The Project Gutenberg eBook of Der Weltuntergang: Eine Phantasie aus dem Jahre 1900

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Title: Der Weltuntergang: Eine Phantasie aus dem Jahre 1900

Author: Vinzenz Chiavacci

Illustrator: Emil Ranzenhofer

Release date: November 23, 2014 [eBook #47440]

Language: German

Credits: Produced by Jens Sadowski

*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER WELTUNTERGANG: EINE PHANTASIE AUS DEM JAHRE 1900 ***

Vincenz Chiavacci.
Der Weltuntergang.

Im Verlag von Adolf Bonz & Comp. sind von demselben Verfasser ferner erschienen:

Kleinbürger von Groß-Wien.
Ernstes und Heiteres aus dem Wiener Volksleben.
Oktav. — Geheftet M. 3.60, elegant gebunden M. 4.80.

Wiener vom alten Schlag.
Heitere und ernste Bilder aus dem Volksleben der Kaiserstadt.
Oktav. — Geheftet M. 3.60, elegant gebunden M. 4.80.

Wiener Typen.
Humoristische Bilder aus dem Wiener Leben.
Oktav. — Geheftet M. 3.60, elegant gebunden M. 4.80.

Eine die’s versteht.
Lokal-politische Standreden der Frau Sopherl vom Naschmarkt.
Oktav. — Geheftet M. 2.—, elegant gebunden M. 3.—

Der
Weltuntergang.

Eine Phantasie aus dem Jahre 1900
von
Vincenz Chiavacci.

Illustriert von Emil Ranzenhofer.

Stuttgart.
Verlag von Adolf Bonz & Comp.
1897.

Druck von A. Bonz’ Erben in Stuttgart.


Inhalt.

    Seite
I. Die Revolution am Firmament 1
II. Die Zeichen mehren sich 12
III. Das Tagebuch 21
IV. Das Delirium der Erde 62
V. Das große Nichts 84


I.

Die Revolution am Firmament.

Es war im Spätsommer des Jahres 1899. Als ob das sterbende Jahrhundert allen übrigen noch in letzter Stunde den Rang ablaufen wollte, hatten sich die Ereignisse in den Neunziger-Jahren in fieberhafter Hast gejagt. Das Flugproblem war endgültig gelöst. Die Beförderungsweise war zwar noch etwas kostspielig; dennoch unternahm man schon waghalsige Expeditionen und plante sogar einen Entdeckungsflug nach dem Nordpol. Fast mehr noch als die überraschenden Erfolge auf dem Gebiete der technischen Wissenschaften wurde die Menschheit von den Fragen der politischen und socialen Gesellschaftsordnung in Atem gehalten. Seit Monaten schwebte schon das Damoclesschwert eines aller Voraussicht spottenden, in seinen verheerenden Wirkungen unabsehbaren Weltkrieges über der Menschheit.

Die europäischen Großmächte hatten die Steuerkräfte der Völker auf’s höchste angespannt, um die ungeheuerlichen Summen aufzubringen, welche die Heeresausrüstungen verschlangen.

Auch auf diesem Gebiete brachte fast jeder Tag neue Entdeckungen. Die Heeresausrüstungen der einzelnen Staaten waren in ewiger Umwandlung begriffen. Mit Eifersucht wachte ein Staat über den anderen, in der Schlagfertigkeit seiner Armee nicht überholt zu werden, und die Parlamente hatten schon längst das Murren über die fabelhaften Geldopfer verlernt. Mit fatalistischem Gleichmut votierten sie immer neue Millionen für neuartige Kaliber, für widerstandsfähigere Panzer, für rasantere Projektile. Wagte sich je eine schüchterne Einwendung hervor, so genügte ein Hinweis auf die furchtbare Verantwortung, dem Vaterland die Mittel für den Entscheidungskampf versagt zu haben, um den Zweifler verstummen zu machen.

Während so Millionen von arbeitstüchtigen Männern unter den Waffen standen, gährte es in der großen Masse des Volkes. Die aberwitzigsten Umsturzprobleme wurden offen und im geheimen als das einzige Heil der gehetzten Menschheit erklärt und fanden Tausende von fanatischen Bekennern. Schon längst hätten die Regierungen diesem unerträglichen Zustand durch einen zwar furchtbar blutigen, doch für den Fall des Sieges erlösenden Krieg ein Ende gemacht. Aber was dann, wenn die decimierten Heeressäulen im eigenen Lande von den aufgehetzten, blutgierigen Massen als Verräter verfolgt, erdrückt, zerschmettert würden?

Die Sache stand so: Die alliierten Mächte Österreich, Deutschland, Italien hatten an Rußland und Frankreich energische Noten abgesendet. Rußland hatte im mittelländischen Meere Flottenstationen errichtet und einen Handstreich auf Kandia unternommen. Frankreich hatte, zum großen Ärger Italiens, einen Teil von Tripolis annectiert. Drohende Noten flogen hinüber und herüber. Auf beiden Seiten wurde mobilisiert. Rumänien, Griechenland und die Türkei erklärten sich als Anhänger der Tripelallianz. In Russisch-Polen wuchs die Aufregung von Tag zu Tag. Die Grausamkeiten, welche die Russen zur Unterdrückung der Bewegung ausübten, beschleunigten den Entschluß der unglücklichen Nation, einen letzten blutigen Verzweiflungskampf zu wagen. England erklärte zwar, neutral zu bleiben, knüpfte aber daran gewisse Bedingungen, welche die Machtsphäre Rußlands im Mittelmeere beschränkten. Skandinavien war für den Dreibund; nur Dänemark liebäugelte mit Rußland und Frankreich. In Rußland hatten die neuerlichen nihilistischen Attentate eine despotische Polizeiherrschaft hervorgerufen, während in Frankreich Volk und Regierung immer mehr dem communistischen Staatswesen zusteuerten. Trotzdem wuchs die Begeisterung beider Nationen füreinander mit jedem Tage, der die Gefahr einer allgemeinen Conflagration näher erscheinen ließ.

So standen die Mächte einander schon geraume Zeit gerüstet gegenüber, den Arm zum Schlage erhoben. Aber der Arm fiel nicht auf den Gegner nieder, weil keine von beiden Parteien den Mut fand, eine entsetzenschwangere Zukunft heraufzubeschwören, die für den ganzen Weltteil verderbenbringend werden konnte. Man sprach von einem Schiedsgericht, von einem Friedens-Congreß, von allgemeiner Abrüstung, und die öffentliche Meinung verarbeitete alle diese Nachrichten mit leidenschaftlichem Interesse.

Da erschien eines Tages in den Blättern eine Mitteilung, die fast unbeachtet vorübergegangen wäre, wenn sich nicht die Witzblätter des dankbaren Stoffes bemächtigt hätten. In dieser Notiz war zu lesen, daß Mr. Oliver Brown auf der Sternwarte in Philadelphia die Beobachtung gemacht habe, daß am 11. September die Sonne um ein Sechzehntel einer Sekunde später als um die normale Zeit aufgegangen sei. Man belächelte diese Nachricht. Amerikanischer Humbug, erklärten die Blätter. Vielleicht eine schlaue Reklame für einen Uhrmacher, um zu beweisen, daß seine Uhren zuverlässiger als die Sonne sind. Die Witzblätter bildeten die Sonne als fidelen Bruder Studio ab, der von Vater Chronos geweckt wird. In den „Fliegenden Blättern“ war Mr. Brown abgebildet, wie er mißbilligend die Sonne betrachtet und dabei in der Hand eine Uhr mit Wasmuth’s Hühneraugenringen hält. So gingen die Scherze eine Weile fort, bis die Sache wieder vergessen war.

Einige Wochen später jedoch kam die gleiche Nachricht von der Sternwarte in Neapel; der dortige Gelehrte hatte aber gefunden, daß die Zeitdifferenz bereits ein Zwölftel einer Sekunde betrage. Jetzt stutzten die Leute. Die Zeitungen brachten lange Artikel für und gegen die Sache. Die einen behaupteten, es gäbe keine ausgesuchte Narrheit, die nicht in kurzer Zeit Nachahmer fände, die anderen erklärten die Entdeckung für einen Irrtum der betreffenden Gelehrten. Andere wieder meinten, solche kleine Störungen wären vermutlich schon öfter vorgekommen; sie würden aber immer wieder reguliert, da die ausgleichenden Kräfte des Gravitationsgesetzes keine dauernden Unregelmäßigkeiten aufkommen ließen. Es sei ja bekannt, daß auch die Erdachse oscillierende Bewegungen mache, pendelartige Schwingungen, die jedoch nach einem ebenso strengen Gesetze wie der ganze wundervolle Weltmechanismus zu Stande kämen. Man habe dergleichen bis jetzt nur zu wenig beobachtet, und ein eingehendes Studium werde auch in diesem Falle wieder den glänzenden Beweis erbringen, daß die Natur keine Sprünge liebt und derlei Veränderungen höchstens in einem Zeitraum von Jahrmillionen vor sich gingen.

Als aber die unheimliche Entdeckung von allen kompetenten Stellen ihre Bestätigung fand, änderte sich das Bild wie mit einem Schlage. Obwohl der Himmelsmechanismus noch immer wie sonst zu funktionieren schien, war es doch wie eine dumpfe Betäubung über die Menschheit gekommen.

All die übrigen Fragen und Verwicklungen, Ereignisse und Katastrophen, ja Krankheit und Tod traten jetzt in zweite Linie vor der furchtbaren Ungewißheit, der bangen Frage: Was wird aus unserem Erdball werden? In unheimlicher Stille bereitet sich ein ungeheuerliches, mit keinem Maßstab des Unglückes und der Verheerung, der Seuchen und des Krieges, der Erdbeben und der versunkenen Städte zu messendes Schicksal vor. Er war ja unfaßbar, der Gedanke, daß unsere schöne Erde, der erhabene Schauplatz der wunderbarsten Lebensentfaltung, der altehrwürdige Wohnort des zur höchsten Erkenntnisstufe emporstrebenden Menschengeschlechtes, wie ein steuerloses Fahrzeug im Weltenraum zerschellen sollte, daß, wie Einzelne zu behaupten wagten, den übrigen Sonnenkindern nur ein schwach leuchtender Punkt, ein chaotisch durcheinander wirbelnder Ball von glühenden Gasen ihr Dasein künden würde!

Mutlos sanken auch die werkthätigsten Hände in den Schoß, die Theater und Vergnügungslokale blieben leer; nur in den Straßen wogte bis in den frühen Morgen eine ängstlich bewegte Menge und teilte sich flüsternd ihre Besorgnisse mit. Kein helles Lachen, kein schriller Ton durchdrang die Luft.

Eine ehrfürchtige Stille herrschte in dem Sterbehause der Allmutter Erde. Nur wenn die Morgenzeitungen erschienen, ging eine lebhafte Bewegung durch die Menge. Man riß sich um die ausgebotenen Blätter, man umdrängte die Plakate, welche die Beobachtungen der einzelnen Sternwarten enthielten, man horchte auf jeden, der eine neue Nachricht zu bringen wußte. Aber sie lauteten alle gleich düster und geheimnisvoll; und dennoch zeigte die Erde keine wahrnehmbaren, beunruhigenden Veränderungen; die Herbsttage waren von entzückender Milde und elegischer Schönheit.

Jeden Tag stieg die Sonne am fleckenlosen Firmament empor und vergoldete den überreichen Herbstsegen mit ihrem verklärenden Schimmer, und die lauen Nächte mit der schimmernden Mondscheibe schienen die Tage noch überbieten zu wollen an majestätischer Pracht und heimlichem Liebreiz.

Und dennoch blickte die Menschheit voll banger Erwartung, voll unsagbarer Verwirrung zur Allerhalterin und Allernährerin empor; denn die einstimmige Aussage aller Himmelskundigen ließ keinen Zweifel darüber bestehen, daß die Gesetze unseres Weltmechanismus durch einen unerklärlichen, vielleicht aus ungeheueren Fernen stammenden Einfluß gestört worden waren. Das Unerklärliche, Unfaßbare, das nie da war, und das keines Menschen Hirn ausdenken kann, sollte nun Wirklichkeit sein? Das Ewige, Unveränderliche, die erhabene Gesetzmäßigkeit — all die Begriffe, an denen der Mensch seinen Maßstab anlegte, um seine kleine, beschränkte Endlichkeit an der Allmacht zu messen, sollten nun mit einem Male ihres Zaubers entkleidet sein — Sonnenbälle und Weltsysteme sollten den letzten, ephemeren Staubgeborenen die Lehre aufweisen, daß auch sie nichts sind vor dem einen allmächtigen Willen, als tanzende Stäubchen, emporgewirbelt und versinkend in meßbaren Zeiträumen?

Zu Anfang Oktober kam die Nachricht von der Sternwarte in Kairo, daß man am südöstlichen Himmel in der Nähe des Sternes Beteigeuze im Sternbilde Orion einen Kometen entdeckt habe, der gegenwärtig dem freien Auge zwar nicht sichtbar sei, doch nach den Berechnungen, die in der kurzen Zeit der Beobachtung möglich waren, seine Bahn mit fabelhafter Schnelligkeit durchfliege und sich unserem Sonnensystem nähere. Es sei kein Zweifel, daß dieses Gestirn die Ursache der Störungen sei, die sich auf unserer Erde in so verhängnisvoller Weise manifestierten. Die Gefahr eines Zusammenstoßes mit diesem Himmelskörper sei zwar verschwindend klein; er werde der Erde auf beiläufig zwei Millionen Kilometer nahe kommen; aber das sei eben bei der ungeheueren, die Erde um das Tausendfache übertreffenden Größe dieses Gestirnes nahe genug, um den unheilvollsten Einfluß auszuüben.

Wenige Tage später wurde der furchtbare Feind mit freiem Auge sichtbar, und nun wuchs er von Tag zu Tag, und sein unheimlich rötlicher Glanz gab selbst den hellen Mondnächten einen nie dagewesenen magischen Schimmer. Zuletzt dehnte sich seine ungeheuere Rute über mehr als ein Drittel des Firmamentes hin. Bei Tage, wenn die Sonne schien, war alles wie sonst. Aber kaum war der letzte Dämmerschein verglommen, so stieg das grauenhafte Phänomen empor und erfüllte die hilflose, verzweifelte Menschheit mit unsagbarem Entsetzen.


II.

Die Zeichen mehren sich.

Vor einem mit weißen Gardinen und den farbensatten Blumen des Herbstes geschmückten Fenster saß ein zartes, blondes Mädchen und blickte, die Handarbeit lässig im Schoße haltend, träumerisch dem scheidenden Tagesgestirne nach. Dort unten am Horizont zuckten noch rötliche Lichtstrahlen auf, und das zarte, duftige Gewölk erglänzte in blaßrotem Schimmer. Allmählich verblaßten die Lichtreflexe in matteren Farben und graueren Tönen, bis nur einzelne hoch im Zenith dahinsegelnde, metallisch glänzende Wölkchen wie ein letzter Scheidegruß des sinkenden Gestirnes sichtbar blieben. Doch die eintretende Dämmerung wollte der Nacht nicht weichen. Ein fahler Schein, von blitzartig aufzuckenden und wieder verschwindenden roten Lichtstrahlen begleitet, dehnte sich allmälig über das ganze Firmament hin. Alle Gegenstände der Erde waren in diesen seltsamen Schimmer getaucht und zeigten eine Farbenabtönung, die vorher nie eines Menschen Auge geschaut.

Das Mädchen wendete den Blick von der Straße, in die es erwartungsvoll hinuntergespäht, und sah nach der Thür des Nebenzimmers, aus der eben eine silberhaarige Greisin heraustrat.

„Ist Dir in deiner Stube zu bange geworden, Großmütterchen?“ sagte das Mädchen und klingelte. „Ich werde gleich Licht bringen lassen. Vater wird bald kommen, und auch Karl hat mir versprochen, zu kommen.“

„Ich halte es nicht aus in dem unheimlichen Licht,“ sagte die alte Frau. „Mein lieber, alter Hausrat blickt mich darin so fremd und kalt, fast möchte ich sagen feindselig an. Ich hab’ in meinem ganzen langen Leben kein solches überirdisches, düsterdrohendes Licht gesehen. Doch ja, in meiner Jugend einmal; da machte mein Bruder den Spaß und ließ uns Alle um den runden Tisch herumsitzen, in Leintücher eingehüllt, und nachdem er eine Spiritusflamme entzündet und die übrigen Lichter verlöscht hatte, streute er ein Pulver in die Flamme, wodurch sich ein Lichtschein verbreitete, der unsere Gesichter leichenhaft färbte. Wir waren anfangs darüber entsetzt, dann lachten wir und ergötzten uns daran, wenn neu eintretende Personen über die Gespensterversammlung erschraken. Daran gemahnt mich der fahle Schein, den dieses furchtbare Gestirn allnächtlich verbreitet. Ich sehe nichts als Leichen um mich. Selbst der Hausrat erschreckt mich. Die Möbelstücke scheinen alle selbst zu leuchten, wie morsches Holz im nächtlichen Wald. Mich fröstelt. Wie kindisch der Mensch wird! Ich habe mich doch schon längst vertraut gemacht mit Sterben und Tod, ich weiß, daß ich an die äußerste Grenze gelangt bin und in kurzer Zeit den Tribut alles Lebens zahlen muß. Das hat mich nie geschreckt. Es war für mich keine Vernichtung. Wenn ich auf die Straße sah, wo die Schuljugend ihre munteren Spiele trieb, so überzeugte ich mich, daß alles das, was ich für schöne Erinnerung hielt, auch wieder lebendige, greifbare Gegenwart ist und immer sein wird von Geschlecht zu Geschlecht. Doch jetzt hört man furchtbare Dinge. Der Tod, der all die Jahrtausende nur ein mildes, erlösendes Spiel getrieben, hie und da ein frisches, grünendes Reis zertretend, aber sonst wie ein emsiger Gärtner im Menschheitsgarten waltete, das Welke und Dürre, das Faule und Entartete mit sorgender Hand entfernte, damit der Garten selbst in immer erneuten Reizen blühen könne — der milde, befreiende Tod will jetzt ein Ende machen mit Allem, was da lebt. Das ist die Vernichtung, gegen die der Hingang jedes Einzelnen nur ein freundliches Spiel mit Knospe, Blüte und Frucht am Baume des Lebens ist.“

Die alte Dame neigte sinnend das Haupt, und die Enkelin sank leise schluchzend vor ihr auf die Kniee und barg ihr blondes Lockenhaupt in dem Schoß der Greisin.

Ein Mädchen trat ein, brachte Licht, ließ die Jalousien herunter und meldete die Ankunft des Herrn Rates.

Dieser, ein stattlicher Fünfziger mit braunem Vollbart und einem Ausdruck von Bonhommie und Lebensmut im Antlitz, kam in Gesellschaft eines jungen Mannes, dessen Äußeres den Künstler verriet. Ein Apollohaupt, die Stirn von braunen Locken umrahmt, mit großen, dunklen, lebensprühenden Augen, Mund und Kinn mit einem blonden, unten spitz zulaufenden Bart geschmückt, saß auf einem schlanken, kraftvollen Körper. Der junge Mann näherte sich der alten Dame, küßte ihr ehrerbietig die Hand und hob dann das Antlitz des Mädchen zu sich empor, das sich mit einem glückseligen, durch Thränen schimmernden Blick an ihn anschmiegte, während ein krampfhafter Seufzer ihre Brust von der Qual der letzten Stunde befreite.

„Aber Mütterchen,“ fing der Rat zu sprechen an, „du, unsere weise Lehrmeisterin in der Kunst der Resignation, die starke, kampfesmutige Seele, die uns so oft erhoben in Tagen des Kummers, bist wieder einmal schwach geworden? Sind wir nicht alle vereint, lieben wir uns nicht? Und wird uns diese Liebe nicht beisammen finden, mag kommen, was will?“

„Ich bin schon wieder ruhig,“ versetzte die Greisin. „Es hat mich nur so überkommen. In eurem Kreise verschwindet alles Bangen.“

„Was sollen wir fürchten?“ versetzte der Sohn mit seiner ruhigen, sonoren Stimme. „Im schlimmsten Falle werden wir gleichzeitig den Preis bezahlen, der bis jetzt von allen Lebenden unnachsichtlich eingetrieben worden ist.“

„Dafür wird es uns aller Voraussicht nach beschieden sein,“ bemerkte der jüngere Mann, „die Zeugen eines über alle Vorstellung erhabenen Schauspieles zu sein. Es ist noch nichts entschieden; aber die Vermutungen gehen dahin, daß unser Erdball nicht das Opfer eines plötzlichen Zusammenbruchs, einer brutalen Katastrophe werden wird, sondern daß sich sein Sterben allmählich vollziehen wird — ja daß sogar Jahre vergehen werden, bevor das letzte Leben auf ihm erloschen sein wird.“

„Und auch ein Erfreuliches haben wir euch mitzuteilen,“ unterbrach ihn der Rat. „Erwin hat seinen Cyklus: „Das goldene Zeitalter“ ausgestellt, wie ihr wißt. Noch vor Kurzem, als alle Welt nur von dem bevorstehenden Kriege der fünf Großmächte sprach, fanden die Bilder fast keine Beachtung, und jetzt, wo die Menschheit von den Fieberschauern der Todesahnung durchrüttelt wird und alles Interesse für das öffentliche Leben erloschen ist, wächst der Besuch dieses Bildercyklus von Tag zu Tag. Die Menschen drängen sich vor dieser Darstellung einer besseren Welt, als ob ihnen dabei die Augen aufgingen über das ungeheuere Versäumnis. Und wie der Sterbende oft mit Reue zurückblickt auf ein verlorenes Leben, und seine sehnsüchtige Phantasie sich ein neues Leben aufbaut, ohne Reue, ohne Mißklang, ein Leben der Liebe und des Selbstgenügens, so stehen die Menschen jetzt vor diesen Bildern, und alles, was der Idealist und Menschenfreund ihnen darin darstellt, erscheint ihnen so wahr, so echt, so nachahmenswert. Worüber sie früher mitleidig die Achseln gezuckt, was sie als die Ausgeburt einer nebelhaften Schwärmerei bezeichnet hätten, das erscheint ihnen als das selbstverständliche Gebot der Menschlichkeit. Mit Begierde versenken sie sich in die dargestellten Scenen der Nächstenliebe, des friedlichen Verkehrs, des hilfreichen Opfermutes. Wie aus einem tausendjährigen Taumel erwacht, sehen sie jetzt die Verwirklichung dieser Ideale als wünschenswertestes Ziel vor sich. Niemand denkt mehr an Krieg, an rücksichtsloses Ringen nach Vorteil und Auszeichnung. Nur der eine heiße Wunsch lodert in allen Herzen auf, daß die waltende Allmacht der Menschheit ihren herrlichen, trauten Wohnsitz belassen möge, auf daß er der vom tausendjährigen Wahne erlösten Menschheit das werde, wozu er vom Anbeginn bestimmt war, eine Stätte des Glückes, des Friedens und der brüderlichen Eintracht.“

Die Greisin hatte aufmerksam zugehört, und als ihr Sohn geendet hatte, sagte sie kopfschüttelnd: „So erhebend der Gedanke ist, daß das Werk unseres Erwin die Herzen der Menschen zu so hohen Idealen entflammt, so wenig kann ich die Vorstellung bannen, daß diese Gefühle nur unter dem Einflusse der mächtigen Eindrücke erstanden sind, die jetzt die Menschheit erfüllen. Überall in der Welt, auch an anderen Orten, wo dieser Anlaß nicht gegeben ist, wird der Gedanke erwachen: Es geht zu Ende, und wir sind von dem Ziele noch so weit! Es ist das Hellsehen der Sterbenden, das ihnen so klar und scharf den Weg beleuchtet, den sie durch all das Wirrsal des Kampfes und Hasses nie gefunden haben. Nutzlos gelebt, das Dasein vergeudet und verthan in sinnlosem Streite, während uns das allerhaltende Licht seit Äonen mit jedem erglimmenden Tage gelehrt: Ich spende allen meine Gaben; ich schüttle mein Füllhorn so reich und unablässig über alle aus, damit ihr alle sie genießt und glücklich seid; das ist der spätgeborene Gedanke in diesen unheilvollen Tagen.“ —

„Es ist so,“ erwiderte der Herr Rat. „Der großen Masse hat sich eine dumpfe Verzweiflung bemächtigt; der denkende Teil irrt mit dem qualvollen Gedanken herum: Wir werden vorzeitig abberufen; wir können nicht mehr die Lösung unserer Aufgabe den späten Enkeln übertragen; wir gehen mit der Erbsünde unserer Selbstsucht beladen ins große Nichts. Das ungeheuere Totenfeld, mit dem die Erde in wahnsinniger Hast durch den Äther eilen wird, braucht nur einen einzigen Leichenstein mit den Worten: „Besser so!“

In diesem Augenblick drang ein wirrer Lärm von der Straße herauf. Erwin trat ans Fenster und öffnete es. Die übrigen Personen folgten ihm. Ein fahles Licht ohne Wärme, ohne Glanz erleuchtete Straßen und Plätze und ließ die dichtgedrängte, auf und ab hastende Menge in scharfen Umrissen erkennen. Zahlreiche Zeitungsausrufer verteilten Flugblätter unter die Menge. Man hörte ihre schrillen Stimmen rufen: „Kein Winter mehr für unsere Zone! Stellung der Erdachse senkrecht auf die Ebene der Bahn! Neue Hypothese des Professors Brown! Allgemeine Abrüstung!“


III.

Das Tagebuch.

Erwin sitzt an seinem Schreibpulte. Die Feder ist seiner Hand entfallen. Sinnend stützt er sein blondes Haupt mit der linken Hand und blickt wie traumverloren auf das Schriftstück vor ihm, das seine Handschrift trägt. Es enthält die Aufzeichnungen der großen Ereignisse, von denen das Denken und Fühlen der ganzen Menschheit erfüllt ist. Wir lassen nunmehr das Tagebuch des Künstlers sprechen, weil es den unmittelbarsten Eindruck wiedergibt, den die unheilvollen Vorgänge jener Tage auf eine edle Menschenseele ausgeübt.

10. Oktober 1899.

Trotz der allgemeinen Betäubung ist in Handel und Wandel noch keine vollständige Stockung eingetreten. Die Menschheit geht ihren Geschäften nach, zwar lässig und kraftlos; aber nach dem Gesetze der Trägheit erfüllt sich das Tagewerk jedes Einzelnen. Mit ängstlicher Sorgfalt trachtet jeder, so gut als möglich seinen Platz auszufüllen. Niemand will den Gedanken über sich Herr werden lassen, daß in diesem geschäftigen Walten nur ein frommer Selbstbetrug liegt; denn würde dieser Gedanke allgemein werden, so käme das Chaos, die furchtbare Entfesselung roher Instinkte und wilde Akte der Selbstzerstörung. Die große Menge blickt hilfesuchend zu ihren Führern empor, und diese können ihr nichts Weiseres raten als Arbeit und treue Pflichterfüllung. So ist der Puls der Menschheit noch fühlbar; aber hastend und hüpfend, dann wieder schwach und aussetzend, wie im letzten Fieberparoxysmus. Die Menschheit ohne Zukunft! Dieser Gedanke nagt und bohrt in den Gehirnen, und keine Thätigkeit kann ihn betäuben, kein Vernunftgrund zum Schweigen bringen. So wird die äußere Zucht und Ordnung noch durch Gewohnheit und Beispiel erhalten; aber inzwischen hat sich, wie von selbst, in der menschlichen Gesellschaft eine Wandlung vollzogen, an der die Besten und Edelsten seit Jahrtausenden vergeblich gearbeitet. Es giebt keine Kriegsheere mehr. Die Armeen sind auf den niedersten Friedensstand gestellt, die Grenzen sind offen. Die wenigen Truppen werden zur Aufrechthaltung der Ordnung verwendet. Das alles geschah ohne Beratung, ohne Notenwechsel und ohne Congresse. In aller Stille mit einem Gefühle der Beschämung, wurden die Truppen abberufen. Der Schleier, der den freien Blick der Menschheit so lange getrübt, ist gefallen. Die Nationen fühlen sich als Brüder. Das gemeinsame Unglück der Menschheitsfamilie hat sie wieder zusammengeführt. Aber es giebt auch keine Armen mehr; gerne und freigebig spendet jeder von seinem Überfluß. Kirchen und Tempel stehen offen, und die Frommen aller Bekenntnisse suchen Trost und Ergebung an den geheiligten Stätten. Unabsehbare Prozessionen wallen durch die Straßen. An ihrer Spitze wandeln katholische Priester, Pastoren und Rabbiner in brüderlicher Gemeinschaft. Sie sagen damit der thörichten Menge: Laßt euer Gezänke und euren Dünkel. Nur ein Geist waltet über den Dingen, durchdringt das All, gebietet dem Lauf der Gestirne, vernichtet Welten und richtet sie wieder auf. Wir kennen ihn nicht, wir fühlen ihn bloß in uns und außer uns. Nennt ihn, wie ihr wollt, Name ist Schall und Rauch. All das, wofür im Laufe der Geschichte Ströme Blutes geflossen sind und was den Menschen als Offenbarung, Legende und Überlieferung wie ein heiliger Besitz erschienen ist, um den man gekämpft und gestritten und für den viele Tausende freudig ihr Leben hingegeben, erscheint dem letzten Geschlechte in Erwartung des kommenden Endes wie ein Märchentraum der Kindheitsphantasie. Hellsehend, wie Sterbende sind, erkennen sie jetzt den großen Irrweg, den sie durch lange Zeiträume auf der Suche nach der Gottheit gegangen. Sie suchten das Sittliche, das Edle außer sich, während die Gottheit in ihnen wohnte und vergeblich mit den elementaren Trieben des blinden Schöpfungsdranges nach Entfaltung rang. Der allgewaltige, vielgestaltige, in seinen Milliarden von Einzelerscheinungen unfaßbare Werdetrieb ist weder vernünftig, noch zweckmäßig, noch ethisch. Blind gehorcht er den ewigen Gesetzen, zerstört und baut auf. Was als zweckmäßiger Schöpfungsgedanke erschien, war die notwendige Auslese aus Millionen Unmöglichkeiten. Die wärmende Sonne, welche die dampfende Erde mit Myriaden von Keimen befruchtete, brachte nichts als Wärme, Licht und Polarität in den Haushalt der Natur. Sie kannte nur physikalische Gesetze und chemische Gewalten. So groß und erhaben, so unausdenkbar diese immer sein mögen, sie bergen keinen voraussehenden Gedanken, keine Vernunft und keinen Endzweck in sich. Sie gab ihren Geschöpfen keine Gesetze zur freien Wahl, denn diese Geschöpfe waren selbst organisierte Naturgesetze mit gebundener Marschroute. So bist du und so mußt du sein, hieß ihr Machtwort, dem noch kein Lebewesen zuwider gehandelt hat.

Da kam das letzte, vollendetste Geschöpf des Lichtes, der Mensch, und in den engen Zellen der Gehirnwindungen bewirkte derselbe Lichtstrahl durch unerklärte Metamorphosen geheimnisvolle Veränderungen, die sich als Anschauung, Erkenntnis, Urteil, Vernunft darstellten. Dieser Prozeß vollzog sich bei ihm mit derselben Notwendigkeit, mit der sich ein Lichtstrahl unter dem Prisma in die sieben Farben des Regenbogens verwandelt. Aber der wunderwirkende Strahl beunruhigte ihn. Er fragte nach dem Warum? Er forschte nach dem Zweck. Die Sonne, die ihm das furchtbare Geschenk gegeben, konnte es ihm nicht sagen. Sie wußte es selbst nicht. Die übrige Natur blieb stumm; sie war ja unvernünftig; in ihr hatte der Strahl noch nie einen quälenden Gedanken entzündet.

Da fand der Mensch seinen Gott. Er war das Warum und Wozu. Er wohnte nur in ihm, ward nur durch ihn gedacht. Die Sonne kannte ihn nicht; die Erde kannte ihn nicht; der Fisch im Wasser und der Vogel in der Luft fragten nie nach dem Warum und Wozu.

Jetzt ging der Mensch auf die Suche nach seinem Gotte aus. Er ahnte nicht, daß er in seiner Gehirnzelle saß, daß er die letzte und edelste, die sich selbst schauende That des allschaffenden Sonnenstrahles war. Er suchte den Gott außer sich. Er sah den flammenden Sonnenball, der seit Jahrmillionen Licht und Wärme spendet und alles Lebende zeugt, und sagte sich: Das ist Gott! Andere bildeten scheußliche Fratzen aus Stein und Erz und sagten: Das ist Gott. Auch Tiere und Bäume hielten sie für die Wohnung ihres Gottes. Wieder andere fanden für jedes Warum und Wozu einen Gott; der Baum, das Wasser, der Fels, die Wolke hatten einen innewohnenden Gott. Nur der Mensch hatte in sich den Gott nicht gefunden. Er ist nur Einer! Ein allgewaltiger Geist, der den Himmel und die Gestirne und alles Lebende nur für uns geschaffen. Er ist unser Gott, der Gott unseres Volkes, sagten die Einen. All die ungezählten Millionen, die sonst noch auf der Erde wandeln, haben keinen Teil an ihm. Wir haben ihn erkannt, obwohl er sich nie zu erkennen gegeben und auch alle anderen Völker der Erde nie wissen ließ, daß er so und nicht anders erkannt und verehrt werden will. Dann wieder lief die Kunde durch die Welt: In Bethlehem hat ein Weib ein Kind geboren, in dem wohnt Gott. Er wandelte auf Erden als Mensch, aber was er sprach und lehrte, was er that und litt, war göttlich. Die Besten von uns haben sein Urbild im Herzen getragen, bevor ihn das Weib gebar. Es schien, daß der Mensch seinen Gott gefunden habe. Aber wieder verdunkelte sich das reine Bild, und die Menschheit vergaß, daß der lebendige Gott wieder und wieder aus jedem Menschen geboren werden müsse. Sie thaten groß und glaubten ihn erkannt zu haben, den Heiland, den Erlöser, und doch, wie weit waren sie von ihm entfernt, und wie entfernten sie sich immer wieder von neuem von ihm! Geradeso wie die erste Zelle im Meeresgrunde die Urform zu all den Myriaden wundervoller Organismen bis hinauf zum Menschen bildete, hat auch der erste kindliche Gedanke des Urmenschen von der Gottheit all die späteren Vorstellungsformen der civilisierten, geistig vervollkommneten Menschheit gezeugt. Doch auch heute noch leben die einfachen Zellenwesen auf dem Meeresgrunde, und auch heute noch spukt in Millionen Köpfen neben der selbstlosen Lehre Christi die plumpe, ungeschlachte Vorstellungsform von einem höchsten Wesen, wie sie der Urmensch ausgedacht. Egoismus, Aberglaube, Furcht, schlaue Spekulation, Staatsraison schaffen heute noch die wunderlichsten Ausgeburten, und nur wenige hochstehende Menschen haben ihren Gott gefunden, weil sie es verstanden, ihm ähnlich zu werden. Der Gott des sicilianischen Bauern und der des russischen Muschiks, des bekehrten Samojeden und des getauften Feuerländers kann doch nicht derselbe sein wie der des selbstlosen, auf der höchsten Zinne einer sittlichen Weltanschauung stehenden Gelehrten! So gilt auch hier das Wort: Jeder Einzelne hat den Gott, den er verdient!

20. Oktober.

Wenn man so auf die Straße tritt! Wo ist das Hasten, wo sind die zerstreuten Mienen, wo ist die sich selbst vergessende Fröhlichkeit, wo die Gedanken an Geschäft und Erwerb, die man sonst von tausend Gesichtern ablesen konnte? — Es ist furchtbar, bei all den Tausenden, welche an mir vorüberfluteten, nur das eine unveränderliche Antlitz zu sehen. Alle die vielfachen Interessen des Lebens, welche sich sonst in unzähligen Zügen in den Gesichtern der Vorübereilenden bemerkbar machten, lassen jetzt keinen Abglanz zurück. Unbewegliche Masken, in welche mit ehernem Griffel ein einziger Zug eingegraben ist: Dumpfe Ergebenheit!

Und dennoch, die große Maschine „Gesellschaft“ haspelt ihr Tagewerk gedankenlos ab; scheinbar geht alles in regelmäßigem Geleise. Man fürchtet den Stillstand, wie das Chaos. Ich trete auf die Straße. Kein Lüftchen regt sich. Herrlicher denn je strahlt die Sonne vom wolkenlosen Firmament herunter, und so erneut sich Tag um Tag. Baum und Strauch setzen neue Knospen und Blüten an, die Lerche schwingt sich tirilierend hoch hinauf in den hellblauen, zitternden Äther — denn die rauhen Herbststürme des Äquinoctiums sind ausgeblieben, die Wandervögel haben ihren Zug nach dem Süden eingestellt — sie tragen Halme in ihre Nester und bereiten sich auf einen neuen Sommer vor.

Man glaubt das goldene Zeitalter gekommen. Die Wintersaat ist üppig in die Halme geschossen und verspricht hundertfachen Ertrag. Durch einen unerklärlichen Vorgang im Mechanismus unseres Planetensystems gelangte die Erdachse in eine nahezu senkrechte Stellung zur Ekliptik. So heißt nämlich die kreisähnliche Kurve, die die Erde bei ihrem jährlichen Umlauf um die Sonne beschreibt. Für unsere Zone bedeutet diese Umwälzung einen ungeheueren Zuwachs an Wärme.

Obwohl auch diese Veränderung auf den Einfluß des unheilvollen Gestirnes zurückzuführen war, gab es doch viele, welche in ihrem Optimismus geneigt waren, die Reihe der Veränderungen damit als abgeschlossen zu betrachten. In Flugblättern und Telegrammen wurden Hunderte von Hypothesen verbreitet, die jedoch immer wieder von anderen verdrängt wurden. Dies konnte die Menge nicht befriedigen. Im heißen Drange, die Vorfälle dieser ereignisvollen Zeit im günstigen Sinne auszulegen, veranstalteten die Bewohner der Erde Dankprozessionen, in denen sie sich im überquellenden Dankgefühle vor ihrem Schöpfer niederwarfen und den Allerhalter anflehten, die drohende Heimsuchung von ihnen abzuwenden. In unabsehbaren Zügen, unter Vorantragung ihrer Heiligtümer und mit Entfaltung des herrlichsten Kirchenprunkes zogen sie hinaus unter Gottes freien Himmel, und indes in der verlassenen Riesenstadt die Glocken der hundert Kirchentürme wie das Gebetlallen ihrer Bewohner zum Himmel klangen, unterstützte draußen der Donner aus Hunderten von Kanonenschlünden den inbrünstigen Aufschrei der Kreatur . . .

22. Oktober.

Auf meinen täglichen Wanderungen durch die Stadt gelangte ich heute auf einen der größten Plätze, der von einer tausendköpfigen Menge besetzt war. Es herrschte tiefe Stille auf dem Platze. Ein Mann mit wallendem Haupthaar und einem langen, weißen Vollbart, anscheinend dem Gelehrtenstande angehörig, sprach zu der Menge.

Die Wissenschaft, sagte er, kann uns leider wenig Trost spenden, daß die Reihe der Veränderungen mit diesem gewaltigen Eingriff in den Himmelsmechanismus abgeschlossen sei. Sie wissen alle, fuhr er fort, daß unsere Erde nicht der Mittelpunkt des Weltalls ist, wie man vor dem großen Kopernikus allgemein geglaubt hatte, sondern daß sie sich seit vielen Jahrmillionen mit ihren Geschwistern, den Planeten, um ihre Mutter und Ernährerin Sonne dreht. Wie könnte es auch anders sein! Nur Beschränktheit oder Größenwahn der Menschheit konnten annehmen, daß die winzig kleine Erde, die eineinviertel Millionen mal kleiner ist, als die Sonne, den Mittelpunkt des Weltalls bildet.

Was das kleine Sandkörnlein Erde im großen Weltenplan bedeutet, das sehen wir jetzt, wo ein unbedeutendes Gestirn, ein Vagabund des Himmels, sich anschickt, der ganzen vieltausendjährigen Herrlichkeit ein ruhmloses Ende zu bereiten. — Mensch, deine ganze Geschichte und alle Errungenschaften des Wissens und Erkennens gehen in einen Fingerhut, wenn du den Blick zu den Myriaden Sonnen erhebst, die am nächtlichen Himmel flammen. Und du hast dich vermessen, zu glauben, daß all die Myriaden Sonnen, die so weit von dir entfernt sind, daß dein armes Gehirn den Gedanken nicht auszudenken vermag, vom Schöpfer zu Vasallen dieses winzigen Sandkörnchens, Erde, bestimmt wurden? Wißt Ihr, daß diese glitzernden Punkte, deren Zahl keine Ziffer auszudrücken vermag, ebensoviele Sonnen sind, größer und herrlicher als unsere Sonne und jede einzelne umkreist von Planeten wie unsere Erde? Die nächste dieser Sonnen ist dreieinhalb Lichtjahre von unserem armseligen Wohnort entfernt. Das ist so leicht ausgesprochen. Wißt ihr, was ein Lichtjahr ist? Ein Lichtjahr ist der Weg, den das Licht innerhalb eines Jahres zurücklegt. Da habt ihr noch immer keine Vorstellung. Wenn ich euch sage, daß das Licht in einer Sekunde 40000 Meilen zurücklegt und daß es bei dieser unfaßbaren Geschwindigkeit dreieinhalb Jahre braucht, um den Weg vom nächsten Fixstern bis zur Erde zurückzulegen, da dämmert euch wohl eine schwache Vorstellung davon auf. Aber noch besser werdet ihr euch die Entfernung vorstellen, wenn ich euch sage, daß der Orient-Expreßzug 75 Millionen Jahre brauchen würde, um diesen Weg zurückzulegen. Das ist aber der nächste ebenbürtige Nachbar unserer Sonne. Da giebt es in der Milchstraße und in den Nebelflecken Millionen und Millionen Sonnen, deren Licht erst nach Jahrtausenden auf unsere Erde gelangt. Ja, es ist fraglich, ob nicht einzelne Gestirne schon seit Jahrtausenden erloschen sind, deren Lichtstrahl erst jetzt in unser Auge gelangt. Und was die Größe dieser Welten betrifft, so ist es nicht auszudenken, was trockene Zahlenreihen uns verkünden. Wir haben schon gelernt, bescheiden zu sein, und unsere Erde, die den Alten noch als die unendliche Welt erschienen, ist zu einem kleinen, schimmernden Pünktchen zusammengeschrumpft, von dessen Dasein die mutmaßlichen Bewohner der großen Himmelslichter ebensowenig Ahnung haben, als wir von den Planetensystemen der übrigen Fixsterne. Und wenn man dort oben auf dem Sirius tausendmal mächtigere und schärfere Fernrohre hätte, als wir, man könnte das schwachleuchtende Pünktchen doch nie und nimmer entdecken. Und wenn unsere Erde einmal auf den Sirius fallen würde — glaubt ihr, das würde dort ein sonderliches Aufsehen machen? Selbst wenn sie einem Siriusbewohner auf den Kopf fiele, würde er kaum ein Unbehagen davon verspüren; denn sie hätte für ihn nur die Größe eines Kirschkernes! Möglich, daß er sie seinen Kindern zum Spielen nach Hause brächte. Aber selbst die sonnigen Augen dieser Fixsternbewohner würden auf dieser, mit Schimmel überzogenen Kugel nichts Merkwürdiges entdecken. Die Städte, Wälder, Flüsse, Berge und auch die mikroskopischen Lebewesen würden ihren Blicken verborgen bleiben.

So sieht es aus mit unserer Erde, wenn wir einen Vergleich ziehen mit ihren gigantischen Brüdern aus der Sternenwelt. Nur der Größenwahn, der sich dieses kleine Wandelsternchen zum Mittelpunkt des Weltalls schuf, konnte sich in den Gedanken einlullen, daß der erhabene Geist, der all diese herrlichen Welten schuf, mit der Kirchturmpolitik und dem Gezänke seiner Bewohner rechnen wird. Ihr geht in Eurer Blasphemie so weit, zu glauben, daß Ihr den großen Geist für Eure kleinen Zwecke gewinnen könnt durch Unterwürfigkeit und Bitten. In eurem beschränkten Gehirn ist er noch immer der griesgrämige Alte, der schilt und tobt, mit Blitz und Donnergroll seine üble Laune zu erkennen giebt und seinen ungeratenen Kindern für gute Vorsätze immer wieder Straf-Prolongationen gewährt. Was gilt ihm ein Mißton in dieser gewaltigen Weltensymphonie! — Vor zehn Jahren leuchtete im Sternbild der Andromeda ein Stern auf, den vorher kein menschliches Auge gesehen. Anfangs hellleuchtend, erblaßte er allmählich und verschwand nach wenigen Monaten. Das war ein Weltuntergang! Durch den Zusammenstoß zweier nichtleuchtender Gestirne kam es zu einer ungeheuren Wärmeentwicklung — zwei Welten gingen in Flammen auf. Sie waren nicht mehr selbstleuchtend, also erstarrt, folglich für die Entwicklung von Lebewesen geeignet — welch weites Feld für kühne Konjekturen! Zwei Welten, die seit Jahrmillionen durch den Äther kreisen, in denen sich Leben, Kultur, Kunstentfaltung entwickelt, schöner und herrlicher vielleicht als auf unserer Erde, zerschellen aneinander in Folge eines kleinen Mangels in dem gewaltigen Uhrwerk, wie zwei Schiffe, die bei Nacht und Nebel auf stürmischem Ocean aufeinanderprallen. Wir Erdenbewohner sahen diese, die kühnste Phantasie übertreffende, unfaßbare und unausdenkbare Katastrophe — aber was da in ungeheuren Ätherfernen vor sich ging, das hatte ja für unsere Erde keine Folgen. Man hörte ja kein Prasseln und Knattern, und die Lichtspur der flammenden Welten war so klein wie das Dachfeuer eines meilenweit entfernten Hauses. Wenn es nicht zu unserer Gemeinde gehört, so regt es uns nicht weiter auf. Unsere Phantasie ist so stumpf, unsere Sinne sind so plump! Und als wir zudem hörten, daß diese, einer anderen „Gemeinde“ angehörigen Welten so unermeßlich weit seien, daß der Lichtstrahl uns Dinge verkündete, die vielleicht vor Jahrtausenden geschehen sind, da nahmen wir die Nachricht von einer Weltkatastrophe recht gefaßt hin und erhitzten uns weiter für unsere Kirchturmpolitik und unsere Zänkereien.

Werden und Vergehen ist doch das erste und uns erkennbarste Gesetz im Weltenplan; also müssen auch Welten vergehen; das leuchtete uns ein, so lange der Beweis dafür auf eine Entfernung von Billionen Meilen geführt wurde.

Nun soll es auch an uns heran! Wie ist unsere Erde entstanden, das heitere Sonnenkind? Der Mathematiker Laplace hat dafür eine Erklärung gegeben. Die Sonne war einst ein ungeheuerer Ball von glühenden Gasen, dessen Halbmesser länger war als die Entfernung des äußersten Planeten, des Neptun, von dem Mittelpunkt der Sonne, also über 600 Millionen Meilen. Dieser ungeheure Ball von glühenden Gasen kühlte sich auf seiner Wanderung allmählich ab, und da sich alle Körper durch die Kälte zusammenziehen, so nahm auch der Sonnenball an Volumen ab. Dieser Zusammenziehung konnten aber einzelne Teile des Sonnenkörpers nicht folgen, und während er sich zu einem kleineren Volumen verdichtete, schnürte sich ein Ring von Sonnenmaterie ab, der nun frei im Weltenraum schwebte. Dieser Ring, der die Bewegung des Hauptkörpers beibehielt, ballte sich allmählich zu einer Kugel zusammen und umkreiste den Mutterkörper nach der ursprünglichen Richtung der Bewegung seiner kleinsten Teilchen.

Nach einem ungeheueren Zeitraum, der nur nach Jahrmillionen zu berechnen ist, hat sich vom glühenden Sonnenball abermals ein Ring losgelöst, dessen einzelne Teile sich in Folge der Rotation zu einer Kugel zusammenballten, und so ging das fort durch Äonen. Auf diese Weise entstanden der Reihe nach Neptun, Uranus, Saturn Jupiter, der Schwarm der Asteroiden, ferner die Planeten Mars, Erde, Venus und Mercur. Die Erde zählt also mit ihren Geschwistern, den Planeten, zu den Sonnenkindern. Sie empfängt Leben und Nahrung, Licht und Wärme ausschließlich von ihrer erhabenen Mutter, und viele Millionen Jahre früher, bevor das letzte Licht auf dem Sonnenball verflackert ist, müssen ihre Kinder, die Planeten, erstarren und vergehen . . .

Doch viel früher, als die Wissenschaft in ihren kühnsten Hypothesen voraussetzen konnte, droht der Erde Tod und Verderben durch einen Himmelsvagabunden, der in Folge seiner ungeheueren Größe einen unheilvollen Einfluß auf die Umdrehungsgesetze unseres Planeten ausübt. Noch bevor er dem Auge sichtbar war, konnte man Unregelmäßigkeiten beobachten, und jetzt, da er mit seiner ganzen ungeheueren Masse auf die Erde wirkt, hat die Stellung der Erdachse zur Ekliptik eine wesentliche Änderung erfahren, wodurch wieder die Veränderung der klimatischen Verhältnisse unserer Zone hervorgerufen wurde. Wir in Europa, dann die Bewohner des nördlichen Asiens und Nordamerikas haben durch diese Änderung gewonnen. Die Bodenfrüchte gedeihen allenthalben in unerhörter Üppigkeit. Man heimst Ernten mit hundertfachem Ertrage ein. Dafür aber kommen aus den Äquatorialgegenden die haarsträubendsten Berichte von versengendem Sonnenbrand. In ängstlicher Hast fliehen die Völker Indiens und des inneren Afrikas nach dem Norden, um sich vor den mordenden Strahlen der Sonne und vor der durch kein Lüftchen gemilderten Glutatmosphäre zu retten.

Und nun nehmt es gefaßt hin, was die Wissenschaft als das wahrscheinliche Schicksal unserer Erde voraussagen kann. Der unheimliche Genosse wird uns nicht mehr verlassen. Die Erde wird mit ihm als Doppelgestirn um die Sonne kreisen. Doch da er der Stärkere ist, wird er die Erde aus ihrer Bahn zu reißen trachten. Die Erde wird ihm folgen müssen — unwillig zwar, denn sie will ihre vorgeschriebene Bahn einhalten — aber allmählich in großen Spirallinien werden ihre Kreise immer weiter werden, und das Licht der Sonne wird immer mehr verblassen; dann aber wird das Leben auf unserer Erde erstarren — ein fahler Dämmerschein wird alles einhüllen, was ehedem des Menschen Auge entzückt hatte, und in der ewigen Sternennacht werden wir — so lange Lebenswärme noch in unseren Adern wohnt — mit Sehnsucht nach einem schwach schimmernden Sterne blicken, der einst unsere Sonne war . . .“

Mit unheimlicher Ruhe nahm die Menge die Wahrheiten entgegen, die ihr die unerbittliche Wissenschaft durch den Mund des Gelehrten verkündete. In stumpfer Resignation verließ sie den Platz. Freunde umarmten einander und drückten sich die Hände, als wollten sie Abschied nehmen für’s Leben. Dann blickten sie wehmütig hinauf zum leuchtenden Sonnenball, der in gewohnter Schönheit und Majestät herniederstrahlte auf die Erde . . . Kopfschüttelnd und fiebernd fast vor innerer Erregung suchten sie ihr Heim auf. Es kann ja nicht sein! Es ist ja so ganz unfaßbar! . . .

25. November 1899.

Das waren Stunden! Noch immer tobt es in meinen Adern, noch immer schwingen die Nerven von den Eindrücken der letzten Stunden! — Die zweite Ernte war geborgen. Ein Segen, wie ihn der Landmann noch nie vorher gesehen. Was da eingeführt wurde in Scheunen und Gruben, das reichte auf Jahre hinaus für die europäische Menschheit. Arbeitskräfte waren in Fülle vorhanden; denn die Heere waren aufgelöst und die männliche Jugend hatte geholfen die Felder bestellen und die Ernte bergen. Der Segen des Himmels hatte seine Wirkung gethan. Es war in den letzten Tagen wie Ruhe und neue Zuversicht über die Menschheit gekommen.

Da kam der Abend des 24. Novembers. Der Dämon am nächtlichen Himmel lagerte über dem südlichen Horizont. Die gelblich fahle Dämmerung verscheuchte bald die wenigen Passanten aus den Straßen. Sie waren fast menschenleer. Da kam es. — Vom Sternbild der Cassiopeja schien es auszugehen. Zuerst ein hellglänzender Lichtstreif, dann ein Funkenregen, wie von einer Sprührakete. Das kam immer häufiger, bald da, bald dort, und bald schien es, als ob an einem Teile des Himmels eine Feuerwerksfront abgebrannt würde. Wir sahen vom Fenster unserer Wohnung diesem eigenartigen Schauspiel zu. — „Ein Meteoritenregen,“ meinte der Rat. — „Ja wohl,“ sagte ich „diese Meteore sind aber Bestandteile des Kometen. Die Erde ist also in einen Teil des Kernes eingedrungen.“ — In diesem Augenblicke gewahrte ich eine Menschengruppe, die lebhaft gestikulierend einen Gegenstand betrachtete. Ein Mann schien den Umstehenden den Gegenstand zu erklären. Hie und da bückte sich einer, um etwas vom Boden aufzulesen. Auf einmal hörte ich einen Jubelschrei ansstoßen, und gleich darauf stob die Menge jauchzend auseinander. — „Was ist nur wieder los, was stimmt die Menge auf einmal so fröhlich?“ fragte der Rat. — Ich versprach den Meinigen, bald wieder da zu sein, und begab mich auf die Straße. Überall das wirre Durcheinanderdrängen, Jauchzen und Schreien. Aus den Hausthoren stürzten sie hervor auf die Straße, lebhaft gestikulierend und einander die Gegenstände zeigend, die sie vom Boden auflasen. „Was ist’s, was giebt es denn?“ rief ich den Nächststehenden an.

— Er that einen Freudensprung und schrie: „Gold, Gold — pures Gold — alles, was da herunterfällt vom Himmel ist pures Gold!“

Es war wirklich so. Ich bückte mich nach einem glänzenden Gegenstand in der Größe einer Haselnuß. Er war noch heiß von seiner jähen Fahrt; aber es war Gold — pures Gold. Während ich es aufmerksam betrachtete, riß es mir ein Vorübereilender brutal aus der Hand. „Such dir ein anderes!“ rief er mir zu. Mir schoß das Blut heiß in die Schläfen. Auch jetzt, Menschheit, in der Zeit des namenlosen Schreckens wühlt das Wörtchen Gold mit einem Male all die bösen Leidenschaften wieder auf, die dich seit vielen Jahrtausenden fruchtlos im Kreise herumgeführt haben! Gold, Gold! Was hat das jetzt noch für Bedeutung — Ihr braucht es nicht. Es ist doch nur ein wertloses Symbol. — Aber jedes Wort verhallte in dem Lärm. Von heftigster Leidenschaft erregt, fielen sie über die Goldkörner her, die anfangs vereinzelt, dann in immer größerer Zahl und in größeren Stücken zur Erde fielen. Sie achteten nicht der empfindlichen Wunden, welche die herabfallenden Stücke verursachten — mit Körben und Kisten und allerlei Gefäßen stürzten sie aus den Häusern und rafften zusammen, was im Bereiche ihrer Hände lag. Dabei kamen sie miteinander in Streit, der die wildesten Formen annahm — Gold, Reichtum! — ein grauenhaftes Delirium kam über die Massen — Besinnung, ruhiges Nachdenken konnten nicht zur Geltung kommen. Jeder raffte, was er nur konnte, und sah voll Wut auf den Nächsten — und ich sah, wie einer seinem Nachbar das Messer in den Rücken bohrte, um sich der Beute zu bemächtigen. Von namenlosem Grauen erfaßt, floh ich die Stätte des Wahnsinns. —

Aber der Hohn des Schicksals brachte diesen Unglücklichen Sättigung ihrer grenzenlosen Leidenschaft. Bald waren die Dächer und Straßen zollhoch mit Goldkörnern bedeckt. Unablässig schaufelten sie das kostbare Metall in ihre Häuser. Und der zweifelhafte Segen nahm kein Ende. Immer dichter wurde der Regen, und zuweilen fielen auch Klumpen von beträchtlicher Größe herab, die mit lautem Jubelgeschrei begrüßt wurden. Hier und dort blieb einer, von einem schweren Stück getroffen, liegen. Des achteten aber die anderen nicht und schaufelten eifrig weiter. Jetzt aber kam ein Geprassel und ein Geknatter, als ob die Feuerschlünde von hundert Batterien sich geöffnet hätten. Gold — Gold und wieder Gold fiel herunter. Hunderte von Leichen lagen in den Straßen — da ergriff die übrigen starres Entsetzen. Sie flüchteten in ihre Wohnungen und fluchten dem Golde! Dem lieben Golde, das sie seit vielen Jahrtausenden mit allen Listen erschlichen, mit allen Lastern errafft — mit Mord und Todschlag erbeutet hatten. Jetzt war es da — und jetzt ließ sich der einst so spröde Gast nicht abweisen. Mit Donnergekrach fielen ganze Blöcke zur Erde, zerschmetterten Menschen und Häuser, und über den Unglücklichen häuften sich Leichenhügel und Berge von Gold.

Als die Sonne aufging, beleuchtete sie ein entsetzliches Bild der Zerstörung.

Fußhoch lag das gelbe, gleißende Metall in den Straßen und auf den Feldern, zumeist in erbsengroßen Stücken; dazwischen aber Blöcke von riesigen Dimensionen, deren verheerende Wirkungen allenthalben sichtbar waren. Wo solch ein Block mit seinem ungeheueren Gewichte hinfiel, da zerschmetterte er alles, was nicht aus Erz und Granit gefügt war. In vielen Straßen waren die Dächer der Häuser demoliert, ja ganze Stockwerke durchschlagen. Nach Tausenden zählten die Opfer, welche der schrecklichen Katastrophe erlegen waren. Inmitten des Stromes war ein Block von solch ungeheueren Dimensionen gefallen, daß das Wasser aus seinem Bette austrat und weithin die Gegend überschwemmte. Dieser „Berg von Gold“ glänzte nun weithin in der aufgehenden Sonne; er überragte an Höhe die umliegenden Hügel und stellte eine Masse vor, die sämtliches gemünzte und zu Geschmeiden verarbeitete Gold der Erde um das Tausendfache übertraf. Als ich mit bebender Seele durch die Straßen der Stadt schritt und mit Schaudern die Erschlagenen betrachtete, welche noch die zusammengerafften Goldbrocken in den erstarrten Händen hielten, stand auf einmal der alte Professor Holberg, ein wunderlicher Kauz, dessen Äußeres schon den Sonderling verriet, hinter mir, tippte mir auf die Schulter und sagte mit seiner schnarrenden Stimme: „Nun, da wären wir ja so weit! Das liebe Gold, das herrliche Gold, das durch so viele Jahrtausende unserer Weisheit Anfang und Ende war — es braucht nicht mehr erlistet, erschlichen, erkämpft, ertrotzt, erpreßt zu werden, es liegt auf der Straße — da kommt und nehmt es — ihr seid freundlichst eingeladen. Schleppt es fort in eure Höhlen und Schlupfwinkel, bis ihr unter seiner Last zusammenbrecht — je mehr, desto besser. Haben Sie gesehen, Herr Kollege, wie sie in ihr altes Delirium verfielen, wie der chronische Goldhunger der Menschheit auf einmal in einen wahnwitzigen Paroxysmus ausartete und gleich darauf in sein Gegenteil verfiel?“

Er bückte sich und hob ein eigroßes Stück vom Boden auf. „Schade, ei, wie schade!“ rief er aus. „Dich hätt’ ich im vorigen Jahre noch brauchen können, als ich den Sohn der armen Witwe behandelte. Er sollte fort in ein wärmeres Klima, da hätte er noch gerettet werden können, der Ernährer seines alten Mütterchens. Warum bist du denn damals nicht durch den Schornstein hereingeflogen, du dummes, plumpes Stück Gold — weißt du denn nicht, wie sehr sie dich herbeigesehnt, das weißhaarige Mütterchen, wie sie ihr armes Gehirn zermartert hat, um einen Weg zu finden, wie man dich herbeischaffen könnte, wie sie vor dem Bilde ihres Schöpfers auf den Knieen gelegen, um dich vom Himmel herabzuflehen — alles vergeblich; du bist damals nicht gekommen, du dummes, fühlloses, gleißendes Stück Metall — sie mußte ihr Kind, ihren Ernährer täglich mehr hinschwinden sehen, und wenn sie gleich aufschrie in ihrem wilden Schmerze — es fand sich doch keiner, der sich von dir um seines Mitmenschen willen getrennt hätte, denn sie hatten dich alle lieb mit einer sündhaften, abgöttischen Liebe, sie hatten dich lieber als ihren Nächsten, lieber als Mutter und Vater, lieber als ihr eigenes Kind, ihre Ehre, ihren Gott! Du durftest nur blinken, so kehrte sich die Natur des Menschen um — du machtest den ehrlichen Mann zum Betrüger, das schamhafte Weib zur Dirne, den strengen Richter zum käuflichen Rechtsverdreher. Hahaha! Und jetzt bist du da — aber den Sohn der armen Witwe hat man inzwischen schon eingegraben, und die Alte ist ihm schnell gefolgt. Ein Glück für dich; denn sie hätte dir ja doch geflucht, wenn du jetzt gekommen wärst, wie zum Hohne. Und sie fluchen dir alle — haben Sie gesehen, lieber Kollege, welcher Verachtung und welchem Ekel das gelbe Metall allenthalben begegnet? Es ist nichts mehr wert! Hahaha! Entthront, der Purpurmantel herabgerissen, das Scepter entzwei gebrochen — du stolzer Herrscher über die Menschheit, mächtiger als Dschingiskhan und Tamerlan, aber auch grausamer als diese, deine Herrschaft ist zu Ende. Du hast abgewirtschaftet, du stolzer Verächter des Schweißes und der Arbeit, du unerbittlicher Sklaventreiber der Armut, dein Reich ist dahin, du kupplerischer Sklave des Wohllebens, du stets dienstbeflissener Helfer des Übermutes, du Hofnarr des Müßiggangs und des Dünkels. — Ei, was seh’ ich denn da? Goldene Spangen und Ringe, kunstvolles Geschmeide — alles auf die Gasse geworfen, wie unnützen Kehricht! Da sehen Sie nur selbst, wie man all den Tand zum Fenster hinauswirft! Und jener Bettler, in Lumpen gehüllt, er stößt das glitzernde Geschmeide, das eben aus jenem Fenster gefallen ist, verächtlich mit dem Fuße bei Seite. Ein Stück Brot ist ihm lieber.“

Professor Holberg hielt plötzlich inne und deutete auf eine Gruppe von Frauen und Männern, welche, fröhliche Lieder singend, in’s Freie zogen. „Haben sie nicht recht?“ fragte er mich. „Sie können es ja nicht ändern. Was da kommt, hätte jeden Tag kommen können in all den langen Zeitperioden, an die sich die Menschheit zurückerinnert. Wie viele haben in früheren Zeiten dem Tode in tausendfachen Gestalten furchtlos ins Antlitz geschaut! Und für jeden Einzelnen, wenn es für ihn ans Sterben ging, war der Tod ein Weltuntergang.“ —

Wir schlossen uns der Gruppe an. Gegen Westen zu war die Landschaft von dem Meteorregen des vorhergehenden Tages so ziemlich verschont geblieben, während auf der östlichen Seite die Felder verwüstet, die Wälder ihres Laubes beraubt waren, und viele Stämme zerschmettert auf dem Boden lagen. Es war also anzunehmen, daß die Katastrophe nur auf einem begrenzten Strich Landes so ungeheuere Verheerungen angerichtet hatte. Wir kamen an einen herrlichen, freien Platz, von einem hochstämmigen Buchenwald eingefaßt. Die Waldlisière entlang rauschte ein munteres Bächlein. Hier lagerte sich die fröhliche Schar im Schatten hundertjähriger Buchen. Dem äußeren Ansehen nach waren es Menschen aus den verschiedensten Lebenssphären. Der flaumbärtige Student und der grauhaarige Gelehrte, der junge Kleriker und der narbenbedeckte Soldat, die leichtfüßige Nähmamsell und die ehrwürdige Matrone, sie alle hatten sich zusammengefunden zu demselben Zwecke. Sie wollten das ewige und unveräußerliche Menschenrecht, mutig dem Unvermeidlichen ins Antlitz zu schauen und die Gaben der Natur in geselliger Heiterkeit zu genießen, auch jetzt noch aufrecht erhalten. Gleichwie jene mutige Schar während der Florentiner Pest sich in der herrlichen Natur ihr gutes Menschenrecht an der Freude nicht verkürzen ließ und in edlem Freundesverkehr Vergessenheit suchte, so wollten auch sie eine Art Decamerone bilden, in Fröhlichkeit, Gesang und Saitenspiel, im Verkehr mit lieblichen Frauen und bei heiteren Gelagen auf kurze Zeit Lethe trinken und gleichzeitig das Wort des Dichters zum Wahrwort machen:

„Und singend einst und jubelnd

Durch’s alte Erdenhaus

Zieht als der letzte Dichter

Der letzte Mensch hinaus.“

Es gab keinen Unterschied der Stände mehr. Jeder in diesem Kreise hatte das gleiche Recht an die Freude. In zwanglosen Gruppen lagerten sich die Pärchen, die sich zueinandergesellt. Der Wein erhitzte die Gemüter, und manches übermütige Scherzwort machte unter fröhlichem Gelächter die Runde. Dann aber kam auch die Kunst an die Reihe. Der Sänger, eine prächtige, männliche Erscheinung, wußte mit dem Zauber seiner Stimme die Anwesenden mächtig zu ergreifen. Herrlich klangen die Töne durch die idyllische Waldeinsamkeit, und das Echo einer fernen Felswand vervielfältigte sie in geisterhafter Weise. In diesem Augenblick stieg der Mond am Horizont empor, immer höher und höher — gleichzeitig wurde die langgestreckte Feuerrute des Kometen sichtbar. Und da trat ein Ereignis ein, welches die eben noch so fröhliche Runde verstummen machte. —

Auf dem westlichen Firmamente leuchtete plötzlich ein Meteor auf, das an Größe und Helligkeit die eben untergegangene Sonne zu erreichen schien. Langsam und majestätisch strich es in weitem Bogen über das Firmament hin. So groß war die Lichtfülle, welche dieses Phänomen ausstrahlte, daß die erstaunten Beobachter vermeinten, die Sonne sei wieder über den Horizont emporgestiegen. Das Licht des Mondes erblaßte vollständig. Die leuchtende Kugel näherte sich in ihrem Fluge immer mehr dem Monde; sie mußte in ungeheuerer Entfernung von der Erde sein; denn man bemerkte trotz der Riesengröße dieses Himmelskörpers kaum seine Bewegung. In atemloser Spannung verfolgte die eben noch so fröhliche Schar die Bewegung des Meteors. Es war kein Zweifel, der fremde Weltkörper war in den Attraktionsbereich des Mondes gelangt und mußte mit ihm zusammenstoßen. Furchtbare, bange Minuten verstrichen; kaum wagte einer zu atmen. Immer näher und näher rückte der unheimliche Körper an den Mond heran — jetzt trennte ihn nur mehr ein Zwischenraum von wenigen Graden von dem ruhig dahinwandelnden treuen Begleiter unserer Erde. Da schien es, als ob mit einem plötzlichen Ruck die beiden Körper in einen verschmolzen wären. Gleich darauf erlosch das Licht des gewaltigen Meteors, und an der Stelle, wo es in den Mondkörper eingedrungen war, sah man eine fackelförmige, rote Flamme aufsteigen. Wie gelähmt standen die Beobachter und konnten kein Auge abwenden von dem ungeheuerlichen. Vorgang, der sich über ihnen im Weltenraume abspielte. Welch furchtbare Kräfte der Zerstörung mag dort oben das Aufeinanderprallen zweier Weltkörper entfesselt haben! Und dennoch, kein Laut drang an das Ohr der irdischen Zuschauer, keine Schallwelle verkündete den Effekt der wildwütenden Gewalten. Dort oben im Ätherraum giebt es keinen Schall. Lautlos, klanglos spielen sich alle Bewegungsphänomene ab; denn nur dort, wo Atmosphäre oder Wasser ist, kann sich die Schallbewegung fortpflanzen. Aber selbst angenommen, daß der Äther die Schallwellen fortpflanzen könnte, so hätten die Beobachter doch erst etwa vierzehn Tage nach der Katastrophe das Geräusch, welches diese verursachte, gehört; denn da der Schall in der Sekunde nur einen Weg von 330 Metern zurücklegt, so hätte er die Entfernung des Mondes von der Erde, welche circa 52000 Meilen beträgt, erst in dieser Zeit durcheilen können.

Dort und da wurden längs der Peripherie feurige Garben emporgeschleudert, als ob sie aus dem Krater eines ungeheueren Vulkans gespieen würden. Mit einemmale geschah etwas, das den Zuschauern das Blut in den Adern erstarren machte. Ungefähr in der Mitte der hellglänzenden Mondscheibe wurde plötzlich ein unregelmäßiger dunkler Streifen sichtbar, der sich langsam erweiterte. Dieser dunkle. Streifen war das durchscheinende Firmament. Durch den Zusammenstoß mit dem riesigen Meteor war eine Zertrümmerung des Erdtrabanten erfolgt. Was da oben vor den Augen der Erdbewohner sich in wenigen Minuten vollzogen hatte, war der Zusammenbruch einer Welt, mit der unsere Erde, seit Äonen verschwistert, ihre vorgeschriebene Bahn im unendlichen Raum durchrollte. Schon einmal, vor ungezählten Jahrmillionen, hatte einen Genossen unserer Planetenfamilie ein ähnliches Geschick ereilt. Er hatte seine Bahn zwischen dem Mars und dem Jupiter. Durch welche Ursache seine Vernichtung erfolgte, ist unbekannt. Wahrscheinlich aber ist es, daß der Zusammenstoß mit einem anderen Weltkörper seine Zertrümmerung zur Folge hatte; denn statt des einen großen Planeten, der nach der Laplace’schen Theorie an jener Stelle um die Sonne kreisen sollte, entdeckte das Fernrohr bis jetzt über dreihundert winzig kleine Planeten, die sogenannten Asteroiden. Sie sind so klein, daß einige von ihnen kaum einige Meilen Durchmesser haben, und das Merkwürdigste daran ist, daß sie keine kugelförmige Gestalt wie die übrigen Planeten haben. Es sind also die Trümmer eines großen, durch eine Weltkatastrophe zerschmetterten Planeten.

In den folgenden Nächten waren alle Fernrohre nach dem Monde gerichtet. Jetzt unterschied man schon genau drei größere Stücke, welche sich voneinander langsam entfernten, da ein jedes Stück vermöge seiner verschiedenen Masse dem Gesetze der Attraktion in anderer Weise unterworfen war. Das kleinste Stück umkreiste die beiden größeren, wie ein Trabant des Trabanten.

 

Jahre waren seit dem oben geschilderten Ereignisse geschwunden. Was hatte die Menschheit in dieser Zeit für herbe Prüfungen durchzumachen gehabt! Kein schöner, tragischer Tod war der Erde beschieden — keine Götterdämmerung, kein plötzliches Aufflammen in einer ungeheueren, alles verzehrenden Lohe. Eine Reihe von furchtbaren Heimsuchungen hatte das Menschengeschlecht allmählich decimiert. Aber die Menschheit hatte den Kampf nicht aufgegeben. Mit der Gefahr und der Größe des Unglücks wuchs auch der Mut, die zähe Ausdauer, ja der Trotz. Anfangs kleinlaut und verzagt, endeten Tausende durch Selbstmord, oder ihr Geist erlosch in der Nacht des Wahnsinns.

Aber je mehr die Schwierigkeiten sich häuften, desto gewaltigere Anstrengungen machte der Menschengeist, die Erhaltung der Gattung zu ermöglichen. Und dann, als auch der letzte Hoffnungsschimmer zu erbleichen begann, daß ein Staubgeborener dem allgemeinen Verderben entrinnen könnte, da flammte die neue Hoffnung in ihnen auf, daß es möglich sein werde, die Spuren ihres Daseins in monumentalen Werken zu hinterlassen. Vielleicht, daß nach dem Chaos eine neue Schöpfungsära in ungezählten Zeiträumen den Funken der Intelligenz wieder anfachen wird und neue Geschlechter den rätselhaften Zeichen eines früheren Lebens nachspüren und die Fackel des Geistes an dem glimmenden Funken der Überlieferung neuerdings entzünden werden.

Langsam und Schritt für Schritt waren die Veränderungen eingetreten, welche die Lebensbedingungen der Menschheit bis auf ein Minimum herabgesetzt hatten. Zuerst kam ein großes Sterben über die Menschheit. Es war ein sanfter Tod — ein Müdewerden und Hinüberschlummern. Er traf in erster Reihe die Alten; dann die Kranken und Hinfälligen. Die Gelehrten fanden die Ursache dieses Sterbens in einer für die Sinne nicht wahrnehmbaren Vermengung unserer Atmosphäre mit den irrespirablen Gasen der Kometensubstanz.


IV.

Das Delirium der Erde.

Seit zwei Jahren war Erwin mit seiner Marie durch des Priesters Segen verbunden. Ein gesundes Knäblein lag in der Wiege; es hatte das Licht der Welt noch in seiner ganzen Herrlichkeit gesehen. Glückstrahlend hatte es die Mutter der Ahnfrau in den Arm gelegt, und diese vergaß beim Anblicke ihres Urenkelkindes alle Schrecken und Drangsale der vergangenen Monate. Ja, es zog sogar ein Gefühl des Friedens und der Beruhigung durch die Brust, als sie in die unschuldigen Kinderaugen blickte, die ihren Anteil an der Schönheit und den Freuden dieser Welt zu fordern schienen. War er doch auch ein berechtigter Erbe alles dessen, was die Menschheit auf ihrer vieltausendjährigen Wanderschaft im Schweiße ihres Angesichtes erkämpft und errungen hatte — vielleicht der letzte Erbe einer tausendjährigen Kultur. Alles, was da war und entstand und sich entwickelte, was in Millionen Gehirnen zur Erkenntnis oder zur künstlerischen Ausgestaltung drängte, war mit den Kindern dieser Epoche abgeschlossen, zu ewigem Stillstand verdammt — das ungeheuere Erbe ein nutzloses Spielzeug in der Hand eines lallenden Kindes!

Doch diese Erwägungen vermochten in den Eltern und Großeltern die Freude an dem Seienden nicht zu verkümmern. Auch die Vögel bauten ihre Nester, und der Baum vor dem Hause setzte Blüte an Blüte, ja, es schien, als ob sich der Lebensdrang aller Kreatur verzehnfacht hätte, als ob sich alles, was da noch im dumpfen Entfaltungsdrange schlummerte, zum letzten Appell hervordrängen wollte. — —

Denn die Sonne schien noch warm; aber allmählich wurde es den Erdenkindern zur traurigen Gewißheit, daß die Lebensweckerin und Allerhalterin verblaßte, daß die große Wärmespenderin mit ihren Gaben immer haushälterischer wurde. Der gewaltthätige Begleiter unserer Erde hatte nicht die Absicht, sich in unserem Sonnendistrikte häuslich einzurichten; er strebte vielmehr darnach, seine Gesponsin, die Erde, auf seinem freien, ungebundenen Wanderleben im Weltenraume mitzunehmen. So leicht ging dies allerdings nicht; denn die Erde leistete, dem Trieb der Selbsterhaltung folgend, mit den ihr innewohnenden Urkräften mächtigen Widerstand. Aus diesem Kräftespiel ergab sich aber doch der endgiltige Sieg des gewaltigen Gestirns. Die Erde wurde aus ihrer Bahn gedrängt und bewegte sich nicht mehr in einer elliptoiden Linie, sondern in der Form einer aufgerollten Spirale um die Sonne, wobei sie sich von ihrer Lebensspenderin immer mehr entfernte. Mit der Entfernung nahm auch die Wärmemenge ab, und von da an machte der Erkaltungsprozeß der Erde mit mathematischer Genauigkeit seinen Fortschritt. Auch das Licht der Sonne nahm bedeutend ab, und selbst um die Mittagszeit waren ihre Strahlen matt und glanzlos, als ob sie durch eine Wolkenschichte abgeschwächt würden. Das Aussehen der Menschen und Dinge wurde dadurch in unheimlicher Weise beeinflußt; die Blätter der Bäume und Sträucher, sowie das Gras der Wiesen verloren ihre grüne Farbe. Der Buchenwald zeigte ein mattes Grau wie das Olivenlaub, und die Wiesenflächen waren anzusehen, als ob eine dichte Staubschichte darüber lagerte; der Farbenschmelz der Blüten und Blumen war verschwunden, und selbst der Menschen Antlitz wurde aschfahl.

Der Abend zeigte statt des Mondes eine Anzahl hellleuchtender Klümpchen, die über einen großen Teil des Firmamentes ausgebreitet waren. Das waren die Trümmer des einstigen treuen Begleiters unserer Erde. In immer engeren Bahnen umkreisten diese Trümmer die Erde; denn je mehr sich diese von der Sonne entfernte, desto größer wurde die Anziehungskraft, die sie auf die kosmischen Körper ihrer Umgebung ausübte. Zuletzt stürzten einzelne dieser Trümmer auf die Erde nieder und erzeugten Katastrophen, gegen die alle Elementar-Ereignisse, welche die Erdgeschichte kennt, unbedeutende Erscheinungen waren. Der erste dieser Mondpartikel fiel in den indischen Ocean. Obwohl es nur ein verschwindend kleiner Teil des ehemaligen Erdtrabanten war, so erzitterte doch die ganze Erde in ihren Grundfesten. Die ungeheuere Welle, welche der Einschlag des in den Ocean eindringenden Körpers verursachte, riß alles mit sich fort, was in den Bereich ihrer verheerenden Wirkung kam. Bergehoch stürmte sie gegen das Festland, überschwemmte in wenigen Stunden Ostindien, die Sunda-Inseln, Malakka und machte erst vor der gewaltigen Felsenmauer des Himalaya Halt. Vor dieser Sintflut gab es keine Flucht, keine Rettung. Tausendjährige Kulturen wurden in wenigen Stunden vernichtet, alles Lebende ertrank, volkreiche Städte waren nach dem Rücktritt der Wasser versandete und verschlammte Trümmerhaufen — die Wiege der Menschheit ein ungeheueres Leichenfeld! Durch das Eindringen des kosmischen Körpers wurden die vulkanischen Kräfte des Erdinneren rege. Über die ganze Erdrinde pflanzten sich die Erschütterungen fort, zahllose Städte und Ortschaften lagen in Schutt und die Bewohner unter ihren Trümmern begraben. An tausend Orten öffneten sich Feuerschlünde, die ihre glühende, zähflüssige Lava nach allen Seiten ergossen. War die Menschheit schon durch die veränderte Mischung der Atmosphäre decimiert worden, so schrumpfte ihre Zahl noch mehr zusammen durch die eben geschilderten ungeheueren Verheerungen, welche die aufrührerischen Elemente verursachten. Viele raffte der Schreck dahin — andere aber trotzten mutig allen Ereignissen. Den Tod als etwas Selbstverständliches erwartend, waren ihre Nerven gestählt gegen die entsetzlichen Phänomene, welche sie in fast ununterbrochener Folge erleben mußten. Ja, ein gigantischer Trotz erfüllte die Überlebenden, und nur zwei Triebe arbeiteten mächtig in ihnen. Sie wollten bis in die denkbar letzten Phasen das ungeheuer erhabene Schauspiel einer sterbenden Welt als letzte Zuschauer ansehen, und sie wollten die Spuren ihres Daseins diesem durch endlose Räume fliehenden Leichenfelde eingraben — denn ihre letzte Hoffnung gaben sie nicht auf, daß nach Jahrtausenden vielleicht neues Leben auf der alten Erde grünen würde. Dann sollten die Monumente, welche sie errichten wollten, von einer versunkenen Welt erzählen. — So flackerte der Erhaltungstrieb der Gattung noch einmal auf und spannte die Muskeln und Nerven der letzten Menschen, die inzwischen alles Grauen verlernt hatten, zu unerhörten Leistungen an. Es galt zunächst, Licht und Wärme, die in konstanter Abnahme begriffen waren, künstlich zu ersetzen.

In letzter Stunde sozusagen wurde noch eine vereinfachte Methode entdeckt, das Wasser in seine beiden Elemente, Wasserstoff und Sauerstoff, zu zerlegen und die weißglühende Flamme des Wasserstoffes durch den Sauerstoff zur höchsten Licht- und Wärmeleistung anzustacheln. Ungeheuere Wärmehäuser von meilenweiter Ausdehnung wurden errichtet und Gewächse aller Art durch dieses künstliche Mittel zum Wachsen und Früchtetragen gebracht. Von den früheren, fabelhaft üppigen Ernten waren unermeßliche Vorräte aufgespeichert, und da die Menschenzahl auf einen geringen Prozentteil ihrer früheren Größe zusammengeschmolzen war, so gab es für die Überlebenden keine Sorge ums tägliche Brot. Mit fieberhafter Anstrengung arbeitete alles daran, durch gewaltige Bauten aus Metall und Granit unverwüstliche Spuren zu hinterlassen und durch die von Künstlerhand gemeißelten Darstellungen des verflossenen Kulturzustandes der alten Erde einen Geleitbrief mitzugeben für das dereinst wieder erwachende Leben. Man kehrte wieder zur Pyramide der alten Ägypter, als der einfachsten und dauerhaftesten Bauform, zurück; aber die vorgeschrittene Technik erlaubte die Konstruktion von Gebäuden mit gigantischen Formen. Das Innere dieser gewaltigen Pyramiden, deren Spitzen die Höhe des Eifelturmes überragten, wurde zu Museen alles dessen umgewandelt, was die Erde von ihrer ersten Jugend an bis zu ihren Sterbetagen hervorgebracht hatte. Da gab es ein ethnographisches, ein naturhistorisches, ein kunsthistorisches Museum; die eine Pyramide beherbergte in ihrem Innern eine ungeheuere Bibliothek, welche ein Kompendium des gesamten Wissens der Menschheit enthielt, eine andere Pyramide enthielt die dichterische Arbeit des Menschengeistes von Homer und Kalidasa angefangen bis auf die modernen Geister von der „fin du siècle“.

In den Marmorbergen von Carrara herrschte ein reges Leben; alle Nationen der Erde waren vereinigt, um, unterstützt von den vorgeschrittenen Mitteln der Technik, ein unerhört kühnes Werk zu schaffen. Einer der Berggipfel wurde an Ort und Stelle durch Dynamitsprengungen und durch die Arbeit ungeheuerer Bohrmaschinen in ein gigantisches Kunstwerk umgewandelt. Die Nationen Europas hatten sich geeinigt, aus dem Marmorberge die Züge Goethes herauszumeißeln, den man körperlich wie geistig als die vollendetste Verkörperung des Menschheitstypus erklärt hatte. So lange die Berge stehen und die Krisen der fieberdurchglühten Erde überdauern, wird auch sein Antlitz dem neuen Leben entgegenleuchten und sein Götterauge den Abglanz einstiger Menschengröße erkennen lassen.

Das alles und viel mehr, dessen Aufzählung Bände füllen würde, wurde in fieberhafter Hast vollendet; denn die Zeit war schon gemessen, in der die Menschheit noch in freier Luft verweilen konnte. Kalt und matt leuchteten die Strahlen der Sonne. Diese erschien dem Auge des Beobachters fast um die Hälfte kleiner. Es war ein Licht von der Intensität der Morgendämmerung. Die Erde war inzwischen dem Mars, der allnächtlich als leuchtende Scheibe von der vierfachen Größe des Mondes am Himmelsbogen aufstieg, in beträchtliche Nähe gekommen. In den letzten Wochen nahm die Distanz rapid ab, und die Fernrohre, welche sich nach dem ruhig in seinen Bahnen dahinrollenden Himmelsnachbar richteten, sahen erhabene, nie geahnte Wunder. Kontinente und Meere boten sich den erstaunten Blicken in größter Deutlichkeit dar, und mit der zunehmenden Annäherung gewahrte man die Spuren einer überaus reichen Kultur, die nur von intelligenten Geschöpfen hervorgebracht worden sein konnte. Mächtige, oft einige Meilen breite Meeresarme durchzogen die Kontinente; denn diese hatten weder Gebirge noch Flüsse. Die geradlinige Form der Meeresarme ließ darauf schließen, daß sie durch den Willen und die Arbeit von intelligenten Wesen entstanden waren.

Jetzt war die Distanz so gering, daß die größten Fernrohre die Landschaften des Mars bis auf wenige Kilometer Entfernung nahe bringen konnten. Man erblickte Riesenstädte mit Bauten von fabelhafter Größe und nie gesehenen Formen. Auf den Meeresarmen tummelten sich zahllose Schiffe und schwimmende Städte; phantastische Brücken überspannten in ungeheueren Bogen die mehrere Meilen breiten Kanäle, Hunderttausende von lebenden Geschöpfen standen auf freien Plätzen und auf den Plattformen der Gebäude und beobachteten die Erde, deren Erscheinungen und Kunstgebilde ihnen nicht minder wunderlich vorkommen mochten, wie uns die ihrigen. Sie bewegten sich wie wir; nur konnten sie sich auch nach Belieben in die Luft erheben und freischwebend, jedoch sehr langsam von einem Ort zum anderen gelangen. Sie waren entschieden höher organisiert als die Erdbewohner, was bei dem ungleich höheren Alter des Mars ja selbstverständlich ist. Man sah, sie suchten sich durch Zeichen mit den Erdbewohnern zu verständigen. Aus ungeheueren Reflektoren kamen Lichtzeichen hervor, die den Erdbewohnern erst nach langen Mühen verständlich wurden, trotzdem sie in der scharfsinnigsten Zeichensprache ausgedrückt waren. Man konnte übrigens daraus entnehmen, daß ihren höher entwickelten Sinnen die Erde und ihre Bewohner schon viel früher wahrnehmbar geworden waren, und daß sie ihre Versuche, sich mit den Erdbewohnern zu verständigen, schon oft wiederholt haben mußten. Die Gelehrten fanden endlich den Schlüssel zu dieser Zeichensprache. Die Bewohner des Mars entsendeten den irdischen Bewohnern brüderlichen Gruß und teilten ihnen mit, daß die Erde noch zehn Jahre lang sich von der Sonne entfernen würde, bis sie in die Nähe des Jupiters komme. Dieser gewaltige Planet werde den Kometen an seine Bahn fesseln; dadurch würde die Erde von ihrem gewaltthätigen Begleiter befreit und, ihren alten Attraktionsgesetzen folgend, in umgekehrter Spirallinie in ihre frühere Bahn zurückkehren.

Diese Nachricht der Bewohner des Nachbargestirns übte auf die Erdbewohner eine zündende Wirkung aus. Also winkte dem Erdengeschlecht doch noch ein Hoffnungsschimmer! Ungeheuere Freudenfeuer wurden angezündet und in geometrische Linien gebracht, um den Bewohnern des Mars die Bestätigung zu geben, daß ihre Mitteilung verstanden wurde. Die Menschen, welche durch all die Heimsuchungen der letzten Zeit gegen alle Schrecken der Elemente abgestumpft waren, wurden durch diese Nachricht, die ihnen den Schimmer einer Hoffnung ließ, elektrisiert. In ihren Augen leuchtete, seit langer Zeit zum erstenmale, ein Funke der Freude auf, die Begegnenden tauschten Händedrücke oder fielen einander um den Hals und weinten Freudenthränen. Es war ja keine Rettung für sie; denn die wenigen Millionen, welche die grauenvollen Umwälzungen noch verschont hatten, sie werden hinsiechen in der jahrelangen Nacht, in der Öde der ungeheueren Eiswüste — —

Aber eine kleine Zahl — vielleicht ein einziges Paar wird den allgemeinen Zusammenbruch überdauern, und ein neues Sonnengeschlecht wird erstehen, das mit weiser Ausnützung der großen Hinterlassenschaft seiner Ahnen neuen, erhabenen Zielen der Vollendung entgegenstrebt. —

Das ganze Interesse der Erdenbewohner konzentrierte sich jetzt auf die Beobachtung des Mars, dessen Riesenscheibe schon dem unbewaffneten Auge reiches Beobachtungsmaterial bot. Durch das Fernrohr angesehen, zeigte sie aber einen überwältigenden Anblick — eine wunderbar organisierte Welt, neuartig, seltsam, fremdartig gebildet, aber höher, kunstvoller, glücklicher gestaltet als das Leben unserer Erde — die Lebewelt des Mars zeigte den Erdbewohnern das entzückende Bild ihrer eigenen Zukunft. Der um vieles ältere Bruder im Planetensystem hatte schon seit vielen Jahrtausenden eine hohe Stufe der Entwicklung seiner Lebewelt erreicht. Das Ideal, dem alle Erdenbewohner in heißer Sehnsucht zugestrebt, schien in jener glücklicheren Welt schon seit langen, langen Zeiträumen verwirklicht zu sein.

Die Zeichensprache, welche durch Aneinanderreihen von riesigen Reflektoren mit buntfarbigen Lichtern bewerkstelligt wurde, war bald derart ausgebildet, daß die Erdbewohner größere Mitteilungen über die Lebewelt auf dem Brudergestirn empfangen konnten.

Zunächst erfuhren sie, daß die Bewohner des Mars durch die viel vollendeteren optischen Instrumente und durch andere photo-elektrische Hilfsmittel schon seit Jahrtausenden in der Lage waren, die Erde und ihre Bewohner aufs eingehendste zu studieren. Da ihre hochentwickelte Kultur auf Jahrtausende hinter unsere Zeitrechnung zurückreichte, so war die Beobachtung der Vorgänge auf unserer Erde die denkbar vollkommenste. In den bis auf das 15. Jahrtausend zurückreichenden Aufzeichnungen der Marsastronomen und seiner Himmelshistoriographen war jedes Ereignis, das sich auf der Erde während dieses Zeitraumes zugetragen, verzeichnet. Mit innigster Teilnahme verfolgten die Marsbewohner die Kämpfe und Umwälzungen, die blutigen Schlachten und grimmen Verfolgungen und all die unsäglich verhängnisvollen Irrtümmer, in denen die Erdenkinder befangen waren. Wie oft versuchten die Marsbewohner, ihre Weltenbrüder aus diesem unheilvollen Taumel der Verblendung und der Vorurteile herauszureißen — alle Versuche, Nachrichten auf die Erde gelangen zu lassen, scheiterten an den stumpfen Sinnen und den unvollkommenen Beobachtungswerkzeugen ihrer Bewohner.

Es ist unfaßbar für unser Vorstellungsvermögen, daß die Marsbewohner schon vor Jahrtausenden die Inschriften der Pyramiden lasen und entzifferten, daß sie unsere Baustile kannten, und Abbildungen der Erdbewohner in dem Anschauungsunterricht der Marsjugend eine große Rolle spielten; denn der physische und gesellschaftliche Zustand der Erdbewohner war für sie ein Spiegelbild einer längst entschwundenen, uralten Entwicklungsepoche und zugleich ein warnendes Beispiel der verhängnißvollen Folgen eines Rückfalles in längst überwundene, barbarische Zeiten.

Das goldene Zeitalter der höchsten Entfaltung aller Tugenden der Sitte und Nächstenliebe und damit die Empfindung eines harmonischen Glücksgefühls, ein Zustand, den sich die Erdbewohner in ihren schönsten Phantasien ausgemalt, war dort oben auf dem Mars seit langen Zeiten stabilisiert.

Nach den Mitteilungen der Marsbewohner gab es dort in Folge der hochentwickelten Erkenntnis der Natur und ihrer geheimsten Wirkenskräfte keine Gegensätze, keinen Kampf und Streit. Die Erkenntnis des höchsten Wesens und die Erforschung seiner erhabenen Eigenschaften führte zu einem abgeklärten, hehren, über alle kleinlichen Vorstellungen erhobenen Gottesbegriff, daß der Zweifel verstummte und die dogmatischen Haarspaltereien der Sekten gegenstandslos wurden. Über ihre Gesellschaftsordnung berichteten sie in den folgenden lapidaren Sätzen:

Jeder Marsbürger ist vollberechtigter Erbe alles dessen, was die Marsoberfläche mit dem befruchtenden Sonnenstrahl hervorbringt, und alles dessen, was die vorangegangenen Geschlechter den Epigonen hinterlassen haben, also des gesamten geistigen und materiellen Besitztums. Die befruchtende Sonne und die gebärende Scholle haben ihre Gaben gleichmäßig verteilt, und jeder Marsgeborene ist Mitherr und Mitgenießer dieser Gaben. — Da alle Marsbewohner Brüder und Schwestern sind, aus denselben Elementen hervorgegangen und an denselben Stern gebunden, so giebt es auch keinen anderen Unterschied zwischen ihnen als den des Alters und der hervorragenden Kenntnisse.

Diese Grundgesetze der Gesellschaft sind jedem Marsbewohner eingeboren, wie der Glaube an ein höchstes, allerhaltendes, unendlich gütiges Wesen, das sich in allem Leben offenbart und das zu lieben das einzige Gebot der Marsbürger ist. Das Ganze und das Einzelne ist aber ein Einziges, und alle Wandlungen sind nur Schein, welche den Kern der Sache nicht treffen. Die Marsbewohner werden zwar geboren und sterben; aber sie erneuern sich immer wieder; sie verlieren ihr Ich, verändern aber nur die Form, um am Urwesen aller Dinge weiterzuleben und weiterzubauen. Deshalb erscheint ihnen der andere als ihr eigenes Selbst, das nur dem ewigen Erscheinungswechsel unterworfen ist. Du bist in allem, und alles ist in dir. Dein kleines Ich ist nur ein Tropfen, der von der Welle des Lebens für kurze Augenblicke emporgeschleudert wird aus dem ewigen Meere des Seins. Nicht länger dauert diese Trennung, als der Tropfen braucht, um wieder in den Ozean zurückzufallen. So sind die Marsbewohner mit ihrem Gotte eins, und so sind sie mit ihrem Nächsten eins. Ihr Ethos, ihr Sittengesetz baut sich auf dieser festen Grundlage auf: alles Lebende ist ein einziges Wesen, und alle Erscheinungen sind Teile dieses Wesens. Die Glückseligkeit besteht darin, dieses Urwesen aller Dinge von Schmerzen zu befreien. Wie ist das anders möglich, als daß alle lebenden Wesen von Schmerzen frei sind! Ich muß also für den anderen sorgen und ihn lieben, um mich selbst zu befreien; denn dieser andere bin ja ich in millionenfacher Wiederholung. Jeder einzelne ist nur ein kleines Glied des großen Körpers, und all der unsägliche Jammer, welcher die Organe dieses Körpers trifft, wird auch von uns empfunden, wenn wir eingehen in das ewige Leben, d. h. wenn unsere Einzelexistenz erlischt. Das dunkle Gefühl des Mitleids deutet darauf hin, daß wir mit unbekannten höheren Organen zusammenhängen mit dem großen Werden und Vergehen außer uns.

Die tausendjährige Aufgabe der Marsbewohner bestand darin, den anderen von Schmerz zu erlösen. Die Naturwissenschaften lieferten die Mittel, die Körper der Marsbewohner immer mehr zu vervollkommnen, die Krankheiten aus der Welt zu schaffen, die physische Kraft und das Wohlbefinden, sowie die Schönheit des Körpers zur höchsten Entfaltung zu bringen. Es giebt auf dem Mars keine Krankheiten mehr. Die Bürger des Mars werden hundert Marsjahre alt, das ist fast zweihundert Erdenjahre; dann stumpfen sich ihre Sinne ab, ihr Interesse am Dasein erlischt, und im heiteren Kreise der aufblühenden Jugend, umgeben von liebenden Verwandten, verdämmert ihr Einzelleben in das große, flutende Meer alles Seins. —

Die hohe Vollendung der Maschinentechnik, die Ausnützung des Lichtes, der Elektrizität und des Magnetismus haben die körperliche Arbeit der Marsbewohner auf ein Minimum reduziert. Zehn Marsjahre hat jeder Marsbürger zu arbeiten oder zu dienen, die zehn jugendkräftigsten Jahre seines Lebens; dann nimmt auch er teil an den Schätzen und Genüssen der Gesamtheit. — —

Mit unendlicher Sehnsucht blickten die Erdenbewohner zu dem glücklichen Gestirn hinauf, von dem ihnen solche Offenbarung kam. O könnten sie zurück, noch einmal zurück in ihr sonniges Paradies! Wie anders würden sie dann ihr Leben gestalten! In selbstloser Eintracht und Liebe würden sie mit den Gütern der Erde schalten, als Brüder und Schwestern würden sie wandeln Hand in Hand, wie im Garten Eden. Zu spät, zu spät! Sie hatten ihr Erbe verschwendet und ihr Leben vergeudet in Haß und Zänkereien — sie, die auf einem glücklichen Stern zur herrlichsten Lebensentfaltung, zur schönsten Eudämonie geboren waren! — — —

Nur wenige Tage dauerte die Nähe des herrlichen Gestirns und seiner edlen Bewohner. Mit nimmersatten Blicken schauten die Erdenbewohner in diese harmonische Welt des Glückes und der höchstentwickelten Lebensfreude — dann mußte Abschied genommen werden. Wie zwei Schiffe befreundeter Nationen, die sich im Weltmeere begegnen und freundliche Grüße miteinander tauschen, segelten die beiden Welten aneinander vorüber. Mit unsäglicher Wehmut sahen die Erdbewohner, wie sich der Zwischenraum allmählich wieder zu vergrößern anfing. Auf Nimmerwiedersehen, Ihr edlen Brüder einer fremden Welt! so lautete das Lichtsignal, welches die Erdenkinder ihren glücklichen Freunden gaben. Auch auf dem Mars wurde eine starke Bewegung sichtbar. Signale flammten auf, die Kanäle erglänzten in blendendem Licht, und große Feuerkugeln, die in der Höhe zersprühten, formten sich zu Abschiedsworten! — Lautlos segelte der Stern vorüber. Kein Schall, keiner Stimme Laut drang zur Erde nieder. Aber die Herzen der Erdenkinder quollen über; denn sie fühlten den Strom der Liebe, der das All verbindet, herüberfluten, und süße Wehmut erfüllte ihr Gemüt. Ade — ade — Ihr Erdenkinder! so schien es ihnen herabzuklingen — ade, Ihr Brüder einer fremden Welt! Und eine wohlthuende Wärme durchströmte die Seele des Menschen. Wir sind verbunden mit dem All! Keine Vernichtung. Nicht nur die Menschen sind Brüder, nein, höhere Wesen anderer Gestirne nehmen teil an unserem Geschick und weinen ihren Weltenbrüdern Thränen nach! Ade — ade! Mählich verblaßten die Gegenstände auf dem Gestirn. Kleiner und kleiner wurden die Details, und bald vermochten auch die schärfsten Fernrohre nichts mehr zu unterscheiden als die Umrisse der Kontinente. —


V.

Das große Nichts.

Eine mondlose Sternennacht. In dämmernden Umrissen sieht man Bergkonturen und Wälder — laublose Wälder, Skelette von Bäumen — kein Strauch, kein Halm! Kein Laut regt sich in den Lüften, der Vögel Lieder sind verstummt, wie das Murmeln des Baches. Flüsse und Seen sind zu Eis erstarrt. Im Ozean treiben ungeheuere Blöcke von Eis, die sich zu großen Inseln zusammenschweißen. Ein Stern, größer als die anderen, leuchtet über dem Horizonte. Es ist die Sonne. So klein, so matt ihre Strahlen. Ein großer Berg in der Nähe der Stadt, welche der Schauplatz der früheren Schilderungen war, entwickelt eine eruptive Thätigkeit. Ein glühender, leuchtender Lavastrom wälzt sich träge über den Abhang. Von Zeit zu Zeit werden mächtige Felsblöcke aus dem Innern des Berges emporgeschleudert. So grauenhaft dieser Anblick ist, so wirkt er doch mildernd auf das Bild des Todes und der allgemeinen Erstarrung. Dumpfes Dröhnen und Donnerschläge, mächtige Feuergarben und weißglühende Bäche, das scheint das einzige Leben der Erde zu sein. Doch nein noch regt sich Leben.

In einer der vielen Krateröffnungen, welche sich in ihrer Thätigkeit erschöpft zu haben schienen, kauerte ein Mann und sah mit verlorenem Blicke in die rotglühende Masse des sich träge dahinwälzenden Lavastromes in seiner Nähe. Das Haupt in die Hand gestützt, saß er da und schien in tiefes Brüten versunken. Zu seinen Füßen kauerte ein Knäblein von kaum fünf Jahren. Es hatte das blonde Lockenköpfchen auf das Knie des Vaters gelehnt und schlief mit der glücklichen Ruhe des Kindesalters. Es schien zu träumen; denn es lächelte vergnügt und murmelte dazu unzusammenhängende Worte: „Schau die schöne Wiese! — Lass’ mich ihn haschen, den buntfarbigen Schmetterling!“

Schmerzbewegt erwachte der Mann aus seinem Brüten; er blickte um sich. Ringsum erhoben sich starrende Felsmassen, vom Reflexe des rotglühenden Lavastromes beleuchtet. Sonst tiefe Finsternis um ihn her. Nur über seinem Haupte leuchteten die Sterne; darunter ein hellleuchtender von größerer Pracht als alle übrigen: die Sonne! Eine große, mattglänzende Scheibe am nördlichen Sternenhimmel war der mächtige Jupiter. Ihm strebte die Erde zu, und von ihm sollte ihr Erlösung werden. Ob das ein Staubgeborener noch erleben wird? —

Der Maler Erwin, der mit seinem Söhnchen den Kraterschlund und seinen heißen Brodem aufgesucht hatte, um sich vor der allgemeinen Erstarrung zu retten, gehörte zu den wenigen Überlebenden. Das Menschengeschlecht war bis auf eine verschwindend kleine Zahl zusammengeschmolzen. Was nicht die zahlreichen Katastrophen, was Schreck und Krankheit nicht hinweggerafft, das ging in der allgemeinen Erstarrung zu Grunde. Die Erde hatte sich in das kalte Leichentuch der Vereisung gehüllt, und all die verzweifelten Versuche der Menschheit, dagegen anzukämpfen, erwiesen sich als machtlos. Zuletzt waren die Werkzeuge den schlaffen Händen entsunken, die Glieder ermattet. Der menschliche Geist gab jeden Widerstand auf. In stumpfer Apathie sanken sie zu Tausenden dahin, bevor der letzte Akt des erschütternden Dramas zu Ende gespielt war.

Erwin hatte sie alle überdauert. Mit dem Griffel in der Hand war er den Ereignissen gefolgt, und während sie hinsanken an seiner Seite, hatte er mit stoischer Ruhe alle Phasen des gewaltigen Erdendramas aufgezeichnet. Alle waren sie heimgegangen, mit denen er durch Bande des Blutes oder der Freundschaft verbunden war — zuletzt sein teures Weib. Das schwache Knäblein auf seinem Knie hatte er ängstlich gehütet und gepflegt und mit seinem Herzblut erwärmt. Mit äußerster Kraftanstrengung hatte er den Gipfel des Vulkans erklommen und im Krater Schutz gesucht.

Ein unsägliches Grauen erfaßte ihn. Waren er und sein Knabe die Letzten von den Staubgeborenen? Und wenn auch ihn die kalte Hand des Todes berührte, was sollte aus dem armen Kinde werden, das friedlich in seinem Schoße schlummert und von blumigen Wiesen und bunten Faltern träumt? — Wie dann, wenn die Erde wieder zurückkehrt in ihre leuchtende Sonnenbahn, und er könnte seinem Knaben nicht zur Seite stehn? — Der Herr der Welt — vielleicht der einzige Erbe einer gewaltigen Kultur — ein lallendes Kind! —

Da vernahm er, wie sich vom Rande des Kraters Steine losbröckelten und in die Tiefe kollerten. Ein menschliches Wesen kletterte herab in die Felsenhöhlung des Kraters. Erwins Herz klopfte freudig. Es war ihm ein unsäglicher Trost, nicht mehr allein zu sein im großen Sterbehause der Natur. Im fahlen Scheine des Lavastromes erkannte er in dem Herabkletternden die Züge des Professors Holberg. Aber welche Wandlung war mit ihm vorgegangen! Sein Gewand war zerrissen, sein weißer Bart wallte bis zum Gürtel herab, die Haare hingen wirr in die Stirn, und in den rotumränderten Augen mit dem irrenden Blick saß der Wahnsinn. Mit freundlichem Grinsen trat er auf Erwin zu und schlug eine helle Lache auf: „Hahaha! Noch ein Erdenwurm, der sich’s überlegt, hinüberzusegeln ins große Nichts! Na, wird’s bald, Gevatter? Wie lange soll ich noch warten? Habe keine Zeit zu verlieren, und mich friert bis in die Knochen — hihihi! Bin ja Ahasver, der ewige Jude. Jetzt bin ich am Ziele. Aber das sträubt sich und thut sich, als hoffte es noch immer. Die zähe Menschenbrut! Macht einen dicken Strich unter Eure Aufzeichnungen . . . Was soll der Spaß? Wollt Ihr Eure Weisheit einschmuggeln in die Welten, die erst nach Aeonen zu knospen anfangen werden? — Nichts da — zu Asche verbrannt wird alles sein, was Ihr geschaffen. So billig als Ihr es ihnen vermeint, werden es die nicht haben, die nach uns kommen werden. Granite und Basalte werden dahinschmelzen in der großen Lohe, und dann wird die Erde wieder ein weißes Blatt sein. Versucht es, Ihr Kommenden, und dichtet ein besseres Menschheitsepos! —“

„Hihihi, der kleine Wurm; das soll wohl der Herr der Erde werden; den glaubt Ihr dem Tode unter der Nase wegescamotieren zu können? Köstlich gedacht. Eine groteske Marotte! Und ich muß dafür büßen. Ich, der ewige Jude! Ich brenne vor Begierde, in den Feuerschlund zu springen; aber es würde mir nichts nützen. Ich muß ja der Letzte sein, der Allerletzte. D’rum laßt mich warten, hier zu Euren Füßen, bis es Euch gefällt, mir voranzugehen. Die Zeit, die Zeit! — Ich weiß was zu erzählen von ihrer aufdringlichen Beharrlichkeit. Man hat sie ja immer vertrieben — die Menschen wußten selbst mit der kurzen Spanne Zeit, die ihnen vergönnt war, zu leben, nichts anderes anzufangen, als sie zu vertreiben. Also vertreiben wir uns die Zeit mit Würfelspiel. Würfeln wir um die Länder der Erde! Sie sind ja unser unbestrittenes Eigentum; wir sind die einzigen gesetzlichen Erben. Ich setze Frankreich, das schöne Land der Freiheit und der Brüderlichkeit. Hahaha! Zwei Augen nur? — Verloren. Was thut’s? Ich hab’ noch andere Kronen in meinem Bettelsack — —“

So schwätzte der Alte seine wahnwitzigen Reden fort, bis ihn der Schlaf übermannte. —

Und Erwin drückte sein Kind an sich, blickte hinauf zur Sternennacht! Lange sah er zu den still leuchtenden Welten empor, die in ihrer hohen Gesetzmäßigkeit Frieden, Freiheit und Glück zu verbürgen schienen.

Ein Stäubchen verweht, flammt auf, und deshalb wird der wunderbare Weltenbau nicht um Haaresbreite verrückt. Was war, das ist! Zeit ist nur Form unserer beschränkten Sinnenwelt. Unvergänglich und ewig ist alles im All! Und in einem höchsten Wesen fließen alle Intelligenzen wieder zusammen zu höherem Schauen und höherem Erkennen! —

Und der Knabe in seinem Schoße flüsterte wieder traumbefangen: „Horch, wie das Vöglein singt!“ — Und Erwin schloß die Augen, und das flutende Licht, das sein physisches Auge schon lange nicht geschaut, strömte durch seine Seele. Und es wurde heller in ihm — er sah wogende Ährenfelder, er sah die Lerche, die sich tirilierend in den Äther erhob, und weißschimmernde, freundliche Hütten ragten aus den Bäumen hervor, und bläulicher Rauch stieg aus ihren Schornsteinen empor.

Und frohe Menschen arbeiteten auf den Feldern, und er hörte den hellen Klang der gedängelten Sensen — dann drang der feierliche Glockenklang an sein Ohr, und stumm legte jeder seine Arbeit zur Seite, und die Mützen in der Hand, blickten sie der scheidenden Sonne nach, und ihre Lippen bewegten sich in Andacht. —

Ein beseligendes Gefühl der Wärme und der Behaglichkeit durchströmte seine Adern, und froh und leicht hob sich die Brust. Es war, als ob das Glück und der Friede nach langer, beängstigender Herzensqual wieder einzögen in seine Brust. — Wie Osterglocken, glückverheißend, klang es in seinem Ohr. Da konnte er sich’s nicht versagen, die Augen ein wenig zu öffnen. —

Was war das? Durch die weißen Gardinen drang die Sonne in sein Schlafzimmer herein. Von der Gasse herauf hörte er helles Kinderlachen; dazwischen vernahm er den ächzenden Laut einer Säge. Ja, das ist deutliche, prosaische Wirklichkeit. Das ist sein Schlafzimmer, und das liebliche Antlitz, das sich jetzt thränenbetaut über ihn beugt, ist das seiner holden Braut.

Und jetzt hört er auch die schrille Stimme des Professors Holberg: „Na, jetzt kann ich Ihnen mit einiger Sicherheit die Mitteilung machen, daß unser Freund gerettet ist. Der Fieberparoxysmus ist geschwunden. Der Puls schlägt wieder weich und regelmäßig. Das Sensorium ist frei. Und sehen Sie, jetzt drückt er mir schon die Hand. Na, lieber Freund, erkennen Sie uns? — Sie müssen schöne Felsstücke von Ihrer Brust gewälzt haben; denn was Sie in den Wochen Ihrer Fieberthätigkeit für phantastische Reden gehalten haben, das geht in keinen Wald hinein.“

Erwin versuchte, sich von seinem Lager zu erheben. Er vermochte es nicht. Glückstrahlend sah er in das Antlitz seiner Braut, freundlich nickte er ihrem Vater und ihrer Großmutter zu und flüsterte: „So war das Alles, was ich geschaut und erlebt, nur Fieberphantasie! Wie dank’ ich dem Geschick dafür! Öffnet die Fenster! Ich will meine liebe Frühlingssonne wiedersehen!“

Verlag von Adolf Bonz & Comp. in Stuttgart

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— Es war einmal . . . Moderne Märchen. Mit Illustrationen von verschiedenen Künstlern. 2. Auflage. 8°. Geheftet M 3.—, hochelegant gebunden M 4.20.

— Die Fackeljungfrau. Eine Bergsage. Mit Illustrationen von A. Seligmann. 8. Geheftet M 3.—, hocheleg. geb. M 4.20.

— Der Herrgottschnitzer von Ammergau. Eine Hochlandsgeschichte. Mit Illustrationen von Hugo Engl. 3. Auflage. 8°. Geheftet M 3.—, hochelegant gebunden M 4.20.

— Der Kläger von Fall. Eine Hochlandsgeschichte. Mit Illustrationen von Hugo Engl. 3. Auflage. 8°. Geheftet M 3.50, hochelegant gebunden M 4.50.

— Der Besondere. Eine Hochlandsgeschichte. Mit Illustrationen von Hugo Engl. 2. Aufl. 8°. Geheftet M 3.—, hocheleg. geb. M 4.20.

— Almer und Jägerleut’. Hochlandsgeschichten. Mit Illustrationen von Hugo Engl. 2. Auflage. 8°. Geheftet M 4.—, hochelegant gebunden M 5.—

Hevesi, Ludwig, Die Althofleute. Roman. Illustriert von W. Schulz. Geh. M 3.—, hocheleg. geb. M 4.20.

— Regenbogen. Sieben heitere Geschichten. Mit Illustrationen von Wilhelm Schulz. 8°. Geheftet M 3.—, hocheleg. geb. M 4.20.

Steub, Ludwig, Die Rose der Sewi. Eine ziemlich wahre Geschichte aus Tirol. Mit Illustrationen von Hugo Engl. 2. Auflage. 8°. Geheftet M 3.—, hochelegant geb. M 4.20.

Dillinger, Hermine, Aus unserer Zeit. Geschichten. 2. Auflage. Illustriert von C. Liebich. Geh. M 3.—, hocheleg. geb. M 4.20.