The Project Gutenberg eBook of Kampf und Tod Karls des Zwölften: Historische Erzählungen This ebook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this ebook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you will have to check the laws of the country where you are located before using this eBook. Title: Kampf und Tod Karls des Zwölften: Historische Erzählungen Author: Verner von Heidenstam Translator: Gustaf Bergman Release date: February 12, 2021 [eBook #64524] Language: German Credits: The Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK KAMPF UND TOD KARLS DES ZWÖLFTEN: HISTORISCHE ERZÄHLUNGEN *** Anmerkungen zur Transkription Das Original ist in Fraktur gesetzt. Im Original gesperrter Text ist _so ausgezeichnet_. Im Original in Antiqua gesetzter Text ist ~so markiert~. Weitere Anmerkungen zur Transkription befinden sich am Ende des Buches. [Illustration: Cover] Langens Mark-Bücher Band 21 Langens Mark-Bücher Eine Sammlung moderner Literatur Einundzwanzigster Band Verner von Heidenstam Kampf und Tod Karls des Zwölften [Illustration: Signet] Albert Langen, München Verner von Heidenstam Kampf und Tod Karls des Zwölften Historische Erzählungen [Illustration: Signet] Albert Langen, München Die in diesem Bändchen veröffentlichten drei Erzählungen stellen Proben dar aus dem großen Werke: Verner von Heidenstam Karl XII. und seine Krieger Historische Erzählungen Deutsch von Gustaf Bergman Zwei einzeln käufliche Bände Umschlag- und Titelzeichnungen von W. Schulz Einbandzeichnung von Felger Preis jedes Bandes geheftet 4 Mark, gebunden 6 Mark, in Leder 15 Mark Verlag von Albert Langen in München ~Copyright 1917 by Albert Langen, Munich~ Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung vorbehalten Albert Langen Verner von Heidenstam Inhalt Seite Das befestigte Haus 7 Der Königsritt 32 Fredrikshall 75 Das befestigte Haus Von der Winterkälte überrumpelt, hatten die Schweden in Gedränge und Wirrwarr hinter den Mauern von Hadjatsch Quartier genommen. Da fand sich bald kein Haus mehr, das nicht von Frostkranken und Sterbenden gefüllt war. Das Jammergeschrei hörte man auf der Straße, und hie und da lagen daneben auf den Treppenstufen abgeschnittene Finger, Füße und Beine. Die Fuhrwerke waren ineinander festgefahren und standen vom Stadttor bis zum Markt so dicht aufeinander gepackt, daß die bleichgefrorenen Soldaten, die von allen Seiten herbeiströmten, zwischen den Rädern und Kufen durchkriechen mußten. In ihr Sattelzeug verstrickt, vom Winde abgewandt und mit weißgefrorenen Lenden, standen die Pferde seit mehreren Tagen ohne Futter. Niemand kümmerte sich um sie, und einige von den Troßkutschern saßen totgefroren, die Hände in die Ärmel gesteckt. Einige Wagen glichen langen Kasten oder Särgen, und aus der Luke des flachen Deckels stierten düstere Gesichter hervor, die im Gebetbuch lasen oder fieberkrank und sehnsuchtsvoll nach den schützenden Häusern schauten. Tausend Unglückliche riefen halblaut oder im Stillen Gott um Barmherzigkeit an. An der Innenseite längs der Stadtmauer standen die Soldaten reihenweise tot, viele mit roten Kosakenröcken über den zerrissenen, schwedischen Uniformen und mit Schaffellen um die nackten Füße. Waldtauben und Spatzen, die so steifgefroren waren, daß man sie mit den Händen fangen konnte, hatten sich auf die Hüte und Schultern der aufrechtstehenden Leichen gesetzt und schlugen mit den Flügeln, wenn die Feldprediger vorbeigingen, um einem Sterbenden das Abendmahl in Branntwein zu geben. Oben am Markt lag zwischen abgebrannten Grundstücken ein größeres Haus, aus dem man laute Stimmen hörte. Ein Soldat gab einem Fähnrich ein Reisigbündel, das in der Tür stand und als der Soldat die Straße hinunter zurückging, zuckte er mit den Achseln und sagte dem, der ihn hören wollte: »Es sind nur die Herren von der Kanzlei, die sich zanken!« Der Fähnrich an der Tür war soeben mit den Truppen Lewenhaupts angekommen. Er trug das Reisigbündel ins Zimmer hinein und warf es auf den Herd. Die Stimmen drinnen verstummten sogleich, aber sobald er die Tür hinter sich zugemacht hatte, begannen sie mit erneutem Eifer. Es war Exzellenz Piper selbst, die mitten im Zimmer stand, mit runzeligem und gefurchtem Gesicht, mit erhitzten Wangen und zitternden Nasenflügeln. »Ich sage, daß das Ganze Wahnsinn ist,« brach er los, »Wahnsinn, Wahnsinn!« Hermelin mit seiner spitzigen Nase bewegte beständig die Augen und Hände und lief im Zimmer hin und her, wie eine kleine zahme Ratte, aber der Feldmarschall Rhensköld, der schön und stattlich am Herd stand, pfiff und summte vor sich hin. Wenn er nicht gepfiffen und gesummt hätte, würde das Zanken jetzt zu Ende gewesen sein, denn alle waren sie für diesmal vollständig einig, aber dieses, daß er pfiff und summte, statt zu schweigen oder wenigstens zu sprechen, das war mit der Zeit unerträglich. Lewenhaupt am Fenster schnupfte und trommelte mit der Schnupftabaksbüchse. Seine pfefferbraunen Augen schossen aus dem Kopf, und es sah aus, als wäre seine lächerliche Perücke größer und immer größer geworden. Wenn Rhensköld nicht fortgefahren hätte, zu pfeifen und zu summen, würde er sich beherrscht haben, heute wie gestern und alle anderen Male, aber jetzt stieg ihm der Zorn zu Kopfe, er schlug die Tabakbüchse zum letzten Male zu und murmelte zwischen den Zähnen: »Ich verlange nicht, daß Seine Majestät was von Staatskunst begreifen soll. Aber kann er Truppen führen? Zeigt er wirkliches Verständnis bei einer einzigen ~rencontre~ oder ~attaque~? Geübte und alte Krieger, die nie ersetzt werden können, opfert er täglich für eine eitle ~bravour~. Sollen unsere Leute eine Mauer erstürmen, wird es für überflüssig gehalten, daß sie sich schützende Reisigbündel oder Schirme binden, und deshalb werden sie auch armselig massakriert. Offen gesagt, meine verehrten Herren, einem ~studiosus upsaliensis~ kann ich manchen Bubenstreich verzeihen, aber von einem Feldherrn ~in castris~ fordere ich was anderes. Es wird wahrlich niemand zum Vorteil gereichen, eine ~affaire~ unter dem Kommando eines solchen Herrn zu führen.« »Auch inkommodiert Seine Majestät,« antwortete Piper, »gegenwärtig den Herrn General nicht mit irgendwelchen schwierigen Befehlen. Im Anfang, ehe der eine sich mehr als der andere ausgezeichnet hatte, ging alles besser, aber jetzt muß Seine Majestät herumgehen und vermitteln und versöhnen, mit einem blödsinnigen Lächeln, das einen zur Raserei bringen kann.« Er hob die Arme in die Höhe, mit einem Zorn, dem jede Besinnung und jedes Maß fehlte, ungeachtet dessen, daß er mit Lewenhaupt ganz einig war. Während er noch redete, wendete er sich um und ging heftig seines Weges nach den inneren Zimmern. Die Tür schlug mit einem solchen Knall zu, daß Rhensköld sich noch mehr veranlaßt fühlte, zu pfeifen und zu summen. Wenn er doch nur etwas hätte sagen wollen! Aber nein, das tat er nicht. Gyllenkrok, der am Tisch saß und die Marschroute prüfte, war glühheiß im Gesicht, und ein kleiner, trockener Herr an seiner Seite flüsterte ihm gereizt ins Ohr: »Ein Paar Diamantohrringe an die Gräfin von Piper würden vielleicht Lewenhaupt noch zu neuen Anstellungen verhelfen.« Falls Rhensköld jetzt aufgehört hätte, zu pfeifen und zu summen, hätte Lewenhaupt sich noch bemeistern und die Papierrolle, die er unter dem Rock trug, aufheben und sich ans Tischende setzen können, aber statt dessen wurde der ehrwürdige und sonst wortkarge Mann böser und böser. Er wandte sich unschlüssig um und ging nach dem Ausgang, dort blieb er aber mit einemmal stehen, richtete sich auf und schlug die Hacken zusammen, als wäre er ein geringer Gemeiner. Jetzt wurde Rhensköld still. Die Tür ging auf. Ein eisiger Windzug drang in die Kammer, und der Fähnrich meldete mit so hoher und gedehnter Stimme wie eine Schildwache, die ihre Kameraden ins Gewehr ruft: »Sei--i--ne Majestät!« Der König war nicht mehr das geblendete und verwunderte, halberwachsene Kind von ehedem. Nur die knabenähnliche Gestalt mit den schmalen Schultern war dieselbe. Der Rock war rußig und schmutzig. Die Falte um die aufgeworfene Oberlippe war tiefer und ein wenig grinsend geworden. Auf der Nase und der einen Wange hatte er Frostwunden, und die Augenlider waren gerändert und von langwieriger Erkältung geschwollen, aber um das zu früh kahl gewordene Haupt stand das aufgekämmte Haar wie eine zackige Krone. Er hielt die Pelzmütze in beiden Händen und suchte seine Verlegenheit und Scheu hinter einer steifen und kühlen Geziertheit zu verbergen und verbeugte sich lächelnd vor jedem der Anwesenden. Sie verbeugten sich jedesmal noch tiefer, und als er bis mitten ins Zimmer gekommen war, blieb er stehen und verbeugte sich noch ein paarmal nach den Seiten, obwohl ein wenig schneller und scheinbar ganz und gar mit dem beschäftigt, was er sozusagen dachte. Danach blieb er eine Weile stumm stehen. Sodann ging er zu Rhensköld vor und nahm ihn mit einer kurzen Verbeugung an einem der Rockknöpfe: »Ich möchte bitten,« sagte er, »daß Exzellenz mir zwei bis drei Mann von den Gemeinen verschafft zur Deckung bei einer kleinen Exkursion. Ich habe schon zwei Trabanten mit.« »Aber Majestät! Die Gegend ist von Kosaken überschwemmt. Es war schon ein Wagstück, vom Quartier Eurer Majestät hierher in die Stadt zu reiten mit so kleiner Bedeckung.« »Oh, Lappalien! Lappalien! Exzellenz soll tun was ich gesagt habe. Jemand von den anwesenden Generalen, der frei ist, kann auch aufsitzen und einen Mann von den Seinen mitnehmen.« Lewenhaupt verbeugte sich. Der König betrachtete ihn ein wenig zaghaft, ohne zu antworten, und blieb stehen, nachdem Rhensköld hinausgeeilt war. Niemand von den anderen im Ring hielt es für gebührlich, das Schweigen zu brechen oder sich zu bewegen. Erst nach einer ganz langen Weile verbeugte sich der König wieder vor jedem einzelnen und ging hinaus ins Freie. »Na,« fragte Lewenhaupt und klopfte dem Fähnrich mit wiedergewonnener Natürlichkeit auf die Schulter. »Herr Fähnrich soll mitkommen! Das ist das erstemal, daß der Fähnrich Aug in Aug mit Seiner Majestät gestanden hat.« »Ich hatte ihn mir anders vorgestellt.« »Er ist immer so. Er ist zu königlich, um zu befehlen.« Sie folgten dem König, der über Wagen und gestürzte Tiere kletterte. Seine Bewegungen waren gewandt, aber niemals hastig, sondern maßvoll und ziemlich langsam, so daß er keinen Augenblick seine Würde verlor. Als er sich schließlich durch das Gedränge im Stadttor den Weg gebahnt hatte, stieg er mit seinem Gefolge, das sich jetzt auf sieben Mann belief, in den Sattel. Die Pferde glitten auf der Eisstraße aus, und einige stürzten, aber Lewenhaupts Einwendungen lockten den König nur, die Sporen noch herzloser zu benutzen. Der Lakai Hultman hatte ihm die ganze Nacht laut vorgelesen oder Märchen erzählt und ihn schließlich mit der Wahrsagung zum Lachen gebracht, daß er, wäre er nicht von Gott zum König erkoren, sein ganzes Leben lang ein menschenscheuer Stubenhocker geworden wäre, der viel wunderlichere Verse als der selige Messenius in Disa auf »Bollhuset« ausgedacht hätte, vor allem aber die gewaltigsten Kampfgesänge. Er versuchte, an Rolf Götriksson zu denken, der immer selbst zuvorderst vor seinen Leuten ritt, aber es wollte ihm heute nicht glücken, seine Gedanken in die Spielstube der Sage einzuschließen. Die Unruhe, die in der letzten Zeit ihre Krallen in sein Gemüt geschlagen hatte, wollte die königliche Beute nicht loslassen. Er hatte jetzt eben auf der Kanzlei die erhitzten Gesichter gesehen. Von den Aufzügen der Kinderjahre her noch immer in seiner eignen früheren Einbildungswelt gefangen, war er für die schrillen Notschreie am Wege taub und wurde mißtrauisch gegen jeden, der ein empfindliches Gehör zeigte. Heute wie auch sonst merkte er kaum, daß man ihm das ausgeruhteste Pferd und das frischste Brot angeboten hatte, daß man am Morgen einen Beutel mit fünfhundert Dukaten in seine Tasche gesteckt hatte und daß die Reiter beim ersten Tumult einen Ring um ihn schlagen und sich dem Tod weihen würden, den er herausforderte. Dagegen merkte er, daß die Soldaten ihn mit einem unheimlichen Schweigen grüßten, und die Mißgeschicke hatten ihn sogar gegen seine Nächsten mißtrauisch gemacht. Der vorsichtigste Widerspruch, die verdeckteste Mißbilligung bemerkte er, ohne sich zu verraten, und jedes Wort lag da und nagte an seiner Seele. Es deuchte ihn, als ob er mit jeder Stunde einen Offizier verliere, auf den er früher vertraut hatte, und sein Herz wurde immer kälter. Sein gekränkter Ehrgeiz krümmte sich und blutete unter der Last des Mißlingens, und er atmete leichter, je weiter er das Hauptquartier hinter sich ließ. Plötzlich blieb Lewenhaupt stehen und drehte um, in der Hoffnung, auf den König einwirken zu können. »Mein guter Ajax!« sagte er und streichelte das dampfende Pferd. »Wohl bist du ein alter Krippenbeißer, aber ich kann dich für nichts und wieder nichts nicht voranjagen, und selbst fange ich an zu altern wie du. Aber in Jesu Namen, ihr Kerle! Es folge dem König, wer kann!« Als er den ängstlichen Seitenblick des Fähnrichs nach dem König hin sah, äußerte er mit gedämpfter Stimme: »Sei ruhig, mein Junge! Seine Majestät braust nie auf, wie wir anderen. Er ist zu königlich, um schimpfen oder zanken zu können.« Der König tat, als ob er nichts merke. Wilder und wilder setzte er über Eis und Schnee den stummen Wettritt ohne Ziel und Sinn fort. Er hatte jetzt nur vier Begleiter. Eine Weile später stürzte das eine Pferd mit gebrochenem Vorderbein, und der Reiter schoß ihm aus Barmherzigkeit eine Kugel durchs Ohr, um nachher selbst allein und zu Fuß in der Kälte ungewissen Schicksalen entgegenzugehen. Schließlich war der Fähnrich der einzige, der dem König zu folgen vermochte, und sie waren jetzt zwischen Gebüsch und Jungwald gekommen, wo sie nur im Schritt vorwärts konnten. Auf dem Hügel über ihnen lag ein großes und rußiges Haus mit engen Gitterlöchern und einer Mauer um den Hof. Im gleichen Augenblick fiel ein Schuß. »Wie ging das?« fragte der König und sah sich um. »Der kleine Satan pfiff nicht schlecht, als er mir am Ohr vorbeiflog, aber er biß nur in die Hutecke,« antwortete der Fähnrich, ohne die geringste Erfahrung, wie er sich dem König gegenüber verhalten sollte. Er hatte einen schwachen Smaaländischen Akzent und lachte vergnügt mit seinem ganzen hellen Gesicht. Vom Glück berauscht, so unter vier Augen mit dem, der ihm mehr als alle anderen Sterblichen schien, zusammensein zu dürfen, fuhr er fort. »Wir werden wohl da hinaufgehen und sie am Bart nehmen?« Die Antwort gefiel dem König aufs höchste, und mit einem Sprung stand er auf dem Boden. »Wir binden die Gäule hier an die Sträucher,« sagte er ausgelassen und mit starker Farbe auf den Wangen. »Sodann gehen wir hinauf und stechen jeden nieder, daß es nur so pfeift.« Sie verließen die keuchenden Pferde und kletterten vorgebeugt durch das Gebüsch hinauf. Oberhalb der Mauer blickten einige Kosakenköpfe mit hängendem Haar und gelb und grinsend wie geköpfte Missetäter herunter. »Siehe,« flüsterte der König und klatschte in die Hände. »Dort versuchen sie das morsche Tor zuzuziehen, die Fuchsschwänze!« Sein vorhin noch nichtssagender Blick wurde jetzt abwechselnd unstet, weit und glänzend. Er zog den Haudegen und hob ihn mit beiden Händen über seinen Kopf. Gleich einem Gott der Jugend stürmte er durch das halboffene Tor. Der Fähnrich, der an seiner Seite hieb und stach, war oft nahe daran, hinter ihm von seiner Waffe getroffen zu werden, und ein Musketenschuß schwärzte die rechte Schläfe des Königs. Vier Mann wurden im Torweg niedergehauen, und der fünfte der Schar floh mit einer Feuerschaufel nach dem Hof hinein, vom König verfolgt. Dort strich der König auf dem Schnee das Blut vom Degen, legte zwei Dukaten in die Feuerschaufel des Kosaken und brach in zunehmender Heiterkeit aus: »Es ist kein Pläsier, sich mit diesen Tröpfen zu schlagen, die nie zurückhauen, sondern nur laufen. Komm zurück, wenn du dir einen ordentlichen Degen erstanden hast!« Der Kosak, der nichts verstand, stierte die Goldmünzen an, schlich sich der Mauer entlang nach dem Tor und entfloh. Immer weiter und weiter draußen auf dem Felde rief er seine umherstreifenden Kameraden mit einem unheimlichen und klagenden: Ohaho! Ohaho! zusammen. Der König sang leise vor sich hin, wie um einen unsichtbaren Feind zu reizen: »Kosakenmännlein, Kosakenmännlein, sammle deine Schelme!« Die Mauern rings um den Hof waren schimmelig und schwarz. Aus dem Boden hörte man einen endlos gesponnenen Mollton wie von einer Äolsharfe, und forschend stieß der König die Tür zum Wohnhaus auf. Das bestand aus einem einzigen, großen und halbdunklen Zimmer, und vor dem Feuer lag ein Haufen blutbefleckter Kleider, die die Leichenplünderer von gefallenen Schweden genommen hatten. Die Tür wurde vom Zug wieder zugeworfen, und der König ging nach dem Stallgebäude nebenan. Da gab es keine Tür, und den Laut hörte man immer deutlicher. Drinnen im Dunkeln lag ein zu Tode gehungertes Pferd, das an eine der eisernen Ösen in der Wand gebunden war. Ein erhobener Haudegen würde den König nicht gehindert haben, aber die ungewisse Dämmerung erregte seine Einbildungskraft, daß sie ihn auf der Schwelle zum Stehen brachte. Doch ließ er sich nichts anmerken, sondern rief den Fähnrich. Sie stiegen eine steile Treppe zu einem Keller hinunter. Dort war ein Brunnen, und an dem Kran der singenden Winde, die das Wasser heraufholte, kutschierte ein tauber Kosake mit Peitsche und Zügel, ohne die geringste Ahnung einer Gefahr, eine menschliche Gestalt in schwedischer Offiziersuniform. Als sie die Stricke lösten und an die Stelle des Gefangenen den Kosaken banden, erkannten sie den Holsteiner Feuerhausen, der als Major in einem geworbenen Regiment diente, aber von den Kosaken weggeschnappt und wie ein Vieh vor ihr Wasserwerk gespannt worden war. Er kniete und stammelte in gebrochenem Schwedisch: »Majestät. Ich traue nicht meinen Augen ... Meine ~reconnaissance~ ...« Der König fiel ihm heiter ins Wort und wendete sich zum Fähnrich: »Führe die beiden Pferde hinauf in den Stall! Drei Männer können nicht behaglich auf zwei Pferden reiten, und deshalb bleiben wir hier, bis einige Kosaken vorbeikommen, denen wir ein neues Pferd nehmen können. Der Herr selbst steht Wache am Tor.« Danach ging der König nach dem Wohnhaus zurück und machte die Tür hinter sich zu. Die ausgehungerten Pferde, die gierig die Rinde von den Sträuchern nagten, wurden währenddessen in den Stall hinaufgeführt, und der Fähnrich begann Posten zu stehen. Langsam vergingen die Stunden. Als es gegen Abend ging, vergrößerte sich die Gewalt des Sturmes, und der Schnee irrte im Sonnenuntergang über die trostlosen Schneesteppen. Leichengelbe Kosakengesichter spähten über das Gebüsch, und weit draußen im Sturme tönte das Ohaho! Ohaho! Ohaho! umherstreifender Plünderer. Da trat Feuerhausen aus dem Stall, wo er zwischen den Pferden gesessen hatte, um nicht Frost in die Wunden zu bekommen, die von den Stricken herrührten, mit denen er gebunden gewesen war. Er ging an die verschlossene Tür des Wohnhauses. »Majestät!« stammelte er. »Die Kosaken sammeln sich mehr und mehr, und die Dunkelheit bricht bald an. Ich und der Fähnrich sitzen auf einem Pferd. Zögern wir hier, so wird diese Nacht die letzte der Großmächtigsten Majestät sein, was Gott durch seinen geheimen Ratschluß verhüten möge.« Der König antwortete von innen: »Es muß bei dem bleiben, was wir gesagt haben. Drei Mann reiten nicht bequem auf zwei Pferden.« Der Holsteiner schüttelte den Kopf und ging zum Fähnrich hinunter. »So ist die Majestät, Ihr verdammte Svenske! Ich habe ihn vom Stall aus hin und her gehen hören. Krankheit und Gewissensbisse sind gekommen. Wie ein ~pater familias~ steht der moskowitische Zar unter seinen Untertanen. Einen Zuckerbäckergesellen erhebt er zu seinem Freund und ein geringes Dienstmädchen auf seinen glorwürdigen Thron. ~Détestable~ sind seine Gebärden, wenn er pokuliert, und er handhabt das Frauenzimmer ~à la françois~; aber seine erste und letzte ~parole~ lautet immer: ›Auf Rußlands Wohl!‹ König Carolus verläßt seine Länder als rauchende Aschenhaufen und besitzt keinen Freund, nicht einmal unter seinen Nächsten. König Carolus ist einsamer als der ärmste Troßkutscher. Hat nicht einmal den Schoß eines Kameraden, wo er sich ausweinen kann. Unter Durchlauchten und Mätressen und Perücken kommt er wie ein Gespenst aus einem tausendjährigen Mausoleum, -- und Gespenster gehen am liebsten ohne Kompagnie. Ist er ein ~homme d'état~? Oh Gott! Keinen Sinn für das Allgemeine! Ist er Feldherr? Keinen Sinn für die Massen! Nur Brücken schlagen, Schanzkörbe stellen, in die Hände klatschen wegen einer eroberten Standarte und zweier Pauken. Keinen Sinn für Staat und Armee, nur für Menschen!« »Dafür kann man auch Sinn haben!« antwortete der Fähnrich. Er ging heftig auf und ab, und die Finger waren schon so steif vor Kälte, daß er kaum den gezogenen Haudegen halten konnte. Der Holsteiner zog den zerrissenen Rockkragen um die Backen und fuhr mit gedämpfter Stimme und eifrigen Gebärden fort: »König Carolus lacht entzückt, wenn die Brücke bricht und Menschen und Vieh elendiglich ertrinken. Kein Herz im Busen. Zum Henker mit ihm! König Carolus ist so ein kleines schwedisches ~demi-génie~, das in die Welt hinauswandert, nur trommelt und paradiert und Fiasko macht; und das Parterre pfeift. Uhi!« »Und gerade deshalb gehen die Schweden in den Tod für ihn,« antwortete der Fähnrich, »gerade deshalb.« »Nicht so hitzig, Liebster! Ich lachte ja, daß ich alle Zähne zeigte, als wir uns zuerst sahen.« »Ich höre Herrn Major gern sprechen, aber ich friere. Wollen Herr Major nicht hinaufgehen und an der Tür des Königs horchen?« Der Holsteiner ging zur Tür hinauf und horchte. Als er zurückkam, sagte er: »Er geht nur und geht und seufzt schwer wie ein Mensch in Seelenangst. So pflegt das jetzt beständig zu sein. Die Majestät schläft nie mehr des Nachts. Der Komödiant fühlt sich der Rolle nicht gewachsen, und von den Lebensqualen soll der blessierte Ehrgeiz die bitterste sein.« »Dann soll es auch das Letzte sein, was wir belachen. Darf ich den Herrn Major bitten, meine rechte Hand mit Schnee einzureiben, denn jetzt schläft sie ein.« Der Holsteiner tat, was er verlangte, und kehrte zu der Tür des Königs zurück. Er schlug sich mit beiden Händen vor die Stirn. Der graue und borstige Schnurrbart stand gerade aus, und er murmelte: »Gott! Gott! Bald wird es zur Retraite zu dunkel sein.« Der Fähnrich rief: »Lieber Herr, darf ich Sie bitten, mein Gesicht mit Schnee einzureiben. Die Backen erfrieren. Von den Schmerzen in meinem Fuß will ich nicht reden. Oh, ich halte es nicht mehr aus.« Der Holsteiner füllte die Hände mit Schnee. »Lassen Sie mich Schildwache stehen,« sagte er, »nur eine Stunde.« »Nein, nein, der König hat befohlen, daß ich hier am Eingang stehen soll.« »Ach, dieser König! Ich kenne ihn. Ich will ihn froh machen, Philosophie reden, ~histoires galantes~ erzählen. Es amüsiert ihn, immer von Liebhabern zu hören, die abenteuerlich durchs Fenster steigen! Er sieht oft das Frauenzimmer von der Seite an, wenn es schön ist. Es ist für seine Imagination da, nur nicht für sein Fleisch, denn er ist ohne Gefühl. Und er ist schüchtern. Will die Schöne ihn einmal unter ihren Seidenschuh bekommen, muß sie selbst ihn attackieren, aber tun, als ob sie flöhe, und alle die anderen müssen der ~liaison~ widerstreben. Seine allergroßmächtigste Frau Großmutter hat alles dadurch ruiniert, daß sie schrie: ›~Mariage, mariage!~‹ König Carolus ist vom Scheitel bis zur Sohle der schwedischen Königin Kristina ähnlich, obwohl er männlichen Geschlechts ist. Die beiden hätten miteinander verheiratet und auf denselben Thron gesetzt werden müssen. Das wäre ein nettes Pärchen gewesen. Oh, pfui, pfui! Ihr Schweden! Reitet ein Mann seine Pferde tot und läßt zu, daß Volk und Reich massakriert werden, er ist aber doch von reinem Herzen und ~supremus~ unter allen, sein Blut ist nur zu träge für Amouren. Oh, laßt mich in Frieden! Ich kenne reinherzige Heroen, die getreulichst in zwei, drei verschiedene Jungfrauen oder Frauen in derselben Woche verliebt waren.« »Ja, wir sind so, wir sind so. Aber um Christi Barmherzigkeit willen, reibt mir noch einmal meine Hand! Und verzeiht mir mein Jammern und mein Stöhnen.« Dicht innerhalb des Tores, das man nicht verschließen konnte, lagen die niedergehauenen Kosaken, vom Reif weiß wie Marmor. Der gelbe Himmel wurde grau, und immer mehrstimmiger und näher tönten die klagenden Rufe: »Ohaho! Ohaho! Ohaho!« Jetzt öffnete der König seine Tür und kam über den Hof herunter. Die Schmerzen im Kopf, an denen er zu leiden begann, waren durch den Ritt schlimmer geworden und machten seinen Blick schwer. Das Gesicht trug Spuren von Seelenkämpfen der Einsamkeit, aber da er sich näherte, nahm der Mund wieder sein gewöhnliches, verlegenes Lächeln an. An der Schläfe war er noch rußig von dem Musketenschuß. »Es wird kühler,« sagte er und zog einen Brotkuchen aus der Tasche hervor und brach ihn in drei Teile, so daß jeder ein gleich großes Stück bekam, wie er selbst. Dann zog er seinen Reitermantel aus und legte ihn selbst um die Schultern des wachthabenden Fähnrichs. Über seine eigene Handlung verlegen, faßte er dann den Holsteiner heftig am Arm und führte ihn über den Hof hinauf, während sie an dem harten Brot kauten. Jetzt, wenn je, dachte der Holsteiner, gilt es, mit einem schlauen Wortspiel die Aufmerksamkeit des Königs zu gewinnen und nachher vernünftig mit ihm zu reden. »Bessere Herberge kann man finden,« begann er immerwährend kauend und beißend. »Du liebe Zeit! Das erinnert mich an eine galante ~aventure~ in der Nähe von Dresden.« Der König hielt ihn immer noch am Arm, und der Holsteiner senkte die Stimme. Die Erzählung war witzig und schlüpfrig, und der König wurde neugierig. Die gröbsten Zweideutigkeiten lockten aber immer nur sein steifes Lächeln hervor. Er horchte gleich einem verzweifelten, halb abwesenden Menschen, mit dem Bedürfnis nach Zerstreuung für den Augenblick. Erst als der Holsteiner mit listiger Geschicklichkeit das Gespräch mit einigen Worten auf die augenblickliche Gefahr überzuleiten begann, wurde der König wiederum ernst. »Bagatelle, Bagatelle!« antwortete er. »Es ist gar nicht der Rede wert, wenn wir uns nur gut halten und unsere Reputation bis zum letzten Mann ~soutenieren~. Kommen die Schelme, so stellen wir uns alle drei ins Tor und stechen mit dem Degen.« Der Holsteiner strich sich über die Stirn und brach ab. Er begann von den funkelnden Sternen zu sprechen. Er stellte einen Satz auf über das Messen ihrer Entfernung von der Erde. Der König hörte ihm jetzt mit einer ganz anderen Art von Aufmerksamkeit zu. Er ging auf die Frage ein, antwortete scharfsinnig, erfinderisch und mit einer unermüdlichen Lust daran, neue überraschende Sätze nach seinem Sinn auszudenken. Die eine Behauptung reichte der anderen die Hand, und bald weilte das Gespräch beim Universum und der Unsterblichkeit der Seele, um nachher aufs neue zu den Sternen zurückzukehren. Sie funkelten heller und heller, und der König sagte, was er von der Sonnenuhr wußte. Er stieß seinen Haudegen mit dem Griff in den Schnee und stellte die Spitze auf den Polarstern ein, so daß sie am nächsten Morgen die Zeit ablesen könnten. »Der Kern des Universums,« sagte er, »muß entweder die Erde oder der Stern sein, der über dem Lande der Schweden steht. Nichts darf mehr als das Schwedische gelten.« Draußen vor der Mauer riefen die Kosaken, aber sobald der Holsteiner das Gespräch auf ihren drohenden Anschlag lenkte, wurde der König wortkarg. »Bei Tagesgrauen ziehen wir uns nach Hadjatsch zurück,« sagte er. »Wir wollen bis dahin nur ein drittes Pferd fangen, so daß jeder bequem im eigenen Sattel reiten kann.« Nachdem er so geredet hatte, ging er in das Wohnhaus zurück. Der Holsteiner kam mit heftigen Schritten zum Fähnrich herunter, und gegen die Tür des Königs zeigend, rief er: »Geben Sie ~pardon~, Fähnrich! Wir Deutschen verschwenden keine Worte, wenn uns die Striemen von den Stricken schmerzen, aber ich strecke den Degen und gebe dem Herrn die Viktorie, denn auch ich kann mein Blut lassen für diesen Mann. Ob ich ihn liebe! Niemand versteht ihn, der ihn nicht gesehen hat. -- Aber Fähnrich, Sie dürfen nicht länger draußen im Unwetter bleiben.« Der Fähnrich antwortete: »Kein Mantel hat mich je herrlicher gewärmt als der, den ich jetzt trage, und ich werfe all meine Sorgen auf Gott. Aber um Christi willen, Major, gehen Sie zu der Tür zurück und horchen Sie. Der König könnte sich ein Leid antun.« »Die Majestät fällt nicht von der eigenen Klinge, aber sie sehnt sich nach der eines anderen.« »Jetzt höre ich seine Schritte bis hier herunter. Sie werden heftiger und unruhiger. Er ist so einsam. Als ich ihn in Hadjatsch unter den Generalen sich verbeugen und verbeugen sah, konnte ich nur denken: wie er doch einsam ist!« »Kommt der kleine Holsteiner mit dem Leben davon, dann wird er sich allzeit der Schritte erinnern, die wir heute nacht hörten, und wird diese Herberge allzeit die Gethsemane-Feste nennen.« Der Fähnrich nickte Beifall und antwortete: »Gehen Sie in den Stall hinauf, Herr Major, und suchen Sie eine Stunde Ruhe und Schutz zwischen den Pferden. Und dort können Sie durch die Wand den König besser hören und über ihn wachen.« Danach begann der Fähnrich mit lauter Stimme zu singen: »Befiehl du deine Wege ...« Der Holsteiner ging über den Hof in den Stall zurück, und mit der Zunge vor Frost stotternd, stimmte er mit dem anderen ein: ... »Und was dein Herze kränkt Der allertreusten Pflege Des, der den Himmel lenkt ...« »Ohaho, Ohaho!« antworteten die Kosaken im Sturm, und es war schon späte Nacht. Der Holsteiner duckte sich zwischen die beiden Pferde hinein und horchte so lange, bis die Müdigkeit und der Schlaf seinen Kopf beugten. Erst gegen Morgen wurde er von einem Lärm geweckt. Er sprang ins Freie hinaus; der König stand schon auf dem Hof und betrachtete das als Sonnenuhr ausgestellte Schwert. Am Tor hatten sich die Kosaken versammelt, aber als sie die unbewegliche Schildwache sahen, schauderten sie abergläubisch zurück und dachten an die Gerüchte von den Zauberkünsten der schwedischen Soldaten gegen Hieb und Schuß. Als der Holsteiner zum Fähnrich herangekommen war, faßte er ihn fest am Arm. »Was nun?« fragte er. »Branntwein?« Im gleichen Augenblick ließ er den Arm fallen. Der Fähnrich stand zu Tode gefroren da, mit dem Rücken gegen die Mauer und mit den Händen auf dem Degengriff, in den Mantel des Königs gehüllt. »Da wir jetzt nur zwei sind,« sagte der König und zog seine Waffe aus dem Schnee, »können wir uns auf den Weg machen, jeder auf seinem eignen Pferd, wie ich es gesagt habe.« Der Holsteiner stierte ihm mit wiedererwachendem Haß in die Augen und blieb stehen, als habe er nichts gehört. Schließlich führte er doch die Pferde hinaus, aber seine Hände zitterten und ballten sich, so daß er kaum den Sattelgurt festschnallen konnte. Die Kosaken schwenkten ihre Säbel und Piken, aber die Schildwache stand auf ihrem Posten. Da sprang der König ungestüm in den Sattel und setzte das Pferd in Galopp. Seine Stirn war klar, seine Wangen färbten sich rötlich, und der Haudegen glänzte wie ein Sonnenstrahl. Der Holsteiner blickte ihm nach. Sein bitterer Ausdruck wurde milder, und er murmelte zwischen den Zähnen, während er selbst in den Sattel stieg und mit der Hand am Hut an der Schildwache vorbeijagte: »Das ist nur die Freude eines Helden daran, den schönen Tod eines Helden zu sehen. ~Merci~, Kamerad!« Der Königsritt Der Hofkanzler von Müller saß auf einer Fußbank vor seinem Stubenherd im Hause des schwedischen Königs in Demotica und buk Pfannkuchen. Er hob den einen vertragenen Rockschoß in die Höhe gegen das Feuer und besichtigte ihn. »Zwar hängen die Galonen noch fest an dem Rock,« sagte er zu Oberst Grothusen, der daneben stand und sich wärmte, »aber schändlich schwarz sind sie geworden. Und das übrige schwedische Gefolge fängt an, der Teufel hole sie, gerade wie Zigeunerpack auszusehen. Ich sage mit Fabrice: Ich kann mich bald nicht mehr erinnern, wie Geldstücke aussehen, ob sie rund oder viereckig sind.« »Sie sind so rund, daß sie wie Räder rollen!« antwortete Grothusen und rieb sich vergnügt die Hände. »Ein König, ein Hof, eine kleine Armee ohne was anderes als ein wenig zusammengepumptes Kleingeld in der Tasche ... Und das in einem türkischen Marktfleckchen, Hunderte von Meilen von dem eigenen Vaterland! Zu welcher Zeit sahest du dergleichen? Gott verzeih' mir, aber ist das nicht ein so kostbarer Anblick, daß es nichts tut, wenn es mit dem Zucker auf dem Pfannkuchen zuweilen knapp ist? Von der Pforte kriegen wir keinen einzigen Beutel mehr. Obwohl ich kaum Zeit habe, nachts zu schlafen, sondern nur daran arbeite, das Reisegeld von allen Schacherern der Welt aufzutreiben, so weiß ich doch kaum, wie wir ehrenhaft von hier wegkommen sollen. Ich habe Seiner Majestät gesagt, wir müssen die ganze Reihe Gläubiger mit uns nehmen, als Nachzug bis nach Schweden, und sie in Karlshamn einquartieren, bis sie bezahlt sind. Denk einmal: das kleine Karlshamn vollgepfropft von Türken, die in den Straßenecken knien und Allah anrufen! Jaa, mein Lieber! Wenn wir nur wegkämen! Wir müssen unter Paukenschlag und Trompeten wegziehen, wie es Schweden ansteht, verstehst du? Glücklicherweise haben wir den Staat noch da vom vorigen Sommer, als ich in der Abschiedsaudienz beim Sultan war. Sie sind sicherlich weder wattiert noch gefüttert, die Schabracken, aber außen sitzt um so mehr Messingzeug und Troddeln ... Und das ist die Hauptsache ... Und selbst sehe ich ja aus wie eine ganze Exzellenz! Nicht? Spitzenkrause, Schnupflöffel aus reinstem Dukatengold ... Im Schrank einen Ehrenpelz, vom Sultan geschenkt, ein Paar abgetretene Pantoffeln, eine Nachtmütze und einen seidenen Schlafrock, den Düben froh sein sollte, in der Hochmesse tragen zu dürfen. Aber das ist auch so das letzte und läßt erkennen, was von der ganzen Herrlichkeit übrig bleibt, bis wir heimkommen!« Je länger Grothusen sprach, desto munterer wurde er. Schließlich ging er ans Fenster und riß es sperrangelweit auf. »Was gibt's?« fragte Müller und zog fröstelnd den Rock zusammen. »Es ist ein Haufe Türken, der da steht und wartet, daß man Seine Majestät ausreiten sehe. Es ist nämlich ein Platzregen, und da können sie ja begreifen, daß man nicht im Haus bleiben will.« Grothusen tastete und suchte in seinen Rockschößen, und da er ein paar große Silbermünzen fand, warf er sie durch das Fenster und rief: »So sieht Geld aus! Es leben die Schweden und ihr freigebiger, großer, mächtiger König!« »Ist das dein eigenes oder des Königs Geld?« »Wenn ich's wüßte!« »Du brauchst ja nur dein eigenes Geld in der linken Rocktasche und des Königs Geld in der rechten zu tragen.« »Aber der linke Rockschoß hat das gnädige Zugeständnis, nur in der Notdurft die Zwangsarbeit von der rechten zu übernehmen. Mein Lieber, ich lege ehrlich Rechenschaft ab. Jeden Abend rechne ich nämlich nach, wieviel sich noch im ganzen übrig findet.« Das Volk murmelte, aber mürrisch brummend hob Müller die Pfannkuchen vom Feuer. »Du hast deinen leichten Sinn, Bruder! Dennoch hätte ich euch nie zugetraut, daß ihr so vornehm werden würdet, daß ihr einen Freiherrn und Hofkanzler zum Leibkoch machtet, aber ich bin froh, daß meine Pfannkuchen den Herren schmecken. Oft habe ich mich gefragt, wie wir hier unten so willig und froh alle diese Jahre hindurch es haben aushalten können.« »Das werde ich dir erklären. Es liegt für Menschen ein so eigener Zauber darin, täglich und stündlich mit dem zusammen zu sein, der über ihr Wohl und Weh bestimmt, daß man fragen kann, ob auch die himmlische Seligkeit einmal in gerade dem gleichen bestehen wird.« »Es wäre gut, wenn dergleichen Zeitvertreib die Menschen auch edler und besser machte.« »Ich danke dir, Bruder! Das Wort war für mich! Ich weiß genugsam, daß mein Rücken unter euch allen wenig geschont wird. Ihr nennt mich einen leichtsinnigen Tausendsasa, einen ... Ja, gleichwohl! Ein Skeptiker und Philosoph wie ich, der den Frühgottesdienst bedenklich verschläft, hat nicht viel Liebe unter euch Schweden zu erwarten. Ich tue wohl, mich damit zu trösten, daß der König selbst weniger empfindlich darin ist als ihr! Zu Hause gilt es zu fallen, und dann wirst du sehen, Bruder, daß die schwarze Perücke des alten Grothusen nicht hinter dem Glied bleiben wird.« »Dort zu Hause, sagst du. Antworte mir ehrlich! Hofft Seine Majestät wirklich, dort frische Truppen sammeln zu können?« »Das tut er ... Und er wird es auch können. Es wird ein Reichsfechten, wie die Welt seinesgleichen noch nie gesehen ... Meinetwegen! In der Stunde der Not die Wucherer zu rufen, du, das ist eine Sache ... Und die Ritter könnten selten werden, wenn es keine Wucherer gäbe ... Aber die Ehre und der Degen, das ist was anderes!« »Und deshalb bricht er nun endlich auf? Ich habe doch zu bemerken geglaubt, daß er sich noch nicht ganz im klaren ist über die nächste Zukunft?« »Je näher er gen Norden kommt, desto klarer wird sie ihm.« »Du denkst an die Feinde, die alten und die zu erwartenden ... Sachsen, Rußland, Preußen, Hannover, Dänemark ... Sechs feindliche Völker zu bekriegen!« »Sieben! Du vergissest den jüngsten und gefährlichsten Feind!« »Welchen?« »Die Schweden!« Müller erhob sich von der Fußbank, und die beiden einäugigen Herren standen einander gegenüber. »Gott im Himmel, rede nicht so! Du pflegst ja sonst zu denen zu gehören, die nicht verzweifeln. Dies ist eine fremde Sprache in deinem Mund.« »Seitdem Seine Majestät die volle Gewißheit hat, daß seine Untertanen anfangen, ihn herauszufordern und ihm zu trotzen, reitet er mit der gleichen Hitze heimwärts wie zu einer Schlacht ... Was soll man auch nach den letzten Neuigkeiten glauben? Das Land ist ohne Regierung ... Die Ämter stehen still wie das Mühlrad an einem versiegten Bache. Die Reichstags- und die Ratsherren sprechen von Absetzen ... Wir hätten einen brennenden Aufruhr, wenn die Schweden nicht ein so gesetztreues Volk wären ... Und dann ist es eben das, daß er der Fürst ist! Wimmre und jammre nur nicht, lieber Müller, denn alles das ist ja nur dein eigenes altes Lied ... Und sei nicht so verflucht geizig mit dem Zucker, sondern schütte des Mannes ganze Tüte über die Pfannkuchen aus ... Und halte den Kopf hoch! Adieu!« Müller stand bekümmert und ohne antworten zu können mitten im Zimmer. Auf seinem Gesichte malte sich die größte Verwunderung, denn er hörte durch die Tür Grothusen einem kleinen Tambour zurufen: »August! Such einmal eine ordentliche Trommel heraus! Häng sie dir um, und komm mit mir in den Basar.« Müller schüttelte den Kopf und setzte sich wieder zu seinen Pfannkuchen. »Was in Jesu Namen wird Grothusen jetzt für Tollheiten begehen mit der Trommel?« * * * * * Am nächsten Morgen zogen die Schweden frühzeitig von Demotica aus, um endlich die Heimfahrt nach der Ostseeküste anzutreten. Hunderte von Meilen hatten sie zu wandern durch Bergpässe und durch Wälder. Hinter ihnen ritt eine lange Reihe Türken, Juden und Armenier mit ihren Säcken und Bündeln. Es waren ihrer siebzig der gierigsten Gläubiger. Der König war froh und strahlend, und die Stadtbewohner mit ihren verschleierten Frauen flehten Gottes Segen herab auf den fortziehenden Helden. Nur Grothusen blieb zurück, denn seine türkischen Freunde hielten ihn noch in der Tür fest. Der eine stopfte ihm ein Tintenfaß in die Hand, der andere steckte ihm eine Tabakspfeife in den Mund, und die schwarzen Diener zogen ihn an seinem Rock. Seine großen Nasenlöcher hielt er hoch in die Luft, und mit Grandezza entleerte er seine Rockschöße über die Hände der Diener. Dann öffnete er das Schloß zu seiner Kleiderkiste. »Liebster, liebster Freund,« sagte er, »diese ausgesuchte Nachtmütze habe ich eigens für dich anfertigen lassen und selbst benutzt, damit sie dir ein wirkliches Andenken an mich werden solle ... Und du, mein Vater! Diese splitterneuen Pantoffel ... Du wunderst dich, daß sie so niedergetreten sind ... In höchst eigner Person bin ich fleißig in ihnen gegangen, um herauszufinden, ob sie nicht zu hart für deine Füße sind ... Und du nimm diesen seidenen Schlafrock ...« Wie ein Verfolgter sprang er auf seinen Wagen und befahl dem Kutscher, davonzufahren. Als die Schweden am Abend nach Timurtasch kamen, überreichte ein Pascha dem König, als Geschenk vom Sultan, ein seidenes Zelt und einen Säbel mit edelsteinbesetztem Handgriff. »Jetzt geht mein Zobelpelz dahin!« sagte Grothusen halblaut zum König. »Eine andere Gegengabe ist nicht aufzutreiben, und Eure Majestät selbst haben ja nichts als einen verstaubten Rock und ein halbes Dutzend grober Soldatenhemden.« »Leihe mir auch das Tintenfaß und die Pfeife, die du neuerdings bekamst,« antwortete der König, den Schalk im Auge. »Ich müßte dem Häuptling des Janitscharengeleites auch etwas verehren.« »Schenke den ganzen alten Grothusen als Eunuchen in des Sultans Serail!« jubelte Grothusen und rieb sich die Hände und wurde immer mutwilliger, je spaßiger es ward. In dem Augenblick fiel sein Blick auf seinen kleinen Tambour, der mit den Schlegeln unter dem Arm mutlos seines Weges ging. »Deine Trommel hat keine Stimme im Maul! Da steckt irgend etwas Gestohlenes drin!« riefen die Kameraden des Knaben höhnend. Als sie die Trommel untersuchten, fanden sie, daß sie mit vier Siegeln versiegelt war, und dem Knaben standen große Tränen in den Augen. »Schlage du nur tapfer deine verstimmte Trommel!« befahl Grothusen. »Ich war es, der sie versiegelte wie Pilatus Christi Grab ... Und ein wenig Trauermusik müssen wohl doch die türkischen Wucherer hier hinter uns haben, die nun ins Exil reiten müssen an unserer Stelle.« Aber abends, wenn die Schweden einige kurze Stunden beim Schein des Lagerfeuers ruhten, klopften und rüttelten die Musikanten an der Trommel und meinten, daß sie gefüllt sei mit unterschlagenem Königsgeld und Wertpapieren. »So ein Spitzbube!« flüsterten sie. »Es ist keine Kunst, freigebig die linke Rocktasche zu leeren, wenn man die langen Finger in die rechte steckt!« Schon um zwei Uhr in der Nacht ließ der König zum Aufbruch blasen. Er sprengte bei dem Lagerlicht zwischen den Felswänden hervor. Als er sich in Pitesti wieder an der Grenze der Christenheit befand, begegneten ihm die in Bender zurückgelassenen Scharen, und die letzten Saporoger, die in so manchen Gefahren treu geblieben waren, nahmen kniend seine Abschiedsworte entgegen. Dann ging er zu Grothusen. Dieser war gerade im Begriff, die Gulden zu zählen, die einer von den Trabanten, der aus gewesen war, in Siebenbürgen aufgetrieben hatte. Der König sagte zu ihm: »Mein Paßbrief ist nun fertig. Ich werde Kapitän Frisk heißen, und mit Rosen und Düring reite ich spornstreichs nach Stralsund.« Da nahm Grothusen seinen galonierten Hut und seine Perücke ab und gab sie dem König. »Pantoffeln, Nachtmütze, Ehrenpelz und seidenen Schlafrock ... Suche sie, suche sie! ›Alles ist weg!‹ Jetzt gehen Perücke und Hut! In der Verkleidung und dem tabakbraunen Leibrock werden Eure Majestät so zur Unkenntlichkeit ausstaffiert sein, daß, hätten nicht alle Rosen Glück bei den Frauen, keine Wirtshausmagd -- ~salvo honore~ -- den Herren ein Glas Wasser würde anbieten wollen. Ich für mein Teil bin dankbar, den Leib auf dem Königsritt quer durch Europa nicht opfern zu müssen ...« Grothusen selbst setzte sich jedoch sogleich auf den Reisewagen, um zuerst hinzugelangen und seinen Herrn am schwedischen Meer empfangen zu können, längs dessen Küsten der Feind jetzt seine Festungen und Städte baute. Tag und Nacht übte der König unter wilden Ritten seine zwei auserwählten Begleiter und die Trabanten, die ihm in eintägigem Abstand folgen sollten. Als endlich die Stunde schlug, da er die Verkleidung anlegen und in den Sattel springen durfte, gab er seinem Wallach mit solcher Heftigkeit die Sporen, daß Düring und Rosen gleich beinahe ein paar Pferdelängen zurückblieben. Es war nicht nur die schwere Perücke, die seine Wangen erglühen machte. Er sah aus wie am Morgen vor einem Treffen. Er, der frisch und gesund Monate in einem Krankenbette ausgehalten hatte, um einer demütigenden Audienz beim Sultan zu entgehen, und der jahrelang seine Tage in einer türkischen Kleinstadt vertan hatte, in der Hoffnung, ein großes Heer als Gefolge sammeln zu können, ritt nun ungeduldig von dannen mit seinen zwei Kameraden und ohne einen einzigen Diener. Die Hufe klirrten wider die Steine wie die eines durchgehenden Pferdes, und der erwachte Winzer sprang in seiner Hütte zur Tür. »Wer reitet dort so ängstlich?« fragte er. »Ist es ein armer, verfolgter Deserteur, so mag er hier unter mein Dach steigen, und meine Frau und ich werden ihn verbergen und ihn auf Stroh betten ...« »Hüte dich, Vater, vor des Ritters Degen!« antwortete Düring. »Er sitzt bei Tag lose in der Scheide. Es ist ein Offizier, der ausgeschickt ward nach einem ungetreuen Freund und Anverwandten, und der eifrig ist, ihm zu begegnen ...« Aber für sich selbst flüsterte er: »Der Anverwandte heißt das schwedische Volk ... So sollte das unser letzter Kampf werden!« Mit der versiegelten Trommel unter Körben und Kantinen auf dem Kutscherbock rüttelte Grothusen unterdessen gen Stralsund. Sein Herz schlug wie das eines Jünglings, als er zum erstenmal den Namen der Stadt auf einer schiefen Wegweisertafel las. Bald hörte er den Stundenschlag von der Nikolaikirche. Er unterschied die vereinzelten Lichter bei den Wachen und Kranken, und auf der Zugbrücke sprang er aus dem Wagen und rief dem Wächter zu: »Der König, der König! Wo ist er? Welche Nachrichten?« Der Wächter wußte nichts, und jeden Morgen spähte Grothusen von dem Wall aus nach seinem heimkehrenden Herrn. Die Züge vom klarsten Mondschein überstrahlt, kam der König eines Nachts in Dükers Haus an, und schon den nächsten Morgen, nachdem die Stiefel von seinen geschwollenen Füßen weggeschnitten worden waren, stieg Grothusen in seine Kammer mit der frohen Begrüßung: »Majestät! Bin verliebt!« Der König nahm ihn herzlich bei der Hand. »Liebster Grothusen, wir werden hier etwas anderes zu bestellen haben, als Demoiselles aufzuwarten.« »Es ist gar keine Demoiselle! Sie ist sicherlich sowohl Mutter wie Großmutter ... Ich kenne sie übrigens nicht ... Aber ich bitte demütigst, jetzt wie früher bei allen meinen Tollheiten Eure Majestät als geheimen Vertrauten behalten zu dürfen.« Grothusen breitete seine Papiere vor dem König aus und deutete mitunter auf eine Ziffernkolonne, aber um die Arbeit leichter und lustiger zu machen, erzählte er unterdessen von seinem Abenteuer. »Es war eines Mittags, gerade als ich mich hier zu Düker begeben sollte. Beim Knipertor lag in der Sonnenglut ein Haus, das so weiß war, daß es mir in die Augen stach und mich zwang, aufzuschauen. Da saß sie am Fenster ... Nein, nun sind Eure Majestät an einer falschen Ziffernkolonne! ... Die zweitausend Gulden, die hier fehlen, habe ich für eigne Rechnung verzehrt ... Ja, da saß sie am Fenster unter einer Gardine mit weißen Fransen. Auch sie war beinahe weiß, aber schön aufgekämmt, und ihr Antlitz war schmal und von unendlicher Milde überstrahlt ... Sie ist sicher über siebzig Jahre, -- aber sie ist ja immerhin eine Frau! Es gibt nichts so Vornehmes und Edles, gnädigster Herr, als eine alte Dame anzubeten. Man sehnt sich nicht danach, sich ihr zu nähern. Sie steht oben am Fenster wie eine Erinnerung, eine heilige Legende. Man grüßt sie nur verehrungsvoll mit dem Degen, wenn man mit seinen Truppen vorbei ...« »Es ist ganz spaßig, Grothuschen wieder zu hören. Meine alte Schwäche für geistreiche und verrückte Menschen scheint mit den Jahren zuzunehmen. Dieser holsteinische Görtz, der bald hierher kommt, muß auch so ein riesig behaglicher und beredter Herr sein mit großen Seelengaben.« »Ich selbst habe seine Dienste Eurer Majestät allzeit anempfohlen, obgleich ich weiß, daß ich und Feifen dann allerschönstens in den Schatten kriechen dürfen. Ade! Ade! So ein kleiner Finanzenpfuscher wie ich taugt nicht länger in diesen schweren Tagen, da das ganze Reich auf dem Spiele steht. Hier bedarf es eines großen Höllenministers des Auswärtigen ... Görtz ist kühn und geistreich, ein Krieger in den Staatskünsten, und er hat den Administratoren von Holstein Geld wie Gras aufgetrieben. Er ist schlauer als zehn Grothusens und fünfzig Müllerns oder Feifens. Aber was mir Kopfzerbrechen macht, ist die Frage, wie man ein ~Billett d'amour~ aufsetzt an eine so hochbejahrte Dame, wie meine Schöne am Knipertor.« Wieder leuchtete der Schalk aus des Königs Auge, er reichte Grothusen die Feder hin. »Stell dich ans Tischende und schreibe, so werde ich diktieren.« Der König überlegte eine Weile, danach begann er: »Edelste Dame! Ein schmutziger, alter Kriegsmann, wie ich, darf gewiß nicht um eine Audienz bei einer so edelen Dame wie Madame betteln, aber die edle Dame könnte vielleicht günstiglichst ihm ihr Konterfei schicken, aber bald, denn mein König sagt, daß hier bald alles mit fallen endigen wird, so daß es gewaltig eilt mit dem Konterfei ...« Grothusen lachte und schrieb und lachte, und von Zeit zu Zeit sprach er von Rechnungen und Staatsgeschäften und von Görtz. Als das Billett fertig war, faltete er es und küßte seines königlichen Freundes Hand, und nicht viel später marschierte er den Weg hinunter nach dem Knipertor. Da geschah es schließlich eines Tages, daß Müllern, welcher endlich auch in Stralsund angekommen war, mit Grothusen im Vorgemach des Königs saß und arbeitete. Ein Lakai öffnete die Türe und meldete: »Herr Baron Georg Heinrich von Görtz!« Einäugig, ritterlich, mit perlmutterbesetztem Griff am Kammerdegen und Orden auf dem kostbaren Sammetgewand, schritt Görtz über die Schwelle. Er faßte Grothusens und des verwirrten Müllerns Hände und legte sie auf seine Brust. Auf diese Weise blieben die drei einäugigen Herren voreinander stehen. »Sagen Sie mir aufrichtig,« sagte Görtz und deutete mit dem Kopf nach des Königs geschlossener Tür, »wie lange ist es eigentlich her, seit unser Held zuletzt badete?« Grothusen antwortete: »Laß mich sehen! Er badete das letztemal vergangenen Sommer zu Demotica ... Aber er ließ sich in der Zwischenzeit mit Eiswasser übergießen ... Über so etwas kann die Exzellenz gut mit ihm spaßen ... Nur eines will ich raten. Sprechen Sie nicht unnötigerweise von den Schweden!« Görtz schloß die Augen und nickte und ging zum König hinein. Ein leiser Schatten flog über Grothusens faltige Stirn, und er murmelte Müllern zu: »Während Seine Majestät sich dem Teufel verschreibt, gehe ich, glaube ich, auf den Jahrmarkt hinunter und verjage die Gedanken.« * * * * * Als Görtz den König begrüßte, trat er mit einer manierlichen Ungezwungenheit und ohne ein einziges schmeichlerisches Wort vor ihn hin. »Wunderlich!« sagte er, »lassen Sie in einem großen Saale eine Münze fallen, so rollt sie über den ganzen Boden, bis daß sie sich unter dem Schrank versteckt.« Der König, der gegen den fremden Glücksfreier noch teilweise mißtrauisch war, nahm einen Dukaten aus der Börse, die zufällig über den Papieren auf dem Tische offen dalag, und warf die Münze auf den Boden. Sie rollte im Kreis und blieb gerade vor ihm liegen. »Sapristi!« sagte Görtz. »Sapristi! Will man, daß das Geldstück unter den Schrank soll, so bleibt es mitten auf dem Boden liegen.« Im gleichen Augenblick geschah es aus Versehen, daß der König mit dem Degengriff gegen die Börse stieß, so daß alle Dukaten klingend auf den Boden fielen. Wie eine Herde erschreckter Schafe jagten sie mit ihrem runden Rücken nach allen Seiten und versteckten sich unter dem Schrank und Tisch und schließlich sogar hinter dem Ofen. Nun erst begann Görtz sich tief und tiefer zu bücken. »Sehen Sie! Ich bin klein in Glaubenssachen, das bekenne ich ehrlich, aber in einem Stück bin ich doch abergläubisch. Eine Bombe kann mitten in ein dichtgedrängtes Bataillon fallen, ohne einen einzigen Mann zu verwunden, aber noch nie ist es in der Welt vorgekommen, daß ein Butterbrot auf den Boden fiel, ohne mit der Butterseite nach unten im Staube liegen zu bleiben. Es gibt in der Luft eine Art von Kobolden, die vom Teufel selbst eingedrillt sind. Wären sie nicht unsichtbar, so würden sie kleinen bräunlichen, umherfliegenden Bienen gleichen. Sie verursachen ihrerseits keine großen Übel, sondern nur kleine Ärgernisse, aber da, wo der Ärgernisse zu viel werden, kann es zuletzt mit einem großen Unglück endigen. Es sind diese kleinen unsichtbaren Kobolde, die gereizt und gelockt werden von den gezogenen schwedischen Waffen. Soll nun eine Flagge gehißt werden, so reißt der Strang. Soll ein Soldat über ein gefrorenes Grab schreiten, so bricht das Eis. Einfacher gesagt, Eure Majestät werden nun gleich eifrig vom Unglück verfolgt wie ehedem vom Glück.« Der König trällerte leise: »Wie, wenn man wollte, Mit Absätzen sollte Man treten Kobolde?« »~Quilibet fortunae suae faber!~ Man verscheuche sie. Um anzufangen weise man aus seiner Nähe alle kleinlichen Menschen, denn solches Volk hat eben so viel unsichtbare Kobolde im Hosengurt, wie ein Troßknecht Flöhe. Dann ziehe man den Degen gegen die ganze Welt und folge seines Willens Stern ...« »Die schwedischen Herren versichern, daß zu Hause bald kein Rundstück mehr aufzutreiben sei.« »So lasse man neue Rundstücke schlagen! Was ist Geld? Schuldzettel auf vorhandene Werte. Ob das Stück Königreich, das da oben liegt, nicht ein Wert ist, auf den man beinahe so viel Schuldverbindlichkeiten ausschreiben könnte, als man wollte?« »Ich habe selbst längst an eine Notmünze gedacht. Aber wäre das rechtschaffen? Ein Herrscher soll ehrlich sein. Es darf sich kein Flecken an seiner Ehre finden lassen. Seien Sie des eingedenk!« »Gewiß, gewiß! Die Notmünze ist zu borgen! Im Jahre des Segens gibt man das Echte zurück und wirft die Notmünze in den Ofen. Wer hoch zielen will, darf sich auch nicht fürchten, selbst Luzifern die Pfeile schmieden zu lassen!« Des Königs kühner Gedankenflug warf sich sogleich auf die Frage wie in ein Handgemenge gegen einfältige Vorurteile. Selbst hatte er nicht einmal in der Wüste die Hand in die Tasche gesteckt, ohne sie mit Dukaten füllen zu können. Gleichgültiger gegen seine Kleidung und seine Herberge als ein Bettler, hatte er doch nie einen Gegenstand gesehen, den er wirklich Sehnsucht gehabt hätte zu kaufen. Seine Dukaten hatte er nie zu etwas anderm verwandt, als um andere aufzumuntern und zu belohnen. Das Geld war für ihn ein Staatsmittel. Hingegen sah er täglich, daß, sobald er den anderen befahl, ihr Geld dem Heere zu geben, sie anfingen zu murren und Ausflüchte zu suchen, und seine Verachtung gegen solche Diener knäulte sich schlangengleich mit seiner unbezwinglichen Sehnsucht nach Genugtuung, nach Rache an seinen Feinden, die ihn angesichts der Welt in einen solchen Abgrund gestürzt hatten. War er nicht ein König, Herr über Millionen Menschen! Warum wurde er dann beständig gehindert und gebunden von solchen an sich wertlosen, kleinen Metallplatten, die hier Reichstaler und dort Gulden genannt wurden? Es war dies eine Erfindung, mit der der niedrige Sinn den Menschenwert umdrehte und die Ehrlichkeit betrog, um selbst zu schwelgen. Wäre es irgendein Verbrechen, an einer solchen Erfindung einige Schrauben umzusetzen? Eigentlich müßte das Geld ganz und gar abgeschafft werden. Nach einigem Überlegen sagte der König: »Und die Bedingungen?« »Daß ich holsteinischer Untertan verbleibe, aber frei meinen Mithelfer wählen darf und nur vor Eurer Majestät mich zu verantworten habe. Die Ämter sollen umgeformt werden mit größerem Nutzen für die Königsmacht. Das Heer ...« Der König fiel ihm sofort in die Rede. »Aber nicht ein Fußbreit Erde von dem väterlich ererbten Reich darf an den Feind abgetreten werden durch Friedensschluß oder Kaufvertrag. Lieber mögen wir alle sterben und mag ganz Schweden verbrennen. Ich fing den Krieg nicht an. Die Nachbarn legten sich in den Hinterhalt, als ich noch ein unerfahrenes Kind war.« Jetzt erst kniete Görtz. »Die Welt kann nie den Helden verstehen, der lieber bei seiner beschworenen Abrede verbleibt, als den schlauen Politiker spielt; aber feig ist, wer sich dem entzieht, einer solchen Standhaftigkeit zu dienen. Es standen schwache Zeichendeuter an der Wiege Eurer Majestät. Des Löwen Sternbild sahen sie wohl, aber sie lasen nicht in den Gestirnen, daß die Feuersbrunst schwedischer Großmacht schon dahinter angedeutet stand ... unwiderruflich ohne Abhilfe. Der Kämpe, der aus dem Steinhaufen stieg, um die Schweden in dem großen Streit zu sammeln, er braucht Männer. Ich bin ein Fremdling, aber so gewiß ich lebe, rede ich von Herzen und in Wahrheit. So lange meine Kräfte reichen, will ich von Ost und Westen das Holz zusammenschichten zu einem Bollwerk dieser Art, das nur schlimm genug gezimmert werden kann mit Nägeln von gutem Dukatengold.« »Dies Spiel kann gefährlich werden.« »Das Gefährliche ist das Lustige. Ein braver Diplomat muß jeden Tag für das Schafott bereit sein, wie ein Krieger für die Kugeln. Mißglückt alles, ja, dann soll auch das Bollwerk ein Scheiterhaufen werden, der die Nacht ringsum zum lichten Tage macht, und die Feinde zu bloßen Schatten und Schemen. Mir bleibt dann nur der Ehrentod, selbst auf dem Scheiterhaufen verbrennen zu dürfen bei meinem Herkules. Unsres guten Luthers »Wein, Weib und Gesang« hat mir immer zu sehr nach dem Wirtshaus geschmeckt, und ich will lieber die Worte setzen: »Wer nicht liebt Weib, Ruhm und Macht, der bleibt ein Narr bis in die Todesnacht!« Angefeuert durch die augenblickliche Aufrichtigkeit und seine eigene Wärme, hatte Görtz vergessen, das Wort »Weib« zu streichen, aber der König achtete nicht darauf, sondern ging ihm mit blitzenden Augen entgegen. »Mein Bild darf nicht auf die Notmünze gesetzt werden!« »Wir können ja den ganzen Olymp nach abgedankten Göttern plündern.« Der König stand lange schweigsam. Dann fügte er mit leiser und unsicherer Stimme hinzu: »Es darf auch nicht das Wappen des schwedischen Reiches darauf gesetzt werden!« Über seine gerunzelten Augenbrauen legte sich eine tiefe, finstere Schwermut. Betroffen, unschlüssig und eilig stand Görtz vom Boden auf und ging ans Fenster und deutete auf den Platz hinunter. »Wenn Eure Majestät nochmals bittere Gedanken überkommen, so gehe sie nur ans Fenster und schaue auf den Platz hinunter. Da wird es nicht schwer, herzlich zu lachen.« »Es ist schon lange her, seit ich von Herzen lachte ...« Unten auf dem Platz unter den Mädchen beim Brezelstand ging Grothusen auf und ab, und hinter ihm stand ein kleiner Tambour mit der versiegelten Trommel. »Schlage nur einen kühnen Wirbel, und trommle die Mägde zusammen,« befahl Grothusen. Der Knabe rührte die Schlegel, und als alle Mädchen neugierig herzugesprungen waren und rings herumstanden, brach Grothusen die Versiegelung auf und spannte das Trommelfell ab. Danach hob er aus der Trommel alle möglichen frauenhaften Spielereien, die er während des letzten Abends in Demotica auf dem Basar eingehandelt hatte. Es waren kleine Tücher und Schleier und Spiegel und Rosenölfläschchen und Halsbänder mit Halbmonden und Münzen. Er schwenkte die Tücher hoch in die Luft. Mit zurückgeworfenem Haupt und Schweißtropfen auf dem pfefferbraunen Antlitz rief er seine Waren aus und hielt eine Auktion. Für die eine Kleinigkeit verlangte er einen Kuß, für die andere eine Umarmung, für die dritte einen Tanz auf offenem Platze. »Schau, schau,« fuhr Görtz fort, »wie unser Oberst seine heidnischen Tücher dem christlichen Frauensvolk zustopft! Er ist ein ~bon garçon~ unser Freund da unten, aber Männer solchen Schlages sind doch nicht gewachsen, einem Karl dem Zwölften zu dienen ...« Der König begann nun sich zu verneigen, zum Zeichen, daß Görtz abtreten könne. »Der Verleumder hat auch behauptet, daß Sie, Baron, ein arger Schelm seien. Eines will ich Ihnen sagen. Wenn wir in Zukunft zusammen arbeiten, soll der Baron nie schlecht sprechen von irgendeinem Abwesenden, denn dann nehme ich immer die Partei des Abwesenden. Wieviel Schlimmes hat man nicht versucht, mir ins Ohr zu flüstern wegen der Trommel dort unten ... Und was enthält sie? Ja, harmlose Spielereien und Lappalien! Wenn Grothusen auch ein verschwenderischer Diener war, so hat er wenigstens nie etwas in den eigenen Sack gesteckt ... Jetzt will ich ein paar Akte durchgehen.« Görtz biß sich in die Lippen, aber als er herunter kam, winkte er mit einer hochmütigen Gebärde seinen Freund Grothusen ans Wagenfenster. »Der kranke und blutende Löwe von Ukraine und Poltava hat seine Tatzen so lange ausgeruht, daß die Klauen länger und schärfer geworden sind denn je. Drücket den Hut fest auf den Kopf und knöpfet den Rock, meine Herren, und haltet euch bereit! Die Herbststürme beginnen!« * * * * * Die geringzählige Besetzung von Stralsund hörte bald das Kanonenspiel des Feindes außerhalb der Mauern. Glockenschläge riefen die Mannschaft zu den Wällen oder zu brennenden Häusern. Gegen Morgen legte sich der König mit dem Hut über dem Gesicht zu einer Stunde Ruhe auf das Steinpflaster im Frankentor. Wach stierte er in den dunkeln Hut, aber die Knechte, die mit der Handlaterne auf ihn leuchteten, fanden nur das Kinn und die Lippen, über denen noch ein Lächeln schwebte, zusammengebissen und kalt, als hätte es nur zu seiner Gesichtsbildung gehört. Dann flüsterten sie, daß sie nie einen freimütigeren Helden gesehen hätten, aber abseits im Sternenlicht standen viele hohe Offiziere und sprachen davon, daß nur sein Tod das schwedische Reich retten könne. Er wußte, wovon sie sprachen, obgleich er es nicht merken ließ. Das Volk, von dem er seine größten Träume geträumt hatte, erblickte bereits in seinem Tod die Erlösung. Wann erlitt ein König ein entsetzlicheres Geschick? War er denn nur geboren worden, um die Schweden in ihrem letzten großen Streit anzuführen und dann weggeworfen zu werden wie ein verbrauchtes Werkzeug? Seiner Schwester Gemahl schielte schon nach seiner Krone, und der Sohn seiner dahingeschiedenen Lieblingsschwester hob schon gegen ihn die Kinderhand. Bei der Abendmahlsfeier demütigte er sich und betete mit aufrichtigen Tränen, aber nie weinte er über seine eigenen Mißgeschicke. Waren sie nicht einfach Feinde, denen er mit des Rächers Zorn zu begegnen hatte? Er wurde härter und kälter gegen die Offiziere und sprach öfter mit geballter Faust, aber er befahl auch um so strenger über sich selbst und seine eigenen Gedanken. Freilich vernachlässigte er immer mehr seine Kleidung, so daß er vierzehn Tage dasselbe schmutzige Hemde tragen konnte, aber er bezwang seinen hinkenden Gang. Sein Haar schimmerte schon silbrig, obgleich er kaum dreiunddreißig Jahre alt war, aber wenn er wachend in seinen Hut aufsah, wiederholte er für sich selbst: Es muß der Wille Gottes sein, dem ich folge. -- Sodann richtete er sich auf wie ein ausgeruhter Jüngling und reichte seinen Mantel einem frierenden Graukopf, -- aber wenn die Heimat oder die Schweden genannt wurden, dann zupfte er an seinen Rockknöpfen und schwieg. Eines Tages exerzierte Grothusen mit größerem Eifer als gewöhnlich seine Soldaten unten vor dem Fenster der Schönen am Knipertor. Regungslos wie ein Bild saß die alte Dame hinter den Blumentöpfen, und als Grothusen seinen Hut abzog, blinkten die neuen Galonen. Er winkte seinem kleinen Tambour. »Noch hat deine Trommel nicht ihre volle Sprache. Laß sie uns öffnen. Hier liegt ein Paar der niedlichsten kleinen, goldgestickten Schuhe. Geh hinauf zu der Dame, und sage ihr, daß dies eine Abschiedsgabe von Grothusen sei. Nun ist die Trommel leer.« »Herr General! Es liegt eine türkische Goldmünze auf dem Boden.« »Meiner Treu! Die ist in der Eile da hineingeraten. Es ist Königsgeld! Jetzt sollen wir hinaus nach Rügen, wo die Preußen und Dänen die Absicht haben, ans Land zu steigen, um uns auch von der Seeseite einzuschließen. Geh mit der Münze zum König und bitte ihn, sie als Erinnerung an die Jahre entgegenzunehmen, in denen Grothusen das Glück hatte, ihm in fernem Land dienen zu dürfen. Möge das Gold in friedlichen Zeiten im Tiegel umgeformt werden zu ehrbarem Geld, auf dem die Schweden wieder sowohl ihr Wappen wie ihren König betrachten können. Sag all dieses in Demut vom Grothusen!« Als alles zum Aufbruch geordnet wurde, salutierte Grothusen mit dem Haudegen vor seiner siebzigjährigen Dame. Während er die Straßen entlang ritt, winkte er den neugierigen Mädchen an Fenstern und in zusammengeschossenen Verkaufsbuden, und zum erstenmal seit Demotica donnerte seine Trommel mit voller Stimme. Es gab ein solches Echo von den Kirchenmauern, daß es dem dumpfen Rollen feindlicher Feldstücke glich. Unerschrocken, erregt ratschlagte Düker unten vor seiner Treppe mit dem König. Auf Bassewitzens erbittertes Geflüster über Görtz horchend, ritt Daldorff unter den Generalen, und der kleine Cronstedt klopfte seinem Stückjunker auf die Schulter. Bald eilte er nach der einen Seite, bald nach der anderen. Er untersuchte seine schnellfeuernden Kanonen, wie ein guter Stallmeister seine Pferde, und mitunter polierte er mit dem Zipfel seines Mantels die neuerfundenen Polhemschen Richtschrauben. »Es wird ein harter Kampf,« sagte er, »und erst wenn Seine Majestät auf schwedischem Boden steht, will ich den Königsritt geglückt nennen.« * * * * * Die Herbststürme brausten in ihrem Dämmerlicht über Rügen, und es ächzte und stöhnte in den Klüften und an der Küste. Kein Stern erzählte von Gottes Güte, und als die Truppen zum Gottesdienst aufgestellt waren, erscholl aus des Predigers Mund das alte Rächerwort des Testamentes. Die Schweden hatten jetzt solchen Mangel an Leuten, daß sie als Vorposten angebundene Hunde ausstellen ließen, deren klagendes Geheul das Rauschen der Brandung unterbrach. »Es bedeutet den Tod, wenn die Hunde winseln,« sagten die Soldaten. Das Landvolk wurde mit Äxten und Sensen bewaffnet, aber durch den Regennebel geschützt, näherten sich die Feinde dem Strande und setzten schließlich draußen am nächsten unbewachten Dorfe, Stresow, mehr als zehntausend Mann an Land. Der Wind riß die Nebel weg, und der Mond stieg klar auf über der verödeten Gegend. Schon um die dritte Stunde der Nacht krochen die von den Feinden ausgestellten Feldwachen vorsichtig über den Sand zurück und meldeten, daß die Schweden sich näherten. Der König stand einen Augenblick, um seinen Mantel abzuhaken, und wandte sich zu Daldorff und den Leibtrabanten: »Die Jahre sind verflossen. Wir haben es gut zusammen gehabt! Wer weiß, wann das Blei im Schmelzlöffel siedet, das unser Tod wird.« Grothusen zog von seiner Brust einen gelben Handschuhstulpen zwischen den Rockknöpfen hervor und antwortete: »Ich nahm den Handschuh bei Bender von meinem gnädigen Herrn, und keine Frostnacht ist so kalt gewesen, daß der Handschuh nicht mein Herz erwärmt hätte.« Da entblößte Daldorff sein Haupt: »Wenn ich meine Kugel bekomme, -- könnte dann mein armer und zerfleischter Staub noch lächeln und reden, in der Erde würde er sich nach den abziehenden Truppen wenden und eines dankbaren Mannes Segen über die rechtschaffenen Waffenbrüder herabflehen ... Ach, daß der Segen nur noch einmal unserem Wege leuchtete! Gleich dem Landmann, der es für nützlich erachtet, den alten Acker zuzuschütten und ihn neu zu besäen, so zerstückt und verändert Gott Reich und Macht. Wenn er die neuen Grenzzeichen gesetzt hat, erlaubt er niemandem, die Marksteine an ihren früheren Platz zurückzutragen. Wir verstehen nicht seinen Willen, wir erkennen bloß, daß er gegen uns ist.« Der König antwortete: »Gott ist _mit_ uns. Es kann nicht sein Wille sein, daß das schwedische Reich zerstückt werde. Ist es so, so möge er uns das Zeichen dadurch geben, daß er uns einen nach dem anderen sterben lasse.« »Das sind einfache und wahre Worte!« antwortete Daldorff. Die Offiziere, die außerhalb des Stadttors von Stralsund abseits im Sternenlicht miteinander geflüstert hatten, erinnerten sich nicht mehr ihrer düsteren Gedanken. Sie drängten sich statt dessen mitten unter die Leibtrabanten, um dem König möglichst nahe zu kommen. Es schien ihnen, als ob sie in seinem Wesen etwas von Gottes eigner, harter und unbarmherziger Liebe für das Rechtschaffene und für die Erfüllung seines Willens wiedererkennten. Das Gespräch brach ab. Die Trompeten tönten nicht, die Trommeln wurden nicht gerührt, die Fahnen wurden zusammengerollt und gesenkt getragen. Mit gezogenem Degen schritt der König vor seiner Schar. Er hatte kaum dreitausend Mann. Die sollten jetzt kämpfen drei gegen zehn und die Feinde überrumpeln und ins Meer zurückjagen. Er hielt inne: »Was ist denn das? Hier stehen spanische Reiter, und im Mondlicht sehe ich eine Redoute! Die Feinde haben die Zeit gut ausgenutzt ... Vorwärts!« Längs des Schanzdammes sprühten in demselben Augenblick eine Reihe von Feuerstrahlen empor, und die erste Salve krachte durch die Nacht, aber die Schweden stießen die spanischen Reiter beiseite und stürmten gegen den Wall hinan. Cronstedts Kanonenkugeln sausten über ihren Köpfen und warfen Steine und Sand auf, wo sie die Verschanzung trafen. Der Boden bebte, und von allen Seiten blitzte das Musketenfeuer. Es schwirrte und schrie, als ob ein Heer hungriger Weihe über den Strand segele, die Pulverwolken häuften sich so hoch, daß das Mondlicht nur an einzelnen Stellen durchzudringen vermochte und daselbst auf dem Boden weiße Flecken wie von Schnee hinmalte. Noch lange konnten die Kämpfenden, wenn das Geräusch eine Zeitlang nachließ, aus der Ferne das Geheul der angebundenen Hunde hören, aber bald wieder wurde das Getöse so heftig, daß die Soldaten nicht einmal die Kommandorufe der Offiziere aufzufangen vermochten. Die Fäuste um den Degengriff geballt, stürzten die Schweden vorwärts wie Berserker beim Holmgang. Da blieb es nicht mehr ein geordnetes Treffen mit Anführern und gehorsamen Bataillonen. Es waren die letzten Kämpfer aus dem Heer, das durch Europa gezogen war, die nun im Herbst ihrer Taten zum letzten Male im Süden des schwedischen Meeres ihr Blut opferten. Es galt hier, Brust gegen Brust in einem Handgemenge auf Tod und Leben, ewige Heldenehre oder Schande. Der Oberst Jakob Torstenson lag schon gefallen, aber sein Bruder Karl Ulrik brach sich Bahn über den Wall mit seinen Leibtrabanten und focht mitten in der feindlichen Verschanzung. Langsam zurückgedrängt, rief er, mit dem Rücken gegen die Erdmauer gedrückt und den sterbenden Hauptmann Adlerfeldt zwischen den Füßen: »Haltet tapfer stand, liebe Kameraden! Mein Großvater führte das ganze Heer der Schweden und ich strecke den Degen nur vorm alten Dessauer selbst!« Barhaupt und mit der Flamme des Zornes und der Begeisterung auf der Stirn, hieb der König sich seinen Weg zwischen den Klingen und Kolben. Er ging den mordenden Degenspitzen mit Herbststürmen in seinem Sinn entgegen, demütig, gleichgültig gegen Schmerz und Tod. Noch einmal grinste des Fähnrichs Aaberg zahnloses und männlich häßliches Gesicht an seiner Seite, und Seved Tolfslag brach Schädel und Waffen. Das Musketenfeuer sprühte nach allen Seiten und sengte des Königs zerrissenen Soldatenrock. Er durchbohrte und schoß. Von derben Händen wurde er um den Leib gepackt, und er rang Arm in Arm mit gemeinen, fluchenden Soldaten. Ein dänischer Offizier, der ihn erkannte, faßte ihm mit der einen Hand in das dünne Haar und suchte ihm den Degen abzuringen, aber der König riß die Pistole aus der Scheide und schoß dem Dänen durch den Leib, so daß er tot niederfiel. Dann sprangen neue Feinde hervor, und Dessauers Reiter und Feldstücke fielen die Schweden von den Seiten an, so daß sie in dem Dunkel der stürmischen Novembernacht von einem Ring von stechenden Degen und flackerndem Donner umschlossen waren. Der Generalmajor Strömfelt gab dem König sein Pferd, aber das Tier stutzte im Dunkel vor einem spanischen Reiter, stürzte bei einer Stückkugel zusammen und blieb auf dem Boden über dem König liegen. Als er sich frei zu machen versuchte, wurde er vor der Brust von einer verlaufenen Stückkugel getroffen, so daß das Blut ihm von den Lippen floß. Es wurde ihm schwarz vor den Augen, und er sank zurück, besinnungslos und halb im Sand begraben, aber die Hand noch um den Degen geballt. Der Oberstleutnant Tranfelt stritt mitten in einem Schwarm von Dänen. In jeder Hand schwang er eine Waffe, und unter seinem aufgerissenen Rock und Hemd sah man drei Wunden auf der bloßen Brust. Als er nicht länger zu stehen vermochte, kämpfte er auf den Knieen, bis daß er fiel und den Geist aufgab. Cronstedt war, verwundet und blutend, auf eines seiner Feldstücke emporgehoben worden. »Das sind die Römer des Nordens,« sagte er, »die in der Nacht für ihre letzten Provinzen fallen!« Vor ihm lag ein gestürzter Stückjunker mit der noch brennenden Lunte, und mitten durch das Getöse der Schlacht und des Sturmes klang ganz nahe eine betende Stimme. Es war ein Feldprediger, der hinter den Fechtenden sich über die Verwundeten und Sterbenden beugte. »Du König aller Könige! Rufe uns nicht zu wie den Kindern aus Jerobeams Haus: der, welcher stirbt in der Stadt, den sollen die Hunde fressen, wer aber auf dem Felde stirbt, den sollen die Vögel des Himmels fressen, denn der Herr hat es geredet! Warum versagst du uns das Zeichen, daß du noch mit uns seiest? Warum vergönnst du uns nicht, den Frieden des Sieges den Unseren zu verkünden, welche bluten, auf daß das harte Bett ihnen weich werde ...« Bassewitz wurde schon auf zwei Musketen sterbend aus dem Handgemenge getragen, und Daldorff, der Veteran, der schon in so manchem Streite mitten unter den gefallenen Trabanten blutend das Leben des Königs gerettet und unter seinen Augen die Smaaländer Reiter bei Holofzin dem Tod entgegengeführt hatte, lag auf seinem ausgebreiteten Mantel, leichenblaß. Die Schüsse warfen ihr plötzliches Licht über die hauenden und gekreuzten Degen und über die Schatten gleichenden kämpfenden Soldaten. Beim Schein eines Feldstückes erkannte der Trabantenkorporal Baumgarten schließlich den König und hob ihn auf sein Pferd und umgab ihn mit den zurückgeschlagenen Schweden. Da drang ein anhaltendes und heftiges Trommeln an des Königs Ohr, und als er sich forschend zur Seite wandte, unterschied er beim Grauen des Tages in einigem Abstand einen kleinen Tambour, der, mit den Schlegeln in der Hand, noch gegen den Feind gewendet da stand. Neben ihm lag ein Offizier auf dem Rücken, beide Arme gerade ausgestreckt. Der große, galonierte Hut saß noch stattlich und vornehm auf seinem Kopf. Das Halstuch aus französischen Blonden wehte rot befleckt im Winde, und rings um die abgetragenen Rockschöße schimmerten durcheinander in dem tauigen Heidekraut Konfektbissen und Silbermünzen. »Wer ist der Gefallene?« fragte der König. Rittmeister Ridderstadt antwortete: »Es ist ein tapferer Kriegsmann vor Gott, von vielen Menschen aber geschmäht ... Es ist ein bevorzugter Freund Eurer Majestät ... Es ist Grothusen!« Als Ridderstadt dies geantwortet hatte, ging er selbst in das Handgemenge zurück und erlitt den Tod. * * * * * Es war finstere Winternacht, als der König endlich in seiner Sechsruderschaluppe das unter Stückkugeln und Bomben rauchende Stralsund verließ. Düring, der so unermüdlich die Mühsale des Königsrittes geteilt hatte, war außerhalb der Stadtmauern in seinem Blute gefallen, aber sein Bruder saß am Steuer auf dem Rücksitz. Eine Menge Arbeiter gingen mit Keulen und Haken zu beiden Seiten der aufgebrochenen Eisrinnen, und Rosen, der zuvorderst stand, war dem König so lebendig ähnlich, daß sie ihm den Abschied winkten. Von feindlichen Kugeln verfolgt, erreichte die Schaluppe das offene Meer. Vergebens spähte jedoch Rosen nach den beiden schwedischen Schiffen »Snapp-opp« und »Snare-Sven«, die zur Begegnung hierher befohlen, aber vom Sturm zurückgeworfen worden waren. Da stieg der König mit seinen beiden Begleitern und einem Lakaien an Bord einer schweren Lastgaleote, die, mit roten Lappen auf ihrem dunkeln, elenden Segel, den Anker lichtete. Wo schwamm wohl jetzt die stolze Flotte, auf deren Deck er vor fünfzehn Jahren, jung und siegesgewiß, des alten Piper frohes Händeklatschen vernommen hatte! Die drohende Reihe von Masten, die Rosen am Horizonte auskundschaftete, war die von Tordenskiold. Erst weit draußen im Meer begegnete ihnen die Brigantine »Snapp-opp«, und mit zornigen Befehlen und düsteren Augen betrat der König das verspätete Schiff. War das der gnädige Herr, von dem die Seeleute hatten erzählen hören, daß er mit zierlichen Verbeugungen den Hut unter den Arm zu stecken pflegte? Er hob die Hand, um die Besatzung zu begrüßen, aber er beugte sich langsam und steif, und strafend fielen seine ersten Worte unter schwedischer Kriegsflagge: »Der Schiffer von ›Snapp-opp‹ wird gestäupt werden! Aber der von ›Snare-Sven‹, der ganz ausgeblieben ist, er soll füsiliert werden!« Der Sturm hob eine Eisscholle empor. Sie streckte ihren weißen Hals über den Plattbord wie die Geister Ertrunkener, aber als die Dunkelheit sich wieder ausbreitete, stand der König noch schweigend beim Mast ... Wäre er nicht ein Fürst gewesen, so hätte er sich noch wenden und eine versteckte Freistatt suchen können, aber jetzt würden ihm die Menschen bald nachlaufen und ihn mit sich ziehen. Er hätte eine Kaperflotte wehrhaft machen und auf dieser seine Jahre zwischen Degen und Schüssen verbringen können, nun aber befahlen ihm seine Untertanen, sich heimzuwenden, um ihrer Düngerhaufen und Sennhütten zu warten. Je mehr er sich dem Schonenwall näherte, desto deutlicher deuchte es ihn, daß es gelte, unter Feinden ans Land zu steigen. Er erinnerte sich des frühen Morgens an Karlbergs Königshof, als er, ehe die Großmutter und Schwestern erwacht, sich mit Hultman die Treppe hinunter stahl und in den Krieg ritt. Er wollte die bekannten Gesichter nicht wiedersehen. Er wollte nicht durch Stockholms Straßen reiten und das Volk mit Pechfackeln einen verschlagenen und schiffbrüchigen König begrüßen sehen. Wohl sah er, daß diese Schweden stets ihr Leben für ihn und das Stückchen Land ließen, das noch ihr Eigentum war, aber er wußte auch, daß viele unter ihnen in ihren stillen Gebeten Gott anriefen, er möge ihm einen schnellen Tod geben. Er sah das alles ebenso klar, als er es ehedem undeutlich gesehen hatte. Er dachte nicht an Frieden und Versöhnung. Er konnte nicht vergessen, daß die Tausende, die ihm gefolgt waren, ihre Kugel bekommen hatten, und daß seines Volkes Wehklagen und Segnungen sie in ihren überwachsenen Gräbern weich gebettet hatten, daß sie heilige Männer geworden waren, deren Sünden vergessen, aber deren Taten gepriesen wurden. Für einen Krieger gab es nur zwei Wege zur Versöhnung mit Gott und den Menschen, das war der Sieg oder die Todeswunde. Als er in strömendem Nachtregen an dem Schonenwall ans Land stieg, kniete er nicht und zeigte keinen Seufzer der Wehmut oder Erleichterung. Eilig und ohne ein einziges Wort ging er zu einem großen Stein, der Stafstein genannt wurde. Er, der Reiter von Demotica, der Soldat, der unbekümmert sich auf Schneewehen zur Ruhe gelegt hatte, vergaß sich so ganz in dieser Stunde, daß er an der Leeseite hinter einem Stein Schutz suchte gegen einige harmlose Wassertropfen. Hier blieb er stehen. Es läutete nicht in den Kirchen. Es wurde nicht geputzt und gefeuert in den Königshöfen. Während der Nachtregen in den Dachrinnen platschte, schliefen die Schweden in ihrem Heim und ahnten nicht, daß ihr König nach fünfzehn Jahren märchenhafter Siege und namenlosen Elendes und mit dem Zorne des Verunglückten in seiner Seele den Boden seines Reiches betrat, von niemand empfangen und begrüßt. Er sah nicht länger zurück, nur vorwärts. Rache! Dies Wort arbeitete wie ein Hammer in seinem Gehirn, Rache an den Wortbrüchigen, Rache an der Welt, die ihn zu einem armseligen Flüchtling stempelte, ohne Geld, ohne Macht ... aber eine große königliche Rache! Er wußte, daß am nächsten Tage viele von seinen Untertanen jubeln würden, aber daß auch viele zitternd Galgen und Schafott voraussahen. Er lächelte dazu. Seine Erbitterung war die des Schamgefühles und der verwundeten Liebe. Aus diesem Grund hatte er in den letzten Jahren es vermieden, von Schweden zu sprechen. Er wollte diese letzten Feinde bestrafen und besiegen, aber nicht auf dem Richtplatz. Ruhig und befehlend beabsichtigte er den Boden zu betreten, den sie nahe gewesen waren ihm zu entreißen. Er wollte sich mitten unter die düsteren Angesichter stellen. Gleich sorglos wie ein Hirte unter dem Gebüsch des Waldes, wollte er mitten unter den Verschworenen schlafen, falls sich welche fänden, und sie noch einmal zwingen, die Fahnen zu senken und ihm zu folgen, wohin er ginge. Er wollte die schwedischen Feinde besiegen, dadurch daß er ihnen zeigte, daß sie noch getreu waren. Der Tag begann zu grauen, und einige Erdarbeiter kamen vom Feld, aber alle Farben leuchteten so hart und stark. Alles schien ihm so kalt und fremd. »Ist das nun Schweden,« murmelte Rosen hinter seinem aufgeschlagenen Kragen. »Ich erkenne es kaum wieder.« »Eure Augen sind vom Winde gerötet,« antwortete der König. Danach fügte er hinzu: »Wenn wir nicht alles hier zu Hause wieder erkennen, so werden andere uns wiedererkennen!« Er ließ sich von einem der Feldarbeiter den Weg nach Trelleborg zeigen. Mit dem ruhigsten Gesicht sprach er von seiner Sehnsucht, die gelehrten Professoren in Lund und den großen Polhem zu treffen, die ihm helfen sollten, einen Kanal quer durch Schweden zu bauen. In des Reiches unterster Ecke gingen die drei Herren zwischen den Planken und Schlafhütten der Kleinstadt gleich schiffbrüchigen Abenteurern, die im eigenen Lande fremd geworden sind, und unter dem tief herabgezogenen Hut weinte Rosen wie ein Kind. Als der König dem Wegweiser seinen Lohn geben wollte, merkte er, daß alle Dukaten während der Fahrt weggeschenkt worden waren. Er fand nur die türkische Münze, die Grothusen in der Trommel mit sich geführt und ihm mit dem Wunsche geschenkt hatte, daß das Gold einmal in Friedenszeiten möge umgeschmolzen werden zu einem ehrlichen schwedischen Geldstück. Es war des Königs letzte Münze, und sie war nicht sein, denn sie war von einem türkischen Juden geborgt. -- Ohne ein Wort legte er die fremde Münze in die Hand des schwedischen Bauernsohnes. Fredrikshall Die Landeshauptleute riefen jetzt die Bevölkerung zusammen und rechneten einem jeden fünfzig Taler auf den Tisch, der gutwillig Reiter, und hundert einem jeden, der Fußsoldat wurde. Viele Widerspenstige hieben ihre Finger ab oder schnitten sich mit dem Messer, um zum Kriegsdienst untauglich zu werden, aber sie wurden zu fünfzig Rutenstreichen verurteilt oder zu lebenslänglicher Strafarbeit auf Marstrand gesetzt. Wilde Soldatenhorden zogen Gewalt ausübend durch die Gegenden. Wenn der Bauer ihre Stimmen am Weidenzaun hörte, ließ er die Schlüssel im Schloß stecken und verbarg sich unter Heuhaufen oder floh mit Gesinde und Vieh nach der Wildung hinauf. Zu Stockholm schlossen sich die Ratsherren in ihre Stuben ein, um nicht gesehen und befragt zu werden. Von Gardisten begleitet, streiften die Untersuchungsleute von Tür zu Tür und brachen Keller und Vorratskammern auf, und die Wölfe kamen bis auf die Straßen. Es gab keine Waren in den Kaufläden, kein Getreide in den Mühlen, keine Hände, die den Hammer schwangen, kein frohes Lachen, keine gemütlichen Winterabende um das Feuer des Heimes. Das ganze Volk war von einer prophetischen Ahnung durchschauert. An der Kirchentür oder in der verschlossenen Stube sprach man davon, daß Gott, der Schweden die Krone des Martyriums aufgesetzt hatte, bald die Dornen abfallen und das Laub in schönem, neuem Frühjahrsgrün ausschlagen lassen werde und daß der König bald stürbe. Tag für Tag wurde die Botschaft erwartet, daß er gefallen sei, und man wunderte sich nur, daß es so lange dauerte. Alle wußten, daß er an Hecken und Zäunen kämpfte wie ein gemeiner Soldat. Die meisten stellten ihre tägliche Arbeit ein und gingen in Furcht und düsterer Erwartung umher. Ein Ratsherr zu Stockholm klagte schon, daß er nicht wisse, wo man Trauerstoff und Geld für die Beerdigung herbekommen solle. Selbst Görtz lag jeden Morgen schlaflos, wenn sein Diener mit dem Holz für den Ofen kam. Schweden glich dem zusammenstürzenden Königshaus bei Bender, aber über dieser brennenden Ruinenstadt, wo der Jammer in einem wartenden Schweigen dahinstarb, schossen gleich Sternschnuppen geistreich leuchtende Zukunftspläne und Vereinfachungen, von denen fernsichtige Wahrsager prophezeiten, daß sie erst nach Jahrhunderten eintreten und sich verwirklichen würden. Zu der Zeit lebte in Uppsala ein bettelnder Studiosus, der Pfarrer werden wollte, aber nie etwas anderes zu tun vermochte, als zu würfeln oder zu raufen oder zu Hochzeiten und Begräbnissen Verse auf Schwedisch wie Lateinisch zu verfertigen. Er hieß Tolle Aarasson. Hände und Füße waren viel zu schlank und fein für seinen großen Körperbau, aber auch wenn er hungerte, blühte sein bartloses Kindergesicht immer gleich voll und rosig. Keinem Menschen wollte er etwas anhaben, wenn er nur frei wie die Vögel leben, seine eigenen Wege gehen und in Ruhe des Morgens schlafen durfte, aber die Kameraden meinten, daß er zwischen gut und böse nicht unterscheiden könne. Als die Werber eines schönen Sonntags mit ihrem Lärmen in der Stadt begannen, wurde er ganz fromm und verbarg sich mit den leeren Einbanddecken seiner lateinischen Grammatik in den Kirchenbänken. Es war in der Dreifaltigkeitskirche. Mitten während des Gottesdienstes drangen die Werber mit einem Bündel Handschellen auf den Achseln lärmend und dröhnend ein, aber Tolle Aarasson beugte sich über seine leeren Bucheinbände. Er wiegte seinen Leib vor und zurück und sang mit einer Innerlichkeit und Andacht, daß keiner daran dachte, ihn zu nehmen, obgleich er zu dem untauglichen Gelehrtenvolk gehörte, das dem königlichen Plakat gemäß für das Heer ausgewählt werden sollte. Danach fand er es doch für ratsam, sein Bündel über den Rücken zu hängen und auf Abenteuer zu ziehen. Entsetzt sah er sich in dem lieben Vaterlande um, das Pest und Krieg so sehr verödet und verwandelt hatten. War das Schweden, das Land, das seine Väter erbaut und gehütet hatten wie ihren Augapfel, die geliebte, die gefürchtete Großmacht des Nordens? Auf den Wegen traf er jammernde Bauern, die in langen Zwangsfuhren ihre Getreide nach dem Hauptquartier in Norwegen oder bis hinauf nach der Schanze Hjerpe im Jämtland befördern mußten. Umgestürzte Ladungen und tote Pferde lagen auf jeder Anhöhe. Oben auf den verödeten Gehöften der Wälder guckten zerlumpte Herumstreicher aus den Stubenfenstern, und er trug beständig sein Geld im Stiefelschaft versteckt. In der Nähe der Bauerngehöfte standen Schlafbänke, Schlitten und Haustiere auf dem Rasen aufgereiht, und unter Weinen und Wehklagen tönte der Schlag des Auktionshammers an das Türholz. In den Herrschaftsküchen erzählten sich die Diener, wie die Familie des Hausherrn ihr Silber vergrub, denn Görtz hatte befohlen, daß nicht nur alles wirkliche Geld, sondern auch das Hausgeräte von Edelmetall ausgeliefert werden sollten gegen Notmünzen, auf daß der König das ganze Eigentum der Untertanen bekäme. Tolle Aarasson erfuhr, daß nicht einmal mehr die Prinzessin in Stockholm genug Silberzeug für ihre Tafel habe, und daß der König selbst von Eisenblech esse. In den verlassenen Schmieden, außerhalb deren der Fluß ungehemmt dem Meere zuströmte, an stillstehenden Rädern und geöffneten Dammluken vorbei, plauderte er mit dem einzigen zurückgelassenen Schmied der zu alt und gebrechlich für das Feldleben war. Er erfuhr, daß, sobald etwas Eisen geschmiedet wurde, es gleich gegen ein Säckchen Notmünzen im Vorratshaus des Reiches aufgelegt werden solle. Am liebsten aber saß er doch und wärmte sich in den Pfarrhäusern, wo seine Bibelkundigkeit und sein Latein ihn gern gesehen machten, und mitunter konnte es geschehen, daß der Pfarrer sich mit ihm bis in die Dämmerung unterhielt. Dabei flüsterte man, es würde erwogen, die Schul- und Armenkasse, ja selbst das Geld der Bank zu nehmen; nicht einmal Schreibfedern und Papier gäbe es noch, und die Ämter müßten geschlossen werden, wenn die Herren nicht die Finger in das Tintenfaß tauchen und auf dem bloßen Tische schreiben wollten. Ein ergrauter Kaplan sagte ihm, daß die Landeshauptleute abgesetzt oder unter Aufseher gestellt würden, wenn sie nicht mehr wüßten, wem sie gehorchen oder befehlen sollten; und der Alte beschrieb, wie er selbst die Bibel und den Predigermantel versetzen und Dünnbier in die Abendmahlskanne habe einschenken müssen. Auf diese Weise wanderte Tolle Aarasson von Gegend zu Gegend und verdiente mitunter einen Pfennig durch das Mitnehmen von Briefen und Amtsnachrichten. Die Postburschen waren nämlich zum Heer befohlen worden, und die ungestümen Gastwirte wurden Postmeister, aber sie verstanden ihr neues Geschäft nicht, sondern die Mütter und Vaterlosen umdrängten sie täglich vergebens und riefen umsonst nach Briefen ihrer Angehörigen in Sibiriens Urwäldern und Bergwerken. Mitten unter den murrenden Bauersleuten durfte er in der Kirche zu Slätthög mit den Fingern den goldgestickten Ehrenpelz eines Sultans streicheln, der als Altardecke dahing. In der Stadt Kalmar wurde er mit dem Artilleristen Edstedt, der gerade ein Dienstmädchen geheiratet hatte, aber selbst gar kein Mann, sondern ein verkleidetes Fräulein Stalhammer war, Duzbruder. Auf Visingsö spielte er Würfel mit den zerfetzten russischen Kriegsgefangenen, und in Karlshamn bummelte er mit Polacken, Armeniern und Juden und zupfte die feierlichen, türkischen Gläubiger an den Turbantroddeln. Er überredete sie sogar, Wein zu versuchen, schlug aber dann das verunreinigte Glas entzwei, so daß es auf dem Pflaster tönte. Zu Lund hörte er unter den bewaffneten Studenten der aufwiegelnden Rede des Professors Ihre zu und schoß nach dem Professor Rydelius, der den Sturm beschwören wollte. Nachdem er das halbe Land durchstreift hatte, stand er schließlich eines Abends in Göteborg, wo der König auf der Durchreise als Gast bei dem Seeräuber Gatenhjelm abgestiegen war im Haus am Stigbergplatz. Staubig und durstig setzte sich Tolle Aarasson in die Kaffeestube der Dorothea Ek, wo die Bürger laut lachend und weinend sich umarmten und erzählten, daß die entsetzlichen Seeräuber von Madagaskar nun die Erlaubnis erhalten sollten, mit sechzig reichbeladenen Kaperschiffen zu kommen und sich in der Stadt häuslich niederzulassen, um den Gewerben aufzuhelfen. Da konnte er nicht länger an sich halten und ließ sein Licht leuchten und erzählte auf schwedisch wie auf lateinisch seine Erfahrungen und Abenteuer der Wanderschaft. Bald bemerkte er, daß zwei Männer, die mit aufgeschlagenen Mantelkragen ihm zunächst saßen, zu sprechen aufhörten, um ihm zuzuhören, und das machte ihn nur noch mitteilsamer. »Jetzt müssen die Schweden die Eisenhandschuhe fühlen wie nie zuvor seit der Heidenzeit,« sagte er und betrachtete seine glänzenden Nägel. »Der König hat sein Schwert gegen die Völker nacheinander geführt, und nun wendet er es gegen sein eigenes. Konnte das wohl anders enden? Aber unheimliche Ahnungen werden rings im Volke geflüstert. Er hinterläßt keinen Sohn. Was sollte auch ein solcher Mann mit einem Sohn? Im Pult der Ratsherren liegt schon der Entwurf zu einer englischen Verfassung. Nie sollten wir von einem anderen erdulden, was wir jetzt willig ertragen. Vielleicht morgen ... vielleicht heute abend, während wir uns hier unterhalten, sitzt ein munterer Knecht vor einem Gluthaufen an der Felswand und schmilzt Blei in einem Tiegel ... Vielleicht hält er gerade jetzt in der Kugelschere den schwarzen Tropfen, der für ewig den größten unter den Helden einschläfern soll.« Ein schon hochbetagter Kaufmann mit dem weißesten Haar und den sorgenschwersten Augen klopfte ihm auf die Hand. »Wir Menschen urteilen alle nach dem Schmerz in unserer eigenen Wunde, aber laß nun einen alten Mann reden. Wenn unser harter Eisenkönig gleich nie geboren worden wäre, so hätten die stets mächtigeren Nachbarn doch begonnen, dies Reich zu zerstückeln ... Langsam, Jahr für Jahr, Tag für Tag würden unsere Kinder und Kindeskinder unterhandelt haben, gedemütigt und einer Provinz nach der anderen beraubt worden sein. Es wäre nie zur Ruhe, aber auch nie zur Ehre gekommen. Es ist ein lumpiges Schauspiel, einen angebundenen Löwen zu sehen, dem das Blut langsam nach kleinen Fingerhüten ausgesogen wird! So will ich denn lieber mit einem Mal die Flamme in den Wolken und einen Mann vor uns sehen! Wann befahl er uns mehr zu opfern, als er selbst opferte? Hat er nicht gehungert, hat er nicht gefroren, und jetzt breitet sich über uns die Ahnung, daß er auch mit uns fallen wird.« Tolle Aarasson änderte die Stimme. Er wollte sich nicht verstellen, aber es schien ihm beständig, der, welcher zuletzt sprach, hätte recht. »Schätzte ich nicht Freiheit und ein gemachtes Bett, so würde ich mich hinter dem König einherschmiegen, um den Mund auf seine Fußspuren in dem norwegischen Schnee drücken zu dürfen. Bald kann es zu spät und die Kugel gegossen sein ...« Wie er diese Worte aussprach, erhoben sich auf ein heimliches, gegenseitiges Zeichen die beiden Männer, die ihm zunächst saßen; und seine Furcht vor dem Soldatenrock war so groß, daß er erblich, als er blanke Messingknöpfe unter ihren Mänteln bemerkte. »Mein gewogener Junker!« riefen sie ihm ins Ohr und führten ihn wie einen Gefangenen an beiden Armen. »Wenn Er so schmuck reden kann, so ist es auch nicht zu viel Ehre, daß Er in der Nähe stehen darf, wo die Kugel pfeift ... Jetzt haben wir einen aufgeblasenen Vogel auf der Leimrute gefangen! Wir sind Werber, wir mein Herrchen ... Versteht Er? Und jetzt marsch nach Norwegen!« »Ich habe all mein Lebtag nach nichts anderem verlangt, als Soldat zu werden!« antwortete er sogleich mit so weicher und freundlicher Bestimmtheit, daß sogar er selbst seinen Worten glaubte. »Jetzt legt nur schön das Werbegeld in meinen Hut!« So mußte er denn endlich den blauen Rock anziehen, vor dem er eine solche Furcht hegte; und einen Tag nach dem anderen erlebte er neue und unerwartete Begebenheiten mitten in dem Land, wo ehemals der Pflug ruhig seine Furchen in die Erde gegraben hatte. Kaum war er ein Stück oberhalb von Strömstad angekommen, als er große Galeeren auf trockenem Boden zu sehen bekam. Er selbst wurde mit Bauern, Pferden und Ochsen zusammen vor den Steven gespannt, um die Fahrzeuge über die Landzungen zwei und eine halbe Meile bis Idefjord zu schleppen. Zoll für Zoll wurden die Schiffe über Knüppeldämme und Reisighaufen gezogen, des Nachts bei Pechfackeln und des Tags in der Hitze der Julisonne. Ein kleiner Mann in violettem Samtrock und buschiger Perücke und mit breiten Goldspangen an den Schuhen ging aufmunternd zwischen dem Volke hin und her. Es war Emanuel Svedenborg, und Polhem hatte ihm aufgetragen, diese seltsame Tat auszuführen. Als er Tolle Aarassons ansichtig ward, beschattete er seine Augen mit der Hand und sagte: »Das ist eine der fettesten und blühendsten Gesundheiten, die ich seit vielen Jahren gesehen habe. Verfahrt dennoch nicht zu hart mit diesem Mann, meine lieben Korporale, denn ich erkenne wohl, daß er keine rechte Kraft in den Gliedern besitzt!« Das war das erste mitleidige Wort, das Tolle Aarasson gehört hatte, seitdem er mit seinen Kameraden in Uppsala angestoßen hatte, und alsbald mußte er mit tränenden Augen die runde Hand vorstrecken und betteln. »Ich bin ein verunglückter, armer Kerl,« flüsterte er in einem Gemisch von Schwedisch und gelehrtestem Latein, »und ich würde für eine einzige Prise Schnupftabak segnen und danken.« »Schnupfen und der Krone dienen ist zweierlei!« antwortete Svedenborg ernst und ging weg, aber noch am gleichen Abend, als es zum Ablösen blies, kam er mit seinem Schnupftabakshorn. »Nimm das ganze Horn und behalt es und sprich nicht weiter davon!« flüsterte er und war wieder verschwunden, wie ein Wanderer, der plötzlich auf dem Wege auftaucht. Die Menschen sind gut, dachte Tolle Aarasson sofort und versuchte sich in sein Schicksal zu finden. Bald hatte er jedoch seine letzten Kupfergötter und den ganzen Inhalt seines Schnupftabakshornes verschwendet, um sich des Morgens mitunter eine Stunde längeren Schlafes zuzuschwindeln. Alsbald meinte er wieder, daß die Menschen schlecht seien. Als endlich das letzte Schiff mit seinem goldenen Siegesgott am Vorderteil über Idefjord ins dunkle Meer hinausglitt, wurde er von neuem zum Marsch befohlen. Viele fremde und inländische Offiziere schlossen sich allmählich der Schar an, und von Hof zu Hof wanderte der lange Zug der letzten ausgeschriebenen Söhne des Landes. Da ereignete sich es eines Mittags bei einer Gastwirtstation, daß Tolle Aarasson hinter einem Wagenschuppen saß und mit dem Hut auf den Knien schlief. Als die Trommel wirbelte und er erwachte, lag im Hut ein blanker Speziestaler auf einem zusammengefalteten Papier. Dies war ein unverhoffter Anblick, und er rieb sich die Augen, um zu wissen, ob er träumte. Er schlug mit dem Fingerknöchel auf die Münze und wog sie in der Hand. Zuletzt wickelte er das Papier auf und las: »Zu Tistedahl bei der Möllerhütte steht eine trauerbirke, Armleuchter genannt, denn haben sie drei arme an einem stamm. Falls seine königliche Majestät vor feindes kugeln fällt, du sollen die selbe nacht das wunder bezeugen, daß ein beutel liegen mit fünfzig ducaten dicht bei dem Armleuchter in dem erde.« »Dies Schwedisch hat irgendein ausländischer Teufel geschrieben!« stieß Tolle Aarasson beinahe jammernd und wimmernd hervor und zerriß das Papier in kleine Fetzen, die er um sich herum streute. Er scharrte mit dem Fuß Erde darüber und trat darauf. Sodann steckte er den Speziestaler in die Hosentasche, um zu den anderen zu gehen, aber kaum hatte er einige Schritte gemacht, als er das Geld wieder herausriß, als hätte es seinen Körper und seine Kleider gebrannt. Er warf es weit von sich in den Sumpf hinaus. Als er sein Gepäck auf den Rücken geschnallt hatte, begann er wieder zu marschieren mit seinem gewöhnlichen Kinderlächeln, als ob vieles in der Welt sehr wunderbar und doch durchaus gleichgültig sei, aber die nächste Nacht träumte er von der weißen Birke mit den drei hohen Armen. Die waldigen Alpenrücken wurden immer umwölkter, die Wege immer steiler, die Töpfe der Marketender immer leerer, aber keine Mühseligkeiten konnten die Wohlgenährtheit von den runden Wangen und Gliedern Tolle Aarassons nehmen. Die Stiefel fielen in Stücken von seinen Füßen und die Hosen der Krone, die auf ein verhungerndes Heer zugeschnitten worden, waren so unzulänglich, daß er sie über dem Magen mit einer Schnur zusammenbinden mußte. Sein gutes Aussehen und seine leuchtende Stirn ärgerten die abgemagerten Kameraden, so daß sie ihn zu prügeln gelobten, aber darum, daß er einen Kopf höher als jeder andere einherging, wagte zuletzt keiner, ihm zu nahe zu kommen. Obgleich er nichts verriet, grübelte er vom Morgen bis zum späten Abend über das absonderliche Schreiben. Warum wünschten böse Menschen gerade ihn zu ihrem Werkzeug zu wählen? Er konnte an nichts anderes denken. Als die bestaubte Schar schließlich im Hauptquartier zu Tistedahl unter die Zelte und Reisighütten einzog, blieb er plötzlich stehen, und ohne daß er mehr wußte, was er tat, deutete er auf eine entlaubte Trauerbirke. »Die Birke, die Birke dort! Das ist der Armleuchter! Ich weiß es ... sie muß so heißen!« »Hier hast du zu schweigen und zu gehorchen!« antwortete der Korporal und stellte ihn gleich als Flügelmann ins Glied zur Musterung. Als ihn der Korporal am Arm faßte, fühlte er, daß die Sehnen weich waren, und daß der großgewachsene Rekrut bei seinem Anfassen ohne Kraft wackelte. »Den hätten wir besser weggelassen!« bezeugte der Korporal. »An dem Kerl ist alles mürb und weich!« * * * * * An einem Novembertag machten einige Truppenabteilungen in einem Bergpaß halt, und obgleich die Uhr erst drei zeigte, herrschte schon Dämmerung. Braungebrannt von der Steppensonne und noch mit einem türkischen Tabaksbeutel an der Brust, betrachtete mancher gealterte Offizier sinnend das Winterreich, in dessen waldigen Wildnissen das Heer jetzt neuen Abenteuern entgegenzog. Gefangene Buschjäger erzählten wilde Sagen von Waldgöttinnen und Hexengeschrei, und männlich hochgewachsene Frauen mit flachsgelben Haaren kamen des Nachts zum Lagerfeuer und hieben mit ihren Äxten erschöpfte und schlafende Schweden nieder. Es schneite, und tief unten aus der Kluft warf die Sonne einen goldenen Schein über das Alpengehölz und die hängenden Felsstücke der Bergwand. Es war ein Heer von bleichen Fünfzehnjährigen, von halbwüchsigen Kindern, die in der Schneewehe bei ihren Waffen standen. Die kleinen Westgoten mit den scharfen Nasen und den unsteten Augen flüsterten miteinander: »Der König soll sagen, wenn wir nicht verhungern wollen, so müßten wir die Nahrung aus den norwegischen Bergen graben ...« »So müssen wir denn wohl graben,« antworteten die Smaaländer gedehnt und klagend. Die Dalekarlier und Bohusläner stützten sich schwermütig auf ihre Musketenläufe, aber die Bataillone von Södermanland begannen zu murren. Da hielt der Oberst Rutger Fuchs sein Pferd an und blieb vor der Front stehen. Sein einer Fuß saß schräg im Steigbügel, denn bei Gadebusch, wo man ihn vom Schlachtfeld getragen, war ihm das Bein von einer Kugel zerschmettert worden. »Pfui, ihr Södermanländer!« rief er mit seinem Schonendialekt. »Bekommt ihr nicht Zukost zum Brot der Krone, ihr Butterbuben, so fangt ihr gleich an zu knurren. Ich höre, daß ihr alle verzagt seid. Aber nun gilt es tapfer ertragen, denn das sage ich euch, daß zu keinen Zeiten die schwedischen Männer mehr einem solchen Helden dienen werden wie unserem königlichen Herrn, und willig lasse ich für ihn mein Blut. Seht auf mich! Wie nennt man mich? Nun, heraus damit!« »Den reichen Fuchs!« antworteten die Soldaten einmütig, und ihre Züge leuchteten. »Das stimmt. All mein Lebtag habe ich der reiche Fuchs geheißen ... Nun ja, worin liegt denn Fuchsens Reichtum? Wer heraustreten und antworten kann, bekommt zwei Rundstücke.« Keiner wagte sich vor. Da zog der reiche Fuchs seine Brieftasche aus der Brust und schlug nach und blätterte in den Seiten und hielt folgende Rede: »Was Teufel will das heißen, reich zu sein! Das ist eine Buchführungssache, Kinder. Glaubt ihr vielleicht, daß alles Eigentum zinsbringend sei? Ja, versucht! Jetzt hört zu, was ich lese! Schulden: Null, Null. Das ist die erste Hälfte von Fuchsens Reichtum. Dann haben wir des seligen Schlippenbach Schlafrock ... Habt ihr schon den seligen Schlippenbach vergessen, euren früheren Oberst, der mir sowohl seinen Schlafrock als auch sein Regiment im Testament vermachte, die zwei liebsten Gegenstände, die er auf der Welt besaß? Der Schlafrock ist mir so wertvoll, daß ich ihn nicht für weniger als fünftausend Reichstaler verkaufen wollte. Da ist er denn auch für mich gerade die Summe wert. Demnach, hört nun zu! Vermögen: Des seligen Schlippenbach Schlafrock: fünftausend Reichstaler, Sörmlands Regiment: zehntausend Reichstaler, meine geliebte Frau Greta, daheim: siebzigtausend Reichstaler, der Köter von Holstein: tausend Reichstaler, meines königlichen Herrn Gnade: achtzigtausend Reichstaler, das Wirtshaus zum Goldesel: zweitausend Reichstaler ... Hol' mich der Teufel, ist das nicht alles niedrig gerechnet, aber es ist auch das einzige, was ich in der Welt habe. Nun, was ist denn das Wirtshaus zum Goldesel für ein Ding?« »Es ist des gnädigen Herrn Oberst Leinwandzelt!« murmelten alle Soldaten durcheinander. »Ganz recht, ja! In dem Wirtshaus bekommt jedermann das Frühstück umsonst, denn es ist nicht das geringste zu bekommen ... Laßt uns nun rechnen! Summe des Vermögens: einhundertachtundsechzigtausend Reichstaler. Aber war Null Null Schulden die Hälfte meines Reichtums, so muß ja die Hälfte auch einhundertachtundsechzigtausend wert sein. Folglich und beweislich habe ich somit, zusammengelegt, dreihundertsechsunddreißigtausend Reichstaler. Seht ihr, Jungen, das ist, was Görtz Finanzen nennt, und solches ist nützlich zu können, begreift ihr. Lernt nur, Buch zu führen und den richtigen Wert auf alles zu setzen, dann seid ihr schön reich und braucht nicht den Kopf zu hängen, wenn der Magen auch knurrt.« »Vivat! Vivat, der reiche Fuchs!« schallte es die Reihen entlang, aber im gleichen Augenblick flogen alle Degen aus den Scheiden. Die Musketen präsentierten, und die Trommeln donnerten. In dem Schein an der Felswand bewegte sich der hohe, vergrößerte Schatten eines hinkenden Mannes mit runder Pelzmütze auf dem Kopf und einem knotigen Stock in der Hand. Es war der König. Er kam zwischen den Föhren, von Trabanten gefolgt, die, ihre Haudegen gezogen, in langer Reihe ihre Pferde führten. Er selbst ging zuvorderst und bahnte den Weg im Schnee. Sein narbiges und zusammengebissenes Gesicht war mit den Jahren durch Sonne und Frost in der Farbe dunkel geworden, und zwischen den Augenbrauen lag eine tiefe Falte. Als er die Pelzmütze unter den Arm steckte und nach allen Seiten hin die Begrüßung der Truppen erwiderte, fiel der Schnee über sein kahles Haupt. Die Generale versammelten sich allmählich um ihn, und die Trabanten hieben mit den Degen einige Föhrenzweige ab und breiteten sie auf den Boden. Während der ganzen Zeit stand er barhäuptig im Schneewirbel, und die ergrauten und an der Schläfe zurückgestrichenen Haarsträhnen glichen zuletzt einem Kranz bereifter Blätter. Er befahl den Soldaten, die Musketen zusammenzustellen und den Reisighaufen anzuzünden, aber die Musikanten blieben an der Felswand stehen, mit der Order, bis Sonnenuntergang zu spielen. »Die Norweger sind ein lustiges Volk, um sich mit ihnen zu stoßen,« sagte der König. »Solche Männer wie ihr, Kruse und Kolbjörnsen, sollten, wenn sie fallen, in Goldsärgen begraben werden.« Der Feldmarschall Mörner antwortete: »Wir haben gerade neuerdings einige norwegische Schnapphähne eingefangen, die hier in den Büschen versteckt lagen, um auf Eure Majestät zu schießen. Sollen wir sie henken?« »Nein. Gib einem jeden einen Dukaten für vergeudete Zeit, und bitte sie, nicht weiter in das Soldatenhandwerk zu pfuschen.« Mörner ließ die Stimme sinken. »Es gibt auch andere, mit Höherem betraute Buschkriecher. Ich habe vorhin von Pfarrer Brenner einen neuen Angebebrief erhalten über heimliche Verschwörung gegen Krone und Leben. Sollte man ihm Glauben schenken, so stünden in diesem Augenblick auf kaum fünf Armlängen Abstand gefährliche Feinde hier herum.« »So mögen sie stehen, wenn es ihnen nicht behagt, zu sitzen. In Kriegstagen ist keine Zeit zum Untersuchen.« Mörners Zwerg, Luxemburg, trat jetzt mit der Wasserflasche vor. Als der König getrunken hatte, reichte er dem Zwerg seinen abgenutzten Wacholderstock, wie um den Kleinen auszurüsten, und sagte zu ihm: »Ein Türk hat mir geweissagt, ich solle mich vor Narren hüten. Du kannst nun erproben ob ich recht habe.« Luxemburg nahm den Stock und zupfte und spielte auf ihm wie auf einer Gitarre und stimmte eine französische Liebesweise an. Mörner trat dann dem König näher und flüsterte hinter dem Hut: »Die Mannschaft verhungert.« »Möge der Soldat treu seinen Dienst tun.« »Aber ein ausgehungerter Soldat läßt die Muskete fallen.« »Wenn man Schnee schmelzt, wird er zu Wasser. Wenn man auf einen Tannenzweig beißt, kann der Hunger sehr wohl für lange Zeit betäubt werden.« »Das Volk hier haben wir wenigstens unter den Augen ... Aber die Leute daheim ... Die Pfarrer lehren jetzt offen von der Kanzel, die Rache von oben herabzurufen. Sie meinen, seitdem Gott die Schweden geschlagen und das Zeichen gegeben hat, daß ihr Reich zerstückt werden muß, fechte Eure Majestät für die eigne Ehre allein.« »Sind denn ihre Ehre und die meine zwei getrennte Dinge geworden? Sie trotzten, und ich antwortete. Ich will sie zwingen, bis zum äußersten auszuhalten. Ist es nicht ebensowohl für ihre Schuld als für die meine? Sie sagen, daß ich Gott versuche. Ich antworte, daß ich ihm folge. Das ist mein Königswort! Im Namen der Gerechtigkeit, das ist mein Eid! Wer ist Schiedsrichter?« Mit diesen Worten setzte der König die Pelzmütze auf, schlug den Mantelkragen in die Höhe und legte sich so ruhig zum Schlafen auf die Tannenzweige, als wäre kein Feind auf Gottes Erdboden zu finden gewesen. Düker rief mit Eifer den Offizieren seine Befehle zu. Mörner schlief, stehend gegen eine Föhre gelehnt, ohne länger den Einfällen des kleinen Cronstedt zuhören zu können, und der verschmitzte Stjernroos, der ausgewesen war und spioniert hatte, kam, in eine Schafpelzjacke verkleidet, mit Holzschuhen und mit einem Fäßchen auf dem Rücken. Selbst der König schlief schon regungslos, ohne einen Gedanken an Brief und Drohung. Er hatte sich seinen Soldaten anvertraut. Aber es waren zwei Augen, die ihm folgten. Tolle Aarasson, der am vorhergehenden Tage in das Regiment Södermanland gesteckt worden war als Korporal und Führer für die Holzhauer, konnte sich nicht zwingen, von dem Schlafenden wegzuschauen. Die Worte des reichen Fuchs lagen ihm noch im Sinn. »Ich könnte vielleicht auch ein Haushaltungsbuch führen,« dachte er. »Fünfzig Dukaten in der Erde bei der Armleuchterbirke!« Er stierte mit seinen klaren und freundlichen Augen so starr auf den König, daß er nicht merkte, wie der reiche Fuchs ihm auf den Leib rückte. »Was ist's mit ihm?« sagte Fuchs und klopfte ihm seelengut auf die Schulter. »Hier ist ein Rapport nach Tistedal, denn jetzt sollen wir hinauf gegen die Festung Fredriksten und tüchtig einheizen. Nimm zwei Mann und zwei Bündel Kienspäne zum Leuchten mit ... und lauf' rasch! Wer einen so prächtigen Mundvorrat unter der Haut hat, braucht weder zu biwakieren, noch öfter als jede dritte Nacht zu essen, wenn er nur mit Gottes Gaben weiter hauszuhalten weiß.« Tolle Aarasson begab sich mit seinen zwei Soldaten abseits in den Wald hinein, aber noch in weitem Abstand wendete er sich zwischen den Tannen um und sah nach dem König. Als er bei Tagesanbruch zum Dorf Tistedal kam, blieb er unter der Armleuchterbirke stehen und steckte den letzten Kienspan in den Boden, mit dem brennenden Ende nach unten. »Ich bin weit umhergestrichen, um zu studieren und zu lernen,« sagte er zu den Soldaten. »Ich bin guten wie schlechten Menschen begegnet. Ob wohl die Tiere und Bäume auch gut und böse sein können? Bei jeder Mittagsrast, wenn ich mit den Holzhauern ausgewesen bin, habe ich mich zum Schlafen hierher gelegt, aber nie kam mir ein Schlummer in die Augen. Es lastet ein Fluch auf dem Baum! Seht ihr, da oben in den einen Ast habe ich eine Axt fest eingehauen. Es wird ein Morgen kommen, da setze ich die Axt an die Wurzel ...« Er blieb noch zurück und betrachtete den erlöschenden Kienspan. »Gute Menschen und böse, sagte ich ... Nie sah ich einen herrlicheren Mann als unseren großen König, aber die Jahre machen ihn immer strenger und härter. Er hat weder mit dem Wimmern der Tiere noch mit dem der Menschen Mitleid. Ein Jammerschrei kann ihn nicht einmal verlocken, den Kopf zu wenden. Sein Winter mit dem langsamen Tod ist gekommen. Wie würden wir ihn beweint haben, wenn er in seinen jungen Jahren hätte fallen dürfen! Keine Zeit würde einen größeren und reineren Mann gegrüßt haben als die seine. Seht diesen Kienspan, wie langsam er erlischt, wie er raucht und die Luft verpestet mit seinem feuchten Brandgeruch! Warum nicht lieber mit einer einzigen kleinen Handbewegung ihn tief hinunterdrücken, ohne Säumen ... daß er noch hell glühend in die Erde kommt ...« Die Soldaten verstanden ihn nicht, sondern antworteten schließlich: »Möge unserem geliebten Herrn und König nie etwas Böses geschehen!« Er tat ein paar Schritte, um ihnen zu folgen, aber die Armleuchterbirke streckte beschwörend ihre Äste über ihn, und er blieb abermals stehen und sprach mit sich selbst: »Wer denkt an Böses? Tolle Aarasson faßt die Muskete, er, der Verachtete, der Ausgestoßene, der von Hof zu Hof hat wandern müssen, um das Gnadenbrot zu erbetteln. Er faßt die Muskete und legt den Finger auf den Hahn. Der Schuß wird das ganze Volk zur Versöhnung rufen. Wenn auch alle Kanonen von Fredriksten durch die Nacht donnern, niemand wird sie hören. Die Soldaten werden finden, daß es so still ist wie auf einem entlegenen, zugefrorenen Alpsee. Sie werden nur den einzigen Schuß hören. Der wird Nacht um Nacht, Tag um Tag widerhallen, so lange die Menschen auf der Erde leben. Wenn ich die fünfzig Dukaten ausgegraben habe, werde ich zu den Generalen vortreten und alle Geldstücke über ihre Hüte und Perücken werfen und sagen: Heraus mit den Handschellen, gute Herren! Hier habt ihr das Trinkgeld für die Bemühung. Trinkt meine Gesundheit mit echtem Wein! Ich bin es, der Seine Königliche Majestät erschossen hat! Von euch wird niemand reden, aber so lange _sein_ Name lebt, so lange lebt der meine. -- Und dann werden die Handschellen zusammengeschraubt. Ich werde auf den Henkerskarren gesetzt und fahre die Götegatan hinauf in Stockholm, aber es wird kein Fenster, keinen Treppenabsatz, kein Dach geben, wo die Menschen sich nicht drängen werden, um Tolle Aarasson zu sehen. Und auf den Herrenhöfen, wo ich am Küchentisch zu essen bekam, und in den Pfarrhäusern, wo ich mich für einen Teller Biersuppe verbeugen mußte, da wird es heißen: In dem Stuhl saß Tolle Aarasson, aus der Pfeife rauchte Tolle Aarasson, auf diesem Türgriff hielt er den Finger, der den Schuß abdrückte. Die Studenten in Uppsala, die hochmütigen, die falschen Freunde, die sich zuletzt für zu gut hielten, um mich eine Regennacht über zu beherbergen ... sie werden altern, sie werden weiß werden auf dem Schädel, aber nie werden sie ermüden, zu sagen: Wir kannten Tolle Aarasson, wir nannten ihn du. -- So wird es gehen. Und so oft ein Reisewagen in die Stadt Stockholm einfährt, wird der eine Herr durch das Fenster zeigen und sagen: Hier ist der Galgenhügel! -- Es können hundert Hingerichtete in dem Acker liegen, aber er wird nur sagen: Da liegt Tolle Aarasson, der elende Lump! -- Und dann antworten die anderen Herren: Der Volksbefreier!« Tolle Aarasson hob den Arm, um sich zu stützen, aber in dem Augenblick, wo er die Hand gegen die glatte, kalte Rinde des Birkenstammes lehnte, riß er sie mit einem unterdrückten Ruf des Entsetzens zurück. Die Soldaten blieben stehen und wendeten sich um. Er winkte ihnen zu, weiter zu gehen, und folgte ihnen nach, aber er war bleich geworden wie ein toter Mann. * * * * * Der König hatte sich auf dem Bergrücken vor dem Laufgraben der Festung eine Bretterhütte erbauen lassen, und ein Bett, ein Tisch und ein Stuhl wurden dorthin gebracht. Keine Soldaten standen mit geladenen Musketen Posten an der Tür, und der wachthabende Adjutant wurde oft in verschiedenen Angelegenheiten fortgeschickt. Der König überwand sogar seine frühere Scheu vor der Einsamkeit der Nacht und ließ nicht länger mehr zu, daß ein Page neben seinem Bette schlief. Erschöpft von des Tages Mühen, schlief er mitunter draußen auf dem Walle ein, mitten vor den feindlichen Kanonen und den in dem Laufgraben arbeitenden Soldaten. Jeder hätte in der Dunkelheit sich zu ihm schleichen und sein Leben mit einem Degenstoß auslöschen können. Die schlaflosen und angsterfüllten Nächte der Ukraine nach dem ersten zerschmetternden Schlage des Schicksales waren nur noch als Narbe in der Falte zwischen den Augenbrauen zurückgeblieben. Er hatte seine Seele in Mißgeschicken so abgehärtet wie seinen Körper in Strapazen. Er grübelte keine Minute mehr über die Gefahr, aber er wußte, daß sie näher als je ihre schwarze Wolke über sein Haupt gehängt hatte, und dies erfüllte ihn mit der getrosten Ruhe einer entschwundenen Jugend. Seine Stimme war hart geworden, aber die befehlende Ruhe entzündete ihren verjüngenden Glanz in seinen Augen. Alles, alles, was Elend und Untergang Finstres verbergen, erhob sich rings um ihn, und er stützte sich auf seinen Wacholderstock, und, oftmals ungeduldig scheltend, leitete er die Arbeit der Soldaten. Zeitweise betrachtete er den Himmel und suchte die Sternbilder heraus, die er kannte, aber wenn der Nebel sich senkte und die Dunkelheit tiefer wurde, schloß er mitunter die Augen und rechnete an den Fingern: Dreihundert ... dreihundertfünfundachtzig ... neunzig ... vierundneunzig ... vierhunderttausend Reichstaler! -- Ob Görtz wirklich so viel bis Dezember würde auftreiben können? Wie sollte wohl sonst das Heer instand gehalten werden? Und ob wohl Görtz schon innerhalb zweier Tage ankommen würde? War es nicht die Erwartung seiner Ankunft, die im Lager solche Aufregung verbreitete? Was war in der Beziehung zu tun? Der König kannte keine Skrupel, denn er war ein Wegelagerer geworden, der Geld und Eigentum verachtete. Hatten ihn die Schweden nicht einen Verrückten genannt und die Hand nach seiner Krone ausgestreckt? Nun wohl, das verzieh er ihnen, seitdem er ihnen geantwortet hatte; aber bis zum äußersten wollte er sie zusammenhalten, wenn auch Grund und Boden brennen sollte. War das nicht der Auftrag, war das nicht das Gottesgebot, das er in seiner Seele beschworen hatte? Es war jetzt keine Zeit für Faulenzer, die am liebsten daheim in ihren Lukenbetten lagen. Und Görtzens Plakat, das auf jedem Gemeindehaus seinen königlichen Namen unter Meineiden von Frieden und dem Wohl der Untertanen hatte prahlen lassen? Wo hatte er während seines Feldzuges die Fürsten in der Stunde der Not wohl anders handeln sehen? Und waren sie nicht dennoch weise und gut genannt worden, wenn es ihnen geglückt war? Wenn der Sturm vorüber war, wollte er Gericht halten und Recht schaffen. Strenge hatte er befohlen, nie mit Wissen Ungerechtigkeit. Nun galt es, die Festung Fredriksten zu erobern, die vor ihm auf dem Felsrücken mit ihren grauen Mauern und den scharfen Ecken den Weg nach Norwegen hinauf verschloß. War nicht das Außenwerk Gyldenlöw schon mit dem Degen in der Hand genommen? -- Mit dem Degen in der Hand? -- Er schloß die Augen, wie er oft zu tun pflegte, wenn er ungesehen war, und wiederholte leise die Worte. -- Sie meinen, daß ich dich versuche, ewiger, wunderlicher Gott, heiliger Geist, meine Freude, meine Wonne, mein Labsal. Immerzu sagen sie: bleib' auf halbem Wege stehen, wo wir stehen bleiben, sonst versuchest du Gott; setze dich nieder, wo wir ermatten, sonst nennen wir dich nicht länger unseren Gideon. -- Du, der du Schiedsrichter bist, vor dir demütige ich mich in meiner Not, ich zerknirschter Sünder. Bin ich jetzt irre gegangen auf der Erde, so schlage mich tot darnieder!« »Der König ist auf seinem Posten eingeschlafen,« sagten die Soldaten, als sie ihn mit gesenktem Haupt und dem heruntergezogenen Hute sahen. Er hörte sie, sah auf und antwortete: »Noch nicht!« Am ersten Sonntag im Advent stieg der König zu Pferd und ritt durch den Nebel nach dem Möllerhäuschen in Tistedal hinunter. Er war trüben Sinnes, und um seine Schwermut zu übermannen, setzte er sich auf die Bank am Kaminfeuer und sah seine Papiere durch. Es waren Bittschriften und alte Briefe und durchkreuzte Rechnungen, noch von dem Aufenthalt in Lund. Seine Augen blieben schließlich auf zwei Halbbogen haften, die mit einer Messingnadel aneinander befestigt und mit seiner eigenen schwerleserlichen Schrift beschrieben waren. Er las: »~Anthropologia Physica.~ Der natürliche Trieb alles Lebendigen ist das, was Passion oder Genuß der Wollust genannt wird. Die Wollust ist von zweierlei Art, nämlich Wollust der Seele und des Körpers. Wollust der Seele wird die genannt, an der der Körper keinen Teil haben kann. Aber Wollust des Körpers wird die genannt, die der Körper mitsamt der Seele fühlt ... Die drei Teile des Körpers sind: Die materielle Gestalt, wodurch die Figur des Körpers mit ihren äußeren und inneren Teilen geformt wird; die fließende Materie, die aus dem Blut mit dem, was dazu gehört, besteht; der materielle Spiritus oder Geist, als die allerfeinsten Teile der materiellen Wesenheit, ist die Kraft und das Lebendige in dem Blute selbst und empfängt das Leben und die Empfindung von dem lebendigen Geist oder Seele, und dieselben verursachen den ganzen Leib. Dieser vergeht auch von sich selbst, sobald irgend ein Körper oder Glied abstirbt ... Die Ursache, warum die Seele beider Wollusten teilhaftig ist, und daß der Körper einzig und allein die fleischliche Wollust fühlt, ist die, daß das Leben eigentlich eine Eigenschaft der Seele ist, da es der Leib, der in sich selbst eine tote Wesenheit ist, durch der Seele Werk empfängt ... Das, was gemeiniglich unter dem Namen der fünf Sinne verstanden wird, besteht nur in einem, was Empfindung genannt wird, und ist eine Wirkung der Seele, die, nach einer jeglichen Beschaffenheit des Körpers und der Gestaltung, sich auf fünferlei Weise dartut ...« Er stand von der Bank auf und faßte den eintretenden Feldmarschall Mörner am Gürtel. »Wäre Mörner nicht ein gleich schlechter Philosoph, als er guter Hausvater ist, so würde er hier eine schwere Nuß zu knacken bekommen. Nein, lies das Geschriebene nicht ... es sind nur einige Lappalien, die ich eines Abends da unten in Lund aufsetzte. Immer, wenn ich nach einiger Zeit den Gedankenbau wiedersehe, den ich aufzurichten versuchte, bekomme ich Lust, mich als Feind zu verkleiden und meine eigene Redoute zu stürmen. Ob wirklich das Vergnügen des Gedankens in dem Gefecht selbst liegt? Die Wollust, die Glückseligkeit, die vollkommene Zufriedenheit ... wäre das das Lebensziel, dann wäre das Ziel etwas Endliches, ein Stück klares und blankes, aber totes und regungsloses Gold. Warum das Leben als eine Basis betrachten und oberhalb derselben die Zwecke sammeln wie ein Bündel Linien in einer Winkelspitze, in einem einzigen Punkt? Warum nicht das Leben zu dem Punkt machen, aus dem die Zwecke ausstrahlen wie unendliche Linien, wie Stamm und Äste an einem Baum, dessen Krone in Ewigkeit immer weiter und belaubter wird? Warum nicht sagen: es gibt kein Schlußziel, aber Billionen Zwecke, die sich, ein jeder für sich, in Unendlichkeit zu Billionen neuer auseinanderzweigen? Wie viel größer wird dann doch das irdische Leben jedes einzelnen Menschen!« Mörner antwortete: »Eure Majestät sind ein schwerer Zweikämpfer in gelehrten Disputationen, und nie höre ich meinen gnädigen Herrn so beredt wie in derlei Fehden, aber ich kann nicht wie Grothusen selig die Spitze bieten. Ich kann nur dies antworten: Wenn aus einem Erdenleben in das Unendliche Äste empor wachsen, dann birgt auch die kleinste Handlung der Stunde eine ewige Verantwortung ...« Er riß seinen Rock mit Eifer auf und reichte dem König einige versiegelte Briefe hin. »Bedenkt, Majestät, auch die lumpigste Anzeige _kann_ wahr sein und für Jahre die Sense aus der Hand des Sensenmannes schlagen.« Der König kannte im voraus diese Schriftstücke, die mit zierlich geschriebenen Druckbuchstaben und ohne Unterschrift seine Nächsten anschwärzten und ihm einen plötzlichen Tod voraussagten. Die Drohung mit dem Tod ängstigte ihn nicht mehr als das Schwirren einer Kugel. War er nicht sozusagen seit seinen Knabenjahren jeden Morgen aufgewacht, bereit, vor dem Dunkelwerden unter den Gefallenen auf dem Feld zu liegen. Er warf die drei Briefe unerbrochen ins Feuer, einen nach dem anderen, und stand in dem niedrigen Möllerhäuschen so ruhig, als hätte sein letztes Heer erschöpfter und ausgehungerter Jünglinge alle Kronen Europas auf einem Troßwagen mitgeführt. »Antworte mir aufrichtig!« sagte er nach einigem Schweigen. »Auf wie viele kann ich mich noch verlassen ... ich meine nicht in einem Treffen ... sondern wenn alles gegen uns geht?« »Muß ich antworten? Ist es Befehl?« »Ja, auf wie viele kann ich mich noch verlassen?« »Auf keinen!« Die Trommeln rollten dumpf außerhalb des Häuschens, wo die Truppen zum Gottesdienst aufmarschierten, und Hultman trat mit den Worten herein: »Ich muß untertänig melden, daß die Hochmesse jetzt beginnen wird. Der Text des Tages handelt von unseres Herrn Christi Einritt in Jerusalem.« Der König wusch nun allen Ruß von Gesicht und Händen und zog beinah neue Kleider aus blauem Stoff und gelbe Elchlederhandschuhe an. Während Hultman sein Haar puderte, so daß es weiß wurde wie das eines Greises, stützte er einen Fuß auf das Holz im Kamin und sagte ganz leise und hauptsächlich zu sich selbst: »Der Text ist mir ganz lieb ... Aber das Volk breitete die Kleider auf den Weg, und andere hieben Zweige von den Bäumen, und streuten sie auf den Weg. Das Volk aber, das voranging und nachkam, schrie und sprach: Hosianna dem Sohne Davids! Gelobet sei, der da kommet im Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!« »Ja, ja, gnädigster Herr,« antwortete Hultman beinahe flüsternd, »so sollen auch die Heiligen rufen, jedesmal wenn ein rechtschaffener Held Gottes in das himmlische Salem einreitet.« Dann wendete sich der König vom Feuer weg und schritt hinaus zu den Truppen. Mit entblößtem Haupt stellte er sich unter die Armleuchterbirke. Die Soldaten, die es gewohnt waren, seinen Wacholderstock und seine befleckte Kleidung zu lieben, erkannten ihn kaum wieder. Den ganzen Tag blieb er im Lager, und erst nach dem Abendgottesdienst, wenn der Nebel zu sinken begann, ritt er auf seinem Pferd »Engländer« den waldigen Bergrücken hinauf bis zur Bretterhütte am Laufgraben. Tolle Aarasson arbeitete mit seinen Soldaten in dem äußersten Graben. Von dem Franzosen Maigret angeführt, krochen die Schweden mit ihren Spaten voran und rollten Schritt für Schritt die Reisigbündel und Schanzkörbe vor sich her, zum Schutz gegen die Kugeln der Festung. Der Widerhall des feindlichen Feuers donnerte in den Alpen wie das Getöse von Riegeln und Schlössern, wie Keulenschläge auf Eisenpforten zu unterirdischen Gefängnissen und Gewölben. Um ihre Schüsse lenken und sich vor Überrumplung schützen zu können, stellte die Mannschaft lange Stangen mit brennenden Pechfackeln aus, und die darumgeschlungenen Leuchtkugeln warfen ihr plötzliches Licht über die Felsenplatten. Feuer und Rauch sprühte aus den Festungsmauern Fredrikstens, und oberhalb des mit Rasen belegten Walles der Schweden erkannte Tolle Aarasson des Königs großen Hut und seinen kleinen Kopf. Unten im Schatten des Grabens verborgen, riß er die Muskete eines gefallenen Kameraden an sich und ging gekauert ein Stück gegen den Erdwall zurück. Erst als er so nahe gekommen war, daß er des Königs Worte an die Offiziere hören konnte, die im Graben auf der anderen Seite des Walles standen, blieb er stehen. »Sonderbar!« dachte er. »In den Laufgräben hier fallen fast jede Nacht eine Menge Soldaten ... Woher kommt da die Macht, Hunderte von Menschen zwingen zu können hier stehen zu bleiben und zu fallen, ohne daß sie wagten, einander die drei einfachen Worte zuzurufen: Wir gehorchen nicht! ...« Er wollte knieen und den Himmel um Verzeihung bitten und sich selbst einreden, daß seine Handlung gerecht sei, aber er vermochte es nicht. Er wußte nie, was er selbst wollte; und wenn ein Kind ihm zugerufen hätte, die Muskete hinzuwerfen, würde er gehorcht und den Rat gelobt haben. Aber niemand redete ihn an, und niemand sah ihn, und er fürchtete sich nur, weiter zu zögern, seine eigene angstvolle Ungewißheit zu verlängern. Er spannte den Hahn. Er legte die Muskete an die Backe. Er zielte nach dem, für den er seine Landsleute unterwürfig fallen und verbluten sah ... Aber der Finger lag zitternd und lahm am Drücker. Schritte näherten sich. Es war der grauhaarige Hultman, der in Knöpfschuhen und weißen Strümpfen und den Hut ehrfurchtsvoll unter den Arm gesteckt, über die Felsen kam, mitten zwischen den schwirrenden Stückkugeln. Vor sich trug er die mit einer Serviette zugedeckte Blechschüssel, die des Königs Abendessen enthielt. Sobald er den Wall heraufgekommen war, breitete er die Serviette über den Hut, stellte sodann die Schüssel darauf und bot sie dem König an, der stehend speiste und hin und wieder seinen treuen Diener am Rockknopf packte. Tolle Aarasson senkte die Muskete und hörte ihn sagen: »Hultman fängt an im Gang ebenso steif zu werden, wie der alte Brandklepper es auf seine alten Tage war ... Aber niemand ist mir treuer gefolgt, wohin es auch ging, und deshalb ernenne ich ihn auf der Stelle zum Küchenmeister. Mit den Jahren bleiben immer weniger der Alten von ehedem übrig ...« »Gott, barmherziger Gott!« murmelte Tolle Aarasson und wiegte sich mit der Muskete in den Armen hin und her. Er sah, wie Hultman wieder seinen Weg durch den Kugelregen machte und der König, die Wange gegen die linke Hand gestützt, sich über den Wall hinüber lehnte. Der Mond, der in seiner Fülle stand, stieg jetzt klar und groß über dem Fichtenwald empor. Schwedische, deutsche, italienische und französische Offiziere unterhielten sich nahebei in ihren verschiedenen Sprachen und ratschlagten, wie sie den König von seinem bloßgestellten Posten herunterlocken könnten. Maigret, der jetzt auch dazu gekommen war, zog ihn leise am Mantel und sagte: »Dies ist kein Posten für Eure Majestät ... Kartätschen und Musketenkugeln haben nicht mehr Achtung vor einem König als vor dem gemeinsten Soldaten.« Da hob Tolle Aarasson die Muskete wieder mit beiden Armen. Er warf sie zu Boden, daß der Schuß abbrannte und der Knall in dem Krachen des feindlichen Feuers erstarb. »Nie,« stammelte er. »Niemals! Ein schwedischgeborener Mann kann das nie, warteten auch fünfzig Dukaten unter jeder Birke Norwegens. Dann lieber desertieren oder selbst fallen. Was frage ich nach den Dukaten ... Es war sein _Leben_, das ich nehmen wollte ... Und ich vermag es nicht! Ich könnte es erst, wenn ich die Augen zumachte. Gibt's hier keinen fremden Scharfschützen, der mit geschlossenen Augen einen König erschießen kann?« Tolle Aarasson merkte nicht, daß der Mond schon in den Graben hineinschien und seinen eigenen Schatten mit den runden Gliedern und den lächelnden Knabenwangen auf den Abhang des Walles warf. »Was machst du hier, mein Lieber?« fragte der König. »Immer voran und auf den Feind los!« Tolle Aarasson fuhr empor, drehte sich auf dem Absatz herum und begann auf die Festung loszumarschieren. Hinter sich hörte er noch, wie die Offiziere den König ermahnten, herunterzusteigen. Der König antwortete ihnen: »Fürchtet nichts!« Da griff Tolle Aarasson nach den Hutecken, ohne länger zu wissen, was er tat, und fing an über Schanzkörbe und Reisighaufen zu springen, immer vorwärts und auf den Feind los. Viele schwedische Soldaten, die ihn sahen, standen auf, um ihm zu folgen und zu desertieren. Er blieb stehen und schlug mit der Hand nach ihnen, und jedesmal, wenn er sich umdrehte, erkannte er den König auf dem Wall. Warum ergriff er da nicht einen Spaten und fing an zu graben. Das war es doch wohl, was der König gemeint hatte. Statt dessen lief er immer heftiger und blinder, und zuletzt wußte er nicht, ob er dies tat, um zu gehorchen, oder um zu desertieren. Er suchte Schutz hinter Baumstümpfen und in Klüften, aber dennoch kam er der Festung immer näher. Seine weichen Glieder bluteten schon aus drei Wunden, aber er achtete nicht auf die warmen Tropfen, die unter dem Handschuh herunterflossen, sondern sagte Gebete und Psalmen her und nannte sich einen ewig verlorenen Verbrecher, der über den Verkauf seiner Seele gebrütet hätte. Er kam an ein entzweigeschossenes Außenwerk von geringer Größe, das verlassen schien, aber als er Stimmen norwegischer Soldaten hörte, verbarg er sich zwischen den Schanzkörben. Einige Schritte von ihm entfernt stand ein Feldstück auf zerstörten Rädern, braunrot vom Rost und mit der Mündung gegen des Königs Wall. Es war mit Grieß und altem Eisenschrot geladen. Angefressene Musketenkugeln lagen da, die vor hundert Jahren ein betrunkener Seeräuber gleichgültig in seiner Kugelzange gegossen hatte, während er ein liederliches Lied für seine Dirne summte. Verbogene Schlüssel und Nägel lagen da, die vor langen Zeiten aus der Scheune eines Bauern gefallen waren, und zu hinterst lag ein zusammengebogener Klöppel, der einst in dem sonnigen Hochgebirge in einer Kuhschelle beim Walljodeln der Mägde geläutet hatte. Lange, zerrissene Wolken eilten weißschimmernd über den Mond, und Tolle Aarasson lag zwischen den Schanzkörben, blutend, mit gefalteten Händen. »Dies ist so eine Nacht,« stammelte er, »da der Himmel weit offen steht und Gott die Erde in so tiefen Gedanken betrachtet, daß die Menschen seinen Blick fühlen. Sie mögen entfliehen ... sie mögen sich verbergen ... sie mögen Verbrecher sein, wie ich, oder Heerführer, sie spüren doch seinen Blick ... Ein Held ... was ist ein Held? Das ist Standhaftigkeit bis zum letzten, Standhaftigkeit gegen Widersacher, gegen Freunde. Aber du dort oben, du bist dein Rächer wie der Menschen Rächer; und wenn das Stundenglas deiner Gnade abgelaufen ist, hebst du in Allmacht deinen Finger und der Held lehnt seinen Kopf zur Erde ... und liegt versöhnt ...« Tolle Aarasson bog die Weidenruten des zunächst liegenden Schanzkorbes zur Seite und hörte den norwegischen Konstabel mit den Soldaten reden. »Ihr Jungen, es hat keinen Zweck, länger Mannschaft und Artillerie auf diesem Schanzwerk zu verschwenden, aber da das alte Feldstück zu gebrechlich ist, um weggeschleppt zu werden, hat mir der Kommandant befohlen, es abzufeuern, ehe wir gehen. Immerhin kann wohl der Schuß den Schweden einigen Schaden verursachen, wenn das Geschütz nicht in Stücke springt.« Während er sprach, legte er vorsichtig die Lunte auf das Feldstück, und von seinen Leuten begleitet, kehrte er dann mit raschen Schritten und singend nach der Festung zurück. Tolle Aarasson verfolgte mit dem Auge die gelbliche Flamme der Lunte, die sich dem Zündloch immer näher schlängelte. Er stieß die Reisigbündel und Erdsäcke weg, um sich Bahn zu brechen und die Lunte wegzureißen, und er sprach laut, als spräche er zur Nacht: »Ich wollte den Mann töten ... und jetzt will ich ihn erretten, nur weil ich ihn eben gesehen habe und ihn sprechen hörte! So macht er uns alle mit einem Blick zu seinen Dienern! Mein Verstand erlischt, und ich kann nicht länger denken.« Er hieb die Weidenruten mit geballter Faust entzwei, aber das Pfahlwerk versperrte den Zugang, und die ganze Zeit sah er die Flamme am Zündloch. Mitunter erstarb sie und war nahe daran, ausgelöscht zu werden, dann aber schlug sie wieder klar und groß in die Höhe. Dies sei ein Zeichen, meinte Tolle Aarasson, daß die Menschen heute Nacht nicht mehr versuchen sollten, zu handeln, und er stieg in die Klüfte hinunter, die gegen das Tal und die schwarzen Schornsteine in dem abgebrannten Fredrikshall abstürzten. Noch aus der Ferne sah er die Flamme. Klar brannte sie in weiter Ferne zwischen den Schanzkörben, aber er stieg tiefer und tiefer hinunter in die Felsen. Da hörte er den Knall des Schusses, und der Felsen zitterte. Seine Kräfte waren erschöpft, und sein Verstand wurde umnachtet. Er erinnerte sich nicht mehr, warum er gegen den Feind gegangen war. Er fürchtete nur dunkel, gesehen und ergriffen zu werden. Er stierte in die Nacht hinauf, und gleich den Wagen Asa-Thors rollten die Donner der Festung über die Alpen. Er wußte nicht, wie lange er unter den Wacholderbüschen umher schwankte, und nicht, wohin er ging. Zuletzt vernahm er Schritte von schweren, eisenbeschlagenen Stiefeln und hörte Kies und Steine stürzen. Zwölf Soldaten aus der Garde kamen mit einer Bahre den jähen Hügel herunter. Er hielt sich hinter den Wacholderbüschen und wartete. Auf der Bahre lag ein Gefallener, von zwei einfachen Soldatenmänteln umhüllt und mit einer weißen, über das Gesicht gezogenen Lockenperücke unter dem in die Stirn gedrückten galonierten Hute. »Wer ist der Gefallene?« flüsterte er so leise, daß Oberst Carlberg, der vorn die gesenkte Seite der Bahre stützte, nichts merkte. »Der Oberst sagt, daß es ein kecker Offizier sei,« antwortete der hinterste Träger, aber als er dabei den Kopf drehte, um den einsamen Nachtwandler zu betrachten, stolperte er und fiel unter seiner Bürde aufs Knie. Die geliehene Perücke und der Hut glitten von dem Kopf des Toten, so daß das Mondlicht klar auf das Antlitz mit der durchschossenen Schläfe fiel. »Der König! Unser großer geliebter König!« murmelten die Träger und wollten die Bahre niedersetzen. Der Gefürchtete, dem gerade zugeflüstert worden war, daß er sich länger auf keinen verlassen könne, lag entwaffnet, und alte Kriegsleute, beschmutzt von Lehm und Ruß, rangen ihre verfrorenen groben Hände über seiner Leiche und wimmerten und stöhnten: »Unser großer, unser geliebter König!« Der Oberst mußte ihnen mit strenger Rede drohen, daß sie still sein und nicht mit ihrem Jammer verraten sollten, was geschehen war. Schwer und langsam trugen sie den König weiter, auf derselben ungehobelten Bahre, auf der er während der verflossenen Nächte so manchen schon vergessenen Soldaten ohne Namen gesehen hatte, der, seinem Willen gehorsam, gestorben war. Mitternacht war schon vorbei, als die Bahre auf einem offenen Rasenplatz zwischen den Häuschen des öden Dorfes Tistedal niedergesetzt wurde. Nachdem die Träger die Notmünzen als Trinkgeld bekommen hatten, entfernten sie sich alle. Der Oberst blieb zurück; grübelnd und laut seufzend, setzte er sich auf die eine Stange der Bahre. Die Salven krachten noch in der Ferne auf dem Waldfirst, aber sonst war alles schweigsam, und das Mühlrad unten am Flusse stand still. Alle Scheiben waren dunkel, und der selbe Vollmond, der dem verkleideten Reiter durch das Stadttor Stralsunds und zu dem düstern Handgemenge auf Rügen geleuchtet hatte, schien heute nacht auf das Gras, wo ein alter verweinter Oberst bei seinem gefallenen König Wache hielt. Schritt für Schritt war Tolle Aarasson nachgeschlichen und blieb erst dicht an dem Rasen unter den unbeweglich herunterhängenden Zweigen der Armleuchterbirke stehen. Halblaut zu sich selbst sprechend, ging er rings um den weißen Stamm, in immer engeren und engeren Kreisen und träufelte die großen Tropfen aus seinem verwundeten Arm über die Erdschollen, um die bösen Dukaten, die da unten lagen, zu ewigem Schlaf, ewiger Vergessenheit zu beschwören. »Schlafen, schlafen unterm Fluch! Warum werden nicht die Trommeln gerührt? Die Bahre dort steht so allein. Hier weinen keine Frauen, keine Kinder, keine vertrauten Freunde. Ach, du Mond, der du kamst und gingst und so vieles anschautest, nie werde ich dich über einem schwedischen Wald sehen, ohne der Bahre zu gedenken.« Er ergriff die Axt, die in einem Zweige saß, und die er einige Abende zuvor den Soldaten gezeigt hatte. Die Holzsplitter flogen, und seine Hiebe gegen den Stamm der Armleuchterbirke hallten weit durch die Stille. Dann zog er wiederum seine Hand zurück, und ein neuer Schimmer vom Licht des Verstandes zog durch seine Seele. »Allmächtiger, rächender Gott! Er, vor dem der bezahlte Mörder seine Waffen hinwarf, er, der lächelnd unzähligen Todesgefahren begegnete, er fällt still wie eine geknickte Ähre am Weg, da du das Maß seines Verhängnisses fülltest. Er fällt beinahe in der Einsamkeit, eines Nachts auf dem Walle, gleich einem geringen Soldaten auf dem Posten. Er stirbt von der Kugel eines ausgedienten und verrosteten Feldstückes, auf das ein paar Soldaten gleichgültig und singend ihre Lunte geworfen haben. Oder ... woher kam wohl auf dein Geheiß die Kugel? Was weiß ich, ein einfacher Mann ... Ich weiß nur das, wovon ich soeben Zeuge war, und muß daher glauben ... Aber es waren so viele fremde Stimmen da oben in der Finsternis.« Noch immer saß der Oberst auf der Stange der Bahre bei dem in Soldatenmäntel gehüllten Toten, und immer erschöpfter fielen durch die Nachtruhe die Schläge der Axt gegen den dicken Stamm der Birke. Als schließlich der Baum stürzte, setzte sich der unbekannte Holzhauer schweigend auf den Stamm. Die Stunden wurden ihm lang. Es ging schon dem Morgen zu, als ein paar nachgeschickte Diener sich näherten, um den gefallenen Herrn hereinzutragen. Zwischen ihnen ging ein Hauptmann mit dem Degen des Königs und erzählte, daß dessen Hand im Augenblick des Todes so heftig um den Griff gefaßt habe, daß die Klinge zur Hälfte aus der Scheide gezogen worden sei. Jedem Worte lauschend, bog Tolle Aarasson die Zweige der Armleuchterbirke zur Seite. »Dieser Degen ...« fragte er sich. »War es ein verstockter und zu früh ergrauter Greis, der diesen Degen zog gegen das Andenken jenes Lichtfürsten, der einst seinen Namen trug? Oder ob ...?« Er trat vor, gerade dem Hauptmann in den Weg, und flüsterte unterdrückt: »Dieser Degen ... gegen wen wurde dieser Degen gezogen? Unter meinen blutigen Korporalskleidern steckt ein ebenbürtiger, ein vielleicht kundigerer Mann als Ihr, obgleich er vor den Menschen tief gesunken ist. Weist mich daher nicht fort, sondern antwortet aus Barmherzigkeit.« »Mein Freund, ich verstehe deine Frage nicht.« »Gegen wen, sage ich? Gegen wen wurde dieser Degen gezogen? ... Ich weiß es jetzt selbst. Gegen wen, frage ich? Gegen alle! Ist diese Antwort uns nicht genug? Ist es nicht so, daß ein Held sterben muß? ... Er glaubte. Er glaubte an die Gerechtigkeit seiner Berufung ... Solchen Trotzern verzeiht Gott, der Herr ... Solchen Trotzern verzeihen sogar die Menschen!« Von _Verner von Heidenstam_ erschien im Verlag von _Albert Langen_ Karl der Zwölfte und seine Krieger Historische Erzählungen in zwei Bänden 4. Auflage Preis jedes der einzeln käuflichen Bände geh. 4 M., geb. 6 M., in Leder 15 M. _Das Literarische Echo, Berlin_: Wir sind reicher geworden um ein wundervolles Buch. Ein schwedisches Buch, das in alle Literaturen gehört, so schwedisch sein Geist, seine Liebe auch ist. Denn es ist ein ganz reines Dichtwerk, geboren aus dem Urgrund einer Nation, einer ganz einzigen Volksseele und doch bestimmt für die ganze weite Welt, so lesen kann. Das ideale Schullesebuch wird einmal Stücke daraus enthalten. Denn es paßt für jedes Alter und alle Geschlechter. Noch trotzige Rein-Männer werden da ein Buch finden, das sie lesen dürfen, ohne ihrer edlen Literatur-Abgewandtheit etwas zu vergeben. (In diesem Buch fehlt fast ganz die Frau; und doch läßt sich denken, daß höhere Frauen darüber weinen.) ... Man soll kritisieren. Aber fängt man auch mit den besten Vorsätzen, gezücktem Bleistift und Zettelvorrat die Lektüre an: sie reißt einen so schnell mit sich fort, erfüllt mit so feurigem Entzücken, so dankbarer Liebe zum Dichter, daß nichts aus kühlem Wertemessen und bedachtem Wägen wird. Soll man nicht froh sein? Man gibt sich diesem Buch hin wie einem geliebten Bade im See, einer Bergschau, einem Wiesenschlaf, einem angebeteten Mädchen: gefühlsselig, selbstvergessen, aufgegangen im Gegenstande seiner Liebe. Man sucht Gott -- und wird selber Gott. Erst dann hat man ihn gefunden. Wer anbetet, ist selbst eines Gebetes wert. Und so kann man dieses wunderbare Buch nicht anders lesen, als indem man es erlebt. Und, ganz darin untergegangen, kann man nichts anderes von ihm sagen als eben nur feststellen: ich liebe es, wundervoll ist es. Und Liebe kennt nicht Einwand, sieht nicht Fehler. Aber keiner, der dies Buch liest, wird auch etwas dagegen einwenden können. Früher erschien Die Schweden und ihre Häuptlinge Ein Buch für Junge und Alte Preis jedes der einzeln käuflichen Bände geh. 4 M., geb. 5,50 M. _Die Neue Rundschau, Berlin_: Ein Ganzes ... das nicht durch seinen Kunstwerk allein, sondern durch seine Absicht schon die freudigste Beachtung verdient. Es handelt sich bei dieser Arbeit um nichts Geringeres als den Versuch: die Geschichte eines gesamten Volkes dichterisch zu gestalten, die Vergangenheit zum lebenatmenden, lebenspendenden Bild vor dem Auge des Heute erstehen zu lassen. Wo die Wissenschaft versagt, weil sie nur Erkenntnis begehrt und nicht schaffende Wirkung, tritt die hier lange verpönte Kraft der poetischen Einbildung wieder an den Stoff der toten Jahrhunderte heran mit dem alten, wundertätigen Schöpferwort: Stehe auf und wandle. Die Dinge sind zu diesem Punkte herangereift, langsam, unmerklich, aber unwiderstehlich folgerichtig ... Diese Aufgabe hat nun Verner von Heidenstams oben genanntes Buch gelöst. Seine Darstellung der schwedischen Geschichte, die er uns hier geschenkt hat, ist ganz Tatsächlichkeit im besten Sinn und zugleich dort ganz Bild und blutreiches Leben ... die wundervolle künstlerische Bewältigung des Werdegangs einer Nation, die nirgends bei ihm versagt. Damit hat er mit Meisterhand das geleistet, worauf es ankam, und niemand in seiner Heimat war so befähigt dazu wie er. _Hamburgischer Korrespondent_: Verner von Heidenstam behandelt in diesem Buch die schwedische Geschichte von den sagenhaften Urvölkern an bis zur Neuzeit. Aber es ist beileibe kein trockenes Geschichtswerk, keine nüchterne Aneinanderreihung von Haupt- und Staatsaktionen --: in wundervoll lebendigen einzelnen Bildern schildert uns Heidenstam mit Meisterhand das Volk der Schweden in seiner Entwicklung, in seinem Wachsen und Werden, in seinem Glück und Leid. Ein Dichter hat sich in die Vergangenheit seines Volkes versenkt, und ein Dichter erzählt uns, was sein Auge geschaut hat. Folke Filbyter Erzählung 3. Auflage Preis geh. 4 M., geb. 6,50 M., in Halbfranz 7,50 M. _Münchener Neueste Nachrichten_: In diesem Buche wird von Folke Filbyter, dem Stammvater des schwedischen Königshauses der Folkunger, erzählt; in einem Ton, der noch etwas von dem Klang alter Heldenlieder an sich hat. Das Donnern ungezwungener Wasserströme gibt den Grundton, die Bäume des Urwaldes rauschen darein, der Sturm, der Wikingerschiffe nordwärts treibt, der Heimat zu, braust darüber hin. _Königsberger Allgemeine Zeitung_: Es ist halb Geschichte, halb Sage und halb Dichterwerk, was Heidenstam in meisterlicher Weise erzählt. Groß angeschaut, echt dichterisch erfaßt und wiedergegeben, ermangelt dieses Buch doch keineswegs psychologischer Vertiefung und Feinmalerei, sowie machtvoller Charakterisierungskunst. Auch die reiche, blühende Sprache voll wunderbar plastischer Bildkraft, Sinnfälligkeit und künstlerischen Schwunges ist zu loben. Wenn irgendwo erhält das geheimnisvolle Dämmer nordisch-germanischer Vorzeit just in Heidenstams Werk die beste Darstellung ... Es ist kein mit billiger Bücherweisheit vollgepropfter geschichtlicher Roman, sondern ein blutvolles, lebendiges Bild aus der Urväterzeit ... Die Erben von Bjälbo Erzählung Preis geh. 4 M., geb. 6,50 M., in Halbfranz 7,50 M. _Berliner Morgenpost_: Das ist es, was Heidenstams großen Geschichtsromanen in seinem Heimatlande so lebhafte Sympathien schafft und was sie dem Auslande wertvoll macht: er schildert die Schwedenseele so plastisch, so klar, daß man ein farbiges Transparentbild vor sich zu haben meint. In diesem Bilde sieht man ein Volk, das uns Respekt und Liebe abzwingt; ein charakterfestes, ernstes, religiöses, tief veranlagtes Volk, das schweigsam seine Pflicht tut; nach außen verschlossen, im Herzen seinen Gott und seine Heimat. Hans Alienus Roman Zwei Bände, geh. 6 M., geb. 9,50 M. _Vossische Zeitung, Berlin_: Dieses merkwürdige Buch eines geistvollen Verfassers hat den seltenen Mut, mit Form und Inhalt über den modernen Romantypus weit hinauszuschweifen ... Dieser Hans Alienus ist ein Kämpfer gegen seine Zeit, der sich allerdings trotz naher Verwandtschaft hütet, an Nietzsche, den großen Unzeitgemäßen zu erinnern, um sein weltumsegelndes Schifflein mehr in das Fahrwasser des »Faust« und des Byronschen »Don Juan« zu bringen. Man muß dem Dichter Heidenstam erkenntlich sein, weil er uns mit seinem Roman einmal von der nahen, lastenden Wirklichkeit erlöst hat, weil er Phantast genug ist, um wie der Derwisch in Tausendundeine Nacht den Bann von Raum und Zeit durch ein Zauberwort zu brechen. Der Wald rauscht Erzählungen Preis geh. 2,50 M., geb. 4 M. _Neue Freie Presse, Wien_: Ein Dichter hat dem schwedischen Volk seine Helden und seine Landschaften, das Licht seiner Sommernächte, den Duft seiner Wälder und die schlichte Größe und Reinheit seiner Menschen in einer Verklärung geschenkt, wie sie der Geschichte eines Landes nicht schöner zuteil werden kann ... »Der Wald rauscht.« Dieser Titel ist ein Grundakkord, ein Leitmotiv für die ersten acht Novellen des Bandes. »Der Wald rauscht!« -- das war das geheime Losungswort für die letzten Getreuen der alten Asagötter, wenn sie einander vor Gefahr warnen wollten ... Es sind Stücke da von sehr verschiedenem Wert, aber in allen ist die Klaue des Löwen kennbar, und in allen rauscht es von Urwaldstimmen und den Regungen einer gewaltigen Zeit. In den Spielen und Gleichnissen, die ein Drittel des Bandes füllen, zeigt sich der Dichter als Meister der leichten, anmutigen mythischen Fabel. Grazie, Ironie, feine Charakteristik wechseln mit Szenen von tiefer Symbolik ... Verlag von Albert Langen, München Langens Mark-Bücher Eine Sammlung moderner Literatur Bis jetzt erschienen Band 1. Ludwig Thoma, Assessor Karlchen Band 2. Max Dauthendey, Der Garten ohne Jahreszeiten Band 3. Knut Hamsun, Abenteurer Band 4. Selma Lagerlöf, Die sieben Todsünden Band 5. Grazia Deledda, Sardische Geschichten Band 6. Peter Scher, Die Flucht aus Berlin Band 7. Alexander Castell, Das Fenster Band 8. Otto Julius Bierbaum, Die Haare der heiligen Fringilla Band 9. Ernst W. Freißler, Der Hof zu den Nußbäumen Band 10. Korfiz Holm, Schloß Übermut Band 11. Gustav Meyrink, Der heiße Soldat Band 12. Bruno Frank, Der Himmel der Enttäuschten Band 13. Ludwig Thoma, Das Aquarium Band 14. Björnstjerne Björnson, Mutters Hände Band 15. Ernst v. Wolzogen, Vom Peperl Band 16. Otto Soyka, Die Liebesfalle Band 17. Walter von Molo, Die ewige Tragikomödie Band 18. Heinrich Mann, Bunte Gesellschaft Band 19. F. Gräfin zu Reventlow, Das Logierhaus zur schwankenden Weltkugel Band 20. Otto Alscher, Die Kluft Band 21. Verner von Heidenstam, Kampf und Tod Karls des Zwölften _Sozialistische Monatshefte, Berlin_: Man sehe Langens Markbücher, die neue hübsche Bibliothek der Erzähler ... Format und Ausstattung sind ebenso zu rühmen wie die literarisch feine Auswahl des Gebotenen. Verlag von Albert Langen in München Druck von Hesse & Becker in Leipzig Einbände von E. A. Enders in Leipzig Weitere Anmerkungen zur Transkription Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Korrekturen: S. 7: neben → daneben lagen {daneben} auf den Treppenstufen *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK KAMPF UND TOD KARLS DES ZWÖLFTEN: HISTORISCHE ERZÄHLUNGEN *** Updated editions will replace the previous one—the old editions will be renamed. Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright law means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to copying and distributing Project Gutenberg™ electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG™ concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you charge for an eBook, except by following the terms of the trademark license, including paying royalties for use of the Project Gutenberg trademark. If you do not charge anything for copies of this eBook, complying with the trademark license is very easy. You may use this eBook for nearly any purpose such as creation of derivative works, reports, performances and research. Project Gutenberg eBooks may be modified and printed and given away—you may do practically ANYTHING in the United States with eBooks not protected by U.S. copyright law. Redistribution is subject to the trademark license, especially commercial redistribution. START: FULL LICENSE THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK To protect the Project Gutenberg™ mission of promoting the free distribution of electronic works, by using or distributing this work (or any other work associated in any way with the phrase “Project Gutenberg”), you agree to comply with all the terms of the Full Project Gutenberg™ License available with this file or online at www.gutenberg.org/license. Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg™ electronic works 1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg™ electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to and accept all the terms of this license and intellectual property (trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy all copies of Project Gutenberg™ electronic works in your possession. If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a Project Gutenberg™ electronic work and you do not agree to be bound by the terms of this agreement, you may obtain a refund from the person or entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8. 1.B. “Project Gutenberg” is a registered trademark. It may only be used on or associated in any way with an electronic work by people who agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few things that you can do with most Project Gutenberg™ electronic works even without complying with the full terms of this agreement. See paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project Gutenberg™ electronic works if you follow the terms of this agreement and help preserve free future access to Project Gutenberg™ electronic works. See paragraph 1.E below. 1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation (“the Foundation” or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project Gutenberg™ electronic works. Nearly all the individual works in the collection are in the public domain in the United States. If an individual work is unprotected by copyright law in the United States and you are located in the United States, we do not claim a right to prevent you from copying, distributing, performing, displaying or creating derivative works based on the work as long as all references to Project Gutenberg are removed. Of course, we hope that you will support the Project Gutenberg™ mission of promoting free access to electronic works by freely sharing Project Gutenberg™ works in compliance with the terms of this agreement for keeping the Project Gutenberg™ name associated with the work. You can easily comply with the terms of this agreement by keeping this work in the same format with its attached full Project Gutenberg™ License when you share it without charge with others. 1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern what you can do with this work. Copyright laws in most countries are in a constant state of change. If you are outside the United States, check the laws of your country in addition to the terms of this agreement before downloading, copying, displaying, performing, distributing or creating derivative works based on this work or any other Project Gutenberg™ work. The Foundation makes no representations concerning the copyright status of any work in any country other than the United States. 1.E. Unless you have removed all references to Project Gutenberg: 1.E.1. The following sentence, with active links to, or other immediate access to, the full Project Gutenberg™ License must appear prominently whenever any copy of a Project Gutenberg™ work (any work on which the phrase “Project Gutenberg” appears, or with which the phrase “Project Gutenberg” is associated) is accessed, displayed, performed, viewed, copied or distributed: This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you will have to check the laws of the country where you are located before using this eBook. 1.E.2. If an individual Project Gutenberg™ electronic work is derived from texts not protected by U.S. copyright law (does not contain a notice indicating that it is posted with permission of the copyright holder), the work can be copied and distributed to anyone in the United States without paying any fees or charges. If you are redistributing or providing access to a work with the phrase “Project Gutenberg” associated with or appearing on the work, you must comply either with the requirements of paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 or obtain permission for the use of the work and the Project Gutenberg™ trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or 1.E.9. 1.E.3. If an individual Project Gutenberg™ electronic work is posted with the permission of the copyright holder, your use and distribution must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any additional terms imposed by the copyright holder. Additional terms will be linked to the Project Gutenberg™ License for all works posted with the permission of the copyright holder found at the beginning of this work. 1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg™ License terms from this work, or any files containing a part of this work or any other work associated with Project Gutenberg™. 1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this electronic work, or any part of this electronic work, without prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with active links or immediate access to the full terms of the Project Gutenberg™ License. 1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary, compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including any word processing or hypertext form. However, if you provide access to or distribute copies of a Project Gutenberg™ work in a format other than “Plain Vanilla ASCII” or other format used in the official version posted on the official Project Gutenberg™ website (www.gutenberg.org), you must, at no additional cost, fee or expense to the user, provide a copy, a means of exporting a copy, or a means of obtaining a copy upon request, of the work in its original “Plain Vanilla ASCII” or other form. Any alternate format must include the full Project Gutenberg™ License as specified in paragraph 1.E.1. 1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying, performing, copying or distributing any Project Gutenberg™ works unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9. 1.E.8. You may charge a reasonable fee for copies of or providing access to or distributing Project Gutenberg™ electronic works provided that: • You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from the use of Project Gutenberg™ works calculated using the method you already use to calculate your applicable taxes. The fee is owed to the owner of the Project Gutenberg™ trademark, but he has agreed to donate royalties under this paragraph to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments must be paid within 60 days following each date on which you prepare (or are legally required to prepare) your periodic tax returns. Royalty payments should be clearly marked as such and sent to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation at the address specified in Section 4, “Information about donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation.” • You provide a full refund of any money paid by a user who notifies you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he does not agree to the terms of the full Project Gutenberg™ License. You must require such a user to return or destroy all copies of the works possessed in a physical medium and discontinue all use of and all access to other copies of Project Gutenberg™ works. • You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of any money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the electronic work is discovered and reported to you within 90 days of receipt of the work. • You comply with all other terms of this agreement for free distribution of Project Gutenberg™ works. 1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project Gutenberg™ electronic work or group of works on different terms than are set forth in this agreement, you must obtain permission in writing from the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, the manager of the Project Gutenberg™ trademark. Contact the Foundation as set forth in Section 3 below. 1.F. 1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread works not protected by U.S. copyright law in creating the Project Gutenberg™ collection. Despite these efforts, Project Gutenberg™ electronic works, and the medium on which they may be stored, may contain “Defects,” such as, but not limited to, incomplete, inaccurate or corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual property infringement, a defective or damaged disk or other medium, a computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by your equipment. 1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the “Right of Replacement or Refund” described in paragraph 1.F.3, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project Gutenberg™ trademark, and any other party distributing a Project Gutenberg™ electronic work under this agreement, disclaim all liability to you for damages, costs and expenses, including legal fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH DAMAGE. 1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a written explanation to the person you received the work from. If you received the work on a physical medium, you must return the medium with your written explanation. The person or entity that provided you with the defective work may elect to provide a replacement copy in lieu of a refund. If you received the work electronically, the person or entity providing it to you may choose to give you a second opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If the second copy is also defective, you may demand a refund in writing without further opportunities to fix the problem. 1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth in paragraph 1.F.3, this work is provided to you ‘AS-IS’, WITH NO OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE. 1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or unenforceability of any provision of this agreement shall not void the remaining provisions. 1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone providing copies of Project Gutenberg™ electronic works in accordance with this agreement, and any volunteers associated with the production, promotion and distribution of Project Gutenberg™ electronic works, harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees, that arise directly or indirectly from any of the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg™ work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any Project Gutenberg™ work, and (c) any Defect you cause. Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg™ Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of electronic works in formats readable by the widest variety of computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from people in all walks of life. Volunteers and financial support to provide volunteers with the assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will remain freely available for generations to come. In 2001, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure and permanent future for Project Gutenberg™ and future generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org. Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state’s laws. The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation’s website and official page at www.gutenberg.org/contact Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine-readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. Many small donations ($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt status with the IRS. The Foundation is committed to complying with the laws regulating charities and charitable donations in all 50 states of the United States. Compliance requirements are not uniform and it takes a considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up with these requirements. We do not solicit donations in locations where we have not received written confirmation of compliance. To SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state visit www.gutenberg.org/donate. While we cannot and do not solicit contributions from states where we have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition against accepting unsolicited donations from donors in such states who approach us with offers to donate. International donations are gratefully accepted, but we cannot make any statements concerning tax treatment of donations received from outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff. Please check the Project Gutenberg web pages for current donation methods and addresses. Donations are accepted in a number of other ways including checks, online payments and credit card donations. To donate, please visit: www.gutenberg.org/donate. Section 5. General Information About Project Gutenberg™ electronic works Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg™ concept of a library of electronic works that could be freely shared with anyone. For forty years, he produced and distributed Project Gutenberg™ eBooks with only a loose network of volunteer support. Project Gutenberg™ eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper edition. Most people start at our website which has the main PG search facility: www.gutenberg.org. This website includes information about Project Gutenberg™, including how to make donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.