Title: Das Mikroskop und seine Anwendung
Author: Hermann Hager
Release date: March 10, 2015 [eBook #48450]
Language: German
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EIN
LEITFADEN BEI MIKROSKOPISCHEN UNTERSUCHUNGEN
FÜR
APOTHEKER, AERZTE,
MEDICINALBEAMTE, KAUFLEUTE, TECHNIKER,
SCHULLEHRER, FLEISCHBESCHAUER
ETC.
VON
Dr. HERMANN HAGER.
SECHSTE DURCHGESEHENE UND VERMEHRTE AUFLAGE.
MIT 231 IN DEN TEXT GEDRUCKTEN ABBILDUNGEN.
BERLIN 1879.
VERLAG VON JULIUS SPRINGER.
MONBIJOUPLATZ 3.
Seit ungefähr fünf Jahren hat das Mikroskop aufgehört ausschliesslich ein Instrument des Naturforschers zu sein. Es hat sich seit dieser Zeit nicht nur als ein unentbehrliches Hilfsmittel denen erwiesen, welche in ihren Berufsgeschäften in die Lage kommen, die Güte der Lebensmittel und der Waaren zu prüfen, oder welche bei ihren Studien naturwissenschaftliche Kenntnisse sammeln müssen, es hat sich sogar heutigen Tages in dem gewöhnlichen Verkehrsleben und der Hauswirthschaft unentbehrlich gemacht, indem nur durch das Mikroskop trichiniges Fleisch zu erkennen ist und wir uns damit vor der schrecklichen Trichinosis zu schützen vermögen.
Weil die Beschaffung eines Instruments, welches von ungemein verschiedener Güte und von niedrigem und hohem Preise in den Handel kommt, dem Nichtkenner Schwierigkeiten bietet, insofern diesem jede Beurtheilung abgeht, andererseits der Nichtkenner auch ein langes, zeitraubendes und anstrengendes Versuchen daran setzen muss, ehe er mit dem Mikroskop kunstgerecht umzugehen und nutzbringend zu arbeiten versteht, so habe ich es unternommen, diesen kurzen Leitfaden zum Kennenlernen, Prüfen und Gebrauch dieses Instruments der Oeffentlichkeit zu übergeben.
Da im Ganzen dieser Leitfaden nur für diejenigen bestimmt ist, welche das Mikroskop und dessen Gebrauch noch nicht verstehen und dennoch zuweilen in die nothwendige Lage kommen, dies Instrument gebrauchen zu müssen, so[S. iv] empfehle ich denen, welchen voraussichtlich der Gebrauch des Mikroskops einen Theil ihrer Studien ausmacht, sich mit den grösseren Werken über dasselbe Thema bekannt zu machen. Dem angehenden Naturforscher empfehle ich z. B. das Mikroskop, Theorie, Gebrauch, Geschichte und gegenwärtiger Zustand desselben von P. Harting, Prof. in Utrecht. Deutsche Original-Ausgabe von Dr. Fr. Wilh. Theile; Braunschweig, Verlag von Vieweg und Sohn; — dem Mediciner: das Mikroskop und die mikroskopische Technik von Dr. Heinrich Frey, Prof. der Medicin in Zürich; Leipzig, Verlag von Wilh. Engelmann; — dem Botaniker: das Mikroskop und seine Anwendung, insbesondere für Pflanzen-Anatomie, von Dr. Herm. Schacht; Berlin, Verlag von G. W. F. Müller.
Dass die behufs des Kennenlernens mikroskopischer Objecte am Schlusse dieses Leitfadens gegebenen Beispiele, von denen mehrere dem praktischen Leben entnommen sind, keineswegs Anspruch auf wissenschaftlichen Werth machen sollen, darf ich wohl mit Hinweis auf den geringen Umfang dieser Schrift und ihren sehr geringen Preis nicht erst versichern.
Berlin, im Februar 1866.
Der Verfasser.
Diese sechste Auflage hat eine nicht geringe Vermehrung erfahren. Unter anderem wurden den nöthigen Anweisungen zur mikroskopischen Untersuchung der Nahrungs- und Genussmittel, besonders der Gewürze und deren Verfälschungsmittel, nebst den dazu gehörigen mikroskopischen Bildern ein Platz angewiesen, um auch den Anforderungen derjenigen zu genügen, welche mit der Untersuchung der Nahrungs- und Genussmittel beauftragt werden. Dadurch erhielt diese Auflage eine Vervollständigung, welche dem praktischen Werthe des Buches nur dienen dürfte. In der Erwartung, dass diese Vermehrung des Inhaltes, obgleich nur im engen Rahmen, dennoch als eine zeitgemässe anerkannt werde, bitte ich auch für diese neue Auflage um eine nachsichtige Aufnahme.
Pulvermühle bei Fürstenberg a./Oder,
im December 1878.
Der Verfasser.
Seite | |
Mikroskop, zusammengesetztes, was darunter verstanden wird. Linsen, Sammellinsen, Zerstreuungslinsen | 1 |
Brennpunkt (Focus), Brennweite (Focaldistanz) | 2 |
Sehwinkel | 3 |
Accommodationsvermögen des Auges. Deutliche Sehweite | 4 |
Vergrösserung eines Gegenstandes durch eine Sammellinse | 5 |
Loupe. Einfaches Mikroskop | 6 |
Spiegelmikroskop. Zusammengesetztes Mikroskop in seiner einfachen Zusammensetzung und seine Wirkung | 7 |
Einstellung, grobe, feine | 10 |
Mikrometerschraube | 10 |
Aberration, sphärische | 12 |
Aberration, chromatische | 13 |
Doppellinse | 13 |
Doppellinse, überverbesserte, unterverbesserte, aplanatische | 14 |
Penetrirende, resolvirende Kraft des Mikroskops | 14 |
Collectivlinse, ihre Wirkung | 15 |
Objectiv | 16 |
Centrirung der Linsen | 17 |
Ocular, negatives, positives, orthoskopisches | 18 |
Linsensysteme, ihre Bezeichnung. Tubuslänge | 20 |
Beleuchtung des Objects | 22 |
Blendungen | 23 |
Drehscheibe | 24 |
Cylinderblenden. Condensor | 24 |
Mikrometer | 26 |
Objectgläser | 28[S. vii] |
Deckgläser | 29 |
Immersionsverfahren | 30 |
Compressorien, Schiek’s, Hager’s Compressorium | 31 |
Klemmfeder. Zeichnenprisma | 33 |
Mikroskopmodelle | 36 |
Trommelmikroskope | 39 |
Taschenmikroskop. Hager’s Compressor-Mikroskop | 39 |
Polarisationsmikroskop. Stärkemehlkörnchen im polarisirten Lichte | 42 |
Das Mikroskop als saccharimetrisches Instrument | 45 |
Ankauf und Prüfung eines Mikroskops | 48 |
Probeobjecte | 51 |
Gebrauch des Mikroskops | 52 |
Luftbläschen und Röhren als mikroskopische Objecte | 56 |
Molekularbewegung. Molekularattractionsbewegung. Flimmerbewegung | 57 |
Mouches volantes. Scotomata | 58 |
Reinigung der Mikroskope und ihrer Theile | 59 |
Darstellung mikroskopischer Objecte | 61 |
Präparirgeräthschaften | 61 |
Behandlung der Objecte | 63 |
Aufbewahrung der Objecte | 65 |
Conservationsflüssigkeiten | 66 |
Objecthalter | 70 |
Flüssiger Leim | 71 |
Lacke, Firnisse | 71 |
Mikroskopische Objecte | 73 |
Die Zelle | 73 |
Mehl. Stärkemehlkörnchen | 76 |
Kleberkörnchen | 80 |
Mutterkornpilz | 81 |
Flugbrand | 86 |
Schmierbrand | 87 |
Arrow-root, Marantastärke | 87 |
Getreiderost. Grasrost | 90 |
Mehlmilbe. Weizenschlängelchen | 92 |
Kartoffelpilz | 92 |
Traubenpilz | 94 |
Gespinnstfasern | 95 |
Haare | 102 |
Gewürze, Pfeffer, Piment, Gewürznelken, Zimmt, Senf, Santelholz, Curcuma | 112 |
Blut | 134[S. viii] |
Haematin, Haemoglobin, Haemin, Haeminkrystalle, Haematinhydrochloratkrystalle | 138 |
Blutflecke | 139 |
Schleim. Eiter | 141 |
Lymphkörperchen oder Chyluskörperchen | 142 |
Gährpilz | 143 |
Auswurf bei Lungentuberculosis | 143 |
Sarcinien, Magensarcinie | 144 |
Kopfgrind, Favuspilz | 144 |
Soorpilz. Zungenbelegpilz | 145 |
Vibrionen | 146 |
Einige Oscillariaceen, Spermosireen, Chroococcaceen | 146 |
Diatomaceen | 148 |
Milch. Colostrum | 150 |
Butter | 153 |
Harn (Urin) | 154 |
Samenfädchen, Spermatozoën, Spermaflecke | 158 |
Flimmerzellen. Spermakörperchen | 159 |
Cercomonaden | 160 |
Parasiten des thierischen Körpers. Haarsackmilbe | 161 |
Krätzmilbe | 163 |
Trichinen | 163 |
Miescher’sche Körperchen, Psorospermien | 169 |
Schweinefinne. Bandwurm | 171 |
Räderthierchen | 175 |
Reblaus | 176 |
[S. 1] Das Instrument, dessen Einrichtung und Behandlung hier beschrieben und erklärt werden soll, ist dasjenige, welches von dem Physiker zusammengesetztes dioptrisches Mikroskop genannt wird und im gewöhnlichen Leben die einfache Bezeichnung „Mikroskop“ erhalten hat.
Mikroskop bedeutet Vergrösserungsglas, ein optisches Werkzeug, mit welchem man dem Auge Gegenstände, die wegen ihrer Kleinheit nicht sichtbar sind oder wegen ihrer Kleinheit undeutlich erscheinen, sichtbar und deutlich macht. Um für die Wirkungen und Leistungen dieses Instruments und dessen Beziehungen zum Auge, so wie für mehrere Kunstausdrücke, welche bei Besprechung der Mikroskope öftere Erwähnung finden, ein Verständniss zu erlangen, müssen wir aus der Optik einige wenige Punkte heranziehen.
Die Linsen werden als positive oder Sammellinsen und als negative oder Zerstreuungslinsen unterschieden. Zu den Sammellinsen gehören biconvexe (a), planconvexe (b) und der convergirende Meniscus (c); zu den Zerstreuungslinsen gehören biconcave (d), planconcave (e) und der divergirende Meniscus (f).[S. 2] Im Folgenden sind unter dem Namen Linsen gemeiniglich biconvexe oder planconvexe, also Sammellinsen gemeint.
Treffen die Strahlen (ac, Fig. 3) eines fernliegenden Punktes parallel mit der optischen Axe bp z. B. auf eine planconvexe Linse, so gehen sie durch diese bis zur convexen Seite ungebrochen hindurch, werden dann aber an ihrem Austrittspunkte e von dem Einfallslothe le hinweggebrochen und zwar nach der Axe bp zu und sie durchschneiden dieselbe an dem Punkte o. Dieser Punkt o heisst der Brennpunkt (Focus) der Linse und die Entfernung dieses Punktes von der Linse, also of, heisst die Brennweite (Focaldistanz) dieser Linse. Die Brennweite wurde bisher von den Optikern nach Pariser Zollen, jetzt wird sie nach Centimetern oder Millimetern gemessen.
Bei einer biconvexen Linse, wie wir sie in jeder einfachen Loupe vor uns haben, findet eine zweimalige Brechung der Strahlen statt. Die parallel mit der optischen Axe bp (Fig. 4) auf die Linse fallenden Strahlen werden beim Eintritt in dieselbe dem Einfallslothe (le) zu gebrochen, und sie würden,[S. 3] erführen sie weiter keine Brechung, die optische Axe in r durchschneiden, jedoch in s treffen sie auf die zweite brechende Fläche. Sie werden hier wieder gebrochen und zwar von dem Einfallslothe ms hinweg und durchschneiden die Axe in dem Punkte o, welcher der Brennpunkt dieser Linse ist. Der Abstand des Punktes o von der Linse ist also die Brennweite derselben.
Das Auge gleicht einer biconvexen Linse. Wenn von einem entfernten Gegenstande parallele Lichtstrahlen auf dasselbe fallen, so vereinigt es diese Strahlen mittelst der Krümmung der durchsichtigen Hornhaut, der Krystalllinse und der zwischen denselben eingeschlossenen Feuchtigkeiten in einem Brennpunkte auf dem dunklen Hintergrunde, der Netzhaut, zu einem Bilde des Gegenstandes.
Die scheinbare Grösse eines Gegenstandes beurtheilen wir durch das Auge nach der Grösse des Sehwinkels, von welchem zugleich die Grösse des Bildes auf der Netzhaut abhängt. Daher kann eine dicht vor die Augen gehaltene Nähnadel eben so gross und dick erscheinen, wie eine fern aufgepflanzte Stange. Befände sich z. B. ein Gegenstand in der Linie ab (Fig. 5), so ist aob der Sehwinkel und das Bild auf der Netzhaut (retina) liegt zwischen b′ und a′. Bringt man diesen Gegenstand dem Auge so nahe, dass er sich in der Linie AB befindet, so wird das Bild B′A′ auf der Netzhaut und der Sehwinkel AoB um so viel mal grösser sein, als der Gegenstand näher gerückt ist.
[S. 4] Das deutliche Sehen eines Gegenstandes hat seine Grenzen je nach der Entfernung desselben vom Auge. Deutlich sieht man einen Gegenstand nur dann, wenn die von ihm ausgehenden Lichtstrahlen durch das Auge so gebrochen werden, dass sie auf der Netzhaut wieder zur Vereinigung gelangen (auf der Netzhaut ihren Brennpunkt finden) und daselbst ein Bild construiren. Da das Auge wie eine biconvexe Linse wirkt, so müsste auch nur bei einer einzigen Entfernung ein scharfes Bild auf der Netzhaut entstehen. Wie wir aber wissen, so sieht das Auge verschieden entfernte Gegenstände gleich genau. Hieraus folgt eine Eigenthümlichkeit des Auges, sein Brechungsvermögen abzuändern, und zwar nach Bedürfniss die weniger divergirenden Strahlen der entfernten Körper und die stärker divergirenden der nahen Körper zu einem Bilde (Brennpunkte) auf der Netzhaut zu vereinigen. Diese Eigenthümlichkeit des Auges heisst sein Accommodationsvermögen. Das Auge besitzt also die Fähigkeit, sich der Entfernung, in welcher sich ein Gegenstand befindet, zu accommodiren, so dass dessen Bild auf der Netzhaut zu Stande kommt. Diese Eigenschaft hat jedoch ihre Grenzen, und jedes Auge hat in der That nur eine deutliche Sehweite, die natürlich keine bestimmte ist, wie wir recht auffallend an kurz- und weitsichtigen Augen beobachten. Das kurzsichtige Auge bricht die Lichtstrahlen stärker und vereinigt daher die von einem entfernten Gegenstande parallel oder wenig divergent kommenden Strahlen zu einem Brennpunkte, der vor der Netzhaut liegt. Das weitsichtige Auge bricht die Strahlen weniger stark und vereinigt die stärker divergenten Strahlen des nahen Körpers zu einem Bilde, einem Brennpunkte, der hinter der Netzhaut liegt. In einem wie im andern Falle entsteht kein scharfes, sondern ein diffuses Bild. Die deutliche Sehweite eines gesunden Auges wird verschieden angenommen. Einige nehmen[S. 5] sie zu 20 Centimeter, andere zu 25 Centimeter, wieder andere aber nur zu 15 Centimeter an.
Befindet sich ein kleiner Gegenstand in der deutlichen Sehweite des Auges, so entsteht von demselben auf der Netzhaut ein scharfes Bild. Rücken wir den Gegenstand dem Auge sehr nahe, so dass seine Strahlen sehr divergent zum Auge gelangen, so fällt der Brennpunkt oder das Bild hinter die Netzhaut. Das Accommodationsvermögen des Auges hat hier also seine Grenze und vermag nicht das Bild auf der Netzhaut zu Stande zu bringen.
Diesem Umstande begegnet man auf künstliche Weise und man erzeugt dennoch ein scharfes Netzhautbild, wenn zwischen Gegenstand und Auge eine Sammellinse gestellt wird, durch welche die Strahlen des Gegenstandes weniger divergent das Auge treffen. Dann entsteht auf der Netzhaut zwar ein kleineres Bild, als das diffuse war, aber es ist um so reiner, schärfer und daher deutlicher.
Wenn der Pfeil AB ein kleiner Gegenstand ist vor der Linse L, so werden die Strahlen beim Austritt aus der Linse gebrochen weniger divergent das Auge treffen und gleichsam von dem entfernteren Pfeile a′b′ herzukommen scheinen. Entspricht die Entfernung dieses Pfeiles der mittleren Sehweite des Auges, so werden sich die Strahlen auf der Netzhaut zu einem bestimmten klaren Bilde vereinigen. Der Gegenstand AB scheint also gleichsam in eine grössere[S. 6] Entfernung versetzt zu sein, und der Sehwinkel aob ist ein grösserer geworden. Daher scheint der Gegenstand vergrössert.
Sammellinsen dieser Art nennt man Loupen, wenn ihre vergrössernde Kraft nicht über das 10- bis 20fache hinausgeht. Ist die vergrössernde Kraft eine stärkere und wird die Sammellinse zum Gebrauch mit einem feststehenden Gestell verbunden, so ist damit die Construction des einfachen Mikroskops gegeben.
ist nur noch ein unentbehrliches Instrument für den Naturforscher, welches er beim Präpariren mikroskopischer Gegenstände anwendet. Das Gestell kann verschiedene Formen haben, dennoch ist die Construction im Wesentlichen ziemlich immer dieselbe. An einem Arm, der um ein Stativ beweglich ist, ist ein Ring zur Aufnahme der Loupe oder Linse. In Stelle der einfachen Linse kann man auch die gering vergrössernden Linsensysteme eines zusammengesetzten Mikroskops verwenden. An dem Stativ, welches auf einem Holzklotz feststeht, befindet sich unter der Linse eine Platte oder Tisch, welcher durch eine Schraube (Triebwerk) höher und niedriger gestellt werden kann. Senkrecht unter der Linse ist in diesem Tische ein Loch und unter dem Tische ein beweglicher Spiegel. An dem Zeiss’schen Instrument hat der Holzklotz zwei Wangen, zwischen welchen das Stativ steht und auf welche der präparirende Mikroskopiker die Hände stützt. Die bekanntesten einfachen Mikroskope sind die von Chevalier, Nachet, Pritchard, Plössl, Körner, das anatomische Mikroskop von Lebaillif. Das bei uns am meisten gehaltene ist das Zeiss’sche.
[S. 7] Das einfache Mikroskop kann zu einer stärkeren als 40fachen Vergrösserung kaum verwendet werden. Beim Gebrauch ist es für das Auge wegen des kleinen Gesichtsfeldes, der verminderten Helligkeit und des kurzen Abstandes der Linse vom Untersuchungsobjekt äusserst anstrengend. Seit der grossen Vervollkommnung des zusammengesetzten Mikroskops ist das einfache fast ganz ausser Gebrauch gekommen und wird es eben, wie schon bemerkt ist, nur noch als Präparirinstrument angewendet.
Bei den sogenannten Spiegelmikroskopen oder katoptrischen Mikroskopen wird die Vergrösserung durch Hohlspiegel bewirkt. Diese Mikroskope sind gegenüber jenen dioptrischen, bei welchen die Vergrösserung durch Glaslinsen geschieht, für jetzt noch theure Instrumente.
Wenn man der Linse des einfachen Mikroskops ein innen geschwärztes Rohr aufsetzt, so entsteht im Innern des Rohres von einem nahe dem Brennpunkte der Linse befindlichen Gegenstande ein Bild und zwar vergrössert und umgekehrt. Wird nun dem Rohre eine Sammellinse (Ocular) aufgesetzt, durch welche man dieses Luftbild abermals vergrössert sehen kann, so ist damit die Construction des zusammengesetzten Mikroskops gegeben. Durch das einfache Mikroskop oder die Loupe betrachten wir also den Gegenstand selbst, durch das zusammengesetzte dioptrische Mikroskop sehen wir aber das vergrösserte (und umgekehrte) Bild des Gegenstandes.
Es sei ab der Durchmesser des Gegenstandes, welcher unterhalb der Brennweite, aber doch nahe am Brennpunkte der Linse l liegt. Es werden dann alle von a ausgehenden[S. 8] Strahlen in A, und alle von b ausgehenden in B, überhaupt alle Strahlen des Gegenstandes ab durch die Linse l so gebrochen, dass sie in der Ebene AB sich durchschneiden oder vereinigen und hier ein umgekehrtes vergrössertes Luftbild von dem Gegenstande erzeugen, welches wir durch die Linse L wiederum so vergrössert sehen, als läge es in der mittleren Sehweite w′. Die Strahlen, welche durch die Linse L gehen, erlangen nämlich den Grad der Divergenz, den die Strahlen eines in b″a″ liegenden Gegenstandes haben würden. Wie aus der Figur 7 hervorgeht, kann nur der Abschnitt des Bildes, welcher zwischen b′a′ liegt, übersehen werden, denn die Strahlen von bB und aA gehen an den Rändern der Linse L vorbei.
Fig. 8 stellt den Längsdurchschnitt eines zusammengesetzten Mikroskops vor. ob ist die Linse oder das Objectiv, hier ein aus zwei Linsen zusammengesetztes Linsensystem, an den unteren Rand des inwendig geschwärzten[S. 9] Rohres r angeschraubt. o ist das Ocular in Form eines kurzen Cylinders, eingeschoben in das Rohr r. Die mit dem Ocular verbundene Sammellinse c möge vorläufig ausser Betracht bleiben. Der kleine Pfeil vertritt den Untersuchungsgegenstand oder das Object und liegt auf einem Glasstreifen, dem Objectglase. Wird der Gegenstand mit einer dünnen Glasplatte bedeckt, so ist diese das Deckglas. Das Objectglas hat eine Platte oder einen Tisch t zur Unterlage, Objecttisch genannt, welcher senkrecht unter dem Objective ein Loch hat. Das Objectglas liegt so auf diesem Tische, dass sich das Object gerade über dem Loche befindet. s ist ein hohlgeschliffener Spiegel, dem beim Gebrauch des Mikroskops eine solche Stellung gegeben wird, dass sein Brennpunkt über dem Objecte zu liegen kommt, oder mit anderen Worten, dass sich die von ihm[S. 10] zurückgeworfenen Lichtstrahlen über dem Objecte durchschneiden. Dadurch wird das Object beleuchtet, natürlich wenn dieses durchsichtig ist oder doch einen gewissen Grad von Durchsichtigkeit hat. Undurchsichtige Objecte werden durch besondere Vorrichtungen von Oben, z. B. durch einen Lieberkühn’schen Spiegel oder durch Linsen, beleuchtet.
Diese wesentlichen Theile eines Mikroskops sind mit einer Säule mit Fuss in der Art verbunden, dass das Rohr oder der Tubus r in einer sich ihm dicht anschliessenden (federnden) Metallhülse gehalten wird, dass der Tisch t mit dem Objecte dem Objective ob beliebig genähert und der Spiegel s in Lagen gebracht werden kann, in welchen er das Object beleuchtet. Letzteres wird in der Weise ausgeführt, dass man in das Ocular schauend den Spiegel gegen das Fenster oder ein Licht gekehrt so lange wendet, bis sich dem Auge ein helles Lichtfeld darbietet.
Das Objectiv und das Untersuchungsobject müssen je nach Erforderniss der optischen Verhältnisse des Auges und des Objectivs einander genähert oder von einander entfernt werden können. Jedes zusammengesetzte Mikroskop hat hierzu eigene Vorrichtungen, Einstellungsvorrichtungen. Man unterscheidet eine grobe und eine feine Einstellung. Die grobe besteht in Verschiebung und zwar darin, dass der Tubus r in der Hülse, die ihn hält, aus freier Hand auf- und abwärts geschoben wird. Man stellt hiernach das Object grob ein, wenn man den Tubus r in der Hülse langsam so lange abwärts schiebt, bis das Auge von dem Objecte, welches über dem Tischloche liegt und von dem Spiegel beleuchtet ist, ein undeutliches Bild gewinnt. Hierauf folgt die feine Einstellung des Objectes, d. h. der Objecttisch wird um unbedeutende Distanzen dem Objective oder das Objectiv dem Objecte näher gerückt oder von demselben entfernt, bis das Auge ein scharfes Bild des Objectes erblickt.
Diese letzteren Bewegungen geschehen vermittelst eines Schraubengetriebes, Mikrometerschraube genannt,[S. 11] welches entweder den Tisch unverändert in seiner horizontalen Lage hebt und senkt, oder der Tisch besteht aus zwei übereinander liegenden Platten, welche beide an der einen Kante durch eine angenietete Leiste fest mit einander verbunden sind, die obere Platte kann aber durch ein auf der entgegengesetzten Kante der Nietung befindliches Schraubengetriebe gehoben und gesenkt werden; oder endlich der Objecttisch sitzt beweglich wie eine Klappe an der Säule des Stativs und ist unterwärts mit einer Hervorragung versehen, gegen welche ein Schraubengetriebe stösst, so dass durch letzteres der Tisch gehoben werden kann. In den beiden letzteren Fällen wird der Tisch in eine schiefe Ebene verlegt, was sich allerdings für den vorliegenden Zweck theoretisch nicht vertheidigen lässt, in der Praxis aber völlig genügt.
Bei den grösseren Mikroskopen geschieht die grobe Einstellung in der Regel durch Zahn und Trieb, wodurch der Tubus sammt seiner Hülse auf- und abwärts geschoben werden kann, die feinere aber in vorher angegebener Weise, oder es befindet sich ein Schlitten am Tubus, welcher durch eine Mikrometerschraube und Feder gehoben und gesenkt wird. Ueberhaupt soll sich an jedem besseren Mikroskope unter allen Umständen eine feinere Einstellungsvorrichtung befinden. Bei den kleineren und billigeren Instrumenten ist man gewöhnlich nur auf eine grobe Einstellung angewiesen.
Wie bereits gesagt ist, entsteht das zusammengesetzte Mikroskop aus dem einfachen Mikroskop, wenn man dem Objectiv oder dem Linsensystem (einem aus 2 oder 3 Linsen combinirten Objectiv) einen Tubus mit Ocular aufsetzt. Diese Zusammensetzung bietet jedoch so viele Unvollkommenheiten und Mängel, dass sie Verbesserungen erfordert, um brauchbar zu sein. Die beiden hauptsächlichsten Unvollkommenheiten sind die sphärische und chromatische Aberration.
Unter Oeffnungswinkel oder Oeffnung einer Linse[S. 12] versteht man den Winkel, welcher sich aus ihrem Brennpunkte mit den beiden Enden des Linsendurchmessers ergiebt. xrv ist der Oeffnungswinkel. So lange der Oeffnungswinkel der Linse klein ist, gelangen die Rand- und Centralstrahlen in einem Punkte zur Vereinigung. Ist er aber grösser, so vereinigen sich die um und durch das Centrum der Linse gehenden Lichtstrahlen (c, e, d) in dem Brennpunkte R, während die am Rande durchgehenden Strahlen eine stärkere Brechung erfahren und schon in r ihren Brennpunkt erreichen. In Folge dieser stärkeren Abweichung der Randstrahlen und der sphärischen Aberration (Abweichung der Strahlen wegen Kugelgestalt der Linse) sehen wir das Bild eines Körpers, welches mit der Linse aufgefangen wird, in R, aber nicht deutlich und scharf, sondern von einem durch die Randstrahlen der Linse erzeugten Bilde undeutlich umschimmert. Bringt man die Randstrahlen durch eine Blendung, z. B. durch einen Blechring B in Wegfall, so wird das Bild in R deutlich. Eine solche ringförmige Blendung zur Beseitigung der Randstrahlen finden wir jetzt in den Mikroskopen immer und zwar im Ocular angebracht, wie in Fig. 8 mit bb angedeutet ist. Zuweilen findet man ausserdem noch in dem Tubus eine ähnliche Blendung.
Ein Strahl des weissen Lichtes wird beim Durchgang durch eine Sammellinse nicht als Ganzes gebrochen, sondern in verschiedene farbige Strahlen zerlegt, welche eine verschiedene[S. 13] Ablenkung in der Richtung der Brechungsebene erleiden. Der violette Strahl i (Fig. 10) wird stärker gebrochen als der rothe k. (Zwischen i und k liegen die übrigen farbigen Strahlen des Spectrums.) Daher erscheint der Gegenstand nicht nur nicht scharf begrenzt, sondern auch farbig umsäumt. Diesen Uebelstand der chromatischen Aberration zu beseitigen, gebraucht man achromatische Linsen, d. h. solche, bei welchen die verschiedenen farbigen Strahlen in nur einem Brennpunkte zusammenfallen. Man combinirt dergleichen Linsen aus verschiedenem Material, wie z. B. aus Kron- (Crown-) und Flintglas, weil bei verschiedenen strahlenbrechenden Medien Brechungsvermögen und Farbenzerstreuung einander nicht parallel gehen und Linsen aus zwei verschiedenen Medien sich in der Art combiniren lassen, dass die rothen und violetten Strahlen genau im mittleren Brennpunkte der Linse zusammenfallen. In der nachstehenden Fig. 11 ist eine Sammellinse (s) mit einer Zerstreuungslinse (z) verbunden. s ist das Kronglas, z das Flintglas, beide zusammengekittet durch Canadabalsam. Eine solche engere Combination zweier Linsen wird Doppellinse genannt. Sie kann nicht nur fast achromatisch gemacht[S. 14] werden, sie erlaubt auch, wenn sie aus einer Sammellinse und einer Zerstreuungslinse zusammengesetzt wird, die sphärische Aberration abzuschwächen. Die Linsen in den Objectiven sind immer bei guten Mikroskopen in der Art combinirt, dass die Aberration der einen Linse zu der Correction der entgegengesetzten Aberration der anderen Linse dient. Ein vollständiger Achromatismus der Linsen ist übrigens nicht zu erreichen. Ist die Vereinigung der rothen und violetten Strahlen in einem Brennpunkte erzielt, so ist dies nicht der Fall für die anderen farbigen Strahlen, welche zwischen jenen liegen. Daher erhält man bei achromatischen Doppellinsen Bilder, an deren Rändern Spuren der mittleren Farben sichtbar sind und welche einen grünlichgelben Ton haben. Weil diese Farbe dem Auge weniger angenehm ist, als lichtblau, so giebt man in den Objectivlinsen der Flintglaslinse ein geringes Uebergewicht, wodurch der Rand des Bildes von einem zarten hellblauen Saume umfasst wird. Eine solche Doppellinse nennt man überverbesserte, dagegen heisst diejenige, welche Bilder mit einem röthlichen Saume giebt, unterverbesserte.
Eine Doppellinse, bei welcher im möglichst erreichbaren Grade die sphärische und chromatische Aberration aufgehoben ist, heisst eine aplanatische.
Es sind zwei Methoden in der Combination der Objectivlinsen gebräuchlich. Nach der älteren sind die einzelnen Doppellinsen mit 1, 2, 3, 4 etc. numerirt, und sie werden so auf einander geschraubt, dass 1 und 2, 1 und 2 und 3, 2 und 3 und 4 etc. Linsensysteme bilden. Jetzt verbinden die Optiker die Linsen zu fest zusammenhängenden Systemen, in welchen die Linse mit der kleinsten Oeffnung zu unterst, die anderen Linsen je nach der Zunahme ihrer Durchmesser darüber folgen. Durch diese letztere Zusammensetzung der Linsensysteme und durch Verwendung aplanatischer Linsen erreichen unsere jetzigen Mikroskope jene penetrirende oder resolvirende Kraft genannte Eigenschaft,[S. 15] durch welche bei möglichst grossem Oeffnungswinkel die feinsten Details, wie Strichelchen und Pünktchen, sehr minutiöser Objecte, wahrnehmbar werden, z. B. die Längs- und Querstreifen auf den Schuppen der Schmetterlinge.
Ist nun das zusammengesetzte Mikroskop schon durch achromatische Linsen und durch Blendung bedeutend verbessert, so ist dennoch das Gesichts- oder Sehfeld (die mit dem Ocular zu übersehende Fläche) zu klein und zu dunkel, und das Bild zeigt sich dem Auge in einer krummen Fläche. Zur Beseitigung dieser Uebelstände ist dem Ocular eine zweite Linse, Collectivlinse oder Collectiv genannt, in einer solchen Entfernung von der Ocularlinse angefügt, dass das Bild des Objects zwischen dem Ocular und dieser anderen Linse entsteht. Das Collectiv bietet nun folgende Vortheile. Zunächst bricht es die von dem Objecte her gelangenden Strahlen nach der Axe zu, und das Bild des Objects, welches ohne Collectiv in c′a′b′ entworfen werden würde und zu ausgedehnt wäre, um durch das Ocularglas o übersehen zu werden, erscheint nun in c″a″b″. Das Object liegt daher in dem Sehfelde, es wird ganz gesehen, und nicht nur ein Theil desselben, wie bei Abwesenheit des Collectivs. Ferner[S. 16] vermehrt das Collectiv die Helligkeit des Bildes, denn die Strahlen von der Ausdehnung c′a′b′ erleuchten jetzt den kleineren Raum c″a″b″. Endlich bewirkt das Collectiv ein ebenes Sehfeld, indem sich das Bild c″a″b″ in entgegengesetzter Krümmung von dem Bilde c′a′b′ zeigt, und die Krümmungen des Oculars und des Collectivs damit in ein gewisses Verhältniss gesetzt werden können. Dieser und noch einiger anderen optischen Vortheile halber fehlt jetzt das Collectiv in keinem der zusammengesetzten Mikroskope, nicht einmal in den schlechteren.
Das Objectiv besteht aus einer Linse oder aus mehreren einfachen oder Doppellinsen. Je kürzer die Brennweite des Objectivs ist oder je näher der Brennpunkt desselben liegt, um so stärker vergrössert es. Da es nun schwierig ist, eine Doppellinse mit sehr kurzer Brennweite herzustellen, man aber denselben Zweck durch Combination mehrerer Doppellinsen mit längerer Brennweite erreicht, andererseits mit dieser Linsencombination ein grösserer, die Helligkeit des Bildes vermehrender Oeffnungswinkel gewonnen wird und endlich auch damit die sphärische und chromatische Aberration geschwächt werden kann, so sind an den neueren Mikroskopen die Objective durch Linsensysteme, d. h. durch Combination von 2 oder 3 aplanatischen Linsen vertreten. In einem solchen Linsensystem (Objectivsystem), gewöhnlich in einen kleinen messingenen Tubus gefasst, befindet sich die kleinste und stärkste Linse zuunterst, die grössere und[S. 17] schwächere oberhalb. Die flachen Seiten der Linse sind dem Objecte zugekehrt.
Während man jetzt den Objectiven aus mehreren Linsen in fester Verbindung, d. i. den Linsensystemen, den Vorzug giebt, bestand früher das Objectiv aus mehreren einzelnen Doppellinsen, jede in besonderer Fassung und mit Schraubenwindung versehen, so dass eine Linse der anderen durch Schraubung aufgesetzt wurde und man die Systeme selbst zusammensetzte. Diese einzelnen Linsen sind, wie weiter oben schon erwähnt ist, mit 1, 2, 3 etc. bezeichnet und nach einem Schema wird 1 mit 2, 1 mit 2 und 3 etc. zu Systemen für verschiedene Vergrösserungen verbunden. Nicht selten findet man beide Einrichtungen, Linsensystem und einzelne Linsen, bei einem und demselben Mikroskop angewendet. An einigen älteren Mikroskopen findet man weniger vortheilhaft nur ein System und die verschiedenen Vergrösserungen werden durch zwei und mehrere Oculare bewirkt.
Uebersehen darf man nicht, dass die Helligkeit des Sehfeldes mit der Zunahme der Vergrösserung abnimmt, denn die Objectivlinse lässt um so mehr Licht hindurch, je grösser ihre Oberfläche oder ihre Oeffnung (Oeffnungswinkel) ist. Die Objectivlinsen der stärkeren Vergrösserungen, die gemeiniglich einen geringen Durchmesser haben, können auch nur wenig Licht empfangen. Ferner muss dieselbe Lichtquantität, welche zur Erleuchtung des kleineren Bildes genügt, für das vielfach grössere Bild ausreichen. Es ist immer ein Vortheil für das Mikroskop, wenn dessen Objective bei guter Leistung eine möglichst grosse Oeffnung haben.
Ein sehr wichtiger Punkt in der Zusammensetzung des Mikroskops ist die genaue Centrirung der einzelnen Linsen, wie auch aller Linsen unter sich, d. h. die optische Axe muss genau durch die Mitte beider Oberflächen einer Linse gehen und die Axen aller Linsen eines Mikroskops müssen in einer einzigen geraden Linie (Fig. 8 xx) liegen. Sind die Linsen eines Mikroskops nicht möglichst genau centrirt, so wird es[S. 18] nicht nur kein scharfes Bild, es wird auch ein mehr oder weniger verzerrtes Bild geben. Das Centriren ist eine der schwierigsten Arbeiten des Optikers und daher bei den billigen, sogenannten Dutzendmikroskopen gewöhnlich mit der wenigsten Sorgfalt ausgeführt. Die genügende Centrirung prüft man, indem man das Mikroskoprohr um seine Axe dreht. Bei richtiger Centrirung muss hierbei das Bild in der Mitte des Sehfeldes stehen bleiben. Im andern Falle beschreibt es einen excentrischen Kreis, welcher bei starken Vergrösserungen ausserhalb des Sehfeldes tritt. Eine vollkommene Centrirung hängt meist vom Zufalle ab, und man muss sich begnügen, wenn sie das Prädicat ziemlich verdient.
Das Ocular. Durch diesen Theil des Mikroskops erfahren die divergenten Strahlen des Objectivbildes eine solche Lenkung, dass sie sämmtlich durch die Pupille des beobachtenden Auges aufgefangen werden. Fig. 14 (und Fig. 8 o) ist das gebräuchlichste Ocular, das sogen. negative oder Huyghens’sche (spr. heugens) oder Campani’sche. Es besteht aus einem innen geschwärzten Metallrohr, welchem am oberen Ende die Ocularlinse a eingesetzt oder in ihrer Fassung aufgeschraubt, und welchem am unteren Ende die Collectivlinse c angeschraubt ist. Gewöhnlich nennt man die Verbindung von Ocularlinse und Collectivlinse Ocular. Die Collectivlinse hat, wie weiter oben erklärt ist, den Zweck, das Zustandekommen des Bildes innerhalb[S. 19] der Brennweite der Ocularlinse zu bewirken, und durch die Ocularlinse betrachtet man das Bild wie mit einer Loupe.
Die ebene Fläche der Ocularlinse ist dem Auge zugekehrt, so auch die der Collectivlinse. Durch diese Anordnung unterscheidet sich das Huyghens’sche von dem Ramsden’schen (spr. rämmssd’n) oder positiven, bei welchem die convexen Flächen beider Linsen einander zugekehrt sind und beide Linsen gegenseitig näher liegen. Hier erscheint das Bild nicht zwischen Ocular und Collectiv, sondern unterhalb des letzteren, also zwischen Collectiv und Objectiv. Das Ramsden’sche Ocular bietet ein grösseres Gesichtsfeld, und da es auch eine vollkommenere Ebnung dieses letzteren gestattet, so ist es besonders für den Gebrauch der Ocularmikrometer geeignet.
Den besseren Mikroskopen sind zwei und mehrere negative Oculare von verschieden vergrössernder Kraft beigegeben. Die schwächer vergrössernde Ocularlinse hat ein längeres Ocularrohr als die stärker vergrössernde. Die zu einem Mikroskope gehörenden Oculare sind mit Buchstaben oder mit römischen Zahlen bezeichnet.
Zu erwähnen ist das Kellner’sche orthoskopische Ocular, an welchem das Collectiv aus zwei mit einander verbundenen Linsen besteht und die Ocularlinse stärker (8– bis 12mal) vergrössernd ist. Der Zweck dieses Oculars ist, das Bild des Objects in seiner natürlichen Lage zu entwerfen, denn mit den negativen Ocularen erhält man stets das Bild umgekehrt und man muss das Object bei der Musterung stets nach der entgegengesetzten Richtung schieben. Einen wesentlichen optischen Nutzen scheint das orthoskopische Ocular nicht zu gewähren, jedoch behaupten Einige, dass es eine sehr ebene Bildfläche liefere, also eine sehr gleichmässige Vergrösserung gebe. Im Uebrigen ist man von der Verbindung starker Oculare mit schwachen Objectiven ganz abgekommen. Die stärkeren Oculare lassen zwar das Bild grösser erscheinen, doch sehr auf Kosten der[S. 20] Deutlichkeit und Schärfe. Sehr stark vergrössernde Oculare sind zu einem Mikroskop häufig sogar eine ganz werthlose Zugabe.
Man hat auch knieförmige Oculare, und zwar zur Bequemlichkeit für den Zeichner, welcher durch ein solches Ocular horizontal in das Mikroskop sehen kann.
Die Linsensysteme oder Objective sind, wie bemerkt ist, mit arabischen Ziffern, die Oculare mit Buchstaben oder römischen Zahlen bezeichnet und unterschieden. Die verschiedenen Vergrösserungen entstehen nun durch Combination der Oculare und Objective. Ocular II. giebt z. B. mit Linsensystem 4 eine 350fache Vergrösserung, dagegen Ocular I. mit dem stark vergrössernden System 4 eine nur 280fache Vergrösserung. Ein übersichtliches Schema der Combination nebst den damit erreichbaren Vergrösserungen findet man den Mikroskopen beigelegt. Z. B.
Systeme | Oculare | ||||
I. | II. | ||||
1 | 20 | 25 | |||
4 u. 2 | 40 | 50 | |||
4 | 180 280 | 225 350 | |||
Man unterscheidet eine Linear- und eine Flächenvergrösserung. Die lineare Vergrösserung bezieht sich auf das Maass der Länge oder der Breite des Objects. Eine 10fache Linearvergrösserung eines Körpers, dessen natürliche Länge = 1 Millimeter ist, wird denselben 1 Centimeter (0,001 × 10 = 0,010) lang erscheinen lassen, seine Flächenvergrösserung ist in diesem Falle eine 100fache (10 × 10 = 100). Die Flächenvergrösserung ergiebt sich durch Multiplikation der Zahl der linearen Vergrösserung[S. 21] mit sich selbst. Eine 30fache Linearvergrösserung z. B. ist gleich einer 900fachen Flächenvergrösserung.
Einige Optiker pflegen nur die Flächenvergrösserung anzugeben, weil dieselbe in grösseren Zahlen lautet und grosse Zahlen imponiren. Unter „Vergrösserung“, ohne nähere Bezeichnung ihrer Art, versteht man immer nur eine Flächenvergrösserung.
Will man mit dem Mikroskope, zu welchem obiges Schema gehört, eine 350fache Linearvergrösserung bewirken, so würde man das Objectiv oder System 4 mit dem Ocular II. verbinden müssen.
Hier auf diesem Schema finden sich ausnahmsweise über den grösseren Zahlen des Vergrösserungsmaasses auch kleine Zahlen verzeichnet. Die grossen Zahlen beziehen sich auf den völlig ausgezogenen Tubus, die kleineren Zahlen dagegen geben das Vergrösserungsmaass des völlig zusammengeschobenen Tubus an, wenn nämlich der Tubus des Instruments eine solche Einrichtung hat.
Die Länge des Tubus, des Rohres (r, Fig. 8), welches das Objectiv mit dem Ocular verbindet, ist von Einfluss auf das Vergrösserungsmaass. Deshalb construiren einige Optiker die Röhren der besseren Mikroskope aus zwei Theilen, die wie beim Fernrohr in einander geschoben werden, so dass sich der Tubus beliebig verlängern und verkürzen lässt. Wenn man das Ocular vom Objective entfernt, man also den Tubus verlängert, so wächst die vergrössernde Kraft im gleichen Verhältnisse. Die Einrichtung gewährt viele Vortheile. Da zu einem Mikroskope mehrere Oculare und Objective gehören, und für alle Combinationen derselben die Tubuslänge in wenigen Fällen die völlig optisch richtige sein wird, so ist in der beliebigen und dem Auge zupassenden Tubusverlängerung ein Mittel gegeben, die vergrössernde Kraft des Instrumentes zu vermehren, jedoch aber nicht die Schärfe des Bildes. Im anderen Falle wird durch Verkürzung des Tubus die Vergrösserung gemindert und die Schärfe des[S. 22] Bildes vermehrt. Ferner lässt sich durch eine entsprechende Verlängerung des Tubus die Vergrösserung selbst auf eine bestimmte Zahl bringen. Es ist also in mancher Beziehung ein Vorzug, wenn an dem Mikroskop eine solche Einrichtung vorhanden ist. Im Uebrigen übersehe man nicht, dass das Vergrösserungsmaass eines Mikroskops nie an eine bestimmte Zahl gebunden sein kann, weil diese erstens von der Sehweite des betrachtenden Auges und zweitens von dem Accommodationsvermögen desselben gewissermaassen abhängig ist. Dem kurzsichtigen Auge wird z. B. das Objectivbild stets kleiner erscheinen als dem weitsichtigen.
Die Beleuchtung der Untersuchungsobjecte ist ein sehr wesentlicher Theil der mikroskopischen Technik.
An den grösseren Mikroskopen findet man eine Beleuchtungslinse oder eine Vorrichtung, mit welcher man das Object, wenn es nicht durchsichtig ist, auch von oben beleuchten kann. Fehlt die Beleuchtungslinse an dem Mikroskope, so kann man sie durch ein gewöhnliches sogenanntes Brennglas, a Fig. 15, (eine schwach biconvexe Linse) ersetzen, welche man an irgend einem Stativ (c) befestigt zwischen Mikroskop und das Licht setzt. Gewöhnlich geschieht die[S. 23] Beleuchtung des mehr oder weniger durchsichtigen Objectes mittelst durchfallenden Lichtes, welches von dem concav geschliffenen Spiegel s Fig. 8 durch das Loch des Objecttisches geworfen wird. Bei grösseren Mikroskopen ist der Spiegel auf der einen Seite concav, auf der anderen eben. Die schwächere Beleuchtung mittelst des ebenen Spiegels wendet man entweder nur bei den geringen Vergrösserungen oder bei sehr grellem Lichte an.
Der concave Spiegel oder Hohlspiegel kommt bei den stärkeren Vergrösserungen in Anwendung. Er bewirkt eine stärkere Beleuchtung, indem er die auf seine concave Fläche fallenden Lichtstrahlen in einem Punkte (seinem Brennpunkte) vereinigt. Die Lichtstrahlen a b c d e f g h i, welche ihn senkrecht treffen, muss er nothwendig in der Richtung zurückwerfen, dass sie sich in K durchschneiden. In K erlangt das Licht die Intensität, welche gleich der Summe der Lichtstrahlen a bis i ist.
Eine verschiedene und zugleich sorgsame Beleuchtung des Objectes ist ein wichtiger Stützpunkt der Beobachtung. Sehr zarte Objecte erfordern, um ihre Umrisse klar und scharf im Bilde zu erlangen, eine geschwächte Beleuchtung, andere Objecte eine stärkere. Um nun einen Theil der Lichtstrahlen beliebig abschneiden zu können, finden sich an guten Mikroskopen Blendungen oder Diaphragmen. An den kleineren Mikroskopen findet man die Drehscheibe oder Blendscheibe, an grösseren die Cylinderblende als Blendvorrichtung.
[S. 24] Die Drehscheibe (Fig. 17) ist mittelst eines Knopfes (k) dicht unterhalb des Objecttisches befestigt und hat mehrere Oeffnungen, von denen die grösste der Weite des Loches im Objecttische entspricht, die anderen aber das Licht mehr oder weniger abschneiden, je nachdem man die Scheibe dreht und die eine oder die andere kleinere Oeffnung unter das Loch des Tisches schiebt.
Die Cylinderblenden sind kurze offene Röhren, auf deren oberes Ende man eine runde Scheibe mit einem Loche von verschiedener Weite aufsetzt. Eine solche Röhre (Fig. 18) mit aufgesetzter Blendscheibe wird in das Loch des Objecttisches entweder unmittelbar eingesetzt oder durch eine geeignete Leistenfugung (Schlitten Fig. 19) unterhalb des Objecttisches unter das Loch geschoben und dann durch einfaches Verschieben darin hoch oder niedrig gestellt, je nachdem man bei mässigem oder starkem Lichte arbeitet.
Die kleinen Oeffnungen der Blendungen kommen nur bei starker Vergrösserung und sehr zarten Objecten in Gebrauch.
Für sehr starke Vergrösserungen benutzt man den Condensor als Lichtverstärkungsapparat. Derselbe ist eine Blendvorrichtung, construirt aus einer oder mehreren achromatischen Linsen. Der Condensor wird in das Loch des Objecttisches gesetzt und das Abschneiden der Lichtstrahlen am Rande oder im Centrum durch eine Drehscheibe bewirkt. Ein einfacher Condensor (Fig. 21) besteht aus einer planconvexen Linse, in das Rohr einer gewöhnlichen Cylinderblendung eingesetzt. Das Abschneiden der Rand- oder auch der Axenstrahlen geschieht gewöhnlich in der Weise, dass man die Linse mit einem schwarzen Ringe (Fig. 21) bedeckt, damit nur das Centrum derselben den Durchgang des Lichtes gestatte, oder dass man zur Erlangung einer schiefen Beleuchtung das Centrum der Linse mit einer schwarzen Scheibe bedeckt, um den Rand der Linse für den Lichtdurchgang frei zu lassen.
[S. 26] Die Beleuchtung des Untersuchungsobjectes ist entweder eine centrische oder eine schiefe. Erstere ist die gewöhnliche an den kleineren Mikroskopen, wo der Spiegel nur um seinen Durchmesser drehbar ist. Die schiefe Beleuchtung bietet viele Vortheile und lässt an den Objecten oft Details erkennen, welche bei centrischer Beleuchtung nicht oder kaum zur Entwickelung gelangen. Es wird aber dadurch nur ein Theil des Objectes erhellt, während der andere Theil von einem Halbdunkel umhüllt bleibt. Dadurch treten eben die Details hervor, welche bei centrischer Beleuchtung nicht oder nur zum Theil sichtbar werden. Zur Erzeugung der schiefen Beleuchtung ist der Spiegel in der Art angebracht, dass seine Stellung nach verschiedenen Richtungen hin möglich wird. Ausser dieser Bewegbarkeit des Spiegels haben viele der besseren Mikroskope eine Einrichtung, durch welche der Objecttisch um seine Axe drehbar ist, damit die auf das Object fallenden schiefen Strahlen des Spiegels das Object in jeder beliebigen Stellung treffen können. Beim Gebrauch der schiefen Beleuchtung beseitigt man stets die Blendvorrichtungen.
Endlich hat man Mikrometer, um die Grösse der Untersuchungsobjecte zu messen. Die gebräuchlichsten sind die Glasmikrometer, Plangläser, auf welchen sich mittelst des Diamantes die Maasstheilungen ausgeführt befinden. Das Millimeter oder die Linie (der kleinste Theil eines Zolles) ist darauf in 10, 100, 1000 und mehr Theile getheilt. Uebersichtlicher[S. 27] ist die Theilung, in welcher man durch vorspringende Striche eine Markirung findet (Fig. 22). Bei anderen Glasmikrometern durchkreuzen sich die Theilstriche rechtwinkelig, so dass sie Quadrate bilden. Diese Mikrometer können zum Messen, aber auch zur Zählung der Objecte, welche ein bestimmter Raum Sehfeldes fasst, gebraucht werden. Wie schwierig genaue Mikrometer dieser Art herzustellen sind, kann man aus der Kleinheit der Maasstheilungen entnehmen. Es giebt daher billige und theure Mikrometer. Die Ocularmikrometer sind weit billiger als die Objectglasmikrometer.
Um grosse Zahlen der Mikrometermessungen zu vermeiden, hat man nach Harting’s Vorschlage eine mikroskopische Einheit angenommen und als solche 0,001 d. i. 1/1000 Millimeter gesetzt, welche Einheit mit Mikromillimeter oder Millimillimeter (mmm oder µ) auch Mikron oder Mikrum (im Plural Mikra) bezeichnet wird. Beim Ankauf eines Glasmikrometers hat man sich immer nach der Einheit der Theilung zu erkundigen, denn Harting’s Vorschlag hat nicht allgemeinen Anklang gefunden.
1 Millimeter (mm) oder 1000 Mikromillimeter oder Mikra (1000 mmm oder 1000 µ) sind gleich 0,4433 Linien Pariser Maasses.
Für den gewöhnlichen Gebrauch hat man ein Mikrometer in Vertretung eines einfachen Objectglases, Objectglasmikrometer, auf dessen Maasstheilung man das zu messende Object legt, um beides zugleich durch das Mikroskop zu betrachten. Die Objecte dürfen dann wenigstens nicht kleiner sein, als die kleinste Maasstheilung der Mikrometerscala. Die Theilstriche darauf müssen auch in sehr geringen mikroskopischen Entfernungen von einander liegen. Es ist besonders bei den stärkeren Vergrösserungen sehr schwierig, das Object mit den etwas tiefer liegenden Strichen zugleich zu sehen, auch sind diese Objectglasmikrometer sehr der Abnutzung ausgesetzt.
[S. 28] Dergleichen Mängel treffen beim Ocularmikrometer nicht zu, daher dieses den Vorzug erhalten hat. Es liegt auf der Blendung im Ocular, zwischen Ocularlinse und Collectiv. Da es daselbst nur mit der geringen Vergrösserung der Ocularlinse gesehen wird, so können seine Theilstriche weiter von einander liegen und die Maasstheilungen selbst bis zu 1/5000 Millimeter gebracht werden. Das Ocularmikrometer hat, wie leicht einzusehen ist, eine relative Geltung, je nach der Stärke des in Anwendung gebrachten Objectivs und der Tubuslänge, durch welche die Grösse des Bildes bestimmt wird. Es muss daher die Maassbestimmung der Theilung für jedes Linsensystem voraus erforscht werden und zwar durch Vergleichung mit einem Objectglasmikrometer oder mit einem Object von gekannter Grösse. Gewissenhafte Optiker geben dem Ocularmikrometer eine Tabelle bei, welche das Maass desselben, je nach seiner Verwendung mit diesem oder jenem Ocular angiebt. Will man etwa seinem Mikroskope ein Ocularmikrometer beilegen, so muss dem Optikus das Ocular eingehändigt werden, damit er den Umfang des Ocularmikrometerglases der Weite des Ocularrohres anpassen kann.
Die sehr theuren Objecttisch-Schraubenmikrometer und Ocular-Schraubenmikrometer finden sich nur an den grössten und theuersten Mikroskopen.
Objectgläser oder Objectträger sind länglich viereckige, circa 2 Centim. breite, 6 Centim. lange, ebene Tafeln von farblosem Glase, welche bei Anwendungen von Cylinderblendungen[S. 29] circa 1 Millimeter dick sein sollen. Gebraucht man viele derselben, so kann man sie sich selbst aus dünnem Spiegelglase oder farblosem Fensterglase schneiden. Auf das Objectglas wird das Untersuchungsobject gelegt und so auf den Objecttisch geschoben, dass letzteres sich mit dem Objectiv und dem Loche im Objecttische in derselben Richtung befindet. Wenig zweckmässig sind Objectgläser mit einer concaven Vertiefung.
Deckgläschen oder Deckplättchen nennt man die dünnen Glastafeln in quadratischer, rechteckiger und Scheiben-Form, welche man auf das Object legt. Dies ist besonders nöthig, wenn das Object in Wasser, einer sauren oder alkalischen Flüssigkeit etc. liegt. Die Deckgläschen sind ein Schutz des Objectivs gegen Dämpfe, welche die Flüssigkeit ausdunstet, oder gegen ein Benetzen mit der Flüssigkeit, welches beim Einstellen des Objects nur zu leicht geschehen würde. Dann platten die Deckgläser die Oberfläche des Objectes ab und erleichtern daher die Beobachtung, besonders bei sehr starken Vergrösserungen, wo die Theile der Oberfläche des Objectes möglichst in einer Ebene liegen müssen. Endlich verhindert das Deckgläschen die Verdunstung der Flüssigkeit, worin das Object liegt. Bei den schwächeren und mittleren Vergrösserungen genügt als Deckglas ein dünnes farbloses Fenster- oder Spiegelglas (sogenanntes Belgisches Glas), auch selbst ein dünnes Objectglas, für die stärkeren Vergrösserungen ist jedoch ein sehr dünnes (0,2[S. 30] bis 0,15 Millimeter dickes) Glas nothwendig. Diese dünnen Deckgläser kauft man von den Optikern (1 Dutzend zu 0,5 Mark). Die dafür früher gebräuchlichen Glimmerblättchen werden selten noch gebraucht. Da das Deckglas nicht ohne Einfluss auf die Schärfe des Bildes ist, so findet man bei den grösseren Mikroskopen für jedes Linsensystem ein besonderes nach der Dicke bestimmtes Deckglas ausgewählt. Im Allgemeinen ist für die stärkste Vergrösserung auch das dünnste unter den Deckgläsern auszuwählen, denn in diesem Falle muss das Objectiv dem Object äusserst nahe gerückt sein, und ein dickes Deckglas würde dies verhindern.
Bei den stärksten Vergrösserungen, bei welchen auch keine corrodirenden Stoffe mit dem Objecte in Berührung gebracht werden, bedient man sich häufig, das Bild deutlicher zu machen, des Immersionsverfahrens, indem man das Deckgläschen mit Object mit einigen Tropfen destillirten Wassers oder einer vorräthigen Mischung aus gleichen Theilen Glycerin und Wasser übergiesst und das Mikroskop einstellt, so dass das Objectiv mit dem Deckglase durch eine Flüssigkeitsschicht verbunden ist. Dadurch wird die vielfache Brechung der Lichtstrahlen zwischen Object und Objectiv auf das geringste Maass zurückgeführt. Ohne jene Flüssigkeitsschicht werden die Lichtstrahlen zuerst von der Flüssigkeit, welche das Object bedeckt, dann wieder von dem Deckglase und endlich von der Luftschicht über dem Deckglase, also mehrmals, und wegen Verschiedenheit der Medien auch verschieden gebrochen. Die Objective, welche die Beschaffenheit haben, dass man sie unbeschadet ihrer Fassung in die wässerige Flüssigkeit eintauchen kann, nennt man Immersionslinsen oder Stipplinsen. Bei theuren Mikroskopen hat das Objectiv mit Immersionslinse gleichzeitig eine Correctionseinrichtung, so dass man die Linsen, woraus es zusammengesetzt ist, etwas von einander entfernen oder gegen einander nähern kann, um sie ohne und mit Immersion zu benutzen.
[S. 31] In manchen Fällen muss das Deckglas mehr oder weniger stark auf das Object gedrückt werden, um die Oberfläche desselben zu ebenen oder das Object selbst zu einer dünnen Schicht auseinander zu drücken und in dieser gedrückten Lage unter dem Objective zu beobachten. Zu diesem Zwecke hat man Compressorien oder Quetscher, mit welchen man vermöge einer geringen Hebelkraft Deckglas und Objectivglas gegen einander drückt, oder welche aus zwei Ringen bestehen, deren jeder ein Planglas fasst, von welchem das untere als Objectträger, das obere als Deckglas in Anwendung kommt. Fig. 25 ist eine Zeichnung des Schiek’schen Compressorium. Es ist aus Metall gearbeitet. Eine Platte hat in ihrer Mitte ein Loch, in welches ein Ring mit einem flachen Glase eingesetzt ist. Dieses Planglas vertritt die Stelle eines Objectträgers. Ueber der Platte ist ein um einen Stift beweglicher Arm mit einer in seiner Mitte befindlichen ringförmigen Erweiterung, in welcher das in einem beweglichen Ring gefasste Deckglas liegt. Vermittelst des rechts in der Abbildung befindlichen Schraubengetriebes wird der Arm gegen die Platte oder vielmehr das Deckglas gegen den Objectträger gedrückt.
Ein billiges Compressorium ist das Hager’sche, bestehend aus zwei metallenen Rahmen mit Schrauben (Fig. 26). Diese Vorrichtung erlaubt an jeder Stelle der beiden sich deckenden Objectgläser, zwischen welchen sich das weiche Object,[S. 32] z. B. Fleischpartikel, befinden, einen Druck auszuüben. Aehnliche Quetschvorrichtungen, welche nur an die Enden der beiden Objectgläser angesetzt werden können, sind nicht praktisch, denn in Folge der Elasticität des Glases ist die Quetschung der in der Mitte der beiden Gläser liegenden Objecte eine nicht genügende.
Für die Untersuchung des Schweinefleisches empfiehlt sich das Hager’sche Compressor-Mikroskop, welches weiter unten durch Abbildung vergegenwärtigt ist.
[S. 33] Bei vielen mikroskopischen Untersuchungen kann man auch wohl ohne diese Quetschvorrichtungen zum Ziele gelangen. Dadurch, dass man das Deckglas mittelst der Finger gegen Object und Objectträger drückt, kann man sich allerdings helfen, doch nach dem Aufhören des Druckes löst sich das Deckglas oft wieder ab, und zwischen dieses und Object tritt eine Luftschicht, die sehr störend für die Beobachtung ist. Ein bequemes Hilfsmittel, den Druck permanent zu machen, erhält man in einem solchen Falle, wenn man auf beiden Seiten des Objectes (natürlich in einiger Entfernung von diesem) etwas weichgeknetetes Harzpflaster (Ceratum Resinae Pini Burgundicae[1]) oder eine Mischung aus Wachs und Terpentin, die klebend wirkt, anbringt.
Um das Object unter dem Objective unverrückt zu erhalten, findet man häufig auf dem Objecttische zwei einfache messingene Klemmfedern oder Federklammern (k) befestigt, welche auf das Objectglas (o) gehoben dieses gegen den Objecttisch (t) drücken. Diese Federklammern dürfen natürlich da nicht fehlen, wo das Mikroskop zum Ueberlegen eingerichtet ist, um sitzend in dasselbe zu sehen. Im Uebrigen haben sie häufig eine solche Einfügung und Länge, dass man sie auch an Stelle des Compressoriums benutzt.
Ein für manche Mikroskopiker, die nicht Zeichner sind, wichtiger Nebenapparat eines Mikroskops ist ein Zeichnenprisma, eine Vorrichtung, um das mikroskopische Bild auf einem Blatte Papier neben dem Mikroskope zu entwerfen, und dort seine Umrisse mit der Spitze eines Bleies zu umziehen.[S. 34] Die gebräuchlichsten Vorrichtungen sind die Zeichnenprismen von Nachet, von Nobert, von Oberhäuser. Zur Erklärung der Zeichnenvorrichtungen diene Folgendes: Stände die Glasplatte gl in einem Winkel von 45° zur Axe des Auges, so würden die Strahlen des Objectes o, welche mit der Glasplatte gleichfalls einen Winkel von 45° bilden, in der Richtung nach dem Auge reflectirt werden und dieses würde das Bild des Objectes also in einer Richtung sehen, welche mit der Richtung des Objectes einen rechten Winkel bildet. Ist m (Fig. 29) das Mikroskoprohr und pp ein Blatt[S. 35] Papier, so wird das Auge, weil die Durchsichtigkeit der Glasplatte gl es gestattet, das Bild in o′ auf dem Papier wahrnehmen. Man sagt in diesem Falle, das Bild wird projicirt. Bringt man aber in derselben Höhe der Glasplatte gl ein Glasprisma P an (Fig. 30), und o sei das Object unter dem Objective des senkrecht stehenden Mikroskops, gl die in einem Winkel von 45° zur Axe des Auges gestellte Glasplatte über dem Ocular, so sieht man das Bild in o′ auf pp projicirt, indem Object und das projicirte Bild in demselben Gesichtsfelde wahrgenommen werden. Hierauf beruhen die erwähnten Zeichnenprismen, von welchen das in nachstehender Fig. 31 abgebildete Nachet’sche das gebräuchlichste ist. An dieser Vorrichtung ist an Stelle der Glastafel gl (Fig. 30) ein Prisma gelegt, und das andere Prisma ist um seine Axe beweglich, um die reflectirende Fläche desselben unter verschiedene Winkel zu stellen. Der Gebrauch der Vorrichtung ergiebt sich von selbst, sobald man sie mittelst des Ringes auf das Ocular aufgesetzt hat.
Wer einige Uebung nicht scheut und es gelernt hat, mit dem einen Auge in das Mikroskop zu sehen und das andere dabei geöffnet zu halten, kann sich eine Camera lucida dadurch ersetzen, wenn er mit dem linken Auge in das Mikroskop und zugleich mit dem rechten Auge auf ein neben dem Mikroskop liegendes Stück schwach gelblichen, grünlichen[S. 36] oder schwach beschatteten weissen Papiers blickt. Er findet dann nach einigen Augenblicken das Gesichtsfeld und Papier auf einander projicirt, und kann die Umrisse des Bildes auf dem Papiere mit Blei umziehen. Natürlich ist hier eine öftere Uebung die beste Lehrmeisterin.
Nachdem die Theile, aus welchem ein Mikroskop construirt wird, besprochen und nach ihren Zwecken erklärt sind, mögen hier die Abbildungen zweier Mikroskope (Fig. 32 und 33) aus der Werkstatt der Optiker Franz Schmidt[S. 37] und Haensch in Berlin, einen Platz finden. Das Modell des Mikroskops Fig. 32 entspricht dem kleinen Schiek’schen. Es hat einen schweren Metallfuss, das Uebrige daran ist aus Messing sauber gearbeitet, die Linsen sind achromatisch, die Bilder scharf, das Lichtfeld hell, überhaupt sind die optischen Verhältnisse daran äusserst correct. Die grobe Einstellung wird durch Auf- und Abwärtsschieben des Rohres oder Tubus in der Hülse, die feinere durch die unten links befindliche Mikrometerschraube, welche den Objecttisch in eine schiefe Ebene legt, bewerkstelligt. Als Blendvorrichtung befindet sich eine Drehscheibe unter dem Objecttische. Es kommen jetzt Mikroskope ähnlicher Form und Construction aus verschiedenen optischen Werkstätten zu Preisen von 30–50 Mark in den Handel. Gewähren sie Vergrösserungen bis zum 350fachen, so reichen sie auch für den Gebrauch der Handelschemiker, Apotheker, Lehrer völlig aus.
Ein nicht unwesentlicher Uebelstand ist, wie auch weiter unten noch erwähnt wird, dass man die Mikroskope stehend mit gekrümmtem Nacken gebrauchen muss. Durch einen hohen Stuhl, auf dem der Beobachter sitzt, und durch einen niederen Standpunkt, welchen man dem Mikroskope giebt, kann die Arbeit allerdings viel erleichtert werden, jedoch ist wohl einzusehen, dass ein Mikroskop noch weit bequemer zu handhaben ist, wenn man in gewohnter sitzender Stellung damit arbeiten kann. Ein Instrument zum Ueberlegen, um damit in gewöhnlicher sitzender Stellung zu arbeiten, ist das Mikroskop No. 4 der erwähnten Firma (siehe die Fig. 33 auf Seite 38). Dieses gehört nun schon zu den vollständigeren Mikroskopen (Preis 195 Rmk.) und hat eine solche Einrichtung, dass es mit den meisten etwa nöthig werdenden Hilfsapparaten, wie Polarisation, Zeichnenprisma etc. ohne Weiteres nachträglich versehen werden kann. Der Objecttisch ist um seine Axe drehbar, eine ganz vorzügliche Vorrichtung für schiefe Beleuchtung. Die grobe Einstellung[S. 39] geschieht durch Verschieben des Tubus in der Hülse, die feinere mittelst Cylinders und Mikrometerschraube am Tubus. Als Blendvorrichtung ist eine Cylinderblende vorhanden, die durch den unter dem Objecttisch befindlichen Schlitten seitlich entfernt wird, wenn eine schiefe Beleuchtung in Anwendung kommt. 3 Oculare und 4 Linsensysteme gewähren in ihrer Combination 20- bis 750malige Vergrösserungen.
Viele der aus Frankreich zu uns kommenden Mikroskope haben noch einen Trommelfuss, d. h. das selbständige Stativ, welches bei den deutschen Mikroskopen Fuss, Tisch und Tubus verbindet, ist bei den französischen durch eine cylindrische Trommel aus Blech ersetzt, welche für den Zutritt des Lichtes zum Spiegel einen freien Ausschnitt hat. Die obere Fläche der Trommel bildet den Tisch und ist durch einen schmalen Blechfortsatz fest mit dem Tubus verbunden. Diese Art nennt man gewöhnlich Trommelmikroskope.
Taschenmikroskope (französischen Fabrikats) sind seit circa 10 Jahren gleichfalls in den Handel gekommen, zu[S. 40] Preisen von 12–27 Rmk., ohne dass jedoch bei diesem verschiedenen Preise in dem optischen Werthe eine bemerkenswerthe Verschiedenheit zu erkennen wäre. Das sauber gearbeitete Etui (de, Fig. 34) ist 12 Ctm. lang, 3,5 Ctm. hoch. Darin liegt fest das kleine Mikroskop, an welchem nichts weiter fehlt, als die feinere Einstellungsvorrichtung. Die Einstellung geschieht durch Verschiebung des Tubus, sie ist übrigens leicht und bietet keine Schwierigkeit. Durch ein am unteren Ende des Stativs (g) befindliches Gelenk lässt sich das Mikroskop niederlegen und der Fuss (f) dem Stative parallel stellen. Der in einer Gabel hängende Spiegel (s) ist concav und um seine Axe drehbar. Der Tisch (t), welcher etwas sehr klein ist, hat zwei festsitzende Federklammern.
Die Vergrösserungen reichen bis zum 50- bis 60fachen. Die Bilder sind klar und befriedigend scharf. Da diese Taschenmikroskope fabrikmässig dargestellt werden, so kommen darunter natürlich auch einige wenig brauchbare Exemplare vor. Diese muss man selbstverständlich nicht kaufen.
[S. 41] Ein Fehler an diesen Taschenmikroskopen, welche für wandernde Botaniker und Naturforscher, sowie für den Hausgebrauch ganz zweckmässig sind, ist der zu kleine Objecttisch.
Compressor-Mikroskop. Dieses ist hauptsächlich für den Fleischbeschau construirt, es eignet sich aber auch sehr gut für die mikroskopische Untersuchung der vegetabilischen Gewebe. Es ist ein Mikroskop in Verbindung mit einem Compressorium. Letzteres besteht in einem Metallringe (c Fig. 36), welcher durch eine Metallfeder (f) auf den Objecttisch[S. 42] aufgedrückt wird. Durch einen Druckhebel (d) kann der Metallring beliebig gehoben werden. Das weiche Object (eins oder mehrere) wird zwischen 2 Objectgläser gegeben und zwischen den gehobenen Ring und den Objecttisch geschoben, der Ring dann sanft auf die Gläser niedergelassen. Um die Objectgläser zu schieben, wird der Ring entsprechend gehoben[2].
Das mikroskopische Bild im polarisirten Lichte zu betrachten bietet manche Vortheile für den Naturforscher, dem Dilettanten eine angenehme Unterhaltung. Im polarisirten Lichte entwickeln sich in dem Bilde Zeichnungen, welche beim gewöhnlichen Lichte nicht zum Vorschein kommen. Jedes Mikroskop lässt sich in ein polarisirendes umwandeln. Das beste und vollkommenste Mittel hierzu sind zwei Nicol’sche Prismen (aus dem doppelt lichtbrechenden isländischen Kalkspath), welche man in Messingrohre eingeschlossen (Fig. 37) mit dem Mikroskop in der Art verbindet, dass man (nach Talbot) das eine Prisma als Polarisator unter den Objecttisch[S. 43] zwischen Object und Spiegel, das zweite als Analysator über das Ocular stellt. Diese Anordnung macht jedoch das Sehfeld beträchtlich kleiner. Besser ist es (nach Chevalier), den Analysator entweder unmittelbar über dem Objectiv einzustellen, oder noch besser (nach Harting) an den untersten Rand des Ocularrohres anzusetzen. In jedem dieser Fälle müssen die Axen der Prismen mit der optischen Axe des Mikroskops in einer Linie liegen. Zum Gebrauch werden die beiden Nicols so gestellt, dass ihre Polarisationsebenen mit einander parallel laufen, also das Sehfeld erleuchtet ist. Stehen die Polarisationsebenen rechtwinkelig auf einander, so ist das Sehfeld dunkel. Dreht man den Polarisator (oder auch den Analysator) um einen Winkel von 90°, so erfolgt abwechselnd ein helles und dunkles Sehfeld mit dazwischen liegenden lichttragenden Uebergängen. Je dunkler und je heller sich das Sehfeld zeigt, um so vollkommener ist die Polarisation. Ist die gegenseitige Stellung der Nicols gleich 90 oder 270°, so zeigt das Gesichtsfeld das Minimum der Helligkeit, dagegen bei 0° und 180° das Maximum derselben. Zur Beleuchtung wählt man hierbei gern helles Sonnenlicht oder Lampenlicht. Das Bild des durchsichtigen Objectes zeigt sich bei diesen Drehungen in allen Farben, aus denen das weisse Licht zusammengesetzt ist, und in dem Punkte, wo die Flächen der Prismen unter sich parallel laufen, also das Sehfeld hell ist, zeigt das Object die complementäre Farbe zu jener, die es im schwarzen Sehfelde zeigt. Sehr dünne und durchsichtige Objecte, denen das depolarisirende Vermögen abgeht, soll man auf Quarz-, Gyps- oder Glimmerblättchen legen, welche sich in den verschiedenen lebhaften Färbungen zeigen und dadurch das Object in einer anderen Farbe sichtbar machen. Solche polarisirende Platten aus Glimmer, Quarz, Selenit sind, in Messingring gefasst, dem Polarisationsmikroskope beigegeben, mit der Einrichtung, sie oben auf den Polarisator aufzuschrauben. Während der Polarisation ist grelles Licht vom[S. 44] Objecttisch fern zu halten. Der Gebrauch der Vorrichtungen, das eine der Prismen zu drehen, ergiebt sich von selbst, wenn man sie an dem Mikroskop antrifft. Ist der Analysator an den unteren Rand des Ocularrohres angesetzt, so dreht man das Ocular um seine Axe, steht er über dem Objectiv, so muss man den Polarisator mit den Fingern drehen, wenn eine für diesen Zweck geeignete mechanische Vorrichtung nicht vorhanden ist.
Es giebt Substanzen, welche die Polarisationsebene entweder nach rechts oder nach links drehen. Wenn man eine solche Substanz in ihrer Lösung in einem Polarisations-Apparate bei gelbem Lampenlichte betrachtet, und man muss den Analysator, um sie zuerst grün, dann blau und endlich roth gefärbt dem Auge erscheinen zu lassen, von der rechten zur linken Seite um seine Axe drehen, so[S. 45] nennt man die Substanz rechtsdrehend oder man sagt, sie dreht die Polarisationsebene nach rechts, im entgegengesetzten Falle bei Drehung des Analysators nach links ist die Substanz linksdrehend oder man sagt, sie dreht die Polarisationsebene nach links. Im Falle die Substanz die Polarisationsebene nicht verändert, so heisst sie optisch inactiv.
Rechtsdrehend sind z. B. Rohrzucker, Traubenzucker (Glykose), Harnzucker, Dextrin, Kampfer (in weingeistiger Lösung).
Linksdrehend sind z. B. Levulose, Gummi, Terpentinöl, Citronenöl, Kirschlorbeerwasser.
Das Drehungsvermögen ist bei den verschiedenen Substanzen auch ein verschieden grosses und die Grösse desselben ist für eine Substanz meist charakteristisch. Deshalb hat man in neuerer Zeit das Polarisationsmikroskop zur Bestimmung des Zuckers in seinen Lösungen, besonders des Harnzuckers im diabetischen Harn benutzt.
Der Optiker Wasserlein in Berlin liefert zu diesem Zwecke Instrumente, welche als Mikroskop und als Saccharimeter verwendbar sind. Ein solches Instrument ist in der Abbildung Fig. 39 vergegenwärtigt und wird in folgender Weise gehandhabt. Nachdem die Cylinderblende aus dem Objecttisch (t) herausgenommen und dafür der Polarisator eingesetzt ist, entfernt man das Mikroskoprohr sammt Ocular und Objectiv und setzt in den Tubus (r) das Saccharimeterrohr (sr) so ein, dass es mit seinem unteren Ende auf dem Polarisator (p) dicht aufsteht. Das Saccharimeterrohr hat an seinem oberen Ende seitlich eine im rechten Winkel angesetzte feststehende metallene Halbscheibe (sk), auf welcher sich die Skala befindet, die in ihrer Mitte 0° und sowohl nach rechts und links 30 Grade zählt. Hierauf setzt man den Analysator (aa) auf, sieht in das Instrument hinein und stellt den Spiegel (s) in derselben Weise wie für mikroskopische Betrachtungen, setzt dann den am Analysator[S. 46] sitzenden Nonius (n) unter Drehung des Analysators so ein, dass die mittlere Theilung des Nonius genau mit dem 0° der Skala zusammenfällt, und dreht den Polarisator nach rechts oder links um seine Axe, bis das Auge den sogenannten neutralen Punkt erreicht, an welchem beide Hälften des Gesichtsfeldes gleichmässig intensiv und gleichfarbig (z. B. blau) erscheinen. Ist das Polarisations-Instrument[S. 47] in dieser Weise eingestellt, nimmt man den Analysator ab, schiebt in das Saccharimeterrohr den mit klarer Zuckerlösung oder geklärtem Harne total gefüllten (20 Ctm. langen) Glascylinder (g) ein und setzt den Analysator wiederum so auf, dass der mittelste Theilstrich des Nonius mit dem 0° der Skala zusammenfällt. Der Analysator wird nun nach rechts oder links um seine Axe gedreht (bei diabetischem Harne nach rechts) bis das Auge wiederum den neutralen Punkt, d. h. die vorhin erreichte gleiche Intensität und Färbung auf beiden Hälften des Gesichtsfeldes, beobachtet. Der Nonius wird nun eine andere Stellung zur Skala haben und sein mittelster Theilstrich zeigt direct den Grad an, dessen Zahl den Procentsatz Zucker in der angewendeten Lösung angiebt. Die Beobachtung geschieht am besten bei dem Licht einer Petroleumflamme. Der Glascylinder (g) muss total gefüllt sein, so dass nach dem Verschluss mit dem Deckel oder Kopfe (k) sich auch nicht das geringste Luftbläschen darin vorfindet. Zur Verhütung dieser Luftblase macht man den Glascylinder übervoll, bevor der Deckel aufgeschraubt wird. Damit das Ueberlaufende alsbald aufgesogen werde, hält man den Glascylinder mit Fliesspapier umwickelt. Behufs nöthiger Klärung der zuckerhaltigen Flüssigkeit versetzt und schüttelt man diese mit frisch gefälltem Thonerdehydrat, welches noch etwas feucht ist, oder etwas Bleiessig und filtrirt alsdann, ein Erwärmen möglichst vermeidend.
Die Skala, hier nicht in 360, sondern in 180 Grade getheilt, zeigt den Glykose- oder Traubenzuckergehalt direct an. Rohrzucker hat ein anderes Drehungsvermögen. Es verhält sich dieses zu dem der Glykose wie 75:100.
Wer sich ein Mikroskop anschaffen will und davon keine Kenntniss hat, möge sich einem Kenner oder einem renommirten Mikroskopenverfertiger anvertrauen und diesen mit den Arbeiten, welche er mit dem Mikroskop vorzunehmen gedenkt, sowie auch mit dem dafür verwendbaren Geldquantum bekannt machen. Wer genöthigt ist, viel mit dem Mikroskop zu arbeiten, soll nie das billige Instrument kaufen, denn er zersplittert damit das Geld, welches er später dennoch für ein gutes Mikroskop verwenden muss[3]. Demjenigen, welcher ein Mikroskop selbst kaufen will und keine genügende Kenntniss von diesem Instrumente hat, gebe ich den Rath, sich vorher eine halbe Stunde mit einem guten und theuren Mikroskop und besonders mit den schwächeren Vergrösserungen desselben zu beschäftigen, um dann sich aus den billigen Mikroskopen das ihm am besten scheinende herauszusuchen. Optiker, welche selbst Mikroskope bauen, haben gewisse Nummern für ihre Instrumente, die sie möglichst genau arbeiten und über deren Leistungen sie Rechenschaft geben können.
Das gute Instrument soll man nie bei einem unbekannten Optiker, der keine Mikroskope baut, suchen, überhaupt lege man kein Gewicht auf marktschreierische Anpreisungen, sie mögen herkommen, von wo sie wollen, denn die Optiker, welche nur gute Mikroskope aus der Hand geben, haben sich bis jetzt jeder Marktschreierei sorgsam enthalten.
Für den gewöhnlichen Gebrauch und für gröbere Untersuchungsobjecte, wie Trichinen, Durchschnitte von Pflanzentheilen[S. 49] etc., mögen die kleinen, fabrikmässig construirten Mikroskope (sogenannte Dutzendmikroskope) ausreichen, wenn sie achromatisch sind, niemals aber sind diese Instrumente zum Studium und zur Prüfung feinerer und zarter Objecte, wie sie in forensischen Fällen vorkommen, verwendbar. Objective für mehr als 300malige Vergrösserungen sind hier gemeiniglich nur lockende, aber völlig werthlose Zugaben. Der Nichtkenner lässt sich nämlich leicht durch die hohe Zahl der Vergrösserung, welche das Instrument bieten soll, zum Kauf verleiten, es liegt jedoch nicht der Werth in dieser Zahl, sondern in der Schärfe und Deutlichkeit des Bildes, welches es hervorbringt. Ein Mikroskop mit einer 200mal vergrössernden Kraft bietet oft mehr als ein anderes mit 600maliger Vergrösserung. Was nützt ein stark vergrössertes Bild, was die feineren Details oder die wesentlichen Merkmale eines Objects undeutlich entwickelt? Dagegen ist ein scharfes Bild der kleineren Vergrösserung weit unterrichtender. Für Aerzte, Apotheker, Thierärzte, Schullehrer, Botaniker genügen 40- bis 350fache Linearvergrösserungen mit scharfen Bildern in allen ihnen etwa vorkommenden Fällen. Ist an dem Mikroskop die Vorrichtung zur schiefen Beleuchtung angebracht, so ist es um so brauchbarer. Der Naturforscher gebraucht natürlich häufig sehr hohe Vergrösserungen, dazu Mikrometer, Nicol’sche Prismen, Zeichnenprisma und anderes Beiwerk, welches Alles für Nichtnaturforscher meist entbehrlich ist.
Ob ein Mikroskop scharfe Bilder liefert, lässt sich am besten durch Vergleich mit einem guten Mikroskope erkennen. Die auflösende oder resolvirende (penetrirende) Kraft oder das optische Vermögen[4] eines Mikroskops wird[S. 50] durch gewisse Probeobjecte (Testobjecte) geprüft. Seit den letzten 20 Jahren sind die Mikroskope so vervollkommnet worden, dass die früheren gebräuchlichen Probeobjecte jetzt nicht mehr gelten. Dagegen ist der Satz stehen geblieben:
„Je schwächer die Vergrösserung eines Probeobjectes zu sein braucht, um dessen feinere Details erkennen zu lassen, um so besser ist das Mikroskop.“
Unkundige pflegen, wenn sie sich nach der Güte eines Mikroskops erkundigen, nur zu fragen: wie hoch seine vergrössernde Kraft gehe. Dies ist leicht erklärlich, weil sie glauben, dass man die winzigen Objecte nur bei sehr starker Vergrösserung erkennen könne, und sie von der optischen Construction und der Bestimmung eines Mikroskopes eine unvollkommene oder unrichtige Vorstellung haben. Würde man ihnen zwei Mikroskope, ein solches mit geringen Vergrösserungen und sehr scharfen Bildern und ein solches mit sehr starken Vergrösserungen zur Disposition stellen, sie würden sehr bald das letztere bei Seite werfen. Durch die in neuerer Zeit vorgeschrittenen Verbesserungen der Aberrationen und die grösseren Oeffnungen der Objective haben unsere jetzigen Mikroskope die älteren durchweg überflügelt, so dass ältere zu 300 Rmk. den neueren zu 100 bis 120 Rmk. kaum gleich kommen.
Wie man weiss, tragen die Flügel der Schmetterlinge und die Haut vieler anderer Insekten kleine Schüppchen. Auf den Schüppchen der Schmetterlinge sieht man bei einer gewissen Vergrösserung Längsstreifen und bei einer gewissen noch stärkeren Vergrösserung auch Querstreifen, welche die Längsstreifen verbinden, und wenn die Vergrösserung zu[S. 51] einem hohen Grade gebracht wird, so lösen sich bei einigen Schmetterlingsschuppen diese Längs- und Querstreifen in Kügelchen auf, welche in geordneten Reihen stehen.
Gewöhnlich legt der Optikus seinem Mikroskope mittleren Werthes die Schuppen der Hipparchia Janira als Probeobject bei, und er beweist die Güte des Mikroskops damit, wenn die Längsstreifen bei einer 60- bis 80fachen Vergrösserung, bei einer 180- bis 200maligen Vergrösserung auch die Querstreifen entwickelt werden. Für die grösseren Mikroskope wählt man jetzt häufig Diatomeen, unter denen Pleurosigma angulatum und Navicula Hippocampus angulata schwer zu entwickeln sind. Anfangs erscheint die Schale glatt und ohne Zeichnung, bei starker Vergrösserung (300- bis 350facher) und schiefer Beleuchtung werden quer und theils schiefe, sich kreuzende Linien sichtbar, welche bei der stärksten Vergrösserung und schiefer Beleuchtung sich zu zusammenhängenden 6eckigen Feldern mit heller Umwallung auflösen. Das schwierigste Probeobject bietet Surirella Gemma. Diese Diatomee bildet eine elliptische Scheibe mit gröberen sichtbaren parallelen Querleisten,[S. 52] welche von einem in der Mitte liegenden Kiele ausgehend in die Peripherie verlaufen. Zwischen diesen Querleisten, und zwar diesen parallel, erblickt man bei stärkerer Vergrösserung feine Linien. Vermag das Mikroskop endlich die diese feinen Querlinien wellig durchschneidenden Längslinien zu entwickeln, so dass sich gleichsam ein Korbgeflecht dem Auge darbietet, dann kann man in der That mit der Leistung des Mikroskops zufrieden sein. Aehnlich steht es mit einem anderen Probeobject, der Grammatophora subtilissima, an deren Kieselpanzer bei schiefer Beleuchtung sich Querlinien entwickeln lassen.
Wer sich in den Besitz eines Mikroskops gesetzt hat, ohne vordem je damit beschäftigt gewesen zu sein, muss sich in das Wesen seines Instrumentes einstudiren. Die erste Uebung ist, die dem Instrumente beigegebenen Probeobjecte durch alle Vergrösserungen, bei hellem und bei schwachem Tageslichte, bei schiefer Beleuchtung, bei Lampenlicht[S. 53] zu betrachten, um über den Werth der verschiedenen Lichteinflüsse eine Einsicht zu gewinnen. Dann nehme man Fasern der Baumwolle, der Wolle, der Seide, der Leinwand, Haare, lege sie auf das Objectglas und betrachte sie trocken in allen Vergrösserungen und bei centrischer und schiefer Beleuchtung. Hierauf befeuchte man diese Objecte mit Wasser und betrachte sie auf’s Neue. In gleicher Weise versuche man sich an Stärkemehlkörnern der verschiedensten Art. Nach solchen Uebungen gewinnt man sehr bald eine gewisse Gewandtheit mit dem Instrument umzugehen, und man lernt es in seinen Leistungen kennen.
Vor Allem ist es wichtig, den richtigen Grad der Beleuchtung zu finden. Anfänger haben grosse Neigung, das grellste Licht aufzusuchen, und ahnen nicht, wie sehr sie das Auge dadurch belästigen und ermüden. Im Allgemeinen stellt man das (gute) Mikroskop 2 bis 3 Schritt vom Fenster auf, selbst wenn auch der Himmel mit Wolken bedeckt ist. Liegt die Sonne auf dem Fenster, so stellt man das Mikroskop noch einige Schritte weiter zurück, doch immer so, dass das grelle Sonnenlicht nicht darauf fällt. Die Objecttischseite oder die vordere Seite des Mikroskops wird dem Fenster zugekehrt. Bei Benutzung des Lampenlichtes stellt man die Flamme ungefähr 1 Meter entfernt von dem Mikroskope auf. Man schraubt nun eines der Objective mit geringerer Vergrösserung an den Tubus, setzt das entsprechende Ocular auf und stellt den Tubus so hoch über den Objecttisch, dass zwischen Objectiv und Objecttisch circa ein freier Raum von 2 Fingerbreiten oder 3,5 Centim. bleibt. Nun sucht man das Licht. Man dreht und stellt, während man in das Ocular hineinsieht, den Spiegel so lange gegen das Tageslicht, bis sich dem Auge ein helles Sehfeld darbietet. Hierauf legt man das Objectglas mit dem in der Mitte liegenden Object trocken und frei oder mit einem Tropfen Wasser gemischt und mit einem Deckglase bedeckt über das Loch des Objecttisches, so dass sich das Object[S. 54] perpendiculär unter dem Objectiv befindet. Dann schiebt man, unter Hineinblicken in das Ocular, den Tubus gegen das Object sanft abwärts, bis sich von diesem ein undeutliches Bild erkennen lässt. Nach dieser groben Einstellung geht man zur feineren über und hebt oder senkt, an der Mikrometerschraube drehend, den Objecttisch, bis man ein klares und scharfes Bild des Objectes erblickt. Nach der Beschauung dieses kleineren Bildes schreitet man zu einer stärkeren Vergrösserung, welcher man auch noch eine schiefe Beleuchtung zugiebt. Bei den stärksten Vergrösserungen benutzt man Drehscheibe oder Blendcylinder. Bei Anwendung der schiefen Beleuchtung wird die Blendvorrichtung bei Seite gestellt. Bei der Einstellung des Objectes ist zu bemerken, dass die schwachen Objective weiter entfernt von dem Objecte stehen müssen als stark vergrössernde, welche das Deckglas oft fast berühren und wegen ihrer kurzen Brennweite sehr dünne Deckgläser erfordern. Für Benutzung der am stärksten vergrössernden Objective giebt es besonders dünne Deckgläser, welche man von den Optikern bezieht.
An finsteren Tagen und des Abends ist man genöthigt, bei der Lampe zu arbeiten. Da das grelle Licht der Lampe das Auge sehr angreift und gewöhnlich nicht die für die Beobachtung brauchbaren Bilder liefert, so soll man es auf irgend eine Weise schwächen. Entweder wendet man nur den ebenen Spiegel zur Beleuchtung des Objectes an, wenn ein solcher an dem Mikroskop vorhanden ist, oder man stellt die Lampe 0,6–1,0 Meter entfernt, oder man stellt zwischen Mikroskop und Lampe eine bläuliche Glasscheibe oder eine Glastafel auf, welche durch Abreiben mit feuchtem Schmirgel matt gemacht ist. Ein Stück dünne alte Leinwand, dünnes paraffinirtes[5] Velinpapier erfüllen denselben Zweck. Bei wenig durchsichtigen Objecten versucht man indess die[S. 55] Beleuchtung durch directes Lampenlicht. Beobachtungen mit polarisirtem Licht erfordern immer eine möglichst helle Beleuchtung und können bei Lampenlicht vorgenommen werden. Bei Gebrauch der stark-vergrössernden Objective hat man stets, wie schon früher angegeben ist, ein dunkleres Sehfeld.
Undurchsichtige Objecte werden von oben beleuchtet, entweder durch die für diesen Zweck vor das Mikroskop zu stellende oder über dem Objecttisch und seitlich daran vorhandene planconvexe Beleuchtungslinse mit grosser Brennweite oder durch ein Prisma. Die geeignetste Beleuchtungsvorrichtung ist hier der Lieberkühn’sche Spiegel, ein Hohlspiegel, welcher an das untere Ende des Objectivs angesetzt wird; man trifft ihn jedoch sehr selten an.
Das Object, welches man beobachten will, darf nicht zu gross und nicht zu dick sein, sondern klein und möglichst dünn. Dann soll man auch nicht zu viel des Gegenstandes, wie pulverige Körper oder Flüssigkeiten, auf das Objectglas bringen, sondern nur einige wenige Körner oder einen Tropfen. Will man das Object, wie es gewöhnlich geschieht, in Wasser, Glycerin etc. betrachten, so nimmt man mittelst eines Glas- oder Holzstabes einen Tropfen der Flüssigkeit auf, überträgt diesen Tropfen auf das Objectglas, wo sich bereits etwas des pulverförmigen Körpers befindet, und mischt durch Rühren mit dem Stabe. Nachdem das Deckglas darüber gelegt ist, bringt man das Object unter das Objectiv. Chemische Flüssigkeiten (Reagentien), wie Salmiakgeist, alkalische Laugen, Säuren, Jodwasser etc. werden auf dieselbe Weise wie das Wasser mittelst eines Glasstabes auf das Objectglas übertragen, oder man lässt den Tropfen am Rande des Deckgläschens abfliessen und von hier aus sich mit der Flüssigkeit unter dem Deckglase vermischen.
Statt des Wassers zum Benetzen der Objecte ist verdünntes Glycerin, eine Mischung aus 70 Th. Glycerin,[S. 56] 15 Th. 90proc. Weingeist und 15 Th. Wasser, zu empfehlen. Man hält dieselbe in einer kleinen Flasche, welche mit einem Korke, durch welchen ein Glasstab gesteckt wird, verschlossen ist. Mit dem Glasstabe nimmt man die Flüssigkeit tropfenweise heraus, um sie auf das Objectglas zu übertragen. Diese Flüssigkeit erhält sich dauernd klar und trocknet nicht ein. Man kann daher die damit genässten Objecte mehrere Tage reserviren, um sie wiederholt unter dem Objective zu mustern.
In Folge der dem Glase adhärirenden Luft, welche von einer wässrigen Flüssigkeit nicht gelöst wird, bilden sich zwischen Objectglas und Deckgläschen Luftbläschen, welche man sich hüten muss, für ein mikroskopisches Object zu halten. Sie lassen sich an ihrer Scheiben- oder vielmehr Kugelform, ihrer völligen Durchsichtigkeit und dem gleichmässigen dunklen breiten, scharf begrenzten Rande erkennen. Dieser Rand findet sich auch an anderen Lufträumen in der Flüssigkeit, welche nicht Luftbläschen sind. Die Luftbläschen entstehen spärlich bei Anwendung jenes verdünnten Glycerins oder einer Mischung aus Glycerin und Spiritus. Analog den Luftbläschen bieten hohle, röhrenförmige, mit Luft gefüllte, durchsichtige Objecttheile dunkele scharfbegrenzte bandartige Ränder, welche einen hellen Streifen einfassen.
Die Dicke der Schicht, welche das Object bildet, ist für das unbewaffnete Auge oft verschwindend klein, nicht aber für das in das Mikroskop schauende, besonders bei[S. 57] den mittleren und stärkeren Vergrösserungen. Nur die Ebene des Objectes, in welchem der Brennpunkt des Objectivs liegt, sehen wir in dem mikroskopischen Bilde, was in anderen Ebenen liegt entweder nicht oder undeutlich und verschwommen. Hebt oder senkt man daher den Objecttisch durch die Mikrometerschraube oder, was dasselbe sagt, verlegt man den Brennpunkt des Objectivs in eine andere Ebene des Objects, so erhält man das Bild dieser Ebene. Besteht das Object z. B. in einem Gemisch aus Wasser und pulverigen Substanzen von verschiedener Eigenschwere, so kann man sehr wohl drei verschiedene Bilder erlangen und zwar von der oberen, der mittleren und der untersten Schicht, aus welcher das Object besteht. In dem Bilde der untersten Schicht wird man die Substanzen erblicken, welche schwerer als Wasser sind, in der obersten diejenigen, welche leichter als Wasser sind. Hieraus folgt auch die Erklärung, warum das mikroskopische Bild im Allgemeinen nur die Flächenausdehnung des Objectes wiedergiebt, nicht aber die Dicke desselben.
Das mit Wasser oder einer anderen Flüssigkeit gemischte Object zeigt häufig Bewegungserscheinungen, wenn es unter dem Objectiv beobachtet wird. Die Ursache ist zunächst das Bestreben der Flüssigkeit, sich in’s Gleichgewicht zu setzen, was um so eher herbeigeführt wird, wenn der Tisch, worauf das Mikroskop steht, eine wagerechte Stellung hat. Dann sieht man häufig aber auch, nachdem die Flüssigkeit längst in das Gleichgewicht gekommen ist, die mikroskopischen Theile in tanzender (Brown’s Molekularbewegung) oder nach verschiedener Richtung stattfindender Bewegung (Molekularattractionsbewegung), welche keinen andern Grund zu haben scheint, als die gegenseitige Annäherung mehrerer Korkstücken, welche in einem Gefässe auf der Wasserfläche schwimmen. Ferner muss ein schraubenförmig gewundenes Object, welches sich vorwärts und zugleich um seine Axe dreht, den täuschenden Schein[S. 58] einer Schlangenbewegung zeigen. Diese Erscheinung beobachtet man an mehreren Species der Algen aus der Familie der Oscillariaceen (Vibrio, Spirochaeta, Spirulina, Spirillum etc.).
Diese Bewegungserscheinungen sind erwähnt, um den Anfänger in mikroskopischen Beobachtungen vor der Annahme freiwilliger Bewegungen oder thierischen Lebens an sonst todten Körpern zu warnen. Wirkliche Bewegungen infusorischer Thierchen, z. B. des Räderthierchens, die Flimmerbewegung (Bewegung von Härchen, Fäden, Wimpern) an mikroskopisch kleinen Thierchen lassen sich leicht erkennen. Jevons bezeichnet jene Bewegungen mit Pedesis.
Mit dem Maasse der Vergrösserung wächst scheinbar auch die Schnelligkeit der Bewegung. Würde ein kleines Object, z. B. ein Vibrio, bei 500facher Linearvergrösserung den Raum des Gesichtsfeldes in einer halben Secunde durchschwimmen, so ist man verleitet anzunehmen, dass es sich fast pfeilschnell fortbewege, während es in Wirklichkeit in derselben Zeit kaum 1 Millimeter weitergerückt ist. Scheinbar hat es in einer Secunde den Weg von 500 Millimetern zurückgelegt. Die Schnelligkeit der Bewegungen ist also hier wohl nach Zeit und Raum zu bemessen.
Erwähnung verdienen die sogenannten Mouches volantes oder Scotomata (das Mückensehen) in Form rundlicher oder perlschnurähnlicher oder schlingenförmiger Bilder, welche im Sehfelde schweben oder darüber hinwegfliegen. Sie entstehen durch das Auge selbst und zwar theils durch die schleimigen Absonderungen der Meibom’schen Drüsen, theils durch runde kleine Körperchen im hinteren Theile des Glaskörpers des Auges. Diese Mouches volantes geben keine Ursache der Besorgniss ab. Werden sie sehr lästig, so unterbricht man das Sehen in das Ocular auf einige Augenblicke.
Mit den chemischen Flüssigkeiten muss man vorsichtig umgehen, weil sie, in Berührung mit den Metalltheilen des Instruments gebracht, diese leicht angreifen und verderben.[S. 59] Die Säuren und Laugen greifen sogar das Flintglas der Objective an. Wenn man also mit Reagentien arbeitet, so soll dies nie ohne Deckglas geschehen. Wäre das Objectiv damit verunreinigt, so ist es sofort mit reinem Wasser abzuspülen.
Wer viel und oft mit dem Mikroskope arbeiten muss und des Aus- und Einpackens desselben überhoben sein will, wird gut thun, es unter einer Glasglocke aufgestellt zur Hand zu halten, und zwar an einem trockenen Orte im Wohnzimmer. Das Mikroskop, welches aus einem kalten Zimmer herbeigeholt ist, kann nicht sofort gebraucht werden, denn Objectivglas und Ocularglas würden mit Feuchtigkeit beschlagen, letzteres durch die Ausdünstung des Mundes und des Auges. Man muss dann warten, bis es die mittlere Temperatur angenommen hat. An einen warmen Ort darf man es auch nicht stellen, denn die Kitt- und Canadabalsamverbindung an den Linsen würde leiden. Orte, an welchen Schwefelwasserstoffentwickelungen stattfinden, wie in chemischen Laboratorien, sind keine Aufbewahrungsorte, denn dieses Gas ist nicht ohne Einfluss auf den Bleigehalt der Linsen, auch schwärzt es die Metallfassung.
Die Linsen werden, wenn sie bestäubt sind, mit einem weichen trockenen Haarpinsel oder durch sanftes Reiben mit feiner alter weicher Leinwand oder weichem Handschuhleder klar gemacht. Das Stativ darf weder durch scharfe Putzsubstanzen, Wiener Kalk, Kreide etc., noch durch Abreiben mit Spiritus gereinigt werden. Damit würde der Lack, mit welchem die Metalltheile überzogen sind, verloren gehen. Die Reinigung geschieht mit trockener, sehr weicher, feiner alter Leinwand und, wenn es nöthig ist, unter Anfeuchten mit etwas Wasser. Man reibt damit nach dem Striche des Lackanstriches; nicht quer darüber hinweg. Wer diesen Rath nicht befolgt, raubt seinem Instrument das elegante Aussehen.
In die Objective fällt nur zu häufig Staub und Schmutz,[S. 60] welche im Sehfelde vergrössert zum Vorschein kommen und bei der Beobachtung sehr störend wirken. Diese Staubtheile sieht man sofort am besten, wenn man durch das gegen das Licht gehaltene Objectiv und zwar von seiner unteren Seite (der Flachseite der Linse) aus blickt. Man schraubt es dann aus einander und reinigt die Gläser mit einem trocknen Pinsel. Sind keine besonderen Staubdeckel für die Objective vorhanden, so schliesse man ihre Oeffnung mit einem reinen glatten Korke.
Das Auge soll man durch langes Sehen in das Mikroskop nicht zu sehr ermüden, sondern öfter ausruhen lassen. Gut ist es, das eine und das andere Auge abwechselnd in dem Hineinsehen zu üben und dadurch beide Augen an die Anstrengung zu gewöhnen. Ferner ist es auch weniger angreifend, wenn man das eine Auge offen hält, während das andere in das Instrument sieht. Man versuche sich daran zu gewöhnen. Ein gesundes Auge wird durch mikroskopische Uebungen weder geschwächt, noch in seinem optischen Vermögen gestört, sondern nur ermüdet. Hütet man das Auge vor dem Einflüsse zu grellen Lichtes bei Beleuchtung der Objecte und gönnt man ihm öftere Ruhe, so wird es sogar für seine mikroskopischen Arbeiten gestärkt. Der Gebrauch des Mikroskops ist weder dem Weitsichtigen noch dem Kurzsichtigen untersagt, der letztere ist sogar vor allen Anderen für mikroskopische Arbeiten befähigt, diejenigen jedoch, welche an Congestionen nach dem Kopfe leiden, dürfen sich auf angestrengte mikroskopische Arbeiten nie einlassen.
Männer in den mittleren Jahren und ältere empfinden das Unbequeme und Lästige, anhaltend stehend mit abwärts geneigtem Halse und Kopfe oder wohl gar mit gekrümmtem Nacken am Mikroskop zu arbeiten. Wenn an dem Mikroskop die Vorrichtung zum Umlegen fehlt, so stelle man es auf einen genügend niedrigen Tisch, vor welchem man wenigstens sitzend in das Instrument blicken kann.
Hierüber lassen sich in kleinem Rahmen schon wegen der Mannigfaltigkeit der Körper und wegen der Verschiedenheit der Zwecke, wozu die Objecte dienen, keine ausführlichen Anweisungen geben. Wer darüber mehreres nachlesen will, dem empfehle ich die in der Vorrede erwähnten Werke über das Mikroskop. Gewöhnlich eignet sich der Anfänger durch die Uebung die nöthige Technik und Umsicht an, oft schneller als durch Belehrung aus den Büchern.
Flüssigkeiten bedürfen selten einer besonderen Behandlung. Von grösseren Körpern macht man sehr feine Schnittchen. Hierin liegt eigentlich die Kunst, dem Auge den innern Bau oder die organische Zusammensetzung der Objecte sichtbar zu machen. Das Object, was nicht genügende Durchsichtigkeit bietet, ist für ein Mikroskop nicht geeignet. Die Lichtstrahlen müssen von dem Objecte nothwendig zu dem Auge des Beobachters dringen. Sind die Körper hart und spröde, so weicht man sie in kaltem oder heissem Wasser, Spiritus, Glycerin, verdünnter Aetzlauge etc., je nachdem dies zulässig ist, ein, um sie weich zu machen. Dann schneidet man feine Schnittchen davon ab. Als Theilungs- und Schneideinstrument gebraucht man Doppelmesser (von Valentin, Gerber, Harting), Doppellancetten, Doppelmeissel. Für den gewöhnlichen Gebrauch reichen ein oder zwei scharfe, lancettförmige Messer,[S. 62] ein solches mit dicker und ein solches mit dünnerer Klinge aus. Im Nothfall versieht ein Rasiermesser denselben Dienst. Nothwendig gebraucht man zwei Präparirnadeln, Nadeln aus Stahl mit eckigem Handgriff (Fig. 48), eine krumme Scheere, eine Pincette, einige grössere und kleinere Haarpinsel. Zum Zerschneiden harter Körper zu sehr dünnen Schnitten wendet man eine Uhrfeder an, welche wie eine Säge aufgespannt ist.
Das Messer (auch das Doppelmesser), womit man eine feine Schnitte eines weichen Körpers machen will, wird zu diesem Behufe vorher mit Wasser befeuchtet. Die Schnitte, welche sich beim Schneiden auf die Klinge des Messers schiebt, nimmt man mit einer Nadel, besser, wenn sie sehr zart ist, mit einem Pinsel auf und trägt sie auf das Objectglas. Kommt es nicht auf die Erhaltung der Gestalt des Objectes an, wie bei der Fleischfaser zur Untersuchung auf Trichinen, so macht man die Schnitte bequemer mit der krummen Scheere, legt sie mittelst einer Nadel auf das Objectglas und zerfasert oder breitet sie daselbst mit Hilfe der Präparirnadeln aus. Als Unterlage beim Schneiden mit dem Messer dient ein glattes Stück Korkholz (ein grosser Korkpfropfen)[S. 63] oder eine Scheibe aus Knochen. Das Reinigen oder Auswaschen zarter weicher Objecte (um sie z. B. von Salzen, Stärkemehl, Harz, Fett etc. zu befreien), vollführt man mittelst eines weichen Pinsels, der nach Art des Wegzuwaschenden mit Wasser, Spiritus, Aether etc. getränkt ist. Ueberflüssige Flüssigkeit wird von dem Objectglase mittelst eines Streifens Fliesspapiers oder einer kleinen Pipette weggenommen.
Sind die Körper zu klein, um daraus Schnitten zu machen, so mischt man sie entweder mit einer Mischung aus gleichen Theilen feingepulvertem Gummi Arabicum und Wasser und lässt die Masse trocknen, oder man klebt den sehr dünnen Körper (wie Haare, Borsten) mit Gummischleim auf Korkholz auf. Das der Schnitte anhaftende Gummi wird mit Wasser weggewaschen. Weiche animalische und vegetabilische Theile trocknet man bis zu einem gewissen Grade, macht dann Schnitten davon und weicht diese in Wasser wieder auf.
Um einen animalischen weichen Körper starrer für den Schnitt zu machen, legt man ihn in Spiritus, anfangs in schwachen, später in stärkeren. Ein Erhärtungsmittel für animalische Theile ist eine dünne Lösung von Chromsäure, essigsaurem Kali, besonders aber von Chlorcalcium.
Harte Pflanzentheile erweicht man durch Kochen mit Wasser oder durch Einweichen in schwacher Kalilauge oder filtrirter Pottaschenlösung.
Von harten Mineralsubstanzen in Stücken, welche Ueberreste organischer Wesen enthalten, kratzt man kleine Partikel ab oder pulvert sie. Werden dadurch jene Ueberreste in zerbrochener Form erhalten, so kann man die Substanz in eine kochend heisse Glaubersalzlösung werfen und darin erkalten lassen. Wenn sie ein poröses Gefüge hat, so wird sie auf diese Weise mürbe.
Will man die Erscheinungen beobachten, welche chemische Agentien auf Objecte ausüben, so pflegt man die[S. 64] Lösung des Reagens mittelst eines Glasstabes an den Rand des Deckglases zu tragen, damit es durch Capillarität zwischen Deckglas und Objectglas eindringt. Soll das Reagens langsam zum Object treten, so verbindet man einen Tropfen des Reagens r (Fig. 50) mit dem Object o unter dem Deckglase durch einen leinenen oder baumwollenen Faden.
Als Färbesubstanzen für Objecte eignen sich Lösungen von den verschiedenen Anilinfarbstoffen in Weingeist oder in jenem S. 55 erwähnten verdünnten Glycerin; blauer Karmin, gelöst in verdünntem Glycerin; oxalsaure Lösungen des Berlinerblau; rother Karmin, gelöst in verdünntem Salmiakgeist; eine Tinktur aus rothem Sandelholz und glycerinhaltigem Spiritus.
Ist ein Object nun passend vorbereitet für die Beobachtung, so wird es mit einem Deckgläschen bedeckt. Dadurch wird das Object vor äusseren Zufälligkeiten geschützt, die Flüssigkeiten können weniger verdunsten und, was die Hauptsache ist, das Object wird dadurch in eine ebene Fläche gebracht. Das Maass des Druckes, unter welchem das Deckglas aufgelegt wird, hängt von der natürlichen Beschaffenheit des Objectes ab. Die Vorrichtungen zur Erzeugung eines constanten Druckes sind schon Seite 31 angegeben. Sie werden angewendet, wenn ein gleichmässiger Druck zwischen Daumen und Zeigefinger nicht ausreicht. In manchen Fällen wird man bei Flüssigkeiten und pulpösen Substanzen das Deckglas sanft hin- und herschiebend auf das Object drücken, um eine recht dünne Flüssigkeitsschicht zu erzeugen und[S. 65] die Adhäsion des Deckglases an das Objectglas zu vermehren, oder kleine Thierchen in ihren Bewegungen zu hindern, oder hohle Körper von nicht hohlen zu unterscheiden. Bei Untersuchung kleiner Wesen (Infusorien, Algen) legt man ein kleines Papierschnitzel oder einen Seidenfaden unter das Deckglas, um den Druck auf das Object nicht zu weit zu führen. Dasselbe muss geschehen, wenn man die Bewegung der Säfte in zarten Pflanzentheilen (wie in den Wurzelhaaren von Hydrocharis Morsus ranae L., den Haaren von Urtica etc.), welche mit Wasser unter das Mikroskop gebracht werden, beobachten will.
Zarte sehr durchsichtige Objecte, welche das Licht zu wenig brechen, werden durch Färbung sichtbar gemacht und je nach ihrer natürlichen Beschaffenheit wendet man dünne Lösungen von Jod, Chromsäure, Eisenchlorid in Wasser an. Zur Darstellung der Jodlösung mischt man 1 bis 2 Tropfen Jodtinktur mit circa 150 Tropfen Wasser oder der bereits früher erwähnten Mischung aus 70 Theilen reinem Glycerin, 15 Theilen Weingeist und 15 Theilen Wasser. Um eine stärkere Färbung zu erzeugen, mischt man 2 bis 4 Tropfen Jodtinktur mit 50 Tropfen Wasser und 50 Tropfen Weingeist. Um die Structur zarter und sehr durchsichtiger Objecte sichtbar zu machen, weicht man das Object einige Zeit in Farbstofflösungen, wie sie auf der vorhergehenden Seite angegeben sind, ein.
Eine sehr wesentliche Angelegenheit des Mikroskopikers ist die, die Präparate in ihrem natürlichen Zustande aufzubewahren. Die Vorbereitungen und Vorsichtsmaassregeln hierzu sind natürlich je nach der Beschaffenheit der Objecte[S. 66] sehr verschiedene und sind auch abhängig von den Erfahrungen des Mikroskopikers. Daher können hier nur Andeutungen gegeben werden.
Eine Menge Objecte werden trocken aufbewahrt, wie Salzniederschläge, Kieselpanzer, Haare, Fischschuppen, Insektenschuppen, Gespinstfasern. Auf das Object legt man ein dünnes Deckgläschen und verklebt dieses und das Objectglas mit einem Streifen bunten Papiers, welcher in der Mitte, wo das Object liegt, durchbrochen (ausgelocht) ist. Als Klebemittel gebraucht man einen dicken Schleim aus arabischem Gummi. Während des Verklebens hält man das Deckglas gegen das Object etwas angedrückt. Auf das Papier schreibe man den Namen des Objectes.
Trockene vegetabilische und animalische Objecte, welche noch einen solchen Feuchtigkeitsgrad besitzen, dass sie der Erzeugung von Algen oder Parasiten ausgesetzt sind, bringt man auf das Objectglas und bedeckt sie mit einem Tropfen einer Flüssigkeit aus 1 Th. venetianischem Terpentin und 100 Th. französischem Terpentinöl. Nachdem der Tropfen Flüssigkeit an einem staubfreien Orte abgedunstet ist, legt man das Deckglas auf und verklebt.
Sehr viele Objecte, deren natürlicher Zustand von einem starken Feuchtigkeitsgrade abhängt, müssen in einer Flüssigkeit bewahrt werden, welche der Selbstentmischung nicht unterliegt, auf das Gefüge des Objectes nicht auflösend wirkt und der Bildung von Pilzen und Algen zuwider ist. Eine solche Flüssigkeit ist zunächst eine mit wenig Carbolsäure versetzte und dann filtrirte Lösung des reinen Chlorcalciums in der 5- bis 6fachen Menge verdünntem Glycerin, oder eine Lösung von 1 Th. hellem Leim in 2 Th. verdünnter Essigsäure.
Zur Aufbewahrung in der Chlorcalciumlösung eignen sich die meisten animalischen Substanzen, wie Infusorien, Milben, Würmer, Zellsubstanz, Gehirn, Rückenmark, Haare, Schuppen etc., ferner ein sehr grosser Theil vegetabilischer Substanzen, jedoch darf man hier nicht übersehen, dass die[S. 67] Lösung die Stärkemehlkörner anschwellt und durchsichtiger macht. Sollen diese also ihre natürliche Form bewahren, so darf die Chlorcalciumlösung nicht angewendet werden, dagegen aber verdünntes Glycerin (Mischung I).
Als geeignete Flüssigkeiten für thierische und vegetabilische Objecte, welche sehr leicht der Vermoderung oder Fäulniss unterliegen, oder welche im feuchten Zustande aufbewahrt werden, sind folgende Mischungen oder Lösungen zu empfehlen:
I. | II. | III. | |||||
Glycerin | 70 | Glycerin | 100 | Glycerin | 100 | ||
Spiritus | 15 | Spiritus | 50 | dest. Wasser | 80 | ||
dest. Wasser | 15 | dest. Wasser | 50 | Sublimat | 1 | ||
Carbolsäure | 3 | ||||||
IV. | V. | VI. | |||||
Glycerin | 50 | Glycerin | 100 | Glycerin | 100 | ||
Chlorcalcium | 20 | Kochsalz | 10 | dest. Wasser | 100 | ||
dest. Wasser | 100 | essigs. Alaunerde | 5 | Salzsäure | 5 | ||
Spiritus | 30 | dest. Wasser | 50 | Sublimat | 1 |
Diese nach Gewichtstheilen ausgeführten Mischungen werden entweder durch Filtration oder durch Absetzenlassen in verschlossenen Gefässen oder durch Klarabgiessen gereinigt.
Die Objecte lässt man mehrere Stunden und länger in einer dieser Flüssigkeiten liegen, damit sie sich damit gehörig vollsaugen, oder man legt sie auf den Objectträger und giebt einen Tropfen der mit gleichviel Spiritus gemischten Flüssigkeit darauf. Dies wiederholt man nach dem Abdunsten, bis das Object genügend getränkt erscheint. Thierische Substanzen, welche leicht faulen, erfordern beispielsweise die Mischung II., Blutkörperchen die Mischung III., gefärbte animalische Körper die Mischung V., kleine Thiere, Algen etc. die Mischung IV., die meisten Pflanzenpräparate die Mischung II. und IV., Stärkemehlkörner die Mischung I.
[S. 68] Färbungen mit Chromsäure sind bei Gebrauch dieser Mischungen nicht anwendbar, dagegen verträgt sich die Chromsäure mit wässriger Chlorcalciumlösung. Zur Färbung der Stärkemehle bedient man sich des Jodwassers oder einer
Jodlösung, dargestellt aus 2 Th. Jod, 3 Th. Jodkalium, 70 Th. Glycerin, 15 Th. Wasser und 15 Th. Spiritus.
Flüssigkeiten und Mischungen zur Conservirung mikroskopischer Objecte sind mehrere gerühmt: Dane empfiehlt ein Gemisch aus 4 Th. Glycerin, 2 Th. dest. Wasser, 1 Th. Gelatine; Beale eine Verbindung des Glycerins mit Leim (das Gemisch wird vor der Anwendung erwärmt). Farrants gebraucht eine Mischung aus gleichen Theilen arab. Gummi, Glycerin und einer gesättigten wässrigen Lösung von arseniger Säure. Die Goadby’sche Flüssigkeit (conserving liquor) wird bereitet aus Kochsalz 60 Gm., Alaun 30 Gm., Sublimat 0,13 Gm., kochendem destill. Wasser 1300 Gm. und durch Filtration (sehr zu empfehlen). Pacini empfiehlt 2 Flüssigkeiten. I. Sublimat 1 Th., reines Chlornatrium 2 Th., Glycerin 13 Th., destill. Wasser 113 Th. II. Sublimat 1 Th., Essigsäure 2 Th., Glycerin 43 Th., dest. Wasser 215 Th.
Mitunter werden trockene Objecte (wie Theile von Insekten, Sporen, Pollen) in Canadabalsam, eine Terpentinart, die sich auch durch einen klaren venedischen Terpentin ersetzen lässt, eingelegt. Ist der Terpentin zu dick, so verdünnt man ihn mit etwas Terpentinöl bis zur Dickflüssigkeit.
Die Färbung der Objecte bietet manche Vortheile, indem einzelne Theile derselben sich mit dem Farbstoff verbinden und dadurch für das Auge schärfer hervortreten. Geeignete Farbstoffe sind Indigocarmin (in Wasser klar löslicher), Anilinpigmente, Blauholztinctur. 1 Th. Indigocarmin wird in 100 Th. destill. Wasser und 8 Th. Spiritus, 1 Th. Anilinpigmente (Rosanilin) in einer Mischung von 100 Th. Spiritus und 100 Th. Wasser gelöst. Die Blauholz- (Campecheholz-) Tinktur wird aus 1 Th. des kleingeschnittenen[S. 69] Blauholzes, 20 Th. Spiritus und 30 Th. Wasser unter Maceration dargestellt. Jede dieser Pigmentlösungen muss durch Papier filtrirt sein. Davon setzt man zu je 100 Th. der oben angegebenen 6 Objectflüssigkeiten 3–5 Th. In letzterer Mischung kann das Objectstück eingeweicht werden, um es dann in der nicht gefärbten Flüssigkeit unter das Deckglas zu bringen. Um Objecte oder die Umrisse einzelner Theile derselben schwarz zu tingiren, befeuchtet man sie mit Höllensteinlösung (1 Th. Höllenstein in 30 Th. destill. Wasser), wäscht sie nach Verlauf einer halben bis ganzen Stunde mit destillirtem Wasser ab und bringt sie mit den Flüssigkeiten I. oder II. unter das Deckglas. Die Flüssigkeiten III.-VI. sind hier nicht verwendbar.
Die Bedeckung mit Deckglas geschieht in folgender Weise. Das reine trockne Deckglas erfasst man an einer der Ecken mit einer sich selbst schliessenden Pincette, bestreicht den Rand der Fläche, welche dem Objecte zugewendet werden soll, in einer Breite von 2 bis 3 mm mit einem der unten erwähnten Lacke I. und II., legt hierauf das Deckglas auf das mit einem Tröpfchen der Conservationsflüssigkeit bedeckte Object, fasst Deckglas und Objectträger zwischen Daumen und Zeigefinger der linken Hand, ohne jedoch zu drücken, trocknet den Rand des Deckglases und die daran stossende Umgebung auf dem Objectträger mit Fliesspapier ab und umzieht mittelst Pinsels den äusseren Rand des Deckglases mit einem breiten Striche Lack I. oder II., so dass der Strich in seiner Breite zur Hälfte auf dem Deckglase, zur Hälfte auf dem Objectträger ruht. Der Strich, welcher sehr schnell trocknet, wird sofort noch einmal mit Lack überzogen. Nach einigen Stunden giebt man einen dritten Ueberzug. Zuletzt giebt man einen Ueberzug mit dem Lack III. Bei jedem neuen Lacküberzuge streicht man um eine Zwirnsfadenbreite über die Grenze des trocknen Anstrichs hinweg.
In vielen Fällen ist das Einlegen der Objecte in flüssigen[S. 70] Leim anwendbar. Dieser ist besonders bequem, da er sehr durchsichtig ist, den Raum zwischen Deckglas und Objectglas gut füllt und das, was davon beim Druck des Deckglases über den Rand dieses letzteren heraustritt, schnell trocknet und hart wird. Dieser Rand wird mit einem ähnlichen Leim, der mit Chromgrün, Chromgelb, Schwarz etc. präparirt und gemischt ist, eingefasst. Ist diese Einfassung völlig trocken, so lackirt man sie mit Lack III. oder besser mit dem Universallack (IV.).
Bei der Darstellung mehrerer Objecte ist das Halten zwischen den Fingern sehr lästig und zeitraubend. Bequem sind dann die Objecthalter, von welchen man mehrere neben einander auf ein circa 8 Ctm. breites Brett mittelst Siegellacks aufgesetzt hat. Ein Objecthalter besteht aus 2 Korken (Fig. 51, a u. b), welche durch einen zweischenkeligen messingenen Draht gegen einander gedrückt werden. Der Kork a ist mit Siegellack auf das Brett d gesetzt. Die Löcher in den Korken, in welche man den Draht steckt, sind durch eine glühende Stricknadel vorgebohrt. Durch den Kork a geht der Draht in der ganzen Länge des Durchmessers des Korkes, in den Kork b reicht er nur zu[S. 71] 2/3 der Länge desselben. Der Kork b wird nach der Grösse der Deckgläser gewählt und ist an der Fläche, mit welcher er auf dem Kork a steht, etwas ausgebuchtet, so dass er nur mit seinem Rande auf das Deckglas drückt, die Mitte des Deckglases also geringeren Druck erfährt. Die Darstellung dieser Vorrichtung ist keine schwierige. Jeder, wer derselben bedarf, kann sie sich selbst besorgen.
Indem man den Kork b sanft hebt, schiebt man das Object darunter, versieht es daselbst mit der Leim- oder Lackfassung etc.
Flüssiger Leim. 10 Th. heller, klarer Tischlerleim werden in 10 Th. kochendem Wasser gelöst und noch heiss mit 10–12 Th. concentrirtem Essig (Acidum aceticum dilutum der Apotheken), sowie einigen Tropfen Carbolsäure versetzt. Sollte er nach dem Erkalten gelatiniren, so macht man ihn durch Erwärmen wieder flüssig und setzt noch 1 bis 2 Th. oder soviel concentrirten Essig hinzu, bis er nach dem Erkalten flüssig bleibt. Der hellere Tischlerleim ist der sogenannten Gelatine vorzuziehen.
Schwarzer Lack I. Nimm 1 Th. Leinölfirniss und 10 Th. Bernsteinkolophon (Colophonium Succini). In einem porcellanenen oder irdenen Töpfchen schmilzt man beides zusammen. Man nimmt das Gefäss vom Feuer oder von der Lampe weg und lässt es etwas abkühlen. Hierauf giesst man (vom Feuer entfernt) unter Umrühren mit einem eisernen Spatel in sehr kleinen Portionen nach und nach 15 Th. französisches Terpentinöl und nach einer Stunde, wo die Mischung ziemlich abgekühlt ist, 10 Th. Benzin hinzu. Das Ganze bringt man in eine trockene Flasche, worin sich 10 Th. zerstossenes Judenpech (reiner Asphalt) befinden. Man pfropft zu, stellt es einige Tage bei Seite und schüttelt öfter um. Ist der Lack zu dickflüssig, so verdünnt man ihn mit Terpentinöl. Statt dieses Lackes kann man auch gewöhnlichen Eisenlack anwenden.
[S. 72] Weisser Lack II. Mastix 10 Th., Dammar 4 Th., Sandarak 4 Th., sämmtlich zerstossen, vened. Terpentin 1 Th., 20 Th. französ. Terpentinöl und 10 Th. Benzin werden in einer Flasche mehrere Tage öfter umgeschüttelt und hierauf die Lösung, nachdem die Flasche gut zugepfropft ist, zum Absetzen bei Seite gestellt. Der später klar abgegossene oder filtrirte Lack wird theils zum Gebrauch in einem Mörser mit trocknem Permanentweiss zusammengerieben, theils, wie er ist, aufbewahrt. Er giebt einen guten Glanz und besitzt viel Zähigkeit. Ist er zu dünn, so darf man nur das Gefäss, worin er ist, einen Tag geöffnet stehen lassen.
Glanzfirniss III. Sandarak 12 Th., Mastix 6 Th. werden etwas zerstossen in eine trockene Flasche geschüttet, dazu Copaivabalsam 2 Th., venedischer Terpentin 3 Th., französisches Terpentinöl 4 Th., und wasserfreier Spiritus 36 Th. gegeben. Man stellt die zugepfropfte Flasche 8 Tage bei Seite, schüttelt dabei öfters um und lässt dann den Lack einige Wochen klar absetzen. Als Lack für Messingtheile an dem Mikroskop mischt man gleiche Theile dieses Glanzfirnisses und einer filtrirten Lösung von 5 Th. gutem Schellack und 2 Th. Drachenblut in 45 Th. wasserfreiem Spiritus.
Universallack IV. 15 Th. guter Schellack, 3 Th. Mastix und 90 Th. käuflicher wasserfreier Spiritus werden in eine zu verstopfende Flasche gegeben und unter öfterem Umschütteln so lange bei Seite gestellt, bis Lösung erfolgt ist. Der Lack wird nach mehrtägigem ruhigem Stehen klar abgegossen. Nimmt man zur Erzeugung eines farblosen Lackes weissen Schellack, so ist noch ein Zusatz von 1 Th. venedischem Terpentin erforderlich.
Wenngleich die bildliche Darstellung mikroskopischer Objecte durch Holzschnitt sehr viel zu wünschen übrig lässt, so reicht sie dennoch für den anfangenden Mikroskopiker aus, ihm eine Vorstellung von den Objecten zu geben, sie zu erkennen, zu unterscheiden und sie aufzusuchen. Sie sind jedenfalls die erste und beste Anleitung, den Anfänger in das mikroskopische Studium einzuführen.
Für das Erkennen der Objecte aus dem Thier- und Pflanzenreiche ist die Bekanntschaft mit der Zelle ein vornehmliches Erforderniss; daher möge eine kurze Erklärung des Wesens und des Baues der Zelle hier einen Platz finden.
Die Zelle allein ist das Material, aus welchem Leben zu Stande kommt, sie ist daher das Element des Lebens, und jeder pflanzliche und thierische Organismus nimmt von einer einfachen Zelle seinen Anfang. Jede Zelle ist eine Lebenseinheit und jeder organisirte Körper besteht aus so vielen Lebenseinheiten, als er Zellen besitzt, die in ihrem ungelösten Zusammenwirken das Leben des Ganzen darstellen. Daher ist das Leben eines thierischen und pflanzlichen Körpers die Summe der Lebenserscheinungen aller Zellen, aus denen er zusammengesetzt ist. Die allen Zellen angehörenden Lebenserscheinungen sind vegetativ und bezwecken die Ernährung oder Erhaltung und die Vermehrung oder Reproduction. Die Zelle ist also zugleich Vegetations- und Reproductionsorgan.
Schleiden war es zuerst, der die Bausteine kennen lernte, aus denen die Pflanze ihren Leib bildet, und zwar die Zellen. Er zeigte zuerst das Wachsthum der kleinen Zellenblase auf und um den sie erzeugenden Zellkern, ihre verschiedenen Formen und Gruppirungen, ihre Umwandlung in Fasern und Gefässe. Die an der Pflanze erforschte Zelle hielt man für ein Eigenthum der Pflanzenwelt. Da trat[S. 74] Henle (1837) den Beweis an, dass die Zelle das Lebenselement der ganzen organisirten Natur sei, indem er die Oberhaut des Menschen als ein Complex von Zellen erkannte, welche selbstständig und ohne Einfluss der Blutgefässe wachsen. Th. Schwann endlich wies (1839) die Uebereinstimmung der „Thiere und Pflanzen“ im Aufbau ihres Körpers aus Zellen und im Wachsthum dieser Zellen mit aller Gewissheit nach.
Die Zelle ist ein bläschenartiges Gebilde, in ihrem ersten Urzustande eine Protoplasmazelle, eine nach aussen begrenzte Portion Plasma oder Protoplasma, Bildungsstoff, welcher sich in seiner Lebensthätigkeit zunächst mit einer Hautschicht, der Zellenmembran, umgiebt und meist auch in seinem Innern die Bildung der Anfänge von Tochter- und Enkelzellen, den Zellkernen und den in diesen lagernden Kernkörperchen ermöglicht. Der Inhalt der lebenden, sich entwickelnden Zelle, deren Gestalt eine sehr verschiedene sein kann, ist theils mehr oder weniger flüssig, theils[S. 75] auch fest. In der von einer Membran eingeschlossenen Pflanzenzelle findet sich als Wandbeleg dieser Membran eine dichtere, oft erhaltende Plasmaschicht (Primordialschlauch) und in dem von letzterer eingeschlossenen Flüssigkeit ein oder mehrere Zellkerne. Das Plasma, der Inhalt der lebenden Zelle, ist nicht structurlos, sondern organisirt, was sich durch die Bewegung, durch die Strömungen in dem flüssigen Theile des Plasma zu erkennen giebt. Bei den trocknen oder abgestorbenen organischen Körpern kommt natürlich die lebende Zelle nicht mehr in Betracht, sondern die todte, nicht vegetirende, trockne, mehr oder weniger feste Zelle.
Die Membran und der Kern der thierischen Zelle bestehen aus Eiweisskörpern verschiedener Art, denn die Membran wird z. B. von verdünnten Säuren (wie verdünnter Essigsäure) leicht aufgelöst, der Kern aber nicht. Der Zelleninhalt besteht theilweise aus Eiweisskörpern in verschiedenen Modificationen, theils in gelöster, theils weicher, theils fester Form. In der Muskelzelle nennt man die Eiweissmodification Syntonin, in den rothen Blutkörperchen Globulin, in den Zellen der Schleimdrüsen Mucin, in denen der Milchdrüse Kaseïn, in den Drüsenzellen der Magenschleimhaut Pepsin etc. Ein Hauptbestandtheil des Zelleninhaltes ist das Wasser, dann kommen darin vor: Fetttröpfchen, mineralische Bestandtheile, ferner auch Pigmente (Haematin, Haemoglobin, Melanin etc.).
Die Pflanzenzelle gleicht in ihrer Constitution der Thierzelle und nur die ältere Pflanzenzelle ist noch von der oben bemerkten, aus Cellulose bestehenden, gewöhnlich polygonalen Membran, der Zellhaut, eingeschlossen. Die äussere Hülle enthält hier also keinen Stickstoff und wird durch Jod und Schwefelsäure blau gefärbt, während eine zuweilen vorkommende entsprechende Hülle an der thierischen Zelle durch genanntes Reagens gelb oder braun gefärbt wird.
Mehl. Die Art des Mehles ist durch die Form der Stärkemehlkörner, welche in jeder Getreidefrucht als Zelleninhalt auftreten, zu erkennen. Es kommen hier die auf den Seiten 77, 78, 79 und 80 angeführten Angaben und Abbildungen in Betracht. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass die Trennung des Getreidesamens verschiedener Art sowohl auf der Dreschtenne wie auf dem Mühlstein keine so sorgfältige zu sein pflegt, dass in einem Weizenmehl sich einige wenige Roggenmehlstärkekörnchen, im Roggenmehle einige Stärkemehlkörnchen des Weizens, der Gerste und des Hafers nicht auffinden lassen sollten. Wo eine Verfälschung oder Unterschiebung eines fremden Mehles zu constatiren ist, muss also auch auf die Zahl der fraglichen Stärkemehlkörnchen Rücksicht genommen werden. In den Fällen, in welchen im Mehle fremde, nicht stärkemehlhaltige Substanzen aufzusuchen sind, mischt man das Mehl mit Jodlösung (S. 64), welche das Stärkemehl blau oder violett tingirt, die fremden Stoffe aber gewöhnlich nur mit der Farbe der Jodlösung versieht. Dies letztere geschieht natürlich auch mit den leicht erkennbaren Trümmern des Gewebes der Getreidefrucht.
Stärke. Im Handel sind die gangbarsten Stärkesorten: Weizenstärke (gewöhnlich nur mit Stärke bezeichnet), Kartoffelstärke, Maisstärke und in neuerer Zeit auch Reisstärke. Verfälschungen der Weizenstärke bestehen in Kartoffelstärke und auch wohl weissen mineralischen Stoffen, deren Partikel unter dem Mikroskop entweder eine krystallinische oder doch eine solche Form zeigen, welche mit dem Stärkemehlkörnchen keine Aehnlichkeit haben und durch Jodwasser nicht blau gefärbt werden. Die Verfälschungen der Kartoffelstärke sind meist mineralische Stoffe, auf welche das vorstehend bemerkte ebenfalls Anwendung findet.
[S. 77] Das Stärkemehlkörnchen, eine Secretionszelle, besteht aus concentrischen, über einander gelagerten Schichten, welche unter dem Mikroskop mehr oder weniger zu erkennen sind. Das Wachsen der Körnchen geht von innen nach aussen vor sich, und die Ernährung geschieht vermittelst einer trichterförmigen Vertiefung, welche man Kern, Nabel, Vacuole nennt. Das Sichtbarwerden der Details wird befördert durch Befeuchten mit Jodwasser (l Th. Jodtinktur und 60 Th. Wasser) oder der Jodlösung, durch Aufquellen in warmem Wasser oder Branntwein.
Fig. 54. | Fig. 55. | |
Kartoffelstärkemehlkörnchen. | ||
200mal vergrössert. | v Nabel oder Vacuole. 350mal vergr. |
Kartoffelstärkemehlkörnchen sind von verschiedener Grösse und abgerundeter Gestalt, meist der Birnengestalt nahe kommend. Die concentrische Schichtung ist an den zarten Linien leicht erkennbar, welche schalenförmig einen (oder zwei) gewöhnlich am schmäleren Theile liegenden Nabel umlaufen. Länge der Körnchen 0,06–0,1 mm.
Roggenstärkemehlkörnchen sind verschieden gross, oval und rund, und viele der grösseren Körnchen[S. 78] zeigen einen 1- bis 4mal linear- oder kreuzförmig gestreiften Nabel. Durchmesser der Grosskörnchen 0,040–0,055 mm.
An den Weizenstärkemehlkörnchen ist der Nabel undeutlich und bei 200facher Vergrösserung als eine punktförmige Vertiefung zu erkennen. Sie sind von zweierlei Grösse, rund oder etwas länglich-rund, im Allgemeinen aber etwas kleiner als die Roggenstärkemehlkörnchen. Durchmesser der grossen Weizenstärkemehlkörnchen 0,035 bis 0,040 mm.
Gerstenstärkemehlkörnchen sind meist weniger gerundet, und einige zeigen schwache Längs- und Querrisse, andere haben eine längliche Form. Durchmesser der Grosskörnchen 0,023–0,026 mm.
Haferstärkemehlkörnchen haben theils eine Apfelkern-, theils Birnenform, wenige sind rund. Durchmesser[S. 79] der Körnchen 0,004–0,005. Die Haferstärke besteht aus zusammengesetzten und einfachen Körnchen. Die zusammengesetzten haben einen Durchmesser von 0,020–0,045 mm.
Buchweizenstärkemehlkörnchen sind klein und haben eine vieleckige Form. Durchmesser 0,015–0,023 mm.
Maisstärkemehlkörnchen sind klein und abgerundet vieleckig, mit sichtbarem, querrissigem oder stark vertieftem Nabel. Durchmesser 0,013–0,023 mm.
Reisstärkemehlkörnchen sind sehr klein und scharfkantig-vieleckig, zuweilen noch in rundlichen Massen dicht zusammenhängend. Durchmesser 0,006–0,007 mm.
[S. 80] Stärkemehlkörnchen der Hülsenfrüchte sind meist oval oder nierenförmig, wenige sind kugelig. Die meisten haben einen länglichen oder auch wohl sternförmigen Sprung oder Nabel.
Neben den Stärkemehlkörnchen findet man im Mehle, besonders in dem Mehle der Hülsenfrüchte, Kleberkörnchen, welche sehr kleinen Körperchen jedoch erst bei circa 80facher Vergrösserung sichtbar sind und bei 400–600facher Vergrösserung ihre grubig-runzelige Oberfläche erkennen lassen.
Sie sind theils dicht, theils hohl und enthalten oft krystallisirte Körper. Sie werden durch Jod nicht blau, sondern gelb gefärbt.
Im Getreidemehl können vorkommen: Mutterkornmehl (Claviceps purpurea Tulasne); ferner die Sporen des Flug- oder Russbrandes (Ustilago Carbo Tulasne oder Uredo segetum), des Schmierbrandes, Weizenbrandes oder Steinbrandes (Tilletia Caries Tulasne oder Uredo sitophila).
Der Mutterkornpilz wuchert auf verschiedenen Gramineen, besonders auf Aehren des Roggens. Dieser Kernpilz durchläuft drei wesentlich unterschiedene Entwickelungsstadien. Im ersten Stadium tritt er zur Zeit der Roggenblüthe als sogenannter Honigthau auf, nämlich als ein zäher gelblicher süsser Schleim von unangenehmem Geruche. In diesem Honigthau beobachtet man unter dem Mikroskop unzählige Spermatien (Stylosporen). Er ist eine Absonderung eines Mycelium (Trieblagers), dessen Hyphen (Fäden, Flocken) den unteren Theil des jugendlichen Fruchtknotens der Getreideblüthe allseitig durchziehen. Dieser Fruchtknotenkörper zeigt innen Lücken und aussen verschieden gewundene Falten und Vertiefungen, ein Spermogoniumlager darstellend. Aus der zelligen Schlauchschicht oder Keimhaut, welche jene Falten und Vertiefungen auskleidet, erheben sich gedrängt stehende basidienähnliche Schläuche, an deren Spitze sich eine Kette kleiner länglich-ovaler Zellen, Spermatien[S. 82] oder Stylosporen, abschnüren. Mycelium und Spermatien erscheinen nach dem Austrocknen der klebrigen Flüssigkeit wie ein weisses, den Fruchtknoten bedeckendes Pilzgewebe.
Das zweite Entwickelungsstadium des Mutterkornpilzes liefert in einem sterilen Stroma das in den Apotheken gebräuchliche und allgemein bekannte Mutterkorn, dessen Genuss im Getreidemehle oder im Brote Ursache der sogenannten Kribbelkrankheit sein soll.
Der Fruchtknoten ist bis zur Spitze von dem Mycelium total zerstört und durchbrochen. In seinem Grunde entsteht nun aber durch Anschwellung und Verdichtung der Mycelienfäden ein innen weisslicher, aussen dunkel violetter Kern, ein steriles Fruchtlager, welches, aus den Spelzen der Aehre hervorwachsend, an seiner Spitze das vertrocknende Spermogonium, sowie Ueberreste der Fruchtknotenspitze wie ein Mützchen trägt. Das sogenannte Mutterkorn ist also[S. 83] ein Pilzfruchtlager, ein Sclerotiumstroma. Das schmutziggelbe vertrocknete Spermogonium (Mützchen) fällt beim Rütteln leicht ab.
Das dritte und letzte Entwickelungsstadium tritt ausserhalb des Bereiches der Getreideähre ein, wenn nämlich das Sclerotiumstroma im Herbst oder Frühjahr auf feuchten Boden gelangt. Nach Verlauf mehrerer Wochen löst sich die violette Oberflächenschicht des Stroma hier und da in Läppchen ab, welche sich umlegen, und an den entblössten Stellen entspriessen kleine weisse Knöpfchen, welche sich anfangs graugelb, dann schmutzig-violett färben und zu dünnen glänzenden, blass-violetten, 3–4 Ctm. langen Stielchen, 1-, seltener 2warzige Knöpfchen an der Spitze tragend, auswachsen. Knöpfchen nebst Stielchen repräsentiren die Pilzfrucht, den Kernpilz.
Jene Knöpfchen oder fertilen Fruchtlager sind dicht von Wärzchen bedeckt und enthalten unter jedem Wärzchen einen eiförmigen Fruchtbehälter (Perithecie), welcher mit zahlreichen, gegen den Scheitel convergirenden, linienförmigen,[S. 84] 8sporigen Schläuchen (Sporenschläuchen) gefüllt ist. Bei der Reife öffnet sich jede Perithecie mit einem Loche inmitten des deckenden Wärzchens. Aus dem oberen Ende des Sporenschlauches treten die fadenförmigen Sporen in Bündeln zusammenhängend aus und schieben sich durch die Perithecienöffnung nach aussen. Nach Flückiger’s Angabe kann ein Sclerotium 20–30 Kernpilzchen tragen, welche mehr denn eine Million Sporen entwickeln. Wie nothwendig die Einsammlung und Vertilgung des Mutterkorns (des Sclerotiumstroma) für die Landwirthschaft ist, wird durch Flückiger’s Forschung angedeutet.
Das Mutterkorn des Weizens ist etwas kürzer und dicker.
Die Erkennung des Mutterkornes (des Sclerotiumstroma) im feineren Mehle mittelst Mikroskops bietet keine[S. 85] Schwierigkeit. In ein Fläschchen giebt man eine Messerspitze des Mehles und Wasser oder verdünntes Glycerin nebst etwas der oben S. 65 erwähnten Jodlösung, schüttelt gut durcheinander und bringt einige Tropfen der Mischung auf das Objectglas. Die Stärkemehlkörnchen sind violett oder blau gefärbt, dagegen zeigen die Theile des Mutterkornes nur die Jodfarbe. Von letzterem sind die Menge Oeltröpfchen, Fäden und Gewebemassen, hier und da mit schwarzem Rande, von der dunkelen äusseren Hautschicht des Mutterkornes herrührend, beachtenswerth. Wenige und vereinzelte Theile des Mutterkorns werden auch in einem guten Mehle nicht selten sein, sind jedoch in gesundheitspolizeilicher Hinsicht nicht von Belang.
Im groben Mehle ist die Erkennung des Mutterkornes wegen Gegenwart einer grösseren Menge Gewebselementen der Getreidefrucht schwieriger. Der Gesundheit nachtheilige Mengen Mutterkorn im Brote und im Mehle sind nur auf chemischen Wege zu bestimmen. Es ist in Deutschland allgemein Gebrauch, das Mutterkorn auf der Dreschtenne von der Getreidefrucht zu sondern, was bis auf wenige Mutterkorntrümmer auch gelingt. Aus einem Sacke gut durchmischtem Korn von einem Kleinbauer entnommen, wurde 1 Kil. genau untersucht und daraus 0,3 g Mutterkorntrümmer gesammelt, gewiss eine Menge, von welcher ein Nachtheil für die Gesundheit nicht zu erwarten ist, selbst wenn sie 3mal mehr betrüge.
Die Theile des Mutterkornpilzes aus dessen dritter Entwickelungsperiode kommen nicht im Mehle, also auch nicht im Brote vor.
Ein Mehl, bis zu 5 Procent mit Mutterkornmehl verunreinigt, giebt beim Zusammenmischen mit Aetzlauge einen Häringsgeruch. Zur weiteren Prüfung extrahirt man das Mehl mit sehr starkem Weingeist und vermischt den Rückstand mit verdünnter Schwefelsäure. Es stellt sich eine rothe Färbung der Mischung ein, wenn Mutterkorn gegenwärtig[S. 86] war, oder man extrahirt das Brot oder Mehl mit einer doppelten Menge Aether, welcher mit 3 Procent verd. Schwefelsäure versetzt ist und schüttelt den Auszug mit concentrirter Natronbicarbonatlösung aus. Es färbt sich der Aether violett, schon wenn 1/5–1/10 Procent Mutterkorn gegenwärtig war. Man kann auch die Portion Mehl für das Objectglas mit etwas starkem Spiritus, dem man auf 30 Tropfen 2–3 Tropfen verdünnte Schwefelsäure zugesetzt hat, mischen und davon unter das Objectiv bringen. Man sieht dann aus den Mutterkorntheilen sofort eine rothe Färbung hervorgehen (die Kleberzellen färben sich später roth).
Der Flugbrand oder Russbrand wird öfter bei Hafer und Gerste angetroffen, seltener im Weizen. Neben den Sporen dieses Staubpilzes, welche eine dunkelbraune Farbe haben und deren jede einen deutlichen Kern zeigt, findet man auch Fädchen (Mycelien).
Die Keimschläuche der am Getreidesamen hängenden Sporen dringen in den Keim des Samens, entwickeln hier[S. 87] ein Mycelium, welches mit der Pflanze fortwächst, in die Fruchtkörner der Aehre endlich eintritt und hier Sporen bildet.
Der Schmierbrand oder Weizenbrand ist ein schmieriges schwarzes, nach Häringslake riechendes Pulver, womit das Weizenkorn statt des Mehles angefüllt ist. Die Sporen dieses Staubpilzes (Tilletia Caries) sind mehr eiförmig und mit kleinen Stacheln oder Borsten besetzt. Ihr Keimschlauch entwickelt an seiner Spitze einen Wirtel von circa 10 Sporidien, deren je zwei durch ein Querband zu einem umgekehrten ∀ verbunden sind. Diese Sporidien fallen ab und treiben Keimschläuche und secundäre Sporidien, welche wieder der Ausgangspunkt eines neuen Myceliums werden.
Arrow-Root, Marantastärke oder Pfeilwurzelmehl, welches von vielen wegen seiner leichteren Verdaulichkeit und Nahrhaftigkeit (?) unseren inländischen[S. 88] Stärkemehlarten vorgezogen, besondere den an Diarrhöe leidenden kleinen Kindern gereicht wird, kommt in verschiedenen Sorten, oft auch mit Reismehl oder Kartoffelstärke verfälscht in den Handel.
Das beste Arrow-Root ist die Bermudasorte oder das eigentliche Marantastärkemehl, geringer schätzt man[S. 89] die Brasilianische Waare, Tapioka oder Kassavastärke, dann das Bombay-Arrow-Root oder Tikmehl und das Tahiti- oder Tacca-Arrow-Root. Mit 100 Th. kochendem Wasser geben diese Stärkemehle einen dickflüssigen, nicht gallertartigen, durchscheinenden Schleim.
Die Körnchen des Marantastärkemehls, sowohl der Bermuda- wie Brasilian-Sorte, sind im Ganzen kleiner als die der Kartoffelstärke, welche am häufigsten als Verfälschung angetroffen wird. Bei letzteren sind die Schichten scharf hervortretend, daher auffallend sichtbar, bei ersteren dagegen sehr zart und daher weniger sichtbar. Statt des punktförmigen Nabels oder Kernes des Kartoffelstärkekörnchen zeigt sich an dem Körnchen der Marantastärke eine kurze, selten 3- bis 4strahlige Querspalte oder eine kleine runde schattige Vertiefung, meist in der Mitte oder dem stumpferen Ende zu, während der Nabel bei den Körnchen der Kartoffelstärke fast immer am spitzeren Ende liegt. Die concentrischen Schichten an den Körnchen der Bombay-Sorte sind gleichfalls zarter wie an denen der Kartoffelstärke. Die Form ist auch eine verschiedene. Die Reisstärkemehlkörnchen (Fig. 62) sind an ihrer eckigen und kantigen Form und an ihrer geringeren Grösse leicht zu erkennen.
Der ostindische Sago ist das in der Wärme in kleine Kugeln geformte Mark der Sagopalme. Behufs der Prüfung unter dem Mikroskop werden einige Kügelchen des[S. 90] Sago zu Pulver gerieben und dieses einige Stunden in kaltem Wasser geweicht. Dadurch schwellen die Stärkemehlkörnchen an und wird ihre Structur restituirt.
Der am häufigsten vorkommende Getreiderost entsteht aus der Vegetation der Puccinia Graminis (Grasrost), welche sich sowohl direct nach Art ähnlicher Pilze, als auch auf dem Wege des Generationswechsels fortpflanzt. Diese Puccinia giebt sich durch rothgelbe Flecke auf dem Blatte des Grasgewächses kund, welche als Mycelium, zuerst innerhalb der Blattsubstanz befindlich, später die Epidermis durchbrechen und als rostfarbene Staubflecke auf der Blattfläche auftreten. Ein solcher Fleck lässt bei der mikroskopischen Untersuchung Myceliumfäden innerhalb des Blattgewebes[S. 91] und darauf sprossende, aus der Blattfläche hervortretende Basidien erkennen. Letztere tragen sogenannte Sommersporen, Uredosporen, Basidiensporen, welche keimfähig sind und, auf eine andere oder dieselbe Grasart übertragen, wieder die Bildung eines Pilzmyceliums (Fruchtlagers) veranlassen können. Die Uredospore ist eiförmig und besteht aus 2 Häuten, von welchen die innere im Gürtelumfange 4 Löcher, Keimporen, hat, durch welche die Keimschläuche hervortreten. Im Herbst verliert diese Spore ihre Keimfähigkeit und verschwindet, dafür aber entwickelt das Pilzmycelium Askobasidien, deren Sporen die sogenannten Wintersporen, Teleutosporen (Askobasidiensporen) sich im Frühjahr zu einem vorkeimartigen Organe (Promycelium) ausbilden, aus welchem sich Sporenschläuche (Sporidien) entwickeln. Die Teleutosporen nehmen jedoch ihren Entwickelungsgang auf keiner Graspflanze vor, sondern finden auf den Blättern des Sauerdorns (Berberis vulgaris) ihren Vegetationsboden, in deren Zellgewebe ihre Schläuche eindringen[S. 92] und zu einem Mycelium auswachsen, aus welchem auf der Unterseite des Blattes sogenannte Aecidiumbecherchen (Sporangien), angefüllt mit Spermogonien und Spermatien, die später als eine klebrige Masse entleert werden, hervortreten. Im Grunde der Aecidiumbecherchen entspringen Askobasidien, deren Sporen beim Austritt auf feuchte Theile des Getreides fallend sich wie die Sommersporen verhalten und wieder den Grasrost erzeugen. Von anderer Seite wird behauptet, dass das Mycelium der Puccinia gleichzeitig Basidien und Askobasidien, also Uredo- und Teleutosporen zu gleicher Zeit neben einander hervorbringe.
Im verdorbenen Mehle des Weizens und Roggens findet man häufig die gefiederte Mehlmilbe (Acarus plumiger), seltener die gemeine Mehlmilbe (Acarus Farinae), ferner Vibrionen, wie das Weizenschlängelchen (Vibrio Tritici). Die gemeine Mehlmilbe findet sich häufiger in dem Mehle der Hülsenfruchtsamen und unterscheidet sich von der gefiederten nur dadurch, dass sie an Stelle der federartigen Haare mit einfachen Borsten besetzt ist.
Kartoffelpilz, Peronospora devastatrix, Peronospora infestans, ein parasitischer Pilz und die Ursache der Kartoffelfäule[S. 93] oder Kartoffelkrankheit, giebt sich im Juni bis Mitte Juli durch braune Flecke auf den Blättern des Kartoffelkrautes und durch einen schwachen weissen Schimmel auf der Unterfläche der Blätter zu erkennen. Die braunen Flecke werden durch ein Mycelium (Trieblager) verursacht, dessen Fäden (Hyphen) auf der Unterfläche, bei feuchter Witterung auch an der Oberfläche des Blattes, durch die Spaltöffnungen hervortreten und das Ansehen eines zarten Schimmels darbieten. Die Mycelienfäden verästeln sich ausserhalb der Blattfläche und bilden an der Spitze dieser Aeste Sporangien (Sporenbehälter), welche reif geworden abfallen, sich bei Gegenwart von Feuchtigkeit ihrer Sporen in Portionen durch eine Oeffnung an ihrer Spitze entledigen. Die Portionen Sporen bilden sich in Schwärmsporen um, verlieren aber bald ihre Wimpern und gestalten sich zu kugeligen Gebilden, welche sofort zu keimen beginnen. Die[S. 94] Keime dringen durch die Epidermis anderer Theile der Kartoffelpflanze und erzeugen ein neues Mycelium.
Weintraubenpilz, Traubenpilz, Oidium Tuckeri, ein parasitischer Pilz und Ursache der Traubenkrankheit, tritt im ersten Stadium seiner Vegetation als ein zarter weisser Hauch oder Anflug auf den jungen Weinstockzweigen, Blättern und den Weinbeeren auf, bildet später bräunliche Flecke; die Trauben schrumpfen ein und vertrocknen oder gehen bei nasser Witterung in eine faulige Masse über. Die mikroskopische Prüfung ergiebt ein Mycelium (Trieblager), mit welchem die Epidermis der genannten Weinpflanzentheile überzogen sind und welches vermittelst Saug- oder Haftorganen den Zellen der Epidermis fest anhängt, das Wachsthum der Epidermis verhindert und ein Bersten derselben zur Folge hat. Durch die Spalten und Risse dringt das Mycelium in das innere Gewebe der Beere und erzeugt hier Fäulniss. An den nach aussen gewendeten Enden der Mycelienfäden entwickeln sich in unserem Klima gewöhnlich in Stelle der Sporangien eiförmige[S. 95] Gebilde (sogenannte Cicinobolusfrüchte, Oogonien, Oidiumformen), gleichsam mit gitterförmiger Cuticula bekleidete Asken, welche abfallen und auf Zweigen und Beeren des Weinstockes wieder zu einem Mycelium auswachsen. An der Rinde des neugebildeten Holzes der Nährpflanze überwintert das Mycelium.
Gespinnstfasern. Behufs der Erkennung und Unterscheidung der Gespinnstfaser in einem Gewebe vermittelst des Mikroskops wird das Gewebe zuvor von aller Appretur durch Auswaschen befreit, die Kettenfäden (Längsfäden) und die Fäden des Einschlages (Querfäden) von einander gesondert und jede Art geprüft. Der Faden wird mit einer Nadel zerzasert und mit Wasser betropft unter das Mikroskop gebracht.
Leinenfaser ist walzenförmig, nicht oder nur wenig hin- und hergebogen, glatt, hin und wieder verdickt, der Länge nach von einem engen Kanal (Zellhöhe) durchzogen. Letzterer erscheint bei 120facher Vergrösserung wie eine schmale Linie. Die Leinenfaser läuft in eine schmal zulaufende stumpfe Spitze aus. In kleineren oder grösseren[S. 96] Zwischenräumen bemerkt man schräg oder schief über die Faser verlaufende Linien, nämlich die Porenkanäle, in Form verdünnter Stellen der Bastzelle. Je nach Art der Bearbeitung und der Behandlung ist die Leinenfaser glatt oder rauh. Handgespinnst hat gemeiniglich eine glattere Faser als Maschinengarn. Jodlösung und Schwefelsäure färben unter Aufquellen und gleichzeitiger Verkürzung der Faser diese blau, indem sich bei starker Vergrösserung wahrnehmbare blaue spiralförmige Windungen bilden.
Baumwollenfaser erscheint unter dem Mikroskop als eine platte oder bandförmig-zusammengefallene, mehr[S. 97] oder weniger langgestreckt schraubenähnlich gewundene, oder in der Art eines Pfropfenziehers um sich selbst gedrehte, theils auch wohl wellig gebogene oder gekräuselte Faser, welcher überdies die der Leinenfaser eigenen Porenkanäle fehlen, doch zeigt sie sich häufig gitterartig schief gestreift, was bei der Leinenfaser höchstens an den breiteren Stellen vorkommt.
Die Zellhöhle ist mehr oder weniger deutlich und breiter als bei der Leinenfaser. Auch die Baumwollenfaser ist je nach Behandlung und Bearbeitung glatt oder mehr oder weniger zerfasert.
Die durch Jodlösung und Schwefelsäure hervorgerufene Anschwellung und Färbung tritt in derselben Art wie bei der Leinenfaser ein.
Die Chinagrasfaser, Jute (Dschute), ist starr und bandförmig, ähnlich der Baumwollenfaser, aber nicht pfropfenzieherartig gewunden wie diese. Sie hat wie die Leinenfaser schief gestellte Porenkanäle, aber eine breitere Zellhöhle, und ist auch holziger und starrer. Ihre Enden sind meist konisch. Der Durchmesser beträgt 0,04–0,11 mm. Die Einwirkung der Jodlösung und Schwefelsäure ist ähnlich[S. 98] wie bei der Leinenfaser, aber wegen der Holzfaser langsamer.
Die Hanfbastfaser ist sehr lang, im Durchmesser zu 0,01–0,027 mm. Die Contouren sind unregelmässig, die Enden stumpf abgerundet, bisweilen gespalten. Bei starker Vergrösserung zeigt sich die Hanfbastfaser parallelstreifig.
Die Seide besteht aus glänzenden dichten, walzenförmigen, structurlosen, nicht hohlen Doppelfäden mit gleichförmiger Lichtbrechung. Der Querschnitt eines Kokonfadens ist von stumpfeckigem Umrisse. Gefärbte Seide erscheint mitunter an einzelnen Stellen breitgedrückt oder mit kleinen Unebenheiten. Der Mangel einer Innenhöhle unterscheidet sie von allen übrigen Gespinnstfasern. Zuckerlösung mit Schwefelsäure färben den sich rasch auflösenden Seidenfaden schneller als die Wolle rosenroth, und die hierbei quellende äussere Schicht zeigt eine bogig gezackte Contour. Bei noch nicht ganz erfolgter Auflösung bemerkt man innen einen noch festen Längsfaden, der nicht mit einer Innenhöhle zu verwechseln und nur noch unveränderte Seidensubstanz ist. Die sogenannte Jama-may-Seide (vom chines. Eichenspinner) zeigt eine starke Längsstreifung und eine porige Querschnittfläche.
Das Wollenhaar ist wie alle Haare der Säugethiere (man vergleiche auch weiter unten unter Haar) ein cylindrisches röhrenförmiges, von einem Markstrange der Länge[S. 99] nach durchzogenes Gebilde, bekleidet mit ziegelartig sich deckenden Schüppchen, welche sich bei geringer Vergrösserung durch dicht und unregelmässig neben einander liegende Linien oder Risse kennzeichnen. Zuckerlösung und Schwefelsäure färben das Wollenhaar rosenroth, nie wird es durch Jodlösung nebst Schwefelsäure blau gefärbt. Das Wollenhaar ist von verschiedener Dicke. Die Electoralwolle z. B. 1/4–1/3 so dick als grobe Schafwolle.
Alpakawolle kommt von einer Lamaart Amerika’s, dem Paco oder Alpaca (Auchenia Paco). Die rohe Wolle ist entweder weiss oder schwarz, es kommt aber auch schwarzgefärbte Wolle vor. Die Structur ist der der Schafwolle ähnlich, im Markstrange jedoch finden sich einzelne dunkelgefärbte Conglomerate, wie dies in der folgenden Figur angegeben ist.
Mohairwolle, Mohärwolle, Kameelziegenhaar, Angorawolle, Poil de chèvre, stammt von der Angoraziege in Kleinasien. Das Haar ist von der Structur der Schafwolle und unter dem Mikroskop von der Alpacawolle leicht zu unterscheiden.
Vicunnawolle ist das Wollhaar der Vicunna. Es ist ein zartes flaumartiges zimmtfarbenes Haar, in der Structur der Schafwolle ziemlich ähnlich. Es ist gemeiniglich mit[S. 100] einzelnen dreifach stärkeren Haaren gemischt, welche unter dem Mikroskope schwarz erscheinen.
Vigogne oder Vicunnagarn ist ein Gemisch aus Baumwolle und Schafwolle.
Hasenflaum unterscheidet sich durch die schräge Schuppung.
Zur chemischen Untersuchung eines Gewebes auf seine Zusammensetzung genügen folgende drei Lösungen:
1. eine mit Zinkoxyd gesättigte concentrirte Chlorzinklösung;
2. eine 10prozentige Aetzkali- oder Aetznatronlauge;
3. eine ammoniakalische Kupferoxydlösung.
Seide wird von der Chlorzinklösung, schneller beim Erwärmen, gelöst. Wolle wird von der Aetzlauge, die Pflanzenfaser von der ammoniakalischen Kupferoxydlösung gelöst.
Eine Beimischung von Baumwolle in Leinen lässt sich (nach R. Boettger) erkennen, wenn man die von der Appretur befreiten Quer- und Längsfäden oder auch ein Stück des Gewebes zuerst in eine spirituöse Lösung der Bosolsäure (Aurin, gelbes Corallin des Handels), hierauf in eine concentrirte wässrige Lösung des kohlensauren Natrons (Soda) eintaucht und endlich mit Wasser abspült. Die Leinenfaser erscheint dann rosaroth gefärbt, Baumwollenfaser[S. 101] nicht gefärbt. — Zündet man einen herabhängenden (von Appretur befreiten) Faden an und löscht die Flamme wieder aus, so zeigt der Leinenfaden ein glattes zusammenhängendes, der Baumwollenfaden dagegen ein büschelförmig ausgespreiztes verkohltes Ende. — Hält man die Faser oder ein Stück des Gewebes 2 Minuten lang in englischer Schwefelsäure untergetaucht und spült[S. 102] dann mit Wasser aus, so findet man die Wollenfaser unverändert, die Seidenfaser in Lösung übergegangen.
Die Haare sind mehr oder weniger lange, dünne, elastische, biegsame, empfindungslose Organe mit kreisrunder oder elliptischer oder eckiger Querdurchschnittsfläche. Die Masse, woraus sie bestehen, gleicht physikalisch und chemisch der Hornsubstanz. Das Haar tritt aus der Haut hervor, in welcher es durch eine weiche Anschwellung oder Verdickung, Haarzwiebel oder Haarwurzel genannt, befestigt ist. Am Haar unterscheidet man eine Corticalsubstanz und eine Medullarsubstanz. Erstere entsteht bei der Entwickelung des Haares zuerst, letztere später. Die Haupthaare eines unreifen Foetus sind daher gewöhnlich ohne Medullarsubstanz. In der longitudinalen Ausdehnung des Haares unterscheidet man die Wurzel oder Zwiebel, welche in der Lederhaut innerhalb eines von Gefässen durchzogenen Balges festsitzt, und den Schaft, den Haupttheil des Haares, welcher ausserhalb der Haut liegt.
Die Corticalschicht zeigt sich dem Auge bei starker Vergrösserung aus drei Schichten bestehend: einer äussersten Schicht, Peridermaschicht, darunter die eigentliche Corticalschicht und unter dieser die Markscheide, welche das Mark oder die Medullarsubstanz einschliesst. Die Peridermaschicht ist aus schuppenähnlichem, dachziegelartig an einander liegendem Epithelium gebildet. Die äussere Corticalschicht besteht aus parallel an einander liegenden Hornsubstanzfasern mit durchstreuten, einzelnen, theils unter sich zusammenhängenden, röhrenförmigen Lufträumen. Die innere Corticalschicht, welche auch als Markscheide bezeichnet ist, besteht ebenfalls aus dicht an einander liegenden Hornsubstanzfasern, aber ohne oder fast ohne Lufträume, dafür aber hier und da kleine mit Pigment gefüllte Räume, Pigmentzellen, einschliessend.
Der Markstrang liegt mehr oder weniger in der Mitte, innerhalb der Markscheide, und führt in zellenartigen[S. 103] Räumen, von der Form rundlicher oder abgeplatteter Behälter, Pigment. Der Markstrang verläuft nicht nothwendig von der Wurzel bis zur Spitze des Haares; er kann auch mehrmals durch Corticalsubstanz unterbrochen sein.
Die Peridermaschicht stösst allmählich Epithelialsubstanz schuppig ab und regenerirt das Abgestossene, welches die unter dem Mikroskop sichtbaren häutigen Unebenheiten des Haares darstellt.
Das Wachsthum findet hauptsächlich zwischen Schaft und Wurzel statt, indem der Haarkeim, Haarpulpa, der Centraltheil der Haarwurzel, die Hornsubstanz ausschwitzt und zur Haarsubstanz ausbildet, welche den alten Haarschaft vor sich herschiebt. Daher findet man den unteren Theil des Haares bei eingetretener schlechter Ernährung dünner und dürftiger als den oberen Theil, welcher seine Entstehung noch bei guter Ernährung fand.
Nur Haare an gewissen Körpertheilen des Menschen wachsen anhaltend, andere erreichen eine gewisse Länge und wachsen dann nicht mehr, wie z. B. die Flaumhaare der Mädchen, die Haare auf den Handrücken der Männer.
Die Querdurchschnittsfläche der Haare ist eine sehr verschiedene und ihre Form für die Haargattung eine wenig charakteristische. Das Kopfhaar des einen Individuums kann bald eine runde, bald eine ovale, bald eine dreieckige Querdurchschnittsfläche zeigen. Diese Form ist ganz von der Form der Hautöffnung abhängig, durch welche das Haar hervorwächst.
Das Pigment des Markstranges und der Interfibralräume der Markscheide und Corticalschicht ist nur zum Theil die Grundlage des Farbentones der Haare. Dieser ist hauptsächlich von der Farbe der Corticalschicht abhängig. Die Hornfasermasse ist bei schwarzem Haar schwarz oder vielmehr in der einzelnen Faser dunkelgrau, bei rothem Haar röthlich, bei braunem Haar bräunlich, bei blondem gelblich. Der dunklere Ton der Farbe ist eine natürliche[S. 104] Folge des Haarfettes, welches das Haar ausschwitzt. Jedes Fett macht eine matte Farbe dunkler und lebhafter, wie wir dies aus der Oelmalerei wissen. Das weiss werdende Haar entsteht daher auch nicht durch ein Verschwinden des Pigments des Markes, sondern durch verminderte Fettausscheidung, oder gleichsam durch Absterben der Corticalschicht, welche dadurch undurchsichtig wird, und dessen Hornfasern dann in derselben Weise nicht mehr das Licht durchlassen wie ein Bündel feingesponnenen Glases. Ein weisses Haar kann daher in dem Markstrange und in den Zellen der Markscheide das ursprüngliche dunklere Pigment noch enthalten.
Obgleich charakteristische Unterschiede der Haare der Menschen scheinbar kaum hervortreten, so ergeben sich dennoch in forensischer Beziehung viele Anhaltspunkte, welche für sich oder mit einander combinirt, zu gewissen Schlüssen hinleiten.
Die mittlere Dicke der Haare von verschiedenen Körpertheilen des Menschen fand Dr. Pfaff[6]:
Flaumhaar der Säuglinge | 0,008–0,01 mm. |
Flaumhaar am Arme eines Mädchens | 0,015 mm. |
Flaumhaar an der Oberlippe einer Frau | 0,018 „ |
Haar am Arme eines Mannes | 0,03–0,04 mm. |
Augenwimper eines Mannes | 0,04 mm. |
Haar aus dem Gehörgange | 0,045 „ |
Haupthaar eines Weibes | 0,06 „ |
Haar von der Hand eines Mannes | 0,07 „ |
Haupthaar eines Mannes | 0,08 „ |
Haar aus der Nase eines Mannes | 0,08 „ |
Schamhaar eines Mannes | 0,11 „ |
Augenbrauenhaar eines Mannes | 0,12 „ |
[S. 105]Haar aus dem Schnurrbart | 0,13–0,14 mm. |
Schamhaar eines Weibes | 0,15 mm. |
Backenbarthaar | 0,15 „ |
(Schweinsborste | 0,27 „) |
Diese Angaben bieten nur annähernde Zahlen, lassen auch manche Abweichungen zu, z. B. kann ein Kopfhaar eines Mannes einen geringeren Querdurchmesser haben als dasjenige eines Weibes.
Das Kopfhaar des Mannes unterscheidet sich von demjenigen eines Weibes durch eine dickere Wurzel. Die Spitze läuft um so mehr verjüngt aus, je entfernter der Zeitpunkt liegt, seit welchem es verschnitten wurde. Die Spitze des Kopfhaares einer Frau ist gewöhnlich nicht dünner als der Hauptschaft, häufig auch noch mehrfach gespalten. Wenn bei älteren Frauen das Wachsthum der Haare nachlässt, fangen auch die Haarenden an, dünner und spitziger zu werden. Frauenkopfhaar soll durch Aetzlauge schneller zerstört werden als Männerkopfhaar. Kopfhaar mit einer Querdurchschnittsfläche von der Form der Ellipse ist zur natürlichen Kräuselung geneigt.
[S. 106] Die Augenbrauenhaare sind glatt, oval oder kantig im Durchschnitt und laufen in eine feine Spitze aus, wenn sie nicht verschnitten wurden.
Das Augenwimperhaar ist meist scharfkantig, an den Kanten mit scharfen, dornähnlichen Hervorragungen versehen, deren Spitzen nach der Spitze des Haares gerichtet sind. Die Wurzel ist schlank und rübenförmig.
Das Schnurrbarthaar ist dem vorigen ähnlich, aber glatter und mit dickerer Wurzel.
Das Backenbarthaar ist ziemlich dick, mit sehr unebenem Periderma. Seine Wurzel ist nur weniger dick als der Schaft. Das Backenbarthaar derjenigen Männer, welche leicht und stark transspiriren, soll in der Peridermaschicht hier und da dunkle punktartige Erhabenheiten zeigen.
Das Nasenhaar hat gemeiniglich eine sehr unebene Aussenfläche voller warziger Auftreibungen. Es läuft in eine feine dünne Spitze aus, und die Wurzel zeigt im Längendurchschnitt Guitarrenform. Das Härchen aus dem Ohre ist dem Nasenhärchen sehr ähnlich, nur weniger uneben und mehr konisch auslaufend.
[S. 107] Das Achselgrubenhaar tritt aus seiner Wurzel nicht allmählich, sondern stielartig hervor. Am Austritt, also am untersten Theile seines Schaftes, ist es glatt, dann aber längs seines Schaftes mit vielen blättrigen und warzenförmigen Erhabenheiten bedeckt, in Folge der Auflockerung der Peridermaschicht durch Schweiss und Reibung. Seine Spitze ist konisch, aber nicht fein auslaufend. Die Farbe ist meist röthlich.
Das Brusthaar ist dem vorigen sehr ähnlich, gewöhnlich aber kürzer, nicht nothwendig röthlich. Die Wurzel ist fleischig und dick, die Spitze kolbig.
Das Handrückenhaar des Mannes hat eine keulenförmige Spitze, ebenso dick oder dicker als der Schaft. Die Wurzel ist lang und dünner als der Schaft. Die Haare vom Vorder- und Oberarm des Mannes haben eine ähnliche Form, es ist jedoch in Folge der Reibung durch die Bekleidung die Spitze gespalten.
Das Haar an den Extremitäten der Frauen ist meist Flaumhaar.
Die Schamhaare sind durch die Neigung zur Kräuselung charakterisirt. Die Querdurchschnittsfläche ist meist oval oder elliptisch, die Markstücke sind stumpf. Die Peridermaschicht ist uneben, knorrig und von abgelöster Hornsubstanz ästig. Das Schamhaar der Männer ist meist dünner als das der Weiber, jedoch ist die Wurzel des ersteren dicker und knolliger, die Wurzel des letzteren dagegen nicht dicker als der Schaft. (Das weibliche Schamhaar ist wegen flach liegender Wurzel leichter auszureissen). Das Haar vom Mons Veneris ist an der Spitze keulenförmig, bei jungen Personen konisch-spitz. Das Haar vom Scrotum ist dem Achselgrubenhaar sehr ähnlich, jedoch häufig mit unegal dickem Schafte.
Ob ein Haar unlängst oder vor längerer Zeit abgeschnitten ist, beantwortet die Spitze des Haares. Ausgefallenes Haar hat eine mehr glatte abgerundete Wurzel,[S. 108] ausgerissenes Haar eine rauhe zackige oder ästige Wurzel. Zerrissenes Haar zeigt an der Rissfläche Hornfaserstumpfe von verschiedener Länge. Eine Schnittfläche ist glatt, flach oder convex.
Die Wurzeln der Haare junger Personen lösen sich nach Pfaff schneller in Aetzlauge auf als diejenigen der Haare älterer Leute. Die Marksubstanz geschwächter oder älterer Leute ist weniger zusammenhängend und durch Hornsubstanz häufiger unterbrochen.
Bei der Frage der Nothzucht kann sich auch in den Schamhaaren der Genothzüchtigten eingetrocknetes Sperma mit Fäden vorfinden, oft untermischt mit kleinen Krystallen.
Der Weichselzopf (Plica Polonica), im Weichselgebiet Polens endemisch, ist dem Kopfgrind verwandt und besteht durch Verkittung und Verfilzung der Kopfhaare zu einzelnen Bündeln. Haare und Kopfhaut schwitzen eine klebrige Feuchtigkeit aus, welche aus den Sporen und Schleimlagern eines Pilzes, Trichomaphyton oder Mycoderma plicae Polonicae, bestehen.
Das Haar der Thiere zeigt einen von dem Menschenhaar wesentlich verschiedenen Bau, auch die Verschiedenheit des von verschiedenen Körpertheilen desselben Thieres entnommenen Haares ist eine sehr grosse. Eine Eigenthümlichkeit des Thierpelzes ist die Zusammensetzung aus den eigentlichen Haaren, Oberhaaren, und dem Flaum oder Unterhaar. Letzteres ist zart und oft 100mal dünner als das Oberhaar. Die in den folgenden Figuren dargestellten dünneren Theile[S. 110] gehören dem Unterhaar (Grundwolle) an. Sämmtlich in 300m. Vergr.
Steinmarderpelzhaar ist dem Zobelhaar sehr ähnlich, nur ist die Markröhre dunkler und die Seitenzacken treten stärker hervor.
Baummarderhaar ist dem Nerzhaar sehr ähnlich.
Die mikroskopische Untersuchung erstreckt sich hauptsächlich auf die gepulverten oder gemahlenen Gewürze, welche häufig verfälscht mit den Pulvern aus Brot, Semmel, Eicheln, Hülsenfruchtsamen, Mahagoniholz, Zuckerkistenholz und dergleichen angetroffen werden. Behufs der mikroskopischen Untersuchung eines gepulverten Gewürzes ist das Pulver, wenn es ein gröbliches ist, in einem porzellanenen Mörser zu einem höchst feinen Pulver zu zerreiben, in einem Gläschen mit der verdünnten Glycerinflüssigkeit (S. 55) zu mischen und von der Mischung tropfenweise auf Objectgläsern zu vertheilen. Circa 0,5 g oder eine Messerspitze des Gewürzpulvers ist hier mehr denn ausreichend. Die Untersuchung wird zuerst bei 100–150facher, dann folgend bei 200–300facher Vergrösserung ausgeführt. Um sich vor Irrthum zu bewahren, möge der Anfänger in mikroskopischen Untersuchungen gleichzeitig mit reinem gutem Gewürz experimentiren. Wäre Pfefferpulver zu untersuchen, so zerreibe man circa 3 Pfefferkörner zu feinem Pulver und betrachte dieses unter dem Mikroskop, um von den Formelementen des Pfeffers ein Bild zu erlangen. Die Abbildungen sind nie mit der Accuratesse ausgeführt, um dem Anfänger in der Beurtheilung des Befundes volle Sicherheit zu bieten.
Pfeffer ist das am stärksten consumirte Gewürz. Er ist die Beerenfrucht eines in Ostindien einheimischen Kletterstrauches. Der sogenannte schwarze Pfeffer ist die nicht völlig reife und an der Sonne und in Oefen getrocknete, der weisse Pfeffer die reife, nach dem Einweichen in Meer- oder Kalkwasser von der äusseren Fruchthaut befreite Frucht. Ersterer hat einen schärferen brennenderen Geschmack als letzterer.
Schwarzer Pfeffer. Der zu einem feinen Pulver zerriebene Pfeffer bietet dem Auge mehrere charakteristische[S. 114] Formelemente seiner Gewebeschichten. — 1) Oelzellen oder Harzzellen, rundliche, kugelige oder mehr oder weniger eckige Zellen in mässiger Menge, angehörend dem Parenchym des Fruchtgehäuses und dem Eiweisskörper. Sie enthalten ein farbloses flüchtiges Oel und ein Weichharz, welche den Geschmack des Pfeffers bedingen. — 2) Steinzellen aus dem Theile, welcher zunächst unter der äusseren Fruchthaut liegt. — 3) Unregelmässig geformte, meist vielkantige Zellen des Eiweisskörpers, angefüllt entweder mit formlosen homogenen Stärkekleistermassen, oder — 4) mit umränderten Stärkemehlkörnchen. Diese sind äusserst klein, rundlich oder vielkantig, zu 2, 3 und mehr reihenweise aneinander liegend oder zu rundlichen Ballen gehäuft. Bei starker Vergrösserung lassen viele dieser Stärkemehlkörnchen eine tiefe Kernhöhle (Nabel) erkennen. — 5) Spiralgefässe. — 6) Krystalle, jedoch nur wenige, wahrscheinlich aus Piperin bestehend.
Als Verfälschungen des gemahlenen Pfeffers sind Eicheln, getrocknete Kartoffeln, Rapskuchen (Presskuchen aus der Darstellung des Rüböls) vorgekommen. Die Stärkemehlkörnchen der Eicheln und Kartoffeln sind leicht an ihrer Form zu erkennen. Die Rapskuchen zeigen Partien Steinzellengewebe, dessen Zellen 5–6eckig, sehr dickwandig und rothbraun erscheinen.
Weisser Pfeffer. Der zu einem feinen Pulver zerriebene weisse Pfeffer bietet dem Auge ähnliche Formelemente wie der schwarze Pfeffer, nur fehlen die Steinzellen, die Trümmer der äussersten Fruchthaut und des[S. 115] Parenchyms des Fruchtgehäuses. Vorwiegend und in grösserer Menge vertreten als im schwarzen Pfeffer sind die Zellen des Eiweisskörpers mit den Kleistermassen und den Stärkemehlkörnchen.
Piment, Nelkenpfeffer, Englisch-Gewürz, Neugewürz, ist die vor der völligen Reife gesammelte und getrocknete Frucht eines in Westindien, besonders auf Jamaica cultivirten kleinen Baumes (daher auch der Name Jamaicapfeffer). In ein feines Pulver verwandelt lässt er unter dem Mikroskop erkennen: — 1) einfache, sehr kleine Härchen, auf der Oberhaut der Frucht befindlich. — 2) Grosse bräunliche Oelzellen, aus dem Fruchtgehäuse und der Umgebung des Keimes. Im Fruchtgehäuse stehen sie dicht gedrängt und bilden die halbkugelig hervortretenden Warzen der Oberfläche der ganzen Frucht. Die äusserste Fruchthaut[S. 116] zeigt auch deutlich Spaltöffnungen. — 3) Dickwandige Steinzellen, viele mit verzweigten Porenkanälen. — 4) Spiralgefässtrümmer. — 5) Stärkemehlkörnchen. — 6) Zellen mit dunkelrothem Farbstoff. — 7) Nur bisweilen rhomboëdrische Kalkoxalatkrystalle.
Da Piment Gerbstoff enthält, so nehmen die Gewebselemente mit stark verdünnter Lösung des Eisenchlorids (Ferrichlorids) befeuchtet eine indigblaue Farbe an.
Gewürznelken (Caryophylli) sind die getrockneten Blüthenknospen des Gewürznelkenbaumes, welcher auf den Molukken einheimisch ist, aber auf anderen Inseln Ostindiens und in Westindien cultivirt wird.
Bei der Prüfung des Gewürznelkenpulvers unter dem Mikroskope vermisst man Stärkemehlkörnchen und dickwandige Gewebezellen. Eine zarte Querschnitte durch den Unterkelch einer Gewürznelke ist in folgender Abbildung (Fig. 130) bei 120maliger Vergr. vergegenwärtigt.
Zu der mikroskopischen Untersuchung des Gewürznelkenpulvers verwendet man zunächst das nur mit verdünntem Glycerin gemischte Pulver, dann aber auch zur besseren Examination der Zellen und Gefässe eine Portion des Pulvers, welche mit verdünnter Aetzlauge geschüttelt, in einem Filter gesammelt, mit Wasser abgewaschen und mit Glycerin gemischt ist.
Es lassen sich folgende Formelemente wahrnehmen: — 1) Oelzellen, unter der kleinzelligen Oberhaut liegend. — 2) Bastzellen, meist spindelförmige. — 3) Spiralgefässe, zum Theil in einem kleinzelligen Parenchym, dessen Zellen Krystallgruppen (Krystalldrusen) enthalten. — 4) Pollenkörner[S. 118] (Blüthenstaubzellen). Diese erscheinen dreiseitig oder dreikantig und sind dreiporig. — 5) Spaltöffnungen (mit den beiden Schliesszellen).
Das Gewürznelkenpulver mit verdünnter Lösung des Eisenchlorids (Ferrichlorid) befeuchtet färbt sich blauviolett wegen des Gehaltes an Gerbstoff. Diese Reaction erfolgt nicht oder ist gering, wenn eine gepulverte, bereits extrahirte Waare vorliegt.
Die Verfälschung des Gewürznelkenpulvers mit dem Pulver der Gewürznelkenstiele (Blüthenstiele) war vor Jahren eine sehr häufige, mit gerösteten Eicheln eine gewöhnliche. In dem Pulver der Gewürznelkenstiele sind vorwiegend sehr dickwandige Zellen, Steinzellen mit dickschichtiger Wandung, stärkere und bedeutend grössere Holzbündel und Bastbündel, treppenförmige Gefässe mit weiterem Lumen und nur wenige Oelzellen vertreten. Eichelnpulver[S. 119] verräth sich durch das darin befindliche Stärkemehl, dessen Körner dem Stärkemehl der Hülsenfrüchte sehr ähnlich, aber von geringerer Grösse sind und einen langen Kernhöhlenspalt (Nabel) zeigen. (Vrgl. auch unter Kaffee.)
Zimmt. Im Handel unterscheidet man Ceylonzimmt oder echten Zimmt und Zimmtkassie oder Kaneel. Der gemahlene Zimmt oder Zimmtpulver wird nur aus der Zimmtkassie hergestellt.
Zimmtkassie, Kaneel, Chinesischer Zimmt, gewöhnlich nur mit Zimmt bezeichnet, ist der Bast der Aeste des Zimmtbaumes, welcher im südlichen China und Cochinchina einheimisch, aber in verschiedenen Theilen Ostindiens cultivirt wird.
Behufs der mikroskopischen Prüfung des Zimmtpulvers ist eine kleine Portion mehrere Stunden in verdünntem[S. 120] Glycerin einzuweichen. Es bietet dem Auge folgende hauptsächliche Formelemente: — 1) dünne spindelförmige, meist glatte Bastfassern (circa 0,05 mm lang). Sie sind so verdickt, dass der Innenraum wie eine linienförmige Spalte erscheint. — 2) Dickwandige Zellen des Bastparenchyms, Stärkemehl führend. — 3) Steinzellen mit und ohne Stärkemehl. — 4) Oelzellen. — 5) Schleimzellen. — 6) Stärkemehlkörnchen (0,01–0,018 mm im Durchmesser) finden sich in rothbrauner Masse eingebettet in allen Parenchymzellen, in vielen Steinzellen. — 7) Wenige, sehr kleine prismatische Kalkoxalatkrystalle (aus den Markstrahlzellen).
Der Ceylonzimmt enthält sehr grosse (bis zu 0,1 mm grosse) starkverdickte Steinzellen, dünnere (0,02–0,025 mm), Bastzellen, wenige und kleinere Stärkemehlkörnchen und eine mehr braungelbe Masse in den Parenchymzellen. Die kleinen Kalkoxalatprismen fehlen ganz. Ceylonzimmt ist die theuerste Zimmtsorte.
Die Holzkassie, Malabarzimmt, Cassia lignea, ist die Rinde der Aeste eines dem Ceylonzimmtbaume verwandten Baumes. Bisweilen fehlt darin das Stärkemehl. Sie wird zur Verfälschung des Zimmtkassien- und Ceylonzimmtpulvers gebraucht. Die Gewebeelemente haben viele Aehnlichkeit mit denen des Ceylonzimmts. Der Geschmack der Holzkassie ist schwach zimmtartig und sehr schleimig, der Geruch sehr schwach zimmtartig.
Weitere Verfälschungen des Zimmtkassienpulvers sind die Pulver aus Mahagoni- und Zuckerkistenholz, verschiedener Baumrinden, Eicheln, Brot etc. Verdünnte Eisenchloridlösung färbt die Zimmtkassie nur dunkler bis rothbraun, nicht aber violett, blau oder grün.
Ingwer ist der geschälte oder ungeschälte, getrocknete Wurzelstock der im tropischen Asien einheimischen Ingwerpflanze. Es kommen im Handel vor: ungeschälter, geschälter und gebleichter Ingwer.
Der gepulverte Ingwer ist vor der mikroskopischen[S. 121] Untersuchung in verdünntem Glycerin einzuweichen. Die Formelemente des Gewebes sind: — 1) Oelzellen. — 2) Gerundete Harzzellen. — 3) Vieleckige Parenchymzellen mit Stärkemehl angefüllt. — 4) Gefässbündel aus dünnwandigen Faserzellen, dickwandigen, eine weite Höhlung zeigenden, bastartigen Holzfasern und Treppengefässen bestehend. — 5) Stärkemehlkörnchen. Diese sind flach, eiförmig oder länglich (0,02–0,04 mm lang), concentrische Schichtung zeigend.
[S. 122] Verfälschungen des gemahlenen Ingwers sind: Eicheln, Rapskuchen, Brot, Curcuma (Gelbwurzel). Letztere verräth sich durch ihren Gehalt an gelbem Farbstoff, welcher durch Borax und Alkalien leicht erkannt werden kann.
Muskatnuss ist der Samen aus der Frucht des auf den Molukken einheimischen, auf den Bandainseln cultivirten Muskatnussbaumes: Das Pulver zeigt vieleckige, dünnwandige, mit Stärkemehlkörnchen erfüllte Zellen. Die Stärkemehlkörnchen sind hier und da in einer fettigen rothbraunen Masse eingebettet. Die Stärkemehlkörnchen sind zu 2, 3, 4 und mehr, meist regelmässig zusammengesetzt, das Theilkörnchen zeigt eine rundliche oder eckige Kernhöhle. In den meisten der Stärkemehl führenden Zellen findet sich von Stärkemehlkörnchen umlagert ein krystallförmiger rhomboëdrisch oder kubisch gestalteter Körper (Krystalloid). Auch beobachtet man hier und da prismatische Fettkrystalle. Nach der[S. 123] Befeuchtung mit Jodlösung erscheinen die Stärkemehlkörnchen blau, die Krystallkörper dunkelroth.
Muskatblüthe, Macis, ist der fleischige Samenmantel aus der Frucht des Muskatnussbaumes. Das Pulver zeigt unter dem Mikroskop gerundete oder kantige Zellen, neben kugeligen, eiförmigen oder kantigen Oelzellen (0,04–0,08 mm im Durchmesser). Stärkemehl fehlt. Jodlösung färbt gelbroth, rothbraun und purpurroth. Beimischungen Stärkemehl enthaltender Stoffe sind daher leicht zu erkennen. Siehe Fig. 137.
Curcuma, Gelbwurz, der in künstlicher Wärme getrocknete Wurzelstock der in Ostindien und dem südlichen und östlichen Asien einheimischen Curcuma longa, Gelbwurzlilie. Das Pulver der Curcuma ist zuweilen ein Verfälschungsmittel der Gewürze und Bestandtheil des vom gemeinen Manne mit Safran benannten Safransurrogats für den Gebrauch in der Küche. Es zeigt unter dem Mikroskop mit verdünntem Glycerin befeuchtet, dieses gelb färbend, kugelige eiförmige oder längliche gelbgrünliche, durch Jodlösung sich blau färbende Massen (Stärkekleistermassen), Stärkemehlkörnchen besonderer Form, gelbe Harzzellen, Trümmer von Treppengefässen. Obgleich das Curcumamehl eine billige Waare ist, so wird es nicht selten mit Stoffen verfälscht, welche eine andere oder abweichende Form der Stärkemehlkörnchen aufweisen.
[S. 124] Rothes Santelholz, rother Santel, das Holz des in Ostindien einheimischen Santelbaumes, Pterocarpus santalinus. Das Pulver dieses Holzes ist nicht selten verfälscht oder es dient als ein unschuldiges Färbemittel einiger Genussmittel, auch ist es ein Bestandtheil des Safransurrogates, des in der gewöhnlichen Küche gebrauchten Safrans. Unter dem Mikroskope in verdünntem Glycerin, welches sich weinroth färbt, eingeweicht zeigt es — 1) mit zierlichen Tüpfeln versehene Holzgefässe, — 2) bastartige Holzfasern, — 3) getüpfelte Holzparenchymzellen, — 4) kleine Zellen, einen einfachen Kalkoxalatkrystall enthaltend, — 5) Farbstoffmassen und vereinzelte Stärkemehlkörnchen. Weingeist löst den Farbstoff mit rother, Aetzkalilauge mit violetter Farbe.
Speisesenfpulver und Mostrich sind für den Gebrauch in der Küche und auf dem Tische entsprechend und dem Geschmack convenirend zusammengesetzte Genussmittel, in welchen schwarzer und auch gelber Senfsamen die den Geschmack bedingenden Substanzen sind.
Das Senfmehl von Sarepta ist das Pulver der Samen von Sinapis juncea und entspricht in seinen mikroskopischen Theilen ganz unserem gelben oder weissen Senfe. Das sogenannte Englische Senfmehl ist gewöhnlich nur ein pulveriges Gemisch aus 1 Th. schwarzem Senf, 8 Th. gelbem Senf und 1–3 Th. Getreidemehl.
Eine mikroskopische Untersuchung beider Genussmittel könnte nur den Zweck haben, darin Substanzen zu bestimmen, welche den Nahrungs- und Genussmitteln nicht angehören und genossen nachtheilige Wirkungen haben und endlich die Gegenwart des Pulvers der Senfsamen zu erkennen, wenn etwa der Geschmack diesen nothwendigen Umstand bezweifeln lässt. Beide, sowohl das Speisesenfpulver (Mostrichpulver) wie der Mostrich, sind zusammengesetzte Genussmittel, welche den Zwecken der Verwendung in der Küche und auf dem Tische, sowie den Ansprüchen des Geschmackes entsprechen sollen. Zur Erreichung dieser Zwecke ist die Vermischung des Pulvers von schwarzem und gelbem Senfsamen mit Salz, Gewürzen, Mehl, Essig, Wein, Zucker und anderen Genussmitteln nothwendig, und können solche Beimischungen nie als ungehörige oder als Fälschungen angesehen werden, und das um so weniger, als man den Werth der Senfpräparate nach der äusseren Beschaffenheit und dem Geschmack beurtheilt und eine einfache Mischung von reinem Pulver des schwarzen oder gelben Senfes mit Wasser, Wein, Essig dem Geschmacke nicht genügt, selbst die Mischung nur mit schwarzem Senfsamen den Giften beizuzählen wäre.
Auch eine Beimischung von gemahlenem Rübsen- oder Rapssamen an Stelle des weissen Senfsamens, wenn sie überhaupt[S. 127] vorkommen sollte, ist keine Verfälschung, da dadurch das Angenehme des Geschmacks eher gehoben als herabgedrückt wird. Wäre der Rübsensamen geschält, so ist er auch gar nicht nachzuweisen.
Ein wesentliches Erkennungszeichen der Samenpulver des schwarzen Senfes und des Rübsens unter dem Mikroskop sind die Gewebetrümmer der äusseren dunkelroth-braunen Samenhaut. Die Steinzellen derselben sind beim Rübsensamen grösser und auch etwas abweichend geformt als beim schwarzen Senf, und farblos beim gelben Senf.
Cacaomasse oder präparirter Cacao gehört zu den einfachen Genussmitteln und besteht aus den Cacaosamen, welcher schwach geröstet, dann von der Samenschale befreit und in der Wärme in eine zwischen den Fingern oder auf der Zunge unfühlbaren Masse übergeführt sind. Diese Masse soll nichts enthalten, was nicht Cacaosamen ist. Vorkommende Verfälschungen oder Gewicht vermehrende Stoffe dieser Masse sind: schwach geröstete Eicheln, Getreidemehl, Maismehl, Hülsenfrüchte, Stärke, Brot u. dgl.
Behufs der mikroskopischen Prüfung wird etwas der Masse fein zerrieben, ein Theil davon mit verdünntem Glycerin gemischt, ein anderer Theil mit Wasser längere Zeit geschüttelt, auf einem Filter gesammelt und dann geprüft.
Cacao hat verschiedene Gewebeelemente, welche sich von denen der Verfälschungsmittel wesentlich unterscheiden. Zunächst sind zu erwähnen die verlängerten, cylindrischen, keulenförmigen oder spindelförmigen, an ihrem einen Ende oft getheilte, durch Querscheidewände, hin und wieder auch durch Längsscheidewände geschichtete Schläuche oder sogenannte Mitscherlich’sche Körperchen, dann die in Fett gelagerte, zusammengesetzte, sehr minutiöse Stärkemehlkörnchen führenden braunen vieleckigen Zellen der Keimlappen[S. 128] und die denselben untermischten oder in Reihen gestellten Zellen, einen rothbraunen Farbstoff enthaltend.
Unter dem Mikroskop sieht man auch Fett in kugeligen Massen, zuweilen jedoch nicht immer, kleine farblose prismatische Krystalle.
Der Farbstoff wird durch verdünnte Schwefelsäure mit blutrother, durch Essigsäure mit violetter Farbe gelöst.[S. 129] Verdünnte Eisenchloridlösung tingirt blau, was auf eine gerbstoffartige Substanz deutet.
Die Stärkemehlkörnchen des Cacao sind, wie bereits bemerkt ist, zusammengesetzte, im Uebrigen sehr klein (0,005–0,008 mm) im Durchmesser.
Chocolade ist ein zusammengesetztes Genussmittel, welches einen angenehmen Geschmack haben und in kochendem Wasser oder kochender Milch zertheilt ein angenehm schmeckendes, aber auch schleimiges Getränk liefern soll, in welchem die Partikel der Cacaomasse in Suspension erhalten bleiben. Um nun letzteres zu erzielen, ist ein Zusatz eines stärkemehlhaltigen Genussmittels nothwendig. Die Chocolade kommt in verschiedenen Sorten in den Handel. Die theuren Sorten bestehen zumeist nur aus gleichen Theilen Cacaomasse und Zucker nebst verschiedenem Gewürz. Die geringeren und billigen Sorten enthalten ausser den genannten Stoffen geröstetes Getreidemehl oder Stärkemehl, Maismehl, Reismehl etc. Werden diese Sorten in der Küche zum Getränk gemacht, so bedürfen sie keines Mehl- oder Stärkemehlzusatzes, welcher bei den theuren Sorten nicht umgangen werden kann. Diese Erinnerung ist gemacht, um zu warnen, den Gehalt der Chocolade an fremden Stärkemehl als eine Verfälschung aufzufassen. Chocolade ist eben Cacaomasse, welche sich zur bündigen Darstellung des Chocoladengetränkes eignet.
Will man Chocolade mikroskopisch untersuchen, so wird sie kalt zerrieben, zuerst zur Beseitigung des Fettes mit Aether, dann zur Beseitigung des Zuckers mit lauwarmem (30–35°) Wasser ausgezogen und nun das in Aether und Wasser unlösliche unter das Objectiv gebracht.
Das holländische Cacaopulver ist das feine Pulver der mit Soda behandelten Cacaosamen. Es zeigt einige Gewebeelemente des Cacaosamens in zerstörter Form.
Chocoladenmehl, Chocoladenpulver. Mit diesen Namen wird ein Surrogat der Chocolade bezeichnet. Es ist ein sehr billiges Pulver, welches in kochendes Wasser oder[S. 130] kochende Milch eingerührt, sofort ein dem Chocoladengetränk ähnlich schmeckendes und aussehendes Getränk oder Suppe liefern soll. Es besteht aus 10 Proc. Cacaomasse, 19 Proc. geröstetem oder auch nicht geröstetem Getreidemehl, 70 Proc. Zucker und 1–2 Proc. rothem armenischem Bolus.
Die mikroskopische Untersuchung hat nur beim gemahlenen Kaffee einen Zweck. Man zerreibt eine kleine Menge zu einem höchst feinen Pulver und prüft es unter dem Objectiv. Dann extrahirt man dieses Pulver mit Aether, zur Entfernung des Fettes, und nach der optischen Prüfung extrahirt man auch noch mit Wasser oder verdünntem Spiritus und prüft wiederum, gleichzeitig parallele Experimente mit echtem gutem Kaffee vornehmend. Waren an der Kaffeebohne, in der Samenspalte, noch Reste der Samenhaut, so wird man in dem feinen Pulver des gebrannten Kaffees auch gelbliche dickwandige spindelförmige, mit zahlreichen Porenkanälen versehene Steinzellen wahrnehmen. Zuweilen sind diese Zellen nur in einigen wenigen Exemplaren vertreten. Das Gewebe des Eiweisskörpers ist in grösster Menge vertreten. Die Zellen derselben sind vieleckig, dickwandig und[S. 131] reichliche Porenkanäle zeigend. Die Zellen enthalten formlose Eiweissmassen, Stärkemehl, Glykose, Kaffeegerbsäure, Oeltröpfchen. Das Stärkemehl ist in nur höchst geringer Menge vertreten. Wenn man das Object mit Jodlösung befeuchtet, so färbt sich das Stärkemehl dunkelblau, während Zellgewebe und Eiweiss gelblich, die Fetttröpfchen dunkler gelb oder grünlich erscheinen. Macht man gleichzeitig optische Versuche mit echtem Kaffeepulver, so erlangt man auch sofort Anhaltspunkte zur Erkennung von Gewebeelementen, die nicht dem Kaffee angehören.
Verfälschungen des gemahlenen gebrannten Kaffees sind Cichorien, geröstete Getreidekörner, geröstete Eicheln, geröstete Bohnen. Auch werden Feigenkaffee, geröstete Mandeln, Braunkohle u. dgl. angegeben.
Cichorienkaffee, geröstete zu einem höchstfeinen Pulver zermahlene Wurzeln der cultivirten Cichorienpflanze (Cichorium intybus). Diese Wurzel enthält Zucker in bedeutend grösserer Menge als die der wildwachsenden Pflanze.[S. 132] Die im Handel vorkommende Waare enthält auch andere geröstete Wurzeln z. B. der Runkelrübe, Mohrrübe, und etwas geröstete Getreidesamen. Als Verfälschung sind diese Substanzen nicht aufzufassen, denn gerade diese Stoffe in ihrer Mischung liefern eine Waare, welche dem Consumenten besonders gefällt. Man hat daher unter dem Namen Cichorienkaffee in heutiger Zeit nicht allein die geröstete Cichorienwurzel, sondern ein Kaffeesurrogat zu verstehen. Der gewöhnliche Mann fordert zwar beim Kaufmann Cichorien, er erhält aber ein Packet, auf welchem sich der Name Kaffeesurrogat verzeichnet findet. Wenn hier an dieser Stelle die Bilder einiger Gewebeelemente vorgelegt sind, so geschah dies nur für den Fall, dass reiner Cichorienkaffee optisch zu prüfen sei.
Die Netzgefässe (Fig. 149 m) fehlen auch nicht in dem gerösteten gemahlenen Getreidesamen, bei welchem besonders Stärkemehl in Betracht kommt, ferner auch nicht in dem sogenannten Mandelkaffee (die gerösteten und gemahlenen Erdmandeln, die Knollen von Cyperus esculentus).
Geröstete Eicheln, Eichelkaffee, verrathen sich durch ihre mehr oder weniger länglichrunden oder nierenförmigen Stärkemehlkörnchen mit einer länglichen Kernspalte[S. 133] oder Kernhöhle. Diese Stärkemehlkörnchen haben einige Aehnlichkeit mit denen unserer Hülsenfrüchte, sie sind aber nur halb so lang. Ihre Länge beträgt 0,025–0,035 mm. Mit verdünnter Eisenchloridlösung färbt sich das Eichelpulver wegen Gerbstoffgehalt dunkelblau.
Feigenkaffee nennt man die gerösteten und zu einer gröblichen Masse oder Pulver zerstampften Feigen. Hier machen sich unter dem Mikroskop grosse Parenchymzellen mit Krystalldrusen (Kalkoxalat), ferner die kleinen Steinzellengruppen des Samens, auch einzelne Haargebilde der Oberhaut der Feige und gabelästige Milchgefässe bemerkbar.
Blut. Das normale Blut besteht aus einer farblosen wässerigen Flüssigkeit und darin schwimmenden zellenähnlichen rothen und auch farblosen (weissen) Körperchen, den sogenannten Blutkörperchen. Diese werden von einigen für Zellen, von anderen für keine Zellen gehalten, obgleich ihnen alle die Eigenschaften angehören, welche an der lebenden Zelle angetroffen werden. Die rothen im Blute des Menschen in grösster Menge vertretenen Blutkörperchen[S. 135] oder Blutzellen erscheinen unter dem Mikroskop als kreisrunde, etwas biconcave, durchsichtige, farblose oder gelbliche Scheiben mit klar hervortretendem Kugelschatten, die unter Einfluss des Wassers die Gestalt hyaliner sphärischer Bläschen annehmen. Sie zeigen sich oft geldrollenähnlich an einander gereiht (Fig. 154). Lässt man Glaubersalz zwischen Objectglas und Deckglas treten, so tritt eine Contraction der Blutkörperchen ein, der Schatten tritt näher an die Ränder der Scheiben, die Ränder gestalten sich allmählich verzerrt, eckig, zerrissen, gezackt, gekerbt.
Die weissen Blutkörperchen, farblose Blutzellen, Lymphkörperchen, werden stets nur in wenigen Exemplaren im normalen Blute angetroffen, höchstens 5 unter 1000 rothen Blutzellen. Sie sind ungefähr 1/3 grösser als die rothen, und zeigen bei starker Vergrösserung eine zart granulirte Oberfläche und derselben entsprechend eine feincrenulirte Contour.
[S. 136] Wenn man einen Tropfen Blut auf einem Objectglase einige Minuten sich selbst überlässt, so schrumpfen die Blutkörperchen ein und man trifft sie dann meist zackig gerändert. Geschieht die Eintrocknung schnell durch warme Luft oder unter der Luftpumpe, so behalten sie dagegen meist ihre Form.
Fig. 157. | Fig. 158. | |
Blutkörperchen | ||
in langsam eingetrocknetem Blute, 600mal vergr. |
in schnell eingetrocknetem Blute, 600mal vergr. |
Wie Glaubersalz zerstören andere Salzlösungen, schwache Säuren und schwache alkalische Laugen die Blutkörperchen, dagegen nicht concentrirte Aetzlaugen. Eingetrocknete Blutkörperchen schwellen in letzteren an und werden dadurch wieder sichtbar. In einem dünnen Scheibchen geronnenen Blutes findet man die Blutkörperchen in der faserig erscheinenden Fibrinschicht gebettet.
Fig. 159. | Fig. 160. | |
Blutkörperchen | ||
im geronnenen Blute. 600mal vergr. | der Vögel. Vergr. |
Die Blutkörperchen sind bei den Säugethieren meist rund, beim Menschen kreisrund und etwas biconcav, bei den anderen Säugethieren, besonders den Wiederkäuern sind sie meist kleiner (beim Kameel, Dromedar, Lama grösser und elliptisch-biconvex). Die Blutkörperchen der Vögel sind länglich-oval, in der Mitte etwas erhaben; die der Fische und Amphibien ebenfalls länglich oder elliptisch, flach oder etwas convex, die der letzteren aber sehr gross.
[S. 137] Der durchschnittliche Durchmesser der Blutkörperscheibchen beträgt beim:
Menschen | 0,0074–0,0080 | mm. | |
Schwein | 0,0060–0,0065 | „ | |
Rind | 0,0054–0,0060 | „ | |
Schaf | 0,0040–0,0048 | „ | |
Hasen | 0,0065–0,0070 | „ | |
Pferd | 0,0050–0,0055 | „ | |
Hund | 0,0070–0,0075 | „ | |
Huhn | 0,0070–0,0081 | „ | in der Breite |
„ | 0,0120–0,0135 | „ | in der Länge. |
Bei der Untersuchung einer Substanz, welche man für Blut hält, pflegt man zuerst ihr Verhalten gegen Wasser zu prüfen.
Man bedeckt z. B. die Substanz mit 1–2 Tropfen Wasser. Ist sie eingetrocknetes Blut, so wird sie je nach ihrem Alter früher oder später an ihrer Oberfläche etwas aufquellen und sich das Wasser anfangs gelb, dann rothgelb, endlich dunkelroth färben. Lässt man dann den Tropfen abfliessen, so wird sich bei Musterung der benetzt gewesenen Stelle mit einem Vergrösserungsglase das netzartige Geflecht des Fibrins erkennen lassen. Betupft man dasselbe mit einer verdünnten Jodjodkaliumlösung, so wird es sich dunkelbraun färben.
Steht eine reichliche Menge der blutähnlichen Substanz zu Gebote, so giebt man eine senfkorn- bis linsengrosse Menge in einen Reagircylinder, übergiesst sie mit einigen Cubikcentimetern destillirtem Wasser, und mischt sie so einige Zeit unter nur sehr sanftem Schütteln. Nachdem sich das Wasser gefärbt hat, wird es schon nach sehr sanftem Schütteln an seinem Niveau einen Schaum bilden. Diese Eigenthümlichkeit des bluthaltigen Wassers nennt man Spumescenz. Diese lässt sich selbst an einem Tropfen der Flüssigkeit auf dem Objectglase beobachten, wenn man das Deckgläschen wiederholt hebt und abwärts drückt.
[S. 138] Die vorstehend erhaltene wässrige Blutlösung im Tageslichte beobachtet zeigt Dichroïsmus, d. h. im durchfallenden Lichte erscheint sie gelbroth oder roth, im reflectirten Lichte grünlich oder grün.
Die Grundlage der rothen Farbe des Blutes ist mit Haemoglobin bezeichnet worden. Dieses Haemoglobin besteht aus einer eiweissartigen Substanz und Haematin, einem eisenhaltigen Farbstoff. Wirken auf diese Verbindung Alkalien oder Säuren ein, so wird sie zersetzt und der Blutfarbstoff, das Haematin frei gemacht und unter gewissen Verhältnissen in Krystalle verwandelt. Deshalb nannte man diesen Blutfarbstoff früher Haematokrystallin.
Als eine sehr geeignete Flüssigkeit, die rothen Blutzellen von eingetrocknetem Blute oder Blutflecken behufs der mikroskopischen Untersuchung aufzunehmen, und das Haematin aus seiner Eiweissverbindung abzuscheiden, ist nach Roussin ein Gemisch aus 3 Th. Glycerin, 1 Th. concentrirter Schwefelsäure und 35 Th. Wasser.
Es soll sich der Blutfarbstoff der Säugethiere (nicht der Vögel) an und für sich in Krystalle verwandeln lassen und er dabei verschiedene je nach Art der Thiere aber ziemlich bestimmte Formen annehmen. Die prismatische Krystallform soll beim Menschen und vielen Säugethieren, die tetraëdrische beim Meerschweinchen und der Maus, hexagonale Tafeln bei dem Eichhörnchen, die Rhomboëderform beim Hamster etc. vorwalten. Zur Darstellung dieser Krystalle soll man nach Funke einen Tropfen Blut auf das Objectglas bringen und, nachdem er 3–4 Minuten an der Luft gestanden hat, mit einem Tropfen Wasser versetzen. Nach mehrmaligem Anhauchen legt man ein Deckgläschen darauf und stellt das Ganze an einen hellen Ort zur Verdunstung. Gut soll es sein, die Fläche des Objectglases, worauf der Tropfen Blut gegeben wird, vorher mit Seidenzeug recht tüchtig zu reiben. Die Krystallbildung gelingt[S. 139] übrigens in dieser Weise nicht leicht und ist es nothwendig, gleichzeitig 2–3 Objecte herzustellen.
Wichtig für die Untersuchung der Blutflecke ist die Darstellung der Teichmann’schen Häminkrystalle. Das Haematin hat nämlich eine grosse Verwandtschaft zur Salzsäure, und diese Verbindung hat eine vorwiegende Neigung zu krystallisiren. Diese Teichmann’schen Häminkrystalle sind Haematinhydrochloratkrystalle. Zu ihrer Darstellung aus Blutflecken wird die wässrige, nicht zu dünne Blutlösung (2–3 Cubikcentimeter) mit einigen Tropfen Eisessig und einer sehr geringen Menge (circa 1 Ctgr.) Kochsalz versetzt. Werden dann einige Tropfen der Lösung auf einem Objectglase an einem lauwarmen Orte abgedunstet, so beobachtet man unter dem Mikroskop die braunrothen bis schwarzbraunen Haematinhydrochloratkrystalle in Form rhombischer Nadeln und Täfelchen. Man kann auch die trockne, pulverig zerriebene blutähnliche Masse nach Zusatz einer unbedeutenden Menge Kochsalz mit Aetherweingeist, welcher mit wenigen Tropfen Eisessig versetzt ist, extrahiren und diese durch Glaswolle filtrirte Lösung verdunsten lassen, um dieselben Krystalle zu erlangen. Der Kochsalzzusatz ist nur ein Ersatz des im Blute von Hause aus vorhandenen Chlorids, im Falle die Blutsubstanz der Einwirkung von Wasser ausgesetzt war.
Auch fauliges, selbst altes eingetrocknetes Blut liefert diese Krystalle. Brücke giebt folgende Anweisung zur Untersuchung der Blutflecke. Die Flüssigkeit, welche man durch[S. 140] kaltes Ausziehen mit destillirtem Wasser aus dem Blutfleck gewonnen hat, lässt man, mit einem sehr kleinen Körnchen Kochsalz versetzt, in einem Uhrglase unter der Luftpumpe oder über Schwefelsäure verdunsten oder an freier Luft eintrocknen. Dann durchmustert man das Uhrglas unter dem Objectiv, ob sich nicht etwa Krystalle darauf befinden, die den Haeminkrystallen ähnlich sind und damit verwechselt werden können. Hierauf übertropft man den Boden des Uhrglases mit Eisessig und verdampft denselben an einem warmen Orte von 50–80° C. Nun giebt man einen Tropfen destillirtes Wasser auf das Uhrglas, nimmt damit den Rückstand auf und bringt die Mischung auf Objectgläsern unter das Mikroskop. Ein bohnengrosser Blutfleck liefert viele tausende dieser kleinen, gelben bis braunrothen Haeminkrystalle in Form von rhombischen Tafeln und Säulen, oft sich kreuzend über einander lagernd. Sie sind in Essigsäure, Salzsäure, Weingeist, Wasser unlöslich, dagegen löslich in Aetzalkalien und concentrirter Schwefelsäure. Im[S. 141] Uebrigen gelangt man rascher zum Ziele, wenn man das mit dem Blutflecke bedeckte ausgeschnittene Stück Zeug oder das mit dem Fleck bedeckte Scheibchen Holz, oder die von einer Metallplatte abgekratzte blutfleckenartige Masse in einem Probircylinder mit Eisessig aufkocht, heiss und rasch filtrirt und die Flüssigkeit in einem flachen Glasschälchen an einem warmen Orte eintrocknet. Bei frischem Blute ist der Zusatz von Kochsalz gerade nicht nothwendig.
Schleim, das Absonderungsprodukt der thierischen Schleimhäute (z. B. der Speichel), ist eine durchscheinende oder durchsichtige dickflüssige Masse mit darin befindlichen Epithelialzellen (den Zellen der äussersten Schicht der Schleimhaut). Jene dickflüssige Masse besteht aus den Schleimkörperchen. Diese erscheinen unter dem Objectiv als runde, stark granulirte, farblose, einzelne oder an einander hängende, Gruppen und Flächen ausfüllende Körperchen, welche einen und mehrere Kerne enthalten.
Eiter. Eiterkörperchen sind schwierig von den Schleimkörperchen zu unterscheiden. Bei einiger Uebung in der optischen Musterung von Schleim und Eiter erlangt man sehr bald in der Bestimmung und Unterscheidung der Schleim- und Eiterkörperchen Sicherheit. Die Eiterkörperchen erscheinen unter dem Mikroskop wie runde, matt granulirte Zellen mit einem Kern, der häufig 2-, 3- bis 4mal gespalten ist oder eine längliche oder eine hufeisenförmige Gestalt hat. Die Umrisse (Contouren) sind öfter matt als scharf hervortretend.[S. 142] Unter Einwirkung verdünnter Essigsäure quellen die Eiterkörperchen auf, ihr granulirtes Ansehen verschwindet, sie werden hyalin und die vorerwähnten Kerne treten sichtbarer hervor.
Lymph- oder Chyluskörperchen bilden matt granulirte Zellen, welche durch verdünnte Essigsäure in ihre sie constituirenden Theile zerlegt werden.
Sputum an Lungen-Tuberculosis (Lungenschwindsucht) leidender Menschen. Dieser Auswurf enthält neben Schleimkörperchen und Epithelialzellen Eiter, mehr oder weniger rothe Blutkörperchen und dann eigenthümliche elastische Fasern von dunkler Farbe, der Lungensubstanz angehörend.
Gährpilz, Hefenzelle, Cryptococcus cerevisiae, Saccharomyces[S. 144] cerevisiae Meyen. Der Gährpilz ist eine einzellige Alge, ein Hauptbestandtheil der Bierhefe. Er findet sich im Brote, im gährenden Harn und als ein pflanzlicher Parasit häufig in dem Magen, Munde etc. des Menschen. Er entsteht da, wo Zucker durch Gährung zersetzt wird, und vermehrt sich durch Theilung und Knospung. Er hat rundliche und ovale Formen, ist durchsichtig und farblos.
Magensarcinie, Merismopedia (Sarcinia) ventriculi, ist eine Alge, zur Familie der Chroococcaceen und der Ordnung der Cystiphoren gehörend, bestehend aus Zellen, welche einschichtig zu einer tafelförmigen Gruppe verbunden sind. Das Cytioderm ist fest, schleimig, häufig weisslich-grau oder gelblich, das Cytioplasma bläulich. Diese Alge theilt sich meist quadratisch oder zu vier in einem Quadrate stehenden Zellen. Sie findet sich im Magen, ist jedoch ohne alle pathologische Bedeutung. Ein etwas grösseres Format ist Merismopedia punctata Meyen (M. Kuetzingii) mit schwach begrenztem, fast farblosem Trieblager und blass grünspanfarbigem Cytioplasma. Sie wird in Tümpeln und Seen mit stehendem Wasser angetroffen.
Fig. 170. | Fig. 171. | |
Merismopedia ventriculi aus einer erbrochenen Masse, 450mal vergr. | Merismopedia punctata, 800mal vergr. |
Die sehr kleine Merismopedia urinae kommt in der menschlichen Harnblase, M. renis in der Niere vor.
Favuspilz, Achorion Schoenleinii, ist die Ursache des Kopfgrindes. Dieser pflanzliche Parasit dringt in die feinsten[S. 145] Risse der Haut, in die Haarbälge, erzeugt Entzündung und Eiterung der Kopfhaut und zerstört, indem er seine feinen Myceliumfäden zwischen und in die Fasern, woraus das Haar besteht, einschiebt, das Haar.
Soorpilz, Aphthenpilz, Oidium albicans, ist ein als Parasit häufig vorkommender Fadenpilz, welcher die bei kleinen[S. 146] Kindern vorkommenden sogenannten „Schwämmchen“ bildet. Er besteht aus Sporen und Myceliumfäden, die zwischen und unter dem Epithel der Schleimhaut wuchern und dasselbe zur Abstossung bringen. Er giebt der Schleimhaut das Ansehen, als wäre sie mit Käseflocken bedeckt. Verwechselt kann dieses Gebilde nicht werden mit Leptothrix buccalis Robin, einer parasitischen Alge, welche sich auf jeder Zunge, zwischen allen Zähnen findet und aus weit feineren stabförmigen, wenig oder nicht gebogenen und wenig verästelten Fäden besteht. Diese Alge gehört zu den Oscillariaceen, einer Familie, welche fadenförmig und mit einer eigenen Bewegung begabt ist, von welcher jedoch die Leptothricheen selten eine und dann nur langsam oscillirende Bewegung zeigen. Dagegen haben die Species der Oscillarieen und Spirillineen, zwei andere Unterfamilien der Oscillariaceen, eine sehr lebendige (oscillirende, kriechende oder spiralige) Bewegung, so dass man sie früher für Thiere hielt. Sie scheinen jedoch nur den Uebergang zu diesen zu bilden. Zu den Spirillineen gehören die Vibrionen, welche in cylindrischer und fadiger Form, frei oder in ihren natürlichen Schleim[S. 147] gehüllt, unter dem Mikroskop eine sehr lebhafte Bewegung zeigen. Sie findet man besonders da, wo eine Milchsäure- oder eine Buttersäuregährung stattfindet, in dem Schleim an den Zähnen, zwischen den Zehen der Füsse, zuweilen im Harn. Spirillum volutans ist schlangenförmig und spiralig gewunden und gegliedert.
Fig. 174. | Fig. 175. | |
Soorpilz. Oidium albicans. Vergr. | Leptothrix buccalis. Zungenbelegpilz. Vergr. |
Fig. 176. | Fig. 177. | |
Vibrio lineola (links), obere 50mal, untere
300mal vergr. Vibrio bacillus (rechts), 750mal vergr. |
Spirillum volutans, 750mal vergr. |
Fig. 179. | Fig. 180. | |
Oscillaria viridis. a ein Glied von vorne gesehen. Vergr. | Chamaesiphon incrustans. a 200fach vergr. b 1200fach vergr. |
Von den Oscillarieen bewohnt die Gattung Beggiatoa viele Thermen und natürliche Schwefelwässer. Sie hat eine oscillirende Bewegung, ist haarförmig, sehr dünn, sehr durchsichtig und starr. Beggiatoa alba ist in einen weissen Schleim gehüllt und bildet lange Fadenfortsätze mit granulirtem Cytioplasma. B. nivea ist durchsichtig und zeigt eine dunkle Gliederung. Die Gattung Oscillaria ist mit einer dreifachen Bewegung begabt, gegliedert, entweder von Mutterschleim umhüllt oder eingeschlossen von einer engen röhrenförmigen, an beiden Enden offenen Scheide. Die Glieder sind von vorne gesehen scheibenförmig und mit punktförmigen peripherisch ständigen Knötchen versehen. Eine parasitische Oscillariee ist Chamaesiphon incrustans, eine sehr kleine circa 0,01 mm lange, dicht zusammengedrängt stehende Alge mit[S. 148] undeutlichen Gliedern, aber deutlichen Endgliedern und sehr zarten Scheiden. Sie bewohnt andere Algen, diese incrustirend.
Interessante Algen sind die Spermosireen durch ihren rosenkranzähnlichen Bau. Die Gattung Anabaena hat kugelige oder elliptische Glieder und goldgelbe oder braungelbe Sporen. Anabaena circinalis findet man in stehenden Wässern.
Fig. 181. | Fig. 182. | |
Anabaena circinalis. Vergr. | a Microcystis violacea, b Anacystis marginata. Vergr. |
Von der Algenfamilie der Chroococcaceen möge noch erwähnt sein Microcystis, welche aus sphärischen, dicht zusammengedrängten und von einer Mutterhülle eingeschlossenen Zellen besteht. Microcystis (Gloeocapsa) violacea hat eine violette Färbung. Sie bewohnt die Fensterscheiben und Mauern feuchter Keller. Die zu derselben Familie gehörende Anacystis, welche schwimmend in stehendem Wasser angetroffen wird, besteht aus zahlreichen sphärischen, in Schleim nistenden, mit einer gemeinsamen mehrschichtigen Decke umhüllten Zellen.
Diatomaceen sind einzellige Algen. Sie liefern verschiedene mikroskopische Probeobjecte. Ihnen fehlt das Chlorophyll, dagegen tritt in ihrem Cytioplasma ein gelblicher oder bräunlicher Farbstoff auf, der grün wird, wenn sie absterben oder wenn man sie mit Säuren behandelt. Sie schwimmen entweder frei im Wasser oder sind einem Polster oder einem Stengel aufgewachsen oder in Schleim verschiedener Form gebettet, in und ausser dem Wasser. Die Zellen sind zweiklappig und symmetrisch gestaltet, die Klappen durch eine in Salpetersäure lösliche Zellsubstanz zusammengeleimt.[S. 149] Die Membran (Cytioderm) der Diatomaceen besteht nicht aus Cellulose, wie bei den meisten anderen Algen, sondern aus Kieselerde, die weder durch Fäulniss noch durch Glühhitze zerstörbar ist. Die Gestalt dieser Kieselpanzer ist sehr verschieden, rund, scheibenförmig, walzenförmig, prismatisch, viereckig, nachenförmig, keilförmig etc., oft mit symmetrisch geordneten Verdickungen, wodurch der Panzer mit mannigfaltigen Zeichnungen geziert erscheint.
Einigen Familien dieser Algen, wie den Naviculaceen und Synedreen, ist eine scheinbare freiwillige Bewegung eigen. Sie schwimmen im Wasser mit zitternder Bewegung vor- und rückwärts, stossen sie hierbei aber auf ein Hinderniss, so ziehen sie sich ein oder zurück und versuchen wiederholt auf’s Neue, die Richtung um einen sehr spitzen Winkel verändernd, vorwärts zu dringen, und kehren, ohne sich umzudrehen, ganz und gar zurück, wenn das Hinderniss dasselbe bleibt. Diese eigenthümliche Bewegung gab Grund, sie für Infusionsthiere zu halten. Aus den Kieselpanzern dieser Algen bestehen sogar grosse Strecken der Lüneburger Haide. Das schwedische Bergmehl, welches mit Brod gemischt in Hungerjahren genossen wurde, sind Kieselpanzer abgestorbener Diatomaceen. Man findet diese Algen fast in allen natürlichen Wässern oder als Schmarotzer auf Wasserpflanzen oder in eine braune Schleimmasse eingebettet als feuchten Ueberzug der Felsen. Häufig trifft man sie in solchen Mengen, dass man sie für Schlamm hält.
Milch von Kühen. Sie ist die bekannte emulsionsartige Flüssigkeit, welche verschiedene Salze, Milchzucker, Kaseïn enthält und in welcher Fett (Butter) in Gestalt sehr kleiner, unter dem Mikroskope scharf begrenzter, homogener, durchsichtiger Kügelchen schwimmt. Jedes Fettkügelchen ist mit einer Kaseïnhülle umgeben, welche das Zusammenfliessen des Fettes verhindert. Unter dem Mikroskope erscheint die Milch als eine klare Flüssigkeit mit jenen darin suspendirten Fettkügelchen (Fig. 184).
[S. 151] In der Ruhe scheidet sich die Milch in zwei Schichten, in eine untere fettarme und in eine obere fettreiche, gewöhnlich Rahm oder Sahne genannt. Die von dem Rahme gesonderte, sogenannte abgenommene Milch zeigt unter dem Objective weit weniger Fettkügelchen und diese sind meist klein. Es treten also die grösseren Fettkügelchen beim ruhigen Stehen der Milch zuerst an die Oberfläche derselben. Der Milchrahm bietet daher dem Auge sehr grosse Fettkügelchen.
Die dickliche gelbliche Milch, welche jedes Säugethier (also auch die Kuh) einige Tage vor und in den ersten Tagen nach dem Gebären giebt, heisst Colostrum, Colostrummilch. Sie ist von fadem Geschmacke, enthält Eiweiss, weniger Kaseïn und Milchzucker, besonders aber die Colostrumkugeln, nämlich die mit Fett erfüllten Zellen der Milchdrüsenschleimhaut. Unter dem Mikroskop erscheinen die Fettkügelchen der Colostrummilch gewöhnlich weniger scharf begrenzt, von sehr verschiedener Grösse, in Gruppen darin herumschwimmend, und daneben findet man einzelne grosse, nicht völlig kugelrunde, trübe Buttermassen mit körniger Oberfläche, jene Colostrumkügelchen. Diese sammeln sich beim Stehen der Milch an deren Oberfläche und bilden eine dunkelgelbe Rahmschicht. Diese Colostrummilch hat meist eine blassgelbliche oder gelbe Farbe. Sie ist zwar keine gesundheitsschädliche, denn sie äussert nur eine den[S. 152] Stuhlgang gelind vermehrende Wirkung, sie ist aber für den Genuss der Menschen nicht geeignet und wegen ihrer Farbe nicht appetitlich.
Die Milch und Sahne wird (nach Angabe einiger Schriftsteller) zuweilen mit der von Blut und Häuten befreiten Gehirnsubstanz der Schafe gemischt, um ihre Consistenz zu vermehren. Eine solche Milch hat einen hellgrauen Farbenton und setzt beim Stehen an die Gefässwandung eine feine weisse kleinkörnige Masse ab, welche feine Fäden von der Zellsubstanz des Gehirns enthält. Unter dem Mikroskope erkennt man die Gehirnsubstanz an den warzig erweiterten, oft perlschnurartigen Nervenprimitivfasern, an den Resten von Capillargefässen, welche gefässartig verzweigte, aus strukturloser Membran bestehende Gebilde darstellen, an denen sich ovale Kerne befinden, die nach Zusatz von Essigsäure mehr hervortreten.
In Folge exsudater Processe im Euter oder in Folge einiger epidemischer Rinderkrankheiten findet man in der Milch Eiter. Die Eiterkörperchen sind den Butterkügelchen ähnlich, aber im Umfange etwas grösser, matt granulirt und enthalten einen Kern, oder sie bilden granulirte Körperchen mit unregelmässigem Rande, löslich in Aetznatronlauge, unlöslich in Aether. Bei Eiterausschlägen soll die Milch mikroskopisch kleine maulbeerähnliche Kügelchen enthalten,[S. 153] aus Schleim und Eiter bestehend. Eine eiterhaltige Milch ist als eine gesundheitsschädliche zu beurtheilen.
Butter. Tafelbutter oder Marktbutter in einer Menge, welche einer halben Linse gleich kommt, zwischen Objectglas und Deckglas zu einer dünnen Schicht auseinandergedrückt, ergiebt sich bei 200–300facher Vergrösserung als ein Conglomerat rundlicher und runder Tröpfchen von verschiedener Grösse, untermischt mit kleinen Kochsalzkrystallen.
Die sogenannte Schmelz- oder Schmalzbutter, Dauerbutter, welche behufs Befreiung von den Milchbestandtheilen eine Schmelzung erfahren hat, ebenso die mit Talg gefälschte[S. 154] und geschmolzen gewesene Butter liefern unter dem Mikroskop nicht diese Tropfenform, welche bei der sogenannten Kunstbutter jedoch mehr oder weniger ausgeprägt ist.
Harn. Der Harn, besonders der des kranken Menschen, bietet mehrere Bestandtheile, welche sich durch das Mikroskop erkennen und bestimmen lassen. Sowohl ein Tropfen des klar abgegossenen Harns, sowie eine entsprechende Quantität des etwaigen Bodensatzes (Harnsediments) werden gesondert der mikroskopischen Betrachtung unterworfen.
Fig. 191. | Fig. 192. | |
a Eiterzellen, b dieselben mit verdünnter Essigsäure behandelt, c Schleimkörperchen. | Zellen der Harnblasenschleimhaut, stark vergrössert. |
An organischen Stoffen können sich im Harne finden:
a. Schleimgerinnsel bildet Streifen, aus reihenförmig geordneten, äusserst kleinen Körnchen zusammengesetzt. Es darf nicht mit den Harncylindern verwechselt werden.
b. Schleimkörperchen. Vergl. S. 141.
c. Blutkörperchen. Vergl. S. 134.
d. Eiterkörperchen oder Eiterzellen. Vergl. S. 141.
e. Harncylinder und Epithelialzellen. In Folge krankhafter Beschaffenheit der harnleitenden Gänge findet man[S. 155] im Harn Beimengungen von Gewebetheilen, wie Zellen, (Pflasterepithelien) der Harnblasenschleimhaut, Epithelialzellen aus den Nierenbecken, den Ureteren und den Kelchen, endlich sogenannte Harncylinder, nämlich Stücke des Epithelialüberzuges aus den Bellini’schen Röhrchen in Form cylindrischer Schläuche.
f. Spermatozoën. Vergl. S. 158.
g. Krebsmaterie neben Eiterkörperchen, verschieden gestaltete Degenerationsgebilde mit Zellen mehr oder weniger bedeckt.
h. Gährpilze. Vergl. S. 143.
i. Vibrionen. Vergl. S. 146.
An krystallisirten Stoffen können vorhanden sein:
Das Sediment des Harns wird allein und dann mit Salzsäure angesäuert auf das Objectglas gegeben oder man lässt Harn auf dem Objectglase verdunsten.
a. Hippursäure bildet, aus kaltem Harne allmählich ausgeschieden, halbdurchsichtige rhombische, vierseitige Prismen und Säulen (mit der Grundform des Rhombenoctaëders), an den Enden in 2 oder 4 Flächen auslaufend.
[S. 156] b. Harnsäure nimmt verschiedene Formen an. Sie bildet bald rhombische, glatte, durchsichtige, oft orange, bräunlich oder gelb gefärbte Tafeln, bald mit abgerundeten stumpfen Winkeln, bald mit spindelförmigen Verlängerungen. Aus der alkalischen Lösung mittelst Salzsäure auf dem Objectglase abgeschieden bildet sie mitunter Dumb-bells (kurze Stränge mit pilzhutförmig erweiterten Enden). Bald nimmt die Harnsäure die Form von Wetzsteinen an, bald vereinigt sie ihre Prismen zu besenähnlichen Büscheln, von denen gemeinlich je zwei mit ihrer Basis zusammenhängen.
c. Saures harnsaures Natron bildet unregelmässige Gruppen kleiner grützlicher Körnchen.
d. Saures harnsaures Ammon in Form kleiner, runder, mit Spitzen besetzter, vereinzelter oder in Gruppen zusammenliegender Körperchen.
e. Phosphorsaure Ammon-Magnesia (Tripelphosphat) gewöhnlich in rhombischen, sargdeckelähnlichen Krystallen,[S. 157] welche sich durch ihre leichte Löslichkeit in verdünnter Essigsäure von der oxalsauren Kalkerde unterscheiden.
f. Oxalsaure Kalkerde in Gestalt kleiner durchsichtiger quadratoctaëdrischer Krystalle, den Briefcouverten ähnlich oder sanduhrförmig.
g. Harnstoff mit Chlornatrium giebt Krystalle, an welchen die Kreuzform vorherrschend ist.
Samenfäden, Spermatozoën, Zoospermien, sind Zellengebilde. Sie zeigen bei starker Vergrösserung einen ovalen abgeplatteten Körper mit einem langen, feinen, fadenförmigen Schwanze. Die Bewegungen der lebenden scheinen unter dem Mikroskope ungemein schnell und lebhaft.
In der Wirklichkeit ist die Bewegung natürlich nur eine langsame, denn jede Bewegung erscheint durch starke Objective gesteigert. Beim Absterben legt sich der fadenartige Schwanz meist ösenförmig oder spiralig an den ovalen Körper.
Die Zoospermien sind keine Thiere, wie man sonst wegen ihrer lebhaften Bewegungen glaubte, sondern sie sind analoge Gebilde wie die Flimmerzellen der Schleimhäute und[S. 159] entstehen jedenfalls aus den Kernen jener eigenthümlichen Bildungszellen, welche während der Geschlechtsreife durch Umwandlung des Drüsenepithelium der Samenkanälchen gebildet werden. Wie die Flimmerzellen eine lebendige Bewegung der Fäden und Härchen (Flimmerbewegung, Wimperbewegung) unter dem Mikroskope erkennen lassen, so auch die Samenfäden. Die Bewegung wird durch sehr verdünnte Aetzkalilauge oder verdünnte Zuckerlösung gesteigert, eine kürzlich zur Ruhe gekommene dadurch oft wieder erweckt.
Im frischen Sperma findet man ferner vereinzelte, hyaline, farblose, kugelförmige, mattgranulirte Körper, Spermakörperchen genannt.
Die Aufsuchung der Spermatozoën in Flecken der Wäsche geschieht in der Art, dass man ein kleines Stückchen des Zeuges ausschneidet, in einem Uhrglase mit mehreren Tropfen Wasser aufweicht und nach 1 bis 2 Stunden mit einem Glasstabe sanft hin und her bewegt. Von dem Wasser bringt man dann ein Tröpfchen auf das Objectglas, ebenso auch einen Tropfen von der aus dem Zeuge gedrückten Flüssigkeit. Bei Untersuchung älterer Flecke schneidet man ein Stück des mit dem Fleck bedeckten Gewebes aus und theilt es mit der Scheere in drei Theile. Den Theil a weicht man, je nach dem Alter des Fleckes 1–3 Stunden in kaltem Wasser ein, den Theil b dagegen in verdünnter wässriger Pikrinsäurelösung und den Theil c zuerst in Pikrinsäurelösung und nach Verlauf einer halben Stunde in kaltem reinem Wasser. Von jedem dieser Theile des befleckten Gewebes trennt man behutsam einzelne Fädchen und mustert diese unter dem Objectiv bei circa 300-, 500-, 800-maliger Vergrösserung. Durch die Pikrinsäure wird das Samenfädchen[S. 160] gelb gefärbt, auch der Samenschleim, nicht aber die Leinenfaser, von welcher adhärirende Pikrinsäure sich durch Wasser beseitigen lässt. Die von einem Gewebe gesammelten Spermatozoën haben meist ihre Schwänze verloren und ist dann die Identität des schwanzlosen Spermakörperchens festzustellen. Eine Verwechselung mit Cercomonadenkörperchen wäre möglich.
Cercomonaden, geschwänzte Monaden, finden sich in thierischen Absonderungen. Die Intestinal-Schwanzmonade des Menschen (Cercomonas intestinalis) ist von verschiedener Grösse und körperlicher Ausbildung. Die Länge ihres Körpers ohne Schwanz schwankt zwischen 0,005 bis 0,01 mm. Die Bewegungen dieser Gebilde sind sehr lebendige[S. 161] und schnelle in bogig gekrümmten Touren. Sie finden sich in den schleimigen und flüssigen Dejecten des Darmkanals bei Diarrhöe, Cholera etc.
Vaginal-Monade (Trichomonas vaginalis) ein in dem Vaginalschleime häufig vorkommendes Gebilde, welches von einigen für eine Art Flimmerzelle gehalten wird. Sie ist von verschiedener Grösse, an dem einen Ende ihres Körpers mit 1–2–3 peitschenförmigen, sehr beweglichen Anhängen versehen. Der am andern Ende befindliche Ansatz bildet einen unbeweglichen Fortsatz des Körpers. Letzterer hat eine Länge von 0,008–0,018 mm.
Haarsackmilbe (Demodex folliculorum) (Fig. 210), eine Milbe niederer Ordnung und Parasit (Epizoë) der menschlichen Haut, 1842 von Simon entdeckt. Streicht man mit einem stumpfen Messer aus Holz oder Knochen unter mässigem Drucke über die Haut an Nase, Stirn, Wangen, Brust etc., so drückt man dabei aus den Ausführungsgängen der Talgdrüsen jene Milbe heraus, die auch in den Haarbälgen (zwischen Haarschaft und Wurzelscheide) wohnt. Das auf die angegebene Weise zusammengeschabte wird mit etwas Wasser auf das Objectglas gebracht. Diese Milbe ist 1/6 bis 1/4 mm lang, borsten- und haarlos und hat einen kleinen[S. 162] Saugrüssel mit zwei unter diesen befindlichen Haftzangen. Das jüngere Thier hat 2 Paar, das ältere 4 Paar stummelförmige Beine. Diese Parasiten sitzen im Innern der Talgdrüsen und Haarbälge mit dem Kopf nach innen, mit dem Hintertheile nach aussen. In ihrem Wohnsitze legen sie auch ihre Eier. Sie sind gemeiniglich ein Bild vom Ernährungszustande des Menschen, auf welchem sie leben, denn sie sind dick und rund bei gesunden wohlgenährten, und schmal und mager bei mageren Menschen.
Im Uebrigen sind sie ohne Nachtheil.
Die Krätzmilbe, Sarcoptes hominis, Sarcoptes scabiei, hat einen breiten, länglich runden, 1/3 bis 1/2 mm langen, mit Haaren und Borsten besetzten Körper. Sie ist die Milbe, welche die Symptome der Krätze verursacht und nicht mit der Haarsackmilbe zu verwechseln.
Diese Milbe bohrt sich 3–4 mm tief in schiefer Richtung in die Haut und legt im Grunde dieser Höhlung ihre Eier. In Folge des dadurch verursachten Reizes entzündet sich der Eingang dieser Höhlung und es entsteht[S. 163] eine Pustel (Krätzpustel) und eine Entzündung der Haut. Daher das Hautjucken Krätzkranker. Die Heilung kann auch nur durch Tödtung der Milbe und ihrer Eier erreicht werden. In neuerer Zeit hat man den Perubalsam und Storax als vorzügliches Krätzmittel erkannt.
Trichinen. Die Trichine, Trichina spiralis, ein lebendig gebärender Rundwurm mit Gehirn und vollkommenem Verdauungsapparat, ein Eingeweidewurm warmblütiger Thiere. Vor circa 30 Jahren zuerst von einem englischen Arzte Hilton entdeckt, ist die Natur dieses Thieres seit den letzten 15 Jahren sorgfältig studirt worden, seit welcher Zeit die Gesundheitsschädlichkeit des Genusses trichinigen Fleisches erkannt wurde.
Lebenslauf und Entwickelung der Trichine im lebenden Thierkörper sind folgender Art: die mit dem Fleische genossenen Muskeltrichinen verbleiben im Darmkanal und bilden sich daselbst in wenigen Tagen zu geschlechtsreifen Trichinen, Darmtrichinen, aus, es findet die Begattung zwischen männlichen und weiblichen Trichinen statt, in 7 bis 10 Tagen erzeugen die Weibchen lebendige Junge (Embryonen), welche in die Muskeln überwandern, daselbst wachsen, sich nach längerer Zeit dort spiralig einrollen und innerhalb der Fleischfaser einkapseln. Mit der Zeit verkreidet sich die Kapselhülle und die Muskeltrichine verharrt in dieser Lage (also ohne sich zu vermehren), so lange bis sie durch Zufall in die Verdauungswege eines anderen[S. 165] Thieres gelangt, wo sie sich in dem Darmkanale zur Darmtrichine ausbildet. Nachdem die Darmtrichine ihre Brut, die sie aus vielen hunderten Eiern erzeugt, abgesetzt hat, geht sie unter.
Die weibliche Darmtrichine hat eine Länge von 1 bis 3 mm, die männliche von 0,8 bis 1,5 mm, die Embryonen von 0,08 bis 0,13 mm, die Muskeltrichine von 0,7 bis 1 mm.
Die Wanderung der Embryonen in die Muskeln, mag sie auf dem Wege der Blut- und Lymphgefässe oder durch Durchbohrung der Darmwände geschehen, ist eine unausgesetzte, bis ein Hinderniss entgegensteht. Ein solches Hinderniss bilden die sehnigen Ansätze der Muskeln, durch welche diese an die Knochen angeheftet sind. Hier kommen die wandernden Trichinen meist zur Ruhe und lagern sich zur Einkapselung. Um die sehnigen Ansätze herum findet man daher die meisten Trichinen.
Die Darmtrichinen sind meist gestreckt, nach dem Kopfende zu (k, siehe vorstehende Fig. 213) bedeutend dünner, mit etwas spitz zulaufendem Kopfe; nach dem Hinterende (a) nehmen sie an Dicke zu, mit stumpf abgerundeter Endigung. Die Männchen haben am Hinterende 2 Haken oder Zapfen (Fig. 214) neben der Oeffnung der Kloake. Die äussere Decke des Wurmkörpers besteht aus einer sehr durchsichtigen glatten feinen strukturlosen Haut (Chitinhaut),[S. 166] mit nichts besetzt und nur sehr leicht geringelt. Unter dieser Decke liegt der Hautschlauch, aus einer sehr dünnen muskulösen Haut bestehend, auf deren innerer Seite eine dichte Schicht fein gekörnter rundlicher Zellen als Auskleidung der Körperhöhle befindlich ist. In der Länge des Hautschlauches verläuft ein aus Zellen zusammengefügtes Band, welches sich vom Kopfende nach dem Hinterende und von hier auf der anderen Seite nach dem Kopfende zurück erstreckt. Im Innern des vorderen oder dünneren Theiles des Körpers liegt der Munddarm, welcher sich nach hinten allmählich erweitert und bei stärkerer Verdickung der Wandung deutliche Zellen zeigt. Am Uebergange dieses Theiles in den zweiten Theil des Körpers erblickt man um das Darmrohr eine dunkle mit Kernkörperchen gefüllte Masse, die sich weiterhin in den Darm fortsetzt, welcher am hinteren Ende endlich seinen Ausgang hat. Mit der zunehmenden Dicke des Wurmes nehmen die Darmzellen an Grösse zu und liegen dicht an der Wandung des Hautschlauches. Der hintere Theil des Körpers enthält ausserdem die Zeugungsapparate. Bei dem Weibchen erstreckt sich der Geburtsweg bis innerhalb des ersten Drittels der Körperlänge und hat hier, also am Vordertheile des Körpers, seitlich seinen Ausgang.
Die Kapsel oder Cyste der Muskeltrichine (Fig. 215) hat eine ovale Form. In ihrem weiteren Theile liegt die Trichine spiralig eingerollt. Unter dem Mikroskop erscheint die Kapsel, wenn ihre Verkreidung noch nicht vorgeschritten ist, hell und durchsichtig, und man kann darin den Wurm deutlich sehen. An jedem Ende des Ovals findet sich ein[S. 167] stumpfer, etwas dunklerer Ansatz, so dass die Kapsel mit den Umrissen eines menschlichen Auges Aehnlichkeit hat. Hat die Ablagerung von Knochenerde an der Kapselhülle zugenommen, so erscheint die Kapsel unter dem Mikroskop bei durchfallendem Lichte dunkel und sie ist nicht mehr durchsichtig. Häufig sind dann die Ansätze der Kapsel von kleinen Fettzellchen umlagert. Legt man ein dünnes Stück Fleisch mit verkreideten Kapseln in mässig verdünnte Essigsäure oder Salzsäure, so erfolgt die Lösung der Kalkschale und die Kapsel wird wieder durchsichtig.
Die Trichine könnte mit blossen Augen sicher erkannt werden, wäre sie nicht zu durchsichtig. Die verkreideten[S. 168] Kapseln lassen sich bei auffallendem Lichte, weil sie weisslich sind, mit blossen Augen erkennen.
Von den Muskeln, welche die Trichinen vorzugsweise aufsuchen, sind zu nennen: das Zwerchfell, die Augenmuskeln, die Nackenmuskeln, die Muskeln der Bauchwand, die Muskeln des Hintertheils. Proben aus diesen Theilen, besonders aus der Gegend der Sehnenanheftung entnommen, also mit fünf Fleischproben, kann der mikroskopischen Fleischschau genügt werden.
Von jeder Probe nimmt man zwei, höchstens drei feine Scheibchen nach der Länge der Fleischfaser, mit der krummen Scheere abgeschnitten und mittelst der Präparirnadeln zerzasert, legt sie in mässiger Distanz nebeneinander auf ein starkes, farbloses Objectglas und giebt, wäre das Fleisch nicht frisch und saftig, einen Tropfen Wasser darauf. Auf das sorgsam ausgebreitete Object legt man ein Deckglas (ein zweites dünnes Objectglas) und drückt beide Gläser so gegeneinander, dass die Fleischscheibchen zu einer sehr dünnen, durchsichtigen Schicht ausgedehnt werden. Bedient man sich hier eines Compressoriums, besonders aber des Hager’schen Compressor-Mikroskops, so ist man der äusserst lästigen Mühe des anhaltenden Pressens der Objectgläser mit den Fingern enthoben.
Die Beschauung wird bei 30- bis höchstens 60facher Vergrösserung vorgenommen. Freie Trichinen oder in der noch durchsichtigen Kapsel befindliche Trichinen werden hierbei sofort erkannt werden, theils im Fleische, theils in der um das Object befindlichen Flüssigkeit, welche beim Drücken des Fleisches gewöhnlich ausfliesst. Verkreidete Kapseln erscheinen als dunkle undurchsichtige Körper. In diesem Falle zerzasert man das Object mit den Präparirnadeln, giebt einen Tropfen Essigsäure darauf und legt es nach einigen Minuten gepresst wieder unter das Mikroskop.
Findet man eine verdächtige Wurmgestalt, so schreitet man zu einer 100- bis 200fachen Vergrösserung, um den[S. 169] inneren Bau des Wurmförmigen zu mustern. Letzterer ist charakteristisch genug, als dass eine Verwechselung mit wurmartig gekrümmten Fleischfasern, Miescher’schen Körperchen, oder Gespinnstfasern möglich wäre.
Miescher’sche oder Rainey’sche[7] Körperchen oder Schläuche, Synchytrium Miescherianum, sind sehr häufig vorkommende, eigenthümliche Gebilde in den Muskelfasern (und auch in anderen Theilen des Thierkörpers), welche zwar grössere Conglomerate bildet als die Trichinenkapsel,[S. 170] aber mitunter im Umrisse eine entfernte Aehnlichkeit mit Trichinenkapseln oder Finnen haben können. Diese Gebilde gehören dem Pflanzenreiche an. Prof. Dr. Kühn glaubt sie zu den Myxomyceten (Schleimpilzen) zählen zu können. Sie sind von verschiedener Grösse und weisslicher Farbe, jedoch sehr gut mit blossen Augen zu erkennen. Damit sehr stark durchsetztes Muskelfleisch sieht graustreifig und missfarbig aus. Gemeiniglich bilden sie längliche abgerundete Schläuche aus strukturloser Membran, angefüllt mit einer körnigen Masse. Unter dem Mikroskop sind sie dunkler als die Fleischfaser. Haben sie eine elliptische Form, so können[S. 171] sie mit Trichinenkapseln verwechselt werden. Ein Druck auf das Deckglas genügt, diese Gebilde zu zerdrücken, wobei sich der körnige Inhalt ergiesst und das Object überschwemmt.
Miescher entdeckte diese Gebilde 1843 zuerst im Fleische der Mäuse. Einige Gelehrten nennen sie Psorospermienschläuche, den Inhalt Psorospermien. Die aus den Schläuchen herausgedrückten Körnchen haben bei starker Vergrösserung Formen, wie sie vorstehende Zeichnungen (ps) angeben. Der Genuss des Fleisches mit diesen Körperchen hat sich bis jetzt nicht schädlich erwiesen, der Geschmack des Fleisches ist aber nicht besonders.
Fig. 220. | ||
Schweinefinne (vergr.). | Bandwurm-
oder Finnenkopf. | |
Mit eingestülptem Kopf. |
Mit vorgestrecktem Kopf. |
Schweinefinne, Finne, Bandwurm. Die Finne der Schweine, Blasenwurm, wohnt zwischen den Muskelfasern,[S. 172] des Fleisches dieser Thiere und bildet mit unbewaffnetem Auge erkennbare weissliche oder halbdurchsichtige, mehr oder weniger walzenförmige, senfkorn- bis erbsengrosse Blasen innerhalb einer häutigen weissen Kapsel, welche mit dem umgebenden Fleische verwachsen ist. In dem Fleische der Schweine (zuweilen im Fleische des Rindes und anderer Thiere, auch im Fleische des Menschen) findet man die Finnen häufig in unzähliger Menge. Nimmt man die Finne aus ihrer häutigen Wohnung heraus und bringt sie in lauwarmes Wasser, so streckt sie nach und nach Kopf (Amme) und Hals aus ihrem blasenförmigen Körper (Schwanzblase) heraus. Unter dem Mikroskop findet man an dem Kopfe schon bei schwacher Vergrösserung vier wulstige, in ihrer Mitte vertiefte Erhabenheiten, Saugnäpfe, und inmitten derselben einen Hakenkranz, dessen Haken zweierlei Form und Grösse haben. Gelangt die Finne lebend in den menschlichen Magen, was beim Genusse rohen Schweine- und Rindfleisches, oder roher Wurst, oder nicht genügend gekochten Fleisches geschieht, so entwickelt sie sich hier zum Bandwurm, indem der Kopf sich an die Wandung der Verdauungswege ansaugt und festsetzt, die Blase aber abfällt und dafür sich bandförmige Glieder (Proglottiden genannt) entwickeln, deren Zahl viele Hunderte erreicht, so dass ein Bandwurm zu 3 Meter und mehr auswächst. Der Kopf des gewöhnlichen Bandwurmes (Taenia solium) hat eine Breite von circa 1 mm, der darauf folgende ungegliederte Hals eine Länge von 10 bis 15 mm, die folgenden Proglottiden oder Glieder eine Länge von 0,1–13,0 mm, und zwar sind sie um so weniger lang, je näher sie dem Kopfe liegen. Die Breite der Glieder steht in einem gleichen Verhältnisse und beträgt 1,3–6,3 mm. Inmitten der Gliederkette läuft der Fruchtbehälter, welcher in den untersten und letzten Gliedern die Eierbildung besorgt. Diese Glieder erlangen einen gewissen Grad der Reife und trennen sich gefüllt mit Eiern von selbst ab, um mit dem Darminhalte zugleich nach aussen entleert zu werden. Die reifen[S. 173] Glieder entleeren ihre Eier durch eine besondere, an dem Seitenrande liegende Mündung. Das Bandwurmei, 0,02–0,03 mm im Durchmesser, erscheint unter dem Mikroskop als ein braunes, kugelig ovales Körperchen. Gelangen diese Eier in den Magen oder Darmkanal des Schweines, des Menschen oder eines anderen Thieres, so entwickeln sie sich hier schnell und die Embryonen entschlüpfen ihrer Schale in Form kleiner wasserheller Bläschen, an denen sich 4–6 paarweise geordnete Häkchen entwickeln und welche nach allen Gegenden des Körpers wandern, um sich an irgend einer Stelle als Finne (Cysticercus) auszubilden. Im Schweine findet der Embryo den zusagendsten Vegetationsboden. Vorstehende Notizen gelten vom Kürbiskernbandwurm, Taenia solium. Bei anderen Bandwurmarten findet sich ein ähnlicher Generationswechsel und Entwickelungsverlauf. Bei Untersuchung eines Bandwurmes auf Anwesenheit des Kopfendes[S. 174] und des Fleisches auf Gehalt an Finnen genügt einfach die Loupe, zur Erkennung der Eier eine 50fache Vergrösserung.
Fig. 225. | Fig. 226. | |
Bothriocephalus latus. k Kopf (vergr.), g Proglottiden in natürlicher Grösse, e ein Ei (stark vergr.). |
Bothriocephalus cordatus. k Kopf vom Rande aus, kk von der Fläche aus betrachtet (vergr.), g Proglottiden (dreifach vergr.). |
Ein häufiger Eingeweidewurm der Fische ist der breite Grubenkopf (Bothriocephalus latus), welcher auch in gewissen[S. 175] Gegenden ein vornehmlicher Eingeweidewurm des Menschen ist, z. B. in den westlichen Cantonen der Schweiz und den angrenzenden Theilen Frankreichs, dann in Russland, Polen, Schweden, in Deutschland aber seltener vorkommt. Er wächst bis zu 5–8 Metern mit 3000–4000 kurzen breiten Gliedern. Die Länge der Glieder geht nicht über 3,5 mm, die Breite nicht über 12 mm hinaus. Der Körper ist bandförmig. Der circa 1 mm breite Kopf ist keulenförmig, dünn und breit. An seinen Rändern hin erstrecken sich spaltförmige Sauggruben.
Eine andere Art Grubenkopf (Bothriocephalus cordatus) ist im nördlichen Grönland zu Hause, wo er den Menschen und den Hund bewohnt. Selten wird er in den südlicheren Gegenden des kalten Nordens angetroffen. Dieser Grubenkopf unterscheidet sich von dem vorhergehenden vornehmlich durch die Form des Kopfes und des vorderen Körperendes. Der Kopf ist kurz, breit und herzförmig mit flächenständigen Sauggruben. Dem Kopfe schliessen sich alsbald der breite Leib mit seinen Proglottiden an.
Räderthierchen (Rotatoria, Rotifera) sind mikroskopisch kleine Infusionsthierchen mit ziemlich entwickelter thierischer Organisation, denn viele Arten lassen einen Darmkanal, zwittrige Geschlechtsorgane und Augen erkennen. Ihr Schwanz ist zwei- bis dreigliedrig. Ihren Namen haben sie wegen eines oder mehrerer, an ihrem vorderen Ende befindlicher, radförmiger, gezähnter oder mit Flimmerhärchen oder Wimpern besetzter Organe. Diese Wimpern sind behufs Herbeistrudelung der Nahrungssubstanzen in fortwährender Bewegung, so dass sie mit einem sich bewegenden Rade Aehnlichkeit haben. Mit diesem Organe treiben diese Thierchen einerseits die Nahrung in den Darmkanal, andererseits dienen die Wimpern zugleich als Ruderwerkzeuge und befähigen[S. 176] sie die im Wasser lebenden Thierchen zu einer schnellen Bewegung. Die Räderthierchen vermehren sich durch Eier.
Ein häufig in verdorbenem Trinkwasser vorkommendes Räderthierchen ist die eirunde Lepadella (Lepadella ovalis), welche sich in vorstehender Figur in vergrössertem Massstabe vergegenwärtigt findet.
Reblaus, Phylloxera vastatrix, ein den Weinbau vernichtendes Insect, ist wahrscheinlich zuerst durch Wurzelreben von amerikanischen Weinstocksorten nach Europa importirt worden. Sie wurde zuerst 1865 im unteren Rhonethal aufgefunden und von dem Naturforscher Planchon erkannt und beschrieben. Heute hat dieses Thierchen mehr denn den dritten Theil der mit Wein bebauten Flächen Frankreichs zu Grunde gerichtet. An vielen Orten Deutschlands, Oesterreichs, Englands, Portugals ist sie ebenfalls aufgetreten, auch hier wahrscheinlich durch amerikanische Reben eingeschleppt. Dass dieses Insect an den Weinstöcken in Amerika weniger Schaden anrichtet, erklärt man aus der grösseren Kräftigkeit und Widerstandsfähigkeit der Wurzel der amerikanischen Rebe.
[S. 177] Die Reblaus gehört in die Classe der Insecten und die Ordnung der Schnabelkerfe. Sie hat viel Aehnlichkeit mit der Blattlaus, gebärt aber nicht wie diese lebendige Junge, sondern legt Eier. Nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen zeigt sie sich dem Beobachter in verschiedenen Formen.
1. Als ungeflügeltes unterirdisches Insect, welches in Sonderheit die Wurzel des Weinstocks schädigt. Jüngere, halbausgewachsene Thierchen dieser Form bergen sich den Winter über in den Spalten und Rissen, besonders der fingerdicken tiefergehenden Wurzeläste. Wenn man die Rinde abhebt, machen sie sich dem Auge in Gestalt eines gelblichen, bräunlichen oder olivenfarbigen Anfluges oder solcher Flecke erkennbar. Im Sommer findet man diese Form des Insectes auch auf der Rinde der Wurzel und in solcher Menge, dass diese mit einem gelblichen Staube bedeckt erscheint.
Im Frühjahr häuten sich die Thierchen, vertauschen ihre braune Haut mit einer hellfarbigeren und wandern nach den dünneren Wurzelfasern über. Hier setzen sie sich fest, bohren ihren dreiborstigen Rüssel in das Zellgewebe der Faserwurzel, den Saft derselben saugend, und wachsen zu ihrer vollen Grösse aus. Die ausgewachsene Wurzellaus ist von bräunlich-gelber Farbe und bis zu 0,75 mm lang. Man kann sie also dann schon mit einer guten Loupe erkennen.
[S. 178] Beim Saugen treten aus der einer Scheide ähnlichen Rüsselhülle 3 feine lange Borsten heraus, von denen die mittlere die dickere ist. Diese Borsten senkt das Insect in das saftige Zellgewebe der Wurzel.
Alle diese Wurzelläuse sind Weibchen und vermehren sich parthenogenetisch, d. h. sie sind ohne Zuthun eines Männchens befruchtet. Sie legen an dem Orte ihres Sitzes 30–40 Eier (von 0,24 mm Länge), welche anfangs gelb sind und später dunkler werden. An den Stellen, wo die Eier lagern, schwellen die Wurzelfasern an. Im Verlaufe von 8 Tagen kriechen gelblich farbige Junge aus den Eiern, welche sofort lebhaft herumkriechen, bis sie einen Ort auffinden, an welchem sie ihren Rüssel in das Zellgewebe einsenken können. Nach 20 Tagen legen diese Jungen wieder Eier wie ihre Mutter. Diese Vermehrung geht durch den ganzen Sommer ungestört fort.
Nach einer neueren Beobachtung Balbiani’s zu Montpellier erscheint im October eine unterirdische Wurzellaus mit verkümmerten Saugwerkzeugen, welche nur ein Ei, sogenanntes Winterei, legt. Balbiani vermuthet, dass diese Form ein von einem noch nicht aufgefundenen Männchen befruchtetes Weibchen sei.
2. Geflügeltes Insect. Dr. L. Wittmack sagt in seiner Abhandlung über die Reblaus[8]: „Nachdem sich die fast stets unter der Erde verbleibenden flügellosen Individuen, namentlich im Vorsommer unendlich vermehrt und eine Anzahl Wurzeln angegriffen haben, erscheinen im Nachsommer (in Frankreich schon Ende Juli und im August, bei Klosterneuburg im September und selbst October) unter ihnen Exemplare mit Flügelstummeln, sogenannte Nymphen. Diese sind länger gestreckt als die übrigen, 0,8–0,9 mm[S. 179] lang, der Kopf ist kleiner, der mittlere Brusttheil deutlicher begrenzt, gewöhnlich auch heller gefärbt und das äusserste (3te) Fühlerglied ist länger. Diese Thiere halten sich gewöhnlich mehr an den oberen Wurzeln, selbst etwas über dem Boden, unter der Rinde des Stammes auf. — Sie häuten sich vor ihrer Verwandlung noch einmal und zeigen sich dann als geflügelte Insecten mit 4 ziemlich langen, spärlich aber stark geaderten, durchsichtigen, an den Rändern etwas dunkleren Flügeln, die sie in der Ruhe nicht aufrecht tragen wie die geflügelten Blattläuse, sondern wagerecht, so dass sie wie eine zierliche Fliege — freilich mit immerhin etwas plumpem Körper — erscheinen.“
Diese geflügelten Rebläuse erheben sich stets vor Sonnenuntergang, die Gipfel der Weinstöcke umschwärmend. Sie sind Weibchen, legen 3–5, aber zweierlei durchscheinende, gelbliche Eier an die jüngsten Weinblätter oder in den Flaum der Knospen. Die grösseren Eier sind 0,4 mm, die kleinen 0,26 mm lang.
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[5] mit Paraffin getränktes.
[6] „Das menschliche Haar“, von Dr. E. R. Pfaff. Leipzig, Verlag von O. Wigand, 1866.
[7] Sprich: räneh.
[8] Die Reblaus (Phylloxera vastatrix). Im Auftrage des Königlich Preussischen Ministeriums für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten bearbeitet von Dr. L. Wittmack. Verlag von E. Schotte & Voigt, Berlin, 1875.
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