbern- und goldgeränderte Tassen, geblümelte Teller von Steingut und zierliche von Glas, allerhand nichtige, kleine Figuren, verblichene, braungetönte Photographien ein beschauliches Dasein. Von dem weißgestrichenen Fensterbrett gucken steife Geranien und herzreiche Fuchsien neugierig auf den rankenden Wein, der die kleinen Fenster wild umwuchert, wie weit er mit seinen Trauben sei. Draußen im kleinen Gärtchen verblühen späte Rosen in königlicher Pracht.

Zwei Alte kommen mir freundlich entgegen: »Schön Willkomm’«, sagen sie. Wie lieb das klingt!

Ich muß immer auf sie sehen, auf die beiden Alten. Mein Gott, die Hände, wie sind die hart und schwielig! Die haben im Leben was gerackert und geschafft, und die müden, erloschenen Augen, die haben manche Träne geweint … »Wir haben einmal zwei Söhne gehabt,« erzählen die beiden Alten, »echte, treue, starke Söhne der Heide. Da sind ihre Bilder … Sind alle beide gefallen. Für die Heide. Für die Heimat …«

Die beiden halten sich an der zitternden Hand und sitzen ganz feierlich auf ihrem zerbeulten Sofa. Gerade über ihnen hängt der Spruch: Befiehl dem Herrn deine Wege, er wird’s wohl machen! … Die beiden Alten sind ganz ruhig, ganz still. Sie haben ein Lebenlang geschuftet und gesorgt. Nun sind sie so zufrieden und so fromm … Das fühlt man.

Arme Leute! hier in der Heide …

O du ruhlose, friedlose, du laute, du törichte Welt, wenn du wüßtest, wie arm du bist … und wie reich sie sind in den einsamen Hütten meiner Heimat!

[2] Preis für Mitglieder (gebunden) M. 15,– (sonst M. 18,–). Bestellkarte anbei.


[248]

Das Weberhaus in Hosterwitz

Von Edgar Hahnewald, Dresden

Die Wohnungsnot zwingt dazu, jeden verfügbaren Raum nutzbar zu machen; dadurch werden aber in gewissen Fällen auch Stätten bedroht, deren unangetastete Erhaltung selbst in dieser Notlage geboten erscheint. Das ist auch beim Weberhaus in Hosterwitz der Fall, das bisher fast unbekannt und darum unberührt lag; besucht und bewundert von denen, die diese Stätte zu schätzen wußten, seine kulturelle und musikgeschichtliche Bedeutung kannten. Jetzt aber glauben die Wohnungsbehörden, die bisher Rücksicht übten, diesen stillen Winkel nicht länger schonen zu können. Wenn aber das Weberhaus für dauernd bewohnbar gemacht werden sollte, sind Eingriffe in die äußere und innere Gestaltung unumgänglich nötig, die den historischen Charakter des Hauses zerstören.

Der Heimatschutz bemüht sich, im Verein mit dem um die Erhaltung der Kulturstätte verdienten Besitzer, Herrn Emil Krahmer, die drohende Gefahr abzuwenden.

Es erscheint angebracht, auch weitere Kreise für diese Schaffensstätte des Freischütz-Komponisten Carl Maria von Weber zu interessieren, was durch die nachfolgende Schilderung geschehen soll.

Die Schriftleitung.

An der Dresdner Straße in Hosterwitz, in beinahe unmittelbarer Nähe des Pillnitzer Idylls, liegt Carl Maria von Webers Sommerhaus.

Hundert Jahre lang hat ein guter Stern über seiner Unversehrtheit gewacht. Kaum daß es jemand wußte. Zwar Webers Möbel stehen nicht mehr darin. Irgendwer hat später dem hinteren Fachwerkgiebel eine hölzerne Veranda vorgebaut, die aber das Ganze nicht stört und die heute schon wieder alt geworden und von der Zeit in die Stimmung des Winkels einbezogen worden ist. Aber sonst ist es noch ganz und gar Webers Haus geblieben – man meint, die Blumen, die da blühen, habe schon er gestreift, wenn er kam und seine Frau Caroline in der Laube ihm entgegensah. Und die stillwachsenden Bäume haben das Häuschen nur noch tiefer in friedevolles Grün gehüllt.


Es ist eigentlich kaum ein Wunder, daß die hundert Jahre das Häuschen nicht antasteten. Die nahe Stadt wuchs sich nach anderen Richtungen aus und ließ diesen Winkel unberührt. Und daß sonst niemand ein Aufhebens von diesem Eckchen machte, gereichte ihm zum Schutz vor absichtsvollen Aufmerksamkeiten, die vielleicht gerade das zerstört hätten, was nun so reizend daran ist: seine Unberührtheit.

Wir schätzen heute solches Erbe bewußter. Aber sofort zwingen uns auch die schärfer zugreifenden Bedrohungen dazu, uns schützend vor das ideelle Gut zu stellen, das uns gelassenere Zeiten hinterließen. Denn während es bisher gut für das Häuschen war, daß es unbeachtet blieb, müssen wir heute gerade umgekehrt aller Augen darauf hinlenken und sagen: dieses kleine Haus ist ein Schatz, den ihr alle kennen und schützen und erhalten helfen müßt!

[249]


Abb. 1 Hosterwitz, gemalt von Professor C. A. Günther um 1820
(Aus dem Dresdner Stadtmuseum)

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Als Weber, königlich sächsischer Kapellmeister und Musikdirektor der eben erst geschaffenen deutschen Oper in Dresden, dieses Häuschen fand, erfüllte sich ein längst gehegter Wunsch. Schon lange spähten er und seine junge Frau nach einem »Sommernest« aus, das im Sinne der damaligen Zeit anspruchslos sein, aber nicht zu weit ab von der Stadt liegen sollte. Dieses kleine Haus, das dem Hosterwitzer Winzer Felsner gehörte, entsprach allen Wünschen. Unverdrossen wanderte nun Weber immer wieder von Dresden nach Hosterwitz und zurück, um das Ausmaß irgend eines Raumes zu holen, das Caroline zum Plane der Einrichtung brauchte. Und nachdem er sich so und so oft diesen Weg »entlang komponiert« hatte, bezog das Paar glückstrahlend am 18. Juni 1818 das erste Stockwerk des Häuschens, das ihm zum Sommerparadies wurde.

Wir fahren heute in fünfzig Minuten mit der Straßenbahn von Dresden nach Hosterwitz. Damals kostete das einen strammen Fußmarsch. Und man kann sich eine Vorstellung von dem festlichen Umstande machen, den alljährlich die Übersiedlung in die Sommerresidenz verursachte, wenn man der launigen Schilderung gedenkt, die Wilhelm von Kügelgen in seinen Jugenderinnerungen eines alten Mannes von der Badereise seiner Mutter von Dresden nach Lotzdorf bei Radeberg gibt: »Unser dottergelber Reisewagen ward nun hochbepackt mit allem Nötigen, mit Koffern, Waschen und darüber hingeschnallten Bettsäcken, vier Pferde wurden vorgelegt und die ungeheure Maschine setzte sich in Bewegung.«

Auch Weber reiste mit einer solchen »Maschine«. Und später schaffte er sich, um den häufig nötigen Fußmarsch zu ersparen, auch eine Equipage an und versteifte sich darauf, selbst zu kutschieren, wobei er freilich übel debütierte und nach der dritten Fahrt kleinlaut zu Fuß in Hosterwitz ankam, während ein Bursche Tier und Wagen nachführte. Er besaß aber später stets zwei Pferde, Reise- und Stadtwagen und eine nach damaliger Sitte reich in Rot und Gold dekorierte Droschke. Und es war eine seiner kleinen Eitelkeiten, daß man seine Equipage zu den elegantesten der Stadt zählte.


Hosterwitz lag damals wirklich weit ab von der Stadt, und die Reise dahin war schon ein Ereignis in einer Zeit, in der das Linckesche Bad an der Elbe und Findlaters Weinberg hinter der heutigen Saloppe die Ausflugsziele der Dresdner waren. Das hübsche Aquarell Professor Günthers aus dem Jahre 1820 im Dresdner Stadtmuseum gibt eine deutliche Vorstellung davon, wie ländlich und abgeschieden das kleine Dorf am Fuße der Rebenberge lag. August Schumanns Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon berichtet in dem 1817 erschienenen Bande, daß Hosterwitz nur 21 Häuser und 113 Einwohner zählt, und fügt im Ergänzungsbande von 1830 hinzu: »Hosterwitz liegt in und vor dem Keppgrunde, unstreitig in einer der reizendsten Gegenden Sachsens, welche wir selbst jenen von Pillnitz und Loschwitz noch vorziehen möchten, da hier die ansehnlichen Berge fast jeder Art von Bekleidung, nicht das Einerlei der ununterbrochenen Weinpflanzungen zeigen; auch haben die hiesigen und poyritzer Wiesen einen auffallend üppigen Charakter.«

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In dieser friedlichen Landschaft lag nun Webers Sommerparadies, in dem er Ruhe, Erholung von den ewigen Kämpfen mit seinen Dresdner Widersachern und erfrischende Anregungen zum Schaffen fand.

Die Ströme, die aus dieser Umgebung in seine Arbeit hinüberfließen, pulsen immer. Die Kantate, der er den Titel »Natur und Liebe« gab, spiegelt ja geradezu im Duett »Holde, zaubrisch-schöne Hügel« die Lieblichkeit des Elbtales musikalisch wieder. Die anmutige »Aufforderung zum Tanz«, die schönsten Partien des Freischütz, der Euryanthe, des Oberon und viele kleinere, nicht minder köstliche Werke entstanden auf den Spaziergängen um Hosterwitz und sind in diesem kleinen Hause niedergeschrieben worden.

Alle seine Schöpfungen kristallisierten sich so: eine musikalische Idee blitzte auf wie ein Stern in der Nacht, tagelang reifte sie sich aus bis zur letzten Note, und im Geiste gestaltet existierte sie längst, ehe noch eine einzige Note auf dem Papier stand. Oft überraschte er seine Freunde mit dem Vorspiel einer Komposition, die nur in seinem Kopfe, dort aber unverlöschbar fixiert war – in seinen Notizen findet sich wiederholt lange vor der Niederschrift eines Musikstückes die Bemerkung, daß er dies oder jenes »fertig gedacht« habe.

Kleinigkeiten wurden zu Anlässen seiner Schöpfungen. Ein Klarinettist seiner Kapelle begleitete ihn einst auf einem Spaziergange nach dem Linckeschen Bad. Weber schritt stumm vor sich hin. Es regnete. In der Gartenwirtschaft hatten die Kellner Tische und Stühle, meist mit den Beinen nach oben, in Gruppen zusammengesetzt. Beim Anblick dieser in Reihen und Intervallen starrenden Tisch- und Stuhlbeine blieb Weber plötzlich stehen, lehnte sich rückwärts auf seinen Stock und rief: »Sehen Sie, Roth, sieht das nicht aus wie ein großer Siegesmarsch? Donnerwetter, was sind das für Trompetenstöße!« – abends notierte er den fertig gedachten Marsch, der später im Oberon erklang.

Während eines schläfrigen Nachmittagsgottesdienstes in der Pillnitzer Kapelle hörte er das unerträglich falsche Intonieren einiger alter Weiber bei den Responsorien einer Litanei – aus diesem Eindruck entstand der Lachchor der Bauern im ersten Freischützakt.

Auf einer Fahrt nach Hosterwitz an einem Nebelmorgen wankte der Wagen durch das graue, gespenstige Gewoge – in dieser Stimmung schuf, »dachte« er die Wolfsschluchtmusik.


Als schöpferische Offenbarungen strömten ihm auf diesen Gängen rund um Hosterwitz die Ideen zu. Und in diesem Häuschen schrieb er sie nieder. In jenem kleinen Zimmer, in das die sommerlichen Baumkuppeln der Pillnitzer Maillebahn und die in wogenden Linien ziehenden blauen Hügel hereinblicken, arbeitete er. In lauen Sommernächten saß er an diesem Fenster und schrieb in fehlerlosen Partituren von den Flötenstimmen bis zum Baß vollständig mit allen Zeichen, Pausen, Pianos, Fortes in perliger Notenschrift, wie in Kupfer gestochen nieder, was in seinem Kopfe »fertig gedacht« und unvertilgbar stand. Und sein Sohn Max, sein treuer Biograph, läßt uns die frohe Feier dieser Arbeitsstunden ahnen:[252] »Kein Piano wurde dabei angeschlagen, das volle Orchester, von guten Geistern gespielt, klang ja von selbst in seinen Ohren, während er seine zierlichen Musikschriftzeichen malte.«

Manchmal, vom Glück des Schaffens durchströmt, von jenem göttlichen Fieber erregt, das noch über das vollendete Werk hinaus nach Ausbruch drängt, trat er, nachdem er einen Nachmittag lang gearbeitet hatte, dann aus dem kühlen Hause hinaus in den Garten. Düfte strömten und die Sonne leuchtete über allem. Er schritt über den knirschenden Sand der Laube zu, in der seine Gattin nähte und stickte, warf die lange, graue Arbeitsjacke von sich, reckte die Arme und rief: »Möcht’ doch den Kerl sehen, der glücklicher ist als ich!« Und dieser Schöpfer und Kämpfer, der kein Duckmäuser und kein sentimentaler Träumer war, der Wein und volle Tische liebte, der mit adligen Kammerherren und bäurischen Hüfnern in der Keppgrundschänke Kegel schob und der dem Leben seine Kraft verschwendend hinwarf, fügte solchen Glücksausbrüchen still hinzu »Gott behüts« und lüftete sein schwarzes Käppchen.


Hosterwitz schenkte ihm schöpferische Kräfte – Hosterwitz schenkte ihm Ruhe nach der unerhörten Anspannung im Winter in der Stadt.

In diesem bescheidenen Hause verlebte er eine Reihe glücklicher Sommer und er war froh und heiter im Genusse der einfachen Freuden, die das ländliche Idyll bot. Er streifte mit Carolinen durch Täler und Wälder, tafelte mit Freunden in der wasserumrauschten Keppmühle Landbrot und Ziegenkäse, spielte stundenlang mit seinem Jungen, seinem Hunde, seiner Katze, seinem Kapuzineräffchen, lag im Grase, ließ sich die Sonne auf den Rücken scheinen und streckte, wie er seinem Freunde Lichtenstein einmal schrieb, vergnügt »alle Viere von sich«. Er mühte sich ab, aus Bindfaden und Gurten ein Geschirr für den Hund zu bauen, der Sohn, Katze und Affen spazieren fahren mußte. Und er war glücklich, wenn alles um ihn her jachterte und purzelte.

Immer stand das kleine gastfreie Haus für Freunde offen. Und Weber war stolz, wenn für die Gäste, die nur »ländliche Milch und süße Früchte« erhofften, aus der Küche Carolinens wie durch ein Wunder Eis, Moselwein, Champagner und allerhand treffliche Labe, nach eines Freundes Ausdruck »in sächsischer und österreichischer Weise kulinarisch gedichtet,« hervorquoll und sich auf Tisch und Rasen ergoß.

Ludwig Tieck war oft unter diesen Freunden. Und lange Zeit kam auch Jean Paul aus seinem Dresdner »Lenzhäuschen« nach Hosterwitz gewandert. Er kam, wie Webers Biograph ihn schildert: dick, immer ein wenig unsauber, stets von einem schnaubenden Pudel begleitet, ein alter Herr, der mit einer etwas geschraubten Jugendlichkeit kokettierte und der so gar nicht mit seinen poetischen Schöpfungen harmonierte.

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Abb. 2 Das Weberhaus, an der Straße die beiden prächtigen Nußbäume
Abb. 3 Der einzigartige Blumengarten des Weberhauses

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»Oh Hosterwitz, oh Ruhe! Ruhe!« Das schrieb Weber einmal in einem Briefe. Aber Ruhe nannte er es auch damals noch: die Euryanthe schreiben; Ruhe nannte er: in vierundzwanzig Tagen drei Singspiele und eine Oper einstudieren, zu jeder Probe drei Meilen zurücklegen und außerdem in hundert Tagen noch achtunddreißigmal Dienst in Kirche und Theater tun.

»In dieser Zeit,« schreibt sein Sohn, »sahen Caroline und der damals auch in Hosterwitz wohnende (Freund und Schüler) Benedikt oft schon früh vor sechs Uhr, wenn sie in die Laube im Garten traten, wo gewöhnlich das gemeinschaftliche Frühstück eingenommen wurde, am offenen Fenster seines Arbeitszimmers das bleiche Haupt des Meisters über das Notenpapier gebeugt, oder ihn vom kurzen Morgenspaziergange heimkehren. An allen Tagen, die ihm sein Dienst frei ließ, arbeitete er sechs bis acht Stunden unablässig an der Oper und gönnte der gepreßten Brust nur selten, bei langsamen Wanderungen am Elbufer oder durch ein Waldtal die Erquickung tiefer Atemzüge balsamischer Luft. Mehr als einmal rief er, aus dem heißen Arbeitszimmer in den Garten tretend und die Arme ausdehnend aus: ›Ich wollte, ich wär ein Schuster und hätte meinen Sonntag und wüßte nicht Gix noch Gax von C-Dur und C-Moll!‹«

Unablässige Arbeit schwächte seine ohnehin kränkelnde Brust. »Ich huste und faulenze,« antwortete er ingrimmig den Freunden, die nach seinem Ergehen fragten. Die Symptome der Müdigkeit häuften sich, seine Kräfte, flackrig geworden, verzehrten sich in tätiger Hast.

Ein Jahr darauf, 1823, fühlte er sich zu matt für den der Entfernung wegen beschwerlichen Aufenthalt in Hosterwitz, der ihm – ein tragischer Widerspruch – gerade damals so not tat. Und doch rang er sich in dieser Zeit den Oberon ab! »Dieses Leben und musikalische Licht und diese tongewordene Heiterkeit und Frische schrieb ein kranker, gebeugter und verdrossener Mann, den trockner Husten Tag und Nacht quälte, der, in Pelze gehüllt, die geschwollenen Füße in Sammetstiefeln, am Schreibtische saß und im stark geheizten Zimmer fror.«

In diesen letzten Schöpferstunden umgeisterten ihn schon Todesgedanken. Sie trieben ihn in Sorgen um das Wohl seiner Familie. Um für sie zu sorgen, bestand er auf der verhängnisvollen Londoner Reise. »Ich erwerbe in England ein gut Stück Geld, das bin ich meiner Familie schuldig,« sagte er zu einem Freunde, »aber ich weiß sehr gut – ich gehe nach London, um da zu sterben – still, ich weiß es.«


Am 7. Februar 1826 trat er die Reise an. In Pelze gehüllt stieg er in den Reisewagen. Und während er in den dunklen Wintermorgen hinausrollte, sank seine Frau in ihrem Zimmer zusammen und schluchzte ahnungsvoll: »Ich habe seinen Sarg zuschlagen hören!«

Dreiundfünfzig Briefe flatterten noch nach Hosterwitz. Und dem grünumbuschten Frieden des stillen Häuschens galt seine Sehnsucht aus der Ferne: »Ich habe wohl schon genug – vielleicht – in Dresden gewiß schon zu viel getan und will mich in Hosterwitz recht strecken und pflegen.«

[255]

Er kam nicht wieder.

Abb. 4 Ausblick aus Webers Arbeitszimmer in den Garten und nach der Elbe

Am 5. Juni 1826, acht Wochen nach der Uraufführung des Oberon in London, schloß der vierzigjährige Schöpfer die Augen. Und als er in London schon aufgebahrt lag, ließ eine Freundin, Charlotte von Hanmann, ihren Wagen am Dorfeingange halten und brachte der Frau in Hosterwitz die Todesbotschaft, über der die Verlassene mit einem Schrei zusammenbrach.


Ein Jahrhundert ist seitdem durch den friedsamen Garten, durch die kleinen Räume des schlichten Hauses gegangen.

[256]

Der Zauber einer holden Verschollenheit liegt darüber gebreitet. Ich sah das Idyll im seligen Glast eines Hochsommertages um die Stunde, da Pan schläft – vor den Fenstern des treuen Bewahrers, des alten Krahmer, standen Kornpuppen mit einer Krone schwergebogener Halme. Und ich sah es wieder im milden Riesellichte der Septembersonne – über Haus und Garten spann sich ein scheidender Abglanz der Glückstage, deren sich Haus, Garten, Laube heimlich zu entsinnen scheinen.


Dem Kommenden guckt das Häuschen mit gemütlichen Fenstern entgegen – es blinzt gleichsam vertraulich und wartend durch den Zaun, der das benachbarte Feld einhegt.

Dann aber wehrt eine alte Steinmauer die Neugier ab – es ist ein Winkel für Vertraute. Zwei alte Nußbäume überschatten locker belaubt das grüne Holztor zwischen den Torsäulen mit den Steinkugeln obendrauf.

Der Grundriß des Hauses hat die Gestalt eines längs zur Straße gelegten lateinischen T. Das ergibt drei Giebel, von denen einer der Straße, der andere der hinter Dorf und Bäumen verborgenen Elbe zugekehrt ist, während der dritte in den blühenden Garten blickt. Um diesen Giebel knirschte Carolinens Schritt, wenn sie kam, den Heimkehrenden zu empfangen, der ihr durch das Gitter des grünen Tores entgegenlachte.

Innen ist der alten Mauer, dem Tor zur Seite, ein schmaler, steinerner Sitz eingefügt. Er sieht einer Konsole ähnlicher als einer Bank. Eine Clematisranke zieht einen Bogen darüber. Diese hübsche Kleinigkeit mutet an wie eine zierliche Titelvignette.

Rundum blüht es. Ein bunter Fries von Astern und Balsaminen umzieht den Sockel des Hauses. Vor dem blaugrauen Giebel blühen hochstämmige Rosen, Oleander, Astern, Geranien im Buchsbaumrondell. Sogar um die alte Pumpe in ihrem Holzgehäuse mit spitzem, rotem Dach, die zu Webers Zeiten auch schon dastand, blüht ein Kranz bunter Topfblumen: Geranien, fleißiges Lieschen, blaßblaue, hängende Glockenblumen.

Dahinter, in dichtes Grün gehüllt, versteckt sich die Laube, in der Caroline mit ihrer Näharbeit saß, wenn er oben am Freischütz schrieb. Der Efeu hat die Laube dicht umwuchert. Über das hohe, spitze Dach wächst er noch hinaus und krönt den Laubengiebel mit einem üppigen Blätterschopf. Drinnen – drei Steinstufen führen hinein – ist es kühl. Die weiße Decke ruht auf kornblumenblauen Wänden. Weißes, bäuerlich gemütliches Gestühl steht drin. Durch die zwei Fenster der Rückwand blickt man aus der blauen Kühle hinaus in durchsonntes Gartengrün.

Und draußen im Licht, im Sonnenschein, von den Efeugardinen der Laube umrahmt, liegt das Haus, hell, heiter und glücklich.

Abb. 5 Großes Eckzimmer im Obergeschoß

Wein rankt an Spalieren an den Wänden herauf. Blaue Winden blühen zwischen den Reben. Diese Blumentrichter, in deren zartweiße Tiefe violette Saftmale hinabführen, wirken zwischen den flachgeschichteten, silbern überreiften Weinblättern köstlich. Sie erinnern an Becherschalen von hauchdünnem Porzellan. Und[258] die grünen Fensterläden mit den schräggestellten Jalousiebrettchen, die vor den weißgestrichenen Fenstern in das silbergrüne Weingerank zurückgeschlagen sind, vollenden den sommerlich heiteren Eindruck, den das Ganze macht. Es sieht aus, als lupfe das Haus lauter kleine grüne Flügel und schicke sich an, vor Vergnügen am eignen Dasein mal ein bißchen über den Garten hinzufliegen. Und das ziegelbewimperte Fensterauge im altersbraunen Dach zwinkert: ja, los – mal übern Garten hin!

Abb. 6 Treppenflur des ersten Obergeschosses

Der Garten. Er ist gar nicht groß und scheint doch unabsehbar, weil Buschwerk und Hecken seine Grenzen verhüllen, weil man über die Bäume hin und zwischendurch in benachbarte Obstbaumwiesen und Gärtenwildnis guckt und weil die gradlinigen Wege das Gartenstück so geschickt aufteilen, daß sich ein Eindruck von Größe ergibt.

Da durchschneidet ein Weinlaubengang von der Haustür aus den Garten der Breite nach. Sonnenlicht rieselt hindurch und mustert den sauber geharkten Weg mit einem Schattengitter. Der Gang ist kaum zehn Schritte lang. Hinten schließt eine lockere, wandartig verschnittene Buchenhecke den Durchblick ab, sonniger Rasen schimmert hindurch – der Gang scheint in eine grüne Wirrnis zu führen, die gar kein Ende nimmt.

Man tritt aus dem Gang heraus und steht vor einer anderen Laube, die mit ihren gelben Wänden ganz sonnig wirkt. Wilder Wein streckt wippende Ranken herein – eben hissen seine Blätter die köstlichen Likörfarben des Herbstes.

Vor der Laube beschattet eine stattliche Linde einen kleinen Platz. Eine weiße Bank steht darunter. Und nahe dabei, im schützenden Hauswinkel, trägt ein Feigenstrauch sogar Früchte – Weinstock und Feigenstrauch: es ist eine beinahe biblische Symbolik häuslichen Glücks.

In einem anderen Winkel des Gartens macht der Weg eine kleine kokette Biegung – man steht vor einem Gitterpförtchen in der Mauer, tief unter einer hohen, fächerleicht entfalteten Akazie und hinter dichtem Gesträuch heimlich verborgen. Draußen läuft ein schmales Gäßchen zwischen Gemäuern vorbei – und das wieder ist ganz das Szenarium einer Liebesgeschichte.

Und man guckt in den Garten zurück.

Was da alles auf kleinstem Raum wächst, blüht, reift! Obstbäume stehen im Rasen. Dahinter die Weinlaube. Und rundum blüht es: goldgelbe Röderblumen und fleischigrote Begonien, Astern und Phlox, Nelken und Balsaminen. Es ist eine Fülle.


Und über all das hinweg, in das Blühen und Wachsen hinein guckt mit allen Fenstern das Haus.

Man betritt den kühlen, anheimelnden Flur – dabei kann man der Lockung nicht widerstehen und zupft beim Eintreten mal an dem Klingelzug, worauf der Flur von altväterischem Gebimmel widerhallt.

[259]

Abb. 7 Die Weberlaube
»Diese Laube alt und klein,
Soll allen Zeiten befohlen sein,
Weil hier ein heiliger Quell’ entsprang
Freischütz, der Ewigkeitsgesang.«

Ernst von Wildenbruch

Unten wohnt der biedere alte Krahmer, der Eigentümer dieses Schatzkästchens – er wohnt sozusagen in seinem Augapfel, denn wie einen solchen hütet er das Haus. Und nächst ihm verdanken wir den sorgsam und pietätvoll gepflegten Zustand des Ganzen dem Maler Heinrich Hübner, der hier seit Jahren allsommerlich bis tief in den Herbst – dann wird dieses Sommerhäuschen alt und feucht und unwirtlich – sein steinernes Berlin vergißt und künstlerisch von diesem Haus und diesem[260] Garten und der Landschaft ringsum lebt. Er hat Vieles hinzugetragen, was – ich möchte sagen: seelisch zu der vorhandenen Einrichtung der Räume wenn auch nicht aus Webers Besitz, so doch aus der Weber-Zeit stimmt.


Webers Zimmer liegen oben im ersten Stockwerk. Eine gewundene Steintreppe führt hinauf.

Im Giebelzimmer, in das von drei Seiten Garten, Bäume und Berge hereingrüßen, wohnte das gastfreie Ehepaar.

Der Raum mit dem behäbigen, runden Tisch, den behaglichen Polsterstühlen und den edel schlichten Kirschbaummöbeln macht den Eindruck, als würde Caroline jeden Augenblick wieder eintreten und mit der Stimme der beliebten Bühnensängerin von einst sagen: Weber kommt – ich bitte die Herren um ein Weilchen Geduld.

Aber nur seine Totenmaske blickt drüben im kleinen Arbeitszimmer dem Besucher entgegen. Sie ist kostbarer Familienbesitz und war nur da, weil der Maler Hübner das geistvoll feine Antlitz zeichnete. Alle Weberbildnisse aus der Lebzeit des Meisters erblinden vor diesem Abdruck des eben Verstummten – der letzte Hauch des entschwundenen Lebens durchdrang – so scheint es – die formende Masse und belebte sie. Er gab ihr den aus seelischen Tiefen kommenden Blick der Pupillen, der die schon geschlossenen Lider noch ein letztes Mal durchdringt, der im Wissen um das Letzte noch einmal ins Leben zurückblickt. Und gab der feingeformten Nase ein letztes nervöses Atmen, ein Veratmen. Und ein letztes, unausgesprochenes Sprechen dem energisch und doch mild geschwungenen Munde.

Ich neigte die Maske ein wenig nach vorn – um diesen Mund erschien ein feines, heimliches Lächeln, ein verstehender, stummer Spott aus dem Schattenreiche der Toten, die um die Irrtümer der Lebenden wissen und deren Eifer belächeln – das Beste, das Letzte haben sie immer mit hinübergenommen.

Das Antlitz lächelte voller Geheimnisse. Und durch das offene Fenster, aus dem blühenden Garten, weiter her, von den fernen Duftbergen im Abendlicht, aus dem Endlosen des perlmutterfarbenen Himmels drang lautlos, verhallend, riesengroß vom Himmel niederflüsternd, aus Freischützklängen geisterhaft ins Unendliche verklingend:

Schau der Herr mich an als König!
Dünkt Ihm meine Macht zu wenig?
Gleich zieh Er den Hut, Mosje …

Und darüber hin, schattenhaft groß, als lautloser Zwieklang der Lachgesang:

Hehehehehehehehehehe!
Hehehehehehehehehehe!

Im Weinlaub raschelte leises Frösteln.


Um mich stand still und schlicht das Zimmer, in dem der Tote dort den Freischütz und die Euryanthe und den Oberon geschrieben hat.

[261]

Ich trat ans Fenster, an dem er saß, an sommerlichen Tagen, in bleichen Nächten, über das Notenpapier gebeugt.

Unten, zum Greifen nahe, blühte der Garten im Herbstlicht, im Abendschimmer. Heiterkeit flog vogelgleich drüberhin – drüberhin.

Und es schien mir gut so, daß dieser lächelnde Garten den Schrei nicht gehört hat, mit dem Caroline die Todesbotschaft empfing – die Frau, die schon Witwe war, ehe sie es wußte, eilte ahnungsvoll hinaus auf die Straße, der Botin entgegen, als sie das Rollen des Wagens vernahm und ihn an ungewohnter Stelle halten sah. Dort brach sie zusammen und dort zerschnitt der Schrei die Luft.

Der Garten lächelte in friedlicher Glücksruhe fort.


Vom Fenster her sah ich hinüber nach dem Antlitz des Toten, dessen Arbeitsstätte dieses kleine Zimmer war.

Der Zwieklang des Notengelächters in der Luft war verstummt. Und auf den mageren Wangen dieses Gesichts lag ein verzitterndes Mitfühlen des Schmerzes, den er zurückließ, und der für eine geliebte Frau der Abschied von den Heiterkeiten des Lebens war, die einmal diese Räume, diesen Garten durchklungen und deren milder Widerschein allsommerlich in den unschuldigen Blumen des Gartens erblüht.


Wissenschaft und Vogelschutz

Auf meine wenigen Zeilen über »Vogelschutz von seiten eines Forschers«[3] sendet Herr Schriftsteller R. Zimmermann an den Herausgeber der Mitteilungen eine Erwiderung, die ich insofern begrüße, als sie mir Gelegenheit gibt, auf die Frage etwas näher einzugehen. Zunächst lasse ich Herrn Zimmermann das Wort; er schreibt:

»Vogelschutz von seiten eines Forschers!« Unter diesem Stichwort übt im letzten Heft der Heimatschutz-Mitteilungen Herr B. Hffm. eine scharfe Kritik an einer Arbeit des Ungarn Csiki »Positive Daten über die Nahrung unserer Vögel« in der »Aquila«, der Zeitschrift des Ungarischen Ornithologischen Instituts. Bei aller Hochachtung und Verehrung, die ich für den Verfasser der Kritik, mit dem ich mich ja sonst eines Herzens und eines Sinnes weiß, empfinde[4], kann ich um des Ansehens einer wissenschaftlichen Anstalt wegen, der gerade auch die deutsche vogelkundliche Forschung reiche Anregungen, der deutsche Forscher aber durch uneigennützigste Überweisung wertvoller Veröffentlichungen u. v. a. m. nicht hoch genug einzuschätzende Unterstützungen verdanken, und die vor allem jederzeit auch zielbewußt für einen ganz entschiedenen Vogel- und Naturschutz eingetreten ist und gerade auf diesem Gebiete viel mustergültiges und vorbildliches geleistet hat – wer wohl hat es schon einmal bei uns versucht, die Bedingungen festzustellen, unter denen man die so nützlichen Fledermäuse neu ansiedeln und vermehren kann? – nicht unwidersprochen lassen. Ich bin mehrfach Gast des Ungarischen Ornithologischen Instituts gewesen, 1911 bereits, als Otto Hermann noch ihr Leiter war – ich habe selten einen Menschen kennen gelernt, der eine so große Hochachtung einflößte, wie diese prächtige, im Wesen jugendfrische Greisengestalt! – und später wieder während des Krieges, als mich in feldgrüner Schützenuniform der Weg einigemal über Budapest führte. Und ich zähle heute die Stunden, die ich in anregendstem Gedankenaustausch gerade auch über Vogelschutzfragen mit ihren Mitgliedern verleben[262] konnte, zu meinen schönsten ornithologischen Erinnerungen, und bin dabei überzeugt, daß keiner der Herren, mit denen ich dort zusammengetroffen bin, jemals die Hand zu Maßnahmen bieten würde, die den Forschungen des Vogelschutzes zuwiderlaufen würden. – Die Elster ist in Ungarn ein ganz gemeiner Vogel und stellenweise viel häufiger, als es bei uns manchenorts die Krähen sind, sie tritt auch wohl überall stark schädigend auf – in Hermannstadt konnte ich mich 1911 wiederholt selbst davon überzeugen, wie stark sie oft die Bruten der Kleinvögel zu zehnten vermag –, und eine Beschränkung ihres Bestandes gehört daher vielerorts zu den unbedingt gebotenen Lebensnotwendigkeiten. Ist es nun aber ein Fehler, wenn dann die abgeschossenen Vögel – und bei den Untersuchungen Csikis handelt es sich wohl ausschließlich nur um solche des Schadens wegen, nicht aber der Untersuchung halber abgeschossener Vögel, die dann, wie noch so manche andere, dem Institut regelmäßig zur Untersuchung eingeliefert werden – nicht einfach draußen im Felde wertlos verludern läßt, sondern sie noch wissenschaftlichen Feststellungen dienstbar macht? Magenuntersuchungen liefern nicht nur wertvolles Material für die wirtschaftliche Bewertung einer Vogelart – hätten wir jemals mit der Kraft und, das darf man wohl sagen, auch mit dem Erfolg für Mäusebussard und Turmfalk eintreten können, wenn nicht mehrere tausend Magenuntersuchungen dieser Vögel, die ohne diese Untersuchungen auch abgeschossen worden wären, uns ein so laut redendes Material beigebracht hätten, das allein erst die weitesten Kreise und die Behörden von dem großen Nutzen dieser beiden Tagraubvögel zwingend überzeugte? –, sondern sie ermöglichen uns auch noch so viele andere Einblicke in das Leben eines Tieres und bringen selbst sogar überaus wertvolles faunistisches Material (Nachweis einer ausgedehnteren Verbreitung der Nordischen Wühlratte in Deutschland) bei, daß man nur bedauern kann, daß nur der kleinste Bruchteil geschossener oder sonst tot aufgefundener Vögel derartigen Untersuchungen zugeführt wird.

Rud. Zimmermann.

Leider kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß in der vorstehenden Erwiderung die rein persönlichen Beziehungen eine etwas zu starke Rolle spielen. Ich habe den Wert und die Bedeutung der Magenuntersuchungen ja selbst hervorgehoben und ebenso die Bemühungen der Ungarn um den Vogelschutz anerkannt; ich weiß ferner aus eigner Beobachtung, daß die Elster in Ungarn häufiger ist als bei uns. Doch kann ich auch heute meine Bedenken nicht unterdrücken, daß die 351 Elstern nicht bloß ihres Schadens wegen, sondern auch um der Untersuchungen willen abgeschossen worden sind. Die meisten dürften doch wohl aus der näheren oder ferneren Umgebung des Instituts stammen, und da ist die Zahl 351 doch schon gewaltig hoch. Aber ich will der Kürze halber zugeben, daß in dem vorliegenden Falle die Tatsachen etwas gegen meine Auffassung sprechen. Ich habe den Fall nur an die Öffentlichkeit gebracht, weil es der mir zuletzt bekanntgewordene war und weil ich die Frage einmal anschneiden wollte, die viel wichtiger ist, als aus meinen kurzen Zeilen hervorgeht. Ich nehme, um dies darzulegen, bezug auf die Bemerkung Zimmermanns betr. des Mäusebussards. Auch hierzu muß ich ein großes Fragezeichen setzen, sofern es mir höchst unwahrscheinlich vorkommt, daß die allein von Röhrig untersuchten 1210 (!) Mäusebussarde »ohne diese Untersuchungen auch abgeschossen worden wären.« Daneben hat Röhrig noch bei 376 (!) Rauchfußbussarden den Mageninhalt festgestellt, während ein paar Jahre darauf Greschik wiederum 125 Rauchfußbussard-Magen lediglich des Inhalts wegen vorgenommen hat. Bedenkt man, daß gleiche Untersuchungen, wenn schon in viel geringerem Maße, noch von anderen Seiten ausgeführt worden sind, so ist klar, daß sie mit zu starken Eingriffen in den Bestand unsrer Raubvögel verbunden gewesen ist.

Ich bemerke ferner, daß z. B. Vollhofer allein fast 500 und Pawlas sogar 600 Magen von Wasseramseln untersucht hat! Aber selbst wenn auch in diesen Fällen Herr Zimmermann mit seiner von mir oben erwähnten Bemerkung wenigstens teilweise recht hätte, so kann ich dieses Zugeständnis doch keinesfalls betreffs der übrigen Singvögel machen. Man wird sehr staunen, wenn man erfährt, daß Severin seinerzeit 3000 (!) Magen von insektenfressenden Singvögeln untersucht hat. So ziemlich um dieselbe Zeit machte Cziki gleiche Beobachtungen an wahrscheinlich ebenfalls sehr umfassendem Material, darunter z. B. Zaunkönig, Gartenrotschwänzchen, Grasmücken usw., und wenige Jahre später untersucht Rey 1075 (!) Magen von kerbtierfressenden Vögeln! Erwägt man hierbei, daß es sich immer um freilebende, nicht aber um in der[263] Gefangenschaft gestorbene Vögel handeln kann und daß es außerordentlich schwer hält, einmal einen einzigen aus natürlichen Ursachen verendeten Vogel, noch dazu einen kleinen Singvogel, draußen in der Natur aufzufinden, so wird man zugeben, daß der durch die Magenuntersuchungen unter der Vogelwelt angerichtete Schaden größer sein dürfte als der Nutzen, den sie uns und den überlebenden Artgenossen gebracht haben.

Jedenfalls muß ich hiernach meine starken und ernsten Bedenken gegen eine allzu umfangreiche Magenuntersuchung unsrer Vögel aufrechthalten, und zwar um so mehr, als sich auch in andrer Beziehung ein gewisser Gegensatz zwischen Wissenschaft und Vogelschutz immer mehr zu entwickeln scheint. Er kommt dadurch zustande, daß jetzt den Faunisten bzw. Systematikern sehr daran liegt, von den einzelnen Arten bzw. Unterarten ganze Serien von Exemplaren zu erlangen, um dadurch etwaige Schwankungen und deren Grenzen, örtliche Abweichungen, Übergangsformen der einen in die andre Art usw. festzustellen. Daß das besonders für weniger häufige Arten recht bedenkliche Folgen haben kann, leuchtet ohne weiteres ein.

Man muß sich hiernach wohl gefallen lassen – und Herr Zimmermann wird mir da sicher zustimmen –, wenn einmal von unbefangener Seite auf die Schattenseiten der Dinge aus wohlberechtigten Sorgen ernstlich hingewiesen und im Anschluß daran die Forderung gestellt wird, daß nach den angeführten Richtungen hin möglichst Maß gehalten werde!

Prof. Dr. Bernh. Hoffmann.

[3] Mitteilungen Heft 4/6, Bd. X, Seite 131

[4] Es beruht dies ganz auf Gegenseitigkeit (Anm. von B. Hffm.)


Kursächsische Streifzüge

Ein Ereignis hat sich für den Heimatfreund in diesen Tagen in aller Stille vollzogen: Der seit langem vergriffen gewesene dritte Band der Kursächsischen Streifzüge von Oberstudienrat Dr. Otto Eduard Schmidt: »Aus der alten Mark Meißen« liegt in erweiterter zweiter Auflage vor. Die durch sechs Kapitel über die Oberlausitz vermehrte Neuauflage des zweiten Bandes (»Wanderungen in der Ober- und Nieder-Lausitz«) ist unter der Presse und wird voraussichtlich noch vor dem Weihnachtsfeste erscheinen. Der fünfte und letzte Band »Aus dem Erzgebirge« ist im Manuskript fertiggestellt und wird im Laufe des Jahres 1922 herauskommen. Was uns dieses Werk ist, muß es noch ausgesprochen werden? Ziehen mit diesen Büchern in der Tasche nicht schon seit Jahren unsere Jünglinge in den Heimatgauen umher, freuen sich nicht an dem herrlichen Werke die Alten und atmen nicht unsere Männer auf des Lebens Höhe, wenn sie es gelesen haben, auf, wie befreit von einem Druck, der heimlich auf ihnen gelegen? Ich darf es wohl aussprechen, gerade das Geschlecht unserer Männer von vierzig und fünfzig Jahren hat den größten Gewinn aus dem Werke gezogen. Denn wie standen wir Gymnasiasten der achtziger und neunziger Jahre der Geschichte unseres obersächsischen Stammes gegenüber? In der Zeit des höchsten völkischen Aufschwungs der deutschen Nation, glückselig die Früchte des siebziger Krieges schauend, glühend stolz auf unser Heer und unsere stark heranwachsende Flotte, bewundernd aufschauend zu dem großen preußischen Führerstaat, mieden wir beinahe verlegen ein näheres Eingehen auf die Geschichte unserer Heimat. Wohl waren wir stolz darauf, daß die Heimat es war, die in nächster Beziehung zur Reformation und ihren Vorkämpfern gestanden, wohl freuten wir uns der Taten des Wettiners Moritz, des Erstürmers der Ehrenberger Klause und Meisterers hispanischer Verschlagenheit, aber was dann kam, daran dachten wir nicht gern. Die zage Unentschlossenheit der sächsischen Politik im Dreißigjährigen[264] Kriege, die Zeit Augusts des Starken, des Grafen Brühl und, o Schmach, die Tage der napoleonischen Aera, sie drückten auf unser Gemüt. Immer und überall Sachsen im Unrecht, auf Irrwegen zumindest. Und auf unserer Seele brannten die Worte aus dem Briefe, den der alte Blücher nach der Lütticher Revolte in loderndem Zorn an den König Friedrich August geschrieben: »Ew. Königl. Majestät haben einen geachteten deutschen Völkerstamm in das tiefste Unglück gestürzt. Es kann dahin kommen, daß er allgemein mit Schande bedeckt wird.« Hatte doch einer der Edelsten des obersächsischen Stammes, Heinrich von Treitschke, in Grimm und Zorn aus verzweifelnder Liebe zur Heimat heraus ein geradezu verdammendes Urteil gefunden über die Politik der sächsischen Fürsten und ihrer Ratgeber. An das »audiatur et altera pars« dachten wir gar nicht.

Da, Jahrzehnte später auf einmal eine Stimme, die Stimme auch eines sächsischen Gelehrten: »Es muß einmal offen ausgesprochen werden, daß Heinrich von Treitschke, einer der begabtesten und edelsten Söhne des sächsischen Stammes, diesem durch die pessimistische Auffassung seiner Geschichte in den Augen der übrigen Deutschen, besonders aber der preußischen Nachbarn, furchtbar geschadet hat.« Ein freundlicher Zufall hatte mich gerade dies Kapitel der Kursächsischen Streifzüge, denn in ihnen erscholl das mutige Wort, zuerst aufschlagen lassen, und nun ließ mich das Buch nicht mehr los. Ich las und las, und immer war mir’s, als müßte ich im Geiste die Hand des Mannes drücken, der unser Geschlecht so tapfer darauf hinwies, daß es sich nicht zu schämen brauche auf seinem Posten im Kranze der deutschen Stämme. Frei und froh ward mir zumute; ich hab’ fortan die falsche Scham abgelegt, die mich faßte, dachte ich an die Tage von 1813, da der alternde König zur Verzweiflung der Mehrzahl der gebildeten Sachsen ins Joch Bonapartes zurückgezwungen ward. Ich weiß heute mit ruhigem Stolz, daß auch mein Heimatland zur großen allgemeinen Sache der Befreiung das Seine beitrug – mehr vielleicht, als andere deutsche Stämme und ohne den Siegerlorbeer um die Stirne. Ich weiß, daß Sachsen im Jahre 1813 für ganz Deutschland, ja für Europa Schlachtfeld, Lazarett und Kirchhof war, und daß unter den sächsischen Edelleuten und gebildeten Bürgern zum überwiegenden Teil ein ebenso kerndeutsches Wesen beheimatet war als im ruhmgekrönten Lande der Erhebung. – So ist Otto Eduard Schmidt ein Wohltäter geworden nun auch für unsere Jugend, die heute wohl überall im Lande einen anderen Geschichtsvortrag hören wird, als er zu unserer Zeit üblich war. Heimatschutz – wir wissen es alle, welche Fülle von Aufgaben in diesem Wort sich zusammendrängt. Die edelste Art des Heimatschutzes hat der Verfasser dieser fünf bedeutenden Bände geübt: den Schutz der Heimat vor Verkennung und Verleumdung.

Nicht allen Menschen ist der Sinn für die Weltgeschichte verliehen, aber Anregung edelster Art findet jeder seelisch Erwärmte in den Streifzügen noch auf vielen anderen Gebieten. Da zieht sich wie ein goldner Faden durch das Werk die Geschichte der Baukunst unserer Heimat! Vor unserem Auge tauchen sie auf, die großen alten Baumeister der Renaissance, dieses gewaltigen Höhepunkts vaterländischer Kultur, die Hieronymus Lotter, Hans Irmischer, Konrad Krebs. Mit der Sicherheit des erfahrenen Kunstgelehrten führt uns O. E. Schmidt durch den Burgpallas aus dem[265] Mittelalter, durch die Ratsstuben der Zeit Vater Augusts, durch die behäbigen Bürgerbauten des achtzehnten Jahrhunderts. Aber auch das bescheidene Bauernhaus im Spreewald, der vordem ja altes kursächsisches Gebiet war, ist unserem Führer noch beachtlich, und so lehrt er dich umherblicken im Lande, lehrt er dich werten, was dir geblieben und danach trachten, es zu erhalten und zu schützen an deinem Teil. Mit Fug und Recht kann das Werk von sich sagen, daß es die Heimatbewegung erwecken half.

Ja, zur Landschaftsbetrachtung regt der Verfasser an, wie nicht gleich ein zweiter. Unlöslich ist sie ja bei ihm mit der Versenkung in die Vergangenheit verbunden, doch auch den naiven Wandersmann macht er auf so vieles aufmerksam, was diesem sonst wohl entgehen würde. Ein großes Verdienst O. E. Schmidts ist es meines Erachtens, daß er gleich im ersten Kapitel es unternommen hat, einmal auf die stillen Reize des unteren sächsischen Elblaufs hinzuweisen; auf den hohen Genuß, den eine Dampferfahrt durch die Gefilde unterhalb Riesas bereitet, wo der Storch noch zieht über den Heimatboden und wo die Windmühlenflügel sich versonnen regen über der fast holländisch anmutenden Niederung. Den Höhepunkt landschaftlichen Erlebens aber genießen wir mit ihm, folgen wir ihm in die spätwinterliche Muldenaue unterhalb Wurzen, in den Tagen der Schneeschmelze, da der Fluß breit und schwer wie der Mississippi sich dahinwälzt. Aller Erdennot vergessend blicken wir mit ihm in die zauberhafte Stimmung der Sonnenrüste über der ungeheuren Landschaft. Da wird unser Führer zum Dichter, der hingerissen uns hinweist auf die Herrlichkeit, die uns die Heimatflur bietet, und wir folgen dankbar und willig diesem hohen Geist, diesem Lehrer im reichsten begnadetsten Sinne!

Aber zur Landschaft gehört untrennbar der Mensch! Der Mensch, der ihr die Spuren seines Daseins einprägt, der sich von ihr nährt, der sie schützt, und der sie im Überschwang der Liebe verherrlicht durch seine Kunst. Da kommen sie herangezogen über den heimischen Boden, die blonden Ostlandfahrer aus Vlamland mit dem Wanderlied auf den Lippen: »Naer Oostland willen wy ryden.« Da rasseln sie vorüber in wilder Flucht vor dem germanischen Heerbann, die polnischen Reiterscharen, die den Gau Glomaci kahl gefressen wie ein Heuschreckenschwarm – vorüber ziehen Mönch und Klostermann. Und dann, hell auf einmal vor dem dunklen Hintergrund die Persönlichkeit! Wiprecht von Groitzsch, Heinrich der Erlauchte, Friedrich der Streitbare, Moritz und Kurfürst August. Vorbei zieht an uns die Erbarmannschaft des Landes, die ritterlichen Schleinitz, das ehrenfeste Geschlecht der Löser auf Pretzsch und in neuerer Zeit die herrlichen Männer um Dietrich von Miltitz. Es nahen die Männer des Geistes, die Dichter voran. Von Walther von der Vogelweide, der im Jahre 1212 ja auch einmal im meißnischen Herrendienst gestanden, über den schalkhaften Ritter Friedrich von Schönberg, den Autor des Schildbürgerbuchs, zum frommen Sänger Paulus Gerhardt, in dessen Heimatstädtlein Gräfenhainichen uns eine herrliche Kleinstadtschilderung führt. Vom jungen Goethe in Leipzig, von den Romantikern auf Schloß Siebeneichen über den strohtrockenen und doch heimatgeschichtlich beachtenswerten Ferdinand Stolle aus Grimma zum hochgemuten ritterlichen Sänger aus unseren Tagen, dem Freiherrn von Münchhausen auf Wendischleuba.

[266]

Einsam und mit Sehnsucht im Herzen nach dem glückseligen Welschland wandelt Albrecht Dürer durch Wittenberg, allwo er in der Schloßkirche seine Kunst ausübt; durch dasselbe Wittenberg, in dem nicht lange danach der blonde Lucas Maler von Cronach in Franken heimisch werden wird voll schaffensfrohen, sicheren Behagens; dasselbe Städtlein am Heimatstrom, das im hellen Lichtschein bald erstrahlen wird, der ausgeht von Persönlichkeit und Haus des sächsischen Bergmannssohnes Martin Luther. O, wie wert macht uns das köstlich unschätzbare Buch O. E. Schmidts unsre Heimat! Welcher Strom des Dankes muß diesem Manne entgegenschwellen aus tausenden von Herzen!

Nur ein paar Worte noch über die jetzt erschienene zweite Auflage des dritten Teils. – Der Verfasser hat diesen Abschnitt seines Werkes zu neuer Höhe zu führen gewußt. So viel unerwartetes Wertvolles ist in dem neuen Buche enthalten, daß auch dem Kenner der ersten Ausgabe das Studium dringend empfohlen werden kann. Ein hoher Genuß ist es zu lesen, was O. E. Schmidt hier über die neuen Domtürme von Meißen zu sagen hat, und aufzumerken, wie er an unserm innern Auge die Vertreter der neuen Meißner Kunst, den herrlichen Oskar Zwintscher, den kraftvollen Sascha Schneider vorüberführt. Aber auch daß er im Kapitel von der Lommatzscher Pflege des sorgenvollen kleinen Rucksackträgers nicht vergißt, der im Hungerjahr 1917 und später noch lange in dem gesegneten Eckchen von Hoftür zu Hoftür zieht, bis er für viele gute Worte und für viel Geld endlich etwas bekommt, das er daheim dann glückstrahlend den Seinigen auf den Tisch schütten kann, wollen wir dem Verfasser danken. Denn auch das ist Geschichte geworden; unsere Enkel werden es einst nachdenklich lesen. – Wie eine frohe Botschaft aber von doch einmal kommenden bessern Zeiten hört es sich an, was ganz zuletzt gesagt ist vom immer wieder lebendig werdenden Geist beseelter Romantik, der selbst im Jahre 1920 sich schwingt um Giebel und Zinne von Schloß Siebeneichen.

In jedes gebildeten Stammesgenossen Bücherei sollte dieses Werk stehen. Jeder Vater sollte es anschaffen schon im Hinblick auf die geistige Entwicklung seiner Kinder; jede Schule, aber auch jede Volksbibliothek sollte es ihr eigen nennen! Nicht jedem deutschen Stamme wird ein solch bedeutendes Geschenk geboten werden aus dem Kreise seiner Söhne – möge der obersächsische es dem Verfasser danken durch freudige Aufnahme seines Werkes. –

Gerhard Platz.


Erzgebirgische Christ- und Mettenspiele

Ein Versuch zur Rettung alten Volksgutes

Von Max Wenzel, Chemnitz

Ein gut Teil Poesie im erzgebirgischen Volksleben ist mit dem Weihnachtsfest verknüpft. Ja, man kann wohl sagen, daß in keiner Gegend unseres deutschen Vaterlandes Weihnachten so inbrünstig gefeiert wird wie im Erzgebirge, und auch der berühmte Zahn der Zeit hat sich hier machtlos erwiesen. Schon die Adventszeit ist weihnachtlichen Zaubers voll. Da blasen vom Kirchturm Musikanten das[267] »Feldgeschrei« in die dunkle Winternacht hinaus, und im warmen Stübchen regen sich fleißige Hände, um all die Wunderwerke der Krippen und Pyramiden herzustellen, die einer erzgebirgischen Stube die rechte Weihnachtsweihe geben. Fast könnte man von einer Überfülle sprechen. Man will alle Möglichkeiten ausnützen, seine Festfreude zu zeigen. Der »Winkel« der Stube bevölkert sich mit allerhand buntem Schnitzwerk, das die lieblichste biblische Erzählung figürlich darstellt. Daneben dreht sich auf der Kommode eine gar prächtige Pyramide, und von der Decke herab grüßt das bunte Perlen- oder Holzrankenwerk eines Leuchters oder einer Spinne. Auf dem Schrank stehen gravitätisch Engel und Bergleute mit Lichtern auf dem steifen Arm und auch ein Räucherkerzchenmann blickt von irgendwo auf den köstlichen Zierat. Und – um auch der modernen Zeit eine Verbeugung zu machen – fehlt zu alledem auch der Christbaum nicht, dessen Fuß in einem kleinen Christgärtchen wurzelt. Farbe und Licht überall! Eine Erinnerung an die alte Bergherrlichkeit. Kam der Bergmann aus dem dunklen Schoß der Erde, begrüßte er das Licht als Befreier von dunkler Sorge und ängstlichem Druck. So wollte ihm auch in dunkler Winternacht das Licht von oben als ein symbolisches Zeichen des Lebens erscheinen. Lichter stellt man in die Fenster, daß sie weit in die Nacht hinausstrahlen; oder man besteckt die Fensterrahmen mit kleinen Öllämpchen. Wer einmal an einem der drei heiligen Abende oder an den Festtagen selbst im Schlitten von Annaberg über Buchholz, Sehma, Cranzahl nach Oberwiesenthal gefahren ist, wird den Märchenzauber nie vergessen.

Es handelt sich hier um durchaus gegenwärtige, lebende Dinge, nicht etwa um Erinnerungen an eine alte freundliche Zeit. Auch der Erzgebirgler in der Fremde hält an seinem Weihnachten fest und schmückt seine Wohnung gern mit solch heimatlichem Gerät. Als wir vor einigen Jahren in Chemnitz eine Ausstellung volkstümlicher Weihnachtskunst veranstalteten, waren wir erstaunt über die Menge von Krippen und Pyramiden, die uns allein aus Chemnitz angeboten wurden. Ein bekannter Drechslermeister hielt sogar die einzelnen Pyramidenteile fertig auf Lager.

Süße Lieder und innige Verse preisen das traute, hochheilige Paar noch heute. Und an allerlei volkstümlichen Gebräuchen, dem Schuhwerfen, Bleigießen, dem Rupprecht usw. hält der Erzgebirger mit Zähigkeit fest; wenn auch nicht geleugnet werden kann, daß solch’ alte Sitten mehr und mehr den Anstrich eines gesellschaftlichen Spaßes erhalten haben.

In einzelnen Orten gibt es auch noch »Metten«. Da ziehen Erwachsene und Kinder mit hellen Laternen durch die dunkle Winternacht zur Kirche, und Lied und Wort sind mehr wie sonst volkstümlichem Empfinden angepaßt. Hier haben wir die letzten Reste einer einst im ganzen Gebirge verbreiteten Gepflogenheit, nämlich die heilige Geschichte dramatisch darzustellen, die Sitte der Christ- und Mettenspiele.

Es ist hier nicht der Ort, Ursprung und Verwandtschaft mit ähnlichen Erscheinungen in anderen Teilen Deutschlands festzustellen, nur soviel sei gesagt, daß diese Spiele einst einen wesentlichen Teil der erzgebirgischen Weihnachtsgebräuche ausmachten. Wie kommt es nun, daß sie sich nicht erhalten haben, sind sie so[268] wertlos? – Wir kommen hier auf die befremdliche Tatsache, daß sie behördlicherseits verboten wurden, daß man die Teilnehmer an solchem Tun, wie 1805 in Thalheim geschehen, sogar ins Gefängnis setzte. Es soll hier nicht untersucht werden, inwieweit diese Strafen berechtigt waren, oder ob eine volksfremde Regierung und Geistlichkeit etwas Harmloses als Profanierung des Heiligen ansahen und es zu unterdrücken suchten. Denn überrascht ist man etwas, wenn man sich in dieses Volksgut versenkt. Wunderliche, bunte Klänge umgeben uns, guter, echter Volksliederton. Allerdings an die Stelle mystischer Feierlichkeit tritt häufig ein wohltuender Humor. Die ganze heilige Geschichte ist eine heimische Angelegenheit geworden. Der Joseph ist ein alter Bekannter, er spricht sogar in der heimischen Mundart; und die Hirtengeschichte hat sich gleich draußen vor dem Dorfe am Bergwald zugetragen. Erklingt einmal ein biblischer Ton, so mutet er fast fremd an, es ist, als wenn sich in das lustige Geplapper der Kinder eingelernte Bibelsprüche und Gesangbuchverse mischen. Der deutsche Volkshumor verbindet gern einen gutmütigen Spott mit den Gefühlen der Achtung und Ehrfurcht; siehe Gottfried Keller, Wilhelm Raabe, Fritz Reuter usw. Ganz und gar liegt es dem Volke fern, die heiligen Leute zu verhöhnen, im Gegenteil, nur mit Personen, die seinem Herzen nahe stehen, die es mit Liebe und Wohlwollen betrachtet, erlaubt sich das Volk solch köstlichen Spott.

Und es gelang nicht, das alte Volksgut gänzlich auszurotten. Bis in die sechziger Jahre hinein hielten sie sich in vielen Orten, trotz aller Verbote. Voller Sehnsucht dachten die Alten an die Zeit zurück, wo sie selbst an den Spielen beteiligt gewesen. Noch 1861 fand der Gymnasialoberlehrer Gustav Mosen in Zwickau ansehnliche Reste der Spiele vor, die er in ein köstliches Büchlein sammelte und herausgab. Gewitzigte Unternehmer retteten die Spiele fürs Puppentheater. Wie beim Volkslied, so erhielten sich auch hier und da Reste von Versen im Munde des Volkes, oft unbewußt, woher die Reimlein stammten.

Und was gab man dem Volke für einen Ersatz? – Zuerst überschwemmte eine Flut von allerlei »Weihnachtsstücken« den Markt. »Dramatische Gemälde«, Weihnachtsszenen: »Landwehrmanns Weihnachten«, »Weihnachten in der Kaserne«, »Der Weihnachtsengel im Elendhause«, – süßlich, sentimental, unecht, unwahr, Kitsch über Kitsch! Eine von den Behörden sanktionierte Geschmacksverderbnis übelster Art!

Von verschiedenen Seiten, auch in den Kreisen der Geistlichen, sah man das wohl ein, und man knüpfte an die alten Christspiele an, indem man eine Anzahl sogenannter »Weihnachtsstücke« schuf, »Der Stern von Bethlehem« und andere mehr. Wirkliche Bedeutung kommt wohl von allen diesen Stücken nur dem von dem verdienten Dr. Alfred Müller bearbeiteten Mosenschen Weihnachtsspiel zu, in dem auch eigentlich volkstümliche Elemente nicht fehlen.

Durch Haaß-Berkows Wiederbelebung eines alten Weihnachtsspieles wurde ich ermutigt, unsere noch vorhandenen Spiele auf ihre Aufführungsmöglichkeit hin zu untersuchen, und ich kam zu dem Ergebnis, daß hier etwas Gutes vor dem völligen Untergang zu retten sei. Die Spiele sollten aber echt sein. Darum sah ich von einer sogenannten Bearbeitung mit Um- und Neudichtung ab. Ich reihte[269] nur die Reste aneinander. Das Wiesaer Spiel enthält z. B. das volle Bescherungsspiel und die Herbergsszene. Beides wurde unverkürzt aufgenommen. Das Hirtenspiel entnahm ich dem Thalheimer Spiel, das Krippenspiel der Neudorfer Engelschar. Das Königsspiel war das Löwenhainer usw.

Die Aneinanderreihung ist durchaus berechtigt, denn die Spiele sind einander durchaus ähnlich, nur durch die mündliche Weitergabe verändert und angepaßt – zerspielt. Die einzelnen Szenen sind durch alte Mettenlieder verbunden, wie wir sie in örtlichen Aufzeichnungen, in Bernhard Schneiders Liederheften, Mosens Weihnachtsspiel usw. finden. Es kam die Frage des Aufführungsortes. Die alten Spieler zogen im Orte umher, die größten Stuben wurden zum Schauplatz. Aus dem ganzen Hause, aus den Nachbarhäusern kamen die Neugierigen gelaufen, um die »Engelschar« zu bewundern. In die einzelnen Wohnungen zu gehen, würde sich jetzt aus verschiedenen Gründen verbieten; da nimmt man eben eine recht große Stube des Ortes, ein Schulzimmer, die Turnhalle, einen Saal. Hier kommen die Ortsbewohner zusammen, aber nicht wie zu einem Theaterabend, – sie sollen die Spiele durchaus miterleben.

Die Chemnitzer Volkshochschule, die allen Bestrebungen des Heimatschutzes und der Volkskunde das erfreulichste Verständnis entgegenbringt, nahm sich im vergangenen Jahre der Sache an – und mit wirklichem Erfolg, denn wir mußten unser Spiel zwanzigmal wiederholen!

Wie verläuft so ein Abend?

Orgel- oder Harmoniumklang stimmt die Hörer ein. Dann klingt von draußen das alte Schneeberger Mettenlied »Auf, Tochter Zion, schmücke dich« zum Saale herein. Auf der Bühne, die nebenbei bemerkt, nur mit dunklen Stoffen ausgeschlagen ist, erscheint ein Hirte als Bote:

»Einen schönen guten Abend, den geb euch Gott!
Ich bin ein ausgesandter Bot;
ich zeig euch an zu dieser Frist,
daß jetzt wird kommen der heilige Christ!«

Zwei Engel werden auf der Bühne sichtbar, sie bereiten die Hörer vor. Dann kommt unter den Klängen eines böhmischen Weihnachtsliedels, von Lauten und Geigen gespielt, durch den Saal die Engelschar gezogen. Der heilige Christ, St. Martin, St. Nikolaus in weißen Kleidern, mit hohen Goldkronen auf dem Haupte, das heilige Paar, Knecht Rupprecht usw. Sie ziehen auf die Bühne und es beginnt das Bescherungsspiel. Nun wechseln sich die bunten Szenen ab, von denen das Verkündigungsspiel und das Krippenspiel wohl am eindringlichsten wirken. Beim Krippenspiel wird alles Bühnenlicht weggenommen. Die ganze Szene ist nur durch eine Stallaterne beleuchtet, die vor der Krippe auf dem Boden steht. Dieser einfache Regiekniff hat ungeahnte Wirkung. Nach kurzer Pause eröffnen das Thalheimer und Löwenhainer Spiel den zweiten Teil, nachdem die »Königschar« durch den Saal eingezogen ist. Wie sehr die Hörer in Chemnitz dabei waren, merkte man daraus, daß sie in den Pausen verschiedene Male unaufgefordert Weihnachtslieder anstimmten.

[270]

Von der Großstadt aus sollen die Spiele wieder in ihre Heimat zurückkehren. Schon in diesem Jahre werden sie in vielen Orten sich einzubürgern versuchen. Nicht um ein wissenschaftliches Werk zu schreiben, nur um praktisch Heimatschutz zu treiben, veröffentlichte ich das gesamte Material in Buchform unter dem Titel »Erzgebirgische Christ- und Mettenspiele. Ein Versuch zur Rettung alten Volksgutes«. Mit der Zusammenstellung am Schlusse des Buches, die auch einzeln im Verlag H. Thümmler in Chemnitz erschienen ist, will ich nur ein Vorbild aufstellen, »wie man es machen soll«. Gedacht ist es so, daß jeder Ort, der noch Reste eines Spieles besitzt, diese in den Mittelpunkt stellt und die übrigen Teile nach Belieben aus dem vorhandenen Material ergänzt. So soll jeder Ort »sein Spiel« gewinnen.

Aus den vielen Zuschriften, die wir erhielten, ersahen wir mit Freuden, wie man in allen Teilen unseres Gebirges den Gedanken aufgegriffen hat. Wenn uns auf diesem Wege die Wiederbelebung dieses Stückes alter Volkskunst gelingen sollte, würden wir herzlich zufrieden sein.

Anmerkung der Schriftleitung: In H. Thümmlers Verlag, Chemnitz, ist erschienen: Wenzel, Erzgebirgische Christ- und Mettenspiele, ein Versuch zur Rettung alten Volksgutes, 182 Seiten, gebunden einschließlich aller Zuschläge M. 14,40.


Die Liebe zum Baume

Von Georg Marschner, Dresden

In unserem so dicht besiedelten Sachsenlande läßt die alles umgestaltende, rastlose menschliche Tätigkeit dem freien Walten ungezügelter Naturkräfte nur noch wenig Raum. Deshalb sind die anmutigen Bilder, welche sowohl im Niederlande als auch im Gebirge das Herz mit beglückender Heimatfreude füllen, zum weitaus größten Teile Werke fleißiger, kultivierender Arbeit unseres Volkes. Die einzelnen, das Landschaftsbild zusammenfügenden Elemente sind überall die gleichen. Dörfer und Städte, Straßen und Wege, Felder, Wiesen und Wälder, Teiche, Bach- und Flußläufe und vieles andere ergeben in unerschöpflich wechselvoller Gruppierung alle die reizvollen Bilder, die uns das Heimatland so liebenswert machen.

Wohl kann ein hoher Berg, ein tiefes Tal, ein großer See oder ein breiter Fluß einer begrenzten Gegend ein besonderes Gepräge geben, bestimmend aber wirkt auf den Charakter einer jeden Landschaft ihr Bestand an Bäumen. Sie sind es, die im Verein mit den Tages- und Jahreszeiten alle Stimmungs- und Empfindungswerte auslösen.

Ob sie, dicht aneinandergedrängt, als Wald die weiten Feld- und Wiesenfluren der Niederung ruhig umsäumen, im Gebirge das Schönheit suchende Auge über ihr wogendes Wipfelmeer hinauslocken in blau verdämmernde Fernen und uns erfüllen mit unstillbarer Wandersehnsucht, oder ob sie, aufgelöst in Gruppen und Reihen, das Dörflein liebevoll in ihren weichen Mantel betten und im stillen Wiesengrunde, gleich einer grünen Schlange, dem Bache das Geleite geben, immer und überall tritt die belebende und Schönheit gebende Kraft des Baumbestandes uns vor Augen.

Ganz besonders aber werden wir uns der hohen Schönheitswerte des Baumes bewußt, wenn ein im hohen Alter seinen Artcharakter ausgeprägt zur Schau tragender Einzelbaum die Landschaft beherrscht und zum Wahrzeichen einer weiten Gegend wird.

Und welch einen poesiedurchtränkten Zauber verleihen machtvolle Baumwipfel der bäuerlichen Siedlung. Ein Dorfkirchlein, umrauscht von einer alten Linde, ein Bauernhof, über dessen bemoostes Dach ein uralter Baum, wie ein treuer Hüter und Wächter, schirmend seine grüne Hülle breitet, sind mir immer der Inbegriff herzerfrischender ländlicher Schönheit gewesen. Und[271] auch dann noch, wenn die Herbst- und Winterstürme seine Kraft gebrochen, wenn er tiefer und hohler rauscht und zur lebenszähen Ruine ward, wird jeder fühlende Mensch in Ehrfurcht vor ihm stehen und ahnungsvoll die Vergänglichkeit alles Irdischen erkennen.

Uralt ist die Liebe zum Baume in unserem Volke. Ein köstlicher Schatz von Erinnerungen an gute und böse Zeiten, ein unverwelklicher Kranz von Sagen und Märchen windet sich um jeden alten Baum, der wie ein mahnendes Symbol in den ruhelosen Zeitenstrom unserer Tage hineinragt. Viel könnte ich erzählen von manchen alten, in einem arbeitsreichen Leben krumm gewordenen Bauersmann und der Liebe zu seinem Baum. Oft habe ich im Schatten solcher Bäume gesessen und der Geschichte des Dorfes und Tales gelauscht. Manch biedrer Alte ist mir da zum lieben Freunde geworden. Hier im Banne alter Bäume wurde es mir zur Gewißheit, daß ihr hoher Wert sich nicht erschöpft in staunenden, bewundernden Betrachten. Ihr tiefer Einfluß spiegelt sich wieder in Herz und Gemüt eines jeden, dem eine alte Hauslinde das Wiegenlied gesungen. Er wird mir sagen, alte Bäume haben eine Seele.

Er wird’s verstehen, ihr fröhliches Rauschen an den hohen Tagen seines Lebens, und nur er wird aus dem leisen Raunen das heimliche Schluchzen heraushören, wenn einer vom Hofe hinausgetragen wird zur ewigen Ruhe.

Aber ich könnte auch berichten von manchem stolzen Baume, den Generationen seiner früheren Besitzer, als zur Familie gehörig, hegten und pflegten und der dann nur zu bald dem neuen Besitzer im Wege stand und als Feuerholz ein schnelles, unrühmliches Ende fand.

Wo ein altersgrauer Baum heute noch sein grünes Blätterdach zum Himmelsdome reckt, da sollte er jedem Menschen als ehrwürdiges Vermächtnis seiner Väter heilig sein. Unantastbar als Denkmal der uns alle nährenden Mutter Natur, unverletzlich als lebendes Ehrenmal seines Besitzers. So sollte es sein – aber die Erfahrung lehrt’s oft anders.

Bei der Hast des Alltags, in den Sorgen der Gegenwart schwingt die uns aus Urväterzeiten vererbte Liebe zum Baume nur noch leise. In manchen Herzen ist sie ganz verklungen. Für viele hat der Baum keine Seele mehr. Er ist Handelsware geworden, Erzeuger hochwertigen Holzes. Ohne Not und ohne bleibende Werte zu hinterlassen, ist mancher knorrige Recke und stumme Zeuge vieler Menschenschicksale auf den Holzmarkt gewandert.

Aber sie muß wieder lebendig werden, die Liebe zum Baum. Ein jeder Bauernhof muß wieder seinen Baum haben. Darum wähle jeder, der die eigne Scholle bebaut, je nach Vermögen einen oder mehrere der ältesten und schönsten Bäume aus seinem Besitzstande, ganz gleich welcher Art, und weihe sie, als herrliche Zierde seiner Heimatflur. Das stille Gelöbnis aber, daß sie in treuer Hut wurzeln sollen im heimischen Grunde, bis unsere, nach ehernen, unerforschlichen Gesetzen bauende Allmutter Natur ihre Werke selber zerstört, wird seinen Namen laut und sichtbar künden auch den kommenden Geschlechtern.

Und wer keinen geeigneten Baum sein eigen nennt, der pflanze einen solchen. Ist’s nicht am Hause, dann am Feld- und Wiesenrande, oder an einem Grenzmale. Ist er auch jung an Jahren, er wächst heran im Laufe der Zeiten und knüpft enger und fester das unsichtbare Band, welches verbindet mit dem Heimatboden, auf dem wir geboren und der uns aufnehmen wird zum letzten Schlummer, dem Vergessen entgegen.

Nicht einer, der jetzt mit Recht bewunderten Baumriesen dankt sein hohes Alter dem Zufalle oder ist bisher übersehen worden, sondern ihre Erhaltung sicherte ein Name, eine bedeutsame Erinnerung oder ihr Standort als Grenz- und Markbäume. Vor allen aber wurden sie alt im Schutze der innigen Beziehungen zu ihren Besitzern.

Der Bestand an alten Bäumen ist ein Maßstab für die Geistes- und Herzenskultur eines Volkes. Deshalb sorge jeder, der auf heimischen Grunde die Früchte harter Arbeit ernten darf, daß unser Sachsenland nie arm werde an alten Bäumen.

Nur dann bleibt uns die Heimat ein Jungbrunnen, aus dem Glück und Zufriedenheit ins Herz sich ergießen, die reich machen in aller Lebensnot.


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Bücherbesprechung

Die Oberlausitzer Heimat. – Verlagsanstalt Görlitzer Nachr. u. Anz., Görlitz. Preis M. 5,–.

Der Kalender hat bereits seinen Ruf, darum nimmt man den diesjährigen stattlichen Band gleich froh und erwartungsvoll zur Hand. – Landschaftsbilder an oft geradezu unaussprechlicher Innigkeit erfreuen da gleich zu Anfang den Beschauer. Sie begleiten das Kalendarium und stehen so bescheiden in ihrer Ecke. Der flüchtige Beschauer geht wohl gar über sie hinweg, aber ich meine, einen besseren Führer durch die Oberlausitz kann einer nicht leicht haben, als wenn er sich dem Schöpfer dieser entzückenden Zeichnungen anvertraut. Welch ein Zauber geht von diesen stillen Dörfern, von der blauen Bergkette aus; wie schweift der Blick hinaus über das weite Gesenke bei Dittelsdorf. Ein altes Schloß, ein paar Hütten von starren Föhren, und am stimmungsvollsten wohl das Jägerndörfel im Winternebel mit den steilen Rauchsäulen über den Dächern. Fürwahr, das ist Heimatkunst! Wir danken dem Künstler Bruno Lademann für seine Arbeit. – Auch der unterhaltende Teil ist wieder trefflich zusammengestellt; eine Fülle des Wissenswerten aus der Lausitzer Geschichte dabei. Ich glaube wirklich, hierin ist der Oberlausitzer Kalender unübertroffen. Nur eins möchten wir zur Sprache bringen. Es ist in dem Kalender ein allerdings ganz reizender Aufsatz von Ottomar Enking enthalten, von einer kleinen Stadt zur Pfingstenzeit. Aber durch die Gassen dieser Stadt weht keine Lausitzer Luft – es ist ein niederdeutsches Gemeinwesen, was da geschildert ist. Unsrer Meinung nach muß ein Heimatkalender auf strenge Bodenständigkeit halten, es wird ihm das sicher gedankt werden und die Herren Herausgeber der Oberlausitzer Heimat haben ja eine Fülle trefflicher Mitarbeiter aus dem eigenen Gau an der Hand. – Möge das schöne Heft die wohlverdiente Verbreitung finden.

G. P.

Ludwig Richter als Radierer. Von Walther Hoffmann. Mit 51 Bildern, Berlin 1921. Dietrich Reimer (Ernst Voßen). M. 35.–.

»Ein neuer Ludwig Richter!« Mit dieser Anpreisung legt der Herausgeber den Bilderband in unsere Hände. Und in der Tat bedeutet dieses Buch für viele etwas Neues, auch wenn sie Ludwig Richter aus einzelnen Radierungen schon kennen, die er zumeist nach eigenen Gemälden für den Kunstverein geschaffen hat, wie beispielsweise seine Genoveva, die Christnacht und den Rübezahl. Vielleicht erinnert sich auch mancher noch an das und jenes anspruchslose Landschaftsblättchen aus der Frühzeit seines Schaffens, das handgetönt in den gefühlsdurchtränkten Freundschaftsstammbüchern der Biedermeierzeit sich findet oder im schmalen Goldrähmchen über dem Sofa in Großmutters guter Kirschbaumstube hing. Im übrigen weiß man recht wenig vom »Radierer« Ludwig Richter. – Die Neuerscheinung füllt somit eine schon oft empfundene Lücke aus. Aus den bei Hoff verzeichneten 240 und den durch Singer und besonders Budde noch 26 neu entdeckten Blättern hat Walther Hoffmann 51 ausgewählt. Sie sollen unsers Meisters Kunstschaffen in der Entwicklung darstellen. Vom ersten unbeholfenen Landschaftsstich des Vierzehnjährigen bis hin zu jenem letzten Kabinettstück seiner Kunst, das Ludwig Richter als ein altersmüder Greis im Jahre 1866 für seinen Freund Cichorius radierte, sind alle Phasen der allmählichen Vervollkommnung vertreten. – In Hinsicht auf die Auswahl kann man gewiß vereinzelt anderer Meinung sein. Insonderheit hätte der Heimatfreund die Göttin von Sais, ein paar der Übertragungen von fremden Werken und einige italienische Landschaften zugunsten anderer Blätter wohl entbehrt, die, wie die ruhende Familie, das Bild zum Schlaflied Tiecks, der Schnitzelmann und selbst die so bescheidenen »An- und Aussichten« die deutsche Heimat uns zum Herzen sprechen lassen. Gerade nach dieser Seite hin kann Ludwig Richter nicht genug im deutschen Volk verbreitet werden. Er ist des Heimatschutzes bester Vorkämpfer. Wo Ludwig Richter eine Heimstatt hat, lernt man die Heimat auch beseelen. Da wird die stille Heimatschönheit treu gehütet, weil man an Ludwig Richters Bildern der Heimat inneren Wert erkennen lernt. Darum hinein ins Volk mit unserm Ludwig Richter, die Heimat wird nur Vorteil davon haben! – So sei das vorliegende Buch jedwedem Heimatfreund empfohlen und um so wärmer noch empfohlen, als Walther Hoffmann auch die beigebrachten Stiche in ansprechender Form erläutert. Die Ausstattung ist gleichfalls anerkennenswert. Mag dieses Buch recht viele Freunde finden!

Kurt Melzer, Dresden.


Für die Schriftleitung des Textes verantwortlich: Werner Schmidt – Druck: Lehmannsche Buchdruckerei
Klischees von Römmler & Jonas, sämtlich in Dresden.


Ein deutsches Weihnachtsspiel

»Im Stall zu Bethlehem«

In vier Aufzügen mit Text, Buntfiguren
und Anleitung zum Bühnenbau

bearbeitet von M. Brethfeld und Th. Göhl

Verlag: Landesverein Sächsischer Heimatschutz
Dresden-A., Schießgasse 24

Preis M. 6.–

Bestellkarte in diesem Heft

Im Stall zu Bethlehem – unter diesem Titel hat der Landesverein Sächsischer Heimatschutz ein deutsches Weihnachtsspiel für unsere Jugend herausgegeben, das freudiger Empfehlung würdig ist. Urheber sind die Pädagogen M. Brethfeld und Th. Göhl, denen es aus ihrer Erziehertätigkeit heraus entstanden ist. Die Jugend soll, soweit es möglich, das Krippenspiel selbst herstellen und selbst aufführen, und auch die Zuschauer sollen durch Vers und Volkslied zu Mithandelnden werden. Ein löblicher erzieherischer Grundsatz in einer Zeit, wo die Unterhaltung bedauerlicherweise sogar in Haus und Familie so oft von bezahlten Kräften besorgt wird, anstatt daß alle zu eigener Befriedigung mitwirken. Und noch eine zweite niederdrückende Erfahrung bewog die Herausgeber, dem Krippenspiel gerade die gewählte Form zu geben: die Erfahrung, daß unsere Jugend in Kino und Theater an Weihnachtsspiele gewöhnt wird, die an äußerem Aufwand immer reicher werden, die uns aber immer weiter wegführen von den wahren Quellen innerer Volkskraft, immer weiter weg von Einfachheit, Wahrhaftigkeit und schlichter Innerlichkeit. Sogar der Christbaum ist der gedankenlosen äußeren Bereicherung und inneren Verarmung verfallen. Durch ihr Krippenspiel wollen die Herausgeber mit den Mitteln einer natürlichen und schlichten Volks- und Kinderkunst mithelfen im Kampfe gegen Veräußerlichung und Verflachung unseres schönen Weihnachtsfestes, bei der Vertiefung und Verinnerlichung des Weihnachtsgedankens und des Weihnachtsgefühls. Das Spiel besteht aus vier Bogen mit Figuren, die ausgeschnitten werden müssen – Maria, Joseph und das Kind in der Krippe, die Hirten, die heiligen drei Könige usw. – dazu kommt eine Anleitung zum Aufbauen des Theaters, wozu die einfachsten Mittel ausreichen und keine besondere Kunstfertigkeit beansprucht wird, und endlich der Text, der ein Vorspiel und vier Aufzüge umfaßt. Auch einige von den alten schönen Weihnachtsliedern sind hineinverwebt, die von allen Kindern, mitwirkenden wie zuschauenden, gesungen werden sollen. Die Aufführung dürfte höchstens eine halbe Stunde in Anspruch nehmen. – Allen, die an der heimatlichen Volkskunst Anteil nehmen und im Sinne der obigen Sätze an der Gesundung unserer Unterhaltung mitarbeiten möchten, sei das Weihnachtsspiel bestens empfohlen. Das Spiel kostet M. 6.– und ist beim Landesverein Sächsischer Heimatschutz, Dresden-A., Schießgasse 24, erhältlich.


Bunte Gassen,
helle Straßen

Dresden 1921

des Landesvereins Sächsischer
Heimatschutz Heimatbücherei

Band II

185 Seiten – Großoktav

hart gebunden

Vorzugspreis für Mitglieder des Landesvereins Sächs. Heimatschutz M. 15.–

Bestellkarte in diesem Hefte

Gerhard Platz »Vom Wandern und Weilen im Heimatland«, der erste Band unserer Heimatbücherei ist vergriffen und wird nächstes Jahr in neuer Auflage erscheinen. Jetzt kündigen wir den zweiten Band an. Max Zeibig ist sein Verfasser. Wer kennt nicht seine gemütvollen Schilderungen aus der Kinder-, aus der Jugendzeit, die in den angesehendsten sächsischen Tageszeitungen seit Jahren erscheinen. Heinrich Sohnrey gab dem Buche das Geleitwort und wünschte, daß es nicht nur in Sachsen, sondern in ganz Deutschland Verbreitung finde.

Landesverein Sächsischer Heimatschutz

Dresden-A., Schießgasse 24.

Lehmannsche Buchdruckerei, Dresden-A.


Weitere Anmerkungen zur Transkription

Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Die Darstellung der Ellipsen wurde vereinheitlicht.