The Project Gutenberg eBook, Die natuerliche Tochter, by Johann Wolfgang von Goethe This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org Title: Die natuerliche Tochter Author: Johann Wolfgang von Goethe Release Date: December 9, 2003 [eBook #10426] Language: German Character set encoding: ASCII ***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE NATUERLICHE TOCHTER*** E-text prepared by Andrew Sly This Etext is in German. We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format, known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email-- and one in 8-bit format, which includes higher order characters-- which requires a binary transfer, or sent as email attachment and may require more specialized programs to display the accents. This is the 7-bit version. Die natuerliche Tochter Trauerspiel Johann Wolfgang von Goethe Personen Koenig. Herzog. Graf. Eugenie. Hofmeisterin. Sekretaer. Weltgeistlicher. Gerichtsrat. Gouverneur. Aebtissin. Moench. Erster Aufzug (Dichter Wald.) Erster Auftritt Koenig. Herzog. Koenig. Das fluecht'ge Ziel, das Hunde, Ross und Mann, Auf seine Faehrte bannend, nach sich reisst, Der edle Hirsch, hat ueber Berg und Tal So weit uns irr' gefuehrt, dass ich mich selbst, Obgleich so landeskundig, hier nicht finde. Wo sind wir, Oheim? Herzog, sage mir, Zu welchen Huegeln schweiften wir heran? Herzog. Der Bach, der uns umrauscht, mein Koenig, fliesst Durch deines Dieners Fluren, die er deiner Und einer Ahnherrn koeniglicher Gnade, Als erster Lehnsmann deines Reiches, dankt. An jenes Felsens andrer Seite liegt Am gruenen Hang ein artig Haus versteckt, Dich zu bewirten keineswegs gebaut; Allein bereit, dich huld'gend zu empfangen. Koenig. Lass dieser Baeume hochgewoelbtes Dach Zum Augenblick des Rastens freundlich schatten. Lass dieser Luefte liebliches Geweb' Uns leis umstricken, dass an Sturm und Streben Der Jagdlust auch der Ruhe Zeit sich fuege. Herzog. Wie du auf einmal voellig abgeschieden Hier hinter diesem Bollwerk der Natur, Mein Koenig, dich empfindest, fuehl' ich mit. Hier draenget sich der Unzufriednen Stimme, Der Unverschaemten offne Hand nicht nach. Freiwillig einsam merkest du nicht auf, Ob Undankbare schleichend sich entfernen. Die ungestueme Welt reicht nicht hierher, Die immer fordert, nimmer leisten will. Koenig. Soll ich vergessen, was mich sonst bedraengt, So muss kein Wort erinnernd mich beruehren. Entfernten Weltgetoeses Widerhall Verklinge nach und nach aus meinem Ohr. Ja, lieber Oheim, wende dein Gespraech Auf Gegenstaende diesem Ort gemaesser. Hier sollen Gatten aneinander wandeln, Ihr Stufenglueck in wohlgeratnen Kindern Entzueckt betrachten; hier ein Freund dem Freunde, Verschlossnen Busen traulich oeffnend, nahn. Und gabst du nicht erst neulich stille Winke, Du hofftest mir in ruh'gen Augenblicken Verborgenes Verhaeltnis zu bekennen, Drangvoller Wuensche holden Inbegriff, Erfuellung hoffend, heiter zu gestehn? Herzog. Mit groessrer Gnade konntest du mich nicht, O Herr, begluecken, als indem du mir In diesem Augenblick die Zunge loesest. Was ich zu sagen habe, koennt' es wohl Ein andrer besser hoeren als mein Koenig, Dem unter allen Schaetzen seine Kinder Am herrlichsten entgegenleuchten, der Vollkommner Vaterfreuden Hochgenuss Mit seinem Knechte herzlich teilen wird? Koenig. Du sprichst von Vaterfreuden! Hast du je Sie denn gefuehlt? Verkuemmerte dir nicht Dein einz'ger Sohn durch rohes, wildes Wesen, Verworrenheit, Verschwendung, starren Trutz Dein reiches Leben, dein erwuenschtes Alter? Veraendert er auf einmal die Natur? Herzog. Von ihm erwart' ich keine frohen Tage! Sein trueber Sinn erzeugt nur Wolken, die, Ach, meinen Horizont so oft verfinstern. Ein anderes Gestirn, ein andres Licht Erheitert mich. Und wie in dunklen Grueften, Das Maerchen sagt's, Karfunkelsteine leuchten, Mit herrlich mildem Schein der oeden Nacht Geheimnisvolle Schauer hold beleben, So ward auch mir ein Wundergut beschert, Mir Gluecklichem! Das ich mit Sorgfalt, mehr Als den Besitz ererbt errungner Gueter, Als meiner Augen, meines Lebens Licht, Mit Freud' und Furcht, mit Lust und Sorge pflege. Koenig. Sprich vom Geheimnis nicht geheimnisvoll. Herzog. Wer spraeche vor der Majestaet getrost Von seinen Fehlern, wenn sie nicht allein Den Fehl in Recht und Glueck verwandeln koennte. Koenig. Der wonnevoll geheim verwahrte Schatz? Herzog. Ist eine Tochter. Koenig. Eine Tochter? Wie? Und suchte, Fabelgoettern gleich, mein Oheim, Zum niedern Kreis verstohlen hingewandt, Sich Liebesglueck und vaeterlich Entzuecken? Herzog. Das Grosse wie das Niedre noetigt uns, Geheimnisvoll zu handeln und zu wirken. Nur allzu hoch stand jene heimlich mir Durch wundersam Geschick verbundne Frau, Um welche noch dien Hof in Trauer wandelt Und meiner Brust geheime Schmerzen teilt. Koenig. Die Fuerstin? Die verehrte, nah verwandte, Nur erst verstorbne? Herzog. War die Mutter! Lass, O lass mich nur von diesem Kinde reden, Das, seiner Eltern wert und immer werter, Mit edlem Sinne sich des Lebens freut. Begraben sei das uebrige mit ihr, Der hoch begabten, hoch gesinnten Frauen. Ihr Tod eroeffnet mir den Mund, ich darf vor meinem Koenig meine Tochter nennen, Ich darf ihn bitten, sie zu mir herauf, Zu sich herauf zu heben, ihr das Recht Der fuerstlichen Geburt vor seinem Hofe, Vor seinem Reiche, vor der ganzen Welt Aus seiner Gnadenfuelle zu bewaehren. Koenig. Vereint in sich die Nichte, die du mir, So ganz erwachsen, zuzufuehren denkst, Des Vaters und der Mutter Tugenden: So muss der Hof, das koenigliche Haus, Indem uns ein Gestirn entzogen wird, Den Aufgang eines neuen Sterns bewundern. Herzog. O kenne sie, eh' du zu ihrem Vorteil Dich ganz entscheidest. Lass ein Vaterwort Dich nicht bestechen! Manches hat Natur Fuer sie getan, das ich entzueckt betrachte, Und alles, was in meinem Kreise webt, Hab' ich um ihre Kindheit hergelagert. Schon ihren ersten Weg geleiteten Ein ausgebildet Weib, ein weiser Mann. Mit welcher Leichtigkeit, mit welchem Sinn Erfreut sie sich des Gegenwaertigen, Indes ihr Phantasie das kuenft'ge Glueck Mit schmeichelhaften Dichterfarben malt. An ihrem Vater haengt ihr frommes Herz, Und wenn ihr Geist den Lehren edler Maenner, Sich stufenweis entwickelnd, friedlich horcht: So mangelt Uebung ritterlicher Tugend Dem wohl gebauten, festen Koerper nicht. Du selbst, mein Koenig, hast sie unbekannt Im wilden drang der Jagd um dich gesehn. Ja, heute noch! Die Amazonentochter, Die in den Fluss dem Hirsche sich zuerst Auf raschem Pferde fluechtig nachgestuerzt. Koenig. Wir sorgten alle fuer das edle Kind! Ich freue mich, sie mir verwandt zu hoeren. Herzog. Und nicht zum ersten Mal empfand ich heute, Wie Stolz und Sorge, Vaterglueck und Angst Zu uebermenschlichem Gefuehl sich mischen. Koenig. Gewaltsam und behaende riss das Pferd Sich und die Reiterin auf jenes Ufer, In dicht bewachsner Huegel Dunkelheit. Und so verschwand sie mir. Herzog. Noch einmal hat Mein Auge sie gesehen, eh' ich sie Im Labyrinth der hast'gen Jagd verlor. Wer weiss, welch ferne Gegend sie durchstreift, Verdrossnen Muts, am Ziel sich nicht zu finden, Wo, ihrem angebeteten Monarchen sich In ehrerbietiger Entfernung anzunaehern, Allein ihr jetzt erlaubt ist, bis er sie Als Bluete seines hoch bejahrten Stammes Mit koeniglicher Huld zu gruessen wuerdigt. Koenig. Welch ein Getuemmel seh' ich dort entstehn? Welch einen Zulauf nach den Felsenwaenden? (Er winkt nach der Szene.) Zweiter Auftritt Die Vorigen. Graf. Koenig. Warum versammelt sich die Menge dort? Graf. Die kuehne Reiterin ist eben jetzt Von jener Felsenwand herabgestuerzt. Herzog. Gott! Koenig. Ist sie sehr beschaedigt? Graf. Eilig hat Man deinen Wundarzt, Herr, dahin gerufen. Herzog. Was zaudr' ich? Ist sie tot, so bleibt mir nichts, Was mich im Leben laenger halten kann. Dritter Auftritt Koenig. Graf. Koenig. Kennst du den Anlass der Begebenheit? Graf. Vor meinen Augen hat sie sich ereignet. Ein starker Trupp von Reitern, welcher sich Durch Zufall von der Jagd getrennt gesehn, Gefuehrt von dieser Schoenen, zeigte sich Auf jener Klippen Wald bewachsner Hoehe. Sie hoeren, sehen unten in dem Tal Den Jagdgebrauch vollendet, sehn den Hirsch Als Beute liegen seiner klaeffenden Verfolger. Schnell zerstreuet sich die Schar, Und jeder sucht sich einzeln seinen Pfad, Hier oder dort, mehr oder weniger Durch einen Umweg. Sie allein besinnt Sich keinen Augenblick und noetiget Ihr Pferd von Klipp' zu Klippe grad' herein. Des Frevels Glueck betrachten wir erstaunt; Denn ihr gelingt es eine Weile, doch Am untern stielen Abhang gehen dem Pferde Die letzten, schmalen Klippenstufen aus, Es stuerzt herunter, sie mit ihm. So viel Konnt' ich bemerken, eh' der Menge Drang Sie mir verdeckte. Doch ich hoerte bald Nach deinem Arzte rufen. So erschein' ich nun Auf deinen Wink, den Vorfall zu berichten. Koenig. O moege sie ihm bleiben! Fuerchterlich Ist einer, der nichts zu verlieren hat. Graf. So hat ihm dieser Schrecken das Geheimnis Auf einmal abgezwungen, das er sonst Mit so viel Klugheit zu verbergen strebte? Koenig. Er hatte schon sich voellig mir vertraut. Graf. Die Lippen oeffnet ihm der Fuerstin Tod, Nun zu bekennen, was fuer Hof und Stadt Ein offenbar Geheimnis lange war. Es ist ein eigner, grillenhafter Zug, Dass wir durch Schweigen das Geschehene Fuer uns und andre zu vernichten glauben. Koenig. O lass dem Menschen diesen edlen Stolz! Gar vieles kann, gar vieles muss geschehn, Was man mit Worten nicht bekennen darf. Graf. Man bringt sie, fuercht' ich, ohne Leben her! Koenig. Welch unerwartet schreckliches Ereignis! Vierter Auftritt Die Vorigen. Eugenie, auf zusammen geflochtenen Aesten fuer tot herein getragen. Herzog. Wundarzt. Gefolge. Herzog (zum Wundarzt). Wenn deine Kunst nur irgend was vermag, Erfahrner Mann, dem unsres Koenigs Leben, Das unschaetzbare Gut, vertraut ist, lass Ihr helles Auge sich noch einmal oeffnen, Dass Hoffnung mir in diesem Blick erscheine! Dass aus der Tiefe meines Jammers ich Nur Augenblicke noch gerettet werde! Vermagst du dann nichts weiter, kannst du sie Nur wenige Minuten mir erhalten: So lasst mich eilen, vor ihr hinzusterben, Dass ich im Augenblick des Todes noch Getroestet rufe: Meine Tochter lebt! Koenig. Entferne dich, mein Oheim! Dass ich hier Die Vaterpflichten treulich uebernehme. Nichts unversucht laesst dieser wackre Mann. Gewissenhaft, als laeg' ich selber hier, Wird er um deine Tochter sich bemuehen. Herzog. Sie regt sich! Koenig. Ist es wahr? Graf. Sie regt sich! Herzog. Starr Blickt sie zum Himmel, blickt verirrt umher. Sie lebt! Sie lebt! Koenig (ein wenig zuruecktretend). Verdoppelt eure Sorge! Herzog. Sie lebt! Sie lebt! Sie hat dem Tage wieder Ihr Aug' eroeffnet. Ja! Sie wird nun bald Auch ihren Vater, ihre Freunde kennen. Nicht so umher, mein liebes Kind, verschwende Die Blicke staunend, ungewiss; auf mich, Auf deinen Vater wende sie zuerst. Erkenne mich, lass meine Stimme dir Zuerst das Ohr beruehren, da du uns Aus jener stummen Nacht zurueckekehrst. Eugenie (die indes nach und nach zu sich gekommen ist und sich aufgerichtet hat). Was ist aus uns geworden? Herzog. Kenne mich Nur erst!--Erkennst du mich? Eugenie. Mein Vater! Herzog. Ja! Dein Vater, den mit diesen holden Toenen Du aus den Armen der Verzweiflung rettest. Eugenie. Wer bracht' uns unter diese Baeume? Herzog (dem der Wundarzt ein weisses Tuch gegeben). Bleib Gelassen, meine Tochter! Diese Staerkung, Nimm sie mit Ruhe, mit Vertrauen an! Eugenie (Sie nimmt dem Vater das Tuch ab, das er ihr vorgehalten, und verbirgt ihr Gesicht darin. Dann steht sie schnell auf, indem sie das Tuch vom Gesicht nimmt). Da bin ich wieder!--Ja, nun weiss ich alles. Dort oben hielt ich, dort vermass ich mich Herab zu reiten, grad' herab. Verzeih! Nicht wahr, ich bin gestuerzt? Vergibst du mir's? Fuer tot hob man mich auf? Mein guter Vater! Und wirst du die Verwegne lieben koennen, Die solche bittre Schmerzen dir gebracht? Herzog. Zu wissen glaubt' ich, welch ein edler Schatz In dir, o Tochter, mir beschieden ist; Nun steigert mir gefuerchteter Verlust Des Gluecks Empfindung ins Unendliche. Koenig (der sich bisher im Grunde mit dem Wundarzt und dem Grafen unterhalten, zu dem letzten). Entferne jedermann! Ich will sie sprechen. Fuenfter Auftritt Koenig. Herzog. Eugenie. Koenig (naeher tretend). Hat sich die wackre Reiterin erholt? Hast sie sich nicht beschaedigt? Herzog. Nein, mein Koenig! Und was noch uebrig ist von Schreck und Weh, Nimmst du, o Herr, durch deinen milden Blick, Durch deiner Worte sanften Ton hinweg. Koenig. Und wem gehoert es an, das liebe Kind? Herzog (nach einer Pause). Da du mich fragst, so darf ich dir bekennen; Da du gebietest, darf ich sie vor dich Als meine Tochter stellen. Koenig. Deine Tochter? So hat fuer dich das Glueck, mein lieber Oheim, Unendlich mehr als das Gesetz getan. Eugenie. Wohl muss ich fragen, ob ich wirklich denn Aus jener toedlichen Betaeubung mich Ins Leben wieder aufgerafft? Und ob, Was mir begegnet, nicht ein Traumbild sei? Mein Vater nennt vor seinem Koenige Mich seine Tochter. O, so bin ich's auch! Der Oheim eines Koeniges bekennt Mich fuer sein Kind, so bin ich denn die Nichte Des grossen Koenigs. O verzeihe mir Die Majestaet! Wenn aus geheimnisvollem, Verborgnem Zustand ich, ans Licht auf einmal Hervor gerissen und geblendet, mich, Unsicher, schwankend, nicht zu fassen weiss. (Sie wirft sich vor dem Koenig nieder.) Koenig. Mag diese Stellung die Ergebenheit In dein Geschick von Jugend auf bezeichnen, Die Demut, deren unbequeme Pflicht Du, deiner hoeheren Geburt bewusst, So manches Jahr im Stillen ausgeuebt! Doch sei auch nun, wenn ich von meinen Fuessen Zu meinem Herzen dich herauf gehoben, (Er hebt sie auf und drueckt sie sanft an sich.) Wenn ich des Oheims heil'gen Vaterkuss Auf dieser Stirne schoenen Raum gedrueckt, So sei dies auch ein Zeichen, sei ein Siegel, Dich, die Verwandte, hab' ich anerkannt Und werde bald, was hier geheim geschah, Vor meines Hofes Augen wiederholen. Herzog. So grosse Gabe fordert ungeteilten Und unbegrenzten Dank des ganzen Lebens. Eugenie. Von edlen Maennern hab' ich viel gelernt, Auch manches lehrte mich mein eigen Herz; Doch meinen Koenig anzureden, bin Ich nicht entfernterweise vorbereitet. Doch wenn ich schon das ganz Gehoerige Dir nicht zu sagen weiss, so moecht' ich doch Vor dir, o Herr, nicht ungeschickt verstummen. Was fehlte dir? Was waere dir zu bringen? Die Fuelle selber, die zu dir sich draengt, Fliesst nur fuer andere stroemend wieder fort. Hier stehen Tausende, dich zu beschuetzen, Hier wirken Tausende nach deinem Wink; Und wenn der einzelne dir Herz und Geist Und Arm und Leben froehlich opfern wollte; In solcher grossen Menge zaehlt er nicht, Er muss vor dir und vor sich selbst verschwinden. Koenig. Wenn dir die Menge, gutes, edles Kind, Bedeutend scheinen mag, so tadl' ich's nicht; Sie ist bedeutend, mehr noch aber sind's Die wenigen, geschaffen, dieser Menge Durch Wirken, Bilden, Herrschen vorzustehn. Berief hierzu den Koenig die Geburt, So sind ihm seine naechsten Anverwandten Geborne Raete, die, mit ihm vereint, Das Reich beschuetzen und begluecken sollten. O traete doch in diese Regionen, Zum Rate dieser hohen Waechter nie Vermummte Zwietracht, leise wirkend, ein! Dir, edle Nichte, geb' ich einen Vater Durch allgewalt'gen koeniglichen Spruch; Erhalte mir nun auch, gewinne mir Des nah verwandten Mannes Herz und Stimme! Gar viele Widersacher hat ein Fuerst, O lass ihn jene Seite nicht verstaerken! Herzog. Mit welchem Vorwurf kraenkest du mein Herz! Eugenie. Wie unverstaendlich sind mir diese Worte! Koenig. O lerne sie nicht allzu frueh verstehn! Dir Pforten unsres koeniglichen Hauses Eroeffn' ich dir mit eigner Hand; ich fuehre Auf glatten Marmorboden dich hinein. Noch staunst du dich, noch staunst du alles an, Und in den innern Tiefen ahnest du Nur sichre Wuerde mit Zufriedenheit. Du wirst es anders finden! Ja, du bist In eine Zeit gekommen, wo dein Koenig Dich nicht zum heitren, frohen Feste ruft, Wenn er den Tag, der ihm das Leben gab, In kurzem feiern wird; doch soll der Tag Um deinetwillen mir willkommen sein; Dort werd' ich dich im offnen Kreise sehn, Und aller Augen werden auf dir haften. Die schoenste Zierde gab dir die Natur; Und dass der Schmuck der Fuerstin wuerdig sei, Die Sorge lass dem Vater, lass dem Koenig. Eugenie. Der freud'gen Ueberraschung lauter Schrei, Bedeutender Gebaerde dringend Streben, Vermoechten sie die Wonne zu bezeugen, Die du dem Herzen schaffend aufgeregt? Zu deinen Fuessen, Herr, lass mich verstummen. (Sie will knien.) Koenig (haelt sie ab). Du sollst nicht knien. Eugenie. Lass, o lass mich hier Der voelligsten Ergebung Glueck geniessen. Wenn wir in raschen, mutigen Momenten Auf unsern Fuessen stehen, strack und kuehn, Als eigner Stuetze froh uns selbst vertraun, Dann scheint uns Welt und Himmel zu gehoeren. Doch was in Augenblicken der Entzueckung Die Knie beugt, ist auch ein suess Gefuehl. Und was wir unserm Vater, Koenig, Gott Von Wonnedank, von ungemessner Liebe Zum reinsten Opfer bringen moechten, drueckt In dieser Stellung sich am besten aus. (Sie faellt vor ihm nieder.) Herzog (kniet). Erneute Huldigung gestatte mir. Eugenie. Zu ewigen Vasallen nimm uns an. Koenig. Erhebt euch denn und stellt euch neben mich, Ins Chor der Treuen, die an meiner Seite Das Rechte, das Bestaendige beschuetzen. O diese Zeit hat fuerchterliche Zeichen: Das Niedre schwillt, das Hohe senkt sich nieder, Als koennte jeder nur am Platz des andern Befriedigung verworrner Wuensche finden, Nur dann sich gluecklich fuehlen, wenn nichts mehr Zu unterscheiden waere, wenn wir alle, Von einem Strom vermischt dahin gerissen, Im Ozean uns unbemerkt verloeren. O lasst uns widerstehen, lasst uns tapfer, Was uns und unser Volk erhalten kann, Mit doppelt neu vereinter Kraft erhalten! Lasst endlich uns den alten Zwist vergessen, Der Grosse gegen Grosse reizt, von innen Das Schiff durchbohrt, das, gegen aeussre Wellen Geschlossen kaempfend, nur sich halten kann. Eugenie. Welch frisch wohltaet'ger Glanz umleuchtet mich Und regt mich auf, anstatt mich zu verblenden! Wie! Unser Koenig achtet uns so sehr, Um zu gestehen, dass er uns bedarf; Wir sind ihm nicht Verwandte nur, wir sind Durch sein Vertraun zum hoechsten Platz erhoben. Und wenn die Edlen seines Koenigreichs Um ihn sich draengen, seine Brust zu schuetzen, So fordert er uns auf zu groesserem Dienst. Die Herzen dem Regenten zu erhalten, Ist jedes Wohlgesinnten hoechste Pflicht; Denn, wo er wankt, wankt das gemeine Wesen, Und wenn er faellt, mit ihm stuerzt alles hin. Die Jugend, sagt man, bilde sich zu viel Auf ihre Kraft, auf ihren Willen ein; Doch dieser Wille, diese Kraft, auf ewig, Was sie vermoegen, dir gehoert es an. Herzog. Des Kindes Zuversicht, erhabner Fuerst, Weisst du zu schaetzen, weisst du zu verzeihen. Und wenn der Vater, der erfahrne Mann, Die Gabe dieses Tags, die naechste Hoffnung In ihrem ganzen Werte fuehlt und waegt, So bist du seines vollen Danks gewiss. Koenig. Wir wollen bald einander wieder sehn, An jenem Fest, wo sich die treuen Meinen Der Stunde freun, die mir das Licht gegeben. Dich geb' ich, edles Kind, an diesem Tage Der grossen Welt, dem Hofe, deinem Vater Und mir. Am Throne glaenze dein Geschick. Doch bis dahin verlang' ich von euch beiden Verschwiegenheit. Was unter uns geschehn, Erfahre niemand. Missgunst lauert auf, Schnell regt sie Wog' auf Woge, Sturm auf Sturm; Das Fahrzeug treibt an jaehe Klippen hin, Wo selbst der Steurer nicht zu retten weiss. Geheimnis nur verbuerget unsre Taten; Ein Vorsatz, mitgeteilt, ist nicht mehr dein; Der Zufall spielt mit deinem Willen schon; Selbst wer gebieten kann, muss ueberraschen. Ja, mit dem besten Willen leisten wir So wenig, weil uns tausend Willen kreuzen. O waere mir zu meinen reinen Wuenschen Auch volle Kraft auf kurze Zeit gegeben; Bis an den letzten Herd im Koenigreich Empfaende man des Vaters warme Sorge. Begnuegte sollten unter niedrem Dach, Begnuegte sollten im Palaste wohnen. Und haett' ich einmal ihres Gluecks genossen, Entsagt' ich gern dem Throne, gern der Welt. Sechster Auftritt Herzog. Eugenie. Eugenie. O welch ein selig jubelvoller Tag! Herzog. O moecht' ich Tag' auf Tage so erleben! Eugenie. Wie goettlich hat der Koenig uns beglueckt. Herzog. Geniesse rein so ungehoffte Gaben. Eugenie. Er scheint nicht gluecklich, ach! Und ist so gut. Herzog. Die Guete selbst erregt oft Widerstand. Eugenie. Wer ist so hart, sich ihm zu widersetzen? Herzog. Der Heil des Ganzen von der Strenge hofft. Eugenie. Des Koenigs Milde sollte Milde zeugen. Herzog. Des Koenigs Milde zeugt Verwegenheit. Eugenie. Wie edel hat ihn die Natur gebildet. Herzog. Doch auf zu hohen Platz hinaufgestellt. Eugenie. Und ihn mit so viel Tugend ausgestattet. Herzog. Zur Haeuslichkeit, zum Regimente nicht. Eugenie. Von altem Heldenstamme gruent er auf. Herzog. Die Kraft entgeht vielleicht dem spaeten Zweige. Eugenie. Die Schwaeche zu vertreten, sind wir da. Herzog. Sobald er unsre Staerke nicht verkennt. Eugenie (nachdenklich). Mich leiten seine Reden zum Verdacht. Herzog. Was sinnest du? Enthuelle mir dein Herz. Eugenie (nach einer Pause). Auch du bist unter denen, die er fuerchtet. Herzog. Er fuerchte jene, die zu fuerchten sind. Eugenie. Und sollten ihm geheime Feinde drohen? Herzog. Wer die Gefahr verheimlicht, ist ein Feind. Wo sind wir hingeraten! Meine Tochter! Wie hat der sonderbarste Zufall uns Auf einmal weggerissen nach dem Ziel. Unvorbereitet red' ich, uebereilt Verwirr' ich dich, anstatt dich aufzuklaeren. So musste dir der Jugend heitres Glueck Beim ersten Eintritt in die Welt verschwinden. Du konntest nicht in suesser Trunkenheit Der blendenden Befriedigung geniessen. Das Ziel erreichst du; doch des falschen Kranzes Verborgne Dornen ritzen deine Hand. Geliebtes Kind! So sollt' es nicht geschehn! Erst nach und nach, so hofft' ich, wuerdest du Dich aus Beschraenkung an die Welt gewoehnen, Erst nach und nach den liebsten Hoffnungen Entsagen lernen, manchem holden Wunsch. Und nun auf einmal, wie der jaehe Sturz Dir vorbedeutet, bist du in den Kreis Der Sorgen, der Gefahr herabgestuerzt. Misstrauen atmet man in dieser Luft, Der Neid verhetzt ein fieberhaftes Blut Und uebergibt dem Kummer seine Kranken. Ach, soll ich nun nicht mehr ins Paradies, Das dich umgab, am Abend wieder kehren, Zu deiner Unschuld heil'gen Vorgefuehl Mich von der Welt gedraengter Posse retten! Du wirst fortan, mit mir ins Netz verstrickt, Gelaehmt, verworren, dich und mich betrauern. Eugenie. Nicht so, mein Vater! Konnt' ich schon bisher, Untaetig, abgesondert, eingeschlossen, Ein kindlich Nichts, die reinste Wonne dir, Schon in des Daseins Unbedeutenheit Erholung, Trost und Lebenslust gewaehren: Wie soll die Tochter erst, in dein Geschick Verflochten, im Gewebe deines Lebens Als heitrer bunter Faden kuenftig glaenzen! Ich nehme teil an jeder edlen Tat, An jeder grossen Handlung, die den Vater Dem Koenig und dem Reiche werter macht. Mein frischer Sinn, die jugendliche Lust, Die mich belebt, sie teilen dir sich mit, Verscheuchen jene Traeume, die der Welt Unueberwindlich ungeheure Last Auf eine Menschenbrust zerknirschend waelzen. Wenn ich dir sonst in trueben Augenblicken Ohnmaecht'gen guten Willen, arme Liebe, Dir leere Taendeleien kindlich bot; Nun hoff' ich, eingeweiht in deine Plaene, Bekannt mit deinen Wuenschen, mir das Recht Vollbuert'ger Kindschaft ruehmlich zu erwerben. Herzog. Was du bei diesem wicht'gen Schritt verlierst, Erscheint dir ohne Wert und ohne Wuerde; Was du erwartest, schaetzest du zu sehr. Eugenie. Mit hoch erhabnen, hoch beglueckten Maennern Gewalt'ges Ansehn, wuerd'gen Einfluss teilen, Fuer edle Seelen reizender Gewinn! Herzog. Gewiss! Vergib, wenn du in dieser Stunde Mich schwaecher findest, als dem Manne ziemt. Wir tauschten sonderbar die Pflichten um: Ich soll dich leiten, und du leitest mich. Eugenie. Wohl denn, mein Vater, tritt mit mir herauf In diese Regionen, wo mir eben Die neue, heitre Sonne sich erhebt! In diesen muntren Stunden laechle nur, Wenn ich den Inbegriff von meinen Sorgen Dir auch eroeffne. Herzog. Sage, was es ist. Eugenie. Der wichtigen Momente gibt's im Leben Gar manche, die mit Freude, die mit Trauer Des Menschen Herz bestuermen. Wenn der Mann Sein Aeusseres in solchem Fall vergisst, Nachlaessig oft sich vor die Menge stellt, So wuenscht ein Weib noch, jedem zu gefallen, Durch ausgesuchte Tracht, vollkommnen Schmuck Beneidenswert vor andern zu erscheinen. Das hab' ich oft gehoert und oft bemerkt, Und nun empfind' ich im bedeutendsten Momente meines Lebens, dass auch ich Der maedchenhaften Schwachheit schuldig bin. Herzog. Was kannst du wuenschen, das du nicht erlangst? Eugenie. Du bist geneigt, mir alles zu gewaehren, Ich weiss es. Doch der grosse Tag ist nah, Zu nah, um alles wuerdig zu bereiten; Und was von Stoffen, Stickerei und Spitzen, Was von Juwelen mich umgeben soll, Wie kann's geschafft, wie kann's vollendet werden? Herzog. Uns ueberrascht laengst gewuenschtes Glueck; Doch vorbereitet koennen wir's empfangen. Was du bedarfst, ist alles angeschafft, Und heute noch, verwahrt im edlen Schrein, Erhaeltst du Gaben, die du nicht erwartet. Doch leichte Pruefung leg' ich dir dabei Zum Vorbild mancher kuenftig schweren auf. Hier ist der Schluessel! Den verwahre wohl! Bezaehme deine Neugier! Oeffne nicht, Eh' ich dich wieder sehe, jenen Schatz. Vertraue niemand, sei es, wer es sei. Die Klugheit raet's, der Koenig selbst gebeut's. Eugenie. Dem Maedchen sinnst du harte Pruefung aus; Doch will ich sie bestehn, ich schwoer' es dir! Herzog. Mein eigner wuester Sohn umlauert ja Die stillen Wege, die ich dich gefuehrt. Der Gueter kleinen Teil, den ich bisher Dir schuldig zugewandt, missgoennt er schon. Erfuehr' er, dass du, hoeher nun empor Durch unsres Koenigs Gunst gehoben, bald In manchem Recht ihm gleich dich stellen koenntest, Wie muesst' er wueten! Wuerd' er tueckisch nicht, Den schoenen Schritt zu hindern, alles tun? Eugenie. Lass uns im Stillen jenen Tag erharren. Und wenn geschehn ist, was mich seine Schwester Zu nennen mich berechtigt, soll's an mir, Soll's an gefaelligem Betragen, guten Worten, Nachgiebigkeit und Neigung nicht gebrechen. Er ist dein Sohn; und sollt' er nicht nach dir Zur Liebe, zur Vernunft gebildet sein? Herzog. Ich traue dir ein jedes Wunder zu, Verrichte sie zu meines Hauses Bestem Und lebe wohl. Doch ach! Indem ich scheide, Befaellt mich grausend jaeher Furcht Gewalt. Hier lagst du tot in meinen Armen! Hier Bezwang mich der Verzweiflung Tigerklaue. Wer nimmt das Bild vor meinen Augen weg! Dich hab' ich tot gesehn! So wirst du mir An manchem Tag, in mancher Nacht erscheinen. War ich entfernt von dir nicht stets besorgt? Nun ist's nicht mehr ein kranker Grillentraum, Es ist ein wahres, unausloeschlichs Bild: Eugenie, das Leben meines Lebens, Bleich, hingesunken, atemlos, entseelt. Eugenie. Erneue nicht, was du entfernen solltest, Lass diesen Sturz, lass diese Rettung dir Als wertes Pfand erscheinen meines Gluecks. Lebendig siehst du sie vor deinen Augen (Indem sie ihn umarmt.) Und fuehlst lebendig sie an deiner Brust. So lass mich immer, immer wieder kehren! Und vor dem gluehnden, liebevollen Leben Entweiche des verhassten Todes Bild. Herzog. Kann wohl ein Kind empfinden, wie den Vater Die Sorge moeglichen Verlustes quaelt? Gesteh' ich's nur! Wie oefters hat mich schon Dein ueberkuehner Mut, mit dem du dich, Als wie ans Pferd gewachsen, voll Gefuehl Der doppelten, zentaurischen Gewalt, Durch Tal und Berg, durch Fluss und Graben schleuderst, Wie sich ein Vogel durch die Luefte wirft, Ach! Oefters mehr geaengstigt als entzueckt. Dass doch gemaessigter dein Trieb fortan Der ritterlichen Uebung sich erfreue! Eugenie. Dem Ungemessnen beugt sich die Gefahr, Beschlichen wird das Maessige von ihr. O fuehle jetzt wie damals, da du mich, Ein kleines Kind, in ritterliche Weise Mit heitrer Kuehnheit froehlich eingeweiht. Herzog. Ich hatte damals unrecht; soll mich nun Ein langes Leben sorgenvoll bestrafen? Und locket Uebung des Gefaehrlichen Nicht die Gefahr an uns heran? Eugenie. Das Glueck, Und nicht die Sorge baendigt die Gefahr. Leb' wohl, mein Vater, folge deinem Koenig, Und sei nun auch um deiner Tochter willen Sein redlicher Vasall, sein treuer Freund. Leb' wohl! Herzog. O bleib! Und steh an diesem Platz Lebendig, aufrecht, noch einmal, wie du Ins Leben wieder aufsprangst, wo mit Wonne Du mein zerrissen Herz erfuellend heiltest. Unfruchtbar bleibe diese Freude nicht! Zum ew'gen Denkmal weih' ich diesen Ort. Hier soll ein Tempel aufstehn, der Genesung, Der gluecklichsten, gewidmet. Rings umher Soll deine Hand ein Feenreich erschaffen. Den wilden Wald, das struppige Gebuesch Soll sanfter Gaenge Labyrinth verknuepfen. Der steile Fels wird gangbar, dieser Bach, In reinen Spiegeln faellt er hier und dort. Der ueberraschte Wandrer fuehlt sich hier Ins Paradies versetzt. Hier soll kein Schuss, Solang ich lebe, fallen, hier kein Vogel Von seinem Zweig, kein Wild in seinem Busch Geschreckt, verwundet, hingeschmettert werden. Hier will ich her, wenn mir der Augen Licht, Wenn mir der Fuesse Kraft zuletzt versagt, Auf dich gelehnt, wallfahrten; immer soll Des gleichen Danks Empfindung mich beleben. Nun aber lebe wohl! Und wie?--Du weinst? Eugenie. O! Wenn mein Vater aengstlich fuerchten darf, Die Tochter zu verlieren, soll in mir Sich keine Sorge regen, ihn vielleicht-- Wie kann ich's denken, sagen--ihn zu missen? Verwaiste Vaeter sind beklagenswert; Allein verwaiste Kinder sind es mehr. Und ich, die Aermste, stuende ganz allein Auf dieser weiten, fremden, wilden Welt, Muesst' ich von ihm, dem Einzigen, mich trennen. Herzog. Wie du mich staerktest, geb' ich dir's zurueck. Lass uns getrost, wie immer, vorwaerts gehen! Das Leben ist des Lebens Pfand; es ruht Nur auf sich selbst und muss sich selbst verbuergen. Drum lass uns eilige auseinander scheiden! Von diesem allzu weichen Lebewohl Soll ein erfreulich wieder Sehn uns heilen! (Sie trennen sich schnell; aus der Entfernung werfen sie sich mit ausgebreiteten Armen ein Lebewohl zu und gehen eilig ab.) Zweiter Aufzug (Zimmer Eugenies, im gotischen Stil.) Erster Auftritt Hofmeisterin. Sekretaer. Sekretaer. Verdien' ich, dass du mich, im Augenblick, Da ich erwuenschte Nachricht bringe, fliehst? Vernimm nur erst, was ich zu sagen habe! Hofmeisterin. Wohin es deutet, fuehl' ich nur zu sehr. O lass mein Auge vom bekannten Blick, Mein Ohr sich von bekannter Stimme wenden! Entfliehen lass mich der Gewalt, die, sonst Durch Lieb' und Freundschaft wirksam, fuerchterlich Wie ein Gespenst mir nun zur Seite steht. Sekretaer. Wenn ich des Glueckes Fuellhorn dir auf einmal Nach langem Hoffen vor die Fuesse schuette, Wenn sich die Morgenroete jenes Tags, Der unsern Bund auf ewig gruenden soll, Am Horizonte feierlich erhebt, So scheinst du nun verlegen, widerwillig Den Antrag eines Braeutigams zu fliehn. Hofmeisterin. Du zeigst mir nur die eine Seite dar, Sie glaenzt und leuchtet, wie im Sonnenschein Die Welt erfreulich daliegt; aber hinten Droht schwarzer Naechte Graus, ich ahn' ihn schon. Sekretaer. So lass uns erst die schoene Seite sehn! Verlangst du Wohnung, mitten in der Stadt, Geraeumig, heiter, trefflich ausgestattet, Wie man's fuer sich, so wie fuer Gaeste wuenscht? Sie ist bereit, der naechste Winter findet Uns festlich dort umgeben, wenn du willst. Sehnst du im Fruehling dich aufs Land, auch dort Ist uns ein Haus, ein Garten uns bestimmt, Ein reiches Feld. Und was Erfreuliches An Waldung, Busch, an Wiesen, Bach und Seen Sich Phantasie zusammendraengen mag, Geniessen wir, zum Teil als unser eignes, Zum Teil als allgemeines Gut. Wobei Noch manche Rente gar bequem vergoennt, Durch Sparsamkeit ein sichres Glueck zu steigern. Hofmeisterin. In truebe Wolken huellt sich jenes Bild, So heiter du es malst, vor meinen Augen. Nicht wuenschenswert, abscheulich naht sich mir Der Gott der Welt im Ueberfluss heran. Was fuer ein Opfer fordert er? Das Glueck Des holden Zoeglings muesst' ich morden helfen! Und was ein solch Verbrechen mir erwarb, Ich sollt' es je mit freier Brust geniessen? Eugenie! Du, deren holdes Wesen In meiner Naehe sich von Jugend auf Aus reicher Fuelle rein entwickeln sollte, Kann ich noch unterscheiden, was an dir Dein eigen ist, und was du mir verdankst? Dich, die ich als mein selbst gebildet Werk Im Herzen trage, sollt' ich nun zerstoeren? Von welchem Stoffe seid ihr denn geformt, Ihr Grausamen, dass eine solche Tat Ihr fordern duerft und zu belohnen glaubt? Sekretaer. Gar manchen Schatz bewahrt von Jugend auf Ein edles, gutes Herz und bildet ihn Nur immer schoener, liebenswuerd'ger aus Zur holden Gottheit des geheimen Tempels; Doch wenn das Maechtige, das uns regiert, Ein grosses Opfer heischt, wir bringen's doch Mit blutendem Gefuehl der Not zuletzt. Zwei Welten sind es, meine Liebe, die, Gewaltsam sich bekaempfend, uns bedraengen, Hofmeisterin. In voellig fremder Welt fuer mein Gefuehl Scheinst du zu wandeln, da du deinem Herrn, Dem edlen Herzog, solche Jammertage Verraeterisch bereitest, zur Partei Des Sohns dich fuegest--Wenn das Waltende Verbrechen zu beguenst'gen scheinen mag, So nennen wir es Zufall; doch der Mensch, Der ganz besonnen solche Tat erwaehlt, Er ist ein Raetsel.--Doch--und bin ich nicht Mir auch ein Raetsel, dass ich noch an dir Mit solcher Neigung haenge, da du mich Zum jaehen Abgrund hinzureissen strebst? Warum o! Schuf dich die Natur von aussen Gefaellig, liebenswert, unwiderstehlich, Wenn sie ein kaltes Herz in deinen Busen, Ein Glueck zerstoerendes, zu pflanzen dachte? Sekretaer. An meiner Neigung Waerme zweifelst du? Hofmeisterin. Ich wuerde mich vernichten, wenn ich's koennte. Doch ach! Warum, und mit verhasstem Plan, Aufs Neue mich bestuermen? Schwurst du nicht, In ew'ge Nacht das Schrecknis zu begraben? Sekretaer. Ach leider draengt sich's maechtiger hervor. Den jungen Fuersten zwingt man zum Entschluss. Erst blieb Eugenie so manches Jahr Ein unbedeutend unbekanntes Kind. Du hast sie selbst von ihren ersten Tagen In diesen alten Saelen auferzogen, Von wenigen besucht und heimlich nur. Doch wie verheimlichte sich Vaterliebe! Der Herzog, stolz auf seiner Tochter Wert, Laesst nach und nach sie oeffentlich erscheinen; Sie zeigt sich reitend, fahrend. Jeder fragt Und jeder weiss zuletzt, woher sie sei. Nun ist die Mutter tot. Der stolzen Frau War dieses Kind ein Graeuel, das ihr nur Der Neigung Schwaeche vorzuwerfen schien. Nie hat sie's anerkannt und kaum gesehn. Durch ihren Tod fuehlt sich der Herzog frei, Entwirft geheime Plaene, naehert sich Dem Hofe wieder und entsagt zuletzt Dem alten Groll, versoehnt sich mit dem Koenig Und macht sich's zur Bedingung, dieses Kind Als Fuerstin seines Stamms erklaert zu sehn. Hofmeisterin. Und goennt ihr dieser koestlichen Natur Vom Fuerstenblute nicht das Glueck des Rechts? Sekretaer. Geliebte, Teure! Sprichst du doch so leicht, Durch diese Mauern von der Welt geschieden, In kloesterlichem sinne von dem Wert Der Erdengueter. Blicke nur hinaus! Dort waegt man besser solchen edlen Schatz. Der Vater neidet ihn dem Sohn, der Sohn Berechnet seines Vaters Jahre, Brueder Entzweit ein ungewisses Recht auf Tod Und Leben. Selbst der Geistliche vergisst, Wohin er streben soll, und strebt nach Gold. Verdaechte man's dem Prinzen, der sich stets Als einz'gen Sohn gefuehlt, wenn er sich nun Die Schwester nicht gefallen lassen will, Die, eingedrungen, ihm das Erbteil schmaelert? Man stelle sich an seinen Platz und richte. Hofmeisterin. Und ist er nicht schon jetzt ein reicher Fuerst? Und wird er's nicht durch seines Vaters Tod Zum Uebermass? Wie waer' ein Teil der Gueter So koestlich angelegt, wenn er dafuer Die holde Schwester zu gewinnen wuesste! Sekretaer. Willkuerlich handeln ist des Reichen Glueck! Er widerspricht der Fordrung der Natur, Der Stimme des Gesetzes, der Vernunft, Und spendet an den Zufall seine Gaben. Genug besitzen hiesse darben. Alles Beduerfte man! Unendlicher Verschwendung Sind ungemessne Gueter wuenschenswert. Hier denke nicht zu raten, nicht zu mildern; Kannst du mit uns nicht wirken, gib uns auf! Hofmeisterin. Und was denn wirken? Lange droht ihr schon Von fern dem Glueck des liebenswuerd'gen Kindes. Was habt ihr denn in eurem furchtbarn Rat Beschlossen ueber sie? Verlangt ihr etwa, Dass ich mich blind zu eurer Tat geselle? Sekretaer. Mitnichten! Hoeren kannst und sollst du gleich, Was zu beginnen, was von dir zu fordern Wir selbst genoetigt sind. Eugenien Sollst du entfuehren! Sie muss dergestalt Auf einmal aus der Welt verschwinden, dass Wir sie getrost als tot beweinen koennen; Verborgen muss ihr kuenftiges Geschick, Wie das Geschick der Toten, ewig bleiben. Hofmeisterin. Lebendig weiht ihr sie dem Grabe, mich Bestimmt ihr tueckisch zur Begleiterin. Mich stosst ihr mit hinab. Ich soll mit ihr, Mit der Verratnen die Verraeterin, Der Toten Schicksal vor dem Tode teilen. Sekretaer. Du fuehrst sie hin und kehrest gleich zurueck. Hofmeisterin. Soll sie im Kloster ihre Tage schliessen? Sekretaer. Im Kloster nicht; wir moegen solch ein Pfand Der Geistlichkeit nicht anvertrauen, die Es leicht als Werkzeug gegen uns gebrauchte. Hofmeisterin. So soll sie nach den Inseln? Sprich es aus. Sekretaer. Du wirst's vernehmen! Jetzt beruh'ge dich. Hofmeisterin. Wie kann ich ruhen bei Gefahr und Not, Die meinen Liebling, die mich selbst bedraeut? Sekretaer. Dein Liebling kann auch drueben gluecklich sein, Und dich erwarten hier Genuss und Wonne. Hofmeisterin. O schmeichelt euch mit solcher Hoffnung nicht. Was hilft's, in mich zu stuermen? Zum Verbrechen Mich anzulocken, mich zu draengen? Sie, Das hohe Kind, wird euren Plan vereiteln. Gedenkt nur nicht, sie als geduld'ges Opfer Gefahrlos wegzuschleppen. Dieser Geist, Der mutvoll sie beseelt, ererbte Kraft Begleiten sie, wohin sie geht, zerreissen Das falsche Netz, womit ihr sie umgabt. Sekretaer. Sie festzuhalten, das gelinge dir! Willst du mich ueberreden, dass ein Kind, Bisher im sanften Arm des Gluecks gewiegt, Im unverhofften Fall Besonnenheit Und Kraft, Geschick und Klugheit zeigen werde? Gebildet ist ihr Geist, doch nicht zur Tat, Und wenn sie richtig fuehlt und weise spricht, So fehlt noch viel, dass sie gemessen handle. Des Unerfahrnen hoher, freier Mut Verliert sich leicht in Feigheit und Verzweiflung, Wenn sich die Not ihm gegenueberstellt. Was wir gesonnen, fuehre du es aus! Klein wird das Uebel werden, gross das Glueck. Hofmeisterin. So gebt mir Zeit, zu pruefen und zu waehlen! Sekretaer. Der Augenblick des Handelns draengt uns schon. Der Herzog scheint gewiss, dass ihm der Koenig Am naechsten Fest die hohe Gunst gewaehren Und seine Tochter anerkennen wolle; Denn Kleider und Juwelen stehn bereit, Im praecht'gen Kasten saemtlich eingeschlossen, Wozu er selbst die Schluessel wohl verwahrt Und ein Geheimnis zu verwahren glaubt; Wir aber wissen's wohl und sind geruestet; Geschehen muss nun schnell das Ueberlegte. Heut Abend hoerst du mehr. Nun lebe wohl! Hofmeisterin. Auf duestern Wegen wirkt ihr tueckisch fort Und waehnet, euren Vorteil klar zu sehen. Habt ihr denn jeder Ahnung euch verschlossen, Dass ueber Schuld und Unschuld, Licht verbreitend, Ein rettend, raechend Wesen goettlich schwebt? Sekretaer. Wer wagt, ein Herrschendes zu leugnen, das Sich vorbehaelt, den Ausgang unsrer Taten Nach seinem einz'gen Willen zu bestimmen? Doch wer hat sich zu seinem hohen Rat Gesellen duerfen? Wer Gesetz und Regel, Wonach es ordnend spricht, erkennen moegen? Verstand empfingen wir, uns muendig selbst Im ird'schen Element zurecht zu finden, Und was uns nuetzt, ist unser hoechstes Recht. Hofmeisterin. Und so verleugnet ihr das Goettlichste, Wenn euch des Herzens Winke nichts bedeuten. Mich ruft es auf, die schreckliche Gefahr Vom holden Zoegling kraeftig abzuwenden, Mich gegen dich und gegen Macht und List Beherzt zu waffnen. Kein Versprechen soll, Kein Drohn mich von der Stelle draengen. Hier, Zu ihrem Heil gewidmet, steh' ich fest. Sekretaer. O meine Gute! Dies ihr Heil vermagst Du ganz allein zu schaffen, die Gefahr Von ihr zu wenden, magst du ganz allein, Und zwar, indem du uns gehorchst. Ergreife Sie schnell, die holde Tochter, fuehre sie, So weit du kannst, hinweg, verbirg sie fern Von aller Menschen Anblick, denn--du schauderst, Du fuehlst, was ich zu sagen habe. Sei's, Weil du mich draengest, endlich auch gesagt: Sie zu entfernen ist das Mildeste. Willst du zu diesem Plan nicht taetig wirken, Denkst du, dich ihm geheim zu widersetzen, Und wagtest du, was ich dir anvertraut, Aus guter Ansicht irgend zu verraten, So liegt sie tot in deinen Armen! Was Ich selbst beweinen werde, muss geschehn. Zweiter Auftritt Hofmeisterin. Die kuehne Drohung ueberrascht mich nicht! Schon lange seh' ich dieses Feuer glimmen, Nun schlaegt es blad in lichte Flammen aus. Um dich zu retten, muss ich, liebes Kind, Dich deinem holden Morgentraum entreissen. Nur eine Hoffnung lindert meinen Schmerz; Allein sie schwindet, wie ich sie ergreife. Eugenie! Wenn du entsagen koenntest Dem hohen Glueck, das unermesslich scheint, An dessen Schwelle dir Gefahr und Tod, Verbannung als ein Milderes begegnet. O duerft' ich dich erleuchten! Duerft' ich dir Verborgne Winkel oeffnen, wo die Schar Verschworener Verfolger tueckisch lauscht! Ach schweigen soll ich! Leise kann ich nur Dich ahnungsvoll ermahnen; wirst du wohl Im Taumel deiner Freude mich verstehen? Dritter Auftritt Eugenie. Hofmeisterin. Eugenie. Sei mir gegruesst! Du Freundin meines Herzens, An Mutter Statt Geliebte, sei gegruesst! Hofmeisterin. Mit Wonne drueck' ich dich an dieses Herz, Geliebtes Kind, und freue mich der Freude, Die reich aus Lebensfuelle dir entquillt. Wie heiter glaenzt dein Auge! Welch Entzuecken Umschwebet Mund und Wange! Welches Glueck Draengt aus bewegtem Busen sich hervor! Eugenie. Ein grosses Unheil hatte mich ergriffen, Vom Felsen stuerzte Ross und Reiterin. Hofmeistern. O Gott! Eugenie. Sei ruhig! Siehst du doch mich wieder, Gesund und hoch beglueckt, nach diesem Fall. Hofmeisterin. Und wie? Eugenie. Du sollst es hoeren, wie so schoen Aus diesem Uebel sich das Glueck entwickelt. Hofmeisterin. Ach! Aus dem Glueck entwickelt oft sich Schmerz. Eugenie. Sprich boeser Vorbedeutung Wort nicht aus! Und schrecke mich der Sorge nicht entgegen. Hofmeisterin. O moechtest du mir alles gleich vertrauen! Eugenie. Von allen Menschen dir zuerst. Nur jetzt, Geliebte, lass mich mir. Ich muss allein Ins eigene Gefuehl mich finden lernen. Du weisst, wie hoch mein Vater sich erfreut, Wenn unerwartet ihm ein klein Gedicht Entgegenkommt, wie mir's der Muse Gunst Bei manchem Anlass willig schenken mag. Verlass mich! Eben schwebt mir's heiter vor, Ich muss es haschen, sonst entschwindet's mir. Hofmeisterin. Wann soll wie sonst vertrauter Stunden Reihe Mit reichlichen Gespraechen uns erquicken? Wann oeffnen wir, zufriednen Maedchen gleich, Die ihren Schmuck einander wiederholt Zu zeigen kaum ermueden, unsres Herzens Geheimste Faecher, uns bequem und herzlich Des wechselseit'gen Reichtums zu erfreuen? Eugenie. Auch jene Stunden werden wieder kehren, Von deren stillem Glueck man mit Vertrauen, Sich des Vertrauns erinnernd, gerne spricht. Doch heute lass in voller Einsamkeit Mich das Beduerfnis jener Tage finden. Vierter Auftritt Eugenie, nachher Hofmeisterin aussen. Eugenie (eine Brieftasche hervorziehend). Und nun geschwind zum Pergament, zum Griffel! Ich hab' es ganz und eilig fass' ich's auf, Was ich dem Koenige zu jener Feier, Bei der ich, neu geboren durch sein Wort, Ins Leben trete, herzlich widmen soll. (Sie rezitiert langsam und schreibt.) Welch Wonneleben wird hier ausgespendet! Willst du, o Herr der obern Regionen, Des Neulings Unvermoegen nicht verschonen? Ich sinke hin, von Majestaet geblendet. Doch bald getrost zu dir hinauf gewendet Erfreut's mich, an dem Fuss der festen Thronen, Ein Sproessling deines Stamms, beglueckt zu wohnen, Und all mein fruehes Hoffen ist vollendet. So fliesse denn der holde Born der Gnaden! Hier will die treue Brust so gern verweilen Und an der Liebe Majestaet sich fassen. Mein Ganzes haengt an einem zarten Faden, Mir ist, als muesst' ich unaufhaltsam eilen, Das Leben, das du gabst, fuer dich zu lassen. (Das Geschriebene mit Gefaelligkeit betrachtend.) So hast du lange nicht, bewegtes Herz, Dich in gemessnen Worten ausgesprochen! Wie gluecklich, den Gefuehlen unsrer Brust Fuer ew'ge Zeit den Stempel aufzudruecken! Doch ist es wohl genug? Hier quillt es fort, Hier quillt es auf!--Du nahest, grosser Tag, Der uns den Koenig gab und der nun mich Dem Koenige, dem Vater, mich mir selbst Zu ungemessner Wonne geben soll. Dies hohe Fest verherrliche meine Lied! Befluegelt draengt sich Phantasie voraus, Sie traegt mich vor den Thron und stellt mich vor, Sie gibt im Kreise mir-- Hofmeisterin (aussen). Eugenie! Eugenie. Was soll das? Hofmeisterin. Hoere mich und oeffne gleich! Eugenie. Verhasste Stoerung! Oeffnen kann ich nicht. Hofmeisterin. Vom Vater Botschaft! Eugenie. Wie? Vom Vater? Gleich! Da muss ich oeffnen. Hofmeisterin. Grosse Gaben scheint Er dir zu schicken. Eugenie. Warte! Hofmeisterin. Hoerst du? Eugenie. Warte! Doch wo verberg' ich dieses Blatt? Zu klar Spricht's jene Hoffnung aus, die mich beglueckt. Hier ist nichts zum Verschliessen! Und bei mir Ist's nirgend sicher, diese Tasche kaum; Denn meine Leute sind nicht alle treu. Gar manches hat man schon mir, als ich schlief, Durchblaettert und entwendet. Das Geheimnis, Das groesste, das ich je gehegt, wohin, Wohin verberg' ich's? (Indem sie sich der Seitenwand naehert.) Wohl! Hier war es ja, Wo du, geheimer Wandschrank, meiner Kindheit Unschuldige Geheimnisse verbargst! Du, den mir kindisch allausspaehende, Von Neugier und von Muessiggang erzeugte, Rastlose Taetigkeit entdecken half, Du, jedem ein Geheimnis, oeffne dich! (Sie drueckt an einer unbemerkbaren Feder, und eine kleine Tuere springt auf.) So wie ich sonst verbotnes Zuckerwerk Zu listigem Genuss in dir versteckte, Vertrau' ich heute meines Lebens Glueck Entzueckt und sorglich dir auf kurze Zeit. (Sie legt das Pergament in den Schrank und drueckt ihn zu.) Die Tage schreiten vor, und ahnungsvoller Bewegen sich nun Freud' und Schmerz heran. (Sie oeffnet die Tuere.) Fuenfter Auftritt Eugenie. Hofmeisterin. Bediente, die einen praechtigen Putzkasten tragen. Hofmeisterin. Wenn ich dich stoerte, fuehr' ich gleich mit mir, Was mich gewiss entschuld'gen soll, herbei. Eugenie. Von meinem Vater? Dieser praecht'ge Schrein! Auf welchen Inhalt deutet solch Gefaess? (Zu den Bedienten.) Verweilt! (Sie reicht ihnen einen Beutel hin.) Zum Vorschmack eures Botenlohns Nehmt diese Kleinigkeit! Das Bessre folgt. (Bediente gehen.) Und ohne Brief und ohne Schluessel! Steht Mir solch ein Schatz verborgen, in der Naehe? O Neugier! O Verlangen! Ahnest du, Was diese Gabe mir bedeuten kann? Hofmeisterin. Ich zweifle nicht, du hast es selbst erraten. Auf naechste Hoheit deutet sie gewiss. Den Schmuck der Fuerstentochter bringt man dir, Weil dich der Koenig bald berufen wird. Eugenie. Wie kannst du das vermuten? Hofmeisterin. Weiss ich's doch! Geheimnisse der Grossen sind belauscht. Eugenie. Und wenn du's weisst, was soll ich dir's verbergen? Soll ich die Neugier, dies Geschenk zu sehn, Vor dir umsonst bezaehmen!--Hab' ich doch Den Schluessel hier!--Der Vater zwar verbot's. Doch was verbot er? Das Geheimnis nicht Unzeitig zu entdecken; doch dir ist Es schon entdeckt. Du kannst nicht mehr erfahren, Als du schon weisst, und schweigst nun, mir zuliebe. Was zaudern wir? Komm, lass uns oeffnen! Komm, Dass uns der Gaben hoher Glanz entzuecke. Hofmeisterin. Halt ein! Gedenke des Verbots! Wer weiss, Warum der Herzog weislich so befohlen? Eugenie. Mit Sinn befahl er, zum bestimmten Zweck; Der ist vereitelt; alles weisst du schon. Du liebst mich, bist verschwiegen, zuverlaessig. Lass uns das Zimmer schliessen! Das Geheime Lass uns sogleich vertraulich untersuchen. (Sie schliesst die Zimmertuere und eilt gegen den Schrank.) Hofmeisterin (sie abhaltend). Der praecht'gen Stoffe Gold und Farbenglanz, Der Perlen Milde, der Juwelen Strahl Bleib' im Verborgnen! Ach, sie reizen dich Zu jenem Ziel unwiderstehlich auf. Eugenie. Was sie bedeuten, ist das Reizende. (Sie oeffnet den Schrank, an der Tuere zeigen sich Spiegel.) Welch koestliches Gewand entwickelt sich, Indem ich's nur beruehre, meinem Blick. Und diese Spiegel! Fordern sie nicht gleich, Das Maedchen und den Schmuck vereint zu schildern? Hofmeisterin. Kreusas toedliches Gewand entfaltet, So scheint es mir, sich unter meiner Hand. Eugenie. Wie schwebt ein solcher Truebsinn dir ums Haupt? Denk' an beglueckter Braeute frohes Fest. Komm! Reiche mir die Teile, nach und nach. Das Unterkleid! Wie reich und suess durchflimmert Sich rein des Silbers und der Farben Blitz. Hofmeisterin (indem sie Eugenie das Gewand umlegt). Verbirgt sich je der Gnade Sonnenblick, Sogleich ermattet solch ein Widerglanz. Eugenie. Ein treues Herz verdient sich diesen Blick, Und, wenn er weichen wollte, zieht's ihn an.-- Das Oberkleid, das goldne, schlage drueber, Die Schleppe ziehe, weit verbreitet, nach. Auch diesem Gold ist, mit Geschmack und Wahl, Der Blumen Schmelz metallisch aufgebraemt. Und tret' ich so nicht schoen umgeben auf? Hofmeisterin. Doch wird von Kennern mehr die Schoenheit selbst In ihrer eignen Herrlichkeit verehrt. Eugenie. Das einfach Schoene soll der Kenner schaetzen; Verziertes aber spricht der Menge zu.-- Nun leihe mir der Perlen sanftes Licht, Auch der Juwelen leuchtende Gewalt. Hofmeisterin. Doch deinem Herzen, deinem Geist genuegt Nur eigner, innrer Wert und nicht der Schein. Eugenie. Der Schein, was ist er, dem das Wesen fehlt? Das Wesen, waer' es, wenn es nicht erschiene? Hofmeisterin. Und hast du nicht in diesen Mauern selbst Der Jugend ungetruebte Zeit verlebt? Am Busen deiner Liebenden, entzueckt, Verborgner Wonne Seligkeit erfahren? Eugenie. Gefaltet kann die Knospe sich genuegen, Solange sie des Winters Frost umgibt; Nun schwillt vom Fruehlingshauche Lebenskraft, In Blueten bricht sie auf an Licht und Luefte. Hofmeisterin. Aus Maessigkeit entspringt ein reines Glueck. Eugenie. Wenn du ein maessig Ziel dir vorgesteckt. Hofmeisterin. Beschraenktheit sucht sich der Geniessende. Eugenie. Du ueberredest die Geschmueckte nicht. O dass sich dieser Saal erweiterte Zum Raum des Glanzes, wo der Koenig thront! Dass reicher Teppich unten, oben sich Der goldnen Decke Woelbung breitete! Dass hier im Kreise vor der Majestaet Demuetig stolz die Grossen, angelacht Von dieser Sonne, herrlich leuchteten! Ich unter diesen Ausgezeichnete! O lass mir dieser Wonne Vorgefuehl, Wenn aller Augen mich zum Ziel erlesen! Hofmeisterin. Zum Ziele der Bewunderung nicht allein, Zum Ziel des Neides und des Hasses mehr. Eugenie. Der Nieder steht als Folie des Gluecks, Der Hasser lehrt uns immer wehrhaft bleiben. Hofmeisterin. Demuetigung beschleicht die Stolzen oft. Eugenie. Ich setz' ihr Geistesgegenwart entgegen. (Zum Schranke gewendet.) Noch haben wir nicht alles durchgesehn; Nicht mich allein bedenk' ich diese Tage, Fuer andre hoff' ich manche Kostbarkeit. Hofmeistern (ein Kaestchen hervor nehmend). Hier aufgeschrieben steht es: "Zu Geschenken". Eugenie. So nimm voraus, was dich vergnuegen kann, Von diesen Uhren, diesen Dosen. Waehle!-- Nein, ueberlege noch! Vielleicht verbirgt Sich Wuenschenswerteres im reichen Schrein. Hofmeisterin. O faende sich ein kraeft'ger Talisman, Des trueben Bruders Neigung zu gewinnen! Eugenie. Den Widerwillen tilge nach und nach Des unbefangnen Herzens reines Wirken. Hofmeisterin. Doch die Partei, die seinen Groll bestaerkt, Auf ewig steht sie deinem Wunsch entgegen. Eugenie. Wenn sie bisher mein Glueck zu hindern suchte, Tritt nun Entscheidung unaufhaltsam ein, Und ins Geschehne fuegt sich jedermann. Hofmeisterin. Das, was du hoffest, noch ist's nicht geschehn. Eugenie. Doch als vollendet kann ich's wohl betrachten. (Nach dem Schrank gekehrt.) Was liegt im langen Kaestchen, obenan? Hofmeisterin (die es herausnimmt). Die schoensten Baender, frisch und neu gewaehlt-- Zerstreue nicht durch eitlen Flitterwesens Neugierige Betrachtung deinen Geist. O waer' es moeglich, dass du meinem Wort Gehoer verliehest einen Augenblick! Aus stillem Kreise trittst du nun heraus In weite Raeume, wo dich Sorgendrang, Vielfach geknuepfte Netze, Tod vielleicht Von meuchelmoerderischer Hand erwartet. Eugenie. Du scheinst mir krank! Wie koennte sonst mein Glueck Dir fuerchterlich, als ein Gespenst erscheinen. (In das Kaestchen blickend.) Was seh' ich? Diese Rolle! Ganz gewiss Das Ordensband der ersten Fuerstentoechter! Auch dieses werd' ich tragen! Nur geschwind! Lass sehen, wie es kleidet! Es gehoert Zum ganzen Prunk; so sei auch das versucht! (Das Band wird umgelegt.) Nun sprich vom Tode nur! Sprich von Gefahr! Was zieret mehr den Mann, als wenn er sich Im Heldenschmuck zu seinem Koenige, Sich unter seinesgleichen stellen kann? Was reizt das Auge mehr als jenes Kleid, Das kriegerische lange Reihen zeichnet? Und dieses Kleid und seine Farben, sind Sie nicht ein Sinnbild ewiger Gefahr? Die Schaerpe deutet Krieg, womit sich, stolz Auf seine Kraft, ein edler Mann umguertet. O meine Liebe! Was bedeutend schmueckt, Es ist durchaus gefaehrlich. Lass auch mir Das Mutgefuehl, was mir begegnen kann, So praechtig ausgeruestet, zu erwarten. Unwiderruflich, Freundin, bleibt mein Glueck. Hofmeisterin (beiseite). Das Schicksal, das dich trifft, unwiderruflich. Dritter Aufzug (Vorzimmer des Herzogs, praechtig, modern.) Erster Auftritt Sekretaer. Weltgeistlicher. Sekretaer. Tritt still herein in diese Totenstille! Wie ausgestorben findest du das Haus. Der Herzog schlaeft, und alle Diener stehen, Von seinem Schmerz durchdrungen, stumm gebeugt. Er schlaeft! Ich segnet' ihn, als ich ihn sah Bewusstlos auf dem Pfuehle ruhig atmen. Das Uebermass der Schmerzen loeste sich In der Natur balsam'scher Wohltat auf. Den Augenblick befuercht' ich, der ihn weckt; Euch wird ein jammervoller Mann erscheinen. Weltgeistlicher. Darauf bin ich bereitet, zweifelt nicht. Sekretaer. Vor wenig Stunden kam die Nachricht an, Eugenie sei tot! Vom Pferd gestuerzt! An eurem Orte sei sie beigesetzt, Als an dem naechsten Platz, wohin man sie Aus jenem Felsendickicht bringen koennen, Wo sie verwegen sich den Tod erstuermt. Weltgeistlicher. Und sie indessen ist schon weit entfernt? Sekretaer. Mit rascher Eile wird sie weggefuehrt. Weltgeistlicher. Und wem vertraut ihr solch ein schwer Geschaeft? Sekretaer. Dem klugen Weibe, das uns angehoert. Weltgeistlicher. In welche Gegend habt ihr sie geschickt? Sekretaer. Zu dieses Reiches letztem Hafenplatz. Weltgeistlicher. Von dorten soll sie in das fernste Land? Sekretaer. Sie fuehrt ein guenst'ger Wind sogleich davon. Weltgeistlicher. Und hier auf ewig gelte sie fuer tot! Sekretaer. Auf deiner Fabel Vortrag kommt es an. Weltgeistlicher. Der Irrtum soll im ersten Augenblick Auf alle kuenft'ge Zeit gewaltig wirken. An ihrer Gruft, an ihrer Leiche soll Die Phantasie erstarren. Tausendfach Zerreiss' ich das geliebte Bild und grabe Dem Sinne des entsetzten Hoerenden Mit Feuerzuegen dieses Unglueck ein. Sie ist dahin fuer alle, sie verschwindet Ins Nichts der Asche. Jeder kehret schnell Den Blick zum Leben und vergisst im Taumel Der treibenden Begierden, dass auch sie Im Reihen der Lebendigen geschwebt. Sekretaer. Du trittst mit vieler Kuehnheit ans Geschaeft; Besorgst du keine Reue hintennach? Weltgeistlicher. Welch eine Frage tust du? Wir sind fest! Sekretaer. Ein innres Unbehagen fuegt sich oft Auch wider unsern Willen an die Tat. Weltgeistlicher. Was hoer' ich? Du bedenklich? Oder willst Du mich nur pruefen, ob es euch gelang, Mich, euren Schueler, voellig auszubilden? Sekretaer. Das Wichtige bedenkt man nie genug. Weltgeistlicher. Bedenke man, eh' noch die Tat beginnt. Sekretaer. Auch in der Tat ist Raum fuer Ueberlegung. Weltgeistlicher. Fuer mich ist nichts zu ueberlegen mehr! Da waer' es Zeit gewesen, als ich noch Im Paradies beschraenkter Freuden weilte, Als, von des Gartens engem Hag umschlossen, Ich selbst gesaete Baeume selber pfropfte, Aus wenig Beeten meinen Tisch versorgte, Als noch Zufriedenheit im kleinen Hause Gefuehl des Reichtums ueber alles goss, Und ich nach meiner Einsicht zur Gemeinde Als Freund, als Vater aus dem Herzen sprach, Dem Guten foerdernd meine Haende reichte, Dem Boesen wie dem Uebel widerstritt. O haette damals ein wohltaet'ger Geist Vor meiner Tuere dich vorbei gewiesen, An der du muede, durstig von der Jagd Zu klopfen kamst; mit schmeichlerischem Wesen, Mit suessem Wort mich zu bezaubern wusstest. Der Gastfreundschaft geweihter, schoener Tag, Er war der letzte rein genossnen Friedens. Sekretaer. Wir brachten dir so manche Freude zu. Weltgeistlicher. Und dranget mir so manch Beduerfnis auf. Nun war ich arm, als ich die Reichen kannte; Nun war ich sorgenvoll, denn mir gebrach's; Nun hatt' ich Not, ich brauchte fremde Hilfe. Ihr wart mir hilfreich, teuer buess' ich das. Ihr nahmt mich zum Genossen eures Gluecks, Mich zum Gesellen eurer Taten auf. Zum Sklaven, sollt' ich sagen, dingtet ihr Den sonst so freien, jetzt bedraengten Mann. Ihr lohnt ihm zwar, doch immer noch versagt Ihr ihm den Lohn, den er verlangen darf. Sekretaer. Vertraue, dass wir dich in kurzer Zeit Mit Guetern, Ehren, Pfruenden ueberhaeufen. Weltgeistlicher. Das ist es nicht, was ich erwarten muss. Sekretaer. Und welche neue Fordrung bildest du? Weltgeistlicher. Als ein gefuehllos Werkzeug braucht ihr mich Auch diesmal wieder. Dieses holde Kind Verstosst ihr aus dem Kreise der Lebend'gen; Ich soll die Tat beschoenen, sie bedecken, Und ihr beschliesst, begeht sie ohne mich. Von nun an fordr' ich, mit im Rat zu sitzen, Wo Schreckliches beschlossen wird, wo jeder, Auf seinen Sinn, auf seine Kraefte stolz, Zum unvermeidlich Ungeheuren stimmt. Sekretaer. Dass du auch diesmal dich mit uns verbunden, Erwirbt aufs neue dir ein grosses Recht. Gar manch Geheimnis wirst du blad vernehmen; Dahin gedulde dich und sei gefasst. Weltgeistlicher. Ich bin's und bin noch weiter, als ihr denkt; In eure Plaene schaut' ich laengst hinein. Der nur verdient geheimnisvolle Weihe, Der ihr durch Ahnung vorzugreifen weiss. Sekretaer. Was ahnest du? Was weisst du? Weltgeistlicher. Lass uns das Auf ein Gespraech der Mitternacht versparen. O dieses Maedchens trauriges Geschick Verschwindet, wie ein Bach im Ozean, Wenn ich bedenke, wie verborgen ihr Zu maechtiger Parteigewalt euch hebt Und an die Stelle der Gebietenden Mit frecher List euch einzudraengen hofft. Nicht ihr allein; denn andre streben auch, Euch widerstrebend, nach demselben Zweck. So untergrabt ihr Vaterland und Thron; Wer soll sich retten, wenn das Ganze stuerzt? Sekretaer. Ich hoere kommen! Tritt hier an die Seite! Ich fuehre dich zu rechter Zeit herein. Zweiter Auftritt Herzog. Sekretaer. Herzog. Unsel'ges Licht! Du rufst mich auf zum Leben, Mich zum Bewusstsein dieser Welt zurueck Und meiner selbst. Wie oede, hohl und leer Liegt alles vor mir da, und ausgebrannt, Ein grosser Schutt, die Staette meines Gluecks. Sekretaer. Wenn jeder von den Deinen, die um dich In dieser Stunde leiden, einen Teil Von deinen Schmerzen uebertragen koennte, Du fuehltest dich erleichtert und gestaerkt. Herzog. Der Schmerz um Liebe, wie die Liebe, bleibt Unteilbar und unendlich. Fuehl' ich doch, Welch ungeheures Unglueck den betrifft, Der seines Tags gewohntes Gut vermisst. Warum o! Lasst ihr die bekannten Waende Mit Farb' und Gold mir noch entgegen scheinen, Die mich an gestern, mich an ehegestern, An jenen Zustand meines vollen Gluecks Mich kalt erinnern. O warum verhuellet Ihr nicht Gemach und Saal mit schwarzem Krepp! Dass, finster wie mein Innres, auch von aussen Ein ewig naecht'ger Schatten mich umfange. Sekretaer. O moechte doch das Viele, das dir bleibt, Nach dem Verlust als etwas dir erscheinen. Herzog. Ein geistverlassner koerperlicher Traum! Sie war die Seele dieses ganzen Hauses. Wie schwebte beim Erwachen sonst das Bild Des holden Kindes dringend mir entgegen! Hier fand ich oft ein Blatt von ihrer Hand, Ein geistreich, herzlich Blatt zum Morgengruss. Sekretaer. Wie drueckte nicht der Wunsch, dich zu ergoetzen, Sich dichtrisch oft in fruehen Reimen aus. Herzog. Die Hoffnung, sie zu sehen, gab den Stunden Des muehevollen Tags den einz'gen Reiz. Sekretaer. Wie oft bei Hindernis und Zoegrung hat Man ungeduldig, wie nach der Geliebten Den raschen Juengling, dich nach ihr gesehn. Herzog. Vergleiche doch die jugendliche Glut, Die selbstischen Besitz verzehrend hascht, Nicht dem Gefuehl des Vaters, der entzueckt, In heil'gem Anschaun stille hingegeben, Sich an Entwicklung wunderbarer Kraefte, Sich an der Bildung Riesenschritten freut. Der Liebe Sehnsucht fordert Gegenwart; Doch Zukunft ist des Vaters Eigentum. Dort liegen seiner Hoffnung weite Felder, Dort seiner Saaten keimender Genuss. Sekretaer. O Jammer! Diese grenzenlose Wonne, Dies ewig frische Glueck verlorst du nun. Herzog. Verlor ich's? War es doch im Augenblick Vor meiner Seele noch im vollen Glanz. Ja, ich verlor's! Du rufst's, Ungluecklicher, Die oede Stunde ruft mir's wieder zu. Ja, ich verlor's! So stroemt, ihr Klagen, denn! Zerstoere, Jammer, diesen festen Bau, Den ein zu guenstig Alter noch verschont. Verhasst sei mir das Bleibende, verhasst, Ws mir in seiner Dauer Stolz erscheint; Erwuenscht, was fliesst und schwankt. Ihr Fluten, schwellt, Zerreisst die Daemme, wandelt Land in See! Eroeffne deine Schluende, wildes Meer! Verschlinge Schiff und Mann und Schaetze! Weit Verbreitet euch, ihr kriegerischen Reihen, Und haeuft auf blut'gen Fluren Tod auf Tod! Entzuende, Strahl des Himmels, dich im Leeren Und triff der kuehnen Tuerme sichres Haupt! Zertruemmr', entzuende sie und geissle weit Im Stadtgedraeng' der Flamme Wut umher, Dass ich, von allem Jammer rings umfangen, Dem Schicksal mich ergebe, das mich traf! Sekretaer. Das ungeheuer Unerwartete Bedraengt dich fuerchterlich, erhabner Mann. Herzog. Wohl unerwartet kam's, nicht ungewarnt. In meinen Armen liess ein guter Geist Sie von den Toten wieder auferstehn Und zeigte mir gelind, voruebereilend, Ein Schreckliches, nun ewig Bleibendes. Da sollt' ich strafen die Verwegenheit, Dem Uebermut mich scheltend widersetzen, Verbieten jene Raserei, die, sich Unsterblich, unverwundbar waehnend, blind, Wetteifern mit dem Vogel, sich durch Wald Und Fluss und Straeuche von dem Felsen stuerzt. Sekretaer. Was oft und gluecklich unsre Besten tun, Wie sollt' es dir des Ungluecks Ahnung bringen? Herzog. Die Ahnung dieser Leiden fuehlt' ich wohl, Als ich zum letzten Mal--Zum letzten Mal! Du sprichst es aus, das fuerchterliche Wort, Das deinen Weg mit Finsternis umzieht. O haett' ich sie nur einmal noch gesehn! Vielleicht war dieses Unglueck abzuleiten. Ich haette flehentlich gebeten, sie als Vater Zum treulichsten ermahnt, sich mir zu schonen, Und von der Wut tollkuehner Reiterei Um unsres Glueckes willen abzustehn. Ach, diese Stunde war mir nicht gegoennt. Und nun vermiss' ich mein geliebtes Kind! Sie ist dahin! Verwegner ward sie nur Durch jenen Sturz, dem sie so leicht entrann. Und niemand, sie zu warnen, sie zu leiten! Entwachsen war sie dieser Frauenzucht. In welchen Haenden liess ich solchen Schatz? Verzaertelnden, nachgieb'gen Weiberhaenden. Kein festes Wort, den Willen meines Kinds Zu maessiger Vernuenftigkeit zu lenken! Zur unbedingten Freiheit liess man ihr, Zu jedem kuehnen Wagnis offnes Feld. Ich fuehlt' es oft und sagt' es mir nicht klar: Bei diesem Weibe war sie schlecht verwahrt. Sekretaer. O tadle nicht die Unglueckselige! Vom tiefsten Schmerz begleitet, irrt sie nun, Wer weiss, in welche Lande, trostlos hin. Sie ist entflohn. Denn wer vermoechte dir Ins Angesicht zu sehen, der auch nur Den fernsten Vorwurf zu befuerchten haette. Herzog. O lass mich ungerecht auf andre zuernen, Dass ich mich nicht verzweifelnd selbst zerreisse! Wohl trag' ich selbst die Schuld und trag' sie schwer. Denn rief ich nicht mit toerigem Beginnen Gefahr und Tod auf dieses teure Haupt? Sie ueberall zu sehn als Meisterin, Das war mein Stolz! Zu teuer buess' ich ihn. Zu Pferde sollte sie, im Wagen sie, Die Rosse baendigend, als Heldin glaenzen. Ins Wasser tauchend, schwimmend schien sie mir Den Elementen goettlich zu gebieten. So, hiess es, kann sie jeglicher Gefahr Dereinst entgehen. Statt sie zu bewahren, Gibt Uebung zur Gefahr den Tod ihr nun. Sekretaer. Des edlen Pflichtgefuehles Uebung gibt, Ach! Unsrer Unvergesslichen den Tod. Herzog. Erklaere dich! Sekretaer. Und weck' ich diesen Schmerz Durch Schildrung kindlich edlen Unternehmens? Ihr alter, erster, hoch geliebter Freund Und Lehrer wohnt, von dieser Stadt entfernt, Verschraenkt in Truebsinn, Krankheit, Menschenhass. Nur sie allein vermocht' ihn zu erheitern; Als Leidenschaft empfand sie diese Pflicht; Nur allzu oft verlangte sie hinueber, Und oft versagte man's. Nun hatte sie's Planmaessig angelegt; sie nutzte kuehn Des Morgenrittes abgemessne Stunden Mit ungeheurer Schnelligkeit zum Zweck, Den alten, viel geliebten Mann zu sehn. Ein einz'ger Reitknecht nur war im Geheimnis, Er unterlegt' ihr jedes Mal das Pferd, Wie wir vermuten; denn auch er ist fort. Der arme Mensch und jene Frau verloren Aus Furcht vor dir sich in die weite Welt. Herzog. Die Gluecklichen, die noch zu fuerchten haben, Bei denen sich der Schmerz um ihres Herrn Verlornes Heil in leicht verwundene, In leicht gehobne Bangigkeit verwandelt! Ich habe nichts zu fuerchten! Nichts zu hoffen! Drum lass mich alles wissen; zeige mir Den kleinsten Umstand an! Ich bin gefasst. Dritter Auftritt Herzog. Sekretaer. Weltgeistlicher. Sekretaer. Auf diesen Augenblick, verehrter Fuerst, Hab' ich hier einen Mann zurueckgehalten, Der, auch gebeugt, vor deinem Blick erscheint. Es ist der Geistliche, der aus der Hand Des Todes deine Tochter aufgenommen, Und sie, da keiner Hilfe Trost sich zeigte, Mit liebevoller Sorgfalt beigesetzt. Vierter Auftritt Herzog. Weltgeistlicher. Weltgeistlicher. Den Wunsch, vor deinem Antlitz zu erscheinen, Erhabner Fuerst, wie lebhaft hegt' ich ihn! Nun wird er mir gewaehrt im Augenblick, Der dich und mich in tiefen Jammer senkt. Herzog. Auch so willkommen, unwillkommner Bote! Du hast sie noch gesehn, den letzten Blick, Den sehnsuchtsvollen, dir ins Herz gefasst, Das letzte Wort bedaechtig aufgenommen, Dem letzten Seufzer Mitgefuehl erwidert. O sage: Sprach sie noch? Was sprach sie aus? Gedachte sie des Vaters? Bringst du mir Von ihrem Mund ein herzlich Lebewohl? Weltgeistlicher. Willkommen scheint ein unwillkommner Bote, Solang er schweigt und noch der Hoffnung Raum, Der Taeuschung Raum in unserm Herzen gibt. Der ausgesprochne Jammer ist verhasst. Herzog. Was zauderst du? Was kann ich mehr erfahren? Sie ist dahin! Und diesen Augenblick Ist ueber ihrem Sarge Ruh' und Stille. Was sie auch litt, es ist fuer sie vorbei, Fuer mich beginnt es; aber rede nur! Weltgeistlicher. Ein allgemeines Uebel ist der Tod. So denke dir das Schicksal deiner Toten, Und finster wie des Grabes Nacht verstumme Der Uebergang, der sie hinabgefuehrt. Nicht jeden leitet ein gelinder Gang Unmerklich in das stille Reich der Schatten. Gewaltsam schmerzlich reisst Zerstoerung oft Durch Hoellenqualen in die Ruhe hin. Herzog. So hat sie viel gelitten? Weltgeistlicher. Viel, nicht lange. Herzog. Es war ein Augenblick, in dem sie litt, Ein Augenblick, wo sie um Hilfe rief. Und ich? Wo war ich da? Welch ein Geschaeft, Welch ein Vergnuegen hatte mich gefesselt? Verkuendigte mir nichts das Schreckliche, Das mir das Leben voneinander riss? Ich hoerte nicht den Schrei, ich fuehlte nicht Den Unfall, der mich ohne Rettung traf. Der Ahnung heil'ges, fernes Mitgefuehl Ist nur ein Maerchen. Sinnlich und verstockt, Ins Gegenwaertige verschlossen, fuehlt Der Mensch das naechste Wohl, das naechste Weh, Und Liebe selbst ist in der Ferne taub. Weltgeistlicher. Soviel auch Worte gelten, fuehl' ich doch, Wie wenig sie zum Troste wirken koennen. Herzog. Das Wort verwundet leichter, als es heilt. Und ewig wiederholend strebt vergebens Verlornes Glueck der Kummer herzustellen. So war denn keine Hilfe, keine Kunst Vermoegend, sie ins Leben aufzurufen? Was hast du, sage mir, begonnen? Was Zu ihrem Heil versucht? Du hast gewiss Nichts unbedacht gelassen. Weltgeistlicher. Leider war Nichts zu bedenken mehr, als ich sie fand. Herzog. Und soll ich ihres Lebens holde Kraft Auf ewig missen! Lass mich meinen schmerz Durch meinen Schmerz betruegen, diese Reste Verewigen. O komm! Wo liegen sie? Weltgeistlicher. In wuerdiger Kapelle steht ihr Sarg Allein verwahrt. Ich sehe vom Altar Durchs Gitter jedes Mal die Staette, will Fuer sie, solang ich lebe, betend flehen. Herzog. O komm und fuehre mich dahin! Begleiten Soll uns der Aerzte viel erfahrenster. Lass uns den schoenen Koerper der Verwesung Entreissen! Lass mit edlen Spezereien Das unschaetzbare Bild zusammenhalten! Ja! Die Atomen alle, die sich einst Zur koestlichen Gestalt versammelten, Sie sollen nicht ins Element zurueck. Weltgeistlicher. Was darf ich sagen? Muss ich dir bekennen! Du kannst nicht hin! Ach! Das zerstoerte Bild! Kein Fremder saeh' es ohne Jammer an! Und vor die Augen eines Vaters--Nein, Verhuet' es Gott! Du darfst sie nicht erblicken. Herzog. Welch neuer Qualenkrampf bedroht mich! Weltgeistlicher. O lass mich schweigen, dass nicht meine Worte Auch die Erinnrung der Verlornen schaenden! Lass mich verhehlen, wie sie durchs Gebuesch, Durch Felsen hergeschleift, entstellt und blutig, Zerrissen und zerschmettert und zerbrochen, Unkenntlich, mir im Arm zur Erde hing. Da segnet' ich, von Traenen ueberfliessend, Der Stunde Heil, in der ich feierlich Dem holden Vaternamen einst entsagt. Herzog. Du bist nicht Vater! Bist der selbstischen Verstockten, der Verkehrten einer, die Ihr abgeschlossnes Wesen unfruchtbar Verzweifeln laesst. Entferne dich! Verhasst Erscheinet mir dein Anblick. Weltgeistlicher. Fuehlt' ich's doch! Wer kann dem Boten solcher Not verzeihn? (Will sich entfernen.) Herzog. Vergib und bleib. Ein schoen entworfnes Bild, Das wunderbar dich selbst zum zweiten Mal Vor deinen Augen zu erschaffen strebt, Hast du entzueckt es jemals angestaunt? O haettest du's! Du haettest diese Form, Die sich zu meinem Glueck, zur Lust der Welt In tausendfaelt'gen Zuegen auferbaut, Mir grausam nicht zerstuemmelt, mir die Wonne Der traurigen Erinnrung nicht verkuemmert. Weltgeistlicher. Was sollt' ich tun? Dich zu dem Sarge fuehren, Den tausend fremde Traenen schon benetzt, Als ich das morsche, schlotternde Gebein Zu ruhiger Verwesung eingeweiht? Herzog. Schweig, Unempfindlicher! Du mehrest nur Den herben Schmerz, den du zu lindern denkst. O! Wehe! Dass die Elemente nun, Von keinem Geist der Ordnung mehr beherrscht, Im leisen Kampf das Goetterbild zerstoeren. Wenn ueber werdend Wachsendem vorher Der Vatersinn mit Wonne bruetend schwebte, So stockt, so kehrt in Moder nach und nach Vor der Verzweiflung Blick die Lust des Lebens. Weltgeistlicher. Was Lust und Licht Zerstoerliches erbaut, Bewahret lange das verschlossne Grab. Herzog. O weiser Brauch der Alten, das Vollkommne, Das ernst und langsam die Natur geknuepft, Des Menschenbilds erhabne Wuerde, gleich Wenn sich der Geist, der wirkende, getrennt, Durch reiner Flammen Taetigkeit zu loesen! Und wenn die Glut mit tausend Gipfeln sich Zum Himmel hob und zwischen Dampf und Wolken, Des Adlers Fittich deutend sich bewegte, Da trocknete die Traene, freier Blick Der Hinterlassnen stieg dem neuen Gott In des Olymps verklaerte Raeume nach. O sammle mir in koestliches Gefaess Der Asche, der Gebeine trueben Rest, Dass die vergebens ausgestreckten Arme Nur etas fassen, dass ich dieser Brust, Die sehnsuchtsvoll sich in das Leere draengt, Den schmerzlichsten Besitz entgegendruecke. Westgeistlicher. Die Trauer wird durch Trauern immer herber. Herzog. Durch Trauern wird die Trauer zum Genuss. O dass ich doch geschwundner Asche Rest, Im kleinen Hause, wandernd, immer weiter, Bis zu dem Ort, wo ich zuletzt sie sah, Als Buessender mit kurzen Schritten truege! Dort lag sie tot in meinen Armen, dort Sah ich, getaeuscht, sie in das Leben kehren. Ich glaubte, sie zu fassen, sie zu halten, Und nun ist sie auf ewig mir entrueckt. Dort aber will ich meinen Schmerz verew'gen. Ein Denkmal der Genesung hab' ich dort In meines Traums Entzueckungen gelobt-- Schon fuehret klug des Gartenmeisters Hand Durch Busch und Fels bescheidne Wege her, Schon wird der Platz gerundet, wo mein Koenig Als Oheim sie an seine Brust geschlossen, Und ebenmass und Ordnung will den Raum Verherrlichen, der mich so hoch beglueckt. Doch jede Hand soll feiern! Halb vollbracht Soll dieser Plan wie mein Geschick erstarren! Das Denkmal nur, ein Denkmal will ich stiften, Von rauen Steinen ordnungslos getuermt, Dorthin zu wallen, stille zu verweilen, Bis ich vom Leben endlich selbst genese. O lasst mich dort, versteint, am Steine ruhn, Bis aller Sorgfalt lichtgezogne Spur Aus dieser Wueste Trauersitz verschwindet! Mag sich umher der freie Platz berasen, Mag sich der Zweig dem Zweige wild verflechten, Der Birke hangend Haar den Boden schlagen, Der junge Busch zum Baume sich erheben, Mit Moos der glatte Stamm sich ueberziehn; Ich fuehle keine Zeit; denn sie ist hin, An deren Wachstum ich die Jahre mass. Weltgeistlicher. Den viel bewegten Reiz der Welt zu meiden, Das Einerlei der Einsamkeit zu waehlen, Wird sich's der Mann erlauben, der sich oft Wohltaetiger Zerstreuung uebergab, Wenn Unertraegliches, mit Felsenlast Herbei sich waelzend, ihn bedrohend, schlich? Hinaus! Mit Fluegelschnelle durch das Land, Durch fremde Reiche, dass vor deinem Sinn Der Erde Bilder heilend sich bewegen. Herzog. Was hab' ich in der Welt zu suchen, wenn Ich sie nicht wieder finde, die allein Ein Gegenstand fuer meine Blicke war? Soll Fluss und Huegel, Tal und Wald und Fels Vorueber meinen Augen gehen und nur Mir das Beduerfnis wecken, jenes Bild, Das einzige geliebte, zu erhaschen? Vom hohen Berg hinab, ins weite Meer, Was soll fuer mich ein Reichtum der Natur, Der an Verlust und Armut mich erinnert! Weltgeistlicher. Und neue Gueter eignest du dir an! Herzog. Nur durch der Jugend frisches Auge mag Das laengst Bekannte neubelebt uns ruehren, Wenn das Erstaunen, das wir laengst verschmaeht, Von Kindes Munde hold uns widerklingt. So hofft' ich, ihr des Reichs bebaute Flaechen, Der Waelder Tiefen, der Gewaesser Flut Bis an das offne Meer zu zeigen, dort Mich ihres trunknen Blicks ins Unbegrenzte Mit unbegrenzter Liebe zu erfreun. Weltgeistlicher. Wenn du, erhabner Fuerst, des grossen Lebens Beglueckte Tage der Beschauung nicht Zu widmen trachtetest, wenn Taetigkeit Fuers Wohl Unzaehliger am Throne dir Zum Vorzug der Geburt den herrlichern Des allgemeinen, edlen Wirkens gab, So ruf' ich dich im Namen aller auf: Ermanne dich! Und lass die trueben Stunden, Die deinen Horizont umziehn, fuer andre, Durch Trost und Rat und Hilfe, lass fuer dich Auch diese Stunden so zum Feste werden. Herzog. Wie schal und abgeschmackt ist solch ein Leben, Wenn alles Regen, alles Treiben stets Zu neuem Regen, neuem Treiben fuehrt Und kein geliebter Zweck euch endlich lohnt. Den sah ich nur in ihr, und so besass Und so erwarb ich mit Vergnuegen, ihr Ein kleines Reich anmut'gen Gluecks zu schaffen. So war ich heiter, aller Menschen Freund, Behilflich, wach, zu Rat und Tat bequem. Den Vater lieben sie! So sagt' ich mir, Dem Vater danken sie's und werden auch Die Tochter einst als werte Freundin gruessen. Weltgeistlicher. Zu suessen Sorgen bleibt nun keine Zeit! Ganz andre fordern dich, erhabner Mann! Darf ich's erwaehnen? Ich, der unterste Von deinen Dienern? Jeder ernste Blick In diesen trueben Tagen ist auf dich, Auf deinen Wert, auf deine Kraft gerichtet. Herzog. Der Glueckliche nur fuehlt sich Wert und Kraft. Weltgeistlicher. So tiefer Schmerzen heisse Qual verbuergt Dem Augenblick unendlichen Gehalt, Mir aber auch Verzeihung, wenn sich kuehn Vertraulichkeit von meinen Lippen wagt. Wie heftig wilde Gaerung unten kocht, Wie Schwaeche kaum sich oben schwankend haelt; Nicht jedem wird es klar, dir aber ist's Mehr als der Menge, der ich angehoere. O zaudre nicht, im nahen Sturmgewitter Das falsch gelenkte Steuer zu ergreifen! Zum Wohle deines Vaterlands verbanne Den eignen Schmerz; sonst werden tausend Vaeter Wie du um ihre Kinder weinen, tausend Und aber tausend Kinder ihre Vaeter Vermissen, Angstgeschrei der Muetter graesslich An hohler Kerkerwand verklingend hallen. O bringe deinen Jammer, deinen Kummer Auf dem Altar des allgemeinen Wohls Zum Opfer dar, und alle, die zu rettest, Gewinnst du dir als Kinder zum Ersatz. Herzog. Aus grauenvollen Winkeln fuehre nicht Mir der Gespenster dichte Schar heran, Die meiner Tochter liebliche Gewalt Mir zaubrisch oft und leicht hinweggebannt. Sie ist dahin, die schmeichlerische Kraft, Die meinen Geist in holde Traeume sang. Nun draengt das Wirkliche mit dichten Massen An mich heran und droht, mich zu erdruecken. Hinaus, hinaus! Von dieser Welt hinweg! Und luegt mir nicht das Kleid, in dem du wandelst, So fuehre mich zur Wohnung der Geduld, Ins Kloster fuehre mich und lass mich dort, Im allgemeinen Schweigen, stumm, gebeugt, Ein muedes Leben in die Grube senken. Weltgeistlicher. Mir ziemt es kaum, dich an die Welt zu weisen; Doch andre Worte sprech' ich kuehner aus. Nicht in das Grab, nicht uebers Grab verschwendet Ein edler Mann der Sehnsucht hohen Wert. Er kehrt in sich zurueck und findet staunend In seinem Busen das Verlorene wieder. Herzog. Dass ein Besitz so fest sich hier erhaelt, Wenn das Verlorne fern und ferner flieht, Das ist die Qual, die das geschiedene, Fuer ewig losgerissne Glied aufs neue Dem Schmerz ergriffnen Koerper fuegen will. Getrenntes Leben, wer vereinigt's wieder? Vernichtetes, wer stellt es her? Weltgeistlicher. Der Geist! Des Menschen Geist, dem nichts verloren geht, Was er von Wert mit Sicherheit besessen. So lebt Eugenie vor dir, sie lebt In deinem Sinne, den sie sonst erhub, Dem sie das Anschaun herrlicher Natur Lebendig aufgeregt; so wirkt sie noch Als hohes Vorbild, schuetzet vor Gemeinem, Vor Schlechtem dich, wie's jede Stunde bringt, Und ihrer Wuerde wahrer Glanz verscheuchet Den eitlen Schein, der dich bestechen will. So fuehle dich durch ihre Kraft beseelt! Und gib ihr so ein unzerstoerlich Leben, Das keine Macht entreissen kann, zurueck. Herzog. Lass eines dumpfen, dunklen Traumgeflechtes Verworrne Todesnetze mich zerreissen! Und bleibe mir, du vielgeliebtes Bild, Vollkommen, ewig jung und ewig gleich! Lass deiner klaren Augen reines Licht Mich immerfort umglaenzen! Schwebe vor, Wohin ich wandle, zeige mir den Weg Durch dieser Erde Dornenlabyrinth! Du bist kein Traumbild, wie ich dich erblicke; Du warst, du bist. Die Gottheit hatte dich Vollendet einst gedacht und dargestellt. So bist du teilhaft des Unendlichen, Des Ewigen, und bist auf ewig mein. Vierter Aufzug (Platz am Hafen. Zur einen Seite ein Palast, auf der andern eine Kirche, im Grund eine Reihe Baeume, durch die man nach dem Hafen hinab sieht.) Erster Auftritt Eugenie, in einen Schleier gehuellt, auf einer Bank im Grunde, mit dem Gesicht nach der See. Hofmeisterin, Gerichtsrat im Vordergrunde. Hofmeisterin. Draengt unausweichlich ein betruebt Geschaeft Mich aus dem Mittelpunkt des Reiches, mich Aus dem Bezirk der Hauptstadt an die Grenze Des festen Lands zu diesem Hafenplatz, So folgt mir streng die Sorge, Schritt vor Schritt, Und deutet mir bedenklich in die Weite. Wie muessen Rat und Anteil eines Manns, Der allen edel, zuverlaessig gilt, Mir als ein Leitstern wonniglich erscheinen! Verzeih daher, wenn ich mit diesem Blatt, Das mich zu solcher schweren Tat berechtigt, Zu dir mich wendend komme, den so lange Man im Gericht, wo viel Gerechte wirken, Erst pries als Beistand, nun als Richter preist. Gerichtsrat (der indessen das Blatt nachdenkend angesehen). Nicht mein Verdienst, nur mein Bemuehen war Vielleicht zu preisen. Sonderbar jedoch Will es mich duenken, dass du eben diesen, Den du gerecht und edel nennen willst, In solcher Sache fragen, ihm getrost Solch ein Papier vors Auge dringen magst, Worauf er nur mit Schauder blicken kann. Nicht ist von Recht, noch von Gericht die Rede; Hier ist Gewalt! Entsetzliche Gewalt, Selbst wenn sie klug, selbst wenn sie weise handelt. Anheim gegeben ward ein edles Kind, Auf Tod und Leben--sag' ich wohl zu viel?-- Anheim gegeben deiner Willkuer. Jeder, Sei er Beamter, Kriegsmann, Buerger, alle Sind angewiesen, dich zu schuetzen, sie Nach deines Worts Gesetzen zu behandeln. (Er gibt das Blatt zurueck.) Hofmeisterin. Auch hier beweise dich gerecht und lass Nicht dies Papier allein als Klaeger sprechen, Auch mich, die hart Verklagte, hoere nun Und meinen offnen Vortrag guenstig an. Aus edlem Blut entspross die Treffliche; Von jeder Gabe, jeder Tugend schenkt' Ihr die Natur den allerschoensten Teil, Wenn das Gesetz ihr andre Rechte weigert. Und nun verbannt! Ich sollte sie dem Kreise Der Ihrigen entfuehren, sie hierher, Hinueber nach den Inseln sie geleiten. Gerichtsrat. Gewissem Tod entgegen, der im Qualm Erhitzter Duenste schleichend ueberfaellt. Dort soll verwelken diese Himmelsblume, Die Farbe dieser Wange dort verbleichen! Verschwinden die Gestalt, die sich das Auge Mit Sehnsucht immer zu erhalten wuenscht. Hofmeisterin. Bevor du richtest, hoere weiter an! Unschuldig ist, bedarf es wohl Beteurung? Doch vieler Uebel Ursach' dieses Kind. Sie als des Haders Apfel warf ein Gott Erzuernt ins Mittel zwischen zwei Parteien, Die sich, auf ewig nun getrennt, bekaempfen. Sie will der eine Teil zum hoechsten Glueck Berechtigt wissen, wenn der andre sie Hinabzudraengen strebt. Entschieden beide!-- Und so umschlang ein heimlich Labyrinth Verschmitzten wirkens doppelt ihr Geschick, So schwankte List um List im Gleichgewicht, Bis ungeduld'ge Leidenschaft zuletzt Den Augenblick entschiedenen Gewinns Beschleunigte. Da brach von beiden Seiten Die Schranke der Verstellung, drang Gewalt, Dem Staate selbst gefaehrlich, drohend los, Und nun, sogleich der Schuld'gen Schuld zu hemmen, Zu tilgen, trifft ein hoher Goetterspruch Des Kampfs unschuld'gen Anlass, meinen Zoegling, Und reisst, verbannend, mich mit ihm dahin. Gerichtsrat. Ich schelte nicht das Werkzeug, rechte kaum Mit jenen Maechten, die sich solche Handlung Erlauben koennen. Leider sind auch sie Gebunden und gedraengt. Sie wirken selten Aus freier Ueberzeugung. Sorge, Furcht Vor groesserm Uebel noetiget Regenten Die nuetzlich ungerechten Taten ab. Vollbringe, was du musst, entferne dich Aus meiner Enge rein gezognem Kreis. Hofmeisterin. Den eben such' ich auf! Da dring' ich hin! Dort hoff' ich Heil! Du wirst mich nicht verstossen. Den werten Zoegling wuenscht' ich lange schon Vom Glueck zu ueberzeugen, das im Kreise Des Buergerstandes hold genuegsam weilt. Entsagte sie der nicht gegoennten Hoehe, Ergaebe sich des biedern Gatten Schutz Und wendete von jenen Regionen, Wo sie Gefahr, Verbannung, Tod umlauern, Ins Haeusliche den liebevollen Blick; Geloest waer' alles, meiner strengen Pflicht Waer' ich entledigt, koennt' im Vaterland Vertrauter Stunden mich verweilend freuen. Gerichtsrat. Ein sonderbar Verhaeltnis zeigst du mir! Hofmeisterin. Dem klug entschlossnen Manne zeig' ich's an. Gerichtsrat. Du gibst sie frei, wenn sich ein Gatte findet? Hofmeisterin. Und reichlich ausgestattet geb' ich sie. Gerichtsrat. So uebereilt, wer duerfte sich entschliessen? Hofmeisterin. Nur uebereilt bestimmt die Neigung sich. Gerichtsrat. Die Unbekannte waehlen waere Frevel. Hofmeisterin. Dem ersten Blick ist sie gekannt und wert. Gerichtsrat. Der Gattin Feinde drohen auch dem Gatten. Hofmeisterin. Versoehnt ist alles, wenn sie Gattin heisst. Gerichtsrat. Und ihr Geheimnis, wird man's ihm entdecken? Hofmeisterin. Vertrauen wird man dem Vertrauenden. Gerichtsrat. Und wird sie frei solch einen Bund erwaehlen? Hofmeisterin. Ein grosses Uebel draenget sie zur Wahl. Gerichtsrat. In solchem Fall zu werben, ist es redlich? Hofmeisterin. Der Rettende fasst an und kluegelt nicht. Gerichtsrat. Was forderst du vor allen andern Dingen? Hofmeisterin. Entschliessen soll sie sich im Augenblick. Gerichtsrat. Ist euer Schicksal aengstlich so gesteigert? Hofmeisterin. Im Hafen regt sich emsig schon die Fahrt. Gerichtsrat. Hast du ihr frueher solchen Bund geraten? Hofmeisterin. Im allgemeinen deutet' ich dahin. Gerichtsrat. Entfernte sie unwillig den Gedanken? Hofmeisterin. Noch war das alte Glueck ihr allzu nah. Gerichtsrat. Die schoenen Bilder, werden sie entweichen? Hofmeisterin. Das hohe Meer hat sie hinweggeschreckt. Gerichtsrat. Sie fuerchtet, sich vom Vaterland zu trennen? Hofmeisterin. Sie fuerchtet's, und ich fuercht' es wie den Tod. O lass uns, Edler, gluecklich Aufgefundner, Vergebne Worte nicht bedenklich wechseln! Noch lebt in dir, dem Juengling, jede Tugend, Die maecht'gen Glaubens, unbedingter Liebe Zu nie genug geschaetzter Tat bedarf. Gewiss umgibt ein schoener Kreis dich auch Von Aehnlichen! Von Gleichen sag' ich nicht! O seih dich um in deinem eignen Herzen, In deiner Freunde Herzen sieh umher, Und findest du ein ueberfliessend Mass Von Liebe, von Ergebung, Kraft und Mut, So werde dem Verdientesten dies Kleinod Mit stillem Segen heimlich uebergeben! Gerichtsrat. Ich weiss, ich fuehle deinen Zustand, kann Und mag nicht mit mir selbst bedaechtig erst. Wie Klugheit forderte, zu Rate gehen! Ich will sie sprechen. Hofmeisterin (tritt zurueck gegen Eugenie). Gerichtsrat. Was geschehen soll, Es wird geschehn! In ganz gemeinen Dingen Haengt viel von Wahl und Wollen ab; das Hoechste, Was uns begegnet, kommt wer weiss woher. Zweiter Auftritt Eugenie. Gerichtsrat. Gerichtsrat. Indem du mir, verehrte Schoene, nahst, So zweifl' ich fast, ob man mich treu berichtet. Du bist ungluecklich, sagt man; doch du bringst, Wohin du wandelst, Glueck und Heil heran. Eugenie. Find' ich den ersten, dem aus tiefer Not Ich Blick und Wort entgegen wenden darf, So mild und edel, als du mir erscheinst; Dies Angstgefuehl, ich hoffe, wird sich loesen. Gerichtsrat. Ein viel Erfahrner waere zu bedauern, Waer' ihm das Los gefallen, das dich trifft; Wie ruft nicht erst bedraengter Jugend Kummer Die Mitgefuehle hilfsbeduerftig an! Eugenie. So hob ich mich vor kurzem aus der Nacht Des Todes an des Tages Licht herauf, Ich wusste nicht, wie mir geschehn! Wie hart Ein jaeher Sturz mich laehmend hingestreckt. Da rafft' ich mich empor, erkannte wieder Die schoene Welt, ich sah den Arzt bemueht, Die Flamme wieder anzufachen, fand In meines Vaters liebevollem Blick, An seinem Ton mein Leben wieder. Nun Zum zweiten Mal, von einem jaehern Sturz, Erwach' ich! Fremd und schattengleich erscheint Mir die Umgebung, mir der Menschen Wandeln, Und deine Milde selbst ein Traumgebild. Gerichtsrat. Wenn Fremde sich in unsre Lage fuehlen, Sind sie wohl naeher als die Naechsten, die Oft unsern Gram als wohlbekanntes Uebel Mit laessiger Gewohnheit uebersehn. Dein Zustand ist gefaehrlich! Ob er gar Unheilbar sei, wer wagt es zu entscheiden! Eugenie. Ich habe nichts zu sagen! Unbekannt Sind mir die Maechte, die mein Elend schufen. Du hast das Weib gesprochen, jene weiss; Ich dulde nur dem Wahnsinn mich entgegen. Gerichtsrat. Was auch der Obermacht gewalt'gen Schluss Auf dich herab gerufen, leichte Schuld, Ein Irrtum, den der Zufall schaedlich leitet; Die Achtung bleibt, die Neigung spricht fuer dich. Eugenie. Des reinen Herzens traulich mir bewusst, Sinn' ich der Wirkung kleiner Fehler nach. Gerichtsrat. Auf ebnem Boden straucheln ist ein Scherz, Ein Fehltritt stuerzt vom Gipfel dich herab. Eugenie. Auf jenen Gipfeln schwebt' ich voll Entzuecken, Der Freunde Uebermass verwirrte mich. Das nahe Glueck beruehrt' ich schon im Geist, Ein koestlich Pfand lag schon in meinen Haenden. Nur wenig Ruhe! Wenige Geduld! Und alles war, so darf ich glauben, mein. Doch uebereilt' ich's, ueberliess mich rasch Zudringlicher Versuchung.--War es das?-- Ich sah, ich sprach, was mir zu sehn, zu sprechen Verboten war. Wird ein so leicht Vergehn So hart bestraft? Ein laesslich scheinendes, Scherzhafter Probe gleichendes Verbot, Verdammt's den Uebertreter ohne Schonung? O, so ist's wahr, was uns der Voelker Sagen Unglaublich ueberliefern! Jenes Apfels Leichtsinnig augenblicklicher Genuss Hat aller Welt unendlich Weh verschuldet. So ward auch mir ein Schluessel anvertraut! Verbotne Schaetze wagt' ich aufzuschliessen, Und aufgeschlossen hab' ich mir das Grab. Gerichtsrat. Des Uebels Quelle findest du nicht aus, Und aufgefunden fliesst sie ewig fort. Eugenie. In kleinen Fehlern such' ich's, gebe mir Aus eitlem Wahn die Schuld so grosser Leiden. Nur hoeher, hoeher wende den Verdacht! Die beiden, denen ich mein ganzes Glueck Zu danken hoffte, die erhabnen Maenner, Zum Scheine reichten sie sich Hand um Hand. Der innre Zwist unsicherer Parteien, Der nur in duestern Hoehlen sich geneckt, Er bricht vielleicht ins Freie bald hervor! Und was mich erst als Furcht und Sorg' umgeben, Entscheidet sich, indem es mich vernichtet, Und droht Vernichtung aller Welt umher. Gerichtsrat. Du jammerst mich! Das Schicksal einer Welt Verkuendest du nach deinem Schmerzgefuehl. Und schien dir nicht die Erde froh und gluecklich, Als du, ein heitres Kind, auf Blumen schrittest? Eugenie. Wer hat es reizender als ich gesehn, Der Erde Glueck mit allen seinen Blueten. Ach, alles um mich her, es war so reich, So voll und rein, und was der Mensch bedarf, Es schien zur Lust, zum Ueberfluss gegeben. Und wem verdankt' ich solch ein Paradies? Der Vaterliebe dankt' ich's, die, besorgt Ums Kleinste, wie ums Groesste, mich verschwendrisch Mit Prachtgenuessen zu erdruecken schien Und meinen Koerper, meinen Geist zugleich, Ein solches Wohl zu tragen, bildete. Wenn alles weichlich Eitle mich umgab, Ein wonniges Behagen mir zu schmeicheln, So rief mich ritterlicher Trieb hinaus, Zu Ross und Wagen, mit Gefahr zu kaempfen. Oft sehnt' ich mich in ferne Weiten hin, Nach fremder Lande seltsam neuen Kreisen. Dorthin versprach der edle Vater mich, Ans Meer versprach er mich zu fuehren, hoffte Sich meines ersten Blicks ins Unbegrenzte Mit liebevollem Anteil zu erfreun-- Da steh' ich nun und schaue weit hinaus, Und enger scheint mich's, enger zu umschliessen. O Gott, wie schraenkt sich Welt und Himmel ein, Wenn unser Herz in seinen Schranken banget! Gerichtsrat. Unselige! Die mir aus deinen Hoehen, Ein Meteor, verderblich niederstreifst Und meiner Bahn Gesetz beruehrend stoerst! Auf ewig hast du mir den heitren Blick Ins volle Meer getruebt. Wenn Phoebus nun Ein feuerwallend Lager sich bereitet, Und jedes Auge von Entzuecken traent, Da werd' ich weg mich wenden, werde dich Und dein Geschick beweinen. Fern am Rande Des nachtumgebnen Ozeans erblick' ich Mit Not und Jammer deinen Pfad umstrickt! Entbehrung alles noetig lang Gewohnten, Bedraengnis neuer Uebel, ohne Flucht. Der Sonne gluehendes Geschoss durchdringt Ein feuchtes, kaum der Flut entrissnes Land. Um Niederungen schwebet, gift'gen Brodens, Blaudunst'ger Streifen angeschwollne Pest. Im Vortod seh' ich, matt und hingebleicht, von Tag zu Tag ein Kummerleben schwanken. O die so bluehend, heiter vor mir steht, Sie soll so frueh langsamen Tods verschwinden! Eugenie. Entsetzen rufst du mir hervor! Dorthin? Dorthin verstoesst man mich! In jenes Land, Als Hoellenwinkel mir von Kindheit auf In grauenvollen Zuegen dargestellt. Dorthin, wo sich in Suempfen Schlang' und Tiger Durch Rohr und Dorngeflechte tueckisch draengen, Wo, peinlich quaelend, als belebte Wolken Um Wandrer sich Insektenscharen ziehn, Wo jeder Hauch des Windes, unbequem Und schaedlich, Stunden raubt und Leben kuerzt. Zu bitten dacht' ich; flehend siehst du nun Die Dringende. Du kannst, du wirst mich retten. Gerichtsrat. Ein maechtig ungeheurer Talisman Liegt in den Haenden deiner Fuehrerin. Eugenie. Was ist Gesetz und Ordnung? Koennen sie Der Unschuld Kindertage nicht beschuetzen? Wer seid denn ihr, die ihr mit leerem Stolz Durchs Recht Gewalt zu baend'gen euch beruehmt? Gerichtsrat. In abgeschlossnen Kreisen lenken wir Gesetzlich streng das in der Mittelhoehe Des Lebens wiederkehrend Schwebende. Was droben sich in ungemessnen Raeumen Gewaltig seltsam hin und her bewegt, Belebt und toetet ohne Rat und Urteil, Das wird nach anderm Mass, nach andrer Zahl Vielleicht berechnet, bleibt uns raetselhaft. Eugenie. Und ist das alles? Hast du weiter nichts Zu sagen, zu verkuenden? Gerichtsrat. Nichts! Eugenie. Ich glaub' es nicht! Ich darf's nicht glauben. Gerichtsrat. Lass, o lass mich fort! Soll ich als feig, als unentschlossen gelten? Bedauern, jammern? Soll nicht irgendhin Mit kuehner Hand auf deine Rettung deuten? Doch laege nicht in dieser Kuehnheit selbst Fuer mich die graesslichste Gefahr, von dir Verkannt zu werden? Mit verfehltem Zweck Als frevelhaft unwuerdig zu erscheinen? Eugenie. Ich lasse dich nicht los, den mir das Glueck, Mein altes Glueck, vertraulich zugesendet. Mich hat's von Jugend auf gehegt, gepflegt, Und nun im rauen Sturme sendet mir's Den edlen Stellvertreter seiner Neigung. Sollt' ich nicht sehen, fuehlen, dass du teil An mir und meinem Schicksal nimmst? Ich stehe Nicht ohne Wirkung hier: Du sinnst! Du denkst!-- Im weiten Kreise rechtlicher Erfahrung Schaust du zu meinen Gunsten um dich her. Noch bin ich nicht verloren! Ja, du suchst Ein Mittel, mich zu retten; hast es wohl Schon ausgefunden! Mir bekennt's dein Blick, Dein tiefer, ernster, freundlich trueber Blick. O kehre dich nicht weg! O sprich es aus, Ein hohes Wort, das mich zu heilen toene! Gerichtsrat. So wendet voll Vertrauen zum Arzte sich Der tief Erkrankte, fleht um Linderung, Fleht um Erhaltung schwer bedrohter Tage; Als Gott erscheint ihm der erfahrne Mann. Doch ach! Ein bitter, unertraeglich Mittel Wird nun geboten. Ach! Soll ihm vielleicht Der edlen Glieder grausame Verstuemmlung, Verlust statt Heilung angekuendigt werden? Gerettet willst du sein! Zu retten bist du, Nicht herzustellen. Was du warst, ist hin, Und was du sein kannst, magst du's uebernehmen? Eugenie. Um Rettung aus des Todes Nachtgewalt, Um dieses Lichts erquickenden Genuss, Um Sicherheit des Daseins ruft zuerst Aus tiefer Not ein Halbverlorner noch. Was dann zu heilen sei, was zu erstatten, Was zu vermissen, lehre Tag um Tag. Gerichtsrat. Und naechst dem Leben, was erflehst du dir? Eugenie. Des Vaterlandes vielgeliebten Boden! Gerichtsrat. Du forderst viel im einz'gen, grossen Wort! Eugenie. Ein einzig Wort enthaelt mein ganzes Glueck. Gerichtsrat. Den Zauberbann, wer wagt's, ihn aufzuloesen? Eugenie. Der Tugend Gegenzauber siegt gewiss! Gerichtsrat. Der obern Macht ist schwer zu widerstehen. Eugenie. Allmaechtig ist sie nicht, die obre Macht. Gewiss! Dir gibt die Kenntnis jener Formen, Fuer Hohe wie fuer Niedre gleich verbindlich, Ein Mittel an. Du laechelst. Ist es moeglich! Das Mittel ist gefunden! Sprich es aus! Gerichtsrat. Was hilf' es, meine Beste, wenn ich dir Von Moeglichkeiten spraeche! Moeglich scheint Fast alles unsern Wuenschen; unsrer Tat Setzt sich von innen wie von aussen viel, Was sie durchaus unmoeglich macht, entgegen. Ich kann, ich darf nicht reden, lass mich los! Eugenie. Und wenn du taeuschen solltest!--Waere nur Fuer Augenblicke meiner Phantasie Ein zweifelhafter, leichter Flug vergoennt! Ein Uebel um das andre biete mir! Ich bin gerettet, wenn ich waehlen kann. Gerichtsrat. Ein Mittel gibt es, dich im Vaterland Zurueckzuhalten. Friedlich ist's und manchem Erschien' es auch erfreulich. Grosse Gunst Hat es vor Gott und Menschen. Heil'ge Kraefte Erheben's ueber alle Willkuer. Jedem, Der's anerkennt, sich's anzueignen weiss, Verschafft es Glueck und Ruhe. Vollbestand Erwuenschter Lebensgueter sind wir ihm, So wie der Zukunft hoechste Bilder schuldig. Als allgemeines Menschengut verordnet's Der Himmel selbst und liess dem Glueck, der Kuehnheit Und stiller Neigung Raum, sich's zu erwerben. Eugenie. Welch Paradies in Raetseln stellst du dar? Gerichtsrat. Der eignen Schoepfung himmlisch Erdenglueck. Eugenie. Was hilft mein Sinnen! Ich verwirre mich! Gerichtsrat. Erraetst du's nicht, so liegt es fern von dir. Eugenie. Das zeige sich, sobald du ausgesprochen. Gerichtsrat. Ich wage viel! Der Ehstand ist es! Eugenie. Wie? Gerichtsrat. Gesprochen ist's, nun ueberlege du. Eugenie. Mich ueberrascht, mich aengstet solch ein Wort. Gerichtsrat. Ins Auge fasse, was dich ueberrascht. Eugenie. Mir lag es fern in meiner frohen Zeit, Nun kann ich seine Naehe nicht ertragen; Die Sorge, die Beklemmung mehrt sich nur. Von meines Vaters, meines Koenigs Hand Musst' ich dereinst den Braeutigam erwarten. Voreilig schwaermte nicht mein Blick umher, Und keine Neigung wuchs in meiner Brust. Nun soll ich denken, was ich nie gedacht, Und fuehlen, was ich sittsam weg gewiesen; Soll mir den Gatten wuenschen, eh' ein Mann Sich liebenswert und meiner wert gezeigt, Und jenes Glueck, das Hymen uns verspricht, Zum Rettungsmittel meiner Not entweihen. Gerichtsrat. Dem wackern Mann vertraut ein Weib getrost, Und waer' er fremd, ein zweifelhaft Geschick. Der ist nicht fremd, wer teilzunehmen weiss, Und schnell verbindet ein Bedraengter sich Mit seinem Retter. Was im Lebensgange Dem Gatten seine Gattin fesselnd eignet, Ein Sicherheitsgefuehl, ihr werd' es nie An Rat und Trost, an Schutz und Hilfe fehlen, Das floesst im Augenblick ein kuehner Mann Dem Busen des Gefahr umgebnen Weibes Durch Wagetat auf ew'ge Zeiten ein. Eugenie. Und mir, wo zeigte sich ein solcher Held? Gerichtsrat. Der Maenner Schar ist gross in dieser Stadt. Eugenie. Doch allen bin und bleib' ich unbekannt. Gerichtsrat. Nicht lange bleibt ein solcher Blick verborgen! Eugenie. O taeusche nicht ein leicht betrognes Hoffen! Wo faende sich ein Gleicher, seine Hand Mir, der Erniedrigten, zu reichen? Duerft' ich Dem Gleichen selbst ein solches Glueck verdanken? Gerichtsrat. Ungleich erscheint im Leben viel, doch bald Und unerwartet ist es ausgeglichen. In ew'gem Wechsel wiegt ein Wohl das Weh Und schnelle Leiden unsre Freuden auf. Nichts ist bestaendig! Manches Missverhaeltnis Loest unbemerkt, indem die Tage rollen, Durch Stufenschritte sich in Harmonie. Und ach! Den groessten Abstand weiss die Liebe, Die Erde mit dem Himmel, auszugleichen. Eugenie. In leere Traeume denkst du mich zu wiegen. Gerichtsrat. Du bist gerettet, wenn du glauben kannst. Eugenie. So zeige mir des Retters treues Bild. Gerichtsrat. Ich zeig' ihn dir, er bietet seine Hand! Eugenie. Du! Welch ein Leichtsinn ueberraschte dich? Gerichtsrat. Entschiedne bleibt auf ewig mein Gefuehl. Eugenie. Der Augenblick, vermag er solche Wunder? Gerichtsrat. Das Wunder ist des Augenblicks Geschoepf. Eugenie. Und Irrtum auch der Uebereilung Sohn. Gerichtsrat. Ein Mann, der dich gesehen, irrt nicht mehr. Eugenie. Erfahrung bleibt des Lebens Meisterin. Gerichtsrat. Verwirren kann sie, doch das Herz entscheidet. O lass dir sagen: Wie vor wenig Stunden, Ich mit mir selbst zu Rate ging und mich So einsam fuehlte, meine ganze Lage, Vermoegen, Stand, Geschaeft ins Auge fasste Und um mich her nach einer Gattin sann, Da regte Phantasie mir manches Bild, Die Schaetze der Erinnrung sichtend, auf, Und wohlgefaellig schwebten sie vorueber. Zu keiner Wahl bewegte sich mein Herz. Doch du erscheinest, ich empfinde nun, Was ich bedurfte. Dies ist mein Geschick. Eugenie. Die Fremde, Schlechtumgebne, Missempfohlne, Sie koennte frohen, stolzen Trost empfinden, Sich so geschaetzt, sich so geliebt zu sehn; Bedaechte sie nicht auch des Freundes Glueck, Des edlen Manns, der unter allen Menschen Vielleicht zuletzt ihr Hilfe bieten mag. Betruegst du dich nicht selbst? Und wagst du, dich Mit jener Macht, die mich bedroht, zu messen? Gerichtsrat. Mit jener nicht allein!--Dem Ungestuem Des rohen Drangs der Menge zu entgehn, Hat uns ein Gott den schoensten Port bezeichnet. Im Hause, wo der Gatte sicher waltet, Da wohnt allein der Friede, den vergebens Im Weiten du da draussen suchen magst. Unruh'ge Missgunst, grimmige Verleumdung, Verhallendes, parteiisches Bestreben, Nicht wirken sie auf diesen heil'gen Kreis! Vernunft und Liebe hegen jedes Glueck, Und jeden Unfall mildert ihre Hand. Komm! Rette dich zu mir! Ich kenne mich! Und weiss, was ich versprechen darf und kann. Eugenie. Bist du in deinem Hause Fuerst? Gerichtsrat. Ich bin's! Und jeder ist's, der Gute wie der Boese. Reicht eine Macht denn wohl in jenes Haus, Wo der Tyrann die holde Gattin kraenkt, Wenn er nach eignem Sinn verworren handelt, Durch Launen, Worte, Taten jede Lust Mit Schadenfreude sinnreich untergraebt? Wer trocknet ihre Traenen? Welch Gesetz, Welch Tribunal erreicht den Schuldigen? Er triumphiert, und schweigende Geduld Senkt nach und nach, verzweifelnd, sie ins Grab. Notwendigkeit, Gesetz, Gewohnheit gaben Dem Mann so grobe Rechte; sie vertrauten Auf seine Kraft, auf seinen Biedersinn.-- Nicht Heldenfaust, nicht Heldenstamm, geliebte, Verehrte Fremde, weiss ich dir zu bieten; Allein des Buergers hohen Sicherstand. Und bist du mein, was kann dich mehr beruehren? Auf ewig bist du mein, versorgt, beschuetzt. Der Koenig fordre dich von mir zurueck; Als Gatte kann ich mit dem Koenig rechten. Eugenie. Vergib! Mir schwebt noch allzu lebhaft vor, Was ich verscherzte! Du, Grossmuetiger, Bedenkest nur, was mir noch uebrig blieb. Wie wenig ist es! Dieses Wenige Lehrst du mich schaetzen, gibst mein eignes Wesen Durch dein Gefuehl belebend mir zurueck. Verehrung zoll' ich dir. Wie soll ich's nennen? Dankbare, schwesterlich entzueckte Neigung! Ich fuehle mich als dein Geschoepf und kann Dir leider, wie du wuenschest, nicht gehoeren. Gerichtsrat. So schnell versagst du dir und mir die Hoffnung? Eugenie. Das Hoffnungslose kuendet schnell sich an! Dritter Auftritt Die Vorigen. Hofmeisterin. Hofmeisterin. Dem guenst'gen Wind gehorcht die Flotte schon. Die Segel schwellen, alles eilt hinab. Die Scheidenden umarmen traenend sich, Und von den Schiffen, von dem Strande wehn Die weissen Tuecher noch den letzten Gruss. Bald lichtet unser Schiff die Anker auch! Komm! Lass uns gehen! Uns begleitet nicht Ein Scheidegruss, wir ziehen unbeweint. Gerichtsrat. Nicht unbeweint, nicht ohne bittern Schmerz Zurueckgelassner Freunde, die nach euch Die Arme rettend strecken. O! Vielleicht Erscheint, was ihr im Augenblick verschmaeht, Euch blad ein sehnsuchtswertes, fernes Bild. (Zu Eugenie.) Vor wenigen Minuten nannt' ich dich Entzueckt willkommen! Soll ein Lebewohl Behend auf ewig unsre Trennung siegeln? Hofmeisterin. Der Unterredung Inhalt, ahn' ich ihn? Gerichtsrat. Zum ew'gen Bunde siehst du mich bereit. Hofmeisterin (zu Eugenie). Und wie erkennst du solch ein gross Erbieten? Eugenie. Mit hoechst geruehrten Herzens reinstem Dank. Hofmeisterin. Und ohne Neigung, diese Hand zu fassen? Gerichtsrat. Zur Hilfe bietet sie sich dringend an. Eugenie. Das Naechste steht oft unergreifbar fern. Hofmeisterin. Ach! Fern von Rettung stehn wir nur zu bald. Gerichtsrat. Und hast du kuenftig Drohendes bedacht? Eugenie. Sogar das letzte Drohende, den Tod. Hofmeisterin. Ein angebotnes Leben schlaegst du aus? Gerichtsrat. Erwuenschte Feier froher Bundestage? Eugenie. Ein Fest versaeumt' ich, keins erscheint mir wieder. Hofmeisterin. Gewinnen kann, wer viel verloren, schnell. Gerichtsrat. Noch glaenzendem ein dauerhaft Geschick. Eugenie. Hinweg die Dauer, wenn der Glanz verlosch. Hofmeisterin. Der Moegliches bedenkt, laesst sich genuegen. Gerichtsrat. Und wem genuegte nicht an Lieb' und Treue? Eugenie. Den Schmeichelworten widerspricht mein Herz, Und widerstrebt euch beiden ungeduldig. Gerichtsrat. Ach, allzu laestig scheint, ich weiss es wohl, Uns unwillkommne Hilfe! Sie erregt Nur innern Zwiespalt. Danken moechten wir, Und sind undankbar, da wir nicht empfangen. Drum lasst mich scheiden! Doch des Hafenbuergers Gebrauch und Pflicht vorher an euch erfuellen, Aufs unfruchtbare Meer von Landesgaben Zum Lebewohl Erquickungsvorrat widmen. Dann werd' ich stehen, werde starren Blicks Geschwollne Segel ferner, immer ferner, Und Glueck und Hoffnung weichend schwinden sehn. Vierter Auftritt Eugenie. Hofmeisterin. Eugenie. In deiner Hand, ich weiss es, ruht mein Heil, Sowie mein Elend. Lass dich ueberreden! Lass dich erweichen! Schiffe mich nicht ein! Hofmeisterin. Du lenkest nun, was uns begegnen soll, Du hast zu waehlen! Ich gehorche nur Der starken Hand, sie stoesst mich vor sich hin. Eugenie. Und nennst du Wahl, wenn Unvermeidliches Unmoeglichem sich gegenueberstellt? Hofmeisterin. Der Bund ist moeglich, wie der Bann vermeidlich. Eugenie. Unmoeglich ist, was Edle nicht vermoegen. Hofmeisterin. Fuer diesen biedern Mann vermagst du viel. Eugenie. In bessre Lagen fuehre mich zurueck; Und sein Erbieten lohn' ich grenzenlos. Hofmeisterin. Ihm lohne gleich, was ihn allein belohnt: Zu hohen Stufen heb' ihn deine Hand! Wenn Tugend, wenn Verdienst den Tuechtigen Nur langsam foerdern, wenn er, still entsagend Und kaum bemerkt sich andern widmend, strebt, So fuehrt ein edles Weib ihn leicht ans Ziel. Hinunter soll kein Mann die Blicke wenden; Hinauf zur hoechsten Frauen kehr' er sich! Gelingt es ihm, sie zu erwerben, schnell Geebnet zeigt des Lebens Pfad sich ihm. Eugenie. Verwirrender, verfaelschter Worte Sinn Entwickl' ich wohl aus deinen falschen Reden, Das Gegenteil erkenn' ich nur zu klar: Der Gatte zieht sein Weib unwiderstehlich In seines Kreises abgeschlossne Bahn. Dorthin ist sie gebannt, sie kann sich nicht Aus eigner Kraft besondre Wege waehlen; Aus niedrem Zustand fuehrt er sie hervor, Aus hoehern Sphaeren lockt er sie hernieder. Verschwundne ist die fruehere Gestalt, Verloschen jede Spur vergangner Tage. Was sie gewann, wer will es ihr entreissen? Was sie verlor, wer gibt es ihr zurueck? Hofmeisterin. So bricht du grausam dir und mir den Stab. Eugenie. Noch forscht mein Blick nach Rettung hoffnungsvoll. Hofmeisterin. Der Liebende verzweifelt; kannst du hoffen? Eugenie. Ein kalter Mann verlieh' uns bessern Rat. Hofmeisterin. Von Rat und Wahl ist keine Rede mehr; Du stuerzest mich ins Elend, folge mir! Eugenie. O dass ich dich noch einmal freundlich hold Vor meinen Augen saehe, wie du stets Von frueher Zeit herauf mich angeblickt! Der Sonne Glanz, die alles Leben regt, Des klaren Monds erquicklich leiser Schein Begegneten mir holder nicht als du. Was konnt' ich wuenschen? Vorbereitet war's. Was durft' ich fuerchten? Abgelehnt war alles! Und zog sich ins Verborgne meine Mutter Vor ihres Kindes Blicken frueh zurueck, So reichtest du ein ueberfliessend Mass Besorgter Mutterliebe mir entgegen. Bist du denn ganz verwandelt? Aeusserlich Erscheinst du mir die Vielgeliebte selber; Doch ausgewechselt ist, so scheint's, dein Herz-- Du bist es noch, die ich um Kleines und Grosses So oft gebeten, die mir nichts verweigert. Gewohnter Ehrfurcht kindliches Gefuehl, Es lehrt mich nun, das Hoechste zu erbitten. Und koennt' es mich erniedrigen, dich nun An Vaters, Koenigs, dich an Gottes Statt Gebognen Knies um Rettung anzuflehen? (Sie kniet.) Hofmeisterin. In dieser Lage scheinst du meiner nur Verstellt zu spotten. Falschheit ruehrt mich nicht. (Hebt Eugenie mit Heftigkeit auf.) Eugenie. So hartes Wort, so widriges Betragen, Erfahr' ich das, erleb' ich das von dir? Und mit Gewalt verscheuchst du meinen Traum. Im klaren Lichte seh' ich mein Geschick! Nicht meine Schuld, nicht jener Grossen Zwist, Des Bruders Tuecke hat mich hergestossen, Und, mitverschworen, haeltst du mich gebannt. Hofmeisterin. Dein Irrtum schwankt nach allen Seiten hin. Was will der Bruder gegen dich beginnen? Den boesen Willen hat er, nicht die Macht. Eugenie. Sei's, wie ihm wolle! Noch verschmacht' ich nicht In ferner Wueste hoffnungslosen Raeumen. Ein lebend Volk bewegt sich um mich her, Ein liebend Volk, das auch den Vaternamen Entzueckt aus seines Kindes Mund vernimmt. Die fordr' ich auf. Aus roher Menge kuendet Ein maecht'ger Ruf mir meine Freiheit an. Hofmeisterin. Die rohe Menge hast du nie gekannt, Sie starrt und staunt und zaudert, laesst geschehn; Und regt sie sich, so endet ohne Glueck, Was ohne Plan zufaellig sie begonnen. Eugenie. Den Glauben wirst du mir mit kaltem Wort Nicht, wie mein Glueck mit frecher Tag, zerstoeren. Dort unten hoff' ich Leben, aus dem Leben, Dort, wo die Masse, taetig stroemend, wogt, Wo jedes Herz, mit wenigem befriedigt, Fuer holdes Mitleid gern sich oeffnen mag. Du haeltst mich nicht zurueck! Ich rufe laut, Wie furchtbar mich Gefahr und Not bedraengen, Ins wuehlende Gemisch mich stuerzend, aus. Fuenfter Aufzug (Platz am Hafen.) Erster Auftritt Eugenie. Hofmeisterin. Eugenie. Mit welchen Ketten fuehrst du mich zurueck? Gehorch! Ich wider Willen diesmal auch! Fluchwuerdige Gewalt der Stimme, die Mich einst so glatt zur Folgsamkeit gewoehnte, Die meines ersten bildsamen Gefuehls Im ganzen Umfang sich bemeisterte! Du warst es, der ich dieser Worte Sinn Zuerst verdanke, dieser Sprache Kraft Und kuenstliche Verknuepfung; diese Welt Hab' ich aus deinem Munde, ja, mein eignes Herz. Nun brauchst du diesen Zauber gegen mich, Du fesselst mich, du schleppst mich hin und wider, Mein Geist verwirrt sich, mein Gefuehl ermattet, Und zu den Toten sehn' ich mich hinab. Hofmeisterin. O haette diese Zauberkraft gewirkt, Von jenen hohen Plaenen abzustehn. Eugenie. Du ahntest solch ungeheures Uebel Und warntest nicht den allzu sichern Mut? Hofmeisterin. Wohl durft' ich warnen, aber leise nur; Die ausgesprochne Silbe trug den Tod. Eugenie. Und hinter deinem Schweigen lag Verbannung! Ein Todeswort, willkommner war es mir. Hofmeisterin. Dies Unglueck, vorgesehen oder nicht, Hat mich und dich in gleiches Netz verschlungen. Eugenie. Was kann ich wissen, welch ein Lohn dir wird, Um deinen armen Zoegling zu verderben. Hofmeisterin. Er wartet wohl am fremden Strande mein! Das Segel schwillt und fuehrt uns beide hin. Eugenie. Noch hat das Schiff in seine Kerker nicht Mich aufgenommen. Sollt' ich willig gehen? Hofmeisterin. Und riefst du nicht das Volk zur Hilfe schon? Es staunte nur dich an und schwieg und ging. Eugenie. Mit ungeheurer Not im Kampfe, schien Ich dem gemeinen Blick des Wahnsinns Beute. Doch sollst du mir mit Worten, mit Gewalt Den mut'gen Schritt nach Hilfe nicht verkuemmern. Die Ersten dieser Stadt erheben sich Aus ihren Haeusern dem Gestadte zu, Die Schiffe zu bewundern, die gereiht, Uns unerwuenscht das hohe Meer gewinnen. Schon regt sich am Palast des Gouverneurs Die Wache. Jener ist es, der die Stufen, Von mehreren begleitet, niedersteigt. Ich will ihn sprechen, ihm den Fall erzaehlen! Und ist er wert, an meines Koenigs Platz Den wichtigsten Geschaeften vorzustehn, So weist er mich nicht unerhoert von hinnen. Hofmeisterin. Ich hindre dich an diesem Schritte nicht, Doch nennst du keinen Namen, nur die Sache. Eugenie. Den Namen nicht, bis ich vertrauen darf. Hofmeisterin. Es ist ein edler junger Mann und wird, Was er vermag, mit Anstand gern gewaehren. Zweiter Auftritt Die Vorigen. Der Gouverneur. Adjutanten. Eugenie. Dir in den Weg zu treten, darf ich's wagen? Wirst du der kuehnen Fremden auch verzeihn? Gouverneur (nachdem er sie aufmerksam betrachtet). Wer sich wie du dem ersten Blick empfiehlt, Der ist gewiss des freundlichsten Empfangs. Eugenie. Nicht froh und freundlich ist es, was ich bringe, Entgegen treibt mich dir die hoechste Not. Gouverneur. Ist, sie zu heben, moeglich, sei mir's Pflicht; Ist sie auch nur zu lindern, soll's geschehn. Eugenie. Von hohem Haus entspross die Bittende; Doch leider ohne Namen tritt sie auf. Gouverneur. Ein Name wird vergessen; dem Gedaechtnis Schreibt solch ein Bild sich unausloeschlich ein. Eugenie. Gewalt und List entreissen, fuehren, draengen Mich von des Vaters Brust ans wilde Meer. Gouverneur. Wer durfte sich an diesem Friedensbild Mit ungeweihter Feindeshand vergreifen? Eugenie. Ich selbst vermute nur! Mich ueberrascht Aus meinem eignen Hause dieser Schlag. Von Eigennutz und boesem Rat geleitet, Sann mir ein Bruder dies Verderben aus, Und diese hier, die mich erzogen, steht, Mir unbegreiflich, meinen Feinden bei. Hofmeisterin. Ihr steh' ich bei und mildre grosses Uebel, Das ich zu heilen leider nicht vermag. Eugenie. Ich soll zu Schiffe steigen, fordert sie! Nach jenen Ufern fuehrt sie mich hinueber! Hofmeisterin. Geb' ich auf solchem Weg ihr das Geleit, So zeigt es Liebe, Muttersorgfalt an. Gouverneur. Verzeiht, geschaetzte Frauen, wenn ein Mann, Der, jung an Jahren, manches in der Welt Gesehn und ueberlegt, im Augenblick, Da er euch sieht und hoert, bedenklich stutzt. Vertrauen scheint ihr beide zu verdienen, Und ihr misstraut einander beide selbst, So scheint es wenigstens. Wie soll ich nun Des wunderbaren Knotens Raetselschlinge, Die euch umstrickt, zu loesen uebernehmen? Eugenie. Wenn du mich hoeren willst, vertrau' ich mehr. Hofmeisterin. Auch ich vermoechte manches zu erklaeren. Gouverneur. Dass uns mit Fabeln oft ein Fremder taeuscht, Muss auch der Wahrheit schaden, wenn wir sie In abenteuerlicher Huelle sehn. Eugenie. Misstraust du mir, so bin ich ohne Hilfe. Gouverneur. Und traut' ich auch, ist doch zu helfen schwer. Eugenie. Nur zu den Meinen sende mich zurueck. Gouverneur. Verlorne Kinder aufzunehmen, gar Entwendete, verstossne zu beschuetzen, Bringt wenig Dank dem wohl gesinnten Mann. Um Gut und Erbe wird sogleich ein Streit, Um die Person, ob sie die rechte sei, Gehaessig aufgeregt, und wenn Verwandte Ums Mein und dein gefuehllos hadern, trifft Den Fremden, der sich eingemischt, der Hass Von beiden Teilen, und nicht selten gar, Weil ihm der strengere Beweis nicht glueckt, Steht er zuletzt auch vor Gericht beschaemt. Verzeih mir also, wenn ich nicht sogleich Mit Hoffnung dein Gesuch erwidern kann. Eugenie. Ziemt eine solche Furcht dem edlen Mann, Wohin soll sich ein Unterdrueckter wenden? Gouverneur. Doch wenigstens entschuldigst du gewiss Im Augenblick, wo ein Geschaeft mich ruft, Wenn ich auf morgen fruehe dich hinein In meine Wohnung lade, dort genauer Das Schicksal zu erfahren, das dich draengt. Eugenie. Mit Freuden werd' ich kommen. Nimm voraus Den lauten Dank fuer meine Rettung an! Hofmeisterin (die ihm ein Papier ueberreicht). Wenn wir auf deine Ladung nicht erscheinen, So ist dies Blatt Entschuldigung genug. Gouverneur (der es aufmerksam eine Weile angesehn, es zurueckgebend). So kann ich freilich nur beglueckte Fahrt, Ergebung ins Geschick und Hoffnung wuenschen. Dritter Auftritt Eugenie. Hofmeisterin. Eugenie. Ist dies der Talisman, mit dem du mich Entfuehrst, gefangen haeltst, der alle Guten, Die sich zu Hilfe mir bewegen, laehmt? Lass mich es ansehn, dieses Todesblatt! Mein Elend kenn' ich, nun, so lass mich auch, Wer es verhaengen konnte, lass mich's wissen. Hofmeisterin (die das Blatt offen darzeigt). Hier! Sieh herein. Eugenie (sich weg wendend). Entsetzliches Gefuehl! Und ueberlebt' ich's, wenn des Vaters Name, Des Koenigs Name mir entgegen blitzte? Noch ist die Taeuschung moeglich, dass verwegen Ein Kronbeamter die Gewalt missbraucht Und, meinem Bruder froenend, mich verletzt. Da bin ich noch zu retten. Eben dies Will ich erfahren! Zeige her! Hofmeisterin (wie oben). Du siehst's! Eugenie (wie oben). Der Mut verlaesst mich! Nein, ich wag' es nicht. Sei's, wie es will, ich bin verloren, bin Aus allem Vorteil dieser Welt gestossen; Entsag' ich denn auf ewig dieser Welt! O dies vergoennst du mir! Du willst es ja, Die Feinde wollen meinen Tod, sie wollen Mich lebend eingescharrt. Vergoenne mir, Der Kirche mich zu naehern, die begierig So manch unschuldig Opfer schon verschlang. Hier ist der Tempel; diese Pforte fuehrt Zu stillem Jammer, wie zu stillem Glueck. Lass diesen Schritt mich ins Verborgne tun! Was mich daselbst erwartet, sei mein Los. Hofmeisterin. Ich sehe, die Aebtissin steigt, begleitet Von zwei der Ihren, zu dem Platz herab; Auch sie ist jung, von hohem Haus entsprossen; Entdeck' ihr deinen Wunsch, ich hindr' es nicht. Vierter Auftritt Die Vorigen. Aebtissin. Zwei Nonnen. Eugenie. Betaeubt, verworren, mit mir selbst entzweit Und mit der Welt, verehrte heil'ge Jungfrau, Siehst du mich hier. Die Angst des Augenblicks, Die Sorge fuer die Zukunft treiben mich In deine Gegenwart, in der ich Lindrung Des ungeheuren Uebels hoffen darf. Aebtissin. Wenn Ruhe, wenn Besonnenheit und Friede Mit Gott und unserm eigenen Herzen sich Mitteilen laesst, so soll es, edle Fremde, Nicht fehlen an der Lehre treuem Wort, Dir einzufloessen, was der Meinen Glueck Und meins fuer heut' sowie auf ewig foerdert. Eugenie. Unendlich ist mein Uebel, schwerlich moecht' Es durch der Worte goettliche Gewalt Sogleich zu heilen sein. O nimm mich auf Und lass mich weilen, wo du weilst, mich erst In Traenen loesen diese Bangigkeit Und mein erleichtert Herz dem Troste weihen! Aebtissin. Wohl hab' ich oft im heiligen Bezirk Der Erde Traenen sich in goettlich Laecheln Verwandeln sehn, in himmlisches Entzuecken, Doch draengt man sich gewaltsam nicht herein; Gar manche Pruefung muss die neue Schwester Und ihren ganzen Wert uns erst entwickeln. Hofmeisterin. Entschiedner Wert ist leicht zu kennen, leicht, Was du bedingen moechtest, zu erfuellen. Aebtissin. Ich zweifle nicht am Adel der Geburt, Nicht am Vermoegen, dieses Hauses Rechte, Die gross und wichtig sind, dir zu gewinnen. Drum lasst mich bald vernehmen, was ihr denkt. Eugenie. Gewaehre meine Bitte, nimm mich auf! Verbirg mich vor der Welt im tiefsten Winkel. Und meine ganze Habe nimm dahin. Ich bringe viel und hoffe mehr zu leisten. Aebtissin. Kann uns die Jugend, uns die Schoenheit ruehren, Ein edles Wesen, spricht's an unser Herz, So hast du viele Rechte, gutes Kind. Geliebte Tochter! Komm an meine Brust! Eugenie. Mit diesem Wort, mit diesem Herzensdruck Besaenftigst du auf einmal alles Toben Der aufgeregten Brust. Die letzte Welle Umspielt mich weichend noch. Ich bin im Hafen. Hofmeisterin (dazwischen tretend). Wenn nicht ein grausam Schicksal widerstuende! Betrachte dieses Blatt, uns zu beklagen. (Sie reicht der Aebtissin das Blatt.) Aebtissin (die gelesen). Ich muss dich tadeln, dass du wissentlich So manch vergeblich Wort mit angehoert. Ich beuge vor der hoeheren Hand mich tief, Die hier zu walten scheint. Fuenfter Auftritt Eugenie. Hofmeisterin. Eugenie. Wie? Hoehre Hand? Was meint die Heuchlerin? Versteht sie Gott? Der himmlisch Hoechste hat gewiss nicht hier Mit dieser Freveltat zu tun. Versteht Sie unsern Koenig? Wohl! Ich muss es dulden, Was dieser ueber mich verhaengt. Allein Ich will nicht mehr in Zweifel, zwischen Furcht Und Liebe schweben, will nicht weibisch mehr, Indem ich untergehe, noch des Herzens Und seiner weichlichen Gefuehle schonen. Es breche, wenn es brechen soll, und nun Verlang' ich, dieses Blatt zu sehen, sei Von meinem Vater, sei von meinem Koenig Das Todesurteil unterzeichnet. Jener Gereizten Gottheit, die mich niederschmettert, Will ich getrost ins Auge schauend stehn. O dass ich vor ihr stuende! Fuerchterlich Ist der bedraengten Unschuld letzter Blick. Hofmeisterin. Ich hab' es nie verweigert, nimm es hin. Eugenie (das Papier von aussen ansehend). Das ist des Menschen wunderbar Geschick, Dass bei dem groessten Uebel noch die Furcht Vor feinerem Verlust ihm uebrig bleibt. Sind wir so reich, ihr Goetter, dass ihr uns Mit einem Schlag nicht alles rauben koennt? Des Lebens Glueck entriss mir dieses Blatt, Und laesst mich groesseren Jammer noch befuerchten. (Sie entfaltet's.) Wohlan! Getrost, mein Herz, und schaudre nicht, Die Neige dieses bittren Kelchs zu schluerfen. (Blickt hinein.) Des Koenigs Hand und Siegel! Hofmeisterin (die ihr das Blatt abnimmt). Gutes Kind, Bedaure mich, indem du dich bejammerst. Ich uebernahm das traurige Geschaeft, Der Allgewalt Befehl vollzieh' ich nur, Um dir in deinem Elend beizustehn, Dich keiner fremden Hand zu ueberlassen. Was meine Seele peinigt, was ich noch Von diesem schrecklichen Ereignis kenne, Erfaehrst du kuenftig. Jetzt verzeihe mir, Wenn mich die eiserne Notwendigkeit, Uns unverzueglich einzuschiffen, zwingt. Sechster Auftritt Eugenie allein, hernach Hofmeisterin im Grunde. Eugenie. So ist mir denn das schoenste Koenigreich, Der Hafenplatz, von Tausenden belebt, Zur Wueste worden, und ich bin allein. Hier sprechen edle Maenner nach Gesetzen, Und Krieger lauschen auf gemessnes Wort. Hier flehen heilig Einsame zum Himmel; Beschaeftigt strebt die Menge nach Gewinn. Und mich verstoesst man ohne Recht und Urteil, Nicht eine Hand bewaffnet sich fuer mich, Man schliesst mir die Asyle, niemand mag Zu meinen Gunsten wenig Schritte wagen. Verbannung! Ja, des Schreckensworts Gewicht Erdrueckt mich schon mit allen seinen Lasten. Schon fuehl' ich mich ein abgestorbnes Glied, Der Koerper, der gesunde, stoesst mich los. Dem selbstbewussten Toten gleich' ich, der, Ein Zeuge seiner eigenen Bestattung, Gelaehmt, in halbem Traeume, grausend liegt. Entsetzliche Notwendigkeit! Doch wie? Ist mir nicht eine Wahl verstattet? Kann Ich nicht des Mannes Hand ergreifen, der Mir, einzig edel, seine Hilfe beut?-- Und koennt' ich das? Ich koennte die Geburt, Die mich so hoch hinaufgerueckt, verleugnen! Von allem Glanze jener Hoffnung mich Auf ewig trennen! Das vermag ich nicht! O fasse mich, Gewalt, mit ehrnen Faeusten! Geschick, du blindes, reisse mich hinweg! Die Wahl ist schwerer als das Uebel selbst, Die zwischen zweien Uebeln schwankend bebt. (Hofmeisterin, mit Leuten, welche Gepaecke tragen, geht schweigend hinten vorbei.) Sie kommen! Tragen meine Habe fort, Das Letzte, was von koestlichem Besitz Mir uebrig blieb. Wird es mir auch geraubt? Man bringt's hinueber, und ich soll ihm nach. Ein guenst'ger Wind bewegt die Wimpel seewaerts, Bald werd' ich alle Segel schwellen sehn. Die Flotte loeset sich vom Hafen ab! Und nun das Schiff, das mich Unsel'ge traegt. Man kommt! Man fordert mich an Bord. O Gott! Ist denn der Himmel ehern ueber mir? Dringt meine Jammerstimme nicht hindurch? So sei's! Ich gehe! Doch mich soll das Schiff In seines Kerkers Raeume nicht verschlingen. Das letzte Brett, das mich hinueberfuehrt, Soll meiner Freiheit erste Stufe werden. Empfangt mich dann, ihr Wellen, fasst mich auf, Und, fest umschlingend, senket mich hinab In eures tiefen Friedens Grabesschoss. Und wenn ich dann vom Unbill dieser Welt Nichts mehr zu fuerchten habe, spuelt zuletzt Mein bleiches Gebein dem Ufer zu, Dass eine fromme Seele mir das Grab Auf heim'schem Boden wohlgesinnt bereite. (Mit einigen Schritten.) Wohlan denn! (Haelt inne.) Will mein Fuss nicht mehr gehorchen? Was fesselt meinen Schritt, was haelt mich hier? Unsel'ge Liebe zum unwuerd'gen Leben! Du fuehrest mich zum harten Kampf zurueck. Verbannung, Tod, Entwuerdigung umschliessen Mich fest und aengsten mich einander zu. Und wie ich mich von einem schaudernd wende, So grinst das andre mir mit Hoellenblick. Ist denn kein menschlich, ist kein goettlich Mittel, Von tausendfacher Qual mich zu befreien? O dass ein einzig ahnungsvolles Wort Zufaellig aus der Menge mir ertoente! O dass ein Friedensvogel mir vorbei Mit leisem Fittich leitend sich bewegte! Gern will ich hin, wohin das Schicksal ruft; Es deute nur! Und ich will glaeubig folgen. Es winke nur! Ich will dem heil'gen Winke, Vertrauend, hoffend, ungesaeumt mich fuegen. Siebenter Auftritt Eugenie. Moench. Eugenie (die eine Zeitlang vor sich hingesehen, indem sie die Augen aufhebt und den Moench erblickt). Ich darf nicht zweifeln, ja! Ich bin gerettet! Ja! Dieser ist's, der mich bestimmen soll. Gesendet auf mein Flehn, erscheint er mir, Der Wuerdige, Bejahrte, dem das Herz Beim ersten Blick vertraut entgegen flieht. (Ihm entgegen gehend.) Mein Vater! Lass den ach! Mir nun versagten, Verkuemmerten, verbotnen Vaternamen Auf dich, den edlen Fremden, uebertragen. Mit wenig Worten hoere meine Not. Nicht als dem weisen, wohl bedaecht'gen Mann, Dem Gott begabten Greise leg' ich sie Mit schmerzlichem Vertraun dir an die Brust. Moench. Was dich bedraengt, eroeffne freien Mutes. Nicht ohne Schickung trifft der Leidende Mit dem zusammen, der als hoechste Pflicht Die Linderung der Leiden ueben soll. Eugenie. Ein Raestel statt der Klagen wirst du hoeren, Und ein Orakel fordr' ich, keinen Rat. Zu zwei verhassten Zielen liegen mir Zwei Wege vor den Fuessen, einer dorthin, Hierhin der andre; welchen soll ich waehlen? Moench. Du fuehrst mich in Versuchung! Soll ich nur Als Los entscheiden? Eugenie. Als ein heilig Los. Moench. Begreif' ich dich, so hebt aus tiefer Not Zu hoehern Regionen sich dein Blick. Erstorben ist im Herzen eigner Wille, Entscheidung hoffst du dir vom Waltenden. Ja wohl! Das ewig Wirkende bewegt, Uns unbegreiflich, dieses oder jenes Als wie von ungefaehr zu unserm Wohl, Zum Rate, zur Entscheidung, zum Vollbringen, Und wie getragen werden wir ans Ziel. Dies zu empfinden, ist das hoechste Glueck, Es nicht zu fordern, ist bescheidne Pflicht, Es zu erwarten, schoener Trost im Leiden. O waer' ich doch gewuerdigt, nun fuer dich, Was dir am besten frommte, vorzufuehlen! Allein die Ahnung schweigt in meiner Brust, Und kannst du mehr nicht mir vertraun, so nimm Ein fruchtlos Mitleid hin zum Lebewohl. Eugenie. Schiffbruechig fass' ich noch die letzte Planke! Dich halt' ich fest und sage wider Willen Zum letzten Mal das hoffnungslose Wort: Aus hohem Haus entsprossen, werd' ich nun Verstossen, uebers Meer verbannt und koennte Mich durch ein Ehebuendnis retten, das ZU niedren Sphaeren mich herunterzieht. Was sagt nun dir das Herz? Verstummt es noch? Moench. Es schweige, bis der pruefende Verstand Sich als ohnmaechtig selbst bekennen muss. Du hast nur Allgemeines mir vertraut, Ich kann dir nur das Allgemeine raten. Bist du zur Wahl genoetigt unter zwei Verhassten Uebeln, fasse sie ins Auge Und waehle, was dir noch den meisten Raum Zu heil'gem Tun und wirken uebrig laesst, Was deinen Geist am wenigsten begrenzt, Am wenigsten die frommen Taten fesselt. Eugenie. Die Ehe, merk' ich, raetst du mir nicht an. Moench. Nicht eine solche, wie sie dich bedroht. Wie kann der Priester segnen, wenn das Ja Der holden Braut nicht aus dem Herzen quillt. Er soll nicht Widerwaert'ges aneinander Zu immer neu erzeugtem Streite ketten; Den Wunsch der Liebe, die zum All das Eine, Zum Ewigen das Gegenwaertige, Das Fluechtige zum Dauernden erhebt, Den zu erfuellen, ist kein goettlich Amt. Eugenie. Ins Elend uebers Meer verbannst du mich. Moench. Zum Troste jener drueben ziehe hin. Eugenie. Wie soll' ich troesten, wenn ich selbst verzweifle? Moench. Ein reines Herz, wovon dein Blick mir zeugt, Ein edler Mut, ein hoher, freier Sinn Erhaltne dich und andre, wo du auch Auf dieser Erde wandelst. Wenn du nun, In fruehen Jahren ohne Schuld verbannt, Durch heil'ge Fuegung fremde Fehler buessest, So fuehrst du wie ein ueberirdisch Wesen, Der Unschuld Glueck und Wunderkraefte mit. So ziehe denn hinueber! Trete frisch In jenen Kreis der Traurigen. Erheitre Durch dein Erscheinen jene truebe Welt. Durch maecht'ges Wort, durch kraeft'ge Tat errege Der tief gebeugten Herzen eigne Kraft; Vereine die Zerstreuten um dich her, Verbinde sie einander, alle dir; Erschaffe, was du hier verliern sollst, Dir Stamm und Vaterland und Fuerstentum. Eugenie. Getraust du zu tun, was du gebietest? Moench. Ich tat's!--Als jungen Mann entfuehrte schon Zu wilden Staemmen mich der Geist hinueber. Ins rohe Leben bracht' ich milde Sitte, Ich brachte Himmelshoffnung in den Tod. O haett' ich nicht, verfuehrt von treuer Neigung, Dem Vaterland zu nuetzen, mich zurueck Zu dieser Wildnis frechen Staedtelebens, Zu diesem Wust verfeinerter Verbrechen, Zu diesem Pfuhl der Selbstigkeit gewendet! Hier fesselt mich des Alters Unvermoegen, Gewohnheit, Pflichten; ein Geschick vielleicht, Das mir die schwerste Pruefung spaet bestimmt. Du aber, jung, von allen Banden frei, Gestossen in das Weite, dringe vor Und rette dich! Was du als Elend fuehlst, Verwandelt sich in Wohltat! Eile fort! Eugenie. Eroeffne klarer! Was befuerchtest du? Moench. Im Dunklen draengt das Kuenft'ge sich heran, Das kuenftig Naechste selbst erscheinet nicht Dem offnen Blick der Sinne, des Verstands. Wenn ich beim Sonnenschein durch diese Strassen Bewundernd wandle, der Gebaeude Pracht, Die felsengleich getuermten Massen schaue, Der Plaetze Kreis, der Kirchen edlen Bau, Des Hafens masterfuellten Raum betrachte; Das scheint mir alles fuer die Ewigkeit Gegruendet und geordnet; diese Menge Gewerksam Taetiger, die hin und her In diesen Raeumen wogt, auch die verspricht, Sich unvertilgbar ewig herzustellen. Allein wenn dieses grosse Bild bei Nacht In meines Geistes Tiefen sich erneut, Da stuermt ein Brausen durch die duestre Luft, Der feste Boden wankt, die Tuerme schwanken, Gefugte Steine loesen sich herab, Und so zerfaellt in ungeformten Schutt Die Prachterscheinung. Wenig Lebendes Durchklimmt bekuemmert neu entstanden Huegel, Und jeder Truemmer deutet auf ein Grab. Das Element zu baendigen, vermag Ein tief gebeugt, vermindert Volk nicht mehr, Und rastlos wiederkehrend, fuellt die Flut Mit Sand und Schlamm des Hafens Becken aus, Eugenie, Die Nacht entwaffnet erst den Menschen, dann Bekaempft sie ihn mit nichtigem Gebild. Moench. Ach! Bald genug steigt ueber unsern Jammer Der Sonne trueb gedaempfter Blick heran. Du aber fliehe, die ein guter Geist Verbannend segnete. Leb' wohl und eile! Achter Auftritt Eugenie (allein). Vom eignen Elend leitet man mich ab, Und fremden Jammer prophezeit man mir. Doch waer' es fremd, was deinem Vaterland Begegnen soll? Dies faellt mit neuer Schwere Mir auf die Brust! Zum gegenwaert'gen Uebel Soll ich der Zukunft Geistesbuerden tragen? So ist's denn wahr, was in der Kindheit schon Mir um das Ohr geklungen, was ich erst Erhorcht, erfragt und nun zuletzt sogar Aus meines Vaters, meines Koenigs Mund Vernehmen musste! Diesem Reiche droht Ein jaeher Umsturz. Die zum grossen Leben Gefugten Elemente wollen sich Nicht wechselseitig mehr mit Liebeskraft Zu stets erneuter Einigkeit umfangen. Sie fliehen sich, und einzeln tritt nun jedes Kalt in sich selbst zurueck. Wo blieb der Ahnherrn Gewalt'ger Geist, der sie zu einem Zweck Vereinigte, die feindlich kaempfenden? Der diesem grossen Volk als Fuehrer sich, Als Koenig und als Vater dargestellt? Er ist entschwunden! Was uns uebrig bleibt, Ist ein Gespenst, das mit vergebnem Streben Verlorenen Besitz zu greifen waehnt. Und solche Sorge naehm' ich mit hinueber? Entzoege mich gemeinsamer Gefahr? Entfloehe der Gelegenheit, mich kuehn Der hohen Ahnen wuerdig zu beweisen, Und jeden, der mich ungerecht verletzt, In boeser Stunde hilfreich zu beschaemen? Nun bist du, Boden meines Vaterlands, Mir erst ein Heiligtum, nun fuehl' ich erst Den dringenden Beruf, mich anzuklammern. Ich lasse dich nicht los, und welches Band Mich dir erhalten kann, es ist nun heilig. Wo find' ich jenen gut gesinnten Mann, Der mir die Hand so traulich angeboten? An ihn will ich mich schliessen! Im Verborgnen Verwahr' er mich, als reinen Talisman. Denn, wenn ein Wunder auf der Welt geschieht, Geschieht's durch liebevolle, treue Herzen. Die Groesse der Gefahr betracht' ich nicht, Und meine Schwaeche darf ich nicht bedenken; Das alles wird ein guenstiges Geschick Zu rechter Zeit auf hohe Zwecke leiten. Und wenn mein Vater, mein Monarch mich einst Verkannt, verstossen, mich vergessen, soll Erstaunt ihr Blick auf der Erhaltnen ruhn, Die das, was sie im Gluecke zugesagt, Aus tiefem Elend zu erfuellen strebt. Er kommt! Ich seh' ihm freundiger entgegen, Als ich ihn liess. Er kommt. Er sucht mich auf! Zu scheiden denkt er--bleiben werd' ich ihm. Neunter Auftritt Eugenie. Gerichtsrat. Ein Knabe mit einem schoenen Kaestchen. Gerichtsrat. Schon ziehn die Schiffe nacheinander fort, Und bald, so fuercht' ich, wirst auch du berufen. Empfange noch ein herzlich Lebewohl Und eine frische Gabe, die auf langer Fahrt Beklommnen Reisenden Erquickung atmet. Gedenke mein! O dass du meiner nicht Am boesen Tage sehnsuchtsvoll gedenkest! Eugenie. Ich nehme dein Geschenk mit Freuden an, Es buergt mir deine Neigung, deine Sorgfalt; Doch send' es eilig in dein Haus zurueck! Und wenn du denkst, wie du gedacht, empfindest, Wie du empfunden, wenn dir meine Freundschaft Genuegen kann, so folg' ich dir dahin. Gerichtsrat (nach einer Pause, den Knaben durch einen Wink entfernend). Ist's moeglich? Haette sich zu meiner Gunst In kurzer Zeit dein Wille so veraendert? Eugenie. Er ist veraendert! Aber denke nicht, Dass Bangigkeit mich dir entgegen treibe. Ein edleres Gefuehl, lass mich's verbergen! Haelt mich am Vaterland, an dir zurueck. Nun sei's gefragt: Vermagst du hohen Muts Entsagung der Entsagenden zu weihen? Vermagst du zu versprechen, mich als Bruder Mit reiner Neigung zu empfangen? Mir, Der liebevollen Schwester, Schutz und Rat Und stille Lebensfreude zu gewaehren? Gerichtsrat. Zu tragen glaub' ich alles, nur das eine, Dich zu verlieren, da ich dich gefunden, Erscheint mir unertraeglich. Dich zu sehen, Dir nah zu sein, fuer dich zu leben, waere Mein einzig hoechstes Glueck. Und so bedinge Dein Herz allein das Buendnis, das wir schliessen. Eugenie. Von dir allein gekannt, muss ich fortan, Die Welt vermeidend, im Verborgnen leben. Besitzest du ein still entferntes Landgut, So widm' es mir und sende mich dahin. Gerichtsrat. Ein kleines Gut besitz' ich, wohl gelegen; Doch alt und halb verfallen ist das Haus. Du kannst jedoch in jener Gegend bald Die schoenste Wohnung finden, sie ist feil. Eugenie. Nein! In das alt verfallne lass mich ziehn, Zu meiner Lager stimmt es, meinem Sinn. Und wenn er sich erheitert, find' ich gleich Der Taetigkeit bereiten Stoff und Raum. Sobald ich mich die deine nenne, lass, Von irgend einem alten zuverlaess'gen Knecht Begleitet, mich in Hoffnung einer kuenft'gen Beglueckung Auferstehung mich begraben. Gerichtsrat. Und zum besuch, wann darf ich dort erscheinen? Eugenie. Du wartest meinen Ruf geduldig ab. Auch solch ein Tag wird kommen, uns vielleicht Mit ernsten Banden enger zu verbinden. Gerichtsrat. Du legest mir zu schwere Pruefung auf. Eugenie. Erfuelle deine Pflichten gegen mich; Dass ich die meinen kenne, sei gewiss. Indem du, mich zu retten, deine Hand Mir bietest, wagst du viel. Werd' ich entdeckt, Werd' ich's zu frueh, so kannst du vieles dulden. Ich sage dir das tiefste Schweigen zu; Woher ich komme, niemand soll's erfahren, Ja, die entfernten Leiben will ich nur Im Geist besuchen, keine Zeile soll, Kein Bote dort mich nennen, wo vielleicht Zu meinem Heil ein Funke gluehen moechte. Gerichtsrat. In diesem wicht'gen Fall, was soll ich sagen? Uneigennuetz'ge Liebe kann der Mund Mit Frechheit oft beteuern, wenn im Herzen Der Selbstsucht Ungeheuer lauschend grinst. Die Tat allein beweist der Liebe Kraft. Indem ich dich gewinne, soll ich allem Entsagen, deinem Blick sogar! Ich will's. Wie du zum ersten Male mir erschienen, Erscheinst du bleibend mir, ein Gegenstand Der Neigung, der Verehrung. Deinetwillen Wuensch' ich zu leben, du gebietest mir. Und wenn der Priester sich sein Leben lang Der unsichtbaren Gottheit niederbeugt, Die im beglueckten Augenblick vor ihm Als hoechstes Musterbild vorueberging, So soll von deinem Dienste mich fortan, Wie du dich auch verhuellest, nichts zerstreun. Eugenie. Ob ich vertraue, dass dein Aeussres nicht, Nicht deiner Worte Wohllaut luegen kann; Dass ich empfinde, welch ein Mann du bist, Gerecht, gefuehlvoll, taetig, zuverlaessig, Davon empfange den Beweis, den hoechsten, Den eine Frau besonnen geben kann! Ich zaudre nicht, ich eile, dir zu folgen! Hier meine Hand; wir gehen zum Altar. ***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE NATUERLICHE TOCHTER*** ******* This file should be named 10426.txt or 10426.zip ******* This and all associated files of various formats will be found in: https://www.gutenberg.org/1/0/4/2/10426 Updated editions will replace the previous one--the old editions will be renamed. Creating the works from public domain print editions means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you charge for the eBooks, unless you receive specific permission. 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INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance with this agreement, and any volunteers associated with the production, promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works, harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees, that arise directly or indirectly from any of the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause. Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of electronic works in formats readable by the widest variety of computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from people in all walks of life. Volunteers and financial support to provide volunteers with the assistance they need, is critical to reaching Project Gutenberg-tm's goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will remain freely available for generations to come. In 2001, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation web page at https://www.pglaf.org. Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at https://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state's laws. The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered throughout numerous locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation's web site and official page at https://pglaf.org For additional contact information: Dr. Gregory B. Newby Chief Executive and Director gbnewby@pglaf.org Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide spread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. Many small donations ($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt status with the IRS. The Foundation is committed to complying with the laws regulating charities and charitable donations in all 50 states of the United States. Compliance requirements are not uniform and it takes a considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up with these requirements. We do not solicit donations in locations where we have not received written confirmation of compliance. To SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state visit https://pglaf.org While we cannot and do not solicit contributions from states where we have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition against accepting unsolicited donations from donors in such states who approach us with offers to donate. International donations are gratefully accepted, but we cannot make any statements concerning tax treatment of donations received from outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff. Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation methods and addresses. Donations are accepted in a number of other ways including including checks, online payments and credit card donations. To donate, please visit: https://pglaf.org/donate Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works. Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be freely shared with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper edition. Each eBook is in a subdirectory of the same number as the eBook's eBook number, often in several formats including plain vanilla ASCII, compressed (zipped), HTML and others. Corrected EDITIONS of our eBooks replace the old file and take over the old filename and etext number. The replaced older file is renamed. VERSIONS based on separate sources are treated as new eBooks receiving new filenames and etext numbers. Most people start at our Web site which has the main PG search facility: https://www.gutenberg.org This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, including how to make donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. EBooks posted prior to November 2003, with eBook numbers BELOW #10000, are filed in directories based on their release date. If you want to download any of these eBooks directly, rather than using the regular search system you may utilize the following addresses and just download by the etext year. http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext06 (Or /etext 05, 04, 03, 02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90) EBooks posted since November 2003, with etext numbers OVER #10000, are filed in a different way. The year of a release date is no longer part of the directory path. The path is based on the etext number (which is identical to the filename). The path to the file is made up of single digits corresponding to all but the last digit in the filename. For example an eBook of filename 10234 would be found at: https://www.gutenberg.org/1/0/2/3/10234 or filename 24689 would be found at: https://www.gutenberg.org/2/4/6/8/24689 An alternative method of locating eBooks: https://www.gutenberg.org/GUTINDEX.ALL *** END: FULL LICENSE ***