The Project Gutenberg eBook of Begegnisse eines jungen Thierquälers oder »Der Gerechte erbarmt sich auch seines Thieres.« This ebook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this ebook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you will have to check the laws of the country where you are located before using this eBook. Title: Begegnisse eines jungen Thierquälers oder »Der Gerechte erbarmt sich auch seines Thieres.« Author: J. Alois Meier Release date: January 26, 2015 [eBook #48090] Language: German Credits: Produced by The Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net (This file was produced from images generously made available by The Internet Archive) *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK BEGEGNISSE EINES JUNGEN THIERQUÄLERS ODER »DER GERECHTE ERBARMT SICH AUCH SEINES THIERES.« *** Produced by The Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net (This file was produced from images generously made available by The Internet Archive) [ Symbole für Schriftarten: _gesperrt_ : =Antiqua= : ~kursiv~] Begegnisse eines jungen Thierquälers oder »Der Gerechte erbarmt sich auch seines Thieres.« Eine neue Erzählung für die Jugend. Vom Verfasser des »Glockenbuben.« Mit einem Stahlstich. Augsburg, 1843. von _Jenisch_ und _Stage_'sche Buchhandlung. [Illustration: ~Pag. 88~ ~P. C. Geißler gez.~ =Stahlstich v. Carl Mayer's Kunst-Anstalt in Nürnberg.= ] Erstes Kapitel. Das Dohlen-Nest. An einem stürmischen Tage befanden sich viele Knaben auf der Wiese nächst einem Städtchen unfern Bremen, welche alle lebhaft beschäftigt waren, einen papiernen Drachen steigen zu lassen. Karl Daruff zeichnete sich besonders aus; er war der Besitzer des Drachen, den er triumphirend trug, während ihn seine Jugendgenossen eng umgaben, wie ein Fahnenträger eingeschlossen ist, wenn es in's Feld geht. Das Bild des Drachen, welches mit hellen Farben von Karl auf dem Papiere entworfen war, bot den Vorübergehenden vielen Stoff zum Lachen und zu allerlei schnurrigen Bemerkungen; denn fürwahr, es machte der Phantasie des Künstlers Ehre, welcher ein Wesen erschuf, das dem Kopfe nach einem grimmigen Löwen, dem Laufe nach einem Krokodille und dem Ringelschwanze nach vollkommen einem Delphine glich. Die Tauben auf dem Felde flüchteten sich schon von Ferne und eilten dem Schlage zu, so bald sie des Bildes gewahr wurden und ein Fuhrmann, der des Weges kam, hatte den Aufwand aller seiner Kräfte nothwendig, um die ob dem schauerlichen Anblicke scheu gewordenen Stiere an sich zu halten. Karl suchte nun auf der Wiese eine etwas erhabene Stelle aus, die Schnur wurde so weit es nothwendig, aufgerollt, und als sich jetzt wieder der Wind stärker erhob gab er dem Drachen einen leichten Stoß nach oben, dieser schwebte allmählig empor und auf einmal stand er majestätisch oberhalb dem Städtchen und lustig war es anzusehen, wie schnell sich alle Tauben von den Dächern flüchteten, indem sie die Erscheinung wohl für einen hungerigen Geier halten mochten. Die Knaben auf der Wiese freuten sich sehr, bis ihre Freude plötzlich dadurch gestört wurde, daß die Schnur bei einem heftigen Windstoße zerriß und der Drache nun frei in den Lüften schwebte. Aller Augen folgten den Bewegungen desselben, der sich allmählig senkte, dann wieder horizontal vom Winde fortgerissen wurde. Auf einmal erhielt er eine Richtung nach dem in der Nähe sich befindenden Walde, die Knaben aber verloren ihn nicht aus dem Auge, und eilten dem Walde zu und Karl war der Erste. Auf einem hohen Baume ließ sich endlich der Drache nieder und verwickelte sich mit der Schnur in dem Wipfel. Karl entledigte sich sogleich seines Rockes und schickte sich an, den Baum zu ersteigen. Zwar wollten ihm einige Andere zuvorkommen, allein er als Eigenthümer des Drachen bestand darauf, daß es nur ihm zustehe, den Baum zu ersteigen. Mit vieler Fertigkeit kletterte er den Stamm empor, kam dann von Ast zu Ast immer höher, bis er den Wipfel erreichte, und so dem Drachen nahe war. Da rief er: »seht! seht! ein Vogelnest!« Die unten Stehenden vergaßen über dem Neste den Drachen und äusserten einstimmig den Wunsch, zu ersehen, was sich in dem Neste befinde. Allein Karl griff zuerst nach dem Drachen, schnitt ihn von der Schnur, mit welcher er sich im Laubwerke verwickelt hatte, ab und stieß ihn über den Wipfel hinaus und glücklich langte der Drache unten an und wurde mit Jubel empfangen. Hierauf machte sich Karl näher an das Nest hin und begann, dasselbe zu untersuchen. Drei Jungen, rief er, sind in dem Neste, drei Jungen, aber noch ganz nackt! Und während er dieses sagte, entflog eine Dohle, welche das Nest gesucht hatte. Junge Dohlen! junge Dohlen! rief Karl, und nun nahm er unbarmherzig die nackten Dohlen aus dem Neste und warf sie vom Baum. Seine Jugend-Genossen, welche mehr Mitleid mit den jungen Vögeln hatten, riefen ihm zu, die Brut doch zu schonen und sie ruhig im Neste zu lassen; allein Karl erwiederte: ich kann von jeher die Raben und Dohlen nicht leiden, was liegt auch daran, ob drei Dohlen mehr oder weniger herum fliegen! Und mit diesen Worten warf er auch das dritte Junge aus dem Neste, dann griff er das Nest selbst an und suchte es zu zerstören; er riß es auseinander. Da sah er auf einmal etwas blinken, er langte nach dem blinkenden Gegenstande und sieh! es war ein kostbarer, goldner Ring mit einem Edelstein. Freudig betrachtete Karl den Ring und schon rief er: »was hab ich gefun -- --« da hielt er inne, und überlegte, ob es nicht besser sei, seinen Fund zu verheimlichen? Er entschied sich kurz für die Verheimlichung, steckte den Ring zu sich, warf den übrigen Theil des Nestes auch noch vom Baume und stieg dann herunter. Da lagen nun die armen Dohlen, ihrem Ende nahe. Die Knaben hatten sich um die nackten Thierchen gestellt, und konnten nicht umhin, die Handlung Karls zu tadeln und den Vögeln ihr Mitleid zu bezeigen. Wie wäre es denn dir gewesen, sprach Justus zu Karl, wenn man dich so aus der Wiege geworfen hätte? Geh, du solltest dich schämen und nun lachst du noch? Ha, ha, ha! erwiederte Karl, gehöre ich denn zum Geschlechte der Dohlen? Ich will nur damit sagen, fuhr Justus fort, daß diese armen Thierchen denselben Schmerz fühlen, den du gefühlt haben würdest, hätte man dich so unbarmherzig aus der Wiege geworfen. Zudem sind auch diese Vögel nicht ohne allen Nutzen für den Menschen, die sogar den Schafen und Schweinen das Ungeziefer vom Rücken suchen, wie ich recht gut aus der Naturgeschichte weiß. Mit deiner Gelehrsamkeit! rief Karl und ohne sich um Justus Worte zu kümmern gieng er auf die jungen Dohlen zu, hob ein Junges auf und sagte: wie? du lebst ja noch? Und alsbald warf er dasselbe an einen Eichstamm, daß es hin ward. Er war eben im Begriffe, auch mit den andern Jungen es so zu machen, da näherte sich dem Knaben ein betagter Holzhauer, der aus der Ferne das Treiben Karls mit Unwillen bemerkt hatte. Schämst du dich nicht, böser Bube, sprach er zu Karl, so mit den Thieren umzugehen, die der allgütige Vater im Himmel erschaffen hat? Hast du in der Schule nicht mehr gelernt und bist du denn so verwildert aufgewachsen, daß es dir gleichgültig seyn kann, ob du einen Stein oder ein Thier aus der Hand schleuderst? Ich sage dir, du böser Bube, eine schlimme Zukunft voraus, wenn du dich nicht besserst; denn wer leichtfertig Thiere quälen kann, der verhärtet immer mehr sein Herz und am Ende ist es ihm gleichgültig, ob er eine Katze, einen Hund oder einen Menschen quält oder foltert. Wärst du mein Sohn, so würde ich jetzt nicht anstehen, zum Frommen dieser übrigen Knaben und zu deinem eigenen Besten dir mit dem nächsten besten Haselstocke eindringlich die Lehre beizubringen, daß die Thiere zur Wohlfahrt der Menschen erschaffen seien, und daß sich der schwer wider Gott, den allgütigen Vater versündigt, der diesen Zweck der Thiere verkennt und sie quält und zu Tode martert. Kennst du denn den Spruch nicht, der da heißt: »Quäle nie ein Thier aus Scherz, Denn es fühlt wie du den Schmerz.« Und nach diesen Worten wollte sich der wohlmeinende Holzhauer wieder an seine Arbeit begeben, aber Karl, auf den diese Rede keinen Eindruck gemacht hatte, rief ihm nach: Du Kahlkopf! was geht es dich an, wenn ich ein Dohlen-Nest zerstört habe? Hiedurch wurde der Holzhauer aufgebracht und er war daran, den ihn beschimpfenden Knaben zu züchtigen, aber Karl geschwinder als er hatte seinen Drachen ergriffen und begab sich auf die Flucht. Wem steht dieser Junge zu? fragte jetzt der Holzhauer die übrigen Knaben. Und diese erwiederten: er ist der Sohn des Kaufmanns Daruff. Der böse Bube, sprach der Holzhauer weiter gehend, der böse Bube scheint nichts von dem guten Herzen seines Vaters zu haben. Die Knaben folgten jetzt der Richtung welche Karl genommen hatte, der Holzhauer ging wieder seiner Arbeit zu, als er Abends aber nach Hause kehrte, da begab er sich zum Knabenlehrer des Städtchens und theilte ihm getreu den Hergang im Walde mit; denn dachte er, schweige ich still, so ist es nur zum Nachtheil dieses Knaben, der erst die armen Thierchen zu Tode quälte und dann noch seinen Spott an mir hatte. Folgt aber seinem Vergehen zur rechten Zeit die Strafe nach, so kann das nur heilsam für denselben seyn. Er sieht dann gewiß ein, wie schlimm er gehandelt hat und auf die Worte seines Lehrers wird er mehr geben als auf meine Aeußerungen. Der einsichtsvolle Lehrer lobte auch den Schritt des Holzhauers und versprach ihm, geeignet gegen Karl einzuschreiten. Zweites Kapitel. Karls Strafe. Karl, sprach der Kaufmann Daruff zu seinem Sohne, der gerade seine Bücher zurecht gelegt hatte und sich in die Schule begeben wollte, Karl, dein Onkel Heinrich hat aus London geschrieben und sich erkundigt, wie es mit dir steht; ich sage dir das, damit du mit mehr Eifer an deine Schularbeiten gehst, und dich hauptsächlich im Schreiben und Rechnen übst, überhaupt auch die Erdbeschreibung nicht vernachläßigst, denn dein Onkel Heinrich ist gesonnen, dich mit nächstem auf sein Comptoir zu nehmen, wo du dich mehr als in meinem Hause, besonders was die Wissenschaften, die einem Kaufmanne nothwendig sind, betrifft, ausbilden kannst. Lasse dir das gesagt seyn; auch dein Betragen mußt du ändern und, höre ich noch einmal von dir, daß du nach des Nachbars Hund geworfen hast, oder höre ich von der Magd im Hause, daß du die Katze verfolgst, oder sie, wie du schon mehrmals gethan hast, in die Thür einklemmst, so will ich es nicht an empfindlichen Strafen fehlen lassen. Es ist einmal Zeit, daß du dich besserst, und deine üble Gewohnheiten, Thiere bei allen Gelegenheiten zu necken oder zu quälen, ablegst. Du bist deshalb schon so oft von mir gewarnt worden, ich habe dich schon oft darüber betroffen und sogleich gestraft, daß ich täglich der Hoffnung seyn dürfte, du werdest jetzt in dich gehen und dich bessern. Ich will dir alles dieses nur bei Gelegenheit des Briefes deines Onkels in das Gedächtniß zurück rufen, damit du dich darnach richten kannst, denn mit vollem Ernste; besserst du dich nicht, so soll es mir nie einfallen, dich dem Kaufmannsstande näher zu bringen, ich thue dich dann ohne weiter zu einem Handwerker in die Lehre. Karl hörte aufmerksam zu; er kannte die Güte, aber auch die Strenge seines Vaters und mit dem Vorsatze, den Ermahnungen seines Vaters nach zu kommen begab er sich in die Schule. Seine Schwester Aurelie, die mehre Jahre älter und ein Bild aller Tugenden war, sah dem Bruder nach, und als dieser die Thüre hinter sich hatte, sprach sie zum Vater: Das weißt du noch nicht Vater, was Karl vorgestern in der Nähe des Wirthshauses zum halben Monde angestellt hatte? Laß doch hören! entgegnete der Vater, gewiß wieder einen der vielen Streiche, die hinter meinem Rücken geschehen. Dießmal, guter Vater, fuhr die Tochter fort, ist der Streich besser als gewöhnlich ausgefallen und der Wirth zum halben Monde, der noch ein junger Anfänger und dabei ein schlechter Pferdekenner ist, wurde durch denselben sichtlich vor Schaden bewahrt. Schlome, der reiche Pferdhändler hielt nämlich mit einem Rappen vor dem Wirthshause, der Rappe gefiel dem Wirthe und er handelte um denselben. Eh noch der Handel abgeschlossen war, kam unser Karl des Weges; als er des Rappen ansichtig wurde, blieb er gleich stehen, wartete die Gelegenheit ab und als Schlome und der Wirth recht heftig im Gespräche begriffen waren näherte er sich dem Pferde und riß demselben mehre Haare aus dem Schweife, die er mir zu bringen gedachte. Ich habe es ihm jedesmal verwiesen, wenn er mir dergleichen Haare zu meinen Arbeiten brachte, und ihn nicht nur allein darauf aufmerksam gemacht, daß er sich der Gefahr, vom Hufe des Pferdes verletzt zu werden, aussetze, sondern daß er auch noch auf diese Weise das Thier quäle, doch umsonst, kaum sah er den Rappen, so riß er ihm wie gewöhnlich, wenn er eines Pferdes, das ruhig steht, ansichtig wird, Haare aus dem Schweife. Zwei andere Knaben sahen dieses, sie hätten auch gern Haare gehabt, getrauten sich aber nicht so nahe an das Pferd; da geht auf ihr Ersuchen Karl wiederholt hin und indem er versucht, einen etwas dickeren Strang Haare dem Pferde auszuraufen, da -- welcher Schrecken! hält Karl auf einmal den ganzen Roßschweif in der Hand. Er besinnt sich nicht lange, wirft den Roßschweif zu Boden und sucht sein Heil in der Flucht. Dieser Vorfall machte vor dem Wirthshause viel Aufsehen; Schlome, der Pferdhändler aber suchte die Sache zu vertuschen, denn wie sich nachher herausstellte, so war der Schweif dem Pferde künstlich eingesetzt. Der Wirth war froh, daß er Handels nicht einig geworden war und Schlome verließ gleich darauf mit seinem Rappen die Stadt. Sieh, Vater, das hat sich erst vorgestern zugetragen, ich aber erfuhr die Geschichte heute von meiner Freundin Julie. So macht der Junge einen Streich nach dem andern; es ist mir in der That sehr lieb, daß sich mein Bruder in London desselben annehmen und ihn auf seinem Comptoir ausbilden will, entgegnete der Vater. Während sich so Vater und Tochter besprachen, ging Karl der Schule zu. Der Lehrer schien ihm heute nicht besonders freundlich zu seyn. Nach dem Schlusse des Unterrichts fragte der Lehrer zu Karl gewandt: sage mir, wer waren gestern deine Gesellschafter, als du auf der Wiese deinen Drachen steigen ließest? Karl nannte sie dem Lehrer. Ihr bleibt noch hier, sprach dieser, die Uebrigen können sich nach Hause begeben. Und als sich nun Karl mit seiner gestrigen Gesellschaft dem Lehrer gegenüber befand, da schien ihm sein Gewissen schon zu sagen, worauf es jetzt an zu kommen habe. Ist es wahr, fragte jetzt der Lehrer mit Ernst und Würde, daß du gestern ein Dohlen-Nest zerstört hast? Ja, daß du in deiner Grausamkeit sogar so weit gegangen bist, die nackten Vögel aus dem Neste zu schleudern? Kaum hörbar und mit niedergeschlagenen Augen antwortete Karl: ich habe es gethan, Herr Lehrer, aber verzeihen Sie mir nur noch dießmal, ich will es gewiß nie mehr thun! Dann brach er in ein Schluchzen aus und fuhr fort: ich bin, Herr Lehrer, nicht in der Absicht, das Dohlen-Nest zu zerstören, auf den Baum gestiegen, ich wollte nur wieder zu meinem Drachen kommen und da ich nun des Nestes gewahr wurde, ergriff mich auch sogleich die Lust, dasselbe zu zerstören. Ich habe gefehlt Herr Lehrer, aber ich will mich eines solchen Fehlers gewiß nicht mehr schuldig machen, verzeihen Sie mir nur diesesmal noch. Und als jener redliche Holzhauer, fuhr der Lehrer fort, dir deine grausame Handlung vorhielt, hast du ihm nicht mit Schimpfworten erwidert? Ich that es auch, Herr Lehrer, sprach Karl und bereue auch dieses. Seht ihr, wandte sich jetzt der Lehrer an die übrigen Knaben, wie eine böse Handlung immer eine andere böse Handlung nach sich zieht? Erst zerstörte Karl das Vogelnest und tödtete grausam die nackten Jungen und verfehlte sich so gegen das Gebot, welches uns vorschreibt, auch menschlich gegen Thiere zu seyn, nach den Worten: »der Gerechte erbarmt sich auch seines Viehes;« dann begegnete er einem alten Manne mit beschimpfenden Aeußerungen und machte sich so eines weiteren Vergehens schuldig. Ihr seht, wer Ein Gebot nicht beachtet, der setzt sich auch über das andere hinweg. Dann könnt ihr auch noch hieraus ersehen, wie verderblich der Hang zur Thierquälerei wird, und wie derjenige blind demselben fröhnt, der nicht frühzeitig sein Herz bewacht, und diesen Trieb zu ersticken sucht. Karl stieg nicht in der Absicht auf den Baum, um das Nest zu zerstören, er konnte nur dem Hange nicht widerstehen, da sich ihm eine so schöne Gelegenheit, Thiere zu quälen, ergab. Wie oft habe ich euch nicht schon gesagt, daß das Kind, welches eine Lust daran findet, Fliegen zu quälen durch das Abschneiden der Flügeln oder Herausreißen der Beine; wenn dieser Hang in ihm nicht getödtet wird, leicht als Knabe der Quäler größerer Thiere wird, und an die Stelle der Fliegen, Bienen und Käfer treten Katzen und Hunde. Wie die Kräfte des Thierquälers zunehmen, so nimmt auch sein Hang zur Thierquälerei zu und ach! wenn es dann noch bei den Thieren blieb. Ein solcher unglücklicher Mensch, dessen Gefühl für das Wohl und Weh der Thiere erstorben ist, dessen Herz ist auch für seine Mitmenschen verhärtet, und nur zu oft wird ein solcher eine Geißel der Menschheit. Deshalb prägt es euch heute fest in eure Herzen, wie gefährlich der Hang zur Thierquälerei wird, nehmt euch fest vor, nie ein Thier zu quälen und seht ihr, daß ein solches Vergehen von Anderen verübt wird, so tretet mit aller Festigkeit und mit allem Muthe auf und duldet solchen Frevel nicht! Erinnert euch des wackeren Holzhauers, handelt in ähnlichem Falle wie dieser und kümmert euch nichts um böse Reden, die ihr deßhalb vielleicht zu erleiden habt. Ihr werdet nicht nur den Lohn in euch selbst finden, denn jede gute That belohnt sich selbst, sondern ihr werdet auch die Achtung aller guten Menschen finden. Weil du nun, Karl, wandte er sich wieder zu diesem, deine Vergehen reumüthig einbekannt, und eine Besserung versprochen hast, so will ich für diesesmal noch gelinde Strafe über dich verhängen und so werde ich heute den Tag über dich bei Wasser und Brod einsperren lassen, und von deinem Vergehen und dieser Strafe deinem Vater Nachricht geben. Nach erstandener Strafe aber begibst du dich unverzüglich zu jenem Holzhauer und bittest ihn um Verzeihung ob der ihm zugefügten Unbilde! Mit diesen Worten des Lehrers wurden die Knaben entlassen, nachdem sie zuvor versprochen hatten, den wohlmeinenden Ermahnungen in allem getreulich nachzukommen. Karl erstand seine Strafe und leistete nachher dem redlichen Holzhauer Abbitte, wie ihm befohlen war. Drittes Kapitel. Karl fällt in seinen Fehler zurück. Der Kaufmann Daruff besaß vor dem Städtchen einen schönen, großen Garten, in welchem oft Karl mit seinen Spielgenossen die Erholungs-Stunden zubrachte. An einem schönen Nachmittage befand sich nun Karl wieder mit seinen Gespielen in diesem Garten; er führte mit denselben allerlei Spiele auf und jugendlicher Frohsinn hatte sich ihrer in hohem Grade bemächtigt. Auch Aurelie war im Garten und sah von Ferne, während sie sich zwischen den Blumenbeeten erging, dem lustigen Treiben der Knaben zu. Auf einmal sah Aurelie, wie ein schöner Hühnerhund, der durch die nur beigelehnte Gartenthür sich in den Garten geschlichen hatte, eine Katze auf den Blumenbeeten verfolgte; sie rief ihrem Bruder Karl zu, den fremden Hühnerhund doch aus dem Garten zu schaffen und kaum bemerkten dieser und seine Spielgenossen den Hund, so eilten sie herbei; einer der Knaben stellte sich an die Gartenthüre und während dieser einen so großen Spalt mit der Thüre bildete, daß ein Hund zur Noth durchkommen konnte, umgaben die übrigen Knaben den Hund von allen Seiten und suchten ihn aus dem Garten zu treiben. Der Hund lief auch sogleich auf die Gartenthüre zu und da er sich nun durch den Spalt zu winden suchte, da gedachte der Knabe an der Thüre, das Thier wegen der Verwüstung, die es auf den Blumenbeeten angerichtet, ein wenig zu strafen und ihm einen wiederholten Besuch im Garten zu verleiden; er zwängte daher den Hund mit der Thüre so an den Pfoten, daß derselbe zu heulen anfing. Recht so, recht so! rief Karl, nahm die Gartenscheere, welche nächst einem Zaune lag, lief damit nach dem Hunde, faßte schnell mit der Scheere dessen Schweif -- einen Druck und der Schweif des Hundes lag vor der Gartenthüre, während des arme Thier mit Heulen sich davon machte. Um Gotteswillen! rief Aurelie, Karl, was hast du gethan? Wie wird das gehen! Es war der Hund unsers Herrn Forstmeisters. Ach Karl! was hast du wieder in deiner Unbesonnenheit gethan? Karl stand bleich vor Schrecken da und die Gartenscheere entfiel seinen Händen. Wahrhaftig, Schwester, betheuerte er, so war es nicht gemeint, ich wollte den Hund nur ein wenig kneifen. Die übrigen Knaben erschracken auch sehr und einer verließ nach dem andern schnell den Garten. Ach Himmel, sagte Aurelie, wie schwer, lieber Karl, machst du mir den Weg nach Hause; so unschuldig ich auch bin, so wage ich jetzt kaum das elterliche Haus zu betreten. Du weißt, wie streng der Vater ist, dieser Streich wird keine guten Früchte bringen! Karl wurde durch diese Reden seiner Schwester immer verzagter. Komm liebe Aurelie, sprach er, wir wollen uns dort in die Laube begeben und uns berathen, was zu thun ist. Die Geschwister giengen betrübten Herzens in die Laube. Ich weiß keinen Rath, begann Aurelie und ließ wehmüthig die Arme in den Schooß sinken. Wenn ich nur gleich einen andern schönen Hund hätte, sprach Karl, so würde ich zum Herrn Forstmeister gehen, ihm solchen bringen und ihn recht inständig bitten, mir den schlimmen Streich zu verzeihen und kein Wort davon meinem Vater zu sagen. Aber wo einen Hund hernehmen? Gehe so gleich hin zum Herrn Forstmeister, sagte Aurelie, bitte ihn um Verzeihung, vielleicht sieht er die Unbesonnenheit deiner Jugend nach; er ist ein sehr begüterter Mann, wer weiß, ob er nicht den Verlust mit Stillschweigen erträgt, wenn er deine Angst und Reue sieht. Ich aber will mich indessen nach Hause begeben und dich dort erwarten. Gebe Gott, daß die Sache zu deinem Besten sich wende! Nun verließen die Geschwister den Garten, nachdem noch zuvor Karl den Schweif des Hundes nächst einem Baume vergraben hatte und während Aurelie mit bedrängtem Herzen der elterlichen Wohnung zugieng begab sich Karl nach dem Hause des Forstmeisters. Eduard, der Sohn des Forstmeisters hatte bereits den Hergang der Verstümmlung des Hundes von einem der im Garten gegenwärtig gewesenen Knaben ausführlich vernommen und da der Hund sein Liebling war und ihm deshalb sehr zu Herzen ging, daß er nicht nur muthwilliger Weise so gequält, sondern auch noch verstümmelt wurde, so brach er beim Ansichtigwerden Karls in heftige Vorwürfe aus. Du kommst gerade recht, rief er, mein Vater hat die Hundspeitsche schon zur Hand; es soll dich dein Leben lang gereuen, unsern Achill so gequält und am Ende noch verstümmelt zu haben! du bist schon als der größte Thierquäler allgemein bekannt, aber mein Vater wird dich zurecht weisen, daß es dir gewiß nie mehr einfallen wird, mit einem Hunde so zu spielen. Geh nur hinauf zu meinem Vater, der dich gehörig empfangen wird! Durch diese Anrede verlor Karl vollends allen Muth. Er hätte so gerne die härteste Strafe erstanden, wäre es nur damit auch abgethan gewesen. Er machte sich lebhaft die beunruhigendsten Vorstellungen; erst sah er den Forstmeister mit der Hundspeitsche auf sich zukommen, dann sah er auch noch seinen Vater, wie ihn derselbe erbittert in Empfang nahm und ihm mit der größten Entrüstung die härtesten Strafen bereitete. Er stand mehrere Augenblicke unschlüssig da, da fuhr ihm der Gedanke durch den Kopf, er könne ja allen diesen Unannehmlichkeiten durch die Flucht sich entziehen und sogleich war auch sein Vorsatz gefaßt. Hat mir, sprach er zu sich selbst mein Vater neulich nicht erst gesagt, daß mich mein Onkel Heinrich zu London in's Comptoir zu nehmen gesonnen sei? Ich will mich zu ihm begeben und kehre ich dann nach Jahren heim in meine Heimath, so wird sicher die schlimme Geschichte mit dem Hunde vergessen seyn. Und ohne noch einmal in das elterliche Haus zurück zu kehren machte er sich aus dem Städtchen und schlug seinen Weg nach Bremen ein. Viertes Kapitel. Karl im Gefängnisse zu Bremen. Es war ein stürmischer Tag, an welchem Karl den Vorsatz gefaßt hatte, nicht in das elterliche Haus zurück zu kehren, sondern sich zu seinem Onkel Heinrich nach London zu begeben. Zuweilen kam Reue über ihn und er wünschte, seine Heimath nicht verlassen zu haben, wobei er sich umdrehte und mit Thränen im Auge nach der Gegend hin blickte, wo sein Geburts-Städtchen lag. Ach, es lag schon so weit hinter ihm, und er vermochte es nicht mehr über sich, zurückzukehren. Er gedachte den Ring, den er im zerstörten Dohlen-Neste gefunden hatte und den er von jenem Tage an stets bei sich trug, ohne Jemanden hievon Mittheilung zu machen, in Bremen vortheilhaft zu verkaufen und mit dem Erlöse die Reisekosten bis London vollkommen zu bestreiten. In Gedanken nahm er Abschied von seinem Vater, den er wegen seiner so großen väterlichen Güte sehr liebte, aber wegen seiner Strenge auch sehr fürchtete. Er bat denselben um Verzeihung und nahm sich vor, von Bremen aus, eh' er das Schiff besteige, zu schreiben, ihm seinen ganzen Plan schriftlich mitzutheilen und ihn so außer Sorgen zu setzen wegen seiner Zukunft. Dann erinnerte er sich seiner guten Schwester Aurelie und beschloß, auch einen Brief an sie bei zu legen. Endlich gedachte er seiner vortrefflichen Mutter, die längst im Grabe ruhte und unwillkührlich schossen ihm wieder die Thränen in die Augen. Ja, gute Mutter! sprach er, wenn du noch lebtest, gewiß würde ich diesen Schritt nicht gethan haben; du würdest die Vermittlerin bei meinem Vater geworden seyn und hättest Alles zum Besten gelenkt. Wie oft hast du mich gewarnt, wenn ich unbarmherzig den Fliegen die Flügel heraus riß und wie oft hast du gesagt: Karl, Karl! das nimmt kein gutes Ende, wann du so fortfährst; ach, wie oft hast du mich auch deshalb gestraft und nun ist wirklich meine Thierquälerei die Ursache meiner Entfernung aus dem elterlichen Hause. Ich weiß nicht, was mir noch begegnen wird, ich weiß nicht, wie ich von meinem Onkel aufgenommen werde, allein ich will Alles geduldig ertragen, was mir auch immerhin Wiederwärtiges begegnen sollte, ich habe es nicht anders verdient. Jetzt war ihm, als vernehme er aus der Ferne das Glockengeläute seiner Heimath, er blieb stehen und horchte, es war so; da sank er vor Wehmuth auf den Boden und schluchzte laut. In diesem Augenblicke kam ein Metzgergeselle vorüber, der oft Fleisch in das Haus des Kaufmannes Daruff getragen und auf diese Weise den Sohn Karl kennen gelernt hatte. Er blieb stehen, betrachtete den Knaben und sprach: »Was fehlt dir doch, Karl?« Überrascht sah Karl auf und als er den Metzgergesellen vor sich sah, der ihm wohl bekannt war erwiederte er: ach, da hat mich mein Vater nach Bremen geschickt, nun drücken mich meine Stiefel so sehr, daß ich vor Schmerz kaum weiter kann. Da geh' du lieber mit mir zurück, sprach der Metzgergeselle, denn unmöglich würde dir dein Vater diesen Gang zumuthen, wüßte er, daß du wunde Füße hast. Komm doch und gehe mit mir zurück. Nein, nein, versetzte Karl, ich muß den Weg schon zurück legen; ich will nur kurze Zeit noch ausruhen und dann versuchen, weiter zu kommen. Ich müßte mich ja schämen, käme ich unverrichteter Sache nach Hause. So reise glücklich! sprach der Metzgergeselle, meine Geschäfte leiden keinen Verzug und so setzte er seinen Weg fort. Karl sah ihm nach, die Trennung von der Heimath schmerzte ihn auf's Neue, doch konnte er es nicht über sich gewinnen, noch zur rechter Zeit umzukehren. Als er den Metzgergesellen aus dem Gesichte verloren hatte, erhob er sich und wanderte auf Bremen zu. Dort angekommen führte ihn der Weg an dem Laden eines Juweliers vorüber. Da will ich eintreten, dachte er und meinen Ring gegen baares Geld umsetzen. Er trat in den Laden und mit großer Schüchternheit nahm er seinen Ring aus der Tasche, hielt solchen einem Arbeiter, den er für den Juwelier hielt, hin und sprach: kauft mir doch diesen Ring ab! Der Mann legte den Gegenstand, an dem er bedächtig gearbeitet hatte, bei Seite, nahm den Ring zur Hand, betrachtete ihn genau und nahm dann den Verkäufer scharf in das Auge. Wie viel verlangst du für diesen Ring! fragte er dann. Gebt mir so viel er werth ist, antwortete Karl, einen kleinen Nutzen gönne ich Euch schon. Wie ist denn dieser Ring dir zu Handen gekommen? fragte der Mann weiter. Ich habe ihn gefun -- doch schnell änderte Karl den Satz und sprach: ich habe diesen Ring schon lange. So, so? redete der Mann, betrachtete den Ring und den Verkäufer noch aufmerksamer, zog dann die Augenbraunen zusammen, gieng zum Tische, auf welchem mehrere Schriften lagen, nahm ein Zeitungsblatt zur Hand, suchte erst einige Zeit darin, dann las er, während er oft vom Papiere weg und auf den Ring schaute, nahm endlich Blatt und Ring zu sich, zog einen saubern Rock an und bedeutete dem Verkäufer, ihm zu folgen. Karl konnte dieses Benehmen nicht verstehen und folgte dem Manne, während seine Verlegenheit mit jedem Schritte mehr zunahm. Wie heißt dieses Gebäude, in welches wir jetzt gehen? fragte er seinen Begleiter. Das ist die Polizei, entgegnete dieser trocken. Karl entfärbte sich, denn jetzt erst durchfuhr ihn eine Ahnung, die Weise, wie er zu dem Ringe gekommen, dürfte nicht einen redlichen Erwerb begründen. Ihr werdet mich doch nicht anklagen wollen? fragte er jetzt furchtsam seinen Begleiter. Ich wohl nicht, versetzte dieser, aber hier der Ring und deine große Befangenheit und deine Furcht mögen wohl wider dich zeugen. Der Juwelier ließ sich jetzt melden und trat mit Karl in die Gerichtsstube. Ersterer näherte sich bescheiden dem Beamten und eröffnete ihm: So eben kam dieser Knabe zu mir und bot mir diesen Ring zum Kaufe an; ich betrachte den Ring und finde sogleich Aehnlichkeit mit jenem, welcher als entwendet im Wochenblatte öffentlich ausgeschrieben ist. Ich hielt es für meine Schuldigkeit, hievon die Obrigkeit in Kenntniß zu setzen. Der Beamte nahm die Aussagen des Juweliers zu Protokoll, gab demselben bezüglich der Anzeige seine Zufriedenheit zu verstehen und der Juwelier wurde entlassen. Nun wurde Karl in's Verhör genommen. Er zitterte heftig und oft versagte ihm die Stimme; er mußte seinen Namen, den Tag seiner Geburt, den Stand und den Wohnort seiner Eltern angeben und dann kam es zur Erzählung bezüglich der Auffindung des Ringes im zerstörten Dohlen-Neste. So viel merkte er an der Miene des Beamten, daß seiner Erzählung wenig Glauben geschenkt wurde; auch wurde er oft ermahnt, nur die Wahrheit an zu geben. Dieses schmerzte Karl, er sagte die Wahrheit und man wollte ihm doch keinen Glauben schenken. Das Verhör wurde geschlossen und Karl abgeführt -- in das Gefängniß. Fünftes Kapitel. Karl entweicht aus dem Gefängnisse. Wie einer, dem das Todesurtheil eröffnet wurde und der dem Tage der Hinrichtung entgegen sieht, so saß Karl in dem Gefängnisse. Wie sehr bereute er es jetzt, daß er der freundlichen Aufforderung des Metzgergesellen nicht Folge geleistet und sich mit ihm zurück in seine Heimath begeben hatte. Ist nicht, sprach er zu sich selbst, die Zerstörung des Dohlen-Nestes die Ursache, weshalb ich jetzt im Kerker liege? Hätte ich das Nest nicht zerstört, so würde ich den Ring nicht in demselben entdeckt haben und dieser Ring hat mich in das Gefängniß gebracht. O Himmel, wie wird das enden? Man glaubt mir nicht, daß ich den Ring im Neste gefunden habe, man ist vielleicht gar der Ansicht, ich hätte ihn entwendet. Und habe ich nicht darin gefehlt, daß ich den Fund verheimlichte? Ach, in welches Unglück habe ich mich gestürzt! Und mein Vater, o mein armer Vater! brach er in Wehklagen aus, wie wird ihn die Nachricht erschüttern, wenn es heißt, sein einziger Sohn sitze im Gefängnisse, des Diebstahles gezeiht! Und meine arme Schwester; meine arme Schwester! rief er, welche Schande bringe ich über Vater und Schwester! Er schluchzte, daß ihm die Thränen von den Wangen flossen. Dann warf er sich auf den Strohsack und weinte bitterlich fort. Da öffnete sich die Thüre des Gefängnisses; eine betagte Frauensperson erschien, um dem Gefangenen ein Schüßelchen mit magerer Suppe und ein Stück schwarzes Brod zu bringen. Da junger Galgenvogel, sprach sie, nimm und iß! deine Jugend dauert mich, du fängst früh an, dich auf das große Werk vorzubereiten, einst eine Zierde des Galgens zu werden. Hilf mir o Herr! schrie sie auf einmal, als sich Karl vom Strohsacke empor gerichtet und sie angeschaut hatte, bist denn du nicht Daruffs Karl? Karl stand auf, er erkannte sogleich in der Person seine frühere Wärterin; er wischte sich die Thränen aus dem Gesichte, nahm taumelnd vor Freude und Ueberraschung die Person bei der Hand, sah ihr so recht mit dem innigsten Gefühle der Anhänglichkeit in das Gesicht und sprach: ihr seid's Margaretha? Ach, wie bin ich doch jetzt so froh, daß Jemand um mich ist, von dem ich gekannt bin. Ach, Margaretha, ihr könnt gewiß viel für mich thun. Ich bin unschuldig und -- hier brachen ihm die Thränen wieder hervor -- man glaubt mir nicht, daß ich unschuldig bin. Seht, gute Margaretha, so bin ich nun in dieses Gefängniß gekommen und wenn das der Vater erfährt, so darf ich ihm nicht mehr vor das Angesicht kommen. Ihr wißt ja, Margaretha, wie streng er ist. Helft mir doch, gute Margaretha, wenn ich wieder nach Hause komme, will ich es auch bei meinem Vater dahin bringen, daß er euch eine tüchtige Portion vom besten Kaffee schickt. Aber helft mir jetzt nur! Dabei drückte er Margaretha's Hand fest an sich, die ihm jetzt als die einzige Stütze erschien. Margaretha war tief gerührt, sie ließ sich auf dem Strohsacke nieder und sprach: ach, du lieber Gott! wer hätte denken sollen, daß ich dich einmal im Gefängnisse antreffen würde. Wie lange habe ich dich doch auf meinen Armen getragen, wie viele schlummerlose Nächte hast du mir als Kind verursacht und nun muß ich alte Person noch erleben, dich im Gefängnisse zu sehen. Und sie fuhr mit der Hand nach dem Auge, als spüre sie, daß ihr Thränen ankamen. Aber Margaretha, sagte Karl, ich bin ja unschuldig. Und er erzählte ihr getreulich den ganzen Hergang vom Beginne der Zerstörung des Dohlen-Nestes bis zu seiner Einkerkerung. Ei, du lieber Gott! brach hierauf Margaretha in die Worte aus, wie dauert mich der gute Vater. Die Polizei schreibt jetzt an ihn und wenn er ein solches Schreiben empfängt -- o du lieber Gott, Karl, was hast du angestellt? Große Angst kam auf's Neue über Karl und er fragte mit der größten Beklommenheit: ich werde also nicht wieder frei gelassen und nach Hause geschickt? O nein! sprach Margaretha, so geht das nicht, ach Herr im Himmel! stehe uns bei. Karl weinte heftig und sprach: ach, gute Margaretha, laßt mich entwischen. Gute, gute Margaretha! erbarmt euch meiner und helft mir, daß ich aus dem Gefängnisse entkomme! Und er drückte wieder ihre Hand heftig an sich. Wie kann ich das, versetzte Margaretha, ich würde mich nur unglücklich machen und du würdest bald wieder eingefangen seyn und hieher zurück gebracht werden. Und dann dürfte es erst schlimm um dich stehen. Ach, Margaretha, fuhr Karl fort, wenn ihr macht, daß ich aus diesem Gefängnisse komme, so will ich mich gleich zu meinem Vater nach Hause begeben und ihm Alles erzählen, wie es mir erging. Und, gute Margaretha, das wird euch mein Vater gewiß nicht vergessen, daß ihr euch meiner angenommen habt. Margaretha besann sich und sprach hierauf: aber Karl sage mir, hast du wirklich den Ring im Neste gefunden? Gewiß Margaretha, entgegnete dieser, o! wenn ihr mir nicht glauben wollt, wie sollen mir erst fremde Menschen glauben? Wenn du mir versprichst, sagte nun Margaretha, daß du dich eiligst und geraden Weges zurück zu deinem Vater begeben willst, so will ich es wagen und dir aus dem Gefängnisse verhelfen. Aber bedenke, wie unglücklich du mich machst, wenn du nicht Wort hältst. Ich werde dann aus dem Dienste gestoßen und verliere die Pension, auf welche ich Anspruch zu machen habe, wenn ich mich noch ein Jahr ordentlich in diesem Dienste verhalte. Dir und deinem Vater die Schande zu ersparen, daß du vielleicht mit dem Gerichtsdiener in dein elterliches Haus geliefert werdest, will ich ein Auge zudrücken; ach, ich bin eine alte Person, habe so viele Wohlthaten in deines Vaters Haus genossen, daß es mir kein Mensch verargen kann, wenn ich dir jetzt aus dem Gefängnisse helfe, zudem da du ja unschuldig bist und zu deinem Vater zurück kehren wirst. Verhalte dich also ruhig bis gegen Abend; ich werde wieder kommen und dich den Weg führen, der dich in das Freie geleitet. Karl küßte im Uebermaße seiner Freude die alte Wärterin und drückte sie an seine Brust, daß Margaretha zu weinen anfieng. Laßt mich nur, gute Margaretha, hub er an, einmal zu Vermögen kommen; es soll euch dann nicht schaden, wenn ihr auch die Pension einbüßet; ich komme dann mit einer Kutsche nach Bremen, hole euch ab und ihr verbringt dann eure alten Tage recht vergnügt und froh bei Karl Daruff =junior=. Aber weint doch nicht, meine gute Margaretha und er wischte ihr mit der Hand die Thränen aus dem Gesichte. So verhalte dich nun ruhig, mein lieber Karl, sprach Margaretha, sei nicht mehr traurig, iß von der Suppe und vom Brode, wenn auch beides nicht so gut, wie in deinem väterlichen Hause ist, so mußt du dich jetzt doch damit begnügen, denn ohne Aufsehen zu erregen kann ich vor Abend nicht wieder zu dir kommen. Und Margaretha entfernte sich. Nun war Karl wie umgewandelt. Er freute sich, bald wieder auf dem Wege nach dem elterlichen Hause zu seyn und so ließ er sich die magere Suppe und das schwarze Brod trefflich schmecken. Dann hüpfte er im Gefängnisse umher und spähte durch das vergitterte Fensterchen, ob der Abend nicht bald heran nahe. Ja, ja, Margaretha, sprach er vor sich hin, du sollst gut belohnt werden! dann fiel er auf die Kniee und betete: »guter Gott, ich danke dir, daß du mir in dieser Margaretha einen Engel gesandt hast, der mich aus dem Gefängnisse befreien wird. Du bist allzeit den Unschuldigen väterlich zugethan, du weißt, daß ich unschuldig bin und so bist du mir auch mit deinem Schutze nahe. Ich habe wohl gesündigt und mir selbst dieses Mißgeschick bereitet, indem ich grausam gegen deine Geschöpfe war und fremdes Gut unrechter Weise mir angeeignet habe, aber verzeihe mir guter Vater im Himmel! Ich will nie mehr in diese Fehler zurück fallen und künftig nur so leben, daß du allzeit Wohlgefallen an mir hast!« So betete Karl aus dem Innersten seines Herzens. Allmählich kam der Abend näher. Karl horchte aufmerksam auf jedes Geräusch und hoffte mit jedem Fußtritte, den er vernahm, den Eintritt seiner guten Margaretha. Endlich klirrte der Riegel, die Thüre gieng langsam auf und Margaretha erschien. Sie trug eine schmutzige Jacke und sprach: nun, mein Gefangener, ist dir die Zeit nicht lange geworden? Ich habe euch, entgegnete Karl, kaum erwarten können. Nun komm her, sagte sie, gieb mir deinen Rock und ziehe diese Küchen-Jacke an; es ist zur bessern Sicherheit und, fügte sie schmunzelnd bei, wenn einst mein Karl seine Margaretha vergessen sollte, so soll dieser Rock das Zeichen seyn, welches dich an mich erinnert. Ach, erwiederte Karl, wie könnte ich euch Margaretha je vergessen! Als nun Karl die Jacke angezogen hatte, sprach Margaretha: wenn du jetzt nach Hause kommst, so grüße deinen Vater und deine Schwester vielmal von der alten Margaretha und damit du unter Wegs nicht Noth leiden mußt, so habe ich in die Jacke ein Stück Braten, ein weißes Brod und ein Fläschchen mit Wein gesteckt. Lasse dir Alles recht wohl schmecken und komme glücklich nach Hause! Mit dankbarem Herzen küßte Karl wiederholt seine Wohlthäterin, welcher er dann aus dem Gefängnisse folgte. Margaretha geleitete ihn nun durch mehre dunkle Gänge, führte ihn dann über einen großen, freien Platz, öffnete mühsam ein großes Thor, Karl sah sie nochmals mit einem dankbaren Blicke an, entfernte sich durch das Thor und unbeschreiblich war ihm zu Muthe, als er das Thor hinter sich wieder schließen hörte. Sechstes Kapitel. Karl zu Schiffe. Die Nacht brach ein und es wurde allmählig dunkler in den Strassen von Bremen. Karl eilte auf das Thor zu, durch welches er gekommen war, und wie leicht war es ihm jetzt um das Herz, als er die Stadt hinter sich hatte, in welcher er des Diebstahls verdächtig und in das Gefängniß gebracht wurde. Er eilte rastlos seiner Heimath zu, doch hatte er noch keine große Strecke zurück gelegt, da blieb er auf einmal stehen und wie von einem bösen Geiste wurde er vom Gedanken ergriffen, welchen Empfang er zu Hause zu gewärtigen habe? Darf ich denn auch, fragte er sich, meinem Vater unter die Augen kommen? Habe ich nicht Strafe zu befürchten, weil ich mich so lange vom Hause ohne Wissen und Willen meines Vaters entfernt? Zudem hat er jetzt die ganze Geschichte mit dem Hunde im Garten erfahren, er ist sicher heftig gegen mich aufgebracht, was habe ich nicht Alles zu befürchten? Er war unschlüssig, ob er seinen Weg fortsetzen solle, da fiel ihm die alte Margaretha ein, der er es so fest versprochen hatte, sich auf geradem Wege nach Hause zu begeben. Begehe ich nicht einen neuen Fehler, sagte er, wenn ich mein Wort nicht halte und nicht eilig heimkehre? Und mache ich die gute Margaretha nicht unglücklich, wenn ich meinem Versprechen nicht nachkomme? Er that wieder einige Schritte vorwärts, blieb aber auch gleich wieder stehen und fuhr fort: hat denn aber auch Margaretha nicht gesagt: die Polizei werde an meinen Vater schreiben und ihm die Geschichte mit dem Ring, so wie meine Einsperrung mittheilen? Ach, du lieber Gott! gewiß ist schon an meinen Vater geschrieben worden und wenn ich nun nach Hause komme, werde ich als ein Dieb empfangen! Nein, nein! ich darf nicht nach Hause! Ach, gute Margaretha, verzeiht mir! Ich darf, ich darf nicht nach Hause! Und er entschloß sich, umzukehren. Während er nun wieder der Stadt Bremen zuging, überlegte er, wie und wo er sich aufhalten könne. Ueberall sah er Hindernisse. Er sah sich von der Polizei verfolgt und dachte mit Schauder zurück an das Gefängniß. Endlich war er mit sich einig. Er nahm sich vor, an den Hafen zu gehen und falls ein Schiff segelfertig mit der Bestimmung nach London vor Anker liege, sich als Schiffsjungen anwerben zu lassen und zu seinem Onkel Heinrich nach London zu reisen. Von London aus wollte er dann an seinen Vater schreiben, so wie er auch der alten Margaretha einen Brief schicken wollte, in welchem er sie um Verzeihung zu bitten und sie wegen ihrer Zukunft zu beruhigen gedachte. So kam er an den Hafen. Er machte mit seinem Vorhaben einen Matrosen bekannt, der sich auch seiner annahm und ihm versprach, sich für ihn beim Schiffs-Kapitain zu verwenden. Zwar macht unser Schiff, sagte der Matrose, die Fahrt nicht sogleich nach London, indem es erst mit voller Ladung nach Brasilien geht, von dort aber segeln wir ohne Aufenthalt nach London; es wird dir übrigens, mein Junge, nichts schaden, wenn du auch die Küste von Amerika siehst und zwar auf so billige Weise. Da erblickte Karl einen Diener der Polizei, der an ihm vorüberging, als er mit dem Juwelier das Polizei-Gebäude betrat. Unendliche Angst ergriff ihn. Er bat den Matrosen, ihn doch sogleich mit auf das Schiff zu nehmen, da er bereit sei, die Fahrt nach Brasilien mit zu machen. Er befürchtete, dem Diener der Polizei in die Hände zu fallen, suchte deshalb so bald als möglich auf das Schiff zu kommen, ohne zu überlegen, welche Reise er antreten werde. Der Matrose ergriff ihn bei der Hand und nahm ihn mit auf das Schiff. Dort stellte er ihn dem Kapitain vor. Dich können wir schon brauchen, sagte der Kapitain zu Karl, aber sage mir, wie verträgt sich denn deine schmutzige Jacke mit der feinen Hose? Karl betrachtete erst jetzt seine Jacke und gewahrte so den Unterschied zwischen Hose und Jacke. Herr, sagte Karl, ein Wohlthäter hat mir die Hose geschenkt. Wenn du sie nicht gestohlen hast, bemerkte der Kapitain. Nun sei dem, wie ihm wolle, fuhr er fort, ist er ein hergelaufener Bursche, so wird er doch nicht von unserm Schiffe laufen. Weise ihn zurecht! Jakob, wendete er sich hierauf an den Matrosen, und dieser entfernte sich mit Karl. Sehr weh that es Karl, daß der Kapitain die Bemerkung über die Hose gemacht hatte. Auch dieser, dachte er, hält dich für Einen, der sich dem Diebstahle ergibt; hätte ich vielleicht die Wahrheit gesagt, würde er die Bemerkung nicht gemacht haben; ich habe gelogen und wer lügt, der stiehlt auch. Der Kapitain mag mir wohl angesehen haben, daß ich ihm nicht die Wahrheit sagte, so mochte er auch wohl der Meinung werden, ich könne die Hose gestohlen haben. Und wehmüthigen Herzens folgte er dem Matrosen, der besondere Zuneigung zu Karl gefaßt zu haben schien, denn er gab sich sehr mit ihm ab, unterrichtete ihn in diesem und jenem Geschäfte und war ihm mit Rath und That allzeit zur Hand. Siebentes Kapitel. Kummer im elterlichen Hause. Als Aurelie vom Garten heimgekehrt war, ging sie niedergeschlagen in das Wohnzimmer und nahm ihre weibliche Arbeit zur Hand. Sie sah oft durch das Fenster hin nach der Straße, aus welcher Karl von der Wohnung des Forstmeisters aus kommen mußte. Sie wartete mit Sehnsucht auf die Ankunft ihres Bruders und da sich diese von Stunde zu Stunde verzögerte, wurde sie immer ängstlicher, daß sie ihre Beklommenheit nicht länger mehr zu verbergen im Stande war. Da trat der Vater in das Zimmer. Wo ist Karl? fragte er. Und was ist denn mit dir? fuhr er fort, daß du so verstört aussiehst? Ach, lieber Vater, sagte Aurelie, werde nicht ungehalten! Karl hat wieder einen schlimmen Streich verübt, allein ich bin die Veranlassung dazu, verzeihe also ihm und mir! Und nun erzählte sie ihm die Geschichte mit dem Hunde im Garten und schloß mit den Worten: wäre ich selbst daran gegangen, den Hund von den Blumenbeeten und aus dem Garten zu treiben, so wäre der Unfug wohl nicht geschehen, den Karl mehr in der Uebereilung als mit bösem Herzen verübt hat. Sieh ihm also, lieber Vater, noch einmal nach und verzeihe ihm und mir! Nein, meine Tochter, sagte der Vater, hier wäre Nachsicht am unrechten Orte; Karl hat sich schon so oft in diesem Punkte verfehlt, daß ich nur mit Grund befürchten muß, sein Herz verschließe sich für alle feineren Gefühle. Ich will ihn diesesmal nachdrücklich strafen. Und welche Unannehmlichkeit für mich, daß der Hund gerade dem Forstmeister zusteht! Welche Ansichten muß der Mann von mir gewinnen? Wird er nicht denken, daß ich mich der Erziehung meines Sohnes gar nicht annehme? oder daß ich auf seine Bildung und Veredlung des Herzens nichts verwende? Wäre der Hund einem gemeinen Manne, so könnte ich den Mann abfinden und den Schaden so gut als möglich ersetzen, wie soll ich es aber hier anfangen? Und nachdenkend ging er im Zimmer auf und ab. Aber wo ist denn Karl? fragte er hierauf wieder. Er ist auf meinen Rath zum Forstmeister gegangen, erwiederte Aurelie, um ihn um Verzeihung zu bitten und sich zu erkundigen, wie der Schaden wieder gut zu machen sei. Das ist noch löblich, sagte der Vater, aber dessen ungeachtet wird ihm eine empfindliche Strafe nicht geschenkt. Jetzt wurde Karl zurück erwartet, allein er erschien nicht. Der Abend kam herbei, ohne daß sich Karl einstellte. Ach Gott, sagte Aurelie von einer Ahnung ergriffen, Karl wird doch nicht in der Angst des Herzens einen weiteren unüberlegten Schritt gethan und sich entfernt haben? Ich will selbst zum Forstmeister gehen, sprach der Vater, um mich theils zu erkundigen, ob Karl dort war und wohin er sich etwa entfernte, theils um den Forstmeister wegen des Schadens zufrieden zu stellen. Mit Verwunderung vernahm nun der Kaufmann Daruff vom Forstmeister, daß sich Karl wohl vor dem Hause habe sehen lassen, daß er dasselbe jedoch nicht betreten habe. Was übrigens den Schaden anbelangt, setzte der Forstmeister wohlwollend bei, so ist er ganz unbeträchtlich; auf der Jagd ist der Hund wegen des hohen Alters nicht mehr zu brauchen, und daß ihm durch den Verlust des Schweifes eine besondere Zierde abgegangen sei, wüßte ich gerade auch nicht, übrigens ist Achill der Liebling meines Sohnes Eduard und den zufrieden zu stellen, fuhr er lächelnd fort, wird auch nicht so schwer seyn. Der Kaufmann war über diese Rede des wackeren Forstmeisters sehr erfreut und bat, den unbesonnenen Streich seinem Sohne zu verzeihen mit dem Beisatze, daß er seinem Sohne für künftige Fälle eine angemessene Strafe werde zu Theil kommen lassen, daß es ihm übrigens eine süße Pflicht sei, den Sohn Eduard ob der Verstümmlung seines Lieblings zu beruhigen. Nach diesem entfernte sich der Kaufmann, hoffend, seinen Sohn nun zu Hause zu treffen. Allein Karl war noch nicht in das elterliche Haus zurück gekehrt und alle Erkundigungen im Städtchen nach ihm waren vergebens. Jetzt wurden der Kaufmann und seine Tochter besorgt. Da erschien ein Schreiben von der Polizei zu Bremen, welches dem Kaufmanne Daruff zu eröffnen war. Daruff war wie vom Schlage getroffen, als ihm der Inhalt des Schreibens bekannt gemacht war. Dasselbe enthielt nämlich den Hergang mit Karls Einsperrung in Bremen in Folge des bei ihm vorgefundenen Ringes und die Aufforderung an Daruff, nach Bremen zu kommen und seinen Sohn anzuerkennen. Unverzüglich setzte sich Daruff in einen Wagen und fuhr nach Bremen. Aber wie erschrack er erst dort, als man ihm sagte, sein Sohn sei aus dem Gefängnisse entwischt, ohne daß sein Aufenthalt bis jetzt ausgemittelt sei. Sehr traurig und niedergeschlagen kehrte er zurück, höchst besorgt um das Schicksal seines Sohnes. Er schrieb allen Verwandten und Bekannten und erkundigte sich nach Karl, in der Meinung derselbe habe aus Furcht vor Strafe bei einem oder dem andern Zuflucht gesucht. Es langten nun viele Briefe an, aber alle konnten keinen Aufschluß über Karl geben. Die Polizei in Bremen schrieb öffentlich aus und Karl wurde aufgefordert sich vor der Behörde zu stellen. Achtes Kapitel. Karl wird Sklave. Während Kaufmann Daruff und seine Tochter Aurelie sich abkümmerten, wo Karl sich wohl aufhalten und wie es ihm gehen möge, und während die Polizei in Bremen thätig ihre Nachforschungen fortsetzte, um Karls Aufenthalt zu entdecken, war dieser auf dem Schiffe, welches sich schon auf hoher See befand, und seine Fahrt bei günstigem Winde nach Brasilien verfolgte. Das Leben auf dem Schiffe war für Karl etwas Neues und es bot ihm so viele mannichfaltige Auftritte und Erscheinungen dar, daß es ihm nicht sehr schwer wurde, sich der Gedanken meistens zu entschlagen, die ihn quälend heimsuchten, wenn er sich des elterlichen Hauses, aller darin genossenen Freuden, wenn er sich seiner guten Schwester Aurelie, die ihm mit so vieler Liebe zugethan war und wenn er sich seiner Jugend-Genossen erinnerte. Ein kalter Schauer aber überlief ihn allzeit, wenn er der guten Margaretha zu Bremen gedachte die ihm als rettender Engel erschienen war, die sich seiner so herzlich annahm, die ihre künftige Wohlfahrt aufs Spiel setzte, nur um ihn vor Schande zu bewahren und ihn aus der traurigen Gefangenschaft befreit zu sehen. Er hatte ihr fest sein Wort gegeben, in das elterliche Haus zurück zu kehren; das that er nicht nur nicht, er schrieb sogar nicht einmal seinem Vater, eh er eine so große Reise unternahm. Welche Besorgnisse nun für einen Vater! Diese Gedanken und das stete Bewußtseyn, nicht redlich gehandelt zu haben, verursachten ihm große Pein, der er sich kaum dadurch entschlagen konnte, daß er seinen ihm zugewiesenen Geschäften als Schiffsjunge mit allem Eifer nachzukommen suchte. Freund und Vater auf dem Schiffe war ihm der ehrliche Matrose, der sich seiner im Hafen angenommen und ihn auf dem Schiffe untergebracht hatte. Er suchte seinen Schützling so weit er im Stande war, über Alles aufzuklären, was diesem neu und seltsam erschien. Er machte ihn mit den Gebräuchen der Schiffsleute, mit ihrer Lebensart und ihrer Beschäftigung vertraut; er erklärte ihm alle Theile eines Schiffes und machte ihn mit den Benennungen bekannt; er zeigte ihm die Himmelsgegenden und nannte ihm die Küstenländer, an welchen sie vorüber fuhren. Fische, Vögel und Insekten, welche bei dieser Fahrt zum Vorschein kamen, dienten Karl zur Belehrung und Unterhaltung. Viele Tage segelte so das Schiff dem Orte seiner Bestimmung zu. Da bemerkte Karl eines Morgens eine besondere Geschäftigkeit unter dem Schiffsvolke; die Matrosen rannten hin und wieder, zogen alle Segel auf und suchten die Fahrt mit aller Anstrengung zu beschleunigen. Der Kapitain stand mit dem Fernrohre auf dem Verdecke des Schiffes und gab seine Befehle mit lauter Stimme, welcher die Matrosen mit der größten Geschäftigkeit nachzukommen suchten. Dabei war es ein schöner, heiterer Morgen und keine Spur war von dem Herannahen eines Sturmes zu bemerken. Was bedeutet denn das Treiben auf dem Schiffe? fragte Karl den Matrosen, der ihm so zugethan war und eben an ihm vorüber eilte. Siehst du den Punkt dort in der Ferne? erwiderte der Matrose und deutete mit dem Finger hinaus auf die weite See, der Kapitain erkennt darin das Fahrzeug eines Seeräubers; wir müssen deshalb so die Fahrt beschleunigen, um den Räubern aus dem Gesichtskreise zu kommen. Sind uns denn, fragte Karl weiter, die Seeräuber so gefährlich? So gefährlich, entgegnete der Matrose, als dem Fußwanderer der Strassen-Räuber ist. Nicht nur, daß man alle Habe verliert, so muß man noch froh seyn, wenn man mit der Freiheit oder mit dem Leben davon kommt, so bald man einmal diesen See-Genien in die Krallen gefallen ist. Der Matrose eilte vorüber. Karl blieb am Verdecke und bemerkte mit Furcht, daß der Punkt auf der See, welchen ihm der Matrose gezeigt hatte, immer größer wurde. Endlich erkannte er deutlich ein Fahrzeug, welches sich in der Bauart wesentlich von dem Schiffe, auf welchem er sich befand, unterschied. Und zu seinem nicht geringen Schrecken bemerkte er jetzt auch, daß jenes Fahrzeug mit vielen Bewaffneten angefüllt war. Während sein Augenmerk so ganz auf das fremde Fahrzeug gerichtet war, daß er den Tumult auf seinem Schiffe und die Anstalten, welche zur Vertheidigung getroffen wurden, kaum bemerkte, da erscholl ein mächtiger Kanonendonner vom jenseitigen Fahrzeuge, und daß die Kugeln ihr Ziel nicht verfehlt haben mochten, entnahm Karl aus den Kommando-Worten des Kapitains und aus dem Umstande, daß der Schiffs-Zimmermann die Hände voll zu thun hatte. Der Kapitain erwiderte das Kanonen-Feuer, so daß eine ganze Kanonade entstand. Karl wurde von dem ihm so wohlwollenden Matrosen, der ihn plötzlich beim Arme gepackt hatte, in den untern Schiffsraum geführt, wo sich viele der übrigen Reisenden, die an dem Werke der Vertheidigung keinen Antheil nehmen konnten oder mochten, schon befanden. Hier bleibe, sagte der Matrose und bete zu Gott, daß er uns erhalten möge! Mit diesen Worten entfernte er sich schnell wieder. Unter den Reisenden, die hier versammelt waren, entstand hierauf ein lautes Seufzen, Wehklagen und Stöhnen; die meisten fielen auf die Kniee und riefen den Himmel um Beistand an, und Furcht und Schrecken hatten sich auf Aller Gesichts-Zügen tief eingeprägt. Der Kanonen-Donner erscholl immer heftiger und das Geschrei der Matrosen und jener Männer, die freiwillig auf dem Schiffe sich zur Vertheidigung stellten, drang schauerlich herab in den untern Schiffsraum. Auf einmal prallte das Schiff heftig an, ein lautes Krachen erfolgte und sogleich drang auch auf vielen Seiten schon das Wasser herein. Nun strömte Alles dem Verdecke zu, wo ein wilder Kampf tobte. Die Seeräuber waren überlegen, das Schiff, auf welchem sich Karl befand, fing an zu sinken, viele der verwundeten und mit ihnen Karl wurden von den Seeräubern ergriffen und auf ihr Fahrzeug gebracht. Was die Seeräuber auf dem überwältigten Schiffe an Gütern noch erbeuten konnten, das eigneten sie sich zu und schleppten es in ihr Schiff. Endlich sah Karl vom feindlichen Fahrzeuge aus das Schiff, auf welchem er sich noch vor kurzer Zeit so wohl befand, untersinken. Die Seeräuber erhoben ein lautes und wildes Geschrei und segelten mit ihren Gefangenen und den erbeuteten Gütern davon. Schmerzlich vermißte Karl unter den Mitgefangenen den Matrosen, der sich seiner auf der ganzen Reise so väterlich angenommen hatte, er mochte vielleicht im Kampfe geblieben oder mit dem Schiffe untergegangen seyn. Auch des Kapitains wurde er nicht gewahr, der vielleicht gleiches Loos mit dem Matrosen hatte. Karl schauderte bei dem Gedanken, sich in den Händen von Seeräubern zu befinden, zusammen. Ach, wie bereute er jetzt den so unbesonnenen Schritt, den er gethan hatte. Wehe! rief er aus, wäre ich doch nie an den Hafen gegangen und hätte der guten Margaretha gefolgt, und wäre zu meinem Vater zurück gekehrt! Ach, wehe mir, was wird nun aus mir werden! Ich sehe vielleicht nie mehr meinen Vater und meine Schwester! Und Karl setzte sich in einen Winkel des Schiffes und weinte. Die Seeräuber kümmerten sich wenig um den weinenden Knaben. Sie landeten nach einigen Tagen und suchten ihre Güter in Sicherheit zu bringen, während sie auch ihr Fahrzeug, das Schaden genommen hatte ausbessern ließen. Die Gefangenen aber und mit ihnen Karl wurden als Sklaven in Tripolis verkauft. Neuntes Kapitel. Karls Beschäftigung als Sklave. Karl gerieth auf dem Sklaven-Markte in die Hände eines reichen und vornehmen Türken, dem das gesunde Aussehen des Knaben sehr wohl gefiel. Allah! sagte der Türke, welche Zierde wird dieser junge Sklave in meinen Gärten werden, es muß sich schön ausnehmen, wenn er so zwischen den Blumen und Gewächsen einher geht. Und so kaufte er den Knaben, ohne um den Preis zu feilschen. Nun kam Karl auf die weiten Besitzungen des Türken, welcher die schönsten Gärten besaß, die mit den seltensten Blumen und Bäumen, mit den kostspieligsten Brunnen und Wasserleitungen und mit den geschmackvollsten Gartenhäuschen, Grotten und Tempeln prangten. Er wurde einem betagten Sklaven, der sich auf die Gärtnerei verstand, beigegeben; dem mußte er stets zur Hand seyn. Er wurde angewiesen, die Blumen-Beeten vom Unkraute rein zu halten und die Blumen und Pflanzen zu begießen. Auch die Gänge im Garten waren ihm theilweise zugetheilt, auf welchen er den Sand gleichmäßig zu vertheilen, und solche von Steinen und Reisern rein zu halten hatte. Mit dieser Beschäftigung verfloß eine lange Zeit, während welcher sich Karl oft nach Hause sehnte und heiße Thränen vergoß, wenn er so seinem Tagwerke nachging und über seine Erlebnisse nachdachte. Kam nicht sein ganzes widriges Geschick von seinem Hange zur Thierquälerei her? Am meisten aber lag ihm am Herzen, daß sein Vater unbekannt mit dem Geschicke seines Sohnes war. Er hätte so viel darum gegeben, wenn er seinem Vater Nachricht von sich hätte zukommen lassen können, aber wie sollte er es anfangen? Dabei hegte er die Hoffnung, daß sein Vater, sobald er den traurigen Aufenthalt des Sohnes erfahre, gewiß alle Mittel aufbieten werde, ihn zurück in die Heimath zu bringen. Allein er sah keinen Weg, dem Vater Mittheilungen zu machen. Karl konnte zwar schreiben, es fehlte ihm aber hier an den nöthigen Schreibmaterialien sowohl, als auch an der Gelegenheit, den Brief zu befördern. Da ging er nun oft sehr traurig und niedergeschlagen in den schönen Gefilden des Gartens umher. Er wandte sich oft im Gebete zu Gott, suchte und fand Trost darin. Ich sehe ein, sprach er, daß ich diese Prüfung verdient habe; aber guter Vater im Himmel! führe mich auch wieder den Meinigen zu. Hier muß ich dem Leibe und dem Geiste nach Verkümmern. Wie glücklich sind gegen mich meine Jugend-Genossen, denen Unterricht ertheilt wird und welchen so täglich Gelegenheit gegeben ist, sich zu vervollkommnen und Dir himmlischer Vater so stets ähnlicher zu werden, der Du das vollkommenste Wesen bist. Der alte Sklave, welchem Karl beigegeben war, bemerkte die große Traurigkeit des Gärtner-Jungen und er sprach eines Tages zu Karl: Du scheinst mir nicht mit deinem Stande zufrieden zu seyn? hast du vielleicht eine Angelegenheit, aus der ich dir zu helfen im Stande wäre? Ich sehe ja kein Ende meiner Leiden, antwortete Karl, warum sollte ich da nicht traurig seyn? Ich muß hier die Arbeiten eines Gärtner-Jungen verrichten, während ich, wenn ich bei meinem Vater wäre, nun dessen Geschäft als Kaufmann übernehmen und ein herrliches Leben führen könnte. Besitzt denn dein Vater, fragte der alte Sklave, Reichthum? Das Haus Daruff, versetzte Karl, steht in gutem Rufe. Wenn das ist, sagte der Sklave, so wird es ja deinem Vater auch nicht schwer halten, dich frei zu machen und dich in die Heimath zurück kommen zu lassen? Mein Vater, erwiederte Karl, würde einen beträchtlichen Theil seines Vermögens daran setzen, mich frei zu machen, aber wo finde ich Mittel und Wege, ihn von meinem Geschicke in Kenntniß zu setzen? Das will ich dir sagen, versetzte der Sklave, du wendest dich an den reichen Kaufmann Osmin dahier, welcher oft in diesen Gärten lustwandelt und bei Hassan, unserm Gebieter in hohen Ehren steht. Der wird sich gewiß für dich verwenden, denn Osmin liebt das Geld, ist er gleich einer der reichsten Kaufleute und hier sieht er mit scharfem Blicke Vortheile erwachsen. Macht mich doch, bat nun Karl, mit Osmin bekannt, sollte ich meine Freiheit erringen, so soll es euch gut belohnt werden, daß ihr mir diesen Rath ertheilt habt. Glücklicher Zufall! sagte der Sklave, dort wandelt Osmin zwischen den Palmen, begib dich zu ihm, trage ihm deine Noth vor, sage, daß das Haus deines Vaters in gutem Rufe stehe und ich müßte diesen Osmin nicht kennen, wenn er dir nicht behilflich seyn sollte! Karl pflückte einen hübschen Blumenstrauß, band ihn sinnig zusammen und begab sich damit zum reichen Kaufmann Osmin. Allah sei mit Euch, edler Osmin, sagte Karl, verschmäht es nicht, diesen Blumenstrauß anzunehmen! Wer schickt mir den Strauß? fragte Osmin. Ich habe ihn für Euch gepflückt, entgegnete Karl, da man mir sagte, daß Ihr ein großer Blumenfreund seyd. Osmin betrachtete den Blumenspender mit Wohlgefallen, griff dann in die Tasche, um demselben ein Silberstück zu geben. Verzeiht, edler Osmin, sagte Karl, der sich anständig weigerte, das ihm zugedachte Geschenk zu nehmen, ich bitte Euch um eine andere Gunst-Bezeigung. Und worin besteht diese? fragte Osmin den Gärtner-Jungen, dessen seines Wesen ihm wohlzugefallen schien. Habt die Güte, versetzte Karl und schreibt an meinen Vater, daß ich hier als Sklave in Diensten stehe, daß er sich meiner doch annehmen und mich aus dem Sklaven-Joche befreien möge. Wer ist denn dein Vater, fragte Osmin, dem du so Großes zutraust! Mein Vater, entgegnete Karl, ist der reiche Kaufmann Daruff unfern Bremen, dessen einziger Sohn ich bin. Der reiche -- der reiche Kaufmann Daruff, wiederholte Osmin, aber sage mir doch, wie bist du denn Sklave geworden? Karl erzählte, daß er von seinem Vater zum Onkel Heinrich nach London geschickt worden sei, daß indessen das Schiff, auf welchem er sich befunden, von Seeräubern genommen worden und er so in die Sklaverei gekommen sei. Dein Geschick geht mir zu Herzen, sagte Osmin, und denken kann ich mir auch, wie du dich zurück nach deinem Vater sehnest; aber Summen kann es kosten; doch dein Vater, der reiche Kaufmann wird die Piaster nicht erst ängstlich in der Hand wiegen, wenn es sich darum handelt, seinen einzigen Sohn wieder um sich zu sehen. Aber Hassan, fuhr er fort, Hassan, dein Gebieter hat hier auch ein Wort zu reden und ist der mit deiner Freiheit nicht einverstanden so hilft aller Reichthum nichts, den dein Vater besitzt und den er zu deinem Besten willig opfern würde. Ach, edler Osmin, sagte Karl, man hat mich darüber verständigt, wie hoch Ihr bei Hassan dem Gebieter in Ehren steht; würdet Ihr nun Eure gütige Fürsprache mir zu Theil werden lassen, so dürfte ich gewiß seyn, daß ich frei werde. Und daß sich dann mein Vater höchst erkenntlich gegen Euch bezeigen würde, dessen versichere ich Euch hoch und theuer. Ich will deinem Vater schreiben, sagte Osmin; zuvor aber muß ich mit Hassan reden. Ich kenne deinen Gebieter; solltest du so unglücklich seyn, daß er dich, er, der so viele Sklaven besitzt, persönlich kennt, so ist auch meine Fürsprache und Alles umsonst; ja, dann darf ich es nicht einmal wagen, an deinen Vater zu schreiben, um ihn mit deinem Geschicke bekannt zu machen. Morgen will ich schon zu Hassan gehen und Rücksprache mit ihm nehmen; sage mir nun, welchen Namen führest du als Sklave? Mir wurde, entgegnete Karl, der Name Ilev beigelegt, dessen Geschäft es ist, in Hassan's schönen Gärten die Blumenbeete vom Unkraute zu reinigen und die Gänge in reinlichem Stande zu erhalten. Sei also morgen um diese Zeit, sagte Osmin, wieder hier unter den Palmen, ich werde dir dann mittheilen, welchen Erfolg meine Unterredung mit Hassan dem Gebieter hatte. Mit diesen Worten entfernte sich Osmin in stolzer Haltung. Allah schütze Euch, edler Osmin, rief ihm Karl noch nach und ging dann zu dem alten Sklaven zurück, dem er das Gespräch mit Osmin mittheilte. Zehntes Kapitel. Die verschleierte Dame. Hassan, sprach Osmin, du hast einen jungen Sklaven, welcher Ilev heißt und in deinen Gärten beschäftigt ist, der sehnt sich zurück zu seinem Vater, welcher reich seyn soll und seinen Sohn gerne auslösen wird. So du nicht anders beschlossen hast wage ich es, für Ilev zu bitten, gib ihn frei und lasse ihn heim ziehen! Wie sprichst du Osmin? versetzte Hassan, du sprichst von dem Vater eines meiner Sklaven, welcher reich seyn soll, hast du je von mir gehört, daß ich Geld aus meinen Sklaven zu lösen suchte? Hassan hat schon so viele Sklaven gekauft, wer kann aber sagen, daß Hassan je einen Sklaven verkauft, oder ihm die Freiheit des Geldes halber gegeben habe? Groß sind die Reichthümer Hassan's, aber auch edel ist Hassan's Herz, sagte Osmin, wenn es dein Wille ist, so erhält Ilev die Freiheit, nicht des Geldes halber, nein, weil es Hassan so will, der da den Vater des Sklaven glücklich zu machen sucht, indem er ihm den einzigen Sohn zurück gibt. Wisse Osmin, sagte Hassan, während er eine verschleierte Dame, die neben ihm ruhte, gütig und wohlwollend anblickte, daß mir an dem Tage, an welchem ich den jungen Sklaven Ilev kaufte, meine Ossira mir meinen Sohn Selim schenkte. So ist dieser Sklave mir ein theures Zeichen süßer Erinnerung, den ich um Gold und Perlen nicht entferne; denn müßte ich nicht besorgen, meinen Sohn Selim zu verlieren, wenn ich den Sklaven von mir ließe? Großer Hassan, sprach hierauf die verschleierte Dame, lasse diesen Sklaven ziehen und mache ihn und seinen Vater glücklich, auf daß Allah uns segne! Ach, dein Sohn Selim ist nicht mehr; deshalb kam ich so traurig zu dir, weil ich dir eine so schlimme Botschaft zu bringen hatte. Und aus ihrem Tone, mit welchem sie diese Worte hervor brachte, konnte man wohl entnehmen, daß Ossira weine. Da kreuzte Hassan die Arme auf der Brust und rief wehmüthig aus: Allah, Allah! du hast mir meinen Sohn Selim genommen? Allah, was hat sich Hassan zu Schulden kommen lassen, daß du solche Strafe über ihn verhängst? Selim, mein Selim todt! So klagte Hassan und Osmin ging auf die Seite, denn sein Herz ward ob dem Schmerze Hassans um seinen Sohn Selim tief gerührt. Osmin, sprach hierauf Hassan, da mich Allah mit Strafe heimgesucht hat und da mir nun Ilev der Sklave kein freudiges Erinnerungszeichen mehr ist, vielmehr mein Herz bei seinem Anblicke nur stets mit Trauer erfüllt würde, so nimm den Sklaven zu dir, sage ihm, daß ihm Hassan die Freiheit geschenkt habe, statte ihn auf Kosten Hassan's reichlich aus und sorge dafür, daß er wohlerhalten in seine Heimath zu seinem Vater gebracht werde! Edler Hassan, sagte Osmin, du legst mir eine edle Pflicht auf, der ich getreu nachkommen werde. Während dieses in Hassan's Gemache vorging war Karl im Garten mit seinen Blumen beschäftigt. Er erinnerte sich wieder besonders lebhaft seines Vaters und seiner Schwester und sehnte sich stärker als je nach seiner Heimath. Er hatte in einem entlegenen Theile des Gartens, welcher wild mit Strauchwerk verwachsen war, sich eine kleine Einsiedelei errichtet; in den Stamm einer Trauerweide schnitt er ein Kreuz, vor welchem er sich oft niederwarf und zu Gott betete, da holte er sich Trost, wenn sein Herz mit Kummer erfüllt war; hier durfte er beten, Niemand störte ihn. Da wandte er sich an den Erlöser, der so viel für die Menschheit litt. Auch heute ging er seiner Einsiedelei zu, warf sich wieder vor dem Kreuze nieder und betete recht inständig zu Gott, er möge doch mit ihm seyn und Hassan's Herz bewegen, daß er ihm die Freiheit schenke und ihn in die Heimath ziehen lasse. Guter Gott! sprach er, erhöre mein Gebet! Und Thränen flossen ihm von den Wangen. Hierauf erhob er sich und fühlte sich recht gestärkt. Da erschrack er, denn eine verschleierte Dame stand hinter ihm, welche wohl sein Gebet mochte angehört haben. Erschrick nicht, Ilev! sagte die Dame mit lieblichem Tone, Gott hat dein Gebet erhört, Hassan hat dir die Freiheit geschenkt, du wirst zu deinem Vater zurück kehren! O guter Gott! rief Karl, da hast du ja mein Gebet wieder erhört, und schickst mir abermals einen Engel, der mir verkündet, daß du mich nicht verlassen hast. Und seine Thränen brachen aufs Neue hervor. Wie freut es mich, sagte die Dame, in dir einen Christen zu finden; wie erhebt mich sichtbar dein Glaube, dem auch ich zugethan bin. Nimm dieses Andenken, fuhr sie fort, und überreichte ihm ein kostbares Kreuz, es möge dich an die heutige Stunde erinnern, in welcher dir Ossira, das Weib Hassan's, deine Freiheit verkündigte. Solltest du wieder in Noth gerathen, so nimm deine Zuflucht zu dem Heilande, welcher für uns am Kreuze starb, und wie er dir heute geholfen hat, so wird er dir auch ferner helfen. Karl warf sich ihr zu Füßen und küßte den Saum ihres Kleides, unvermögend, seinem Inneren durch Worte Luft zu machen. Osmin, der Kaufmann, sagte Ossira und reichte dem vor ihr liegenden frei gewordenen Sklaven die Hand zum Aufstehen, ist beauftragt, dafür zu sorgen, daß du wohl ausgestattet, zu den Deinigen zurück gebracht wirst. Lebe nun wohl, Ilev und so oft du dich zu Gott im Gebete wendest vergiß auch meiner nicht! Mit diesen Worten verschwand Ossira, welche im Kummer ihres Herzens ob dem Tode ihres Sohnes Selim die unbesuchtesten Theile des Gartens ausgesucht und so den betenden Sklaven gefunden hatte. Karl warf sich nun nochmals vor dem Kreuze nieder und dankte mit gerührtem Herzen Gott dem allgütigen Vater für das Werk der Barmherzigkeit, welches er an ihm gethan hatte. Dann ging er auf die Palmen zu, wohin ihn Osmin bestellt hatte. Osmin wandelte schon unter den Palmen und als Ilev auf ihn zukam sprach er: Preiße dich glücklich, da du von nun an nicht mehr Hassan's Sklave bist, der dich mir übergab, auf daß ich dich pflege und nicht als einen Sklaven behandle. Ich sage Euch meinen tiefsten Dank, edler Osmin, sprach Karl, denn nur wohl auf Euere Verwendung hat mir Hassan der Gebieter die Freiheit geschenkt. So folge mir nun in mein Haus nach, sagte Osmin und nimm Abschied von diesen Gärten, die du jetzt nie mehr betreten wirst. Karl warf noch einen langen Blick nach dem Theile des Gartens hin, wo er seine Einsiedelei errichtet hatte und wo ihm Ossira mit den Trostesworten erschienen war, wo er von Kummer niedergebeugt auf den Knieen vor dem in die Trauerweide eingeschnittenen Kreuze lag und Muth und Stärke im Gebete erlangte, dann folgte er Osmin nach, ohne demselben von der Erscheinung Ossira's eine Mittheilung zu machen. Eilftes Kapitel. Karl im Hause Osmin's. Nicht wie Ossira gesagt hatte und nicht wie Osmin selbst unter den Palmen erklärte, erfuhr Karl in Osmins Hause eine Behandlung, man machte vielmehr wenig Unterschied zwischen ihm und den übrigen Sklaven. Zudem verstrichen Tage, Monate, ja ganze Jahre, ohne daß Osmin auch nur die geringsten Anstalten traf, Karl in die Heimath zu bringen. Denn Osmin war gierig nach Geld und hoffte, mit Ilev gute Geschäfte zu machen. Er schrieb wohl an Karls Vater, forderte aber Behufs der Auslösung seines Sohnes ungeheure Summen, welche das Vermögen Daruffs zweimal überstiegen. Sei es nun, daß die Briefe nicht an Daruff gelangten, oder daß der bekümmerte Vater einsehen mochte, nicht im Stande zu seyn, solchen überspannten Forderungen nachzukommen, kurz es erfolgte keine Antwort und Osmin wurde deßhalb grimmig und aufgebracht gegen Karl, indem er vermeinte, Ilev habe ihm in der Absicht, frei zu werden, Unwahrheiten gesagt und der Reichthum des Vaters sei nur erdichtet gewesen. Er behandelte nun Karl wie einen Sklaven und ließ sich sogar Grausamkeiten gegen ihn zu Schulden kommen. Da sagte eines Tages Karl: Osmin, entweder hat mir Hassan die Freiheit nicht geschenkt, oder Ihr handelt nicht nach Hassan's Worten, der da wollte, daß Ihr mich zu meinem Vater zurückbringet, in dessen Wille es aber gewiß lag, daß Ihr mich nicht wie einen Sklaven in Eurem Hause behandelt. Was? du klagst über die Behandlung in meinem Hause, rief Osmin höchst aufgebracht, elender Sklave! Ist das der Lohn für meine Verwendung bei Hassan, der mir mit dir nur ein Geschenk machte, über welches ich nach Willkühr verfügen kann? Dann habt ihr mir unter den Palmen, entgegnete Karl, die Unwahrheit gesagt und mir wäre besser, ich befände mich noch als Gärtner-Junge in Hassan's Gärten! Ich weiß aber, daß Ihr gegen Hassan's Worte handelt und ich werde mich selbst an Hassan wenden und Euch anklagen! Elender, undankbarer Sklave! rief Osmin in Wuth, ich will Dir den Weg zu Hassan schon abschneiden! Und Osmin gab Befehl, daß Karl zwölf Peitschenhiebe auf die Fußsohlen erhielt. Nebstdem erhielten zwei Sklaven des Hauses den Auftrag, Ilev nicht aus den Augen zu lassen, und es wurde ihnen mit dem Tode gedroht, falls sie ihr Amt vernachläßigen sollten und es sich begeben würde, daß Ilev sich aus dem Hause entferne. Auf diese Weise befand sich Karl wieder in der elendesten Lage. Er weinte oft des Nachts auf seinem harten Lager und wünschte sich in Hassan's Gärten zurück. Seine Zuflucht war wieder das Gebet, in welchem er sich an Gott den allgütigen Vater der Menschen wandte; dann nahm er auch das Kreuz, welches er von Ossira erhalten hatte, preßte es an seine Brust und betete für sich und für Ossira. Ach wüßte sie, sagte er, in welcher Noth ich mich befinde, sie würde mir gewiß helfen. Aber wie soll ich zu ihr, wie soll ich zu Hassan gelangen? Indessen ertrug er mit Stillschweigen und mit vieler Ergebung sein hartes Geschick, immer die Gelegenheit abwartend, die es ihm möglich mache, Hassan seine Noth zu klagen. Diese Gelegenheit ergab sich endlich. Osmin mußte in Handelsgeschäften verreisen, einer der Sklaven, welchem die strenge Aufsicht über Karl anbefohlen war, erkrankte und konnte sein Lager nicht verlassen und der andere war immer so beschäftigt, daß er nicht in dem Maße der Aufsicht sich unterziehen konnte, wie ihm vorgeschrieben war. Da machte sich Karl eines Morgens aus dem Hause und da ihm alle Eingänge in Hassan's Gärten bekannt waren, eilte er dahin in der Absicht, den alten Sklaven aufzusuchen, dem er früher beigegeben war, ihm seine Noth zu klagen und ihn um Rath zu befragen, wie er es anzustellen habe, um vor Hassan zu kommen. Er war auch so glücklich, den alten Sklaven gleich aufzufinden, der ob Ilev's üblem Aussehen sehr in Verwunderung gerieth. Karl klagte ihm nun seine Noth und bat ihn um Rath. Wer hätte das von Osmin gedacht! rief der alte Sklave, aber ich kenne diesen Osmin schon, der gieriger nach Geld ist, als der Rabe nach Aas. Bleibe, lieber Ilev, fuhr er fort, nur bei mir bis Mittag, da kommet Hassan hier vorüber, du wirfst dich vor ihm nieder und erzählst ihm die grausame Behandlung, die dir dieser Osmin angedeihen läßt. Hassan wird sich deiner erbarmen, denn sein Herz ist edel und so wirst du besseren Tagen entgegen gehen. Trinke indessen hier aus meinem Kruge und iß von meinem Brode, denn es scheint, auch Speis und Trank werde dir in Osmin's Hause nicht im Uebermaße gereicht. Karl folgte der wohlwollenden Einladung des alten Sklaven und erquickte sich erst, dann aber zog ihn sein Herz hin nach der Einsiedelei, welche er aufsuchte, um dort die Zeit bis Mittag zu verbringen. Aber wie überrascht war er, als er vor der ihm so wohlbekannten Trauerweide stand, wie war Alles so anders geworden, wie lieblich war der Platz eingerichtet! Hier blüthen Rosen und Jasmin, wo früher wildes Gesträuch stand und das in der Trauerweide eingeschnittene Kreuz, wie hatte sich das verändert! Vor demselben war ein kleiner Altar errichtet und vor dem Altare befand sich ein Schemel von frischem Rasen, zur Rechten und Linken mit den schönsten Blumen geziert. Das Kreuz war mit Gold und Silber eingefaßt, und in der Mitte hing der sterbende Heiland mit der Dornenkrone, gleichfalls von Silber und mit Edelsteinen besetzt. Der Wipfel der Trauerweide bildete ein Dach, welches dem Kreuze mit dem Altare und Schemel zum Schutze gegen üble Witterung diente. Hier, rief Karl aus, hat Ossira mit frommem Herzen Alles so geschaffen, hier ist Ossira's Betort, nur Ossira ist die Schöpferin dieses stillen Betortes. Und er warf sich nieder auf den Schemel vor dem Altare, faltete recht fromm die Hände, und schickte innbrünstige Gebete zu Gott. Und siehe, als er aufstand -- stand Ossira vor ihm. Seh ich recht, sprach Ossira, Ilev du hier? Guter Gott! rief Karl aus, fiel zu Ossira's Füßen nieder und küßte wieder den Saum ihres Gewandes, guter Gott! du schickst mir wieder deinen rettenden Engel! Ach, hohe Gebieterin, ich bin Ilev, der unglückliche Ilev, welchem Ihr Freiheit und Rückkehr in die Heimath verkündigt habt, der aber von Osmin dem Kaufmann zurückgehalten und grausam behandelt wird. Wie? fragte Ossira, so hätte dich Osmin noch gar nicht zu deinem Vater gesandt? Hohe Gebieterin, sagte Karl, Osmin schloß mich bis jetzt in seinem Hause ein, ließ mich streng bewachen, und ich erfuhr eine Behandlung, wie man sie kaum einem Sklaven angedeihen läßt. Und hast du denn nie Gelegenheit gehabt, fragte Ossira weiter, mich oder Hassan von deiner kummervollen Lage in Kenntniß zu setzen? Ich war der strengsten Aufsicht unterworfen, erwiederte Karl und nur jetzt erst, da Osmin in Handelsgeschäften sich entfernt hat, bot sich mir die Gelegenheit, in diese Gärten zu kommen, ach, und kaum war ich wieder in diesen prächtigen Gefilden, so zog es mich mit Gewalt hieher an diesen Ort, den ich so herrlich umgewandelt fand. Osmin, sagte Ossira, hat schlimm an dir gehandelt, und sich schwer wider Hassan vergangen, dem ich Alles, was du mir jetzt mitgetheilt hast, hinterbringen und dabei Osmin schwer anklagen werde, damit man ihn streng zur Strafe ziehe. Erlaubet mir, hohe Gebieterin, sprach Karl, daß ich mich in diesen Gärten aufhalten darf, denn ich befürchte, kehre ich in Osmin's Haus zurück, nur grausam mißhandelt zu werden. Gehe hin zu jenem Sklaven, sagte Ossira, welcher eben die beiden Körbe voll Blumen in Hassan's Gemächer trägt, sage ihm, ich hätte befohlen, er solle dich so lange in seinen Schutz nehmen, bis man dich von ihm zurück verlange. Ich aber will mich bei Hassan für dich verwenden. Ossira verschwand wieder und Karl ging auf den Sklaven zu und hinterbrachte ihm Ossira's Befehle. Zwölftes Kapitel. Osmin vor Hassan. Osmin war von seiner Reise heimgekehrt; glücklich sah er die Geschäfte vollendet, die ihm reichen Gewinn eintrugen; deshalb war er heiter und guter Dinge und dachte an nichts weniger als an seinen Sklaven Ilev. Da kam an ihn eine Einladung von Hassan und eilig machte sich Osmin auf den Weg zu Hassan, neuen Gewinn hoffend. Hassan empfing ihn äußerst freundlich und machte wichtige Waaren-Bestellungen bei dem Kaufmann, der im Stillen die großen Vortheile berechnend, allen Wünschen Hassan's nachzukomnen suchte. Doch, Osmin, sagte jetzt Hassan, ich beschwere dich wieder mit neuen Bestellungen und kann mich doch nicht erinnern, ältere Schulden getilgt zu haben, die nicht unbeträchtlich seyn dürften. Du hast meinen Sklaven Ilev, dem ich, da mein Sohn Selim mit Tod abgegangen war, die Freiheit schenkte, ausgestattet und dafür gesorgt, daß er zurück in seine Heimath gebracht wurde, gib nun an, was ich hierfür schulde! Edler Hassan, sprach Osmin, sich im Herzen freuend, so unerwartet wieder treffliche Geschäfte zu machen, es ist nur eine Kleinigkeit, mit welcher ich dir seither nicht beschwerlich fallen wollte. Kleinigkeit? wiederholte Hassan, solltest du etwa vergessen haben, daß ich dir auftrug, den Sklaven so auszustatten, daß sich Hassan der Ausstattung nicht zu schämen habe? Edler Hassan, versetzte Osmin, ich habe nichts gespart und glücklich gelangte Ilev in seine Heimath. Hast du auch sichere Nachricht hierüber? fragte Hassan. Die sicherste, edler Hassan, sagte Osmin, ist mir von dem Handlungshause zugekommen, welchem ich deinen Schützling anvertraute. Vater und Sohn preisen sich nun glücklich und erflehen für dich täglich den himmlischen Segen. Gut, Osmin, sprach Hassan, so lasse mich nun auch nicht länger in Schulden und gib mir an, wie hoch sich deine Auslagen belaufen. Nur eine Kleinigkeit für dich, edler Hassan, sagte Osmin, der ganze Betrag beläuft sich nur auf fünftausend Piaster. Fünftausend Piaster! wiederholte Hassan und mit den Worten winkte er einem Sklaven: geh, und lasse meinen Schatzmeister eintreten, damit er Richtigkeit mache. Der Sklave entfernte sich, eine Seitenthüre des Gemaches öffnete sich, und herein trat Ilev. Wie vom Blitze getroffen stand Osmin da. Er traute kaum seinen Augen, die Röthe auf seinem Gesichte veränderte sich in falbe Todtenblässe, er zitterte und fiel mit den Worten zu Hassan's Füßen: Erbarmen! edler Hassan, Allah ist gerecht und bestraft meine schwarze That! Weg von mir! rief Hassan, elender, abgefeimter Betrüger, so lohnst du das Vertrauen, welches ich dir bis jetzt in so großem Maße geschenkt habe? Dich möge Allah mit dem Fluche verfolgen, das Geld möge sich in deiner Hand in glühendes Erz verwandeln, und dein auf so niederträchtige Weise zusammengescharrter Reichthum möge dir die Brust zuschnüren, Elendester unter der Sonne! Ich will deine Schandthaten aufdecken und Allah ist dir gnädig, wenn du nicht mit dem Galgen oder mindestens mit dem Kerker bestraft wirst. Erbarmen, edler Hassan, habe Erbarmen, flehte Osmin auf dem Boden, habe Erbarmen mit mir! Weg, Elender! rief aber Hassan und entfernte sich mit Ilev, während Hassan's Sklaven den betrügerischen Kaufmann dem Gerichte überlieferten, welches strenge Strafe über ihn verhängte. Zu Ilev sprach dann Hassan: gehe zu Ossira, meinem Weibe, danke ihr, die es war, die sich deiner annahm, und hinterbringe es ihr, wie ich mit Osmin, deinem Bedrücker verfuhr. Ich selbst aber will jetzt dafür sorgen, daß du in deine Heimath gelangst, und nicht wieder einem Betrüger in die Hände fällst. Und Ilev that unter Thränen des Dankes, wie ihm Hassan befohlen. Dreizehntes Kapitel. Karl reist in die Heimath. Der edle Hassan hielt Wort. Karl befand sich auf einem sehr schönen Schiffe, welches nach Bremen abging. Hassan hatte so für ihn gesorgt, daß es ihm an keiner Bequemlichkeit fehlte. Nebstdem gab er ihm so viel an Geld, daß Karl sich im Stande befand, als wohlhabender Mann aufzutreten. Beim Abschiede sprach Hassan: ich habe nun Alles gethan, um dir die Drangsale vergessen zu machen, deren du in Osmin's Hause gegen mein Wissen und meinen Willen ausgesetzt warst; du kehrst nun zu deinem Vater heim, dem sich Hassan empfiehlt. Wende das Wenige, das dir aus meiner Schatzkammer zugeflossen ist, gut an und so oft du Gelegenheit hast, mildthätig gegen Leidende und Bedrückte zu seyn, so verhärte dein Herz nicht und stehe ihnen bei, so viel in deinen Kräften liegt. Keine gute That bleibt unbelohnt und jede gute Handlung ist ein Samenkern, welcher zu einem mächtigen Baume aufschießt, unter dessen Schutz du bei herannahendem Sturme flüchten kannst. Es gibt keine reinere Freude, als Thränen der Noth zu trocknen. Erinnere dich oft deiner Erlebnisse in unserem Lande und vergiß nie, wie wohl es dir that, ein menschenfreundliches Herz gefunden zu haben; du wirst dann doppelt geben und auch eine zweifache Erndte zu hoffen haben. So sprach Hassan und mit gerührtem Herzen, das ihm kaum gestattete, seinen Dank mit Worten auszudrücken, schied Karl, welcher jetzt in den rüstigsten Jahren stand, von Hassan und Ossira, dessen Weibe. Die Fahrt ging gut von Statten. An einem schönen Morgen sahen endlich die Reisenden das ersehnte Ziel vor Augen und das Schiff lief in den Hafen. Karl, welcher noch auf der See sich unpäßlich fühlte, wurde kränker und so wenig er auch damit einverstanden war, so brachte man ihn doch in das Spital. Hier blieb er die vorgeschriebene Zeit, welche für jene festgesetzt ist, die aus den heißeren Ländern kommen und von irgend einer Krankheit befallen sind. Er war ganz abgeschlossen und bekam nur jene zu Gesicht, die sich mit seiner Verpflegung beauftragt sahen. Während dieser Zeit hörte Karl aus einem nicht weit von ihm gelegenen Zimmer die hellen, unsicheren Töne, als wenn eine alte Frau andächtig dem Gesange obliege. Diese Töne wurden dann von einem Gelächter unterbrochen, welches keineswegs zum andächtigen und erbaulichen Gesange paßte. Karl erkundigte sich nach der Sängerin und der Wärter antwortete: ach, die tolle Margareth, der Mond ist wieder im Zunehmen, das spürt das alte Ding und da hat sie wenig Ruhe. Sprichst du von einer Wahnsinnigen? fragte Karl. Ja wohl! Ihr meint doch die Person, welche so erbaulich singt? Nun ja, diese ist die tolle Margareth, sagte der Wärter. Bei dem Namen Margareth kam Karl sogleich jene Margaretha in das Gedächtniß, welche ihn vor vielen Jahren aus der polizeilichen Haft entließ. Er erschrack bei dem Gedanken, daß Margaretha durch seine Schuld vielleicht dem Wahnsinne anheim gefallen sei und begierig fragte er weiter: ist denn diese Person schon alt und kennt man keinen Grund, was sie vielleicht zum Wahnsinne brachte? Das weiß man wohl, entgegnete der Wärter, das alte Ding wurde aus dem Dienste gestoßen und hat ihren Anspruch auf Pension verloren; das hat nun der armen Margareth so zugesetzt, daß sie von jener Stunde an wahnsinnig ist. Ach Gott! sagte Karl, sie ist es! Kennt Ihr sie auch? fragte der Wärter. Karl wollte sich nicht verrathen und sprach: ich habe wohl von dieser Person schon gehört, aber persönlich kenne ich sie nicht. Doch wäre mir daran gelegen, sie einmal zu sehen. Das steht Euch frei, sagte der Wärter, sobald Ihr genesen seid und Eure Zeit ausgehalten habt. Diese Person, fuhr Karl fort, wurde also aus dem Dienste gejagt und hat ihre Pension verloren? Was hat sie sich denn zu Schulden kommen lassen und bei wem stand sie in Diensten? Die alte Margareth, erzählte nun der Wärter, stand damals bei der Polizei dahier in Diensten, nun wurde ein junger Bursche aufgegriffen, den man des Diebstahls zeihte, weil man einen kostbaren Ring bei ihm fand, der entwendet war; das gute alte Ding mag sich durch das klägliche Thun dieses Burschen haben verführen lassen und wie sie eingestand, hat sie denselben aus der Haft richtig entwischen lassen. Karl erschrack sehr, denn nun zweifelte er nicht mehr, daß die unglückliche Wahnsinnige seine arme Margarethe sei, die ihm damals zur Freiheit verholfen, die er hintergangen und auf diese Weise höchst unglücklich gemacht hatte. Er verbarg aber sein Inneres, so gut er konnte und fragte wieder: Wie ist man denn dahinter gekommen, daß Margaretha den Burschen entwischen ließ, hat sie es denn sogleich einbekannt? Das nicht, versetzte der Wärter, aber man hat den Rock bei ihr gefunden, den dieser Bursche bei seiner Haftnahme getragen haben soll. Gut, daß jetzt wieder die hellen Töne der Wahnsinnigen erfolgten, Karl nahm zum Vorwande, daß er durch diesen Gesang bei seiner Unpäßlichkeit sehr ergriffen werde und so brach der Wärter dieses Gespräch ab und entfernte sich. Karl besserte sich immer mehr und die Zeit ging zu Ende, welche er im Spital zuzubringen hatte. Er ging nun mit sich zu Rathe, ob es nicht besser sei, seinen Vater von seiner Ankunft erst in Kenntniß zu setzen; er überlegte, daß sein plötzliches Erscheinen im elterlichen Hause nach so vielen Jahren nachtheilig auf den alten Vater einwirken könne und so ließ er einen Brief von anderer Hand an seinen Vater abgehen, in welchem stand, daß sein Sohn Karl nach vielen erstandenen Mühseligkeiten auf der Rückkehr in seine Heimath begriffen sei und demnächst ankommen werde. Dann ordnete Karl seine Sachen und bereitete sich vor, das Spital zu verlassen. Vierzehntes Kapitel. Karl und Margaretha. Wenn Ihr Euch nicht scheut, sprach der Wärter zu Karl, allein bei einer Wahnsinnigen zu bleiben, so kann ich Euch jetzt dienen und Euch zu ihr einführen, ich kann mich aber nicht lange dabei aufhalten. Führt mich nur zu ihr, entgegnete Karl, ich fühle keine Scheu, ihr könnt dann unbesorgt euren Geschäften nachgehen. Die dritte Thür da rechts im Gange, sagte der Wärter und faßte den Schlüssel um die Thüre zu öffnen. Halt! sprach Karl, noch eine Frage: hat denn die unglückliche Person nicht auch zuweilen lichte Augenblicke? Genug, entgegnete der Wärter. Und ist sie dann im Stande, fragte Karl weiter, ihre Bekannten zu erkennen und vernünftig mit ihnen zu sprechen? Ja wohl, erwiederte der Wärter, schloß die Thüre auf und während er mit Karl eintrat blickte die Wahnsinnige mit starren Augen nach den Eintretenden. Wie geht's Margareth? fragte der Wärter. Margaretha schüttelte blos mit dem Kopfe. Nicht gut? fragte sie der Wärter. Margaretha schüttelte wieder. Ihr könnt jetzt bald, wandte sich nun der Wärter an Karl, vernünftig mit ihr reden, sie hat wieder einen Sturm ausgehalten. Wollt Ihr jetzt allein mit ihr bleiben? Laßt mich nur allein mit ihr, sagte Karl und der Wärter verließ das Zimmer. Karl sah, daß ihn Margaretha nicht erkannte, er ging auf sie zu und faßte sie bei der Hand. Margaretha zog schnell ihre Hand zurück, sah stier vor sich hin und rief: Herr Commissär lassen Sie mich! Um Gotteswillen lassen Sie mich! Ich habe ja Alles einbekannt, ich weiß nicht, wo der Junge ist! Karl traten die Thränen in die Augen, er fühlte das ganze Gewicht seiner Schuld und merkte wohl, daß er der Gegenstand von Margaretha's Aeusserung sei. Furchtsam sah nun Margaretha auf Karl, blickte ihn lange unverwandt an und sank dann auf einen Lehnstuhl, indem sie die Augen wie zu einem Schlafe schloß. Karl ging näher auf sie zu und betrachtete sie mit der größten Theilnahme und als nun Margaretha nach kurzer Zeit die Augen wieder aufschlug, da gewahrte Karl mit Freuden, daß ihr Blick freier und ihr Auge klarer war. Ihr kennt mich nicht, sagte Karl, ich komme vom alten Kaufmann Daruff und soll euch Grüße von ihm ausrichten. Danke Euch, sagte Margaretha, ach, ich habe diesem Manne, bei dem ich so lange in Diensten war und bei dem ich so viel Gutes genossen habe, herbe Stunden bereitet. Der liebe Gott soll es mir verzeihen, daß ich mich verführen ließ; ich habe ja dem Jungen alles Gute zugetraut, wer hätte denn denken sollen, daß es so kommen würde. Ich kann, so wahr Gott im Himmel ist! mit gutem Gewissen sagen, daß ich nur des Beste des Hauses Daruff im Sinne hatte. Nun ist der Junge fort und wer weiß, wo er elend zu Grunde gegangen ist! Und sie fing an bitterlich zu weinen und hielt die Schürze vor das Gesicht. Karl vermochte kaum aufrecht zu stehen, so ging ihm der Anblick der tief bekümmerten Margaretha zu Herzen. Gebt Euch zufrieden, sagte Karl, ich kann Euch nur die beste Nachricht geben, Daruffs Sohn, Namens Karl, ist auf der Reise zu seinem Vater begriffen; er ist gesund, hat freilich viele Mühseligkeiten erstanden, aber das ist jetzt Alles vorüber. Gott im Himmel! rief Margaretha und schlug die Arme über dem Kopfe zusammen, während sie vom Lehnstuhl herunter auf die Knie sank, großer Gott im Himmel! Da hast du ja mein Seufzen und Flehen vernommen! Du hast mein Ringen mit angesehen und hast dich einer Unglücklichen erbarmt! Karl weinte, hob die Knieende auf und während ihm unaufhaltsam die Thränen hervorschossen sprach er mit bewegter Stimme. Kennt ihr mich denn nicht mehr, meine gute Margaretha? haben mich denn die Jahre und die ausgestandenen Leiden so sehr entstellt, daß ihr euern Karl nicht mehr erkennt? Starr sah ihm Margaretha in das Gesicht und mit einem lauten Schrei fiel sie in Karls Arme. Wahrhaftig! wahrhaftig! schrie sie, mein Karl! ach mein Karl! Und sie lachte und weinte und sank dann wieder erschöpft in den Lehnstuhl. Ach sagte Karl, gute Margaretha, was habe ich euch so vieles Leid geschaffen, könnt ihr mir denn verzeihen? O Gott im Himmel ist gut! sprach Margaretha mit gegen Himmel gewandtem Blicke; er hat ja mir geholfen und hat mir meine Schuld verziehen, warum sollte ich nun meinem Karl einen Jugendfehler nicht vergessen können? Ach, die arme Margaretha hat so oft an Euch gedacht und allezeit lief es mir ganz schauerlich durch alle Glieder, wenn ich der Besorgniß Raum gab, Ihr wäret durch meine Schuld und durch Euren Leichtsinn elend zu Grunde gegangen. Gepriesen sei der Herr! der da Alles zum Besten lenkte. Karl erzählte nun so kurz als möglich seine Erlebnisse von der Stunde an, in welcher er sich einschiffte bis jetzt und mit Rührung hörte ihm Margaretha zu. Damit schloß Karl: Durch die Güte Hassan's meines großen Wohlthäters sehe ich mich nun in den Stand gesetzt, euch, gute Margaretha, einen kleinen Theil meiner Schuld abzutragen. Ich will euch zu mir nehmen und euch in euren alten Tagen so verpflegen, wie es nur eine gute Mutter von einem dankbaren Sohne verlangen kann. Ich schätze mich glücklich, auf diese Weise euch, gute Margaretha, zu zeigen, daß Karl nicht so schlimm ist und eure frühere Aufopferung für ihn ganz zu würdigen weiß. Margaretha nickte nur mit dem Kopfe, denn reden konnte sie nicht und sie verbarg ihr verweintes Antlitz hinter der Schürze. Nach diesem verwendete sich Karl für Margaretha, diese wurde aus dem Spital entlassen und in einem hübschen Wagen fuhren nun Karl und Margaretha aus Bremen der Heimath Karls zu. Fünfzehntes Kapitel. Der Brief. Während Karl fern von der Heimath als Sklave die niedrigsten Geschicke zu ertragen hatte, änderte sich in dem Hause des alten Daruff vieles. Aurelie, die gute Tochter war zur sittsamen Jungfrau herangereift und Daruffs Sorge ging nun dahin, einen annehmbaren Eidam in das Haus zu bekommen, der das Glück seiner geliebten Tochter begründe und das Geschäft tüchtig fortführe, denn der Alte merkte, daß seine Kräfte abnehmen und ihm die Uebersicht und Gewandheit immer mehr entgehe, welche die Führung der Geschäfte erforderte. Und der alte Daruff war so glücklich, sich bald als zufriedener Schwiegervater, und auch bald darauf als der glücklichste Großvater zu sehen. Aurelie reichte einem jungen Manne, der ihrer Wahl ganz würdig war die Hand, und nun verlebte Daruff in Mitte seines Schwiegersohnes und seiner Tochter die heitersten Tage. Das Handlungshaus blieb in seinem alten guten Rufe und nichts fehlte den Glücklichen als bestimmte Nachricht über das Geschick des nun so schon lange vermißten Sohnes. Die Schreiben, welche Osmin an Karls Vater abgehen ließ, waren nicht angekommen. Der alte Daruff erinnerte sich oft seines Sohnes Karl und er machte sich zuweilen sogar Vorwürfe, daß er zu streng gegen seinen Sohn möchte gewesen seyn. Tochter und Schwiegersohn suchten ihn dann zu beruhigen und trösteten ihn mit der Aussicht da noch keine Kunde über Karls Ableben eingetroffen sei, so könne ja derselbe noch leben und wohl glücklich wieder heimkommen. Allein Daruff hatte schon alle Hoffnung aufgegeben, in diesem Leben seinen Sohn wieder zu sehen und dieser Gedanke war oft seine einzige Betrübniß. Da langte unerwartet der Brief von Karl an, welcher meldete, der lang vermißte Sohn sei auf der Rückkehr in das elterliche Haus begriffen. Die jungen Leute wußten nun nicht gleich, wie sie diese frohe Botschaft dem alten Vater hinterbringen sollten. Ueberlasse es mir, sagte Aurelia's Gatte, dem Alten die frohe Nachricht beizubringen. O nimm mir diese Freude nicht! sprach Aurelie, gib mir den Brief, daß ich meinem alten Vater mit einer so glücklichen Bothschaft eine frohe Stunde bereite. Und der Gatte gab dem liebevollen Weibe nach. Als nun der alte Daruff in seinem Lehnsessel vor dem Ofen saß, denn die liebliche Wärme that dem Alten wohl, trat Aurelie vor ihn hin und während sie den Brief hoch empor hielt sprach sie mit freudenglänzenden Augen: Einen Brief, mein bester Vater, einen Brief! und von wem meinst du wohl? Ach, sagte der alte Daruff, habe ich doch während meiner langjährigen Geschäftsführung so viele Briefe erhalten, aber ein Schreiben von meinem Karl -- nein, das kam mir nicht zu! Wozu mir noch Briefe? Ach, bester Vater, sagte Aurelie, du sprichst selbst von Karl und sieh, wie glücklich wir sind! Ist auch dieser Brief nicht von Karls Hand, so ist doch Karl der Urheber dieses Briefs! Mein Karl! rief freudig der Alte, so lebt noch mein Sohn Karl? Ja, bester Vater, antwortete Aurelie, Karl lebt und ist wohlauf. Und er hat selbst geschrieben? fragte der Alte mit zitternder Stimme. Nicht doch, bester Vater, versetzte Aurelie, er hat den Brief schreiben lassen. O guter Gott! sprach der Alte, so sage mir doch, wo ist Karl und weshalb hat er nicht selbst geschrieben? Unser Karl, sagte Aurelie, ist nach diesem Briefe auf der Heimkehr in das elterliche Haus begriffen, und bald, bald wird Karl unter uns seyn, welche Freude! Gute Tochter, sagte jetzt der Alte mit wankender Stimme und suchte sich aus dem Sessel zu erheben, ich bin vorbereitet, ja, ja! du hast mich genugsam vorbereitet; mein Karl, mein Karl ist nicht so weit mehr von mir, als du sagst, er ist hier! Lasse mich meinen Sohn sehen! Mein Sohn Karl! mein Sohn Karl! Nein, bester Vater, sprach Aurelie, Karl ist noch nicht hier, ich will den Brief vorlesen. Da ließ sich der Alte wieder im Sessel nieder und horchte auf den Inhalt des Briefes. Und als Aurelie zu Ende war, da faltete der alte Daruff andächtig die Hände und sprach: O guter Gott! der du einen alten, bekümmerten Vater nicht verlassen hast, wie kann ich dir genug danken? Du gabst mir väterlich milde meinen Sohn zurück, Ehre, Lob und Preiß sei dir in Ewigkeit! Sechzehntes Kapitel. Karl im elterlichen Hause. In Daruffs Hause herrschte heute besondere Lebhaftigkeit. Es war der Morgen, an welchem der siebzigste Geburtstag des alten Daruff feierlich begangen werden sollte. Während noch der Alte sanft schlummerte waren schon Aurelie, ihr Gatte und die drei Enkel, zwei muntere Knaben und ein liebliches Töchterchen eifrig beschäftigt, das Zimmer zum festlichen Empfange herzustellen. Sinnig waren Blumenkränze und Sträuße angebracht und die Enkel hatten Carmina gelernt, mit welchen sie den guten Großvater überraschen wollten. Und als nun die Thür sich öffnete und der freundliche Alte hereinschritt wie strahlte da sein Antlitz nicht von der reinsten Freude! Aurelie und ihr Gatte brachten zuerst ihre herzlichen Wünsche dar, dann brachten die beiden Enkel ihre Carmina vor und die Enkelin hatte ein kleines Lied einstudirt, welches sie mit vieler Sicherheit und zur Rührung ihrer Eltern sowohl als des Großvaters vortrug. Ihr guten Kinder, hub der Alte an, ihr macht mir viele Freude und mit Vergnügen sehe ich, wie ihr nur bemüht seid, mir die alten Tage zu versüßen. Nehmt meinen herzlichsten Dank hin; ich bin überzeugt, wie gut ihr es mit mir meint. Der Himmel wolle euch stets segnen! Und wie der alte Simon den Knaben Jesus zu sich nahm und Gott innigst dankte, daß er ihm diese Seligkeit vorbehalten hatte, so nahm nun der alte Daruff seine Enkel auf den Schooß und sprach: werdet gut und fromm und möge stets Gottes Beistand mit euch seyn, damit eure Eltern viele Freude an euch erleben und ihr selbst nur glücklich werdet! Und nach diesen Worten glänzten ihm Thränen in den Augen, denn der Alte erinnerte sich seines Sohnes Karl. Eine feierliche Stille trat ein. Da pochte es an der Thür, sie ging auf und -- Karl trat herein. Aurelie erkannte ihn auf der Stelle, und ihr Ruf war: ach, Karl! du bist's, unser Karl! Karl aber fiel dem alten Vater zu Füßen, weinte und wie der verlorne Sohn im Evangelium sprach er: Vater vergieb mir! Ich habe gefehlt wider Gott und wider Dich! Und wie der Vater im Evangelium den verlornen Sohn aufnahm, so nahm auch der alte Daruff seinen Sohn Karl auf; er preßte ihn in die Arme und küßte ihn und sprach: o wie glücklich bin ich nun! Siebzig Jahre drücken dieses graue Haupt darnieder, siebzig Jahre gestattete mir der Himmel, um mir die Freude zu verleihen, meinen so lange verloren gegebenen Sohn wieder zu sehen. O mein Karl, was hast du deinem Vater zugefügt? Und -- doch, doch, du bist wieder unter meinem Dache, wir wollen Gottes Güte preisen! Und der Alte faltete andächtig die Hände. Das Entgegenkommen zwischen Bruder und Schwester war rührend anzusehen, sprachlos lagen sie sich in den Armen. Und als nun Aurelie ihren Bruder mit dem Gatten und den freundlichen Kindern bekannt machte, da näherte sich Karl denselben mit aller jener Anhänglichkeit, mit welcher er allezeit seiner Schwester zugethan war. Ach, sagte er dann, während du meine gute Schwester die Stütze des Vaters warst und während du dein häusliches Glück gegründet hast, war ich den bittersten Drangsalen des Lebens ausgesetzt. Vergiß das nun, lieber Bruder, sagte Aurelie, jetzt bist du wieder bei uns und wir wollen Alles dazu beitragen, was dich glücklich machen könnte. Nach dem ersten Rausche des Wiedersehens kam es zum Erzählen und während nun der alte Daruff, Aurelie und ihr Gatte mit den drei Kindern einen freundlichen Kreis um Karl bildeten erzählte dieser getreu Alles was er von der Flucht aus dem elterlichen Hause an bis zur Rückkehr in dasselbe verlebt hatte. Als er der Margaretha erwähnte traten ihm die Thränen in die Augen und fragte er den ihn umgebenden Kreis: ist Margaretha nicht würdig, heute in unserm Kreise zu erscheinen? Ach, daß sie doch hier wäre, die arme unglückliche Margaretha! sagte Aurelie und der alte Daruff wandte sich zu seinem Schwiegersohne mit den Worten: Du mußt morgen nach Bremen und die alte Margaretha zu uns bringen; gleich und gleich, setzte er noch lächelnd hinzu, gesellt sich gern und so will ich denn die Margaretha zu mir nehmen. Sie ist schon hier, sagte Karl, öffnete die Thüre und führte seine Margaretha herein, welche laut schluchzte, als sie des alten Daruff ansichtig wurde und da sie sich nach solanger Zeit wieder in demselben Zimmer befand, in welchem sie der Kinder Karl und Aurelie wartete. Auch der alte Daruff war sehr gerührt; er drückte der Margaretha die Hand und ließ dieselbe neben sich sitzen. Setzt euch doch nur fest, Margaretha, sagte er, ich habe euch da ein für allemal einen Platz angewiesen, den ihr nicht so bald wieder verlassen sollt. Zur Nutzanwendung für die drei Enkel fügte Karl noch bei: seht Kinder, so ist es eurem Oheim gegangen, der da in der Jugend den großen Fehler hatte, Thiere zu quälen. Hätte ich das Dohlen-Nest nicht zerstört, so würde ich den Ring nicht gefunden haben, der mich, nachdem mich die Verstümmlung aus der Heimath getrieben hatte, in das Gefängniß brachte. Mein unglücklicher Hang zur Thierquälerei und meine jugendliche Unbesonnenheit, so wie mein Leichtsinn haben mir die bittersten Strafen nachgezogen. Laßt es euch daher ja zur Warnung seyn und quälet nie ein Thier, damit es euch nicht ergehe, wie eurem unglücklichen Oheim Karl. Die Enkel reichten dem Oheim die Hand und versprachen ihm fest und theuer, nicht nur nie ein Thier zu quälen, sondern auch jederzeit wo möglichst zu verhindern, daß ein Thier von Andern gequält werde. Der alte Daruff und Margaretha erlebten noch viele frohe Tage in der traulichen Umgebung Aurelien's und ihres Gatten, mit welchem nun Karl gemeinschaftlich die Handlung fortführte. Endlich reichte auch Karl einer unbescholtenen Jungfrau als Gatte die Hand und als noch der alte Daruff auch die Enkel seines Sohnes Karl auf dem Schooße wiegte, da erzählte ihnen der Großvater die harten Begegnisse ihres Vaters und fest prägten es sich die Kleinen in die Herzen, wie sehr gefehlt es sei, Thiere zu quälen und sie gedachten immer des Spruches: »Der Gerechte erbarmt sich auch seines Viehes« und verfielen so nie in den schweren Frevel der Thierquälerei. [ Hinweise zur Transkription Das Originalbuch ist in Frakturschrift gedruckt. In dieser Transkription werden _gesperrt_ gesetzte Schrift sowie Textanteile in =Antiqua-Schrift= hervorgehoben. Eine ganzseitige Illustration am Buchanfang wurde hinter die Titelseite verschoben. Der Text des Originalbuches wurde grundsätzlich beibehalten, mit folgenden Ausnahmen, Seite 4: "flüchteteu" geändert in "flüchteten" (von den Dächern flüchteten, indem sie die Erscheinung) Seite 9: "«" eingefügt (Denn es fühlt wie du den Schmerz.«) Seite 9/10: "Ein-" geändert in "Eindruck" (auf den diese Rede keinen Eindruck gemacht hatte) Seite 10: "setzt" geändert in "jetzt" (Die Knaben folgten jetzt der Richtung) Seite 11: "gehen" geändert in "geben" (auf die Worte seines Lehrers wird er mehr geben als auf) Seite 18: "Gebet" geändert in "Gebot" (verfehlte sich so gegen das Gebot, welches uns vorschreibt) Seite 20: "," hinter "Vergehen" entfernt (deine Vergehen reumüthig einbekannt) Seite 24: "weist" geändert in "weißt" (Du weißt, wie streng der Vater ist) Seite 32: "Fragte" geändert in "fragte" (Wie viel verlangst du für diesen Ring! fragte er dann.) Seite 35: "Auffoderung" geändert in "Aufforderung" (daß er der freundlichen Aufforderung des Metzgergesellen) Seite 41: "," eingefügt (gute Margaretha, hub er an) Seite 42: "Innnersten" geändert in "Innersten" (So betete Karl aus dem Innersten seines Herzens.) Seite 43: "," eingefügt (und, fügte sie schmunzelnd bei) Seite 44: "," eingefügt (freien Platz, öffnete mühsam ein großes Thor) Seite 47: "Falls" geändert in "falls" (an den Hafen zu gehen und falls ein Schiff) Seite 70: "Blumenstraus" geändert in "Blumenstrauß" (Karl pflückte einen hübschen Blumenstrauß) Seite 73: "," geändert in "." (dem er das Gespräch mit Osmin mittheilte.) Seizte 104: "?" geändert in "." (Wie geht's Margareth? fragte der Wärter.) Seite 104: "," geändert in "." (sie hat wieder einen Sturm ausgehalten.)] *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK BEGEGNISSE EINES JUNGEN THIERQUÄLERS ODER »DER GERECHTE ERBARMT SICH AUCH SEINES THIERES.« *** Updated editions will replace the previous one—the old editions will be renamed. Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright law means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to copying and distributing Project Gutenberg™ electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG™ concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you charge for an eBook, except by following the terms of the trademark license, including paying royalties for use of the Project Gutenberg trademark. 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