The Project Gutenberg EBook of Der Tatbestand der Piraterie nach geltendem Voelkerrecht by Paul Stiel This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at http://www.gutenberg.org/license Title: Der Tatbestand der Piraterie nach geltendem Voelkerrecht Author: Paul Stiel Release Date: January 31, 2011 [Ebook #35137] Language: German Character set encoding: US-ASCII ***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER TATBESTAND DER PIRATERIE NACH GELTENDEM VOeLKERRECHT*** Staats- und voelkerrechtliche Abhandlungen. Begruendet von *Dr. Georg Jellinek* und *Dr. Georg Meyer*, herausgegeben von *Dr. Georg Jellinek* und *Dr. Gerhard Anschuetz*, Professoren der Rechte in Heidelberg. -------------- IV. 4. Der Tatbestand der Piraterie nach geltendem Voelkerrecht. Von _Paul Stiel_. Leipzig, _Verlag von Duncker & Humblot._ 1905. Der Tatbestand der Piraterie nach geltendem Voelkerrecht unter vergleichender Beruecksichtigung der Landesgesetzgebungen. Von Paul Stiel, Doktor der Rechte. Leipzig, _Verlag von Duncker & Humblot._ 1905. _Alle Rechte vorbehalten._ Herrn Geh. Oberregierungsrat Professor Dr. F. von Martitz _in dankbarer Verehrung_ gewidmet. INHALTSUeBERSICHT. Seite Verzeichnis der abgekuerzt zitierten Literatur X-XIII _Erster Abschnitt._ *Die voelkerrechtlichen Rechtsfolgen der Piraterie in ihrer Bedeutung fuer den Tatbestand.* § 1. Die Rechtsfolgen der Piraterie 1-17 Die Aufgabe. S. 1. -- I. a) Staatloses Gebiet (Anm. 1, S. 2. Kriminaljurisdiktion in herrenlosen Gebieten). b) Das Meer. Internationale Seepolizei. S. 1. -- II. Internationale Bekaempfung der Piraterie. 1. Recht der Festnahme von Piratenschiffen. Die Ansicht _Zorns_. Die rechtliche Denationalisierung ist Rechtsfolge, nicht Tatbestandsmerkmal (_v. Liszt_). 2. Pflicht zur Festnahme. 3. Durchsuchungsrecht wegen Piraterieverdacht. 4. Flaggenlose Schiffe. S. 4. -- III. Voelkerrechtliche Rechtsfolgen der Piraterie im Bereiche des internationalen Strafrechts (Anm. 4, S. 15. Zustaendigkeit der Staaten zur Bestrafung piratischer Akte, Uebersicht der Landesgesetzgebungen). S. 14. § 2. Prinzipielles ueber die Piraterie im 17-23 englisch-amerikanischen Rechte I. Das Territorialitaetsprinzip. S. 17. -- II. Offences against the law of nations; piracy. S. 19. -- III. Bedeutung der Besonderheit des englischen Rechtes fuer die Gewinnung des Tatbestandes. S. 21. -- IV. Das amerikanische Recht. S. 22. § 3. Die Rechtsfolgen der Piraterie und die grundsaetzliche 23-25 Auffassung des Tatbestandes § 4. Anhang zum ersten Abschnitte. Heutiges Vorkommen der 25-27 Piraterie (Anm. 7, S. 26. Vertraege Chinas mit fremden Maechten) _Zweiter Abschnitt._ *Der Tatbestand der Piraterie nach geltendem Voelkerrecht.* § 5. Vorlaeufige Definition. Quellen; insbesondere die 28-35 Landesstrafgesetzgebungen I. Vorlaeufige Definition. S. 28. -- II. Quellen. Die Instruktionen fuer die Kriegsflotten (Zusammenstellung in Anm. 3, S. 29). S. 29. -- III. Das Landesstrafrecht als Erkenntnisquelle (Anmerkungen S. 32-33. Uebersicht der landesstrafrechtlichen Bestimmungen). S. 31. -- IV. Terminologie. S. 34. -- V. Bestimmungen des Landesstrafrechts ohne voelkerrechtliche Bedeutung. S. 35. § 6. Die Piraterie in der Rechtsgeschichte; Nachwirkungen 35-53 frueherer Anschauungen; Folgerungen fuer den Tatbestand im geltenden Rechte I. Einleitung. S. 35. -- II. Piraterie unter staatlicher Autoritaet. Altertum. Altgermanische Zeit. Christliche Friedensordnung des Mittelalters. Christenheit und mohammedanische Staatenwelt; die Barbareskenstaaten. S. 37. -- III. Die private Piraterie. Roemisches Recht. Seerecht des Mittelalters: der Pirat ist nicht rechtlos; kriegsrechtliche Bestandteile des Piraterierechtes. S. 41. -- IV. Reste kriegsrechtlicher Auffassung im geltenden Rechte. Behandlung des Schiffes nach Prisenrecht. Zustaendigkeit der Militaergerichte. Haerte der Strafen. Es besteht keine "voelkerrechtliche" Befugnis der Handelsschiffe, Piraten festzunehmen oder zu bestrafen; die Landesgesetzgebungen sind nicht einheitlich. S. 46. -- V. Folgerungen fuer den Tatbestand. S. 52. § 7. Die grundsaetzliche Auffassung des Tatbestandes in der 53-57 Literatur Die rein kriminalistische Auffassung. S. 53. -- Die seepolizeiliche Auffassung. I. Ihre Anhaenger. S. 54. -- II. Aufnahme einzelner Elemente der seepolizeilichen bei Anhaengern der kriminalistischen Auffassung. S. 55. § 8. Der seepolizeiliche Charakter des Tatbestandes 57-63 I. Wert einer richtigen Bestimmung des Charakters des Tatbestandes. S. 57. -- II. Nachweis des seepolizeilichen Charakters. Die Marineinstruktionen. Die Landesstrafgesetzgebungen. S. 58. -- III. Die Piraterie, ein "Unternehmen gegen das Voelkerrecht". S. 62. -- IV. Orientierung ueber den Inhalt des Tatbestandes. S. 63. § 9. Der objektive Tatbestand 63-67 I. Benutzung eines Schiffes. S. 63. -- II. Die Besatzung. S. 64. -- III. Beziehung zur hohen See. "Piraterie terrestre." Flusspiraterie und Strandraub. Stand der Ansichten ueber die Art der Beziehung zur hohen See. Entscheidung. S. 64. § 10. Der subjektive Tatbestand. a) Die Richtung des 67-72 Unternehmens gegen prinzipiell alle Nationen I. Vorfragen. Raub, veruebt von Mitgliedern der Besatzung untereinander. Wegnahme des Schiffes durch die Mannschaft (Meuterei); sie ist nicht Piraterie. S. 67. -- II. Notwendigkeit der Richtung des Unternehmens gegen prinzipiell alle Nationen. S. 70. § 11. b) Der Inhalt der piratischen Akte 72-80 I. Gewalt, das notwendige Mittel piratischer Akte. S. 73. -- II. Das Objekt der piratischen Akte. 1. Bedeutung der Kontroverse, ob Gewalthandlungen aller Art oder nur raeuberische Akte in Frage kommen. 2. Landesgesetzgebungen und Literatur. 3. Entscheidung. S. 73. -- III. Naehere juristische Formulierung (Objekt und Mittel). S. 77. -- IV. Erfordernis der Gewerbsmaessigkeit. S. 77. § 12. c) Mangel eines politischen Zweckes. Piraterie unter 80-86 staatlicher Autoritaet. Heimatstaat und Piratenschiff I. Begriff des politischen Zweckes. S. 80. -- II. Piraterie unter staatlicher Autoritaet (Raubstaaten). 1. Voelkerrechtsgemaesse Handlungen. 2. Handlungen und Autorisierungen nicht anerkannter politischer Verbaende. 3. Einzelne voelkerrechtswidrige Handlungen und Autorisierungen. 4. Raubstaaten. S. 81. -- III. Heimatstaat und Piratenschiff. 1. Das Verhaeltnis des Staates zu seinen Nationalschiffen nach Voelkerrecht (Anm. 2, S. 84. Grund der Haftung des Staates fuer Delikte der Untertanen); Interventionsrecht. Nichtanwendbarkeit der gewoehnlichen Grundsaetze auf das Verhaeltnis zu einem Piratenschiff. 2. Fuer Kriegsschiffe gelten keine Sonderregeln. S. 84. _Dritter Abschnitt._ *Folgerungen.* § 13. Ausdehnungen des Pirateriebegriffs in Landesrecht 87-88 und Literatur 1. Landesstrafrechtliche Ausdehnungen. 2. Die Quasipiraterie der voelkerrechtlichen Literatur. S. 87. § 14. Kriegsschiffe und Kaper aufstaendischer Parteien 88-96 I. Skizzierung des Rechtszustandes. S. 88. -- II. Die Literatur. Insbesondere _Hall_. S. 90. -- III. Die Staatenpraxis (Anm. 4, S. 94. Huascar; Crete a Pierrot). S. 94. § 15. Illegale Kaperei 97-108 I. Quellen. S. 97. -- II. Der Rechtszustand. 1. Piraterie und Kaperei. Beutefahrt in Kriegszeiten ohne Autorisation. Kommissionierung durch beide kriegfuehrenden Maechte. 2. Voelkerrechtswidrige Autorisierung. Formlose Autorisierung. Kaperei in Verletzung der Pariser Seerechtsdeklaration. 3. Voelkerrechtswidriges Verhalten des Kapers. Insbesondere Wegnahme neutraler Schiffe; Fortsetzung der Beutefahrt nach Beendigung des Krieges; Annahme von Kaperbriefen mehrerer Nationen. S. 97. -- III. Kommissionierung nicht staatsangehoeriger Kaper. Gegensatz der Ansichten. Unabhaengigkeit der Entscheidung von der Frage, ob der Staat, der seinen Untertanen die Annahme fremder Kaperbriefe gestattet, sich einer Neutralitaetsverletzung schuldig macht (Beantwortung dieser Frage in Anm. 2-3, S. 103). Das fuer die Entscheidung verbleibende Material. Entscheidung: das Schiff ist weder Pirat noch ist die Autorisierung fremder Kaper ueberhaupt voelkerrechtswidrig. S. 102. § 16. Der Handel mit Negersklaven 108-110 § 17. Verletzung unterseeischer Telegraphenkabel 110 Quellenregister 111-117 VERZEICHNIS DER ABGEKUeRZT ZITIERTEN LITERATUR. _Baud_, Proeve eener geschiedenis der strafwetgeving tegen de zeerooverij. Utrecht 1854. _Binding_, Handbuch des Strafrechts. I. Band. Leipzig 1885. _Bishop_, Commentaries on the criminal law. 7. Aufl. 2 Baende. Boston 1882. _Blackstone-Stephen_, Commentaries on the laws of England. 14. Aufl., hrsg. von Edward Jenks. 4 Baende. 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Bekennt man sich zu der Auffassung, dass Rechtssubjekte des Voelkerrechts nur die Staaten sind, so ist die Piraterie fuer das internationale Recht nicht Delikt, sondern ein blosses Rechtsereignis(1); und ihre Rechtsfolgen koennen in dieser Voraussetzung nur in der Person der Staaten entstehende Befugnisse und Pflichten sein. Das Ziel dieser Untersuchung ist, zu ermitteln, wie dieses Ereignis beschaffen sein muesse, damit es zu einem voelkerrechtlichen Rechtsereignis werde, d. h. Rechtsfolgen fuer die Staaten eintreten. Die Rechtsfolgen selbst interessieren nur, soweit ihre Erkenntnis fuer die Bestimmung des Tatbestandes von Bedeutung ist. I. Der grossen Aufgabe, zur Foerderung ihrer Angehoerigen wie zur Durchfuehrung dringender Anforderungen der oeffentlichen Moral auch in staatlosen Gebieten eine Rechtsordnung aufzurichten, ist die in der Voelkerrechtsgemeinschaft vereinigte Staatenwelt in steigendem Masse gerecht geworden. Die rechtlichen Grundlagen der in dieser Hinsicht getroffenen Massregeln sind fuer die in Frage stehenden Gebiete nicht dieselben. a) In staatlosem Landgebiet stehen der Betaetigung der einzelnen Staatsgewalten keine aus den Verhaeltnissen der staatlosen Gebiete selbst abzuleitenden Hindernisse entgegen. Tatsaechliche Machtentfaltung wie auch die Ausdehnung der Geltung der Gesetze sind lediglich durch mit dem besonderen Charakter des Gebietes nicht zusammenhaengende allgemeine voelkerrechtliche Prinzipien gebunden(2). Diese Saetze gelten auch fuer Interessensphaeren(3). b) Dem dringenderen Beduerfnis entsprechend ist die internationale Rechtsordnung fuer das Meer zu einer ungleich geschlosseneren Ausgestaltung gelangt. Ihre Grundlage ist nicht, wie bei der auf staatlosem Landgebiet errichteten, eine rein negative, dahin gehend, dass der Entfaltung der Staatsgewalt zivilisierter Staaten keine Schranken gezogen waeren, vielmehr ein positives Prinzip, das jede Gebietshoheit ausschliesst und so das Meer fuer ein "staatloses Gebiet" durchaus eigner Art erklaert(4). Auf dieser Grundlage, als Konsequenz des Prinzips der Meeresfreiheit, ergibt sich sodann eine zweifache Verpflichtung der Staaten; sie haben insgesamt Sorge zu tragen, dass nur staatsangehoerige Schiffe das Meer befahren; und jeder einzelne hat zu verhindern, dass seine Nationalschiffe die allgemeine Sicherheit verletzen oder gefaehrden. Man koennte versucht sein, in diesen Grundsaetzen ein geschlossenes System zu erblicken, ausreichend, den friedlichen Seeverkehr in allen Beziehungen zu sichern. Aber der Ozean in seiner unermesslichen Weite, "undique et undique navigabilis" (Grotius mare liberum C. 1), laesst dem einzelnen Staate nicht die Moeglichkeit, seine Staatsgewalt den ihm angehoerigen Schiffen als eine allgegenwaertig wachende und strafende Macht erscheinen zu lassen; und wenn schon bei Nationalschiffen aus tatsaechlichen Gruenden der aufgestellte Grundsatz nicht ausreicht, so ist, was die keinem Staate angehoerigen Fahrzeuge betrifft, der Grundsatz selbst etwas prekaerer Natur und zumal in seiner Durchfuehrung im einzelnen sehr unsicher. So erklaert sich das Bestehen einer Reihe von Rechtsinstituten, die sich in ihrer praktischen Bedeutung, wenn auch nicht notwendig in ihrer juristischen Konstruktion, als Modifikationen der Meeresfreiheit darstellen, in Modifikation derselben ein System internationaler Seepolizei etablieren. Mit einer Ausnahme gehoeren sie alle der neuesten Zeit an und finden ihre Grundlage in Vertraegen(5). Die Ausnahme ist die Piraterie(6) und (7). II. "Die seefahrenden Nationen ... erklaeren sich zur Repression der unter dem Namen der Piraterie begriffenen Tatbestaende rechtlich verpflichtet" (_v. Martitz_, Int. Rechtshilfe I, S. 66). Dieser Satz enthaelt einen Grundsatz, einen leitenden Gedanken; welches der genaue Umfang der Befugnisse und Pflichten der Staaten in der Bekaempfung der Piraterie sei, bedarf naeherer Untersuchung. Es wird sich sofort zeigen, dass die Stellungnahme zu dieser Frage in sehr wesentlichen Punkten der Bestimmung des Tatbestandes praejudiziert. 1. _Festnahme von Piratenschiffen. Ihre Denationalisierung._ Dass die seitens ihrer Regierung dazu ermaechtigten Schiffe aller Nationen das Recht haben, Piratenschiffe aufzubringen, ist eine nirgends bezweifelte Tatsache(8). Bestaende dieses Recht nicht, so waere die Piraterie fuer das Voelkerrecht ohne jede Bedeutung. Nur ein Autor ist uns bekannt geworden, der in radikaler Weise mit der herkoemmlichen Anschauung bricht. Es ist _Albert Zorn_ (Voelkerrecht, 2. Aufl. 1903, S. 169): "Dagegen ist der Seeraub (die Piraterie) nicht ohne weiteres in der Weise strafbar, dass jeder Staat das Recht hat, jedes Piratenschiff, gleichviel welcher Nationalitaet Schiff oder Eigentuemer angehoert, anzuhalten oder aufzugreifen. Vielmehr ist infolge des Prinzips von der Freiheit des offenen Meeres die fuer jeden Staat erforderliche Rechtsgrundlage hierfuer nur dann gegeben, wenn der Taeter ein Staatsangehoeriger oder die Tat innerhalb des Staatsgebiets, sei es auf einem Schiffe des betreffenden Staates oder auf einem fremden Schiffe im Kuestenmeer, begangen ist oder die Strafbarkeit auf einem Staatsvertrage beruht;" (dazu N. 2): "Das ergibt sich auch schon daraus, dass dem 'voelkerrechtlichen Verbote' z. B. fuer Deutschland jede Moeglichkeit wirksamer Durchfuehrung infolge Mangels einer Strafandrohung fehlt" (vgl. auch _Philipp Zorn_, Staatsrecht II, 2. Aufl. 1897, S. 927). Dieser Ausfuehrung kann der Vorwurf einer gewissen Oberflaechlichkeit nicht erspart bleiben. Die sehr zutreffende Bemerkung, dass nach geltendem Rechte tatsaechlich nicht jeder Staat die Kompetenz zur Aburteilung eingebrachter Piraten habe, ist schon oft gemacht worden; aber daraus den Schluss zu ziehen, dass die Piraterie ueberhaupt ohne voelkerrechtliche Bedeutung sei, ist nur bei einer Konfundierung der vollkommen disparaten Fragen moeglich, wie weit sich die Gerichtsbarkeit eines Staates erstrecke und unter welchen Voraussetzungen er zur Festnahme eines Schiffes auf hoher See schreiten duerfe. Auch im Falle des Einschreitens eines deutschen Kriegsschiffes etwa auf Grund des Nordsee-Fischereivertrages oder der Kabelkonvention ist die Moeglichkeit der Strafverfolgung in Deutschland nur in den (auch fuer die Verfolgung von Piraten geltenden) Schranken der §§ 3-8 St.G.B. gegeben(9), ohne dass dadurch die Zulaessigkeit des Eingriffs irgendwie beruehrt wuerde. Wenn vielen Staaten nach Lage ihrer Gesetzgebung die Zustaendigkeit zur Bestrafung von Piraten in gewissen Faellen mangelt, so ist deshalb die Aufbringung der Piratenschiffe durch sie keine unnuetze Bemuehung, es sei denn, es bestehe nicht die Moeglichkeit der Auslieferung an irgend einen zustaendigen Staat, ein denkbarer aber sehr unpraktischer Fall. Dass in Ergaenzung der fehlenden eigenen Zustaendigkeit des Staates eine Auslieferungsverbindlichkeit besteht(10), ist ein Gesichtspunkt, der _Zorn_ entgangen zu sein scheint. Unter der Einmuetigkeit, mit der die Zulaessigkeit der Aufbringung der Piratenschiffe anerkannt wird, verbirgt sich nun aber eine tiefgehende Meinungsverschiedenheit ueber die Tragweite dieser Anerkennung. Veranlasst durch die Notwendigkeit, den in Verkennung des Wesens der Piraterie vielfach uebermaessig ausgedehnten Tatbestand zu restringieren, hat man behauptet, Pirat sei nur ein solches Schiff, "das voelkerrechtlich betrachtet keinem Staate angehoert" (_v. Liszt_, Voelkerrecht, S. 211)(11). Es ist das im Grunde eine Frage des _Tatbestandes_ der Piraterie, nicht der Rechtsfolgen; wenn sie gleichwohl hier ihre Behandlung findet, so rechtfertigt sich das daraus, dass, wenn die von _v. Liszt_ vertretene Auffassung richtig ist, die Piraterie zu einem Tatbestand ohne selbstaendige Rechtsfolge wuerde, wonach die weitere Darstellung einen ganz anderen Weg einzuschlagen haette. Ein keinem Staate angehoerendes Schiff kann aus dem blossen Grunde seiner Anationalitaet aufgebracht werden (s. u. 4). Die Bedeutung der Piraterie besteht wesentlich darin, dass sie die Massregel auch gegenueber nationalen Schiffen ermoeglicht. Vor naeherem Eingehen auf die Kontroverse soll eine Praezisierung derselben versucht werden. Eines der wesentlichsten Elemente des subjektiven Tatbestandes der Piraterie ist die Loesung des Piratenschiffes von jedem anerkannten staatlichen Verbande in einem noch naeher zu bestimmenden beschraenkten Sinne (gewerbsmaessiges, sozialgefaehrliches Unternehmen ohne politischen Zweck). Diese Loesung ist ein rein tatsaechlicher Vorgang, ein Ereignis in der Psyche der betreffenden Personen. Von ihr, die man als faktische Denationalisierung bezeichnen koennte, ist die infolge der Piraterie eintretende rechtliche Denationalisierung streng zu scheiden. Diese letztere bedeutet eine Lockerung des rechtlichen Bandes, das das Schiff und seine Besatzung mit dem Heimatlande verbindet; und zwar denkt bei ihr die kontinentale Auffassung in erster Linie an die rechtliche Loesung des Schiffes vom Heimatstaate (rechtliche Denationalisierung des Schiffes), die englisch-amerikanische an die Loesung des Bandes zwischen Staat und Untertan (rechtliche Denationalisierung der Besatzung). Faktische und rechtliche Denationalisierung stehen im Verhaeltnis von Tatbestand und Rechtsfolge. Im Gegensatz hierzu betrachtet _v. Liszt_ die _rechtliche_ Denationalisation als ein Tatbestandsmerkmal, eine Voraussetzung der Piraterie. Der Grund der _v. Liszt_'schen Anschauung wird in einem durchaus zutreffenden Gedanken zu suchen sein, dem _v. Liszt_ folgenden Ausdruck verleiht (S. 211): "Wenn die Besatzung eines deutschen Schiffes auf offener See eine Gewalttat begeht, also etwa ein Fischerboot anhaelt und auspluendert, so tritt ausschliesslich die deutsche Gerichtsbarkeit ein; die Tat ist nicht Seeraub im Sinne des Voelkerrechts." Aber so berechtigt dieser Gedanke ist, so noetigt er doch keineswegs, die juristische Denationalisation zum Tatbestandsmerkmal zu erheben. Ist man von der Unmoeglichkeit der verbreiteten Meinung ueberzeugt, die in einem einzelnen Gewaltakt eines Schiffes den alle Nationen zum Einschreiten berechtigenden Tatbestand der Piraterie sieht, so waere zunaechst einmal in eine Pruefung der juristischen Haltbarkeit dieser Ansicht einzutreten. Demgegenueber geht _v. Liszt_ in der Weise vor, dass er unter Beibehaltung der unhaltbaren grundsaetzlichen Auffassung in einem anderen Punkte eine Restriktion des Tatbestandes vornimmt, durch die das gewuenschte Ziel erreicht, zugleich aber das ganze Rechtsinstitut seiner Bedeutung beraubt wird. Diese Ueberlegung beseitigt nicht die Notwendigkeit, die Behauptung, dass die juristische Denationalisierung lediglich Rechtsfolge der Piraterie ist, positiv zu erweisen. Es genuegt jedoch zu diesem Behufe auf die Uebereinstimmung der Literatur(12), der Staatenpraxis, wie sie den Instruktionen fuer die Kriegsmarinen zu entnehmen ist(13), sowie auch der Landesstrafgesetzgebungen(14) hinzuweisen (ueber den Wert der letzteren fuer die Ermittelung des voelkerrechtlichen Tatbestandes s. u. § 5). In einem Teile der Literatur findet man den Gedanken der Denationalisierung als Rechtsfolge in der Form ausgedrueckt, dass zunaechst das Erfordernis der Anationalitaet des Piratenschiffes aufgestellt wird, alsbald aber die Anmerkung folgt, dass, sofern das Schiff eine Nationalitaet besessen, es sie durch die Ausuebung der Piraterie verloren habe(15). Diese etwas irrefuehrende Darstellung ist dadurch ermoeglicht, dass die Denationalisierung, eine Rechtsverwirkung, eine mit dem Eintritt des Tatbestandes unmittelbar gegebene Rechtsfolge ist. Im vorigen sind die Bezeichnungen "anationale Schiffe" und "denationalisierte Schiffe" promiscue gebraucht. Fuer unseren Zweck ist das angaengig. Denn die Piraterie loest die Verbindung des Schiffes mit seinem Heimatstaate voellig; beide Seiten des Verhaeltnisses fallen weg(16); nicht nur wird dem Schiffe der Schutz des Staates entzogen, so dass es dem Zugriff jeder Macht unterliegt, sondern es wird auch der Heimatstaat von seiner Verantwortlichkeit fuer den Bestand einer gesicherten Rechtsordnung an Bord befreit(17). Von dieser zweiten, weniger bedeutsamen Seite des Verhaeltnisses ist abgesehen, wenn als Folge der Piraterie lediglich das Recht zur Aufbringung des Piratenschiffes angegeben wird. 2. Von erheblich geringerer Bedeutung fuer die Ermittelung des Tatbestandes der Piraterie ist die an sie als Rechtsfolge geknuepfte _Pflicht_ der Staaten, das Piratenschiff festzunehmen(18). Diese Pflicht ist eine voelkerrechtliche Pflicht der Staaten, nicht natuerlich der Kriegsschiffe(19) oder gar der Handelsschiffe(20). Die Art der Erfuellung der Pflicht ist eine rein landesrechtliche Angelegenheit. Deutschland wird ihr in der Weise gerecht, dass es seinen Kriegsschiffen die _Befugnis_ zum Einschreiten gegen Piraten gibt(21); diese Befugnis in Verbindung mit den allgemeinen Dienstpflichten des Offiziers begruendet in geeigneten Faellen eine (dem innerstaatlichen Rechte angehoerende) Pflicht zur Festnahme. 3. Eine mit den behandelten, sich auf das unmittelbare Vorgehen gegen das Piratenschiff beziehenden Rechtsfolgen der Piraterie aufs engste zusammenhaengende Repressivmassregel ist die Durchsuchung piraterieverdaechtiger Schiffe. Die Behandlung des Punktes bringt zugleich die Entscheidung ueber eine Frage des Tatbestandes (siehe 4). Die Existenz eines solchen Durchsuchungsrechtes wird, soviel wir sehen, nicht bestritten. Dafuer spricht nicht allein seine Notwendigkeit und die allgemeine Zustimmung der Literatur(22), auch der franzoesischen(23), sondern auch die Staatenpraxis, wie sie namentlich in den neuen deutschen "Bestimmungen fuer den Dienst an Bord" nunmehr klar erkennbar ist(24). Ob und unter welchen Umstaenden bei Nichtbestaetigung des Verdachtes der Staat bezw. der Kommandant ohne Verschulden verantwortlich sind, kommt hier nicht in Betracht, da jedenfalls nur ein Fall der Genugtuungs- bezw. Ersatzpflicht fuer eine rechtmaessige Handlung vorliegen wuerde(25). 4. In Betrachtung der Rechtsfolgen der Piraterie, soweit sie die unmittelbare Anwendung staatlicher Zwangsgewalt auf dem Meere betreffen, erweist sich eine zuweilen beliebte Ausdehnung ihres Tatbestandes als unhaltbar. Man sagt, Schiffe, die keinem Staate angehoeren, seien der Piraterie verdaechtig, oder nach Analogie der Piratenschiffe zu behandeln(26). Die Unrichtigkeit dieser Gleichstellung ergibt sich aus der Verschiedenheit der in beiden Faellen zur Anwendung gelangenden Massregeln, der Rechtsfolgen. Die Staaten sind zwar verpflichtet, das Meer von flaggenlosen Schiffen frei zu halten(27), und ihrem Einschreiten steht so wenig ein voelkerrechtliches Hindernis entgegen wie dem gegen Piraten; aber wenn schon der _Charakter_ des Einschreitens im Falle blosser Flaggenlosigkeit ein praeventiver, im Falle der Piraterie ein repressiver ist, so tritt der Unterschied vollends hinsichtlich der Pruefung seiner _Voraussetzungen_ zutage. Ein Visitationsrecht in Friedenszeiten gibt es nur zum Zwecke der Unterdrueckung der Piraterie; der blosse _Verdacht_ der Anationalitaet ist nicht ausreichend, irgendeine Zwangsmassregel nationalen Schiffen gegenueber zu rechtfertigen(28). Wenn aber auch die voelkerrechtliche Behandlung flaggenloser Schiffe und der Piratenfahrzeuge differiert und, wie schon daraus zu schliessen ist, die Tatbestaende verschieden sind, so ist doch zuzugeben, dass die beiden Erscheinungen praktisch oft nicht zu trennen sind. Die Vermutung der Piraterie ist allerdings bei einem flaggenlosen Schiffe, wenn nur noch geringfuegige erschwerende Momente hinzutreten, wohl begruendet (s. auch u. § 8). Aber um so schaerfer muss daran festgehalten werden, dass sie durch Flaggenlosigkeit allein nicht gerechtfertigt ist. Es handelt sich doch praktisch weit mehr um Schiffe zivilisierter Voelker, die aus einem politischen Grunde nicht des Schutzes einer voelkerrechtlich anerkannten Autoritaet teilhaftig sind, als um die Kaehne wilder und halbwilder Staemme oder die Fahrzeuge auf eigene Faust die See durchschwaermender Abenteurer; und auch die Gegner werden kaum geneigt sein, mit _Lord Palmerston_ (s. o. S. 12, Anm. 3) die deutsche Flotte der Revolutionszeit als eine Piratenflotte zu betrachten. III. Eine der auffaelligsten Erscheinungen in der Literatur ueber die Piraterie ist die Verschiedenheit der systematischen Stellung, die die Lehre in den Darstellungen der kontinentalen und der englisch-amerikanischen Voelkerrechtsschriftsteller gefunden hat. Das kontinentale System bringt sie im Zusammenhang der Behandlung der Rechtsverhaeltnisse auf hoher See; die Piraterie ist ihm ein seepolizeilicher Tatbestand. Das englische System stellt sie unter das Rubrum: "right of jurisdiction"(29); ihm ist die Piraterie ein Tatbestand des voelkerrechtlichen internationalen Strafrechts. Der durch die Verschiedenheit der Systematik angedeutete Gegensatz der Auffassungen ist nicht so gross, wie es den Anschein hat; denn die Englaender verkennen nicht, dass die Piraterie _auch_ die Befugnis zu einem sonst verpoenten, seepolizeilichen Einschreiten begruendet(30); und andererseits findet sich auch auf dem Kontinent nicht selten als Rechtsfolge der Piraterie die Zustaendigkeit jedes Staates zu ihrer Bestrafung angegeben(31). Gleichwohl ist er fuer ein richtiges Verstaendnis des Tatbestandes der Piraterie nicht nur in Einzelfragen (s. § 2), sondern auch in der grundsaetzlichen Auffassung (s. § 3) nicht ohne Bedeutung. In der Tat nun ist die Piraterie ein Tatbestand des voelkerrechtlichen internationalen Strafrechts(32) nur in einem hoechst untergeordneten Punkte. Es trifft nicht zu, dass aus der Piraterie als ihre Rechtsfolge den Staaten die voelkerrechtliche Befugnis zu ihrer Bestrafung erwuechse, so oft es auch behauptet worden ist. Diese Befugnis haben sie ohnehin. Das Territorialitaetsprinzip ist nicht voelkerrechtlich; und die voelkerrechtlichen Grenzen, die der Strafgerichtsbarkeit der Staaten tatsaechlich gezogen sind, schliessen piratische Akte nicht aus(33). Der Staat hat die voelkerrechtliche Befugnis Piraten zu bestrafen; aber nicht aus einem besonderen Rechtstitel, sondern kraft seiner voelkerrechtlichen Persoenlichkeit. Es besteht keine Pflicht der Staaten, von der ihnen offenstehenden Moeglichkeit der Strafverfolgung der Piraten Gebrauch zu machen(34). Dies folgt aus der tatsaechlichen landesrechtlichen Unzustaendigkeit vieler Staaten zur Bestrafung piratischer Akte(35) und aus der Bereitwilligkeit anderer, auch im Falle eigener Zustaendigkeit das Auslieferungsverfahren eintreten zu lassen (s. Note unter 2.). Die einzige von den normalen Rechtsfolgen des Verbrechens im Bereiche der voelkerrechtlichen Beziehungen verschiedene Wirkung der Piraterie ist die Nichtsubsidiaritaet der eigenen landesrechtlichen Strafbefugnis im Falle gleichzeitiger Existenz einer Auslieferungsverbindlichkeit. Hinter dem gleichmaessigen Interesse aller Nationen an der Repression des gemeingefaehrlichen Unwesens treten die persoenlichen Beziehungen des Verbrechers wie die raeumlichen des Verbrechens zurueck(36). Aber selbst dieser Satz ist sehr prekaerer Natur, und die moderne Staatenpraxis steht ihm zum Teil entgegen(37). Um nun aber die Darstellung der Rechtsfolgen der Piraterie zum Abschluss zu bringen, ist eine Klarlegung der im Vergleich zu den hier fixierten Saetzen weit bedeutenderen Rolle unerlaesslich, die das englische Recht der Piraterie im Bereiche des internationalen Strafrechts zuweist. Das dadurch vervollstaendigte System der Rechtsfolgen bildet den ersten Ausgangspunkt zum Aufbau des Tatbestandes. § 2. Prinzipielles ueber die Piraterie im englisch-amerikanischen Rechte. I. _Das Territorialitaetsprinzip._ 1. Nach dem Rechte des spaeteren Mittelalters ist die Zustaendigkeit der Grafschaftsgerichte auf die infra corpus comitatus begangenen Delikte beschraenkt(38). Die durch die Starrheit dieses Grundsatzes herbeigefuehrten Absonderlichkeiten sind im modernen Rechte im allgemeinen verschwunden; nur in einigen formalen Punkten wirkt das Prinzip noch nach, so wenn die Zustaendigkeit eines Gerichtes fuer ausserhalb seines Bezirks, innerhalb oder auch ausserhalb des Reiches, begangene Handlungen durch die Fiktion der Begehung in seinem Bezirke begruendet wird(39); oder wenn Tatort und zustaendiges Gericht in der Rechtssprache mit demselben Ausdruck, venue (= vicinitas), bezeichnet werden. Aber die die Schroffheiten des alten Grundsatzes mildernde Gesetzgebung hat an der Landesgrenze prinzipiell Halt gemacht. Das internationale Strafrecht steht nach wie vor materiell und formell in seinem Bann; formell insofern die staatsrechtliche Begrenzung der Gerichtsbarkeit durchaus in der Form der Abgrenzung gerichtlicher Kompetenz erfolgt(40); materiell in der Herrschaft des Territorialitaetsprinzips. 2. Wenn aber der alte strafprozessuale Gedanke zufolge der Macht der Vergangenheit ueber ein konservativ gerichtetes Volk sich inhaltlich teilweise erhalten hat, so hat er doch, in sehr wesentlichen Punkten durchbrochen, eine Einordnung in neue Gedankenkreise dulden muessen. Er wird nunmehr aus einer angeblichen voelkerrechtlichen Notwendigkeit abgeleitet; eine Betaetigung der Staatsgewalt ausserhalb des Territoriums und ohne personale Beziehung(41) soll dem internationalen Rechte zuwiderlaufen. So verstanden, erfreut sich, wenn auch die ganze Anschauung sich in Zersetzung befinden mag (siehe die Angaben bei _v. Martitz_ I, S. 65, Note 10 u. 11), das Territorialitaetsprinzip als Maxime noch in der neuesten englischen Gesetzgebung und Literatur allgemeiner Anerkennung(42). II. Offences against the law of nations; piracy. In Abweichung von dem Territorialitaetsprinzip erkennt das englische Recht, wie bei der Aufstellung des Prinzips selbst von voelkerrechtlichen Erwaegungen geleitet, fuer einen Komplex von Tatbestaenden den Beruf der Staaten zur Weltrechtspflege an. Die "offences against the law of nations" als Verletzungen solcher Anordnungen des Landesrechts, die sich zugleich als Bestandteil des Voelkerrechtes darstellen(43), unterliegen der Ahndung seitens jedes Staates, in dessen Gebiet der Taeter betroffen wird. Zu diesen offences against the law of nations wird auch die piracy gezaehlt(44); aber es ist nicht zu uebersehen, dass sie unter ihnen eine durchaus eigenartige Stellung einnimmt. Ihre Bedeutung fuer das internationale Strafrecht beschraenkt sich nicht auf die blosse Begruendung einer allgemeinen Befugnis zu ihrer Bestrafung, sondern ihre Wirkung ist der Fortfall allen und jeden voelkerrechtlichen Schutzes des Taeters seitens seines Heimatstaates im Bereiche des internationalen Strafrechts (Denationalisierung der Person), so dass die Strafkompetenz des verfolgenden Staates ueber den Piraten auch fuer solche Verbrechen besteht, die nicht piracy sind(45). Hiernach ist die piracy ein Verbrechen nach englischem Landesrecht, dessen voelkerrechtliche Bedeutung darin besteht, dass es, zugleich(46) eine offence against the law of nations, den Taeter der Gerichtsbarkeit jedes Staates unterwirft. Dass auch die Englaender die Zulaessigkeit der Ergreifung der Piraten auf hoher See (Denationalisierung des Schiffes) als Rechtsfolge der Piraterie anerkennen, wurde schon bemerkt (s. o. S. 9, N. 1); sie heben den Umstand nicht sehr hervor, weil er ihnen, die wenig an eine Scheidung der Fragen gewohnt sind, auf welche Handlungen und Personen ein Staat seine Gerichtsbarkeit ausdehnen koenne, und in welchen Grenzen andererseits ihm die Ausuebung unmittelbaren Zwanges zustehe, in der Statuierung des Jurisdiktionsrechtes genuegend ausgedrueckt scheint(47). III. Die Besonderheit der englischen Auffassung ist in mehrfacher Hinsicht fuer die Eruierung des Tatbestandes von Bedeutung. 1. Die Qualifizierung einer Gruppe rein landesrechtlicher Tatbestaende als piracy ist nach englisch-amerikanischem Rechte nicht lediglich ein Ergebnis historischer Zufaelligkeit wie etwa im franzoesischen Rechte; der vertraute Begriff dient als Ausgangspunkt fuer die Erstreckung der Strafgerichtsbarkeit auch auf andere im Ausland begangene Verbrechen(48). 2. Andererseits ist in keinem Lande die Grenze der voelkerrechtlichen und der landesrechtlichen Piraterie klarer erkennbar als hier. Das Landesrecht, durch das Territorialitaetsprinzip beherrscht, kann extraterritoriale Geltung nur fuer Untertanen beanspruchen(49); fuer piracy juris gentium ist der Unterschied der Staatsangehoerigkeit gleichgueltig. 3. Eine gewohnheitsrechtliche Weiterbildung des voelkerrechtlichen Tatbestandes der Piraterie durch eine von politischen Erwaegungen geleitete Staatenpraxis ist durch die englische Auffassung sehr erschwert, da sie, zugleich eine Weiterbildung des Common Law, gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Dies ist namentlich fuer die mit der Kaperei zusammenhaengenden Fragen von Bedeutung. IV. Das amerikanische Recht weicht in einem Punkte nicht unwesentlich vom englischen ab(50). Da die Jurisdiktion (Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit) in "all cases of admiralty and maritime jurisdiction" zu (im allgemeinen) exklusiver Berechtigung dem Bunde zusteht(51), die Bundesgerichtshoefe aber keine common-law jurisdiction haben(52), so folgt, dass "piracy cannot be punished, except under a statute enacted by Congress" (_Bishop_, § 1060, Note 2). Eine Konsequenz dieser dem englischen Rechte fremden Notwendigkeit statutenrechtlicher Durchfuehrung des die piracy poenalisierenden Rechtssatzes war, dass es bis zum Inkrafttreten der Rev. Stat. von 1874 und ausser der kurzen Geltungsperiode des Gesetzes vom 3. Maerz 1819 sehr zweifelhaft war, ob ueberhaupt piracy by the law of nations in den Vereinigten Staaten einen Richter fand(53). § 3. Die Rechtsfolgen der Piraterie und die grundsaetzliche Auffassung des Tatbestandes. Die Bedeutung der Rechtsfolgen der Piraterie fuer die Erkenntnis des Tatbestandes ist, soweit Einzelheiten in Frage stehen, bereits dargestellt (§ 1 u. 2). Fuer die grundsaetzliche Auffassung ist sie wesentlich negativer Art, insofern die Rechtsfolgen in keiner Weise noetigen, an der ueblichen Betrachtungsweise festzuhalten. Man sieht in der Piraterie ein Verbrechen nach Landesrecht; ein Verbrechen, an das gewisse voelkerrechtliche Rechtsfolgen geknuepft sind. Diese Rechtsfolgen sind nun aber, wie sich ergeben hat, in der Hauptsache seepolizeilicher Art; sie betreffen das Vorgehen der Kriegsschiffe auf hoher See. Hierdurch wird klar, dass die Forderung der Deliktsqualitaet des den Eingriff veranlassenden Geschehens keine notwendige ist, nicht mit irgend welchen juristischen oder politischen Prinzipien in Zusammenhang stehen kann. Das Interesse an der Unschaedlichmachung von Piraten ist nicht geringer und das einer internationalen Eingriffsbefugnis entgegenstehende Interesse nicht groesser, wenn ihre Zurechnungsunfaehigkeit strafrechtliche Ahndung ausschliesst. Wenn aber das englische Recht der Piraterie eine Stellung vornehmlich im voelkerrechtlichen internationalen Strafrecht anweist, so ist die Auffassung doch nicht die, dass mit einem bestimmten strafrechtlichen Tatbestand die voelkerrechtliche Zulaessigkeit der Bestrafung fuer diesen gegeben sei, sondern man sieht als seine voelkerrechtliche Wirkung die gaenzliche Denationalisierung des Taeters gegenueber der Strafgewalt fremder Staaten, auch fuer nichtpiratische Akte, an. Allerdings ist die Voraussetzung des Eintritts dieser Rechtsfolge notwendig ein Delikt im technischen Sinne(54); aber die Rechtsfolge ist so eigenartig, dass sich vermuten laesst, es moechte eine rein kriminalistische Behandlung dem Tatbestande nicht gerecht werden. Im uebrigen ist, wie nachgewiesen(55), der englischen Auffassung die seepolizeiliche Seite der Piraterie keineswegs fremd, und es steht nichts im Wege, dem kriminellen Tatbestande der piracy im Bereiche des conflict of laws einen seepolizeilichen Tatbestand im Bereiche der Seepolizei zur Seite zu stellen (s. u. § 8 II, Ver. Staaten). Hiernach ist die Bahn frei fuer den Nachweis, dass der Tatbestand der Piraterie nicht kriminalistischer, sondern, wie seine Rechtsfolgen, seepolizeilicher Natur ist. Ihn positiv zu erbringen ist die Aufgabe des zweiten Abschnittes (s. bes. § 8). Anhang zum ersten Abschnitte. § 4. Heutiges Vorkommen der Piraterie. Aktualitaet und wirkliche Bedeutung eines Rechtsinstitutes moegen proportional sein, wenn es sich um solche Lebensverhaeltnisse handelt, die das Recht zu foerdern Grund hat oder ohne Sympathie und Antipathie lediglich ordnet. Hingegen kann bei Instituten repressiver Tendenz, wenn sie zweckentsprechend ausgebaut sind, aus dem Mangel der Aktualitaet ein Schluss auf ihre wahre Bedeutung nicht gezogen werden. Die Ueberwachung der Meere durch die Kriegsschiffe aller zivilisierten Nationen hat die Piraterie in entlegene, aus physikalischen oder ethnologischen Gruenden schwer zugaengliche Gegenden zurueckgedraengt, wo sie in Verbindung mit Strandraub oder Flusspiraterie ein im Vergleich zu vergangenen Zeiten nur noch kuemmerliches Dasein fristet; aber doch nur, um alsbald wieder aufzuleben, wenn die Kanonen einmal nicht mehr drohen. Nach der Aufteilung der Erde(56) allgemein gezwungen, ihren Sitz in staatlichem Gebiet zu nehmen, empfinden die Piraten den Druck der Voelkerrechtsgemeinschaft in doppelter Schwere; nicht nur, dass ihren maritimen Unternehmungen allerorts ein ueberlegener Gegner droht, ist auch der Staat, dessen Territorium sie zur Operationsbasis waehlen, voelkerrechtlich verbunden zu verhindern, dass aus seinem Jurisdiktionsgebiete heraus den Interessen fremder Nationen Gefahren erwachsen(57). Faelle von Piraterie haben sich in neuerer Zeit ereignet im aegaeischen Meere(58), im roten Meere(59), im persischen Golfe(60), im malayischen Archipel(61), in Indochina(62), endlich in China(63) und Marokko(64) und (65). ZWEITER ABSCHNITT. DER TATBESTAND DER PIRATERIE NACH GELTENDEM VOeLKERRECHT. § 5. Vorlaeufige Definition. Quellen; insbesondere die Landesstrafgesetzgebungen. I. _Piraterie ist ein unpolitisches auf die gewerbsmaessige Ausuebung raeuberischer Gewaltakte gegen prinzipiell alle Nationen gerichtetes Seeunternehmen._ Wie die Rechtsfolgen der Piraterie, so ist auch ihr Tatbestand seepolizeilicher Natur; sie ist mit der Gefaehrdung der Interessen gegeben ohne Ruecksicht darauf, ob in der Person einzelner oder aller Beteiligter zugleich ein krimineller Tatbestand erfuellt ist. Die Elemente dieses Tatbestandes sind ein physisch-lokales, Lebensfuehrung ganz oder teilweise auf hoher See (courir les mers), und ein psychisches, die Absicht der Veruebung raeuberischer Gewalttaten gegen prinzipiell jeden Traeger der in Frage stehenden Lebensgueter in Verfolgung privater Interessen. Durch das psychische Element des Tatbestandes ist bestimmt, in welchem Umfang die "Loesung vom Heimatstaate" oder "faktische Denationalisierung" Begriffsmerkmal der Piraterie ist. Die Bedeutung eines selbstaendigen Merkmals kommt ihr nicht zu. II. Die arge Zerfahrenheit, die in der Lehre vom Tatbestande der Piraterie herrscht(66), ruehrt nicht zuletzt davon her, dass man sich nicht darueber klar geworden ist, aus welchen Quellen der Begriff zu schoepfen sei. Die vornehmste Erkenntnisquelle des voelkerrechtlichen Gewohnheitsrechtes ist das Verhalten der Staaten. Diuturnus usus, opinio necessitatis koennen nur auf induktivem Wege aus der Staatenpraxis nachgewiesen werden. Es kommt aber nicht so sehr das tatsaechliche Verhalten im einzelnen Falle in Betracht, fuer das, wie es die Kompliziertheit des Konkreten nicht anders erwarten laesst, regelmaessig eine Vielheit rechtlicher Gesichtspunkte bestimmend ist, ohne dass der Anteil der einzelnen an der Gesamtwirkung immer erkennbar waere, als vielmehr die autoritative Fixierung der Rechtsueberzeugung in -- moeglicherweise durch den Einzelfall veranlassten -- Erklaerungen wie Noten, Verwaltungsvorschriften, Vertraegen, Gesetzen, in denen die verschlungenen Elemente der Wirklichkeit zu Rechtsbegriffen geordnet sind. Die Frage nach dem Tatbestande der Piraterie kann man dahin formulieren, an welche Voraussetzungen Recht und Pflicht der Staaten zur Aufbringung eines Fahrzeuges aus dem Grunde der Piraterie geknuepft sei (siehe § 1). Hiernach ist das Material zu seiner Bestimmung vornehmlich in denjenigen Gesetzen und Verwaltungsvorschriften der einzelnen Staaten zu suchen, die den Dienst der Kriegsflotte regeln(67). Es ist nun aber nicht zu verkennen, dass die Ausbeute, die die Marinegesetze und -instruktionen gewaehren(68), geringfuegiger ist, als man erwarten moechte. Zur Unterstuetzung der aus ihren Bestimmungen zu gewinnenden Resultate soll daher ausser, wie selbstverstaendlich, der Literatur auch die Geschichte herangezogen werden. Dies bedarf einer Rechtfertigung. Das Piraterierecht als voelkerrechtliches Rechtsinstitut in dem heutigen Sinne ist eine Erscheinung jungen Datums. Der Gedankenkreis der Meeresfreiheit, in den es sich einfuegt (s. o. § 1), ist noch im 18., in einzelnen Beziehungen selbst noch im Anfang des 19. Jahrhunderts nicht mehr als ein von einer -- freilich stets wachsenden -- Anzahl von Staaten verfochtenes politisches Prinzip. Mag auch die Piraterie zu allen Zeiten bekaempft worden sein, so sind doch die rechtlichen Grundlagen des Einschreitens in alter und neuer Zeit durchaus verschieden. Einen der Gruende der Unsicherheit ihres voelkerrechtlichen Tatbestandes darf man darin sehen, dass sie ihre heutige Stellung im System des Voelkerrechts erst erlangte, als ihr tatsaechliches Vorkommen schon selten geworden war. Entbehren nun aber auch hienach die alten Rechtssaetze des Piraterierechts jeder praktischen Anwendbarkeit, so haben sie doch einen nicht zu unterschaetzenden Wert fuer die theoretische Erkenntnis des Tatbestandes. Denn im Wechsel der Rechtsanschauungen ist der Tatbestand unveraendert geblieben(69); aus dem historischen Rechte auf sein Wesen und seinen Inhalt gezogene Schluesse sind von unmittelbarer Bedeutung fuer das geltende Recht. Vor allem ist die historische Betrachtung geeignet, die Anschauung, dass die Piraterie ein Tatbestand seepolizeilicher und nicht krimineller Natur ist, wesentlich zu unterstuetzen. III. _Das Landesstrafrecht als Erkenntnismittel des voelkerrechtlichen Tatbestandes_(_70_)_._ Die Piraterie im Sinne des Voelkerrechts ist eine gemeingefaehrliche Lebensfuehrung, ein seepolizeilicher Tatbestand. Die in den Landesstrafgesetzgebungen als Piraterie bezeichneten Tatbestaende sind, wie die kriminellen Tatbestaende im modernen Rechte allgemein, genau umschriebene, nach Mittel und Erfolg verschieden qualifizierte einzelne Handlungen. Der voelkerrechtliche Tatbestand und die landesrechtlichen Tatbestaende verhalten sich zueinander wie Mittel und Zweck. Das psychische Element der Piraterie, die Absicht der Begehung von Gewalttaten, verwirklicht sich durch Setzung der landesstrafrechtlichen Tatbestaende(71). Bei der ihm zufallenden Aufloesung der piratischen Lebensfuehrung in einzelne Akte kann das Landesrecht entweder ohne jede Erwaehnung des Begriffs der Piraterie auf piratische Akte die allgemeinen Vorschriften ueber Raub und Erpressung und weiterhin auch Toetung, Koerperverletzung, Sachbeschaedigung usw. anwenden; oder sich unter Verwendung des Begriffs seine Zerlegung zu einer besonderen Aufgabe stellen. Das erste dieser Systeme wird dem Wesen der Sache am meisten gerecht. Es haelt sich selbst von der Vermischung voelkerrechtlicher und landesrechtlicher Elemente fern und verleitet nicht dazu, sie zu vermischen. Die Gefahr, dass das Gesetz der eigenartigen Bedeutung, die den piratischen Akten wegen ihrer grossen Gefaehrlichkeit auch fuer das Landesrecht zukommt, nicht gerecht wird, ist bei einiger Aufmerksamkeit des Gesetzgebers gering. Fuer die Ermittelung des voelkerrechtlichen Tatbestandes sind die Landesstrafgesetzgebungen, die diesem ersten Systeme anhangen, kaum von Bedeutung. Zu dieser Gruppe gehoert das deutsche, das skandinavische und das belgische Recht(72). Das zweite System ist das des franzoesisch-spanischen und verwandter Rechte und des englisch-amerikanischen Rechtes. Doch ist seine Durchfuehrung in den beiden Rechtsgebieten wesentlich verschieden. Das englisch-amerikanische Recht sieht in der piracy juris gentium einen zugleich voelkerrechtlichen und strafrechtlichen in beiden Disziplinen uebereinstimmenden Tatbestand. Als statutory piracy bezeichnet es eine Reihe von Handlungen, deren bloss landesrechtliche Bedeutung nicht zweifelhaft sein kann(73). Darueber, dass die seepolizeiliche Auffassung der Piraterie mit der englischen Auffassung nicht unvereinbar ist, s. o. § 3. Die romanischen Staaten bringen in einem Abschnitt des Strafgesetzbuchs oder auch in Spezialgesetzen, meist unter einer besonderen Rubrik "Piraterie", eine Reihe von Tatbestaenden, die sich nur teilweise als piratische Akte, zum anderen Teile als ausser aller Beziehung zum voelkerrechtlichen Begriff der Piraterie stehende Handlungen darstellen, ohne dass das Gesetz die Grenze irgendwie erkennen liesse. Dieser Gruppe gehoeren ausser dem franzoesischen(74), italienischen(75), spanischen(76), mexikanischen(77), portugiesischen(78) und brasilischen(79), auch das niederlaendische(80) und das griechische(81) Recht an. Die Landesgesetzgebungen des zweiten Systems sind die Ursache der Verwirrung, die in der Lehre von der Piraterie herrscht. Die englisch-amerikanische Auffassung verfaelscht den Charakter des Rechtsbegriffes, wenn sie ihn fuer einen notwendig und lediglich kriminellen ansieht; die Willkuer des franzoesischen und der ihm verwandten Rechte in der Verwendung des Namens der Piraterie fuer eine Reihe sehr verschiedenartiger und durchaus selbstaendiger Tatbestaende verfuehrt zur Ausdehnung auch des voelkerrechtlichen Begriffes und ist so zum Ausgang der "Quasipiraterie" geworden. Gleichwohl ist der in Frage stehende Komplex strafrechtlicher Bestimmungen fuer die Gewinnung des voelkerrechtlichen Tatbestandes der Piraterie nicht ohne Wert. Das Bestreben der romanischen Gesetzgebungen, dem voelkerrechtlichen Tatbestande bei seiner landesrechtlichen Aufloesung nahe zu kommen, hat zu einer Anzahl von Bestimmungen gefuehrt, die fuer Art und Umfang desselben beachtenswerte Anhaltspunkte ergeben. Und das englisch-amerikanische Recht hat den Vorzug, Aufschluss zu geben, ob und inwieweit in anderen Rechten als Piraterie qualifizierte Handlungen als wahre piratische Akte und das Gesamtverhalten ihrer Urheber als Piraterie betrachtet werden kann. Ueber das oesterreichische Recht, das aus dem entwickelten Schema der Landesgesetzgebungen herausfaellt, s. u. § 6, IV 3. IV. Die Mannigfaltigkeit der mit dem Namen "Piraterie" verknuepften Vorstellungen noetigt zu einer Sicherung der Terminologie. Wir bezeichnen als Piraterie schlechthin den voelkerrechtlichen Tatbestand (seepolizeilicher Tatbestand); als piratische Akte die im voelkerrechtlichen Tatbestand als Zweck gegebenen einzelnen Handlungen (kriminelle Tatbestaende, sofern nicht landesrechtliche Strafausschliessungsgruende vorliegen; sie sind, unter derselben Voraussetzung, die piracy juris gentium der Englaender); als landesrechtliche Piraterie landesrechtlich als Piraterie bezeichnete Handlungen, die in keiner Beziehung zu dem voelkerrechtlichen Begriffe stehen (kriminelle Tatbestaende; statutory piracy der Englaender). V. Ohne Zweifel rein landesrechtlicher Natur und im folgenden nicht mehr zu beruecksichtigen sind mehrere landesrechtliche Strafbestimmungen, die mit der Piraterie in offensichtlich nur ganz losem Zusammenhang stehenden Tatbestaenden ihren Namen beilegen. Es sind die Bestimmungen des englischen und brasilischen Rechtes(82) gegen den Handel mit Piraten, ihre Unterstuetzung speziell durch Lieferung von Schiffen und anderen Gegenstaenden und gegen ueberhaupt jedes(83) Verstaendnis mit ihnen, des italienischen Rechtes(84) gegen Beguenstigung und Hehlerei, des mexikanischen(85) gegen den Handel mit Piraten; ebenso die englischen und amerikanischen Vorschriften, die gewisse mit dem Sklavenhandel zusammenhaengende Akte als piratisch bezeichnen (piratical slave-trading)(86). § 6. Die Piraterie in der Rechtsgeschichte; Nachwirkungen frueherer Anschauungen; Folgerungen fuer den Tatbestand im geltenden Rechte. I. Die Entwickelung(87) des Zusammenlebens der organisierten menschlichen Verbaende verlaeuft in der Richtung von einem die Verbaende und ihre Angehoerigen ergreifenden staendigen Kriegszustande zu einer friedlichen Gemeinschaft. Zwei Entwickelungsreihen stehen nebeneinander; der Krieg der Verbaende wird zu einem Ausnahmezustande und zugleich auf die organisierte Streitmacht der Kriegfuehrenden beschraenkt(88). Der Grund dieser Entwickelung ist die fortschreitende Anerkennung der menschlichen Persoenlichkeit als eines Faktors von absolutem Wert. Der einzelne wird aus einer blossen Partikel des Verbandes, dessen Leben das seine voellig einschliesst, zu einem selbstaendigen Wesen, das jenseits der Schranken des Verbandes Interessen universeller Natur kennt und an dem Innenleben des Verbandes nur noch in einem seiner Eigenart entsprechenden Umfang, innerhalb dieses engeren Kreises aber mit groesserer Intensitaet teilnimmt. Zunehmende Extensitaet und Intensitaet der Persoenlichkeit ist das Stichwort ihrer Entwickelung(89). Der absolute Wert der Persoenlichkeit ist in die Welt des Rechtes durch die moderne Naturrechtsschule eingefuehrt worden(90). Das Naturrecht verkuendet die Anerkennung dieses absoluten Wertes als ein Prinzip des geltenden Rechtes(91). In der Tat nur ein Prinzip fuer die Rechtsbildung, hat der Gedanke seitdem das innerstaatliche Recht umgestaltet und das Voelkerrecht geschaffen(92). Er ist der Ausgangspunkt des modernen Fremdenrechtes, das die rechtliche Grundlage der friedlichen wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen der Voelker und damit der Kernpunkt des Voelkerrechtes ist(93). -------------- In den Rahmen der Entwickelung des gegenseitigen Verhaeltnisses der menschlichen Verbaende von dem Zustande dauernden Krieges zu dem eines prinzipiellen Friedens fuegt sich das historische Piraterierecht ein. Dabei muessen zwei Formen der Piraterie unterschieden werden. II. _Piraterie unter staatlicher Autoritaet._ Der dauernde Kriegszustand zwischen den Staaten erlaubt diesen und jedem ihrer Angehoerigen, dem anderen und seinen Angehoerigen jeden moeglichen Schaden zuzufuegen. Ueber diesen Zustand ist das Altertum nicht hinausgekommen. Moralische Vorstellungen, wirtschaftliche Beduerfnisse, die politischen Machtverhaeltnisse(94) moegen ihn tatsaechlich gemildert haben; aber juristisch haftet noch nach dem Rechte der Digesten dem Raubstaatentum kein Makel an. Wenn auch die Roemer selbst staatliche oder staatlich autorisierte Piraterie nur zur Erreichung politischer Zwecke betrieben zu haben scheinen, so erkennen sie doch auch ihre gewerbsmaessige Ausuebung als ein rechtmaessiges Mittel des Voelkerkampfes an; Raubstaaten sind hostes, rechtmaessige Feinde(95). Die praktische Bedeutung der Anschauung besteht fast ausschliesslich darin, dass das roemische Postliminialrecht auch im Verhaeltnis zu Raubstaaten Anwendung fand. In der germanischen Welt herrschten anfaenglich dieselben Rechtsueberzeugungen. Der Fremde ist rechtlos(96). Von der oeffentlichen Gewalt organisierte oder autorisierte Raubzuege sind ruhmeswuerdige Unternehmungen. Davon ist Sage und Geschichte voll(97). Das Christentum begruendet dann zum erstenmale in der Geschichte eine internationale Friedensgemeinschaft(98). An die Staaten tritt die Anforderung heran, in Anerkennung der Persoenlichkeit des Fremden Angriffe auf ihn und sein Gut zu unterlassen und ihre Angehoerigen an ihrer Veruebung zu hindern. Das Wesentliche des Vorgangs ist aber nicht die Unterdrueckung der Piraterie, sondern die Umkehrung des Verhaeltnisses von Krieg und Frieden. Aus der Regel wird eine Ausnahme, aus der Ausnahme die Regel. Die Abolition der Piraterie in Friedenszeiten ist eine blosse Konsequenz des Wandels der Gesamtanschauung(99); in Kriegszeiten besteht sie nach wie vor(100). Erst seit dem 14. Jahrhundert nimmt die Piraterie der Untertanen die Rechtsform der Kaperei an(101). (Mit dieser nur der aeusseren Erscheinung nach verwandt ist die Wegnahme fremder Schiffe auf Grund von Repressalienbriefen in Friedenszeiten, ein Institut, das als Ersatz der bisher zulaessigen Selbsthilfe Privater gegen fremde Staaten und fremde Untertanen seit dem 14. Jahrhundert ausgebildet wird(102).) Die internationale Friedensordnung des Mittelalters und des Anfangs der Neuzeit beschraenkt sich auf die Christenheit. Zwischen ihr und den mohammedanischen Staatswesen dauert das Verhaeltnis ununterbrochenen Kriegszustandes rechtlich und faktisch bis in das 16. Jahrhundert allgemein, bis in das 19. zwischen einzelnen Gliedern beider Kulturwelten fort(103). Die in der aelteren Literatur viel eroerterte Frage, ob die Barbareskenstaaten als Piraten oder rechtmaessige Kriegsfeinde zu betrachten seien, hat eine einmuetige Beantwortung nicht finden koennen(104), weil die Fragestellung irrefuehrend ist. Ihre Piraterie ist eine aus vergangener Zeit in das moderne Voelkerrecht hineinragende Erscheinung, die sich seinen Begriffen nicht einfuegt. Die Praxis hat weder das moderne Kriegsrecht auf die Barbaresken angewendet noch sie als Piraten behandelt; die Beziehung der feindlichen Maechte steht unter altem Fremdenrecht, jus postliminii nach der Lehre der romanistischen Wissenschaft(105) und (106). Dieser Rechtszustand ist seit dem 16. Jahrhundert dadurch kompliziert, dass eine Reihe europaeischer Maechte ihre Beziehungen zu den Raubstaaten vertragsmaessig regelte, andere einseitig ihnen gegenueber moderne Rechtsgrundsaetze zur Anwendung brachten. Innerhalb der christlich-europaeischen Welt haben sich noch bis in die neuere Zeit Faelle faktischer Beguenstigung der Piraterie durch staatliche Massnahmen ereignet. Doch war man stets bestrebt, einen formellen Bruch mit den Prinzipien des jeweils geltenden Rechtes zu vermeiden(107). Ueber die Behandlung von Raubstaaten nach heutigem Rechte siehe unten § 12. III. _Die private Piraterie._ Von der staatlich autorisierten Piraterie, einer alten Form des Lebens der Voelker, ist von je die Piraterie als Unternehmen einer ohne alle Beziehung zu einem staatlichen Verbande auf eigene Faust handelnden Personenvereinigung unterschieden worden. Die Reaktion gegen die erste Form ist der Krieg(108); die Bekaempfung der zweiten ist Aufgabe der Sicherheitspolizei und der Strafrechtspflege(109). Die Grenzziehung zwischen beiden Formen stoesst auf keine theoretischen Schwierigkeiten. Die Grenze ist durch den Staatsbegriff gegeben. Die Entscheidung im Einzelfalle mag, da auch das private Unternehmen immer eine fest verbundene Personenmehrheit voraussetzt, einem Geschichtschreiber der Piraterie oft nicht leicht werden(110). Der gesicherte Bestand des modernen Staatensystems ermoeglicht sie ohne Muehe. Aber so wahr es ist, dass gegen die nicht staatlich organisierte Piraterie nicht Krieg gefuehrt wird, dass Piraten nicht hostes sind(111), so sehr ist zu betonen, dass der Tatbestand niemals als ein nur krimineller erscheint. Das historische Piraterierecht enthaelt eine Reihe von Elementen, deren Heimat nicht das Strafrecht, sondern das alte Fremdenrecht ist, und bildet insoweit ein Analogon des Kriegsrechtes, das auch seinerseits ganz im Fremdenrecht wurzelt. Wenn es in der Literatur gang und gaebe ist, die Piraten als hostes humani generis zu bezeichnen, so ist dies in den meisten Faellen nicht mehr als eine Floskel; die vereinzelt sich findende Bestimmung des right of search gegen Piraten als eines war-right(112) ist ohne Zweifel unrichtig; in beidem aber mag man Nachwirkungen alten positiven Rechtes erblicken. Das roemische Recht erkennt Piraten nicht als hostes an (s. S. 42, N. 2). Der Sinn dieses Satzes ist, dass das jus postliminii ihnen gegenueber nicht gilt. Sie erwerben an den in ihre Haende gefallenen Sachen und Personen kein Eigentum. Der Inhalt des Satzes ist lediglich negativ, eine positive Bestimmung, dass sie nach Strafrecht und Strafprozessrecht zu behandeln seien, enthaelt er nicht. So ist denn auch das Vorgehen der Roemer bei ihren grossen Expeditionen gegen die Piraterie lediglich durch Zweckmaessigkeit, nicht durch Rechtsgrundsaetze bestimmt(113). Ob und inwieweit in dem taeglichen Kleinkampf gegen das Unwesen strafrechtliche Gesichtspunkte massgebend waren, ist aus den Quellen nicht ersichtlich(114). Im Seerechte des Mittelalters soll nach der gewoehnlichen Angabe der Literatur der Pirat rechtlos gewesen sein; jeder habe ihn angreifen, seines Eigens und Lebens berauben duerfen(115). Eine solche vollkommene Rechtlosigkeit des Piraten aber hat, wenn ueberhaupt, nur voruebergehend und vereinzelt bestanden. Schon das Recht des 14. Jahrhunderts widerspricht der Lehre(116). Welchen Sinn haette es, Strafen festzusetzen und Gerichtszustaendigkeiten zu bestimmen fuer Wesen, die einer Rechtspersoenlichkeit nicht teilhaftig sind? Seine Erklaerung findet der so haeufig ausgesprochene Satz darin, dass tatsaechlich einige aeltere Autoren die Rechtlosigkeit der Piraten als geltendes Recht darstellen(117). Sie stuetzen sich dabei auf zwei Bestimmungen des kanonischen Rechtes, von denen jedoch der einen, c. 3 X V, 17 de raptoribus(118), nur kirchliche Bedeutung zukommt, die andere, c. siquis 6 Causa 23 quaest. 3(119), aber niemals in praktischer Geltung gestanden hat und stehen kann; und auf die auth. Navigia C. de furtis (c. 18 C. I. 6, 2), der in der Tat nur eine sehr viel engere Bedeutung zukommt (s. u. S. 46, N. 4 und oben S. 40, N. 3). Die Lehre ist eine der doktrinaeren und voruebergehenden Aufstellungen, die die Rezeption im Gefolge hatte. In Wahrheit sieht das aeltere Recht in dem Piraten ebensowenig einen Rechtlosen, einen Fremden oder Feind im alten Sinne, wie einen rechtmaessigen Kriegsfeind. Die im Piraterierecht tatsaechlich enthaltenen kriegsrechtlichen Bestandteile sind vereinzelt und genau umgrenzt; das Verhaeltnis ist das, dass einem grundsaetzlich polizeilichen und kriminellen Tatbestande einzelne Elemente kriegsrechtlichen Charakters anhaften. Folgende Punkte kommen in Frage. 1. Das Verbot der Piraterie schuetzt lange Zeit nur die Schiffe des eigenen und befreundeter Staaten. Zu den Feinden in diesem Sinne zaehlt man auch die Piraten. Fahrzeuge der "Feinde, Tuerken und Piraten" koennen weggenommen werden(120). Eine spezielle Anwendung dieser Moeglichkeit bildet die bei Gelegenheit der Regelung der Rueckerstattungs- und Entschaedigungsansprueche in zahlreichen aelteren Gesetzen, auch den Hanserezessen, erwaehnte Wiederabnahme geraubten Gutes durch Private. 2. Auch nach dem Aufkommen der noch dem heutigen Rechte angehoerenden Rechtsformen der Bekaempfung des Feindes zur See stehen Piratenschiffe feindlichen Schiffen gleich. Sie stehen wie diese unter Prisenrecht(121). 3. Eine Recousse durch einen Piraten gibt ihm kein Recht auf einen Anteil(122). 4. Am klarsten ergibt sich die Hinneigung des Piraterierechtes zum Fremdenrecht aus den Rechtsregeln ueber das Strandrecht, in denen altertuemliche Rechtsanschauungen sich nicht nur in diesem Punkte erhalten haben. Dem Strandrecht sind urspruenglich alle Fremden mit Leib und Gut verfallen(123). Die es im Laufe des spaeteren Mittelalters unterdrueckenden kaiserlichen, kirchlichen und einzelstaatlichen Gesetze lassen es gegen "Feinde, Tuerken und Piraten" bestehen(124); die Bestimmung ist nicht eigentlich eine Ausnahmebestimmung gegen diese Personenklassen, sondern ein blosses Unberuehrtlassen des alten Rechtszustandes. IV. _Reste kriegsrechtlicher Auffassung im geltenden Rechte._ 1. Aufgebrachte Piratenschiffe unterliegen in einzelnen Laendern ganz(125), in anderen in einzelnen Beziehungen(126) prisenrechtlicher Behandlung. Die Differenz dieses Rechtszustandes von dem solcher Staaten, die ueber das Schicksal des Piratenschiffes lediglich die strafrechtlichen Regeln ueber die Einziehung entscheiden lassen, ist eine nicht bloss formelle, da ihm zufolge der Verlust des Eigentums nicht an einen kriminellen Tatbestand geknuepft ist(127). 2. Die Aburteilung der piratischen Akte gehoert in mehreren Staaten zur Zustaendigkeit der Militaergerichte(128). Dass diese Regelung nur als historische Reminiszenz, nicht als aus sachlichen Erwaegungen hervorgegangen zu erklaeren ist, ergibt sich mit Sicherheit aus ihrer naeheren Ausfuehrung im franzoesischen und oesterreichischen Rechte(129). Dagegen beruht die vereinzelt bestehende Kompetenz des hoechsten Landesgerichtshofes(130) auf politischen, die historische Zustaendigkeit der Admiralitaet(131) auf lokalen und technischen Ruecksichten. 3. Die Strafdrohungen gegen piratische Akte zeichnen sich allgemein durch eine aussergewoehnliche Haerte aus. Doch erklaert sich diese angesichts der ungemeinen Schaedlichkeit der Piraterie fuer das Wirtschaftsleben und der ihr zu Grunde liegenden gesellschaftsfeindlichen Gesinnung zur Genuege aus rein kriminalpolitischen Erwaegungen. Nur das oesterreichische Recht, das von der Kriegsmarine eingebrachte Seeraeuber unterschiedslos mit dem Tode bestraft und die Beruecksichtigung der besonderen Erscheinungsform des Verbrechens, Taeterschaft oder Teilnahme, Vollendung oder Versuch, ausdruecklich abweist(132), scheint der Auffassung des Piraten als eines nicht durch die Kriegsgesetze geschuetzten Feindes nicht ganz fern zu stehen, zumal gegen Seeraeuber, deren man auf andere Weise als mit Hilfe der Kriegsmarine habhaft geworden ist, die wesentlich milderen Vorschriften der allgemeinen Strafgesetze Anwendung finden (St. G. B. § 190 f.). Aehnlich drakonische Bestimmungen des englischen und amerikanischen Rechtes sind in neuerer Zeit beseitigt worden(133). 4. Eine in der Literatur sehr verbreitete Meinung lehrt, es bestehe als Korrelat der Feindschaft des Piraten gegen das Menschengeschlecht eine Befugnis jedes Handelsschiffes, ihn -- ohne staatliche Ermaechtigung -- gefangen zu nehmen und unter gewissen Voraussetzungen sogar zu bestrafen. Diese Lehre ist zweifach unrichtig; eine solche Befugnis gibt es nicht; wenn es sie aber gaebe, so waere sie nicht als eines der konservierten kriegsrechtlichen Elemente des Piraterierechtes zu verstehen. Eine kurze Betrachtung der Wurzel der Lehre scheint der geeignetste Weg sie zu widerlegen. Sie geht auf _Grotius_ zurueck: "Manet tamen vetus naturalis libertas, primum in locis, ubi judicia sunt nulla, ut in mari ... Idem locum habebit in locis desertis, aut ubi Nomadum more vivitur" (L. II, XX, 8). Bei _Pufendorf_ kehrt sie wieder: "Ab extraneo autem, si quis in ejusmodi loco [qui ad nullam civitatem pertinet] invadatur, non prohibetur ... ad extremum eundem persequi, ubi praevaluerit" (L. VIII C. VI § 8). Der Inhalt ihrer Ausfuehrungen ist, wie man sofort ersieht, kein anderer als der alte und wahre Satz, dass, wo die Hilfe des Rechtes versagt, die eigene Kraft Schutz und Raecher ist, angewendet auf die lokale Begrenzung der Rechtsmacht. Nicht die Nichtzugehoerigkeit des Gegners zu dem schirmenden Rechtsverbande, sondern dessen Nichterstreckung auf den Schauplatz des Vorfalls rechtfertigt die Anwendung privater Gewalt. Hiernach ist die Frage nach der Zulaessigkeit privater Bestrafung der Piraten durch den jeweiligen positiven Umfang des Selbsthilferechtes bestimmt. Ob ein solches Selbsthilferecht bestehe, war schon _Grotius_ fuer seine Zeit nicht unzweifelhaft. Fuer einen Christen, lehrt er, sei es bedenklich(134), "poenam sumere de improbo quoquam, praesertim capitalem, quanquam id jure gentium nonnunquam permitti diximus: unde laudandus est mos eorum populorum, apud quos navigaturi instruuntur mandatis a publica potestate ad persequendos piratas si quos in mari repererint: ut data occasione uti possint, non quasi ausu suopte sed ut publice jussi" (L. II, XX, 14)(135). Der wenig juengere _Loccenius_ steht nicht an, den Inhalt dieses den Staaten erteilten Rates als geltendes Recht darzustellen (de jure maritimo, 1651, S. 963). Damit ist das Selbsthilfeverfahren durch ein oeffentliches Verfahren ersetzt. In demselben Augenblick tritt die Befugnis der faktischen Ergreifung in den Vordergrund, die bisher neben dem Rechte der Bestrafung als etwas Selbstverstaendliches keine Hervorhebung fand (s. _Grotius_ und _Pufendorf_ im Text); die Strafverhaengung bleibt den Gerichten vorbehalten(136). Es muss angenommen werden, dass der modernen Literatur, soweit sie ein Recht der privaten Bestrafung der Piraten annimmt(137), der Gedanke des Selbsthilferechtes, wenn sie die Zulaessigkeit der privaten Ergreifung lehrt(138), die Voraussetzung einer dahin gehenden staatlichen Autorisation zu Grunde liegt. Da nun Selbsthilferechte wie obrigkeitliche Befugnisse einzelner Personen nur aus der innerstaatlichen Rechtsordnung abgeleitet werden koennen, so ist klar, dass die ganze Frage eine rein landesrechtliche ist(139). Durch diese Erkenntnis loest sich die Frage der Befugnis der Kauffahrteischiffe zur Ergreifung und Bestrafung von Piraten im geltenden Rechte dahin, dass die Behauptung eines solchen Rechtes als eines Bestandteiles des allgemeinen Voelkerrechtes unzutreffend ist, nicht minder aber die der allgemeinen Nichtexistenz(140) derartiger Befugnisse. Das Landesrecht kann Selbsthilferechte verleihen und die Ausuebung polizeilicher Befugnisse uebertragen, wem ihm gut scheint. Eine Vergleichung des deutschen und des nordamerikanischen Rechtes beweist die Positivitaet der entwickelten These; dem einen ist die Autorisierung von Handelsschiffen zur Verfolgung von Piraten fremd(141); das andere(142) laesst sie zu(143) und (144). V. _Folgerungen fuer den Tatbestand._ Der Tatbestand der Piraterie ist, moegen auch einige kriegsrechtliche Reminiszenzen an seinen ersten Ausgang erinnern, im modernen Rechte ein polizeilicher; der Pirat ist nicht Feind, sondern Objekt praeventiver und strafender Staatstaetigkeit. Gleichwohl gibt es fuer die Erfassung des Tatbestandes keinen sichereren Ausgang als die historische Betrachtung. Die Tatsache, dass die eine der geschichtlichen Formen der Piraterie eine rein kriegsrechtliche ist, dass die zweite, unter einem von kriegsrechtlichen Elementen durchsetzten Rechte stehend, bei aller Verschiedenheit doch ein Analogon der ersten bildet, dass endlich selbst das moderne Recht Bestandteile nicht polizei- oder kriminalrechtlicher Natur enthaelt, laesst vermuten, dass die kriminelle Auffassung des Tatbestandes ihm nicht gerecht wird, dass nicht die Ahndung einzelner verbrecherischer Akte, sondern die Repression einer gesellschaftsfeindlichen Lebensfuehrung in Frage steht. Und die Erkenntnis, dass die Wurzel beider Formen das alte Kriegsrecht ist, der Rechtszustand allgemeiner Feindschaft der politischen Verbaende, beeinflusst wie die Auffassung des Charakters des Tatbestandes so auch die Bestimmung seines Inhaltes: die Loesung des Piraten von jedem der zu einer internationalen Friedensgemeinschaft verbundenen Staaten, die Richtung seiner Gewalttaetigkeiten gegen prinzipiell jedes geeignete Objekt erscheinen als notwendige Merkmale des Begriffs. § 7. Die grundsaetzliche Auffassung des Tatbestandes in der Literatur. Die kriminalistische Auffassung sieht in der Piraterie eine einzelne mit den allgemeinen Merkmalen des Verbrechens ausgestattete Handlung. Sie ist in der Literatur aller Voelker verbreitet. Den klarsten Ausdruck findet sie im Zusammenhang mit der Annahme der Identitaet des Tatbestandes in Law of Nations und Common Law (s. o. § 2) in englischen Sentenzen und literarischen Definitionen(145). Wie aber bei der Unhaltbarkeit der Lehre von vornherein zu vermuten ist, ist auch die richtige Anschauung in der Literatur zu mannigfachem Ausdruck gekommen. Dies ist entweder in Form bedingungsloser Vertretung der seepolizeilichen Auffassung oder, haeufiger, in Form der Aufnahme einzelner Elemente der seepolizeilichen in die grundsaetzlich beibehaltene kriminalistische Auffassung geschehen. Die folgende Darstellung wird zeigen, dass der einen oder der anderen Gruppe mit wenigen Ausnahmen alle Autoren angehoeren, die der Lehre eine eingehendere Betrachtung gewidmet haben. I. Die seepolizeiliche Auffassung sieht den Tatbestand der Piraterie durch ein auf die Begehung bestimmter Akte gerichtetes Unternehmen erfuellt; die tatsaechliche Verwirklichung der Absicht und die strafrechtliche Qualifikation des hierdurch gesetzten Tatbestandes hat fuer sie kein Interesse. Sie findet sich bei _Bynkershoek_(146), _Casaregis_, _de Broglie_, _Baud_(147), _Wheaton_, _Ortolan_, _Pradier-Fodere_, _Bluntschli_(148), _Perels_ und _Bonfils_(149). II. Die Undurchfuehrbarkeit der kriminalistischen Auffassung, Piraterie tatsaechliche Veruebung eines einzelnen Verbrechens, hat dazu veranlasst, sie durch Einfuehrung des Merkmals entweder der "faktischen Denationalisierung"(150) oder der Richtung gegen prinzipiell alle Nationen zu modifizieren. Die Tatsache, dass es auf diesem Wege angaengig war, die unmoeglichen Konsequenzen der unrichtigen Grundanschauung zu vermeiden, mag es erklaeren, dass die verfehlte Grundanschauung selbst ihre Herrschaft noch immer behauptet. Ein alle sich in dieser Richtung bewegenden Versuche gleichmaessig treffender Vorwurf ist, dass sie einen aus disharmonischen Elementen bestehenden Tatbestand konstruieren. Erklaert man den Tatbestand der Piraterie fuer einen kriminellen, so ist es unzulaessig, zum mindesten aber inkonsequent, ihn durch die Verfolgung eines nicht politischen Zweckes seitens des Taeters oder durch seine "intention of universal hostility" bedingt sein zu lassen. Strafrechtliche Tatbestaende, die je nach dem Zwecke, den der Taeter verfolgte, oder nach der Absicht, sie gegen ein individuell oder aber nur generell bestimmtes Objekt zu verwirklichen, verschieden zu qualifizieren waeren, sind ein Unding. 1. Die Versuche, die sich in der Richtung bewegen, das Merkmal der faktischen Denationalisierung (Loesung vom Heimatstaate) mit der kriminalistischen Grundanschauung zu verbinden, lassen eine Anordnung nach ihrer Intensitaet zu. Die energischste Einengung des Tatbestandes in dieser Richtung liegt in seiner Beschraenkung auf Handlungen flaggenloser (rechtlich denationalisierter) Schiffe; darueber s. o. § 1; sie nimmt dem Tatbestande alle voelkerrechtliche Bedeutung. Die Erhebung der faktischen Denationalisation des Schiffes oder der Besatzung in dem Sinne, dass sie ein ausserstaatliches Eigendasein fuehren(151), zum Begriffsmerkmal geht weniger weit; immerhin nimmt auch sie dem Rechtsinstitut den groessten Teil seines Wertes, da die modernen politischen Verhaeltnisse eine Loesung von jedem staatlichen Verbande in diesem Umfange kaum zulassen. Die engste Bedeutung hat die Einsetzung des Erfordernisses der Loesung vom Staatsverbande lediglich in dem Sinne, dass die Handlung nicht zu einem politischen Zwecke vorgenommen sei, in den Tatbestand; diese namentlich von _Hall_(152) gegebene Konstruktion fuehrt zu im wesentlichen zutreffender Entscheidung einiger Einzelfragen (s. u. § 14 und 15); aber den Hauptmangel der ganzen Auffassung, den, dass ein Delikt faktisch vorliegen muss, beseitigt sie natuerlich nicht. Dass ihr wie ueberhaupt der Tendenz der Durchsetzung des kriminalistisch gefassten Tatbestandes mit Elementen des seepolizeilichen das richtige Gefuehl seiner seepolizeilichen Natur zu Grunde liegt, wird bei _Hall_ recht deutlich, wenn ihm bei Behandlung der Frage, ob an der Kueste durch Anlanden veruebte Gewalttaten als piracy betrachtet werden koennen, der Satz entschluepft: "a pirate does not so lose his piratical character by landing within state territory that piratical acts done on shore cease to be piratical;" hier ist es ploetzlich nicht mehr der einzelne Akt, der den Taeter als Piraten charakterisiert, sondern umgekehrt wird der Akt zu einem piratischen dadurch, dass dem Taeter ein piratischer Charakter beiwohnt. 2. Ein aehnliches Ergebnis wie die zuletzt geschilderte Art des Vorgehens erreicht die Aufnahme der Klausel Richtung gegen prinzipiell jedes taugliche Objekt" (s. o. § 5 I) in den im uebrigen kriminalistisch gefassten Tatbestand. Diese Konstruktion beherrscht die amerikanische Literatur(153), ist in der kontinentalen sehr verbreitet und selbst der englischen nicht durchaus fremd(154). § 8. Der seepolizeiliche Charakter des Tatbestandes. I. Der Gegensatz der seepolizeilichen und der kriminalistischen Auffassung des Tatbestandes der Piraterie besteht darin, dass die eine in ihr eine oeffentliche Gefahr sieht, die bekaempft werden muss, die andere ein Verbrechen, das Bestrafung fordert. Der Inhalt des Tatbestandes ist, wie ja auch die Qualifizierung eines Tatbestandes als eines strafrechtlichen ueber seinen speziellen Inhalt keine Auskunft gibt, durch seinen Charakter positiv nur dahin bestimmt, dass nur ein gefahrbringendes Unternehmen, demnach, die Begriffe im strafrechtlich-technischen Sinne genommen, weder "Handlung" noch "Verschulden" gegeben zu sein braucht. Aber die richtige Grundauffassung ist negativ in allen Einzelpunkten von groesster Bedeutung, insofern sie, anders als die kriminalistische, einer dem wirklichen Rechtszustande entsprechenden Bestimmung der Merkmale des Pirateriebegriffes nicht entgegensteht. Dass nun aber die seepolizeiliche Auffassung des Tatbestandes zutreffend ist, hat schon die Betrachtung der Rechtsfolgen, der Geschichte des Piraterierechtes und der Literatur vermuten lassen. Die folgende Darstellung gibt den Nachweis aus dem positiven Rechte (der Tatbestand nicht Verbrechen, sondern Gefahr); wesentlich unterstuetzend wird dann auch die Entwickelung der einzelnen Tatbestandsmerkmale sein (§ 9 f.), da sie groesstenteils einem strafrechtlichen Tatbestande ihrem Wesen nach nicht angehoeren koennen. II. Die vornehmste Quelle (s. o. § 5) der Erkenntnis des voelkerrechtlichen Tatbestandes der Piraterie, die Instruktionen der Staaten an die Kommandanten der Kriegsschiffe, lassen ueber seinen seepolizeilichen Charakter keinen Zweifel. "Seeraub ist jedes ohne staatliche Ermaechtigung in raeuberischer Absicht auf die Ausuebung von Gewaltakten auf See gerichtete bewaffnete Unternehmen", definieren die deutschen "Bestimmungen fuer den Dienst an Bord" vom 21. Nov. 1903(155); und in breiter Ausfuehrlichkeit setzen die amerikanischen Revised Statutes dem Tatbestande des Common Law, den sie ihren Straf-und Zustaendigkeitsbestimmungen zu Grunde legen (s. 5368), zum Zwecke, die Zulaessigkeit der Festnahme von Piratenschiffen und damit die voelkerrechtliche Seite der Angelegenheit zu regeln, einen seepolizeilichen Tatbestand zur Seite: "Any vessel built, purchased, fitted out in whole or in part, or held for the purpose of being employed in the commission of any piratical aggression, search, restraint, depredation, or seizure, or in the commission of any other act of piracy, as defined by the law of nations, shall be liable to be captured and brought into any port of the United States if found upon the high seas or to be seized if found in port or place within the United States, whether the same shall have actually sailed upon any piratical expedition or not, _and whether any act of piracy shall have been committed or attempted upon or from such vessel or not_(156)." In den Landesstrafgesetzgebungen eine Bestaetigung der Auffassung zu finden, sollte man kaum erwarten (vgl. o. § 5). So sehr man darueber streitet, welche Bedeutung im Strafrecht der verbrecherischen Gesinnung zukomme, darin stimmen alle ernsthaften Theorieen ueberein, dass eine bestimmte verbrecherische Handlung (materielles Verbrechen, Rechtsgueterverletzung) notwendige Voraussetzung zum Eintritt des Strafzwanges sein muss. Der voelkerrechtliche Pirateriebegriff hat sich nun aber in der ueblichen Vermischung des voelkerrechtlichen und landesstrafrechtlicher Tatbestaende maechtig genug erwiesen, selbst diese Fesseln zu sprengen. Eine Anzahl von Landesrechten poenalisiert die piratische Lebensfuehrung ohne Ruecksicht auf wirkliche Begehung eines piratischen Aktes, bestraft die sozialgefaehrliche Gesinnung, nicht die verbrecherische Tat(157). Die unter diesen Gesichtspunkt fallenden Bestimmungen stehen in ihrem Werte fuer die Eruierung des voelkerrechtlichen Tatbestandes hinter den Instruktionen fuer die Kriegsmarinen kaum zurueck; sie stellen dieselbe Erscheinung unter Strafe, die jene polizeilicher Verfolgung aussetzen(158). Die in Frage stehenden Landesgesetzgebungen zerfallen in zwei Gruppen. 1. Das niederlaendische und das portugiesische Strafgesetzbuch enthalten als einzige Strafbestimmung gegen die Piraterie die Poenalisierung der Zugehoerigkeit zu einem zur Begehung piratischer Akte bestimmten Schiffe(159). 2. Das franzoesische, spanische, italienische und brasilische Recht stellen neben einzelnen piratischen Akten die Zugehoerigkeit zur Besatzung eines Schiffes unter Strafe, das unter Umstaenden das Meer befaehrt, die es der Piraterie verdaechtig erscheinen lassen. Die franzoesische Bestimmung(160) ist, da sie nicht ausdruecklich Piraterieverdacht, sondern nur die ihn begruendenden objektiven Momente (arme et naviguant sans etre ou avoir ete muni pour le voyage de passe-port, role d'equipage, commissions ou autres actes constatant la legitimite de l'expedition) in den Tatbestand aufnimmt, des oefteren in der Richtung missverstanden worden, dass man meinte, ihr Ziel sei nicht die Unterdrueckung der Piraterie, sondern lediglich die Poenalisierung von Ordnungswidrigkeiten in den Schiffspapieren(161). Dass ihr in der Tat der Gedanke des Piraterieverdachtes zu Grunde liegt, laesst schon die Haerte der Strafe annehmen; es ergibt sich mit aller Sicherheit aus einer (prisengerichtlichen) Entscheidung des Conseil d'Etat vom 24. Dez. 1828(162), durch die, dem Geiste des Gesetzes entsprechend, seinem Wortlaute zuwider, trotz Vorliegens der objektiven Momente nach tatsaechlicher Widerlegung des Verdachtes der Piraterie die Lossprechung des Schiffes erfolgte, und ferner aus den entsprechenden italienischen und spanischen Bestimmungen, die an das Vorliegen derselben objektiven Momente ausdruecklich die praesumptio juris der Piraterie knuepfen(163). Diese Gruppe von Rechtsvorschriften ist auch deshalb von Interesse, weil sie ergibt, dass die oft aufgestellte These, es sei jedes flaggenlose Schiff (rechtlich anationale Schiff) der Piraterie verdaechtig, dem positiven Rechte widerspricht, das einen solchen Verdacht nur bei heimatlosen (sans etre ou avoir ete muni de passe-port) und zugleich _bewaffneten_ Schiffen Platz greifen laesst(164). Von den niederlaendischen und portugiesischen unterscheidet sich die hier behandelte Gruppe von Bestimmungen dadurch, dass sie den Verdacht des piratischen Charakters des Schiffes genuegen laesst, jene nachweisliche Bestimmung des Schiffes zur Piraterie verlangen. III. _Die Piraterie ein Unternehmen gegen das Voelkerrecht._ Der voelkerrechtliche Tatbestand der Piraterie ist nicht deliktischer Natur. Wenn damit die gewoehnliche, hin und wieder auch bekaempfte, Bezeichnung des Tatbestandes als eines Deliktes wider das Voelkerrecht(165) in sich hinfaellig ist, so ergibt sich doch nur die ganz analoge Frage, ob man sie als ein Unternehmen gegen das Voelkerrecht charakterisieren darf. Der Begriff der "Delikte wider das Voelkerrecht" ist sehr unsicher. Die gegen ihn gerichtete Polemik _Triepels_, des einzigen Autors, der den Gegenstand einer kritischen Untersuchung unterzogen hat ("Voelkerrecht und Landesrecht" S. 329 f.), hebt mit Recht hervor, dass er verfehlt ist, wenn man darunter eine Verletzung des Voelkerrechts durch ein Individuum versteht. _Triepel_ versaeumt aber zu pruefen, ob ihm denn auch wirklich ueberall, wo mit ihm operiert wird, eine solche Bedeutung beigelegt wird. Daher stehen seine Ausfuehrungen einer Auffassung nicht entgegen, die als Delikt wider das Voelkerrecht ein solches verbrecherisches Verhalten ansieht, das zu poenalisieren und zu verfolgen die Staaten voelkerrechtlich verpflichtet sind(166). Der Begriff, so gefasst, ist moeglich und unbedenklich. In Uebertragung desselben Gedankens auf polizeiliche Tatbestaende, deren Bekaempfung den Staaten als eine gemeinsame Pflicht obliegt, ist man hiernach berechtigt, die Piraterie als ein _Unternehmen_ gegen das Voelkerrecht zu bestimmen. Ein _Delikt_ gegen das Voelkerrecht waere sie selbst dann nicht, wenn der Tatbestand ein krimineller waere; denn die Pflicht der Staaten zur Repression ist nicht eine Pflicht zur Bestrafung der Schuldigen (s. o. § 1). IV. Der Inhalt des Tatbestandes zerlegt sich in einen objektiven und einen subjektiven Bestandteil (vgl. o. § 5 I), entsprechend der "Handlung" und dem "Verschulden" der strafrechtlichen Tatbestaende. Das dritte der allgemeinen Begriffsmerkmale strafbarer Handlungen, die Rechtswidrigkeit, ist der voelkerrechtlichen Piraterie nicht minder eigen, bedarf aber einer besonderen Darstellung nicht, weil staatliche Autorisation den Begriff ueberhaupt ausschliesst (s. u. § 12), die uebrigen Ausschlussgruende der Rechtswidrigkeit (Notwehr, Notstand, berechtigte Selbsthilfe, Einwilligung des Verletzten) aber fuer einen Tatbestand, der nur durch ein gewerbsmaessiges Unternehmen verwirklicht wird (s. u. § 11), seiner Natur nach kaum in Betracht kommen. Dem seepolizeilichen Charakter des Tatbestandes zufolge treten in ihm, anders als in strafrechtlichen Tatbestaenden, die objektiven Elemente hinter den subjektiven ganz zurueck, und bestehen die subjektiven Elemente nicht so sehr in dem Wissen oder Wollen gegenwaertiger als in der Absicht zukuenftiger Handlungen. Dem subjektiven Tatbestande ist eine die Gefahr seiner Verwirklichung nahebringende Intensitaet wesentlich, nicht aber sein Ursprung in einem Verantwortlichkeit (Zurechnungsfaehigkeit) begruendenden psychischen Zustande. § 9. Der objektive Tatbestand. Damit, dass man die Piraterie als ein auf Begehung rechtsgueterverletzender Akte gerichtetes Unternehmen charakterisiert, leugnet man nicht jeden objektiven Tatbestand. Es bleibt die Notwendigkeit naeherer Bestimmung der ihn konstituierenden sinnfaelligen Erscheinungen. Die Merkmale des objektiven Tatbestandes sind das Vorhandensein eines Schiffes (I) mit Besatzung (II) und eine lokale Beziehung des Schiffes zur hohen See (III). I. Dass der Begriff der Piraterie mangels Existenz eines Piratenschiffes nicht erfuellt sein kann, ist in dem Grade allgemeine Ueberzeugung, dass man gewoehnlich der Tatsache gar nicht ausdruecklich gedenkt; es folgt schon daraus, dass die wesentlichste Rechtsfolge des Unternehmens die rechtliche Denationalisierung eben des Schiffes ist. Eine grosse Anzahl landesrechtlicher Definitionen hebt das Merkmal der Benutzung eines Schiffes hervor(167). Blosse Ausruestung eines Schiffes genuegt nicht(168). II. Das Schiff bedarf einer Besatzung. Das Verhaeltnis, in dem ihre einzelnen Mitglieder zu dem subjektiven Tatbestande stehen muessen, wird durch die uebliche Redewendung "Begehung der Piraterie durch ein Schiff" richtig bezeichnet. Die piratische Gesinnung braucht nur denjenigen Mitgliedern beizuwohnen, die die Aktion des Schiffes tatsaechlich bestimmen. Der Piraterie ist bandenmaessige Begehung notwendig. Ob man deshalb eine "Organisation" fuer erforderlich haelt(169), ist eine Frage rein terminologischer Art. III. Dass der Tatbestand der Piraterie irgendwie mit der hohen See zusammenhaenge, ist nicht zweifelhaft. Eine Beziehung des Begriffs auf Vorgaenge, die sich in allen ihren Teilen auf dem Lande abspielen, hat einen vernuenftigen Sinn nur auf Grund der englischen Auffassung, die ihm seine Stellung im Bereiche des voelkerrechtlichen internationalen Strafrechts anweist, findet sich jedoch auch in der englischen Literatur nur vereinzelt(170); im Zusammenhange der kontinentalen Anschauung ist sie inhaltlos(171). Flusspiraterie und Strandraub sind nicht Piraterie im Sinne des Voelkerrechtes(172). Es sind Erscheinungen, die fuer das Voelkerrecht keine groessere Bedeutung haben als andere ueber die Grenzen des staatlichen Polizeihoheits- und Jurisdiktionsbereiches nicht hinausgehende verbrecherische Unternehmungen. Sie stehen unter den Regeln des Interventions-, nicht des Piraterierechtes (s. u. § 12); das Piraterierecht gehoert in den Gedankenkreis der Meeresfreiheit (s. o. § 1). Wie nun aber diese notwendige Beziehung der Piraterie zur hohen See des naeheren beschaffen sei, ist sehr bestritten. Die kriminalistische Auffassung spaltet sich in fuenf Richtungen; man sieht als notwendig an die Begehung des Verbrechens entweder "auf hoher See"(173) oder "within the jurisdiction of the admiralty"(174) oder "ausserhalb der Gerichtsbarkeit eines Staates der Voelkerrechtsgemeinschaft"(175) oder "auf hoher See oder von hoher See aus"(176); des oefteren findet sich endlich die lokale Bestimmung in der Weise gegeben, dass man den Kreis der Objekte der piratischen Handlungen auf Schiffe und ihren Inhalt beschraenkt(177). Bei den Anhaengern der seepolizeilichen Auffassung findet man entweder ebenfalls eine der skizzierten Ansichten, mit der Modifikation, dass der umschriebene Bezirk nicht als Ort einer begangenen Handlung, sondern als Schauplatz zu begehender erscheint(178), oder aber es wird die raeumliche Begrenzung von der einzelnen Handlung losgeloest und in den objektiven Bestandteil des seepolizeilichen Tatbestandes aufgenommen(179). Diese letzte Ansicht ist die richtige. Damit der objektive Tatbestand der Piraterie gegeben sei, ist notwendig, dass das Piratenschiff sich wenigstens zeitweise auf hoher See aufhalte, mag sonst der Sitz des Unternehmens sich in einer Staatsgewalt unterworfenem oder in staatlosem Gebiet befinden. Das offene Meer muss als Operationsfeld oder als Operationsbasis erscheinen. Dagegen ist gleichgueltig, welchen Schauplatz die Piraten zur Begehung der piratischen Akte zu waehlen gedenken(180). Diese Auffassung wird der historischen Tatsache gerecht, dass die Piraterie immer, wo sie einen groesseren Umfang annimmt, in der Form einer Verbindung von "Seeraeuberei" und Kuestenraub auftritt; sie ermoeglicht es, die internationale Verfolgung des Unwesens auch auf solche Fahrzeuge auszudehnen, die etwa unter Schonung der durch ihre Flagge gedeckten Seeschiffe ihre raeuberische Taetigkeit auf unter einer ohnmaechtigen Regierung stehende Kuestenstriche beschraenken(181). Andererseits steht sie mit den Landesstrafgesetzgebungen, die an der Kueste begangene piratische Akte nicht als solche bestrafen(182), nicht in Widerspruch, da die Bestrafung nicht voelkerrechtliche Pflicht ist (s. o. § 1). Die landesstrafrechtlichen Regeln ueber den Begehungsort der piratischen Akte geben in Verbindung mit den staatsrechtlichen Regeln ueber die Erstreckung der Strafgerichtsbarkeit (s. S. 15, Anm. 4 und S. 2, Anm. 1) ein vollstaendiges Bild ueber den Umfang, in dem piratische Akte einer Bestrafung in den einzelnen Laendern unterliegen. § 10. Der subjektive Tatbestand. a) Die Richtung des Unternehmens gegen prinzipiell alle Nationen. I. _Vorfragen._ Das Unternehmen der Piraterie ist eine gemeinsame Gefahr fuer alle Nationen. Nur aus diesem Grunde erkennen alle es als Pflicht, zu seiner Repression beizutragen. Diese Saetze sind, so oft sie auch aufgestellt werden, so weit entfernt, auch in ihren Konsequenzen allgemein anerkannt zu sein, dass man sogar solche Akte als Piraterie bezeichnen konnte, die in ihrem Ursprung, ihrem Verlauf und ihren Folgen voellig dem Innenleben eines Schiffes angehoeren(183). Der Nachweis der Notwendigkeit allgemeiner Feindseligkeit des Piratenschiffes erfordert zuvor die Widerlegung solcher Aufstellungen, die aus dem Tatbestande die -- ueber den Bereich des Schiffes hinausgehende -- aggressive Tendenz ganz ausschalten wollen. Die Definition der piracy im Common Law, robbery within the jurisdiction of the admiralty, ist so weit, dass sie robbery, veruebt von Mitgliedern der Besatzung untereinander, einzuschliessen scheint(184). Doch wird dieselbe allgemein in entgegengesetztem Sinne ausgelegt, und entsprechend betrachtet man in den Vereinigten Staaten die Tatbestaende der Rev. Stat. s. 5370 (15. Mai 1820 s. 3) und s. 5372 (30. April 1790 s. 8), soweit sie sich auf Vorgaenge innerhalb des Schiffes beziehen, als statutory piracy(185). Einen speziellen Fall der auf den Lebenskreis des Schiffes beschraenkten robbery aber sieht eine grosse Zahl englischer und amerikanischer Autoren als piracy by the law of nations an. Wenn eine aufruehrerische Mannschaft das Schiff an sich bringt, so soll dadurch, ohne dass Gewaltakte gegen Dritte begangen oder geplant wuerden, der Tatbestand der Piraterie erfuellt sein(186). Einen offiziellen Ausdruck hat der Gedanke in der von _v. Martitz_ (II S. 682 N. 31) bemerkten Tatsache gefunden, dass in den belgisch-britischen Auslieferungsvertraegen von 1872 (Nr. 16) und 1876 (Nr. 17) der "Prise d'un navire par les marins ou passagers par fraude ou violence envers le capitaine" des franzoesischen Textes "Piracy by law of nations" des englischen entspricht(187). Es liegt auf der Hand, dass die ganze Auffassung mit der Grundanschauung, die in der Piraterie ein einzelnes Verbrechen im technischen Sinne sieht, aufs engste zusammenhaengt, mit ihr faellt. Doch auch im Rahmen dieser Grundanschauung ist sie unhaltbar. Im Herrschaftsgebiete des Tatbestandes des Common Law (s. o. Anm. 2, S. 32) erfreut sie sich einer ungeteilten Anerkennung nur im englischen Rechte, und selbst dieses zaehlt eine Reihe nahe verwandter Tatbestaende zur statutory piracy(188); das amerikanische Recht steht ihr positiv entgegen(189). Die romanischen Rechte charakterisieren zwar den Tatbestand als Piraterie, lassen aber keinen Zweifel, dass es sich um eine rein innerstaatliche Ausdehnung des Begriffes handelt(190). Das niederlaendische Strafgesetzbuch endlich kennt das Verbrechen, ohne es als Piraterie zu bezeichnen(191). Ist aber auch der Aufruhr auf dem Schiffe, der zu dem Uebergange der Schiffsgewalt auf die Meuterer fuehrt, an sich, selbst wenn er die Merkmale des Raubes traegt, ein lediglich den Flaggenstaat angehender Vorfall, so wird doch nicht selten ein piratisches Unternehmen von ihm seinen Ausgang nehmen. Die Frage, ob und wann Piraterie vorliegt, kann jedoch nur nach den gewoehnlichen Regeln entschieden werden(192). Unbestritten ohne voelkerrechtliche Bedeutung sind die in einigen Landesstrafgesetzen als Piraterie bezeichneten Tatbestaende der Ueberlieferung eines Schiffes an Piraten oder Feinde durch ein Mitglied der Besatzung(193) und der gewaltsamen Verhinderung des Kommandanten an der Verteidigung gegen sie(194). II. So allgemein die Bezeichnung des Piraten als eines hostis humani generis ist, so wenig ist man oft geneigt, als piratische Unternehmungen nur solche zu betrachten, die sich gegen alle Nationen ohne Unterschied wenden. Vornehmlich in der englischen Literatur pflegen Name und Definition der Erscheinung in einem unvermittelten Widerspruche zu stehen. In der Bezeichnung ragt der wahre Charakter der Piraterie selbst in solche Darstellungen hinein, die sonst in ihr nichts anderes als einen strafrechtlichen mit voelkerrechtlichen Rechtsfolgen ausgestatteten Tatbestand, einen durch den Begehungsort ausgezeichneten Fall der robbery sehen wollen. Der Begriff der Piraterie verlangt eine Gefahr fuer alle Nationen. Das lehrt die Betrachtung ihres historischen Zusammenhanges mit dem Zustande allgemeiner Feindschaft der politischen Verbaende (s. o. § 6), und nicht minder das System ihrer Rechtsfolgen. Der Sinn der ihrer Bekaempfung dienenden Rechtsnormen kann kein anderer sein, als dass sie, in universeller Feindseligkeit den in der internationalen Friedensgemeinschaft vereinigten Nationen gegenueberstehend, auch ihrerseits einer internationalen Verfolgung ausgesetzt ist. "Die Aufgabe der Kriegsschiffe ... umfasst die Befugnis, da einzuschreiten, wo die allgemeine Sicherheit auf See betroffen oder bedroht ist, und hier einen internationalen Rechtsschutz auszuueben, fuer die gemeinsamen Interessen aller seeschiffahrttreibenden Nationen einzutreten, denen der Pirat als Feind gegenuebersteht" (_Perels_ S. 113). Die Richtung gegen alle Nationen wird in einem grossen Teile der Literatur als Voraussetzung des piratischen Charakters eines Unternehmens anerkannt (s. o. S. 54, N. 1-4 und bes. S. 57, N. 1 u. 2); zumal die geistvolle und umfangreiche Darstellung _Pradier-Fodere's_ ist in allen ihren Teilen auf die Unerlaesslichkeit dieses Merkmales gegruendet(195). Die dem voelkerrechtlichen Tatbestande nahekommenden landesrechtlichen Definitionen des portugiesischen und des niederlaendischen Strafgesetzbuchs sowie der deutschen "Bestimmungen fuer den Dienst an Bord" von 1903 bringen den Gedanken in der Form zum Ausdruck, dass sie als piratisch nur ein auf Begehung einer Mehrzahl von Akten gerichtetes Unternehmen kennzeichnen (s. o. § 8 II und S. 60 Anm. 2). Eine naehere juristische Formulierung wird das Merkmal dahin bestimmen, dass dem Piraten die species des Rechtsgutes, dem generell seine Angriffe gelten, vertauschbare Werte sind. Existenz und Art einer persoenlichen Beziehung des Traegers des Rechtsgutes wie einer sachlichen seines realen Substrates zu einer Staatsgewalt sind ihm gleichgueltig. Nur solche Beschraenkungen legt er sich auf, die im Interesse seiner eigenen Sicherheit geboten(196) und die daher seine Gefaehrlichkeit nur zu erhoehen geeignet sind. Das Merkmal universeller Feindseligkeit gibt einen Anhalt fuer die Entscheidung, inwieweit die Rechtsform der Kaperei nicht einhaltende, im Kriege auf Seebeute ausgehende Privatschiffe sowie Schiffe nicht als kriegfuehrende Macht anerkannter Parteien eines Buergerkrieges sich der Piraterie schuldig machen (darueber s. u. § 14 und 15). Es schliesst die hier und da sich findende Qualifizierung eines den Seestreitkraeften einer kriegfuehrenden Macht angehoerenden Schiffes, das unter falscher Flagge Hostilitaeten begeht, als eines Piraten aus(197). Ein nur gegen einen einzelnen Staat oder dessen Buerger gerichtetes Unternehmen ist somit nicht Piraterie (s. aber Anm. 1; in Frage kommt etwa ein Unternehmen aus Rache). Der verletzte Staat braucht, wenn das angreifende Schiff ihm angehoert, einen Eingriff dritter Staaten nicht zu dulden. Er kann es aber, wenn ihm diese Art der Bekaempfung beliebt, durch Entziehung des Schutzes der Flagge allgemeiner Verfolgung aussetzen. § 11. b) Der Inhalt der piratischen Akte. Es ist die Frage, Akte welcher Beschaffenheit beabsichtigt (oder, unter Zugrundelegung der kriminalistischen Auffassung des Tatbestandes, begangen) sein muessen, damit der Tatbestand der Piraterie gegeben sei. I. Unangefochten ist nur ein Bestandteil des Inhalts piratischer Akte, das Mittel der Begehung. Nur Gewalthandlungen sind piratische Akte(198). Gewalt ist Ausuebung eines physischen oder psychischen Zwanges gegen Menschen. Unternehmungen, die auf die Aneignung seetriftiger Gueter gerichtet sind, sind nicht Piraterie; die zum Schutze des Eigentums an ihnen bestehenden landesrechtlichen Strafbestimmungen finden sich nicht im Zusammenhange der die Piraterie betreffenden Normen, sondern sind meist in Verbindung mit den Bestimmungen ueber die Strandungsdelikte gebracht(199). II. 1. Mit dem Satze, dass piratische Akte notwendig Gewaltakte sind, ist nur eine aeusserste Grenze gezogen. Es ist notwendig zu bestimmen, ob und wieweit man durch Aufstellung weiterer Erfordernisse innerhalb dieser Grenze den Begriff zu beschraenken hat, insbesondere ob man ihm nur raeuberische Akte subsumieren oder ihn auch auf Gewalthandlungen gegen die Person erstrecken darf. Es ist einer der unsichersten Punkte des Piraterierechtes. Literatur und Gesetzgebung sind durchaus uneinheitlich. Doch wird eine Zurueckfuehrung der in ihrer Bedeutung meist ueberschaetzten Frage auf ihren wahren Umfang es ermoeglichen, Stellung zu nehmen. Die Piraterie als Unternehmen gegen prinzipiell alle Nationen muss sich stets gegen eine Mehrzahl von Rechtsguetern wenden und kann sich nur gegen solche richten, denen in den Augen des Taeters eine durch eine irgendwie gestaltete Beziehung zu einer Nation gegebene individuelle Bestimmtheit nicht beiwohnt. Zerlegt man nun die Rechtsgueter in Interessen der Gesamtheit, persoenliche Interessen und Vermoegensinteressen, so erscheinen als ihr natuerliches Objekt die Vermoegensinteressen. Wirtschaftlichen Guetern jeder Art, Sachen, dinglichen Rechten, den Forderungsrechten des Wirtschaftslebens eignet die Moeglichkeit der Umsetzung in Geld; die Gewinnsucht, das hauptsaechlichste Motiv der Vermoegensverletzung, kennt im allgemeinen keine Unterschiede zwischen ihnen. Sehr viel weniger geeignet ist schon die Gruppe der persoenlichen Interessen; denkbar waere, dass eine Weltanschauung, die den absoluten Unwert alles bewussten Seins behauptet, in einem auf generelle Zerstoerung menschlichen Lebens gerichteten Seeunternehmen sich aktiv betaetigte; moeglich auch, dass sich eine Bande zusammenfaende, die zur Befriedigung sexueller Gelueste das Mittel der Eroberung von Schiffen und der Terrorisierung von Kuestenstrichen waehlte; aber historische Wirklichkeit haben diese und andere Moeglichkeiten, die die Phantasie konstruieren mag, nicht. Vollends kommt schliesslich die Gruppe der Interessen der Gesamtheit (Staatsverfassung, Verwaltung) fuer ein gegen alle Nationen gerichtetes die See zur Operationsbasis waehlendes Unternehmen nicht in Betracht. 2. Die Stellung der Landesgesetzgebungen und der Literatur in der -- hiernach nicht allzu bedeutsamen -- Frage ist sehr verschiedenartig. Das deutsche, oesterreichische(200), englische und amerikanische(201) Recht und mit ihnen der groessere Teil der Literatur(202) sehen als piratische Akte nur Gewalttaten raeuberischer Natur an. Einige Autoren dehnen den Begriff auf die gewaltsame Zerstoerung von Sachen aus, ohne ueber den Kreis der Vermoegensinteressen als Objekt des Angriffs hinauszugehen(203). Demgegenueber betrachten das franzoesische, italienische, mexikanische, brasilische(204) und auch das niederlaendische und portugiesische(205) Recht und ein grosser Teil der Literatur(206) auch solche Gewalthandlungen als piratisch, die sich nicht als Vermoegensverletzungen darstellen. Haeufiger und bestimmter als in der ersten Gruppe finden sich dabei Restriktionen des Tatbestandes durch die in verschiedener Form aufgestellte Forderung einer gewissen Intensitaet der angewandten Gewalt. Das gegebene Schema kompliziert sich in mehrfacher Hinsicht; man beschraenkt die raeuberischen Akte auf Sachraub oder schliesst auch Menschenraub ein; man bestimmt den Begriff des Raubes entweder nach Mittel und Objekt oder nach Mittel und Motiv (gewinnsuechtige Absicht, animus furandi); man hat ueber die erforderliche Art und Intensitaet der Gewaltanwendung die mannigfaltigsten Ansichten. Eine Quelle ganz besonderer Schwierigkeiten ist die Verschiedenheit des Tatbestandes des Raubes in den Strafgesetzen der einzelnen Staaten(207). Haeufig genug auch lassen die gewaehlten Ausdruecke jede Bestimmtheit vermissen. 3. Die Erwaegung, dass gegen alle Nationen sich wendende Seeunternehmungen anderer als raeuberischer Art der Geschichte wie dem modernen Leben unbekannt sind, laesst eine Ausdehnung des Begriffes der piratischen Akte ueber Raeubereien hinaus als nicht notwendig erscheinen. Die Beschraenkung auf raeuberische Akte entspricht der gemeinen Vorstellung. Die Rechtsanschauung der germanischen Seemaechte billigt sie (s. o. S. 74 Anm. 1, 2). Sollte in der Tat prinzipielle Menschenfeindschaft ein auf Mord und Zerstoerung gerichtetes Unternehmen ins Leben rufen, so erfolgt seine Bekaempfung im Rahmen der gewoehnlichen Rechtsgrundsaetze (Pflicht des Flaggenstaates, die Ordnung auf dem Schiffe aufrecht zu erhalten, Haftbarmachung bei verschuldeter Versaeumnis ihrer Erfuellung, Interventionsrecht dritter bedrohter Staaten bei Unmoeglichkeit derselben). Verfolgung und Bestrafung einzelner durch Piraten begangener Verbrechen gegen die Person sind natuerlich durch Beschraenkung des Pirateriebegriffes auf Unternehmungen gegen Vermoegensinteressen nicht ausgeschlossen(208). III. Objekt der piratischen Akte sind nur Vermoegensinteressen; das Ziel des Angriffs kann sein Aneignung beweglicher Sachen, Herstellung physischer Herrschaft ueber Menschen, sofern der Mensch nur als Ware in Betracht kommt, Begruendung von Forderungs- und dinglichen Rechten oder Scheinrechten(209). Das Mittel des piratischen Aktes ist physische oder psychische Gewalt. Aber man wird Drohungen (psychische Gewalt) nur genuegen lassen koennen, wenn sie die Anwendung physischer Gewalt in Aussicht stellen(210). Diese Beschraenkung zeigt das tatsaechliche Auftreten des Unwesens stets. Faelle anderer Art sind kaum denkbar. Die psychische Gewalt kann auf die Beseitigung eines eigenen Handlungen entgegenstehenden Widerstandes wie auf die Herbeifuehrung von Handlungen des Bedrohten gerichtet sein(211). IV. Der Zusammenhang der bisherigen Darstellung ergibt, dass die Piraterie ein _gewerbsmaessiges_ Unternehmen ist. Eine auf gewaltsame Vermoegensverschiebungen gerichtete Aktion, die ihre Spitze gegen alle Nationen kehrt, ist als einzelne Handlung nicht denkbar. Die psychische Seite der Piraterie ist nicht eine momentane Anspannung der Lebenskraft zur Verwirklichung einer in der Vorstellung bereits gegebenen Handlung oder Kette von Handlungen, sondern eine Disposition zur Erreichung eines vorgestellten Erfolges durch Begehung noch unbestimmter gleichartiger Handlungen. Der vorgestellte Erfolg ist die Erlangung wirtschaftlicher Vorteile(212). Die Piraterie ist eine Art der Lebensfuehrung, wenn sie auch nicht den einzigen oder auch nur wesentlichen Inhalt des Lebens zu bilden braucht(213). Die gewerbsmaessige Natur der Piraterie findet sich nur selten ausdruecklich anerkannt(214); eine stillschweigende Anerkennung enthalten alle die ueberaus zahlreichen Definitionen, die als ein wesentliches Merkmal des Tatbestandes die Absicht universeller Feindseligkeit hinstellen (s. o. § 10 II). Die Luecke, die dadurch entsteht, dass ein auf einen einzelnen Gewaltakt auf See ausgehendes Schiff dem Piraterierecht nicht unterliegt, ist unbedeutend. Ist die Absicht bekannt, so ergreift der Flaggenstaat die zur Verhinderung der Tat notwendigen Massnahmen; ist sie unbekannt, so ist eine internationale Befugnis zum Einschreiten gegenstandslos. Bei handhafter Tat genuegen die gewoehnlichen Notwehr-, Nothilfe- und Festnahmebefugnisse (deutsche St. P. O. § 127). Ist Name und Heimat des Schiffes unbekannt und begegnen ihm nach begangener Tat Kriegsschiffe, zu deren Kenntnis der raeuberische Akt gelangt ist, so besteht Piraterieverdacht; hat alsdann die Durchsuchung des Schiffes sein Nationale ergeben, so uebernimmt der Flaggenstaat die Ahndung. Die Gewerbsmaessigkeit des Unternehmens rechtfertigt es, wenn man den Tatbestand nach seiner psychischen Seite durch den kurzen Ausdruck "faktische Denationalisation" wiedergibt (s. o. § 5 I). Der Pirat ist ein von der Friedensgemeinschaft der Kulturnationen geloestes Glied in demselben Sinne wie jeder gewerbsmaessige Verbrecher. Mehr darf aber in den Ausdruck nicht hineingelegt werden. Der Gedanke der Notwendigkeit mangelnden Zusammenhanges mit einem anerkannten Staate hat eine allzu starke Betonung in Theorieen erfahren, die als Piratenschiffe nur rechtlich anationale (s. o. § 1) oder doch solche Schiffe ansehen, die sich tatsaechlich "dem Verbande mit einem geordneten Staate entzogen haben" (_Bluntschli_ § 350). Diese letztere Ansicht uebersieht, dass zu allen Zeiten Piraterie auch von Buergern geordneter Staaten von diesen Staaten aus betrieben worden ist, mit Schiffen, die ebenso dem Handels- wie dem piratischen Gewerbe dienten, und dass heute diese Form allein noch von praktischer Bedeutung ist. Es ist nicht eine vollstaendige oder prinzipielle Loesung von der Gesellschaftsordnung notwendig; es genuegt eine Gesinnung, die zum Zwecke, die Stellung in ihr zu behaupten, Mittel verwendet, die ihren Grundlagen zuwider sind(215). § 12. c) Mangel eines politischen Zweckes. Piraterie unter staatlicher Autoritaet. Heimatstaat und Piratenschiff. I. _Begriff des politischen Zweckes._ Ein Unternehmen, das politische Zwecke verfolgt (politisches Unternehmen), ist nicht Piraterie(216). Hierbei ist nach allgemeinen Grundsaetzen nicht das wahre innerste Motiv der Beteiligten entscheidend. Grosse und kleine politische Aktionen koennen auf Motive recht privater Natur zurueckgehen. Sondern es kommt der Zweck in Frage, wie er in dem Unternehmen selbst und dem Zusammenhange der Ereignisse, in dem es steht, zu erkennbarem Ausdruck gelangt ist, der in dem Unternehmen objektivierte Zweck desselben. Der Zweck eines Unternehmens ist ein politischer, wenn es entweder sich als eine staatliche Aktion darstellt oder unmittelbar und erkennbar gegen die aeussere Machtstellung oder die Verfassung oder Verwaltung eines bestimmten Staates gerichtet ist(217). Daher ist ein von einem anerkannten Staate autorisiertes Unternehmen nicht Piraterie (ueber Raubstaaten s. u. II, 4). Ebensowenig aber ein politisches Unternehmen Privater, auch wenn sie etwa die (gegen alle Nationen gerichteten) Rechte der Kriegfuehrenden in Anspruch nehmen, ohne als kriegfuehrende Partei anerkannt zu sein. Die Besprechung der Faelle, in denen das hier in Frage stehende Tatbestandsmerkmal von besonderer Bedeutung ist, der illegalen Kaperei und der raeuberischen Aktion von Kriegsschiffen im Buergerkriege, ist dem dritten Abschnitte vorbehalten. Hier folgt eine kurze Behandlung des Raubstaatentums nach heutigem Rechte und der Beziehungen zwischen dem Heimatstaate und nicht autorisierten Piratenschiffen, die zugleich einige Grundlagen fuer die folgende Darstellung gibt. II. _Piraterie unter staatlicher Autoritaet (Raubstaaten)._ 1. _Voelkerrechtsgemaesse Handlungen._ Voelkerrechtsgemaesse staatliche oder von den voelkerrechtlichen Organen des Staates als staatliche anerkannte Handlungen und auf voelkerrechtsgemaesser Autorisierung beruhende Handlungen Privater begruenden niemals eine Verantwortlichkeit gegenueber dritten Staaten. Hat das handelnde oder autorisierende Organ innerstaatliche Rechtssaetze oder Dienstvorschriften verletzt, so kann es wie auch der rechtswidrig Autorisierte nach den gewoehnlichen Regeln des Disziplinar- und Strafrechts (Ausschluss der Rechtswidrigkeit durch bindenden Befehl; Rechtswidrigkeit trotz illegaler Erlaubnis; dolus und culpa) von seinem Staate zur Verantwortung gezogen werden. 2. _Handlungen und Autorisierungen nicht anerkannter politischer Verbaende._ Nur anerkannte Staaten, und im engeren Kreise des Kriegsrechtes, anerkannte kriegfuehrende Parteien geniessen den Schutz des Voelkerrechtes. Die Beziehungen anerkannter Staaten zu den Bewohnern staatloser Gebiete, zu der Voelkerrechtsgemeinschaft nicht angehoerenden Staaten(218), zu organisierten Verbaenden innerhalb anderer Staaten (vornehmlich aufstaendischen Parteien)(219), endlich zu anerkannten Staaten, insoweit ihnen die voelkerrechtliche Rechts- und Handlungsfaehigkeit mangelt(220), koennen in voelkerrechtlicher Freiheit landesrechtlich geregelt werden. Befehl oder Autorisierung seitens derartiger Verbaende sind nicht faehig, eine Handlung unmittelbar zu legalisieren(221); doch koennen sie mittelbar von Bedeutung sein, insoweit das zur Anwendung gelangende Landesrecht die durch sie geschaffene Situation als Notstand oder einen etwa gegebenen Mangel des Bewusstseins der Rechtswidrigkeit als Schuldausschliessungsgrund anerkennt. 3. _Einzelne voelkerrechtswidrige Handlungen und Autorisierungen._ Die voelkerrechtliche Verantwortlichkeit des Staates gegenueber dem verletzten Staate bestimmt sich nach den Regeln ueber das voelkerrechtliche Delikt; sie kann begruendet sein, obwohl das handelnde Organ durch Verletzung einer landesrechtlichen Vorschrift oder einer Verwaltungsanordnung seine Kompetenz ueberschritten hat(222). Das handelnde oder autorisierende Organ und der Autorisierte haften, falls ihre Handlung sich als Landesrechtsverletzung oder Disziplinarvergehen darstellt, dem eigenen Staate nach den gewoehnlichen Grundsaetzen (s. o. 1.). Dritten Staaten sind sie nach deren Landesrecht verantwortlich. Ist ihr Handeln nach dem eigenen Landesrecht rechtmaessig, so erhebt sich die schwierige Frage(223), ob und inwieweit voelkerrechtswidrige landesrechtlich bindende Befehle oder landesrechtlich rechtmaessige Autorisierungen seitens anerkannter Staaten auch im Bereiche des Landesrechts dritter Staaten die Kraft haben, die Rechtswidrigkeit auszuschliessen. Es ist eine Frage des Landesrechts. Eine voelkerrechtliche Verpflichtung, in dieser Beziehung das eigene Landesrecht in der einen oder anderen Weise auszugestalten, besteht im allgemeinen nicht(224). In der Befugnis des verletzten Staates zur Bestrafung ist die eines tatsaechlichen Eingriffs in fremdes Staatsgewaltgebiet (Staatsgebiet und Nationalschiffe) nicht eingeschlossen(225). Pirat ist das handelnde Organ oder der autorisierte Private nicht, da die Handlung, jedenfalls nach aussen, eine staatliche Funktion darstellt. 4. _Raubstaaten_ (vgl. § 6 II). Durch den gewerbsmaessigen eigenen Betrieb der Piraterie oder durch eine generelle Ermaechtigung der Untertanen schliesst ein Staat sich aus der Voelkerrechtsgemeinschaft aus. Die Wirkung ist nicht, dass er seinen staatlichen Charakter verliert, "corpus morbidum, corpus tamen est" (_Grotius_ III, III, 2): aber es entsteht auch nicht ein Zustand rechtmaessigen Krieges zwischen ihm und allen anderen Nationen(226). Vielmehr ist das Verhaeltnis das, dass in den gegenseitigen Beziehungen nur das beiderseitige Landesrecht Anwendung findet (s. vor, 2; und oben S. 81, Anm. 1 und S. 82, Anm. 1). Auf die eigenen Unternehmungen des Raubstaates wie auf die autorisierten seiner Buerger treffen alle Kriterien des Pirateriebegriffs zu(227). Auch der politische Zweck fehlt ihnen. Sie sind, nachdem der Staat sich selbst aus der Voelkerrechtsgemeinschaft ausgeschlossen hat, nicht mehr Funktion eines anerkannten Staates, und ebensowenig sind sie auf Veraenderungen in der Machtstellung der Staaten gerichtet. Staatliche und private Piraterie, in den Anfaengen der Geschichte ungeschieden (s. o. S. 42, N. 1), haben sich nach einer Entwickelung von Jahrtausenden wieder zusammen gefunden. Dereinst eine einheitliche kriegsrechtliche Erscheinung, ist die Piraterie in jeder Form heute ein Tatbestand der internationalen Sicherheitspolizei und der Strafrechtspflege. Die historische Trennung beider Formen ist eine Uebergangsstufe in der Entwickelung des allgemeinen Kriegszustandes der politischen Verbaende zu einem prinzipiellen Friedenszustande. Ein Rechtsverhaeltnis, wie es zwischen den Barbareskenstaaten und den Mitgliedern der Voelkerrechtsgemeinschaft theoretisch bis ins 19. Jahrhundert bestand, ununterbrochener Krieg unter den Regeln des Postliminialrechtes, ist dem modernen Voelkerrechte unbekannt. III. _Heimatstaat und Piratenschiff._ 1. Die Staaten sind voelkerrechtlich verpflichtet, fuer ihr Gewaltgebiet, Staatsgebiet und staatsangehoerige Schiffe, eine Rechtsordnung aufzurichten und zu tatsaechlicher Durchfuehrung zu bringen, die verhindert, dass aus ihm Angriffe auf die auslaendische Rechtsgueterwelt hervorgehen(228). Sie haben zukuenftigen Verletzungen durch Strafdrohungen und polizeiliche Massregeln entgegenzuwirken, geschehene zu ahnden. Die schuldhafte Verletzung der Pflicht ist voelkerrechtliches Delikt(229). Die Unmoeglichkeit ihrer Erfuellung begruendet das Interventionsrecht; Interventionsrecht ist das Recht eines Staates, seine oder seiner Untertanen Interessen ausserhalb seiner regelmaessigen Hoheitsgrenzen durch tatsaechliche Machtentfaltung zu schuetzen, im Falle die im allgemeinen in den voelkerrechtlichen Pflichten der territorial zustaendigen Staatsgewalt gegebene Gewaehr ihres Schutzes sich unwirksam erweist. Diese auch in einigen Faellen zur Anwendung gelangenden Regeln, in denen von mancher Seite Piraterie angenommen wird (s. u. § 14), gelten fuer das Verhaeltnis zwischen dem Heimatstaate und wahren Piratenschiffen nicht. Eine "Intervention" gegenueber einem Piratenschiffe gibt es nicht. Die eigenartige Rechtsfolge der Piraterie ist die rechtliche Denationalisation des Schiffes; diese setzt es dem Zugriff aller Staaten und auch solcher, deren Interessen nicht unmittelbar bedroht sind, aus, entsprechend den tatsaechlichen Verhaeltnissen, die eine Repression der Gefahr durch den Flaggenstaat und interventionsberechtigte dritte Staaten allein nicht genuegend erscheinen lassen; andererseits bedeutet sie das Aufgehen der speziellen Pflicht des Heimatstaates zur Aufrechterhaltung einer Rechtsordnung an Bord in der allgemeinen Pflicht der Repression der Piraterie(230). 2. Die Pflicht des Heimatstaates zur Verhinderung und Unterdrueckung der Piraterie und seine voelkerrechtliche Verantwortlichkeit, wie auch die Befugnis fremder Staaten zu eigenem Einschreiten bestehen gegenueber Kriegsschiffen in keinem weiteren oder engeren Umfange als gegenueber Handelsschiffen(231). Einer solchen Gleichstellung stehen politische Bedenken nicht entgegen. Sieht man freilich in der Piraterie nicht ein gewerbsmaessiges raeuberisches Unternehmen, sondern eine einzelne strafbare Handlung, so ist es unumgaenglich, fuer Kriegsschiffe Sonderregeln aufzustellen(232) und (233). DRITTER ABSCHNITT. FOLGERUNGEN. § 13. Ausdehnungen des Piraterietatbestandes in Landesrecht und Literatur. 1. _Landesstrafrechtliche Ausdehnungen._ Die Belegung rein landesstrafrechtlicher Tatbestaende mit dem Namen Piraterie erscheint nicht selten ganz willkuerlich; im uebrigen bezieht sie sich entweder auf die Gleichheit der Strafe(234); oder sie bezweckt die Strafwuerdigkeit bisher strafloser Handlungen durch Anlehnung an das aelteste Seedelikt hervorzuheben(235); oder endlich sie knuepft die Ausdehnung der Strafgerichtsbarkeit auf extraterritoriale Delikte an einen schon vorhandenen Grund universeller Zustaendigkeit an(236). 2. _Die Quasipiraterie der voelkerrechtlichen Literatur._ Der Begriff der Quasipiraterie ist ein unsystematischer. Er umschliesst nicht einen auf Grund einer Zusammenstellung und Untersuchung aller illegalen Gewalthandlungen zur See aus diesen gebildeten durch das Merkmal der Verwandschaft mit der Piraterie charakterisierten Komplex von Tatbestaenden, sondern ist ganz ein Produkt historischer Zufaelligkeit(237). Der Grund, aus dem man einen Tatbestand zur Quasipiraterie zaehlt, ist entweder eine wirklich bestehende Aehnlichkeit der Repression (Negersklavenhandel, s. § 16; Beschaedigung unterseeischer Telegraphenkabel, s. § 17; flaggenlose Schiffe, s. o. § 1) oder eine angebliche Gleichheit derselben, die angebliche Anwendbarkeit des Piraterierechtes auf Tatbestaende, die selbst nicht Piraterie sind (gewisse Faelle illegaler Kaperei, s. § 15; Gewaltakte revolutionaerer Kriegsschiffe, s. § 14). Unter den Tatbestaenden, die man als Quasipiraterie charakterisiert hat, ist nicht ein einziger, der nicht von anderen als wahre Piraterie bezeichnet worden waere. Dass der ganze Begriff der Quasipiraterie ein verfehlter ist, bedarf hiernach kaum noch der Erwaehnung. Das Ziel dieser Arbeit ist die Gewinnung eines einheitlichen und klar umschriebenen Tatbestandes, die Wiederherstellung des reinen Pirateriebegriffes aus Geschichte und geltendem Rechte gegenueber mancherlei Verdunkelungen und Verflachungen, deren wahren Grund man zu einem grossen Teile in einer gewissen Oberflaechlichkeit und Bequemlichkeit sehen darf, die landesrechtliche und voelkerrechtliche Rechtssaetze (so bei der illegalen Kaperei) und voelkerrechtliche Rechtsinstitute verschiedener Art (so bei dem Einschreiten gegen Kriegsschiffe Aufstaendischer) nicht genuegend auseinanderhaelt. § 14. Kriegsschiffe und Kaper aufstaendischer Parteien. I. _Skizzierung des Rechtszustandes._ Einer nicht als kriegfuehrende Macht anerkannten aufstaendischen Partei stehen die Rechte der Kriegfuehrenden nicht zu. Ihre Beziehungen zur heimischen Regierung wie zu fremden Maechten unterstehen ausschliesslich dem heimischen oder fremden Landesrechte(238). Diesem steht nach allgemeinen Grundsaetzen frei, beliebige strafrechtliche Tatbestaende als Piraterie zu qualifizieren. Die voelkerrechtliche Kontroverse liegt auf einem anderen Gebiete. Es ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen und auf Grund welches Titels fremde Maechte dem von einem Buergerkriege heimgesuchten Staate gegenueber zu einem gewaltsamen Einschreiten gegen ihm angehoerige Schiffe befugt sind. Der Rechtsgrund des Einschreitens kann ein zweifacher sein. a) Nicht selten fehlt dem revolutionaeren Schiffe der Schutz einer Flagge; so wenn die Empoerer Schiffe fremder Nationen erwerben oder ohne Zustimmung des Heimatstaates zur Kaperei autorisieren (siehe auch unten § 15 III); vornehmlich aber, wenn die bekaempfte rechtmaessige Gewalt durch das berufene Organ des voelkerrechtlichen Verkehrs ihren Nationalschiffen den voelkerrechtlichen Schutz entzieht(239). Diese Entziehung kann auch in der Form geschehen, dass die Regierung die Revolutionaere mit der Absicht, sie allgemeiner Verfolgung auszusetzen, fuer Piraten erklaert; dagegen ist sie in der Ablehnung der voelkerrechtlichen Verantwortlichkeit fuer ihre Handlungen nicht enthalten(240). b) Die drohende Verletzung fremder nationaler oder privater Interessen rechtfertigt die Intervention des bedrohten oder seitens des bedrohten mit der Wahrnehmung seiner Interessen betrauten dritten Staates. Dagegen ist eine revolutionaere politische Aktion niemals Piraterie, auch wenn sie gegenueber dritten Maechten die Rechte Kriegfuehrender beansprucht; sie wird es selbst dadurch nicht, dass sie die Kriegfuehrenden zustehenden Befugnisse der heimatlichen Regierung und fremden Maechten gegenueber ueberschreitet, solange nur der politische Zweck der Massnahmen in ihnen erkennbar ist. Dass das Einschreiten der Maechte zum Schutze ihrer Interessen als Intervention, nicht als Repression der Piraterie gedeutet werden muss, ergibt sich mit aller Sicherheit daraus, dass an eine Bestrafung der Empoerer nicht zu denken ist und nicht gedacht wird, auch wenn deliktische Tatbestaende gegeben sind, die sich als piratische Akte darstellen wuerden; und aus dem wenig beachteten vielleicht noch wesentlicheren Umstande, dass der Schauplatz des Eingriffs regelmaessig fremdes Staatsgebiet ist(241), die Beschraenkung der internationalen seepolizeilichen Befugnisse zur Unterdrueckung der Piraterie auf die hohe See (oder hoechstens in gewissen Faellen das Kuestenmeer)(242) aber ausser Zweifel steht. II. _Die Stellung der Literatur._ Die Literatur unterscheidet durchweg nicht genuegend, ob ein Einschreiten fremder Maechte ueberhaupt gerechtfertigt oder speziell aus dem Rechtsgrunde der Piraterie zulaessig ist. Oft ist nicht erkennbar, ob sich die Ausfuehrungen auch auf solche Faelle beziehen, in denen ein revolutionaeres Schiff Interessen fremder Maechte verletzt oder bedroht, oder ob sie nur in strengem Sinne innere Unruhen im Auge haben. Dass die politische Aktion der Kriegsschiffe Aufstaendischer nicht Piraterie ist, wird fast allgemein anerkannt(243). Die Anerkennung wird von einigen englischen Autoren in die Form gekleidet, dass sie dem Fahrzeuge den Namen eines Piraten geben, aber die Anwendung des Piraterierechtes ausschliessen; hierhin gehoert vornehmlich _Hall_ (S. 258 f.)(244), dessen Ausfuehrungen aber einer naeheren Behandlung beduerfen. Der Grundgedanke der Ausfuehrungen _Halls_ ist die Unterscheidung revolutionaerer Bewegungen in solche, die zur Grundlage "politically organised societies which are not yet recognised as belligerent" (S. 259) haben, und andere, deren Traeger lediglich "persons not acting under the authority of any politically organised community, notwithstanding that the objects of the persons so acting may be professedly political" (S. 262) sind. Gewaltakte der Kriegsfahrzeuge sollen in dem zweiten Falle Piraterie sein, in dem ersten ein Einschreiten fremder Maechte nicht rechtfertigen. Die Bezeichnung der Gewaltakte Aufstaendischer, die keine politisch organisierte Gemeinschaft bilden, als piratischer, ist aber nicht mehr als eine Benennung. Denn beschraenken sich die Revolutionaere streng auf die Aktion gegen den eigenen Staat "with careful avoidance of depredation or attack upon the persons or property of the subjects of other states", so sind ihre Handlungen "for practical purposes not piratical with reference to other states", obwohl sie "are piratical with reference to the state attacked" (S. 262); daher ist es in solchen Faellen "not the practice for states other than that attacked to seize, and still less to punish, the persons committing them". Begehen die Aufstaendischen Gewaltakte auch gegen Schiffe fremder Maechte, so sind sie zwar der Ergreifung durch den verletzten Staat ausgesetzt; aber eine Strafverfolgung unterbleibt (S. 266) und "the mode in which the crew were dealt with would probably depend upon the circumstances of the case" (S. 265). Die Auffassung _Halls_ unterscheidet sich von der oben unter I entwickelten demnach formell darin, dass sie unter Ausscheidung des Namens der Intervention ein Verhalten, das eine Intervention gegen ein revolutionaeres Fahrzeug rechtfertigt, als piratisch bezeichnet; materiell darin, dass sie, im Falle die Aufstaendischen eine wenn auch nicht als kriegfuehrende Macht anerkannte politisch organisierte Gemeinschaft bilden, eine Intervention fuer unzulaessig haelt. Die formelle Abweichung ist ungluecklich, denn sie verwendet einen Namen fuer einen Tatbestand, der durchaus andere Rechtsfolgen hat als derjenige, den der Name sonst zu bezeichnen pflegt (s. auch oben I a. E). Die materielle Abweichung ist unrichtig; dies ergibt schon die einfache Erwaegung, dass anderenfalls die Anerkennung als kriegfuehrende Macht nur dekorative Bedeutung haette; und eine Betrachtung der von _Hall_ selbst gegebenen Begruendung bestaetigt es. Denn wenn _Hall_ die Ansicht, dass "acts which are allowed in war, when authorized by a politically organised society, are not piratical" (das soll heissen nicht geeignet sind, die Zulaessigkeit eines Eingreifens zu begruenden) mit der Erwaegung rechtfertigen will, man koenne nicht behaupten "that acts which are done for the purpose of setting up a legal state of things, and which may in fact have already succeeded in setting it up, are piratical for want of an external recognition of their validity, when the grant of that recognition is properly dependent in the main upon the existence of such a condition of affairs as can only be produced by the very acts in question": so liegt dem eine unhaltbare Auffassung des Verhaeltnisses von Zweck und Mittel zu Grunde. Akte, die auf Herstellung eines Zustandes gerichtet sind, der nach seiner Herstellung vorgenommene Handlungen derselben Art legal erscheinen laesst, sind selbst doch nur nach dem gegenwaertigen Rechte zu beurteilen. Die Ermordung einer Person ist nicht weniger Mord, wenn sie bezweckte, in ihr das einzige Hindernis zu beseitigen, das dem Erlasse eines die Toetung der Personenklasse erlaubenden Gesetzes im Wege stand, zu der der Ermordete gehoerte. Der Zweck mag die Mittel heiligen; legalisieren kann er sie nicht. Zwei weitere Gruende aber, die _Hall_ zum Beweise der nichtpiratischen Natur (fuer ihn also der eine Intervention nicht begruendenden Natur) der Gewalthandlungen politisch organisierter Revolutionaere beibringt, tun in Wahrheit die Unhaltbarkeit der ganzen Unterscheidung der einen politisch organisierten Verband bildenden und anderer Aufstaendischer dar. Es sind die politische Natur der Aktion(245) und ihre Richtung gegen nur einen Staat(246). Aber auch die nicht sich als Aktion einer politisch organisierten Gemeinschaft darstellende revolutionaere Bewegung verfolgt ihrem Wesen nach "public ends" und ist "enemy solely of a particular state". Die Scheidung piratischer und nicht piratischer Akte nach dem Merkmal der Zurueckfuehrbarkeit auf wenn auch nicht anerkannte politisch organisierte Verbaende oder auf isolierte und kleinere Gemeinschaften(247) laesst sich systematisch als eine Uebertreibung der Forderung auffassen, dass der politische Zweck eines Unternehmens in ihm klar zum Ausdruck gelangt (objektiviert) sein muesse, um es seines politischen Charakters wegen als nichtpiratisch bezeichnen zu koennen (s. o. § 12). Fuer _Kaperschiffe_ revolutionaerer Parteien koennen keine anderen Rechtssaetze gelten als fuer Kriegsschiffe(248). Denn auch das Kaperunternehmen entbehrt objektiv nicht eines politischen Zweckes. III. _Die Staatenpraxis._ Ein Kriegsschiff einer aufstaendischen Partei, das die Gefaehrdung oder Verletzung auslaendischer Interessen streng vermeidet, wird als Pirat weder behandelt noch bezeichnet. Die Maechte enthalten sich ihm gegenueber jeder Einmischung. Die Instruktionen fuer die Kriegsflotten(249), das tatsaechliche Verhalten der Maechte und grundsaetzliche diplomatische Erklaerungen gelegentlich von Praezedenzfaellen(250) ergeben ein sicheres und einheitliches Bild der internationalen Ueberzeugung(251). Nicht ganz so sicher ist die Staatenpraxis im Falle, dass die Handlungen der Empoerer auch fremde Interessen verletzen oder gefaehrden, speziell bei Beanspruchung der Rechte Kriegfuehrender gegenueber Neutralen durch sie. Mehrfach haben Grossmaechte ihr Einschreiten gegen aufstaendische Kriegsschiffe, die sich der -- ohne jeden Zweifel unberechtigten -- Ausuebung solcher Rechte schuldig gemacht hatten, auf den Rechtstitel der Piraterie gestuetzt(252). Aber es ist doch leicht zu erkennen, dass sich unter dem Namen der Repression der Piraterie die Intervention verbirgt. Man schreitet gegen die angeblichen Piraten innerhalb des Territoriums ihres Heimatstaates ein(253); man bestraft sie nicht(254); und vor allem, es geht nur der bedrohte oder verletzte Staat gegen sie vor, ohne daran zu denken, die Mitglieder der Voelkerrechtsgemeinschaft an ihre internationale seepolizeiliche Pflicht der Saeuberung des Meeres von Piraten zu erinnern(255). Zudem ist in Instruktionen und amtlichen Erklaerungen des oefteren ausdruecklich die Repression der Uebergriffe aufstaendischer Kriegsschiffe dem Gebiete der Intervention zugewiesen, so dass Name und Rechtsbegriff in Einklang stehen(256). § 15. Illegale Kaperei. I. _Quellen._ Die Kaperei als Lebenserscheinung gehoert der Vergangenheit an(257), wenn sie auch als Rechtsinstitut noch in gewissem Umfange fortbesteht. In keinem der grossen Kriege seit Ausgang der napoleonischen Aera sind Kaper zur Verwendung gelangt; die letzten Kaperei-Reglements sind im Anfange des 19. Jahrhunderts erlassen worden(258). Eine Fortbildung des gewohnheitsrechtlichen Voelkerrechtes kann daher im 19. Jahrhundert kaum stattgefunden haben; zum mindesten spricht die Vermutung gegen sie. Das Kapereirecht, wie es an der Wende des 18. und 19. Jahrhunderts in Geltung stand, ist in einer klassischen Monographie _G. F. v. Martens'_(259) niedergelegt. Die Darstellung kann sich nicht auf den Nachweis beschraenken, dass die Faelle illegaler Kaperei, die man als Piraterie betrachtet hat, sich dem im vorigen entwickelten Pirateriebegriff entweder unterordnen oder aus ihm herausfallen, sondern es ist daneben zu pruefen, ob nicht etwa spezielle Voelkerrechtssaetze fuer die einzelnen Faelle bestehen. II. _Der Rechtszustand._ 1. _Piraterie und Kaperei._ Der historische und nicht anders der modern-systematische Gegensatz der Kaperei und der Piraterie besteht darin, dass die Kaperei, auf Grund einer speziellen staatlichen Autorisation betrieben, sich als eine innerhalb der voelkerrechtlichen Gemeinschaft zulaessige militaerische Aktion moderner Staatsgewalt und damit als ein politisches Unternehmen darstellt(260). Der Begriff einer "Kaperei ohne Autorisation" enthaelt eine contradictio in adjecto. Schiffe, die in Kriegszeiten ohne staatliche Autorisation gegen den Feind auf Seebeute ausgehen, stehen danach unter dem allgemeinen Piraterierecht. Beschraenken sie ihre Hostilitaeten auf Fahrzeuge feindlicher Nationalitaet, so koennen sie nicht als Piraten angesehen werden(261). Hieran kann sich, sofern sie sich nur in den Grenzen der politischen Aktion halten, auch dadurch nichts aendern, dass sie neutralen Schiffen gegenueber die Rechte Kriegfuehrender ausueben. Der Kriegsgegner darf sie in voelkerrechtlicher Freiheit zur Verantwortung ziehen, auch ihre Handlungen landesrechtlich als Piraterie bezeichnen(262); der Heimatstaat ist voelkerrechtlich verbunden, ihre Aktion zu verhindern(263). Dritten Staaten steht ein Eingriffsrecht nicht zu(264). Ein Schiff, das sich von beiden kriegfuehrenden Staaten zur Kaperei autorisieren laesst, kann nicht als Kaper angesehen werden, da seine Aktion eines in ihr objektivierten politischen Zweckes vollstaendig ermangelt. Seine Hostilitaeten sind gegen prinzipiell alle Nationen gerichtet; wenn es neutralen Staaten gegenueber seine Raeubereien auf Wegnahme von Kriegskontrebande beschraenkt, so ist offenbar die Absicht nur, einen laengeren ungestoerten Fortgang des Treibens zu ermoeglichen (vgl. oben § 10 II). Das Schiff ist demnach Pirat(265). 2. _Voelkerrechtswidrige Autorisierung_ (vgl. § 12 II 3). Voelkerrechtswidrige Autorisierung setzt den autorisierenden Staat allen Folgen der Verletzung der loi de guerre aus. Das autorisierte Schiff, als ein voelkerrechtswidriger Bestandteil der Streitkraefte, entbehrt (nicht anders als autorisierte Francstireurs, s. o. N. 4, S. 82) des Schutzes der Kriegsgesetze; der Kriegsgegner kann seine Besatzung strafrechtlich verantwortlich machen. Piraterie im Sinne des Voelkerrechts ist nicht gegeben. Es gehoeren hierhin vornehmlich die Autorisation ohne Ausstellung eines Kaperbriefes(266) und jede Autorisation in einem Kriege zwischen Staaten, die der Pariser Seerechtsdeklaration beigetreten sind(267). Ueber die Autorisation von Schiffen fremder Nationalitaet siehe III. 3. _Voelkerrechtswidriges Verhalten des Kapers._ Nach dem allgemeinen Grundsatze, dass Verletzung der Kriegsgesetze den Schuldigen fuer die verletzende Handlung ihres Schutzes beraubt, kann ein Kaper, der ausserhalb des Schauplatzes des Seekrieges Beute macht(268) oder der Prisen verheimlicht(269), von dem Kriegsgegner strafrechtlich verfolgt werden. Wegnahme neutraler Schiffe kann nach dem Landesrecht des verletzten neutralen Staates strafbar sein, doch ist derselbe zur Festnahme des Kaperschiffes nur nach den allgemeinen Grundsaetzen (Intervention, s. § 12 III) befugt(270). Fortsetzung der Aktion nach Ablauf oder Zuruecknahme des Markbriefes oder nach Beendigung des Krieges steht unter denselben Regeln wie die nicht autorisierte Beutefahrt (s. o. 1)(271). Piraterie im Sinne des Voelkerrechts ist an sich keiner dieser Faelle(272). Sehr zweifelhaft ist die Frage der Behandlung eines Kapers, der fuer mehrere verbuendete oder doch nicht mit einander im Kriege befindliche Maechte gleichzeitig taetig ist(273). Dem allgemeinen Pirateriebegriff ordnet sich ein solches Verhalten nicht unter; aber nach dem franzoesischen, spanischen, italienischen, brasilischen und dem aelteren niederlaendischen Rechte koennte es scheinen, als sei es durch speziellen voelkerrechtlichen Rechtssatz der Piraterie gleichgestellt(274). Die Literatur betrachtet durchweg die mehrfache Autorisierung als einen nicht zu duldenden Missstand; als Piraten sieht sie den Kaper entweder gar nicht(275) oder nur dann an, wenn die Markbriefe nicht von dem Heimatstaate und dessen Kriegsverbuendeten ausgestellt sind(276). Die mit der mehrfachen Kommissionierung verbundene Fuehrung mehrerer Flaggen begruendet kein internationales seepolizeiliches Eingriffsrecht(277). III. Eine besondere Beachtung hat auch in der neueren Literatur die Frage gefunden, in welcher Rechtslage sich ein von einem anderen als seinem Heimatstaate autorisierter Kaper befindet. Die Meinungen sind sehr geteilt. Man sah bis ins 19. Jahrhundert hinein allgemein und sieht noch heute sehr haeufig die Autorisierung fuer vollkommen legal an(278); betrachtet man sie als illegal, so laesst man entweder nur die normalen Rechtsfolgen voelkerrechtswidriger Kommissionierung (s. v. II 2) eintreten(279), oder aber man erklaert den Kaper fuer einen Piraten im Sinne des Voelkerrechts(280). Fuer die Entscheidung der Rechtsfrage ist ihre genaue Trennung von einer anderen, mit der sie in der neueren Literatur regelmaessig vermischt wird, von groesster Bedeutung. Es ist die, ob eine Regierung, die ihren Untertanen gestattet, fremde Kaperbriefe anzunehmen, sich einer Neutralitaetsverletzung schuldig mache(281). Ihre Bejahung oder Verneinung praejudiziert einer Stellungnahme zu der Frage der Behandlung des Kaperschiffes in keiner Weise, so wenig wie die Tatsache der Anwerbung im Gebiete einer neutralen Macht, der Ausruestung in einem neutralen Hafen fuer die Entscheidung der Frage bestimmend ist, ob die Handlungen eines Truppenkoerpers oder eines Kriegsschiffes nach der loi de guerre strafrechtlicher Ahndung entzogen sind. Nicht die Neutralitaetsverletzung des Heimatstaates, sondern nur die Voelkerrechtswidrigkeit der Handlungsweise des autorisierenden Staates kann der Anerkennung des Kapers als eines rechtmaessigen Feindes entgegenstehen. Die ueberaus zahlreichen landesrechtlichen Bestimmungen, die den eigenen Untertanen die Annahme fremder Kaperbriefe verbieten, scheiden schon aus diesem Grunde fuer eine Betrachtung der Rechtsstellung des Kaperschiffes gegenueber dem Kriegsgegner und dritten Nationen voellig aus(282) und (283). Das hiernach fuer die Erkenntnis des voelkerrechtlichen Rechtszustandes verbleibende gesetzliche und diplomatische Material besteht, soweit wir sehen, aus zwei niederlaendischen Gesetzen aus dem 17. Jahrhundert (hollaendisch-portugiesischer und hollaendisch-englischer Krieg)(284), englischen und franzoesischen Verwaltungsanordnungen vom Ende des 18. bezw. dem Anfang des 19. Jahrhunderts (franzoesisch-englische Kriege)(285), einem Schreiben des franzoesischen Admirals _Baudin_ an den mexikanischen Kriegs- und Marineminister vom 8. Januar 1839 (franzoesisch-mexikanischer Krieg)(286), dem amerikanischen Gesetze vom 3. Maerz 1847, Rev. Stat. s. 5374 (amerikanisch-mexikanischer Krieg)(287), und dem Art. 7 des spanischen Dekrets vom 24. April 1898 (spanisch-amerikanischer Krieg)(288). Aus diesem Material ergibt sich eins mit aller Sicherheit: dass die autorisierte Kaperei eines nicht dem autorisierenden Staate angehoerenden Schiffes nicht Piraterie im Sinne des Voelkerrechts ist. Die Dokumente sind saemtlich Erklaerungen kriegfuehrender Staaten an den Feind; sie enthalten die Drohung, angeblich voelkerrechtswidrige Bestandteile der feindlichen Seestreitkraefte nach Strafrecht zu behandeln(289). Von einem internationalen Schutze gemeinsamer Interessen ist gar nicht die Rede. Es bleibt noch die Frage(290), ob der den angefuehrten Entschliessungen einzelner Maechte zu Grunde liegende Gedanke der Voelkerrechtswidrigkeit der Autorisierung fremder Schiffe in der Tat geltendes Voelkerrecht ist. Die alten hollaendischen Gesetze haben offenbar nicht vermocht, die Ansicht der voelkerrechtlichen Zulaessigkeit der durch sie bedrohten Handlungen dauernd zu beeinflussen (s. o. N. 4, S. 102); noch die britischen und franzoesischen Praetensionen an der Wende des 18. und 19. Jahrhunderts wurden als ein Verstoss gegen "settled principles of international law" empfunden (s. o. N. 1, S. 105); das amerikanische Gesetz von 1847 beschraenkt sich auf die Kriminalisierung des Tatbestandes fuer den Fall, dass der Heimatstaat des Taeters vertragsmaessig die Strafwuerdigkeit zugestanden hat(291), scheint ihn also im allgemeinen nicht fuer widerrechtlich zu halten; die in der Tat allgemeine Drohung _Baudins_ 1839 galt einem -- zu damaliger Zeit -- zerruetteten und fuer ein legales Vorgehen von ihm herangezogener fremder Abenteurer keinerlei Garantieen bietenden Staate; und der gleichfalls allgemeine Artikel des spanischen Dekrets von 1898 endlich war von vornherein unpraktisch. Die Frage spitzt sich schliesslich dahin zu, ob man die Haltung Frankreichs 1839 und die Spaniens 1898 als genuegenden Ausdruck einer allgemeinen voelkerrechtlichen opinio necessitatis betrachten und zugleich darin einen fuer die Entstehung eines Gewohnheitsrechtes ausreichenden usus sehen will(292). In der Erwaegung, dass auch die neutralen Maechte an dem Rechtszustande interessiert sind, da sie die Ausuebung der Rechte der Kriegfuehrenden gegenueber ihren Schiffen durch unrechtmaessige Bestandteile der Streitmacht nicht zu dulden brauchen, dass aber autoritative Erklaerungen Neutraler ueber die Unzulaessigkeit der Verwendung fremder Kaper gaenzlich fehlen, wird man die Frage verneinen muessen. Allgemeine voelkerrechtliche Grundsaetze stehen dieser Entscheidung nicht entgegen. Deklamationen ueber das Prinzip des Krieges als eines die ganze nationale Kraft, aber auch nur diese anspannenden Kampfes der Nationen, wie sie _Ortolan_ bringt, der erste literarische Verfechter der Ansicht, die in dem nicht staatszugehoerigen Kaper einen Piraten nach Voelkerrecht sehen will, koennen das positive Voelkerrecht nicht beseitigen, das die Verwendung fremder Schiffe so wenig untersagt wie den Kriegsdienst nicht staatsangehoeriger Personen(293). Zuzugeben ist _Ortolan_ nur, dass dem nicht dem kriegfuehrenden Staate angehoerigen an der militaerischen Aktion teilnehmenden Schiffe, da es den Schutz seines Heimatstaates nicht beanspruchen kann, ein wahrer nationaler Charakter fehlt; aber es ist anzunehmen, dass es fuer die Zeit der Kommissionierung zu dem autorisierenden Staate gegenueber dritten Maechten in demselben voelkerrechtlichen Verhaeltnis steht wie dessen Nationalschiffe(294) (s. darueber § 12 II u. III). § 16. Der Handel mit Negersklaven. Die Perhorreszierung der Sklaverei fuehrt auf den Gedanken der Anerkennung eines jeden Gliedes des Menschengeschlechts als einer unverletzlichen und schutzwuerdigen Persoenlichkeit zurueck, ein Prinzip also, das in den modernen Landesrechten zu allgemeiner Durchfuehrung gebracht ist und dem Voelkerrechte zu Grunde liegt (s. o. § 6 I). Die Anpassung des innerstaatlichen Personenrechtes an dieses Prinzip interessiert hier nicht. In Ruecksicht auf die internationalen Beziehungen laesst es die Unterdrueckung der Sklaverei als ein gemeinsames sittliches Interesse der Kulturvoelker erscheinen. Dieses Interesse hat sich zwar nicht so stark erwiesen, dass es zur Bildung eines die Abschaffung der Sklaverei fuer eine voelkerrechtliche Pflicht erklaerenden Rechtssatzes gefuehrt haette, hat aber immerhin eine steigende Zahl von Nationen veranlasst, eine vertragsmaessige Verpflichtung zur Unterdrueckung des Handels mit Negersklaven und damit zur Verstopfung der heute allein noch wesentlichen Quelle der Sklaverei zu uebernehmen. Soweit diese vertraglichen Verpflichtungen reichen, ist der Sklavenhandel ein voelkerrechtswidriges Unternehmen (vgl. oben § 8 III). Piraterie und Sklavenhandel ist gemeinsam, dass beide gegen die grossen Gesamtinteressen der Kulturwelt verstossen. Waehrend dieser aber in erster Linie sittlichen Forderungen zuwiderlaeuft, widerspricht jene wirtschaftlichen Notwendigkeiten, und wenn jene von allen Nationen ohne Ausnahme bekaempft wird, ist dieser nur partikulaer als voelkerrechtswidrig gebrandmarkt. Das Mittel der Unterdrueckung des Sklavenhandels zur See ist die Visitation und Beschlagnahme verdaechtiger Schiffe. Das fernere Verfahren ist aber nicht wie bei der Piraterie ausschliesslich von dem Landesrecht des Nehmestaates abhaengig, sondern die Vertraege sind besorgt, die Aburteilung durch den Heimatstaat des beschlagnahmten Schiffes herbeizufuehren. Da hiernach Grund, Umfang und Mittel der Repression des Sklavenhandels und der Piraterie wesentliche Verschiedenheiten zeigen, so ist die Auffassung des Sklavenhandels als Piraterie oder Quasipiraterie(295) nicht zulaessig. Erklaeren ihn gleichwohl einzelne Vertraege(296) oder Gesetze dafuer, so kann eine solche Betrachtungsweise voelkerrechtlich nur die Bedeutung einer Vergleichung verwandter aber ungleicher Erscheinungen beanspruchen; landesrechtlich mag sie zur Begruendung der Kompetenz der heimischen Strafgerichtsbarkeit oder zur Bestimmung des Strafmasses dienen(297). Nichtsdestoweniger ist der Begriff der Piraterie fuer die Unterdrueckung des Sklavenhandels von grosser historischer Bedeutung gewesen, insofern die Zulaessigkeit des Eingriffs zwecks Verfolgung der Piraterie im Anfang des 19. Jahrhunderts der einzige Fall eines Visitationsrechtes in Friedenszeiten war, die einzige vermittelnde Beziehung zwischen dem nach langen und schweren Kaempfen endlich zum Siege gelangten Prinzip der Meeresfreiheit und einem im allgemeinen Interesse liegenden System internationaler Seepolizei(298). § 17. Verletzungen unterseeischer Telegraphenkabel. Wie die Vertiefung seiner sittlichen Interessen den Menschen die Unterdrueckung des Sklavenhandels als eine _moralische_ Notwendigkeit erkennen heisst, so macht die Erweiterung seiner oekonomischen und politischen Beziehungen ueber den ganzen Erdkreis hin einen wirksamen Schutz der internationalen Verkehrseinrichtungen zu einem _wirtschaftlichen_ Beduerfnis. Seiner Befriedigung dienten, soweit Einrichtungen der internationalen Seepolizei in Frage kommen, bis in die neueste Zeit ausschliesslich die voelkerrechtlichen Rechtsnormen ueber die Piraterie. So ist verstaendlich, dass, als das neu entstandene Netz der unterseeischen Telegraphenkabel neue Rechtssaetze zu seinem Schutze verlangte, die ersten diplomatischen Schritte sich in der Richtung einer Erweiterung des Pirateriebegriffs auf die zu reprimierenden Handlungen bewegten(299). Die Kabelkonvention vom 14. Maerz 1884 und die zu ihrer Ausfuehrung ergangenen Landesgesetze, das schliessliche Ergebnis der Verhandlungen, haben sich von diesem Gedanken frei gemacht. Immerhin hat sich auch hier wie in der Bekaempfung des Sklavenhandels der Pirateriebegriff wertvoll erwiesen, insofern die Anknuepfung an ihn dem neuen Rechtsgebilde das Odium des Unerhoerten nahm. QUELLENREGISTER. (Gesetze, Verordnungen, Seerechtsbuecher, allgemeine Dienstinstruktionen.) _ Corpus juris civilis_: D. 47, 8 bon. rapt. l. 4: S. 43, A. 2, D. 47, 9 de incendio ruina naufragio rate nave expugnata l. 1, § 1: S. 43, A. 2 l. 3, § 4: S. 43, A. 2, D. 48, 6 ad leg. Jul. de vi publ. l. 3, § 1: S. 43, A. 2 l. 3, § 6: S. 43, A. 2, D. 48, 7 ad leg. Jul. de vi priv. l. 1, § 1: S. 43, A. 2, D. 48, 19 de poenis l. 28, § 10: S. 43, A. 2, D. 49, 15 de captivis l. 19, § 2: S. 42, A. 2 l. 24: S. 42, A. 2, D. 50, 16 de verb. sign. l. 118: S. 42, A. 2, C. 6, 2 de furtis l. 18 (auth. Navigia, Const. Friedrichs II. vom 22. Nov. 1220, § 8): S. 40, A. 3; S. 45; S. 46, A. 4; _ Corpus juris canonici_: c. 6 C. XXIII qu. 3: S. 45, c. 3 X v, 17: S. 40, A. 3; S. 45; _ Consolato del mare_: Kap. 245: S. 44, A. 2; S. 46, A. 2, Kap. 32 des Anhangs enthaltend Regeln betreffend die Kaperei: S. 40, A. 3; _ Roles d'Oleron_: Art. 45: S. 40, A. 3; S. 46, A. 4. * Brasilien.* Strafgesetzbuch vom 11. Oktober 1890: Art. 5: S. 15, A. 4 104-106: S. 33, A. 6 104, § 1: S. 75, A. 3; S. 98, A. 4 104, § 2: S. 101, A. 2 104, § 3: S. 69, A. 4 104, § 4: S. 70, A. 3 104, § 6: S. 103, A. 3 105, § 1: S. 98, A. 3, 5 105, § 2: S. 72, A. 2 105, § 3: S. 101, A. 4 106, § 1: S. 60, A. 3 106, § 2: S. 35, A. 1. * Chile.* Strafgesetzbuch vom 12. November 1874: Art. 434: S. 32, A. 1. * Daenemark.* Strafgesetzbuch vom 10. Februar 1866: § 4-6: S. 15, A. 4 244: S. 32, A. 1. * Deutschland.* Constitutio criminalis Carolina von 1532: Art. 218: S. 46, A. 3; Preuss. Allgem. Landrecht von 1794: I, 9, § 206: S. 98, A. 4; Strafgesetzbuch vom 31. Mai 1870: § 4: S. 15, A. 4 4 Abs. 2, Nr 3: S. 2, A. 1 249: S. 76, A. 1 250, Nr. 3: S. 32, A. 1 251: S. 76, A. 2; Allgemeine Dienstinstruktion vom 6. Juni 1871, zur Ausfuehrung des Konsulargesetzes vom 8. Nov. 1867: zu § 30 des Kons.-Ges.: S. 89, A. 2; Strandungsordnung vom 17. Mai 1874: § 20 f.: S. 73, A. 2; Strafprozessordnung vom 1. Februar 1877: § 127: S. 52, A. 1, 3; S. 78; Instruktion fuer die Kommandanten deutscher Kriegsschiffe in betreff der Unterdrueckung der Seeraeuberei in den chinesischen Gewaessern vom 20. August 1877: Nr. II: S. 5, A. 1; S. 11, A. 4; S. 58, A. 1 IV: S. 9, A. 2; S. 12, A. 1 V: S. 17, A. 2; Gesetz ueber die Konsulargerichtsbarkeit vom 7. April 1900: § 77: S. 2, A. 1; Kaiserl. Verordnung betr. Zeigen der Nationalflagge durch Kauffahrteischiffe vom 21. Aug. 1900: § 3, b: S. 102, A. 3; Bestimmungen fuer den Dienst an Bord (Instruktion) vom 21. November 1903: § 21, Nr. 16: S. 94, A. 1; S. 96, A. 2 23: S. 29, A. 3 23, Nr. 11 A, a: S. 5, A. 1 23, Nr. 11 A, f: S. 102, A. 3 23, Nr. 21: S. 58, A. 1; S. 66, A. 2; S. 74, A. 1 23, Nr. 22: S. 9, A. 2; S. 11, A. 4 23, Nr. 23: S. 12, A. 1 23, Nr. 28: S. 17, A. 2 23, Nr. 29: S. 26, A. 7. * England.* Gesetz Koenig Johanns von 1201: S. 12, A. 1; Inquisition taken at Quinborough, 1375, erster Zusatzartikel: S. 44, A. 2; Articuli magistri Rowghton de officio Admiralitatis: S. 44, A. 2: 28 Hen. 8 c. 15 (1536): S. 21, A. 1; S. 48, A. 3; S. 49, A. 1; Act to prevent the delivering up of merchants shipps von 1664: S. 46, A. 1; 11 u. 12 Will. 3 c. 7 (1698) s. 8: S. 22, A. 1; S. 32, A. 2; S. 103, A. 3 9: S. 32, A. 2; S. 65, A. 3; S. 69, A. 2 8 Geo. 1 c. 24 (1721) s. 1: S. 32, A. 2; S. 35, A. 1; S. 74, A. 2 18 Geo. 2 c. 30 (1744): S. 22, A. 1; S. 32, A. 2; S. 65, A. 3; S. 103, A. 3; Naval Regulations von 1787 und 1826 (Instruktionen): S. 99, A. 5; 5 Geo. 4 c. 113 (1824) s. 9 (aufgenommen in die Slave Trade Act, 1873): S. 22, A. 1; S. 32, A. 2; S. 35, A. 5; S. 65, A. 3 4 u. 5 Will. 4 (1834) c. 36 s. 22: S. 48, A. 3 7 Will. 4 u. 1 Vict. c. 88 s. 1: S. 49, A. 1 2: S. 20, A. 2; S. 49, A. 1; S. 76, A. 2 3: S. 49, A. 1 7 u. 8 Vict. c. 2 s. 1: S. 48, A. 3 12 u. 13 Vict. c. 96 s. 1: S. 48, A. 3 13 u. 14 Vict. c. 26: S. 47, A. 2 20 u. 21 Vict. c. 3 s. 2: S. 49, A. 1 Larceny Act, 1861 s. 40 f.: S. 76, A. 1 33 u. 34 Vict. c. 23: S. 49, A. 1 Extradition Act, 1870 First Schedule: S. 74, A. 2 Foreign Enlistment Act, 1870 s. 4: S. 103, A. 3 s. 16 u. 17: S. 18, A. 2; Order in council vom 15. Oktober 1885 betr. die Ausuebung der britischen Jurisdiktion in gewissen Teilen Afrikas: s. 47: S. 21, A. 3; Order in council vom 28. November 1889 betr. die Konsulargerichtsbarkeit in Siam: s. 34: S. 21, A. 3; Order in council vom 22. November 1890 betr. die Konsulargerichtsbarkeit in Brunei: s. 34: S. 21, A. 3; Colonial Courts of Admiralty Act, 1890: S. 48, A. 3; Merchant Shipping Act, 1894: s. 510 f.: S. 73, A. 2 684: S. 18, A. 2; Queen's Regulations and Admiralty Instructions for the Government of Her Majesty's Naval Service von 1899 (Instruktion): s. 447: S. 96, A. 1 450: S. 5, A. 1; S. 9, A. 2; S. 29, A. 3; S. 59, A. 1; S. 94, A. 1; S. 95, A. 2; S. 96, A. 1; S. 98, A. 5. * Finnland.* Strafgesetzbuch vom 19. Dezember 1889: Kap. I: S. 15, A. 4; Kaiserl. Verordnung vom 21. April 1894: S. 15, A. 4. * Frankreich.* Gesetz Ludwigs des Zaenkers von 1315: S. 46, A. 4; Ordonnanz vom 7. Dezember 1373: S. 38, A. 6; S. 44, A. 2; Ordonnance touchant la marine von 1681: Buch III, Tit. IX, Art. 3: S. 103, A. 3, Art. 5: S. 72, A. 2; S. 101, A. 4 Buch IV, Tit. IX, Art. 18: S. 46, A. 4; Arrete du Gouvernement betr. die Kaperei vom 22. Mai 1803: Art. 51 u. 52: S. 47, A. 1; Code d'instruction criminelle von 1808: Art. 5: S. 15, A. 4; Code penal von 1810: Art. 75: S. 49, A. 1; Loi pour la surete de la navigation et du commerce maritime vom 10. April 1825: Art. 1, Nr. 1: S. 60, A. 3 Nr. 2: S. 101, A. 4 2: S. 9, A. 3; S. 15, A. 4; S. 49, A. 1; S. 66, A. 1 2, Nr. 1: S. 75, A. 3; S. 98, A. 4 2, Nr. 2: S. 98, A. 3 2, Nr. 3: S. 72, A. 2 3, Nr. 1: S. 103, A. 3 3, Nr. 2: S. 49, A. 1 4, Nr. 1: S. 69, A. 4 4, Nr. 2: S. 49, A. 1; S. 70, A. 3 6: S. 76, A. 2 10: S. 47, A. 1; S. 52, A. 3 16: S. 47, A. 1 17: S. 47, A. 4 19: S. 48, A. 1 21: S. 33, A. 1; Konstitution vom 4. November 1848: Art. 5: S. 49, A. 1; Code de justice militaire pour l'armee de mer vom 4. Juni 1858: Art. 90: S. 47, A. 4; Decret sur le service a bord vom 20. Mai 1885 (Instruktion): Art. 138: S. 96, A. 1; Decret betr. die Rechtsverhaeltnisse der franzoesischen Buerger auf den herrenlosen Inseln des Stillen Ozeans vom 28. Februar 1901: S. 2, A. 1. * Griechenland.* Strafgesetzbuch vom 10. Jan. 1834: Art. 364: S. 33, A. 8; Gesetz {~GREEK SMALL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER RHO~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA WITH VARIA~} {~GREEK CAPITAL LETTER NU~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER UPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER TAU~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA WITH OXIA~}{~GREEK SMALL LETTER TAU~}{~GREEK SMALL LETTER ETA~}{~GREEK SMALL LETTER FINAL SIGMA~} {~GREEK SMALL LETTER KAPPA~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA WITH VARIA~} {~GREEK CAPITAL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA~}{~GREEK SMALL LETTER RHO~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER TAU~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA WITH OXIA~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER FINAL SIGMA~} vom 30. Maerz 1855: S. 33, A. 8. * Italien.* Statut von Cataro, 14. Jahrhundert: Kap. 400: S. 38, A. 6; S. 44, A. 2; Florenzer Capitoli pel viaggio di Barberia, 16. Jahrhundert: Art. 7: S. 40, A. 3; Genuesische Statuten von 1313 u. 1316: S. 38, A. 6; S. 40, A. 3; S. 45, A. 3; Pisanisches Breve curiae maris von 1298: Kap. 24: S. 38, A. 6; S. 40, A. 3; S. 45, A. 3; Statut von Rimini von 1303: L. III, 56: S. 45, A. 3; Statut von Sassari von 1316: Teil III, Kap. 49: S. 44, A. 2; Sizilisches Gesetz von 1399: Art. 1: S. 38, A. 6 3: S. 38. A. 6; S. 40, A. 3; S. 45, A. 3 7: S. 40, A. 3; Codice per la marina mercantile vom 24. Oktober 1877: Art. 134 f.: S. 73, A. 2 228 f.: S. 47, A. 2 320: S. 9, A. 3; S. 64, A. 1; S. 66, A. 1; S. 75, A. 3; S. 76, A. 2 321: S. 98, A. 5 322: S. 98, A. 3, 4 323: S. 67, A. 2 324: S. 61, A. 3 325: S. 101, A. 4 326: S. 72, A. 2 327: S. 69, A. 4 328: S. 70, A. 3 332: S. 35, A. 3 334, Abs. 3: S. 47, A. 2; Strafgesetzbuch vom 30. Juni 1889: Art. 4-6: S. 15, A. 4. * Mexiko.* Strafgesetzbuch vom 7. Dezember 1871: Art. 1127: S. 9, A. 3; S. 66, A. 1; S. 75, A. 3 1130: S. 35, A. 4. * Niederlande.* Placaat von 1597: S. 98, A. 4; Placaaten von 1611, 1653: S. 103, A. 3; Placaat vom 29. Januar 1658: S. 101, A. 4; Placaat v. 29. Juli 1661: S. 104, A. 1; Placaat vom 11. Maerz 1665: S. 104, A. 1; Placaat vom 24. Februar 1696: S. 100, A. 3; Gerichtsverfassungsgesetz v. 18. April 1827: Art. 93: S. 48, A. 2; Handelsgesetzbuch vom 10. April 1838: Buch II, Tit. 7: S. 73, A. 2; Strafgesetzbuch vom 3. Maerz 1881: Art. 4, Nr. 4: S. 15, A. 4 381: S. 60, A. 2; S. 64, A. 1; S. 75, A. 4 381, Abs. 2: S. 101, A. 2 382: S. 76, A. 2 383: S. 64, A. 2 386: S. 70, A. 1 388: S. 103, A. 3. * Norwegen.* Gesetz von 940: S. 38, A. 4; Strandungsgesetz v. 20. Juli 1893: § 1: S. 73, A. 2; Strafgesetzbuch vom 22. Mai 1902: § 12, Nr. 4 a: S. 15, A. 4 269, Nr. 2: S. 32, A. 1; S. 64, A. 2. * Oesterreich.* Strafgesetzbuch vom 27. Mai 1852: § 39: S. 17, A. 1 39, 40: S. 15, A. 4 190 f.: S. 49; S. 76, A. 1; Militaerstrafgesetzbuch vom 15. Januar 1855: § 490: S. 48, A. 4; S. 66, A. 1; S. 74, A. 1; Gesetz betr. den Wirkungskreis der Militaergerichte vom 20. Mai 1869: § 1, Nr. 5: S. 15, A. 4; S. 17, A. 1; S. 47, A. 4. * Portugal.* Gesetzbuch vom Ende des 15. Jahrhunderts: Buch II, Tit. XXII: S. 40, A. 3; S. 46, A. 4; Strafgesetzbuch vom 16. September 1886: Art. 162: S. 33, A. 5; S. 60, A. 2; S. 75, A. 4; S. 76, A. 2. * Schweden.* Gesetz Karls XI. von 1667: Teil V, Kap. I: S. 46, A. 4; Strafgesetzbuch vom 16. Februar 1864: Kap. I: S. 15, A. 4 XXI, § 7: S. 32, A. 1. * Spanien.* Siete Partidas von 1266: Partida V tit. IX ley 13: S. 40, A. 3; Aragonische Ordonnanzen von 1288, 1330, 1356: S. 38, A. 6; S. 40, A. 3; S. 45, A. 3; Kapereiordonnanz v. 20. Juni 1801: Art. 27: S. 61, A. 3; S. 101, A. 4 28: S. 47, A. 1 29: S. 103, A. 3; Strafgesetzbuch vom 30. Aug. 1870: Buch II, Tit. I, Kap. IV: S. 15, A. 4 Art. 155: S. 98, A. 4 156: S. 76, A. 2; Gerichtsverfassungsgesetz v. 15. September 1870: Art. 336: S. 15, A. 4; Marinegerichtsverfassungsgesetz vom 10. November 1894: Art. 7, Nr. 14: S. 47, A. 4. * Vereinigte Staaten von Amerika.* Revised Statutes von 1874: s. 4293-4299: S. 29, A. 3 4294 (3. Maerz 1819): S. 5, A. 1; S. 9, A. 2 4296 (3. Maerz 1819): S. 47, A. 2 4297 (5. August 1861): S. 47, A. 2, 3; S. 59, A. 1 4298 (5. August 1861): S. 5, A. 1; S. 9, A. 2; S. 52, A. 2 5281 f. (20. April 1818): S. 103, A. 3 5360 (30. April 1790, 3. Maerz 1835): S. 69, A. 3 5368 (3. Maerz 1819): S. 15, A. 4; S. 23, A. 3; S. 32, A. 2 5369 (30. April 1790): S. 32, A. 2 5370 (15. Mai 1820): S. 23, A. 3; S. 32, A. 2; S. 68, A. 2 5371 (15. Mai 1820): S. 32, A. 2; S. 67, A. 2 5372 (30. April 1790): S. 23, A. 3; S. 32, A. 2; S. 68, A. 2 5373 (30. April 1790): S. 32, A. 2; S. 103, A. 3 5374 (3. Maerz 1847): S. 32, A. 2; S. 105, A. 3 5375 (15. Mai 1820): S. 32, A. 2; S. 35, A. 5 5376 (15. Mai 1820): S. 22, A. 1; S. 32, A. 2; S. 35, A. 5; Akte vom 15. Januar 1897: S. 49, A. 1; Regulation for the Government of the navy of the United States von 1900 (Instruktion): Art. 306: S. 94, A. 1; S. 96, A. 1; Naval War Code von 1900 (Instruktion): Art. 7 u. 8: S. 72, A. 2. Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co. in Altenburg. ANMERKUNGEN 1 Ueber die Frage der Duldung oder Ausuebung der Piraterie _durch Staaten_, s. u. §§ 6 und 12. Ueber das Verhaeltnis der Piraterie zu den "Delikten wider das Voelkerrecht", s. § 8 III. 2 Die _tatsaechliche Ausdehnung_ der Jurisdiktion ueber herrenlose Gebiete kann hier nicht in extenso dargestellt werden. Sie ist nicht ausser Zusammenhang mit dem Gegenstande unserer Untersuchung (piratische Akte an staatlosen Kuesten, s. u. § 9). Der Rechtszustand ist noch sehr unvollkommen. Vgl. _v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 69, N. 17; neuere englische Gesetzgebung bei _Hintrager_, Z. f. int. Pr. u. Strafr. IX, S. 75 f.; neuerdings _franzoesisches_ Dekret vom 28. Februar 1901, reglementant au point de vue administratif et judiciaire la situation des citoyens francais etablis dans les iles et terres de l'ocean pacifique ne faisant pas partie du domaine colonial de la France et n'appartenant a aucune autre puissance civilisee, auf Grundlage des Gesetzes vom 30. Juli 1900, s. Annuaire de legislation francaise 20, S. 134 f. (das Dekret dehnt die Strafgerichtsbarkeit ueber die Untertanen auf delits und contraventions aus); fuer _Deutschland_ ist durch § 77 des Kons.-Ger.-Ges. vom 7. April 1900 eine Aenderung eingetreten; waehrend frueher die Geltung des § 4, Abs. 2, Nr. 3 St.G.B. fuer staatloses Gebiet sehr bestritten war (dafuer u. a. _Binding_, Handb. d. Strafr. I, S. 436; _v. Liszt_, Lehrb. d. Strafr., 10. Aufl. 1900, S. 89; in der 5. Aufl. seines Lehrbuchs d. Strafr., 1895, S. 122 auch _Hugo Meyer_; dagegen _Olshausen_ Kommentar z. Strafgesetzb. § 4, N. 16; _v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 69, N. 17), bildet nunmehr § 77 einen sicheren Beweis _fuer_ die Anwendbarkeit (so richtig _v. Liszt_, Lehrb. d. Strafr., 14. und 15. Aufl. 1905, S. 108, N. 9 und _Binding_ Grundr. d. Strafr., Allgem. Teil, 6. Aufl. 1902, S. 79); unrichtig _Finger_, Deutsch. Strafr. I 1904, S. 170, nach dem eine berichtigende Auslegung des § 4 St.G.B. durch § 77 K.G.G. _verhindert_ sein soll, da dieser dem richtigen Grundsatze eine _ausnahmsweise_ Geltung fuer Konsulargerichte beilege und dadurch seine _allgemeine_ Anwendung ausschliesse; danach staende dem in staatlosem Gebiet zum Verbrecher gewordenen Deutschen die Rueckkehr in die Heimat frei, waehrend er in China oder Persien dem deutschen Richter verfiele; und fuer Verbrechen, die zur Zustaendigkeit der Schwurgerichte oder des Reichsgerichts gehoeren, ginge er ueberhaupt frei aus; § 77 _kann nur_ eine die Regel bestaetigende, nicht eine exzeptionelle Bestimmung darstellen. 3 Siehe aber deutsch-englisches Abkommen vom 1. Juli 1890, Art. VII (N.R.G. 2. ser. 16, S. 894): "Jede der beiden Maechte uebernimmt die Verpflichtung, sich _jeglicher Einmischung_ in diejenige Interessensphaere zu enthalten, welche der anderen durch Art. I-IV des gegenwaertigen Abkommens zuerkannt ist;" so auch Art. V des deutsch-englischen Abkommens vom 15. November 1893 (N.R.G. 2. ser. 20, S. 276). Und andererseits den deutsch-niederlaendischen Vertrag vom 21. September 1897 (R.G.Bl. 1897, S. 747), dessen Art. 2 eine _Auslieferungspflicht_ fuer die Interessensphaeren begruendet. Es handelt sich hier um einzelne vertragsmaessige Festsetzungen, die nach den beiden Richtungen des Ausschlusses fremder Staatsgewalt von der Ausuebung von Hoheitsrechten wie der Begruendung einer voelkerrechtlichen Verantwortlichkeit des privilegierten Staates die Interessensphaere dem Staatsgebiet annaehern. 4 Damit erschoepft sich der Inhalt der Meeresfreiheit nicht. Die Zulassung aller Nationen zur Nutzung des Meeres (vornehmlich zu Schiffahrt und Fischerei) ist ein Satz von _selbstaendiger_ Bedeutung, der die Staaten, ueber den Ausschluss _tatsaechlicher_ Machtentfaltung hinaus, auch in der Ausgestaltung ihrer Gesetzgebung in gewissen Punkten beschraenkt. Von ihm hat das ganze Prinzip seinen Ausgang genommen; fuer _Hugo Grotius_ (mare liberum) handelte es sich im wesentlichen nur um die Freiheit des Verkehrs fuer alle Nationen. 5 Sie betreffen die Fischerei in der Nordsee; den Branntweinhandel unter den Nordseefischern; den Robbenschutz; den Schutz der unterseeischen Telegraphenkabel; und namentlich die Unterdrueckung des Sklavenhandels. Es stehen hier nur solche Vereinbarungen in Frage, die eine Befugnis zu tatsaechlicher Machtentfaltung gegen fremde Schiffe statuieren. 6 Das Recht der Nacheile, droit de poursuite (s. _Perels_ int. oeff. Seer., S. 59) ueber die Kuestengewaesser hinaus ist keine Einrichtung der _internationalen_ Seepolizei. 7 Die Etymologie des Wortes ist unsicher. Man findet es zurueckgefuehrt auf 1. {~GREEK SMALL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER RHO~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA WITH PERISPOMENI~}{~GREEK SMALL LETTER NU~} durchreisen, durchfahren (Stephanus, Thesaurus Linguae Graecae "{~GREEK CAPITAL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA~}{~GREEK SMALL LETTER RHO~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER TAU~}{~GREEK SMALL LETTER ETA WITH OXIA~}{~GREEK SMALL LETTER FINAL SIGMA~}"); 2. {~GREEK SMALL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA~}{~GREEK SMALL LETTER RHO~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA WITH PERISPOMENI~}{~GREEK SMALL LETTER NU~} versuchen; entweder in dem Sinne von {~GREEK SMALL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA~}{~GREEK SMALL LETTER RHO~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA WITH PERISPOMENI~}{~GREEK SMALL LETTER NU~} {~GREEK SMALL LETTER TAU~}{~GREEK SMALL LETTER ETA WITH VARIA~}{~GREEK SMALL LETTER NU~} {~GREEK SMALL LETTER THETA~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA WITH OXIA~}{~GREEK SMALL LETTER LAMDA~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER SIGMA~}{~GREEK SMALL LETTER SIGMA~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER NU~}, sein Glueck auf dem Meere versuchen (so z. B. _Perels_ int. oeff. Seer., S. 108); oder gleich: begegnende Schiffe angreifen, "versuchen" (in diesem letzteren Sinne die Woerterbuecher von _Pape_ und _Passow_); 3. {~GREEK SMALL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA WITH OXIA~}{~GREEK SMALL LETTER RHO~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~} Versuch, dann auch List, Betrug (so _Dan_, Histoire de Barbarie, 2. Aufl. 1649, S. 9; Stephanus a. a. O.). 8 Die Beibringung von Belegen eruebrigt sich. Statt aller anderen: Erklaerung der Generalstaaten von 1667 (Bynkershoek Qu. i. p. L. I C. XVII), die, wenn sie auch nur von der _Bestrafung_ spricht, doch die Zulaessigkeit der _Festnahme_ voraussetzt: "eum [der Pirat] puniri posse a quocunque Principi, in cuius potestatem fuisset redactus, eiusque rei _quam plurima etiam exstare exempla_;" derselben Ansicht gaben Frankreich und England Ausdruck (Bynkershoek a. a. O.). Und namentlich die geltenden Instruktionen fuer die Kriegsmarinen: deutsche "Bestimmungen fuer den Dienst an Bord" vom 21. November 1903, § 23, Nr. 11 A a; deutsche Instruktion "in Betreff der Unterdrueckung der Seeraeuberei in den chinesischen Gewaessern" vom 20. August 1877, Nr. II; Queens Regulations von 1899, Nr. 450; amerikanische Rev. Stat. (1874), s. 4294 und 4298. Darueber, ob auch Handelsschiffe zur Aufbringung von Piraten ermaechtigt werden koennen, s. u. § 6 IV, 4. 9 Die deutschen Ausfuehrungsgesetze zu dem Nordsee-Fischereivertrag (Reichsgesetz vom 30. April 1884, R.G.Bl. 1884 S. 48) und zu der Kabelkonvention (Reichsgesetz vom 21. November 1887, abgedruckt in _Martens_ N.R.G. 2. ser. 15, S. 71) enthalten keine die §§ 3-8 St.G.B. abaendernden Bestimmungen (anders das aus Anlass der Bruesseler Generalakte ergangene Gesetz betreffend die Bestrafung des Sklavenraubes und des Sklavenhandels vom 28. Juli 1895, § 5; bei _Martens_ N.R.G. 2. ser. 24, S. 624). 10 Vgl. namentlich _v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 136. 11 Als uebereinstimmend ist nur eine recht krause Ausfuehrung _Geffckens_ anzufuehren, bei _Heffter_, § 104, N. 2: "Ein Seeraeuber, der auf hoher See gegen fremde Personen oder fremdes Eigentum Gewalt uebt, ohne dazu von einer bestimmten Staatsgewalt ermaechtigt zu sein, hat keine Nationalitaet, da keine Regierung ein solches Verbrechen erlauben wird, kann also nur betruegerischer Weise Schiffspapiere erhalten haben und eine Flagge nur durch Usurpation fuehren." _ 12 Perels_, int. oeff. Seer., S. 109, 112; _Hartmann_, Institutionen d. prakt. Voelkerr., 2. Aufl. 1878, S. 204; _Heilborn_, System d. Voelkerr. 1896, S. 220; _Samios_, S. 47; _Pradier-Fodere_, § 2491 a. E.; _Bonfils_, § 594; _Piedelievre_ I, S. 578, 581; _Despagnet_, S. 523; _Calvo_, § 495; u. a. m. (s. auch u. Anm. 4). Die Englaender heben in ihren Darstellungen regelmaessig nur die ihnen besonders wichtige Denationalisierung der _Personen_ hervor, ohne deshalb die Denationalisation des Schiffes zu uebersehen, vgl. z. B. _Wheaton_ I, S. 142, 143; _Wharton_ Crim. L., § 1864; _Halleck_ II, S. 276; _Walker_ Science, S. 131. 13 Bestimmungen f. d. Dienst an Bord von 1903, § 23, Nr. 22: "Jeder Kommandant hat das Recht, ein seeraeuberisches Schiff, _unabhaengig von der Flagge, die es fuehrt_, aufzubringen." Ebensowenig setzen die _Queens_ Reg. von 1899, Nr. 450 und die amerik. Rev. Stat. von 1874, s. 4294 und 4298, Flaggenlosigkeit voraus. Sehr deutlich auch die deutsche Instruktion von 1877, Nr. IV. _ 14 Ausdrueckliche_ Hinweisungen auf Piraterie _nationaler_ Schiffe finden sich im franz. Gesetz von 1825, Art. 2; ital. Codice p. l. mar. merc., Art. 320 ("Se una nave _con_ bandiera nazionale, o _senza_ carte di bordo etc."); wie Italien mexik. St.G.B., Art. 1127 I. Selbstverstaendlich kann es sich nur um Bestimmungen handeln, die die Piraterie im Sinne des Voelkerrechts treffen wollen. Auch der Quintuplevertrag ist anzuziehen; er proklamiert den Sklavenhandel fuer Seeraub, obwohl er sich vornehmlich auf _nationale_ Schiffe bezieht. _ 15 Den Beer Poortugael_, S. 180, 181: "Het schip moet varen zonder of met eene geuesurpeerde vlag;" aber: "Omgekeerd hebben een zeeroover en zijn schip geen nationaliteit. _Die zij hadden_, gingen door de daad van zeeroof verloren." _Ortolan_, S. 234, 235: "S'ils en [nationalite] avaient une originairement, ils l'ont perdue par leur crime et se trouvent ainsi denationalises." So auch _Nys_, Le droit international II 1905, S. 146. _Bluntschli_, § 350, hat eine mit dem oben im Texte zitierten Satze _v. Liszts_ betreffend Gewalttaten eines deutschen Schiffes auf hoher See fast woertlich uebereinstimmende Ausfuehrung. Er begruendet sie aber -- sehr zutreffend -- mit dem Mangel der _faktischen_ Denationalisierung (§ 350 Note). 16 Es gibt auch abgesehen von der Piraterie zahlreiche Faelle, im Frieden und im Kriege, in denen ein Staat gegenueber fremden Schiffen Hoheitsrechte ausueben darf. Waehrend aber hier immer der Umfang des Zulaessigen aufs genaueste abgegrenzt ist, in allem uebrigen die Unterwerfung des Schiffes lediglich unter die heimatliche Staatsgewalt bestehen bleibt, befinden sich dem denationalisierten Piratenschiffe gegenueber die Maechte in voelliger Freiheit, auch solche Hoheitsakte vorzunehmen, die mit der Repression der Piraterie keinen Zusammenhang haben. Das liegt schon in dem Ausdruck "Denationalisierung", vgl. _Pradier-Fodere_, § 2504: "On ne concoit pas qu'il soit possible d'etre denationalise partiellement." 17 Siehe auch unten § 12. Die juristische Konstruktion des Vorganges ist einfach: eine Pertinenz verliert ihren Pertinenzcharakter. Sie ist freilich sehr viel schwieriger, wenn man das Schiff als schwimmenden Gebietsteil des Heimatstaates fingiert. Das spricht aber nicht gegen die Richtigkeit des im Texte Ausgefuehrten, sondern ist ein -- wenig beachteter -- Grund gegen die Brauchbarkeit der Fiktion. Die ganze Kontroverse, ob Gebiet oder nicht, ist natuerlich nur eine Frage der Konstruktion (_Hall_, S. 248: "A difference of opinion exists as to the _theoretical ground_ upon which the jurisdiction of the state [ueber das nationale Schiff] ought to be placed"). 18 Sie ist schon bei _Grotius_ anerkannt, de iure belli ac pacis II, XVII, 20 ("ex neglectu tenentur reges ac magistratus, qui ad inhibenda latrocinia et piraticam non adhibent ea quae possunt ac debent remedia"); ferner bei _Pufendorf_ L. VIII, C. VI, § 12; _Loccenius_, S. 970, praezisiert die Massregeln, die _unter den damaligen Verhaeltnissen_ ergriffen werden muessen ("Ex neglectu ergo tenentur magistratus, si ... suas naves praesidiarias, et excursorias ad explorandum maris securitatem, ad purgandum illud a piratis, in mari non habeant"). Ferner bei _v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 66; _Bluntschli_, § 343, N. 1; _Pradier-Fodere_, § 2491 a. E.; _Piedelievre_ I, S. 580; _Fiore_ II, § 733 f.; _Woolsey_ Right of search, S. 16; _Perels_ int. oeff. Seer., S. 114; u. a. m. 19 Wie z. B. _Perels_ int. oeff. Seer., S. 114, _Pradier-Fodere_, § 2495, _Woolsey_ Right of search, S. 19, meinen. 20 So z. B. _Wheaton_ I, S. 142. Naeheres s. u. § 6 IV, 4. 21 Bestimmungen fuer den Dienst an Bord von 1903, § 23, Nr. 22; Instruktion von 1877, Nr. II. _ 22 Bluntschli_, § 344; _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 578, Nr. 3; _Perels_ int. oeff. Seer., S. 114; F. _v. Martens_ II, S. 239; _Lawrence_ Principles, S. 395; _Woolsey_ Right of search, S. 17; _Fiore_ Dir. int. codificato, § 832. 23 Es handelt sich um die Feststellung des wahren Charakters eines piraterieverdaechtigen Schiffes. Sie wird allgemein als zulaessig anerkannt; doch veranlasst das Gespenst des "droit de visite" zu mancherlei Verklausulierungen, wobei die Unsicherheit des Sprachgebrauches (droit d'enquete de pavillon, de visite, de recherche) wohl auch zu Unklarheiten Anlass gibt. Vgl. z. B. _Ortolan_ I, S. 264; _Duboc_, Le droit de visite et la guerre de course Paris 1902, S. 5; _Morse_, Journ. d. dr. int. pr. 25 (1898), S. 825 f. Ohne alle Einschraenkung _Pradier-Fodere_, § 2500; _Bonfils_, § 592. 24 § 23, Nr. 23; frueher schon die Instruktion von 1877, Nr. IV. Erwaehnenswert ist die Vermutung _Pardessus'_ (II, S. LXXVII und LXXVIII), wonach das Gesetz Koenig Johanns aus dem Jahre 1201, das _Selden_ zum Beweise des alten dominium maris Englands diente, als Massregel zur Bekaempfung der Piraterie zu verstehen sei. 25 Den Seeoffizier, der nach der gewoehnlichen Meinung "between duty and damages is between the devil and the deep sea" (_Woolsey_, Right of search, S. 17), will _Lawrence_, Principles, S. 395 nur fuer "an inexcusable mistake" verantwortlich machen; vgl. auch _Pradier-Fodere_, § 2500. _ 26 Perels_ Handb. d. deutschen oeffentlichen Seerechts, 1884, S. 63; _Negropontes_ Zustaendigkeit der Staaten fuer die auf dem Meere begangenen Delikte 1894, S. 16; _Ortolan_ I, S. 179; _Stoerk_ bei _Holtzendorff_ II, S. 521 ("Ihr Antreffen auf hoher See begruendet zum mindesten juristisch die Vermutung des rechtswidrigen Verhaltens"); und besonders die Erklaerung _Lord Palmerstons_ 1849, die deutschen Kriegsschiffe wuerden, wenn keine bestehende Staatsgewalt sie als unter ihrer Staatshoheit handelnd anerkenne, wie Seeraeuber behandelt werden (_Baer_, die deutsche Flotte 1848-1852 nach den Akten der Staatsarchive zu Berlin und Hannover, 1898, S. 229). 27 Ausser den in Anm. 3, S. 12 gegebenen Belegen sind etwa noch zu nennen _Perels_ int. oeff. Seer., S. 45; _Boyens-Lewis_ deutsches Seerecht I (1897), S. 114; _Wagner_, Handb. d. Seerechts (1884), S. 153; _Rougier_, S. 296; und die Bestimmungen der Bruesseler Generalakte vom 2. Juli 1890 (Art. 30-41; 51: "s'il resulte de cette enquete qu'il y a eu usurpation de pavillon, le navire arrete restera a la disposition du capteur"). 28 Seit dem endgueltigen Verzicht Englands auf das droit d'enquete de pavillon 1858 (s. _v. Martitz_ Arch. f. oeff. R. I, S. 92, N. 46) ist dies nicht mehr zweifelhaft. Art. 42 und 45 der Bruesseler Generalakte lassen unter naeher bezeichneten Voraussetzungen bei Verdacht missbraeuchlicher Fuehrung einer Flagge die Durchsuchung zu, eine vertragsmaessige Sonderbestimmung. 29 So _Phillimore_, _Hall_, _Lawrence_ (Principles und Handbook), _Walker_ u. a. m. Dieselbe Auffassung auch bei _Kent_ und _Twiss_, obwohl die aeussere Stellung bei ihnen eine andere ist; und bei _Halleck_ I, S. 49, 175. 30 S. o. S. 9, Anm. 1 a. E.; und unten § 2. 31 z. B. von _de Cussy_ (_Perels_, S. 116); _Ullmann_, S. 214; _v. Liszt_, S. 212. Es darf aber nicht uebersehen werden, dass in dem englischen Satze von der voelkerrechtlichen Zulaessigkeit der Strafverfolgung zugleich die Statuierung der Zustaendigkeit nach Landesrecht liegt, eine Auffassung, von der _v. Liszt_ und _Ullmann_ weit entfernt sind. _Zorn_, dessen hier nochmals zu gedenken ist (vgl. oben im Text II, 1), hat in der Literatur nur die Zustaendigkeit jedes Staates zur Strafverfolgung als Rechtsfolge der Piraterie angegeben gefunden, versteht die Behauptung dahin, dass das Voelkerrecht diese Zustaendigkeit nicht fuer zulaessig, sondern fuer tatsaechlich bestehend erklaere, weist ihre Unrichtigkeit in diesem Sinne nach und kommt so, auf dem Wege eines zweifachen Missverstaendnisses, zur Leugnung der Piraterie als voelkerrechtlich bedeutsamen Tatbestandes ueberhaupt. 32 Das voelkerrechtliche internationale Strafrecht behandelt die voelkerrechtlichen Grenzen der staatlichen Strafgerichtsbarkeit. Die Bezeichnung "voelkerrechtliches internationales Strafrecht" ist streng genommen eine Tautologie, erscheint aber mit Ruecksicht auf die Unsicherheit der Terminologie geboten. 33 Dies ergibt sich sehr deutlich aus den zahlreichen landesrechtlichen Anordnungen, die die Zustaendigkeit ausdruecklich statuieren, siehe Anm. 4. Vgl. zu dem ganzen Absatz namentlich _v. Martitz_ Rechtshilfe, §§ 5-11. 34 Uebereinstimmend _Perels_ int. oeff. Seer., 3. 115; _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 579; _v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 66; _v. Bar_ Lehrb. d. int. Priv. u. Strafr. 1892, S. 306, N. 4; _Lammasch_ Auslieferungspflicht und Asylrecht 1887, S. 155; u. a. m. 35 Uebersicht der Rechtslage (auf Vollstaendigkeit muss verzichtet werden): 1. Zustaendigkeit ohne Ruecksicht auf die Person des Taeters und den Ort der Begehung der Tat auf Grund speziellen Rechtssatzes besteht in folgenden Staaten: _England_ (Common Law; s. § 2); _Ver. Staaten_, Rev. Stat. von 1874 s. 5368 (s. § 2); _Niederlande_, Art. 4, Nr. 4 des St.G.B. vom 3. Maerz 1881 bezueglich der in Art. 381, 382 und 385 bezeichneten Verbrechen; _Spanien_, Gerichtsverfassungsgesetz vom 15. Sept. 1870, Art. 336 (sich beziehend auf die delitos contra la seguridad exterior del Estado, Buch II, Titel I des St.G.B. vom 30. Aug. 1870; die Piraterie bildet Kap. IV dieses Titels); _Brasilien_, Art. 5 des St.G.B. vom 11. Okt. 1890 (auf Buch II, Titel I, Kap. I des St.G.B. bezueglich, hier in Art. 104-106 die Piraterie); _Oesterreich_ bezueglich der _von der Kriegsmarine eingebrachten Seeraeuber_, § I, Nr. 5 des Gesetzes vom 20. Mai 1869, "betreffend den Wirkungskreis der Militaergerichte" (die Bestimmung enthaelt in Form der Begruendung der militaergerichtlichen Zustaendigkeit, also einer prozessualen Regel, zugleich eine staatsrechtliche Anordnung ueber die Ausdehnung der oesterr. Gerichtsbarkeit); und ferner _japanischer_ Vorentwurf eines St.G.B. (Uebersetzung 1899, herausgeg. von der Red. d. Z. f. d. ges. Strafrechtswissenschaft; noch nicht in Kraft), Art. 3, Abs. 2. 2. Eine unbeschraenkte Zustaendigkeit besteht nach den allgemeinen Bestimmungen ueber die Grenzen der Strafgerichtsbarkeit, ohne dass der Piraterie besonders gedacht waere, in _Italien_, Art. 4-6 des St.G.B. vom 30. Juni 1889; in _Oesterreich_ (fuer andere als von der Kriegsmarine eingebrachte Seeraeuber), §§ 39 und 40 St.G.B.; und in _Norwegen_, § 12, Nr. 4a des St.G.B. vom 22. Mai 1902. 3. In _Deutschland_ kann eine Strafverfolgung wegen piratischer Akte nur eintreten, wenn sie begangen sind gegen deutsche Schiffe oder von deutschen Schiffen oder von Deutschen, § 4 St.G.B. Wie das deutsche Recht das _daenische_, §§ 4-6 St.G.B. vom 10. Febr. 1866; mit der Erweiterung auf Angriffe fremder Schiffe auf fremde Schiffe, sofern dadurch die Interessen des schwedischen Staates oder seiner Angehoerigen verletzt werden, auch _Schweden_, Kap. I St.G.B. vom 16. Febr. 1864; und, unter Erstreckung des Schutzes auf finnische _und russische_ Interessen, _Finnland_, Kap. I des St.G.B. vom 19. Dezember 1889 und Kaiserl. Verordn. vom 21. April 1894. Fuer diese Gruppe von Rechten ist die strafrechtliche Lehre vom Begehungsort sowie die Frage der Gebietsqualitaet der Schiffe von Bedeutung (Wortlaut der Gesetze: "im Inland", und aehnlich). Vgl. auch oben unter I a (staatlose Gebiete). 4. Das _franzoesische_ Gesetz ueber die Piraterie vom 10. April 1825 zeigt in allen seinen Teilen die Absicht, seinen Geltungsbereich selbst zu bestimmen. Die allgemeinen Regeln ueber die Gerichtsbarkeit (solche Regeln sind immer nur subsidiaer, vgl. _Binding_, Handb. d. Strafr., S. 376) des Code d'instruction criminelle finden keine Anwendung. Sehr wesentlich ist, dass der vornehmlich die wahren piratischen Akte treffende Art. 2 des Gesetzes gegen Angriffe fremder Schiffe ueberhaupt nur franzoesische Schiffe schuetzt, eine Beschraenkung des Kreises der geschuetzten Rechtsgueter, die der Frage des raeumlichen und persoenlichen Geltungsgebietes des Gesetzes den groessten Teil ihrer Bedeutung nimmt. Art. 2, Nr. 1 bedroht die Piraterie durch franzoesische Schiffe; Nr. 2 die Piraterie gegen franzoesische Schiffe. Piraterie fremder Schiffe gegen fremde ist nicht strafbar (im Vergleich zu den allgemeinen Grundsaetzen nach heutigem Rechte eine Verengerung, da nach dem Gesetze vom 27. Juni 1866, Code d'instr. crim., Art. 5, Beteiligte franzoesischer Nationalitaet strafbar waeren). Das franzoesische Recht ist von besonderem Interesse, da es eine offenbar bewusste Beschraenkung des Staates in der Strafverfolgung piratischer Akte enthaelt. _ 36 v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 116, N. 1. So das oesterreichische Recht, das die von der Kriegsmarine eingebrachten Seeraeuber vor die Militaergerichte verweist (§ 1, Nr. 5 des Gesetzes vom 20. Mai 1869), ohne das in § 39 St.G.B. vorgesehene Verfahren einzuschlagen. Die fruehere Haltung Englands und der Ver. Staaten in der Frage war eine Folge des Grundsatzes, die Auslieferung im Falle eigener Zustaendigkeit ueberhaupt zu verweigern, vgl. _v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 181, N. 5, _Lammasch_ Auslieferungspflicht, S. 156. _ 37 Lammasch_ spricht sich fuer die Subsidiaritaet auch in diesem Falle aus, Auslieferungspflicht S. 155; ueber die veraenderte Haltung Englands, s. _v. Martitz_ Rechtshilfe II, S. 550, N. 53; deutsche "Bestimmungen fuer den Dienst an Bord" von 1903, § 23, Nr. 28: "die Strafgewalt ueber die Seeraeuber verbleibt dem Staate, welchem das Seeraeuberschiff angehoert .... Reichsangehoerige und Angehoerige eines deutschen Schutzgebietes, welche gefangen werden, sind nicht auszuliefern." Denselben Grundsatz hat die deutsche Instruktion von 1877 (noch in Geltung) Nr. V, aber mit dem Zusatz: "Haben deutsche und englische Kriegsschiffe gemeinsam, und zwar auf hoher See, Piraten ergriffen, so erfolgt die Aburteilung durch das naechste englische Vize-Admiralitaetsgericht," einer Bestimmung, die die wahre voelkerrechtliche Rechtslage klar erkennen laesst. 38 Vgl. _J. F. Stephen_, History of the criminal law of England I 1883, S. 276 f.; _v. Martitz_ Rechtshilfe I, § 13; _Hintrager_, Z. f. int. Priv.- u. Strafr. IX (1899), S. 61 f. 39 z. B. Foreign Enlistment Act 1870 (33 und 34 Vict. c. 90) s. 16, 17; Merch. Shipp. Act 1894 s. 684. 40 Die kriminalistische Wissenschaft bringt das internationale Strafrecht unter dem Stichwort "venue", "place of trial". Uebrigens bestimmt sich auch z. B. der Umfang der deutschen Zivilgerichtsbarkeit nach den Regeln der Z.P.O. ueber die oertliche Zustaendigkeit, s. _Hellwig_ Lehrb. d. Zivilproz. 1903, S. 99 und zit. 41 Die Anerkennung dieser letzteren Beschraenkung des Territorialitaetsprinzips ist einer der wesentlichsten Fortschritte der englischen Doktrin in neuerer Zeit. Die Kompetenz zur Bestrafung des extraterritorialen Delikts des Untertanen ist jedoch noch sehr lueckenhaft (vgl. _Hintrager_, § 7), _Hallecks_ (I, S. 192) Behauptung einer allgemeinen Geltung der Personalmaxime nicht zutreffend. _ 42 Kenny_, S. 411: "it is forbidden by International Law to try foreigners for any offences which they committed outside its [des Staates] territorial jurisdiction." Von neueren Voelkerrechtsschriftstellern vgl. etwa noch _Oppenheim_, § 174. _Hall_, S. 212, haelt an der Ansicht fest trotz des S. 210 f. von ihm selbst gebrachten, ihre Unrichtigkeit aufs klarste dartuenden Materials aus den Gesetzgebungen kontinentaler Staaten; die Rechtsbestaendigkeit dieser Bestimmungen leugnet er nicht; er fuehrt sie auf eine "voluntary concession" der anderen Staaten zurueck, "allowing a state to assume to itself jurisdiction in excess of that possessed by it in strict law". _Taylor_, Treatise on International Public Law 1902, S. 240, begnuegt sich damit, die abweichenden kontinentalen Bestimmungen kurz anzufuehren unter der Ueberschrift: "Territoriality of crime disputed by many nations." 43 Die herrschende englische Auffassung misst dem voelkerrechtlichen Gewohnheitsrecht auch landesrechtlich verbindende Kraft bei (vgl. naeher _Triepel_, S. 134 f.). Mit den auf dem Kontinent gewoehnlichen Anschauungen ueber das Verhaeltnis von Voelkerrecht und Landesrecht steht sie nicht in Einklang. Fuer die vorliegende Untersuchung ist die (voellig unbestrittene) _Tatsache der materiellen Uebereinstimmung_ des Tatbestandes der piracy in Voelkerrecht und Landesrecht ("piracy juris gentium" und "piracy at common law" sind zwei Namen fuer denselben Begriff) von erheblich groesserer Bedeutung als der _formelle Grund dieser Uebereinstimmung_. 44 Piracy als _offence against the Law of Nations_ (auch of all nations), crime by International Law oder aehnlich bei _Blackstone-Stephen_ IV, S. 181, 183; _Wheaton_ I, S. 141; _Halleck_ I, S. 175; _Lawrence_ Principles, S. 209; und allgemein. Lediglich den Beweggrund der Repression geben an Bezeichnungen wie: "offence against the whole body of civilised states" (so _Lawrence_ Handbook, S. 65; aehnlich _Walker_ Manual, S. 55). -- Der historische Ausgangspunkt der englischen Lehre von der allgemeinen Zustaendigkeit der Staaten zur Bestrafung von Piraten ist der mittelalterliche Rechtssatz, dass der Pirat der jurisdiction of the admiralty unterliegt, die das ganze Weltmeer umfasst. Die Neigung der englischen Voelkerrechtsdoktrin, voelkerrechtliche Rechtssaetze, die nur durch rechtsvergleichende Untersuchungen gefunden werden koennen, aus dem heimischen Landesrecht herauszulesen, bekundet sich in der Literatur zum Piraterierecht auf Schritt und Tritt. 45 U. S. v. pirates, 5 Wheat. 184, 204, 206 (_Wharton_ Int. L., § 380): "By assuming the character of pirates, the crew of a vessel lose all claim to national character or protection;" _Phillimore_ I, S. 488: "To whatever country the Pirate may have originally belonged, he is justiciable everywhere;" _Lorimer_ Institutes of the law of nations II (1884), S. 132; _Walker_ Science, S. 131: "Every state has jurisdiction over pirates jure gentium;" _Roscoe_, S. 237. Diese Auffassung liegt auch 7 Will. 4 und 1 Vict. c. 88 s. 2 ("piracy with violence") zu Grunde, einer ohne allen Zweifel auch gegen Nichtenglaender gerichteten Bestimmung: wer "with intent to commit or at the time of or immediately before or immediately after committing the crime of piracy in respect of any ship or vessel, shall assault, with intent to murder, any person being on board or belonging to such ship or vessel, desgleichen Koerperverletzung und Gefaehrdung des Lebens ... shall suffer death as a felon"; die Fassung zeigt deutlich, dass es sich um _nichtpiratische Akte_, begangen durch einen _Piraten_, handelt. 46 S. S. 19, Anm. 3. Sehr klar _Kenny_, S. 316: "Whatever be the precise limits of piracy jure gentium, it is at least clear that nothing that does not fall within them would be taken account of, as a piracy, by the common law." -- Es mag hier noch darauf hingewiesen werden, dass die piracy ein Verbrechenstatbestand des _Common Law_ erst seit 1536 (28 Hen. 8 c. 15) ist, waehrend sie bis dahin dem Civil Law angehoerte, vgl. _Russell_, S. 260; _Roscoe_, S. 817. _ 47 Walker_ Science, S. 131 im Text: "Every state has jurisdiction over pirates", und am Rande, als Inhaltsangabe des Textes: "The right of search ... can be justified ... as a measure for the suppression of piracy." 48 Dass britische Untertanen fuer statutenrechtliche piracy der heimischen Strafgerichtsbarkeit auch bei Begehung in fremdem Staatsgewaltgebiet unterliegen, ist ausdruecklich ausgesprochen z. B. in den Orders in council vom 15. Okt. 1889 (ueber die Ausdehnung der britischen Jurisdiktion in gewissen Teilen Afrikas; s. 47: "Any British subject may be proceeded against, tried and punished under this Order for the crime of piracy _wheresoever committed_"), vom 28. Nov. 1889 s. 34 und vom 22. Nov. 1890 s. 34 (Konsulargerichtsbarkeit in Siam bezw. Brunei), abgedruckt bei _Hertslet_, Complete Collection of the Treaties etc. between Great Britain and Foreign Powers B. 18, S. 12, 240, 1103. 49 Stat. pir. ist nur an Untertanen strafbar; so ausdruecklich 18 Geo. 2 c. 30 (1744) und 11 u. 12 Will. 3 c. 7 s. 8 (1698). Aus der Literatur statt anderer _Kenny_, S. 411, N. 3: "But this [Regel allgemeiner Zustaendigkeit] would not cover acts which, like trading in slaves, are made piracy by local laws alone. For one country -- or even several countries -- cannot add to International Law;" _Hall_, S. 268. -- Ausdehnung in 5 Geo. 4 (1824) c. 113 s. 9 (Sklavenhandel als piracy) auf "persons residing, or being within any of the dominions etc. belonging to his Majesty", also auf in England ansaessige Nichtuntertanen. Amerik. Rev. Stat. s. 5376 (15. Mai 1820) erklaert fuer piracy den Sklavenraub an fremder Kueste auch, wenn durch auslaendische Mitglieder der Besatzung amerikanischer Schiffe begangen. 50 Die bedingungslose Gleichstellung der amerikanischen und der englischen Auffassung der Piraterie bei _Hintrager_, Z. f. int. Priv.- u. Strafr. 1899, S. 70 ist deshalb nicht gerechtfertigt. Ueber weitere bedeutsame Besonderheiten der amerikanischen Rechtsanschauung s. u. § 7 II, 2 und namentlich § 8 II. _ 51 v. Holst_, Das Staatsrecht der Vereinigten Staaten von Amerika 1885 (in _Marquardsens_ Handb. d. oeff. R.), S. 117. _ 52 v. Holst_ a. a. O., S. 115; _Bishop_, § 1060, N. 2. 53 Verneint von _Bishop_, § 1060, N. 2; Report zum Entwurf eines Penal Code 1901, S. XXVI. Anders _Wharton_ Crim. L., § 1862. Eine erschoepfende Behandlung des Gegenstandes haette zu pruefen: inwieweit s. 8 der Akte vom 30. April 1790 durch das Gesetz vom 3. Maerz 1819 derogiert ist; dann vor allem, ob s. 8 des Gesetzes von 1790 sich nur auf amerikanische (so 1818 Supreme Court, U. S. v. _Palmer_ et al., 3 Wheaton, 610; bei _Moore_ Report, S. 58) oder auch auf solche Schiffe bezieht, die, wie Piratenschiffe, einen nationalen Charakter nicht haben (so Supreme Court 1820, U. S. v. _Klintock_, 5 Wheat. 144; bei _Moore_, S. 59); dasselbe fuer s. 3 des Gesetzes vom 15. Mai 1820 (fuer Anwendung U. S. v. _Baker_ 1861, nach Angabe _Whartons_ Crim. L., § 1862, N. 8). Die Rev. Stat. haben neben s. 8 des Gesetzes von 1790 (s. 5372) und s. 3 des Gesetzes von 1820 (s. 5370) auch s. 5 des Gesetzes vom 3. Maerz 1819 (s. 5368) aufgenommen, wodurch fuer die piracy as defined by the law of nations, nicht aber fuer die eventl. Zustaendigkeit fuer andere, durch denationalisierte Schiffe begangene Verbrechen u. E. alle Zweifel beseitigt sind (auch _Bishop_ a. a. O. und der Report zum Entw. eines Pen. Code a. a. O. sehen durch s. 5368 die Kompetenz begruendet). 54 Identitaet der piracy in Common Law und International Law, s. S. 21, Anm. 1. 55 S. S. 21, Anm. 2 und S. 9, Anm. 1. 56 Die gesamte bewohnbare Kueste, abgesehen von einigen Inseln des Stillen Ozeans, steht unter staatlicher Herrschaft. 57 Die der Gebietshoheit korrelate Pflicht der Aufrichtung einer wirksamen Rechtsordnung ist natuerlich eine andere als die allgemeine Pflicht der Staaten zur Aufbringung von Piratenschiffen. Sie ist besonders in China und Marokko von Bedeutung, s. u. N. 7 und 8. 58 1876 (_Andree_, Geogr. d. Welthandels I, 2. Aufl. 1877, S. 345 f.), 1897 (Rev. gen. d. dr. i. p. 1897, S. 696, N. 2), 1898 (_Samios_, Piraterie, S. 44). 59 November 1902 Beschiessung der tuerkischen Insel Midi durch italienische Kriegsschiffe im Einvernehmen mit der tuerkischen Regierung. Abkommen vom 10. Nov.: "Die Pforte verpflichtet sich, in Zukunft die Seeraeuberei mit dem groessten Nachdruck zu ahnden" (Koeln. Z. 1902, Nr. 868, 878, 886). 60 1859 Zerstoerung von Ras el Cheima durch die Englaender; eine fernere Expedition 1860 (_Andree_ a. a. O.). _ 61 Andree_ a. a. O.; _Jagor_, Singapore, Malacca, Java 1866, S. 85 f.; _Buckley_, An Anecdotal History Of Old Times in Singapore, 1902. In den letzten Jahrzehnten hat dort die Aufrichtung bezw. tatsaechliche Durchsetzung der englischen und hollaendischen Herrschaft Ordnung geschaffen (Das "Engagement with the chiefs of Perak" vom 20. Jan. 1874 erwaehnt noch die Haeufigkeit der piracy, s. die englischen Vertraege mit den Eingeborenenstaaten bei _Hertslet_ XVIII, S. 837 f.). 62 Kaempfe der Franzosen gegen mit annamitischen Aufstaendischen verbuendete chinesische Piraten; s. _Rambaud_, La France coloniale, 7. Aufl. 1895, S. 521 f.; _Frey_, Pirates et rebelles au Tonkin 1892, S. 37 f.; der Kampf gegen die "Schwarzen Flaggen" ist aber im wesentlichen ein Landkampf gewesen, vgl. auch _Frey_, S. 37 ueber den Sprachgebrauch: "il nous parait bon de l'avertir qu'en Indo-Chine l'Europeen confond indifferemment sous cette appellation de "pirate", non seulement les maraudeurs, les detrousseurs de grands chemins, les contrebandiers, aussi bien que les aventuriers de tout ordre qui ... exercent leurs depredations, par bandes armees, sur terre, sur la cote, ou dans les fleuves du Tonkin; mais encore les indigenes qui, insurges contre la domination francaise, luttent pour reconquerir l'independance nationale." 63 "Vorlaeufige Instruktion fuer die Kommandanten deutscher Kriegsschiffe in Betreff der Unterdrueckung der Seeraeuberei in den chinesischen Gewaessern" vom 20. Aug. 1877 (_Perels_, int. oeff. Seer., im Anhang), aufrechterhalten durch die "Bestimmungen fuer den Dienst an Bord" vom 21. Nov. 1903, § 23, Nr. 29; nach Zeitungsmeldungen war von 1900 bis 2. Febr. 1904 die deutsche Dampfbarkasse "Schamien" zur Unterdrueckung der Flusspiraterie in Suedchina stationiert. In den "Friedens-, Freundschafts- und Handelsvertraegen" (_Hertslet_, Treaties etc. between Great Britain and China; and between China and foreign powers, 2 BB., London 1896) uebernimmt China regelmaessig, entsprechend dem allgemeinen Voelkerrecht, die Verpflichtung, die Piraten zu verfolgen und zu bestrafen (Vertraege mit den Ver. Staaten vom 3. Juli 1844, Art 26, 18. Juni 1858, Art. 13; Frankreich 24. Okt. 1844, Art. 29, 27. Juni 1858, Art. 34; Schweden-Norwegen 20. Maerz 1847, Art. 26; Grossbritannien -- der Vertrag vom 29. Aug. 1842 und der Zusatzvertrag vom 8. Okt 1843 enthalten die spaeter regelmaessig wiederkehrenden Bestimmungen noch nicht -- 26. Juni 1858, Art. 19; Zollverein 2. Sept. 1861, Art. 33; Daenemark 13. Juli 1863, Art. 19; Spanien 10. Okt. 1864, Art. 16; Belgien 2. Nov. 1865, Art. 44; Italien 26. Okt. 1866, Art. 19; Oesterreich-Ungarn 2. Sept. 1869, Art. 19; Japan 13. Sept. 1871, Art. 28; Portugal 1. Dez. 1887, Art. 18); ausser im grossbritannischen und portugiesischen Vertrage ist hinzugefuegt, dass, wenn die Bestrafung sich als unmoeglich erweist, die chinesische Regierung nur zur Bestrafung der Lokalbehoerden, nicht zur Entschaedigung der Beraubten verbunden ist. Weiterhin ist bestimmt, dass in Verfolgung von Piraten begriffene Kriegsschiffe alle chinesischen Haefen aufsuchen duerfen, worin zugleich wohl die Erlaubnis der Fortsetzung der Verfolgung in die chinesischen Kuestengewaesser liegt (Vertraege mit Grossbritannien, Art. 52; dem Zollverein, Art. 30; Daenemark, Art. 52; Italien, Art. 52; Oesterreich-Ungarn, Art. 34). Die neueren Vertraege lassen diesen Rechtszustand unberuehrt (chinesisch-amerikanischer Vertrag vom 8. Okt 1903, N.R.G. 2. ser. 31, S. 587 f., Art. 17; chinesisch-japanischer Vertrag, daselbst S. 483 f., Art. 9). 64 Der Sitz der Piraten ist das Kuestengebirge Er Rif am Mittelmeer, ein unzugaenglicher und noch heute unerforschter Landstrich (_Kampfmeyer_, Marokko, 1903); es handelt sich um eine Verbindung von Strandraub und Piraterie; neuere Faelle 1895 und 1896 (Rev. gen. 1897, S. 425 f.), 1904 (Le Temps 18. Jan. 1904). Weiteres bei _Godard_, Description et histoire du Maroc 1860 I, S. 159 f., II, S. 638 f., und sonst. Es ist ueblich, Marokko die Nichtverhinderung von Angriffen als voelkerrechtliches Delikt zuzurechnen und die Regierung fuer den Schaden haften zu lassen (anders als China, s. N. 7); die Entschaedigungen koennen sehr hoch sein (vgl. Rev. gen. a. a. O.); die Entschaedigungspflicht wurde von Marokko selbst, nach _Godard_ II, S. 626, zuerst 1855 Frankreich gegenueber anerkannt. 65 Weitere Literaturangaben betreffend Geschichte und Verbreitung der Piraterie bei _Goldschmidt_, Universalgesch. d. Handelsrechts, 3. Aufl. 1891, S. 27, N. 36, 37, S. 117, N. 73; _Perels_ int. oeff. Seer., S. 108, N. 1; _Bonfils_, S. 346, N. 2. Im ganzen zu den Angaben der Historiker und Geographen _Francis Bacon_: "Versatur ... infelicitas quaedam inter historicos vel optimos, ut legibus vel actis judicialibus non satis immorentur ..." (De dignitate et augmentis scientiarum Lib. VIII, Cap. III de justitia universali aph. 29). 66 "But, old and famous though the crime is, there is not, even now, any authoritative definition of it" (_Kenny_, S. 315). 67 Die Piraterie betreffende diplomatische Aktenstuecke und Vertraege sind nur fuer einige Spezialpunkte bedeutsam, s. u. § 14 und 15. 68 Es sind die deutschen "Bestimmungen fuer den Dienst an Bord. Allerhoechst genehmigt am 21. Nov. 1903" (bezeichnet als "Entwurf", d. h. es ist eine Revision auf Grund der zu sammelnden Erfahrungen in Aussicht genommen), § 23; die deutsche Instruktion von 1877 (s. S. 26, N. 7); die Queens Regulations von 1899, Art. 450; die amerik. Rev. Stat. von 1874, s. 4293-4299. 69 Nur ist die alte staatlich autorisierte Piraterie nunmehr verschwunden. Aber wenn noch im Jahre 1858 von den englischen Behoerden in Singapore zum Tode verurteilte malayische Piraten erklaerten, dass sie lediglich den Befehlen ihrer Herrscher gehorsam gewesen seien und nur getan haetten, was in ihrem Lande herkoemmlich und erlaubt sei (_Andree_ a. a. O. I, S. 363), so besteht kein Unterschied der Anschauung gegen die des Illyrierkoenigs Agron, der 229 v. Chr. den roemischen Gesandten erklaerte, nach illyrischem Rechte sei der Seeraub ein erlaubtes Gewerbe (_Mommsen_, Roem. Gesch. I, 9. Aufl., S. 551). 70 Alle Einzelheiten bleiben zur Vermeidung von Wiederholungen der spaeteren Darstellung vorbehalten. 71 Wobei zu beachten bleibt, dass das Vorliegen eines Strafausschliessungsgrundes das Gegebensein des voelkerrechtlichen Tatbestandes nicht beeinflusst. 72 Das _belgische_ und das _finnische_ Recht enthalten gar keine Spezialbestimmung. Das _deutsche_ Recht (§ 250, Nr. 3 St.G.B.) qualifiziert den Raub auf offener See, das _daenische_ (§ 244 St.G.B. vom 10. Febr. 1866, Abschnitt: "Raub und Drohungen") "Seeraeuberei" als schweren Fall des Raubes, _Schweden_ (Kap. 21, § 7 St.G.B. vom 16. Febr. 1864) den Angriff auf Seefahrer auf offener See in raeuberischer Absicht (unter Gleichstellung von Versuch und Vollendung). _Norwegen_ (St.G.B. vom 22. Mai 1902, § 269, Nr. 2) bestraft die Ausruestung und den Beginn der Ausruestung eines Schiffes, um Raub zu begehen, als selbstaendiges Delikt; _Daenemark_ a. a. O. stellt die Ausruestung eines Schiffes zum Zwecke des Seeraubes dem Seeraube gleich. Dem deutschen Rechte fehlt eine solche Vorbereitungshandlungen unter Strafe stellende Bestimmung. -- Auch Chile gehoert, anders als die uebrigen Laender des spanischen Rechtsgebietes, in diese Gruppe (St.G.B. vom 12. Nov. 1874, Art. 434). Der "Raub auf offener See" in § 250, Nr. 3 des deutschen St.G.B. entspricht der voelkerrechtlichen Piraterie in keiner Weise. Er umfasst nicht alle piratischen Akte und schliesst andererseits auch nichtpiratische Handlungen (Raub auf einem Schiffe) ein. _Binding_, Handb., S. 379, N. 6 scheint, ganz mit Unrecht, dem St.G.B. die Nichterwaehnung der Piraterie zum Vorwurf zu machen. 73 In _England_ gehoert die piracy by the law of nations dem Common Law an; stat. pir. 11 u. 12 Will. 3 c. 7 s. 8 u. 9 (1698), 8 Geo. 1 c. 24 s. 1 (1721), 18 Geo. 2 c. 30 (1744), 5 Geo. 4 c. 113 s. 9 (1824). In den _Ver. Staaten_ pir. by the l. of n. in Rev. Stat. von 1874 s. 5368 (s. o. S. 23, N. 3); stat. pir. s. 5369 (30. April 1790), 5371 (15. Mai 1820), 5373 (30. April 1790), 5374 (3. Maerz 1847), 5375 u. 5376 (15. Mai 1820); Mischtatbestaende, seit 1874 aber wegen s. 5368 fuer die pir. by the l. of n. nicht mehr von Bedeutung, sind s. 5370 u. 5372 (s. o. S. 23, N. 3). Durch die Unterlassung einer Definition in s. 5368 ("piracy as defined by the law of nations") ist der Tatbestand des Common Law auch fuer das amerikanische Recht massgebend geworden. 74 "Loi pour la surete de la navigation et du commerce maritime" vom 10. April 1825. Die bis dahin geltenden strafrechtlichen Bestimmungen der Ordonnanzen und Kapereireglements gegen die Piraterie sind damit ausser Kraft getreten (Art. 21 des Gesetzes beschraenkt die Anwendung der gewoehnlichen Derogationsgrundsaetze nicht), nicht aber anderweite den Gegenstand betreffende Bestimmungen des Kapereireglements (arrete du Gouvernement) vom 2 prairial an XI (22. Mai 1803). Das Gesetz von 1825 hat _Pardessus_ zum Urheber. 75 Codice per la marina mercantile vom 24. Okt. 1877, Teil II, Titel II, Kap. IV (Della pirateria). 76 St.G.B. vom 30. Aug. 1870, Buch II, Titel I, Kap. IV (Pirateria). Dieses Kapitel, das keine Definition enthaelt, will offenbar die wahren piratischen Akte treffen. Einige Faelle meist landesrechtlicher Piraterie enthaelt die noch gueltige Kapereiordonnanz vom 20. Juni 1801, Art. 27 u. 29. 77 St.G.B. vom 7. Dez. 1871 "fuer den Bundesdistrikt und das Territorium Niederkalifornien bezueglich der gemeinen Vergehen und fuer die ganze Republik bezueglich der Vergehen gegen den Bund", III. Buch, XV. Abschnitt, Kap. I (Pirateria). In den meisten Einzelstaaten stehen mit diesem im wesentlichen uebereinstimmende Strafgesetzbuecher in Kraft, s. "Die Strafgesetzgebungen der Gegenwart" II (1899), S. 116, N. 2 und die Uebers. des St.G.B. von _Eisenmann_, S. 188. 78 St.G.B. vom 16. Sept. 1886, Art. 162 (sich auf wahre piratische Akte beziehend). 79 St.G.B. vom 11. Okt. 1890, Art. 104-106. 80 St.G.B. vom 3. Maerz 1881; in Buch II, Titel 29 ("Scheepvaartmisdrijven") gelten dem zeeroof die Art. 381 u. 382. 81 Gesetz vom 30. Maerz 1855 {~GREEK SMALL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER RHO~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA WITH VARIA~} {~GREEK CAPITAL LETTER NU~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER UPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER TAU~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA WITH OXIA~}{~GREEK SMALL LETTER TAU~}{~GREEK SMALL LETTER ETA~}{~GREEK SMALL LETTER FINAL SIGMA~} {~GREEK SMALL LETTER KAPPA~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA WITH VARIA~} {~GREEK CAPITAL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA~}{~GREEK SMALL LETTER RHO~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER TAU~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA WITH OXIA~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER FINAL SIGMA~}. Das Gesetz hat keine Definition und will offenbar nur wahre piratische Akte treffen. Sein Zweck war bezeichnenderweise die Milderung der Bestimmung des Art. 364 des St.G.B. vom 10. Jan. 1834, wonach Piraten unterschiedslos mit dem Tode bestraft wurden; das Landesrecht kann der Aufloesung des voelkerrechtlichen Tatbestandes in einzelne Handlungen nach Massgabe kriminalistischer Ruecksichten nicht entraten. Das Gesetz ist im folgenden nicht mehr beruecksichtigt; vgl. _Kosti_, Lehrb. des griech. Strafr. III 1893; auch _Samios_, S. 30. 82 8 Geo. 1 (1721) c. 24 s. 1 erster Teil; bras. St.G.B. von 1890, Art. 106, § 2. 83 "... shall any ways consult, combine, confederate or correspond with any pirate." Vorsichtiger Brasilien: "... ou entretiver com elles intelligencias que tenham por fim prejudicar o paiz." 84 Cod. p. l. mar. merc. von 1877, Art. 332. 85 St.G.B. von 1871, Art. 1130. 86 5 Geo. 4 (1824) c. 113 s. 9 (6 verschiedene Tatbestaende), aufgenommen in die "Slave Trade Act, 1873", 36 u. 37 Vict. c. 88. Am. Rev. Stat. s. 5375 u. 5376 (15. Mai 1820). S. auch u. § 16. 87 Wir verstehen unter Entwickelung ein zeitliches Nacheinander einander ersetzender Tatbestaende. Die Verwendung des oft missbrauchten Wortes in diesem Sinne duerfte unbedenklich sein. 88 Die Behauptung von _La Mache_, La guerre de course, 1901, S. 134 f., die Wiedereinfuehrung der Kaperei liege im Zuge der Entwickelung, ist nur aus der Tendenz der Schrift zu erklaeren. 89 Damit soll nicht etwa der Anschauung beigetreten werden, die die neuere Entwickelung auf dem Wege zur Vollkommenheit sieht. Der Extensitaet des modernen Menschen entspricht seine Oberflaechlichkeit; der Intensitaet die Arbeitsteilung, das Spezialistentum. 90 Schon frueher, ohne wesentlichen Erfolg, durch das christliche Naturrecht. In dem Christentum findet der ganze Gedanke vielleicht, wie seine kraeftigste Stuetze, so auch seinen historischen Ausgang. Die unmittelbare Verbindung des christlichen mit dem modern-naturrechtlichen Gedankenkreise stellt _Grotius_ dar. 91 Ein, wie es meint, natuerliches, deshalb von je bestehendes Prinzip. Die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Auffassung stehende Streitfrage ueber den "Naturzustand" des Menschengeschlechts interessiert hier nicht (s. namentlich _Pufendorf_ L. II, C. II de statu hominum naturali). Der Text behandelt nur die historischen Verhaeltnisse zwischen organisierten Verbaenden. 92 Der ideelle Zusammenhang des Naturrechts und des Voelkerrechts ist historisch in der Person des _Grotius_ verkoerpert. Schon die Vorrede des "mare liberum" traegt einen fuer beide Rechtsteile programmatischen Charakter. Der Grundgedanke ist: "Omnes naturalem inter se societatem esse atque cognationem." 93 Vgl. auch _F. v. Martens_, Deutsche Ausgabe, Vorwort, ferner Band I, S. 25 und sonst. Diese Betrachtungsweise noetigt aber nicht, mit _v. Martens_ (I, S. 325 f.) den einzelnen Menschen als Traeger von mit der menschlichen Persoenlichkeit untrennbar verbundenen Urrechten und gar als internationales Rechtssubjekt anzuerkennen. Die Form des voelkerrechtlichen Schutzes der Persoenlichkeit ist die wechselseitige Berechtigung und Verpflichtung der Staaten. 94 Krieg Roms gegen die Illyrier 229 v. Chr. Spaeterhin stehen die Kuesten des Mittelmeeres restlos unter roemischer Herrschaft. 95 Vgl. _Grotius_ L. III, C. III, § 2. _ 96 Brunner_, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 273; _Heusler_, Instit. d. deutschen Privatrechts I, S. 144 f. _ 97 Pardessus_ I, S. 15: "C'etait la consequence naturelle de l'etat habituel d'hostilite dans lequel une civilisation imparfaite placoit les peuples." 98 In dieser sind freilich die Staaten nur als Provinzen gedacht. 99 Das Landesrecht gewaehrt nunmehr auch Fremden Rechtsgueterschutz. In Norwegen erfolgte ein landesrechtliches Verbot der Piraterie scheinbar zum erstenmale im Gulathing von 940 (_Pardessus_ III, S. 22). Doch kommen noch Raubzuege bis ins elfte Jahrhundert vor. 100 Die nachmalige Durchfuehrung des Schutzes der Privatpersonen und ihres Eigentums auch im Kriege ist nur fuer den Landkrieg vollstaendig gewesen. Zur See blieben die Privatpersonen Subjekt, ihr Eigentum Objekt der Kriegfuehrung. 101 D. h. es wird eine spezielle und meist auch formelle (Kaperbrief) Autorisation vorgeschrieben; _G. F. v. Martens_, Kaper, § 5 (die dort zitierte franzoesische Ordonnanz ist nicht von 1400, sondern vom 7. Dezember 1373, s. _Travers Twiss_, Black Book, Einl., S. LXXVI; auch schon _Pardessus_ IV, S. 224). Weitere Bestimmung aus aelterer Zeit: Statut von Cataro, 14. Jahrhundert, Kap. 400. Teilweise noch weiter zurueckreichend findet sich die (seit dem 17. Jahrh. fuer Kaper allgemein geltende) Vorschrift der Hinterlegung einer Buergschaft durch ausgehende Schiffe (cautio de non offendendis amicis), ohne dass eine spezielle Erlaubnis zur Wegnahme feindlicher Schiffe schon notwendig waere; s. Pisanisches Breve curiae maris von 1298, Kap. 24, Genuesische Statuten von 1313 und 1316 (_Pardessus_ IV, S. 440); nur fuer auf Piraterie ausgehende Schiffe, Sizilisches Gesetz von 1399, Art. 3 (_Pardessus_ V, S. 257), Aragonische Ordonnanzen von 1288, 1330, 1356. Art. 1 zit. sizilischen Gesetzes von 1399: "naues, quae ad piraticam exercendam armantur"; "mos piraticus" auch spaeter noch fuer die zum besonderen Rechtsinstitut gewordene Kaperei. _ 102 G. F. v. Martens_, Kaper, § 4. Man haelt die Repressalienbriefe heute nicht mehr fuer zulaessig; so _F. v. Martens_ II, S. 468 f; _v. Liszt_, S. 301. Anders aber _Blackstone-Stephen_ II, S. 495 (1903). 103 Der Krieg gegen die Unglaeubigen ist nach mohammedanischer Auffassung durch Rechtsvorschrift divini juris geboten. Die Kirche betont dagegen, dass der Unglaube kein Grund zum Kriege sei; ihre Forderung des Friedens ist universell; aber die Eroberer vormals christlicher Laender sind von ihr ausgeschlossen; vgl. die Darstellung bei _Grotius_, mare liberum, Kap. 4. Dauernder Krieg zwischen Spanien und Algier bis zum Vertrage vom 14. Juni 1786; der Mehrzahl der italienischen Staaten und Algier, Tunis, Tripolis bis ins 19. Jahrhundert (_Herrmann_, Ueber die Seeraeuber im Mittelmeer, 1815, S. 185 f.); und namentlich des Johanniterordens gegen die ganze mohammedanische Welt, _Carsten Niebuhr_, Reisebeschreibung nach Arabien, 1774, I, S. 18: "Man kann es daher den Mohammedanern nicht verdenken, wenn sie eben das von den Maltesern denken, was wir Marokkanern, den Algirern, Tunesern und Tripolitanern Schuld geben. Diese Barbaren leben doch wenigstens mit verschiedenen christlichen Nationen in Freundschaft; die Malteser Ritter aber mit keiner Mohammedanischen." Im schwarzen Meere fuehren Christen, polnische Untertanen, noch im 17. Jahrhundert einen staendigen Raubkrieg zur See gegen die Tuerken (_Dan_, Histoire de Barbarie, 2. Aufl. 1649, S. 10; dem Autor ist die Rechtmaessigkeit ihrer Handlungen selbstverstaendlich, "ils ne les font que contre les ennemis de la foy"). -- Einige Angaben ueber die Piraterie der Christen gegen die Mohammedaner auch bei _Boutin_, Anciennes relations commerciales et diplomatiques de la France avec la Barbarie 1550-1830, Paris 1902, S. 65 f. 104 Sie sind nicht Piraten nach _Bynkershoek_, Quaest. Jur. Publ. L. I, C. XVII; zustimmend u. a. _Kent_, Int. Law, S. 406 f., _Pardessus_ I, S. 33. Fuer Piraten halten sie u. a. _Vattel_ II, VI, § 78; _Ortolan_ I, S. 252; _Pradier-Fodere_, § 2492. 105 So auch _Bynkershoek_ a. a. O.: "Piratae non sunt, sed Civitates, quae certam sedem, atque ibi Imperium habent." Daraus folge die Anwendung des jus postliminii. Wenn er sie daraufhin als rechtmaessige Feinde ansieht, so erklaert sich dies aus seiner Anschauung, dass es nach geltendem Rechte ("quod contra quemlibet hostem recte exercetur", a. a. O.) noch zulaessig sei, Kriegsfeinde zu Sklaven zu machen, wenn eine solche Rechtsuebung auch "moribus plerarumque Gentium nunc exolevit" (Quaest. Jur. Publ. L. I, C. III; vgl. auch _Grotius_ III, VII, § 9). Die hollaendische Politik legte grossen Wert auf ein gutes Einvernehmen mit den Barbaresken. 106 Gefangene "Sarazenen", "Mauren", "Tuerken" werden Sklaven, _Bynkershoek_ a. a. O. C. XVII: "Solent et Belgae eos captos in Hispaniam advehere et ibi, jure talionis, in servitutem vendere," ein solcher Verkauf in amtlichem Auftrage noch 1661 (C. III a. a. O.); Art. 1 des franzoesisch-algerischen Vertrages von 1628 sichert den aus Algier feindlichen Laendern nach Frankreich gefluechteten versklavten Algeriern freie Rueckkehr in die Heimat zu; Kap. 32 der dem Consolato del mare angehaengten Regeln ueber die Kaperei (14. Jahrhundert) gewaehrt dem Kapitaen von jedem verkauften Sarazenen einen Byzantiner (Goldsolidus), vgl. auch Art. VII sic. Gesetzes von 1399 (_Pardessus_ V, S. 257) und die Siete Partidas von 1266, partida V, titulo IX, ley 13; auf den Galeeren der Malteser befinden sich noch 1761 gefangene Mohammedaner als Sklaven, _Carsten Niebuhr_ a. a. O., S. 18. Das Vermoegen der Unglaeubigen unterliegt der Wegnahme durch jedermann; gegen sie bleibt die Piraterie zulaessig, so die oben S. 38, Anm. 6 zit. Pisanischen, Genuesischen, Sizilischen, Aragonischen Statuten, ferner Art. VII der Florenzer Capitoli pel viaggio di Barberia etc. aus dem 16. Jahrhundert (_Pardessus_ IV, S. 594 u. 564) und c. 3 X V, 17, die saemtlich nur zum Schutze von "amici" und "fideles" bestimmt sind. Ihnen gehoeriges Gut ist dem Strandrecht verfallen, Const. Friedrichs II. vom 22. Nov. 1220, § 8 = auth. Navigia Cod. 6, 2 const. 18 ("nisi talia sint navigia, que piraticam exerceant, aut sint nobis, vel Christiano nomini inimica", Text nach Mon. Germ. Hist. LL, Sect. IV, Bd. 2, S. 109); c. 3 X V, 17; Portug. Gesetzbuch vom Ende des 15. Jahrhunderts, Buch II, Tit. XXII a. E. (bei _Pardessus_ VI, S. 311): Roles d'Oleron, Art. 45, Abs. 2: "car alors, s'ilz sont pyrates, pilleurs, ou escumeurs de mers, ou Turcs et autres contraires et ennemis de nostredicte foy catholicque, chascun peut prendre sur telles manieres de gens, comme sur chiens, et peut l'on les desrobber et spolier de leurs biens sans pugnition;" derselben Ansicht _Schuback_ 1751, S. 203 f. Dieser ganze Rechtszustand ist in Spanien und Portugal bis ins 19. Jahrhundert bestehen geblieben, vgl. _Pardessus_ VI, S. 13 u. 310. 107 Selbst die Verbindung _Albrechts_ von Mecklenburg mit den Viktualienbruedern Ende des 14. Jahrhunderts, Frankreichs mit den Bukanieren im 17. Jahrhundert geschah in rechtlich zulaessiger Form; s. auch _G. F. v. Martens_, Kaper, S. 23 u. § 8. 108 S. vor unter II. _Grotius_ L. II, C. XX, § 40 sieht in ihr einen gerechten Kriegsgrund. 109 Vgl. _Pardessus_ I, S. 33. 110 In den Anfaengen der historischen Zeit verschwimmen die Grenzen ganz. _Grotius_ III, III, §2 bezieht _Odyssee_ XIV, Vers 85-89 sicher zu Unrecht nur auf staatliche Piraterie, die Unterscheidung ist der Stelle fremd. Vgl. auch _Mommsens_ lebendige Schilderung des Seeraeubergemeinwesens im oestlichen Mittelmeer, 1. Jahrh. v. Chr., Roem. Geschichte III, 8. Aufl., S. 43 f. ("Wenn auf die Fahne dieses Staates die Rache an der buergerlichen Gesellschaft geschrieben war, die, mit Recht oder mit Unrecht, seine Mitglieder von sich ausgestossen hatte, so liess sich darueber streiten, ob diese Devise viel schlechter war als die der italienischen Oligarchie und des orientalischen Sultanismus, die im Zuge schienen, die Welt unter sich zu teilen"). Ueber die straffe Organisation der Bukaniere s. _Andree_, Geogr. d. Welthandels I, S. 358 f. _ 111 Pomponius_ l. 118 D. de verborum sign. 50, 16; _Ulpianus_ l. 24 D. de captivis 49, 15; _Paulus_ l. 19 § 2 D. eodem; _Grotius_ III, III, § 1 f., II, XVIII, § 2 (zu beachten seine Terminologie, bellum justum sive solenne, wahrer Krieg, und bellum in einem weiteren Sinne, II, I, § 2: "ubi judicia deficiunt, incipit bellum"). Von neueren statt anderer _Th. S. Woolsey_, Right of search, S. 16: "There is no more war than there is between a gang of ruffians in Oklahoma and the United States. It is simply a detail of naval policy duty." _ 112 Th. D. Woolsey_, Introduction, S. 366. 113 Beweis hierfuer ist die Geschichte. Handeln der Staaten nach reiner Zweckmaessigkeit ist eine auch dem modernen Rechte nicht fremde Erscheinung; so fehlt es fuer die Beziehungen zu Naturvoelkern in vielen Faellen an jeder Regel voelkerrechtlicher oder landesrechtlicher Natur. 114 In Frage kommen: Actio vi bonorum raptorum, Privatstrafklage, D. 47, 8. Daneben kriminelle Bestrafung auf Grund der leges Juliae de vi; _Mommsen_, Roem. Strafr., S. 661, Note 5 schliesst aus mehreren Angaben, dass als Ergebnis einer laengeren Entwickelung die vis in dem ganzen Umfange der actio vi bon. rapt. kriminell bestraft wurde; Strafe s. _Mommsen_, S. 659, N. 4 und ferner D. 48, 19 l. 28 § 10. In l. 3 § 6 D. ad legem Juliam de vi publica 48, 6 ist der Fall der Dejektion von einem Schiffe besonders genannt. Eine Spezialstrafbestimmung gegen Piraten ueberhaupt fehlt. Es gibt spezielle Bestimmungen ueber Eigentumsverletzungen "bei Gelegenheit einer allgemeinen Kalamitaet", _Mommsen_, S. 662, und zwar bestehen eine Privatstrafklage, D. 47, 9 (de incendio ruina naufragio rate nave expugnata) und l. 4 D. 47, 8 (turba) und fuer dieselben Tatbestaende spezielle kriminelle Vorschriften, _Ulpianus_ l. 1 § 1 D. 47, 9 "et quamquam sint de his facinoribus etiam criminum executiones ..." Diese Stelle bezieht sich auf _Paulus_ Sent. V, 3, § 1 u. 3 (turba), _Marcianus_ l. 3 § 1 D. ad leg. Jul. de vi publ. 48, 6 (incendium) und _Marcianus_ l. 1 § 1 D. ad leg. Jul. de vi priv. 48, 7 (naufragium). Dass die beiden letzteren Stellen nicht in die leges Juliae gehoeren, wohin sie in den Digesten geraten sind, ist in der kurzen Note _Mommsens_ nur Behauptung. Es folgt aus _Ulpianus_ l. 3 § 4 D. 47, 9 ("non solum autem qui rapuit, sed et qui abstulit vel amovit vel damnum dedit vel recepit, hac actione tenetur") in Verbindung mit _Ulpianus_ l. 1 § 1 D. 47, 9. Denn die leges Juliae verlangen vis. Dieser ganze Komplex von Bestimmungen trifft aber nicht die Piraterie, sondern nur bei Gelegenheit derselben von dritter Seite veruebte Handlungen. So auch _Mommsen_, S. 662. Unrichtig _Stypmannus_, Jus maritimum 1652, in dem "Scriptorum de jure nautico fasciculus" des Heineccius (Halle 1740), S. 577. 115 Diese angebliche Rechtlosigkeit entspraeche weder der "Friedlosigkeit" noch der "Rechtlosigkeit" im technischen Sinne. Die Behauptung geht vielmehr dahin, dass der Pirat ausserhalb des schuetzenden Verbandes stehe, demnach das alte Fremdenrecht auf ihn Anwendung finde. In aeltester Zeit bezeichnet "vargus" den "Friedlosen" und den gewerbsmaessigen Raeuber (_Brunner_, D. Rechtsg. I, S. 168, N. 13; dazu II, S. 580, N. 30). Der Text bezieht sich auf Rechtssaetze einer sehr viel juengeren Zeit. 116 Die franzoes. Ordonnanz vom 7. Dez. 1373 ordnet ein summarisches Verfahren gegen Piraten an, Zustaendigkeit des Admirals (Text bei _Travers Twiss_, Black Book I, S. 432). In England ist der Admiral zur Bestrafung der Piraten zustaendig schon nach dem ersten Zusatzartikel zu der "Inquisition taken at Quinborough" von 1375 (selbst aus etwas spaeterer Zeit, vgl. _Travers Twiss_ Einl., S. 71. Text ebenda I, S. 148) und nach den spaeteren Articuli magistri Rowghton de officio Admiralitatis (_Travers Twiss_ I, S. 221, 222). Ferner Strafbestimmungen gegen Piraterie in den Statuten von _Cataro_, 14. Jahrhundert, und von _Sassari_ 1316, Teil III, Kap. 49. Das Consolato del mare Kap. 245 bestimmt (Text nach der Uebersetzung von _Pardessus_): "Mais, s'il est prouve qu'il a arme pour porter dommage a quelque personne nommement, ou a quiconque seroit rencontre par lui, et dans la vue de commettre des hostilites, de quelque maniere qu'il amene un navire avec ou sans marchandises, qu'il l'ait pris aux ennemis, ou qu'il l'ait trouve comme il a ete dit, il ne doit rien en avoir, le tout doit etre rendu au legitime proprietaire. Ceux qui ont arme de cette maniere doivent etre arretes et mis au pouvoir de la justice, afin qu'on procede envers eux comme envers des voleurs, si les faits ci-dessus sont prouves;" wenn auch der in Satz 1 beschriebene Tatbestand sich nicht durchaus mit dem der Piraterie deckt, so ist doch zu erkennen, dass dem Consolato die Rechtlosigkeit der Piraten fremd ist. 117 Vgl. _Schuback_, S. 203: "Piratam, tamquam hostem, quin occidere liceat, nullum est dubium; an igitur contra naturam erit, spoliare eum, quem honeste est necare?" _Stypmannus_ a. a. O., S. 578. 118 Conc. Later. III, 1179; bedroht mit excommunicatio latae sententiae Piraterie und Strandraub gegen Christen. 119 Der Kanon erklaert die Verletzung von Raeubern fuer straflos, wenn sie dadurch zu weiterer Begehung von Verbrechen unfaehig gemacht werden. 120 So die Anm. 6, S. 38 zit. Pisanischen, Genuesischen, Sizilischen, Aragonischen Bestimmungen. Ferner Statut von _Rimini_ von 1303 L. III, 56 (_Pardessus_ V, S. 113): "Statutum et ordinatum est quod nullus in districtu Arimanis navem aliquam expugnet, vel depredat nisi fuerit piratae vel inimicorum Arimini." Weiteres s. u. IV, 1. 121 Franzoes. Ordonnanz von 1681, Buch III, Tit. IX; englische "Act to prevent the delivering up of merchants shipps" von 1664. 122 Consolato del mare Cap. 245, s. o. Anm. 2, S. 44. _ 123 Brunner_, D. Rechtsgesch. I, S. 273, N. 1; vgl. auch C.C.C., Art. 218. Es ist eine der populaersten Tatsachen der Rechtsgeschichte; die Erzaehlung von der Gefangennahme _Harolds_ durch _Guy von Abbeville_ nach seiner Strandung an der Kueste von Ponthieu und seines Loskaufes durch Herzog _Wilhelm_ ist durch die schoene Literatur sehr bekannt geworden. 124 Auth. Navigia Cod. 6, 2 const. 18 (Text oben Anm. 3, S. 40); das Fehlen der Bestimmung in anderen kaiserlichen Konstitutionen im uebrigen gleichen Inhalts (Friedrichs I. vom 4. Dez. 1177, Heinrichs VI. von 1196, Friedrichs II. fuer Sizilien von 1231) ist wohl zufaellig. Die zit. Auth. in Frankreich eingefuehrt durch Ludwig den Zaenker 1315 (_Pardessus_ V, S. 253, N. 2). Ferner Roles d'Oleron, Art. 45, Abs. 2 (Text oben Anm. 3, S. 40). Portug. Gesetzbuch vom Ende des 15. Jahrh., Buch II, Tit. XXII a. E. (_Pardessus_ VI, S. 311). Vgl. namentlich auch _Schuback_, S. 203 f. Nach dem schwedischen Gesetz _Karls XI._ von 1667, Teil V, Kap. I (_Pardessus_ III, S. 169) ist das Piraten gehoerige Strandgut dem Koenig verfallen; so auch franzoes. Ordonnanz von 1681, Buch IV, Tit. IX, Art. 18; letztere Bestimmung ist noch in Geltung. Den modernen Strandungsordnungen ist die ganze Ausnahme unbekannt. 125 So in Frankreich, arrete du Gouvernement (Kapereireglement) vom 22. Mai 1803, Art. 51 u. 52, Gesetz vom 10. April 1825, Art. 10 u. 16; vgl. _Pistoye_ et _Duverdy_, Traite des prises, S. 33 f.; der Begriff der Piraterie ist in dieser Hinsicht notwendig enger als der den Strafbestimmungen des Gesetzes von 1825 (Art. 1-4) zu Grunde liegende (namentlich in Ruecksicht auf Art. 4, Meuterei); fuer den Artikeln 1-3 des Gesetzes entsprechende Faelle liegen Entscheidungen vor, die das Schiff fuer gute Prise erklaeren (_Dalloz_, Org. maritime 946, 955). Ferner Spanien, Ordonnanz vom 20. Juni 1801, Art. 28. So auch _Bluntschli_, § 346, 347. Vergleichbar sind die Bestimmungen der Bruesseler Generalakte und des Quintuplevertrages ueber die Zusprechung des genommenen Schiffes an das Nehmeschiff. 126 In Italien Konfiskation des Schiffes durch das Strafurteil, dann Verkauf und Behandlung des Erloeses, als waere es fuer gute Prise erklaert, Cod. per la mar. merc., Art. 334, Abs. 3 und 228 f. In England Kondemnation des Schiffes durch besonderes Urteil eines Admiralty Court, Belohnung der Beteiligten nach den fuer die Taetigkeit bei der Unterdrueckung des Sklavenhandels geltenden Regeln, "An Act to repeal an Act of the Sixth Year of King George the Fourth, for encouraging the Capture or Destruction of Piratical Ships and Vessels; and to make other Provisions in lieu thereof", 13. u. 14 Vict. c. 26 (1850). Aehnlich amerik. Rev. Stat. s. 4296 (3. Maerz 1819) und 4297 (5. Aug. 1861). 127 So verlangt amerik. Rev. Stat. s. 4297 nur Bestimmung des Schiffes zur Piraterie. Der Tatbestand der s. 4297 ist ein durchaus selbstaendiger und nicht krimineller. 128 In Frankreich der Marinekriegsgerichte, franz. Gesetz von 1825, Art. 17, Code de justice militaire pour l'armee de mer vom 4. Juni 1858, Art. 90. Desgl. in Spanien, Marinegerichtsverfassungsgesetz vom 10. Nov. 1894, Art. 7, Nr. 14. In Oesterreich Zustaendigkeit der Militaergerichte bezueglich der von der Kriegsmarine eingebrachten Seeraeuber, Gesetz vom 20. Mai 1869, "betreffend den Wirkungskreis der Militaergerichte", § 1, Nr. 5. 129 Nach Art. 19 des Gesetzes von 1825 sind fuer das Verfahren gegen "Complices" franzoesischer Nationalitaet, und wenn gegen solche und die "Auteurs principaux" gleichzeitig vorgegangen wird, fuer den ganzen Prozess die ordentlichen Gerichte zustaendig. Nach oesterreichischem Rechte kommen nicht von der Kriegsmarine eingebrachte Seeraeuber vor die ordentlichen Gerichte. 130 In den Niederlanden, zustaendig der Hooge Raad der Nederlanden, Art. 93 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 18. April 1827 in der Fassung des Gesetzes vom 26. April 1884 (zustaendig fuer die Tatbestaende der Art. 381-385 und 388, 389 des St.G.B. von 1881). 131 S. o. Anm. 2, S. 44. In England ist die Jurisdiktion ueber Piraten durch 7 u. 8 Vict. c. 2 s. 1 (1844) und 4 u. 5 Will. 4 c. 36 s. 22 (1834) den Assisen bzw. dem Central Criminal Court eroeffnet, aber die der Admiralitaet (jetzt Admiralty Division des High Court of Justice) nicht formell beseitigt; s. _Blackstone-Stephen_ IV, S. 266 f., _Harris_, Criminal Law, 10. Aufl. 1904, S. 309, _Russell_ I, S. 268 und 263, Note o a. E. ("and by the Admiralty Court, thus constituted, the offence of piracy ... may now be tried"; "thus constituted", d. h. zusammengesetzt nach 28 Hen. 8 c. 15, 1536, unter Mitwirkung einer jury). In den Kolonien Zustaendigkeit der kolonialen Courts of Admiralty, Admiralty Offences (Colonial) Act, 1849 (12 u. 13 Vict. c. 96) und Colonial Courts of Admiralty Act, 1890 (53 u. 54 Vict. c. 27). 132 Mil. St.G.B. vom 15. Jan. 1855, § 490; Tod durch den Strang. _ 133 England_; fuer piracy juris gentium Tod und forfeiture of lands and goods durch 28 Hen. 8 c. 15 (1536); so auch in allen Faellen der stat. pir. (zit. o. S. 32, N. 2). Die Todesstrafe ist fuer saemtliche Faelle durch 7 Will. 4 u. 1 Vict. c. 88 s. 1 beseitigt, die forf. of lands and goods durch 33 u. 34 Vict. c. 23 ueberhaupt aufgehoben. Jetzt als Resultat aus 7 Will. 4 u. 1 Vict. c. 88 s. 3 und 20 u. 21 Vict. c. 3 s. 2 penal servitude bis auf Lebenszeit. Ein Teil der Literatur bezieht 1 Vict. c. 88 s. 3 nicht auf die piracy juris gentium, so dass durch das Gesetz zwar die bisherige Strafe aufgehoben, aber keine neue bestimmt waere, so _Stephen_, Art. 108, _Russell_, S. 263, N. o, die beide dann, um eine Bestrafung ueberhaupt zu ermoeglichen, auf die allgemeineren Bestimmungen zurueckgreifen, durch die im Jurisdiktionsbereich der Admiralty begangene Handlungen derselben Strafe unterworfen werden, der sie unterliegen wuerden, wenn sie im Inlande begangen waeren. Richtig u. a. _Blackstone-Stephen_ IV, S. 185, _Kenny_, S. 316. Todesstrafe gegen pirates, aber nicht fuer piracy in 7 Will. 4 u. 1 Vict. c. 88 s. 2 (s. o. S. 20, N. 2). _Ver. Staaten_; die in der Akte vom 30. April 1790 und in allen spaeteren Bestimmungen ueber piracy (s. o. S. 32, N. 2) angedrohte Todesstrafe ist durch die Akte vom 15. Januar 1897 beseitigt. -- Das franzoes. Gesetz von 1825 hat ein kompliziertes Strafensystem, Todesstrafe in sechs Faellen; auf piratische Akte im Sinne des Voelkerrechts steht Todesstrafe fuer die "commandants, chefs et officiers", fuer die anderen Mitglieder der Besatzung lebenslaengliche Zwangsarbeit; eine kaum mit Sicherheit loesbare, in der Literatur anscheinend gar nicht behandelte Frage ist die der Einwirkung des Art. 5 der Konstitution vom 4. Nov. 1848, der die Todesstrafe "en matiere politique" beseitigt, auf Art. 4, Nr. 2 und namentlich Art. 3, Nr. 2 des Gesetzes von 1825; Art. 75 Code penal, von dem letztere Bestimmung ein Anwendungsfall, aber immerhin eigenartiger Natur, ist, wird allgemein zur matiere politique gezaehlt. -- Auch die umfangreiche Spezialabhandlung von _Viaud_, La peine de mort en matiere politique (Pariser These 1902) uebergeht das Gesetz von 1825 mit Stillschweigen. 134 Es ist die Form, in die sich nicht selten bei ihm neue, dem roemischen Rechte widersprechende Rechtsgedanken kleiden. 135 Einer Fortbildung der Lehre bei _Pufendorf_ steht dessen These der Unzulaessigkeit der Bestrafung fremder Staatsbuerger entgegen. _ 136 Loccenius_, S. 963: "a privatis invadi possunt ... salva tamen magistratui loci jurisdictione, et instructione de modo prosequendi piratas." 137 Auffaelligerweise findet sich die Ansicht besonders in der deutschen Literatur. _Heffter_, § 104 (Der Sieger hat "Recht auf Leben und Tod", wenn sie auf der Tat begriffen werden und von Waffen Gebrauch machen); _Holtzendorff_ in seinem Rechtslexikon unter "Seeraub" ("auf frischer Tat ueberwaeltigt, darf der Seeraeuber sofort vom Leben zum Tode gebracht werden"); _Perels_ int. oeff. Seer., S. 119; _Binding_, Handb., S. 379, N. 6. Ferner _Bluntschli_, § 348 fuer den Fall, dass das Handelsschiff nicht imstande ist, die Gefangenen festzuhalten; so auch _Pradier-Fodere_, § 2494 a. E. 138 So _Pradier-Fodere_, § 2491 a. E. und 2493 a. E.; _Ortolan_ I, S. 233; _Piedelievre_ I, S. 580; _Wheaton_ I, S. 142; _Wharton_, Crim. Law, § 1864; _Hartmann_, S. 204. 139 Dass der Staat voelkerrechtlich verpflichtet sei, sie zu begruenden oder nicht zu begruenden, ist noch nirgends behauptet worden. 140 So u. a. _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 575; _Ullmann_, S. 214; _Rivier_ I, S. 250. 141 D. h. es fehlt eine von dem allgemeinen Rechte abweichende Spezialbestimmung; die (in der voelkerrechtlichen Literatur durchweg uebersehene) Befugnis der vorlaeufigen Festnahme auf frischer Tat betroffener und fluchtverdaechtiger Personen (§ 127 St.P.O.) steht natuerlich auch Handelsschiffen zu. 142 Rev. Stat. s. 4298 (5. Aug. 1861): "The President is authorized to instruct the commanders of the public armed vessels, ferner die Fuehrer der Kaperschiffe, or the commanders of any other suitable vessels, to subdue, seize, take, and, if on the high seas, to send into any port of the United States, any vessel or boat built, purchased, fitted out or held for the purpose of being employed in the commission of any piratical aggression." 143 Die Festnahmebefugnis eines selbst angegriffenen Handelsschiffes duerfte in jedem Landesrechte bestehen (Deutschland § 127 St.P.O.). Ob Art. 10 des franz. Gesetzes von 1825 sich hierauf oder auf ein allgemeines Festnahmerecht bezieht, ist nicht klar (fuer die weitere Auffassung _Pistoye_ et _Duverdy_, S. 55 f.; im uebrigen bringt die franzoesische Literatur generelle Behauptungen, s. Anm. 3, S. 51, statt das eigene Landesrecht einer Pruefung zu unterziehen). 144 Zur Ausuebung der vertragsmaessig begruendeten internationalen seepolizeilichen Befugnisse koennen sich die Staaten regelmaessig nur der Kriegsschiffe bedienen; die Nordseefischereikonvention, Art. 26, laesst seitens Belgiens auch "Staatsschiffe", die Kabelkonvention, Art. 10, allgemein ausser Kriegsschiffen besonders dazu bestellte Schiffe anderer Art zu. 145 Die alte und der groesste Teil der neueren Literatur und Praxis stimmen ueberein. Typisch _Hedges_ (Judge of the Admiralty) 1696: "Piracy is only a sea term for robbery, piracy being a robbery committed within the jurisdiction of the Admiralty." Ferner u. a. _Stephen_, Crim. Law, Art. 108; _Russell_ I, S. 260; _Wharton_, Crim. Law, § 1860. 146 Quaest. Jur. Publ. L. I, C. XVII: "Qui autem nullius principis auctoritate, sive mari sive terra rapiunt, piratarum praedonumque vocabulo intelliguntur." Diese meistzitierte aller Pirateriedefinitionen wird gewoehnlich missverstanden; es ist keine Frage, dass sie die Lebensfuehrung trifft, nicht einzelne Handlungen (rapiunt, nicht rapuerunt). _ 147 Baud_, S. 2, 3, Seeraeuber im Sinne des Voelkerrechts ist, wer "de zee eigenmachtig doorkruist met inzigt om de schepen van vriend of vijand, in tijd van vrede of van oorlog zonder onderscheid, aan te randen en te berooven"; leider findet diese in allen Punkten zutreffende Definition keine naehere Ausfuehrung. Bei _Baud_, S. 3, N. 1, _Casaregis_: "Proprie pirata ille dicitur, qui sine patentibus alicuius principis et propria tantum auctoritate, per mare discurrit praedandi causa." Daselbst S. 3 _de Broglie_: "La piraterie ... c'est la profession de voleur de grand chemin sur la mer." _ 148 Wheaton_ I, S. 141: "Les pirates sont ceux qui courent les mers, de leur propre autorite, pour y commettre des actes de depredation, pillant a main-armee, soit en temps de paix, soit en temps de guerre, les navires de toutes les nations, sans faire d'autre distinction que celle qui leur convient pour assurer l'impunite de leurs mefaits." Woertlich uebereinstimmend (wie mehrfach in seiner Darstellung) _Ortolan_ I, S. 232. _Pradier-Fodere_, § 2491: "Le propre de la piraterie, le caractere essentiel du pirate, c'est de courir les mers pour son compte sans y etre autorise par le gouvernement d'aucun Etat, dans le but de commettre des actes de depredation." _Bluntschli_, Art. 343: "Als Piraten-, Raeuber-, Seeraeuberschiffe werden die Schiffe betrachtet, welche ohne Ermaechtigung eines kriegfuehrenden Staates auf Beute fahren." _ 149 Perels_ int. oeff. Seer., S. 109: "Man versteht unter Piraterie ein ohne staatliche Autorisation in gewinnsuechtiger Absicht auf die Ausuebung von Gewaltakten auf See gerichtetes bewaffnetes Unternehmen." _Bonfils_, § 594: "Quiconque entreprend en mer une expedition armee, sans l'autorisation prealable d'un Etat, c'est un pirate." -- Dass die auch in der englischen Literatur uebliche Bezeichnung des Piraten als eines hostis humani generis mit der kriminalistischen Auffassung nicht vertraeglich ist, liegt auf der Hand. -- Sehr bemerkenswert _Stephen_, Crim. Law, S. 79: "It is doubtful, whether persons cruising in armed vessels with intent to commit piracies, are pirates or not," und dazu S. 78, N. 1. Er haelt die Aufbringung fuer zulaessig, die Bestrafung fuer bedenklich. Seine Zweifel beheben sich mit der Unterscheidung des voelkerrechtlich-seepolizeilichen und des landesrechtlich-strafrechtlichen Tatbestandes. 150 Der "faktischen Denationalisierung" in einem anderen, weiteren oder engeren als dem unten § 11 a. E. bestimmten Sinne. _ 151 Woolsey_, Introd. S. 233 (Personen, nicht "at the time pertaining to any established state"). Aehnlich _Bluntschli_ (§ 350: "Schiff, welches sich dem Verbande mit einem geordneten Staate entzogen hat"), der aber als Anhaenger der seepolizeilichen Auffassung (s. Anm. 3, S. 54) nicht hierhin zu stellen ist. 152 S. 259 ("its essence consists in the pursuit of private, as contrasted with public, ends"), s. aber naeher unten § 14. Ferner _Rougier_, S. 285 ("le but purement prive"). _ 153 Kents_ Definition (Commentaries on American Law, 12. Aufl. 1873, I, S. 184): "Robbery, or a forcible depredation on the high seas, without lawful authority, and done animo furandi, and in the spirit and intention of universal hostility," siehe auch Report zum Penal Code 1901, S. XXVI (der sie annimmt) und _Kent_, Int. Law, S. 399; ferner _Bishop_, § 1058 (und dort, Note 3, Richter _Nelson_); Th. S. _Woolsey_, Right of search, S. 16; auch Mr. _Seward_, Sec. of State, to Mr. _Van Valkenburgh_, 19. Febr. 1869 (_Wharton_, Int. Law, § 380). Abweichend _Wharton_, s. o. Anm. 1, S. 53 (streng kriminalistisch) und _Wheaton_, s. S. 54, Anm. 3 (seepolizeilich). _ 154 Attlmayr_, Internat. Seer. 1872 I, S. 19; _Den Beer Poortugael_, S. 181; _Fiore_, Droit international, § 494 f.; _Dalloz_, Organisation maritime 941; _Piedelievre_ I, S. 578; _Samios'_ Dissertation ist auf dem Gedanken aufgebaut (hier wie meist stark durch _Pradier-Fodere_ beeinflusst. Die Arbeit ist unbedeutend). Von Englaendern namentlich _Kenny_, S. 316; _Phillimore_, S. 491, zitiert in diesem Sinne Richter _Jenkins_, im entgegengesetzten, S. 501, Dr. _Lushington_ in The Magellan Pirates (typischer Ausdruck der herrschenden englischen Ueberzeugung, streng kriminalistisch: "All persons are held to be pirates who are found guilty of piratical acts, and piratical acts are robbery and murder upon the high seas.... it was never, so far as I am able to find, deemed necessary to inquire whether the parties so convicted had intended to rob or to murder on the high seas indiscriminately." The Mag. Pir. waren chilenische Aufstaendische). 155 § 23, Nr. 21; Instruktion von 1877, II: "Wird ein Kommandant auf hoher See ... den Akt einer Seeraeuberei _oder deren Vorbereitung_ gewahr, so steht ihm das Recht zu ..." 156 s. 4297, 5. Aug. 1861. Dagegen setzen die Queens Regulations von 1899, Art. 450, Begehung piratischer Akte voraus. 157 Die Moeglichkeit strafrechtlicher Tatbestaende dieser Art (formell strafrechtliche, materiell polizeiliche Tatbestaende) ist natuerlich vorhanden. Die Bedingung der Strafe durch eine effektiv verwirklichte bezw. versuchte Rechtsgueterverletzung ist nicht mehr als eine rechtspolitische Forderung. Als Grund fuer den Bruch mit sonst herrschenden strafrechtlichen Prinzipien koennte man die Schwierigkeit des Nachweises der einzelnen piratischen Akte ansehen; aber diese ist fuer die in Betracht kommenden Staaten nicht groesser als fuer diejenigen, deren Strafbestimmungen gegen die Piraterie eine geschehene Rechtsgueterverletzung voraussetzen. 158 Nur setzt der strafrechtliche Tatbestand Zurechnungsfaehigkeit voraus. 159 Die Verschiedenheiten beider Bestimmungen ergibt ihr Text. Niederl. St.G.B. vom 3. Maerz 1881, Art. 381: "Als schuldig aan zeeroof wordt gestraft: 1º met gevangenisstraf van ten hoogste twaalf jaren, hij die als schipper dienst neemt of dienst doet op een vaartuig, wetende dat het bestemd is of het gebruikende om in open zee daden van geweld te plegen tegen andere vaartuigen of tegen zich daarop bevindende personen of goederen, zonder ... 2º gleiche Bestimmung fuer die uebrigen Mitglieder der Besatzung, Gefaengnis bis zu neun Jahren. Portug. St.G.B. vom 16. Sept. 1886, Art. 162: "Qualquer pessoa que commetter o crime de pirataria, commandando navio armado, e cursando o mar, sem commissao de algum principe ou estado soberano, para commetter roubos ou quaesquer violencias, sera condemnado ... § 2: aehnliche Bestimmung fuer die Besatzung. 160 Gesetz von 1825, Art. I, Nr. 1; voellig uebereinstimmend Bras. St.G.B., Art. 106, § 1. _ 161 Baud_, S. 141, uebersieht ganz, dass es sich nur um bewaffnete Schiffe handelt. _Royer-Collard_ (bei _Calvo_, § 489) haelt die Bestimmung fuer rein landesrechtlich. 162 Bei _Dalloz_, Org. marit. 947 ("Lorsqu'il resulte de l'instruction et des renseignements transmis par le ministre des affaires etrangeres, que l'objet d'un armement n'etait pas de commettre des actes de piraterie"). In demselben Sinne hatte sich bei der parlamentarischen Beratung des Gesetzes der Berichterstatter in der ersten Kammer geaeussert (_Pistoye_ et _Duverdy_ I, S. 33). 163 It. Cod. p. l. mar. merc., Art. 324 ("saranno considerate come dedite alla pirateria"); span. Ordonnanz vom 20. Juni 1801, Art. 27 ("y en caso de estar armadas en guerra, sus cabos y oficiales seran tenidos por piratas;" im Gegensatz zu den Vorschriften der anderen Staaten ist hier der Verdacht auf Personen in fuehrender Stellung beschraenkt). 164 S. o. § 1. Richtig _Pistoye_ et _Duverdy_ I, S. 416; _Gessner_, Droit des neutres 1865, S. 388. 165 Piraterie als "Delikt wider das Voelkerrecht", "Voelkerrechtswidrigkeit", "Verletzung des Voelkerrechts" ganz allgemein bei den Englaendern, s. o. S. 20, N. 1. Ferner u. a. bei _Heffter_, § 104; _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 572. Das mexikanische St.G.B. von 1871 behandelt sie in dem Abschnitt: "Delitos contra el derecho de gentes." 166 So _v. Martitz_ I, S. 60. 167 Franzoes. Gesetz von 1825 in allen Artikeln; ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 320; niederl. St.G.B., Art 381; u. a. m. 168 Das niederl. St.G.B., Art. 383, bedroht die Ausruestung als selbstaendiges Delikt im Gegensatz zum Seeraub. Das norwegische St.G.B. kennt ein besonderes Delikt der Ausruestung eines Schiffes zum Zwecke des Raubes, s. o. S. 32, N. 1. 169 Dagegen _Pradier-Fodere_, § 2491. _ 170 Halleck_ I, S. 396 f. bezeichnet private militaerische Invasionen als piracy, so dass Aburteilung "in the courts of any State having custody of the offenders" zulaessig waere. Vgl. ferner _Field_, Art. 83 u. 650. _ 171 Senly_, La piraterie, Pariser These 1902, S. 98 f., konstruiert in der Tendenz, den Einfall _Jamesons_ in die suedafrikanische Republik zu brandmarken, eine "piraterie terrestre". -- Es ist der einzige originelle Gedanke in der fluechtig zusammengeschriebenen Arbeit, deren letztes Kapitel (S. 129 f.) aus _Perels_, Int. oeff. Seer., 1. Aufl. (1884 franzoesisch erschienen) entlehnt ist. 172 S. auch _Perels_, S. 109, 110; _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 574. _ 173 v. Liszt_, S. 211; _Den Beer Poortugael_, S. 182; _Fiore_, Droit international, § 495; Bras. St.G.B. von 1890, Art. 104, § 1; amerik. Rev. Stat. s. 5368. 174 So die herrschende englische Auffassung. The High Court of Admiralty war zustaendig fuer gewisse innerhalb eines besonders abgegrenzten, hauptsaechlich das Meer umfassenden raeumlichen Bezirks ("jurisdiction of the Admiralty;" ueber die Grenzen, die mit denen des staatlichen Seegebietes nicht zusammenfallen, siehe _Stephen_, History of the criminal law II 1883, S. 24 f.) begangene Verbrechen. Piracy ist robbery, soweit sie zur Zustaendigkeit der Admiralitaet gehoert. Vgl. Richter _Jenkins_, 1668, bei _Phillimore_ I, S. 491; Richter _Hedges_, s. o. S. 53, N. 1; _Russell_ I, S. 10; _Stephen_, Art. 108. Stat. pir. ist die Begehung gewisser Verbrechen durch Untertanen in demselben Bezirk, ausdruecklich in 18 Geo. 2 c. 30 (1744), 11 u. 12 Will. 3 c. 7 s. 9 (1698), 5 Geo. 4 c. 113 s. 9 (1824). _ 175 Lawrence_, Principles, S. 210: "outside the territorial jurisdiction of any civilised state," so auch Handbook, S. 65; _Woolsey_, Right of search, S. 16. Diese Abgrenzung bezweckt die Erstreckung des Begriffs auf von hoher See aus in staatlosem Gebiet begangene piratische Akte. _ 176 Hall_, S. 260 (s. o. § 7, II, 1; ihm schliesst sich an _Westlake_, Int. Law 1904 I, S. 177); _Woolsey_, Introduction, S. 233; _Piedelievre_ I, S. 578, N. 10. 177 Franz. Gesetz von 1825, Art. 2; ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 320; mexikan. St.G.B. von 1871, Art. 1127, Abs. 1; oesterr. Mil. St.G.B., § 490. _ 178 Perels_, S. 109: ein auf die Ausuebung von Gewaltakten "auf See" gerichtetes Unternehmen; so auch deutsche "Bestimmungen fuer den Dienst an Bord", § 23, Nr. 21. Ferner niederl. St.G.B. von 1881, s. S. 60, N. 2. 179 So _Baud_ ("de zee doorkruist"); _Casaregis_ ("per mare discurrit"); _Wheaton_, _Ortolan_, _Pradier-Fodere_ ("qui courent les mers"); _Bonfils_ ("entreprend en mer une expedition armee"), s. die Zitate oben S. 54, N. 2-4. Portug. St.G.B. von 1886 ("cursando o mar"), s. o. S. 60, N. 2. _ 180 Pradier-Fodere_, § 2491: "peu importe pour la qualification de ce brigandage, qu'il s'accomplisse en pleine mer ou sur des cotes." 181 Die Anerkennung dieses Beduerfnisses liegt auch den Ansichten der S. 65, N. 4 u. 5 zitierten Autoren zu Grunde. 182 S. o. S. 65, N. 2, 3 und S. 66, N. 1. -- Der Raub an der Kueste von der See aus findet besondere Erwaehnung in dem ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 323, nur fuer die ital. Kueste; und in den am. Rev. Stat. s. 5371 (15. Mai 1820), deren Tatbestand der Report zum Entwurf eines Penal Code 1901, S. XXVIII, als statutory piracy auffasst. 183 Die Angabe bei _Gareis_, _Holtzendorff_ II, S. 573, der gewaltsame Angriff auf Schiffe sei an der Definition unbestritten, ist insoweit nicht zutreffend. _ 184 Hintrager_, S. 69, ist der Ansicht, sie begreife auch Raub auf dem Schiffe. 185 s. 5372: "murder or robbery or any other offense which, if committed within the body of a county, would by the laws of the United States be punishable with death;" s. 5370: "robbery in or upon any vessel, or upon any ship's company of any vessel, or the lading thereof;" stat. pir. nach _Kent_, Int. Law, S. 399 f.; _Wharton_, Crim. Law, § 1862; Report zum Entwurf eines Penal Code, S. XXVI ("yet if it were committed on a foreign vessel it would be manifestly incompetent for the United States to punish such an offense"); s. auch _v. Martitz_, Rechtshilfe I, S. 66, N. 14. _ 186 Hall_, S. 261 ("revolt of the crew and conversion of the vessel and cargo to their own use" in ausdruecklichem Gegensatz zur "attack from without"); _Lawrence_, Principles, S. 209, 210; _Bishop_, § 1059 (und dort zit. Richter _Hedges_ 1696); _Kenny_, S. 315 ("a good example of piracy according to International Law"); _Oppenheim_, § 274; _Wheaton_ I, S. 143, nach dem auch fernere Verbrechen an Bord des Meutererschiffes Piraterie sein sollen, mit ihm uebereinstimmend _Ortolan_ I, S. 239 und _Calvo_, § 492; endlich auch _Hintrager_, S. 70 und _Attlmayr_, Int. Seerecht I, 1903, S. 54. 187 Die Tatbestaende des englischen und des franzoesischen Textes schliessen einander aus; hier interessiert nur, dass die prise par les marins nicht piracy ist. 188 11 und 12 Will. 3 c. 7 s. 9 (1698), sechs Tatbestaende: "(1) if any commander or master of any ship, or any seaman or mariner, shall ... turn pirate, enemy or rebel, and piratically and feloniously run away with his or their ship or ships, or any barge, boat, ordnance, ammunition, goods or merchandizes, (2) or yield them up voluntarily to any pirate; (3) or shall bring any seducing message from any pirate, enemy or rebel; (4) or consult ... with, or attempt ... to corrupt any commander ... or mariner to ... (wie 1 und 2); (5) or if any person shall lay violent hands on his commander, whereby to hinder him from fighting in defence of his ship and goods; (6) or shall confine his master, or make or endeavour to make a revolt in the ship, he shall ... be ... deemed ... a pirate." 189 Rev. Stat. s. 5360 (30. April 1790, 3. Maerz 1835): "if any one of the crew of an _American_ vessel on the high seas ... unlawfully and with force, or by fraud, or intimidation, usurps the command of such vessel from the master or other lawful officer in command thereof, ... he is guilty of a revolt and mutiny." Von piracy ist nicht die Rede. So auch _Wharton_, Int. Law, § 380 f. (S. 463); _Supreme Court_ 1818 bei _Moore_, S. 59. 190 Franzoes. Gesetz von 1825, Art. 4, Nr. 1 ("Tout individu faisant partie de l'equipage d'un navire ou batiment de mer francais qui, par fraude ou violence envers le capitaine ..., s'emparerait dudit batiment"), dazu _Baud_, S. 144 f. ("geene spoor van de eigenlijke zeerooverij") und _Pradier-Fodere_, § 2502; ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 327; brasil. St.G.B., Art. 104, § 3. 191 St.G.B., Art. 386 ("die zich wederrechtelijk van het schip meester maakt"). 192 Uebereinstimmend u. a. _Perels_, S. 110; _Pradier-Fodere_, § 2507; _Piedelievre_ I, S. 586; Mr. _Marcy_, Sec. of State, to Mr. _Starkweather_, 18. Sept. 1854, bei _Wharton_, Int. Law, § 380. -- Die praktische Bedeutung der Frage beweisen die Vorgaenge bei der russischen Flotte im Sommer 1905. 193 Franzoes. Gesetz von 1825, Art. 4, Nr. 2; ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 328; brasil. St.G.B., Art. 104, § 4; England s. o. S. 69, N. 2. 194 Amerik. Rev. Stat. s. 5369 (30. April 1790); brasil. St.G.B., Art. 104, § 5; England s. o. S. 69, N. 2. 195 Vgl. auch _G. F. v. Martens_, Kaper, § 1; _Bynkershoek_, Quaest. iur. publ. L. I, C. XVII, die Barbaresken "piratae non sunt ... et quibuscum nunc pax est, nunc bellum". _ 196 Wheaton_ I, S. 141: "pillant ... les navires de toutes les nations, sans faire d'autre distinction que celle qui leur convient pour assurer l'impunite de leurs mefaits." 197 An Verletzungen der loi de guerre unter den Kriegfuehrenden sind dritte Maechte nicht interessiert. Die im Text bezeichnete etwas seltsame Behauptung findet sich bei _Rosse_, Guide international du commandant de batiment de guerre, 1891, S. 113; _Field_, Art. 766; _Calvo_, § 496 (nur fuer Kaper). Der Gegner ist, wie regelmaessig bei Uebertretung der Kriegsgesetze, zur Ahndung nach Massgabe seines innerstaatlichen Strafrechts befugt, so auch amerik. Naval War Code von 1900, Art. 7 und 8 (eine Instruktion fuer die Marine, inzwischen nach Angabe _Holland's_, Rev. d. dr. i. 1905, S. 369, wieder ausser Kraft getreten) und ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 326 ("ostilita contro nazionali od alleati"). -- Franzoes. Gesetz von 1825, Art. 2, Nr. 3 (altes franzoesisches Recht, Ordonnanz von 1681, Buch III, Tit. IX, Art. 5) und brasil. St.G.B., Art. 105, § 2 (nur fuer Kaper) beduerfen restriktiver Interpretation. 198 Vgl. statt anderer _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 573; _Kenny_, S. 315. 199 "Epaves maritimes" im franzoesischen, "wreck" im englischen Rechte (Merchant Shipping Act, 1894, s. 510 f.) bezeichnet strand- wie seetriftige Gueter; siehe ferner deutsche Strandungsordnung von 1874, § 20 f.; ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 134 f.; norweg. Strandungsgesetz vom 20. Juli 1893, § 1; niederl. Wetboek van Koophandel, Buch II, Tit. 7. 200 Deutsche "Bestimmungen fuer den Dienst an Bord", § 23, Nr. 21 ("in raeuberischer Absicht"); oesterr. Mil. St.G.B., § 490 (Absicht, sich widerrechtlich eines Schiffes oder einer darauf befindlichen Person oder Sache zu bemaechtigen). 201 Piracy ist robbery; _Russell_ I, S. 10, 260; _Stephen_, Art. 108; Richter _Hedges_ (bei _Bishop_, § 1058, N. 3); _Phillimore_ I, S. 488; _Kent_, Int. Law, S. 399; _Bishop_, § 1058; u. a. m. Das englische Recht ist unzweideutig; es schliesst die gewaltsame Zerstoerung von Schiffen und Guetern ausdruecklich aus, indem es sie fuer stat. piracy erklaert, 8 Geo. 1 c. 24 s. 1 (1721), vgl. auch Extradition Act, 1870, First Schedule (getrennt "Piracy by law of nations" und "Sinking or destroying a vessel at sea, or attempting or conspiring to do so"); abweichend _Story_, bei _Walker_ Manual, S. 55, in U. S. v. Brig "Malek Adhel" (dem amerikanischen Rechte fehlt eine der zitierten englischen entsprechende zwingende Bestimmung). Amerik. Rev. Stat. s. 5372 ist stat. pir., s. o. S. 68, N. 2. _ 202 Perels_, S. 109 ("in gewinnsuechtiger Absicht"); _Heffter_, § 104; _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 574 (Absicht, "fremde bewegliche Sachen wegzunehmen"); _Ullmann_, S. 215; _Samios_, S. 43; _Pradier-Fodere_, § 2491 ("le but de commettre des actes de depredation"); _Bonfils_, § 594; _Piedelievre_ I a. a. O.; _Fiore_, Droit international, § 494 f.; _Bynkershoek_, _Baud_, _Casaregis_, _de Broglie_, _Wheaton_, _Ortolan_ s. o. S. 54, N. 1-3; _Klueber_, Voelkerrecht, 2. Aufl. 1851, § 260. Der aelteren Literatur ist die raeuberische Natur des Unternehmens selbstverstaendlich, s. auch _G. F. v. Martens_, Kaper, § 1. _ 203 Despagnet_, S. 523; _Geffcken_ bei _Heffter_, § 104, N. 2; _Bluntschli_, § 343. 204 Franzoes. Gesetz von 1825, Art. 2, Nr. 1 (depredation ou violence a main armee); ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 320 (atti di depredazione o di grave violenza); mexikan. St.G.B., Art. 1127, Abs. 1; brasil. St.G.B., Art. 104, § 1. 205 In ihren dem voelkerrechtlichen angenaeherten Tatbestaenden, niederl. St.G.B., Art. 381 (daden van geweld), portug. St.G.B., Art. 162 (roubos ou quaesquer violencias). _ 206 v. Liszt_, S. 212; _Hartmann_, S. 203; _Calvo_, § 485. In neuerer Zeit auch einige Englaender: _Hall_, S. 258; _Lawrence_, Principles, S. 209; _Kenny_, S. 316; _Walker_, Manual, S. 55. Nach _Rivier_ I, S. 249, sind Gewalttaetigkeiten ohne raeuberische Absicht nicht Piraterie, aber un crime analogue. 207 Nach deutschem Rechte Wegnahme beweglicher Sachen (Diebstahl) unter Beseitigung eines Widerstandes durch physische oder intensive psychische (Drohung mit gegenwaertiger Gefahr fuer Leib oder Leben) Gewalt, § 249 St.G.B. Der Unterschied der Landesstrafgesetze besteht vornehmlich in der Verschiedenheit der geforderten Intensitaet der psychischen Gewalt und in der Erstreckung oder Nichterstreckung des Begriffs auf Faelle, in denen der Besitzuebergang durch eigene Handlung des Beraubten erfolgt (weiter als das deutsche Recht z. B. oesterr. St.G.B. § 190 f. und das englische Recht, Larceny Act, 1861 s. 40 f.). 208 Selbst nicht nach englischer Auffassung, s. o. S. 20, N. 2 ueber 7 Will. 4 und 1 Vict. c. 88 s. 2. -- Mehrere Landesstrafgesetzgebungen enthalten Bestimmungen, die fuer bei Ausuebung piratischer Akte begangene Verbrechen gegen die Person alle Teilnehmer an dem piratischen Akte ohne Ruecksicht auf ihre Beteiligung an dem Verbrechen gegen die Person haften lassen, so franzoes. Gesetz von 1825, Art. 6; ital. Cod. p. l. mar. merc., Art 320; span. St.G.B., Art. 156, Nr. 2-4; niederl. St.G.B., Art. 382; portug. St.G.B., Art. 162, § 1; vgl. auch deutsches St.G.B., § 251. 209 Der letztere Fall, der in der Literatur uebersehen zu werden pflegt, ist nicht ohne Bedeutung (Freigabe gegen Loesegeld). 210 Piraterie und die aeusserste Form der Ueberwindung physischen Widerstandes, Mord und Koerperverletzungen, sind untrennbar. Wenn einzelne englische Autoren und Richter die piracy als "robbery and murder upon the sea" bestimmen (_Travers Twiss_, Int. Law I, S. 291; Dr. _Lushington_ bei _Phillimore_ I, S. 501), so ist wohl murder nicht als ein selbstaendiger piratischer Akt, sondern als das der piratischen robbery gewoehnliche Mittel gedacht. 211 Nach deutschem Strafrecht liegt letzterenfalls Erpressung vor, wie auch dann, wenn die Drohung nicht eine solche mit gegenwaertiger Gefahr fuer Leib oder Leben ist. 212 Das Motiv des Unternehmens, wie es in diesem unmittelbar zum Ausdruck kommt. Die mittelbaren Motive koennen anderer Art sein. 213 Eine in dieser Beziehung sehr aehnliche Erscheinung ist das gewerbsmaessige Schmugglertum. _ 214 Ortolan_ I, S. 232, sie sind auf dem Meere, was auf dem Lande "ces bandes organisees volant et assassinant sur les grandes routes"; _de Broglie_ s. o. S. 54, N. 2; _Pradier-Fodere_, § 2491, "leur criminel metier (en prenant ce mot pour exprimer ce qu'on a coutume de faire)". Sehr bemerkenswert _Stephen_, Crim. Law, S. 78, N. 1: "The language of several of the statutes given in Articles 112, 113, and 114 [8 Geo. 1 c. 24 s. 1; 11 u. 12 Will. 3 c. 7 s. 9] seems to imply that a pirate is the name of a known class of persons, like a soldier or sailor, and that a man may be a pirate though he has never actually robbed, as he may be a soldier though he has not actually fought" (Text der zit. stat. s. o. S. 35, N. 2 und S. 69, N. 2). 215 Es koennte nach mehreren Stellen scheinen, als teile _Hall_ _Bluntschlis_ Standpunkt, etwa S. 258: "When the distinctive mark of piracy is seen to be independence or rejection of state or other equivalent authority ..." Aber der wahre Sinn dieser und aehnlicher Stellen wird klar, wenn er (S. 257) erklaert: "A pirate either belongs to no state or organised political society, _or by the nature of his act_ he has shown his intention and his power to reject the authority of that to which he is properly subject." Im Sinne englischer Denkweise ist ihm die Piraterie ein einzelner Gewaltakt; die angebliche "distinctive mark" des Tatbestandes betrachtet er nicht als konstitutives Merkmal desselben, sondern als mit ihm gegeben, nicht als Voraussetzung, sondern als Folge des Tatbestandes. Vgl. aber S. 85, N. 3. -- Die Unrichtigkeit seiner Auffassung liegt auf der Hand. Man kann nicht behaupten, dass ein Nationalschiff, das etwa einen Akt unerlaubter Selbsthilfe begeht, um dann friedlich seinen Weg fortzusetzen, sich willens und imstande gezeigt haette, die Autoritaet der heimischen Staatsgewalt abzuschuetteln; man muesste anderenfalls durch ueberhaupt jedes Verbrechen eine solche Absicht und Faehigkeit erwiesen sehen. _ 216 Hall_, S. 259; _Rougier_, S. 285; _Bishop_, § 1058. 217 Die Definition laesst eine Vergleichung zu mit derjenigen des "politischen Verbrechens", die in diesem einen fest umgrenzten Komplex strafrechtlicher Tatbestaende sieht (objektive Theorie). 218 Mit solchen Staaten koennen Vertragsbeziehungen bestehen, groesstes historisches Beispiel die vormaligen Beziehungen der christlichen und der mohammedanischen Welt. Partielle Geltung einer Rechtsordnung fuer insoweit mit Rechtspersoenlichkeit ausgestattete, der Rechtsgenossenschaft nicht angehoerende Personen ist eine ganz gewoehnliche Erscheinung. 219 Ueber die Beziehungen zu dem im Buergerkriege befindlichen Staate selbst siehe unten III, 1 a. A. 220 Gegensatz: Voelkerrechtliche Verpflichtung zur Nichtausuebung der vorhandenen Faehigkeit. 221 S. o. S. 30, N. 1, Verurteilung autorisierter malayischer Piraten. 222 Vgl. _Triepel_, S. 349; ueber das voelkerrechtliche Delikt im allgemeinen _v. Liszt_, S. 185 f. 223 Sie ist, soviel wir sehen, nirgends behandelt. 224 Wie das Kriegsrecht zeigt. So ist z. B. aus Art. 1 der Haager Konvention ueber die Gesetze und Gebraeuche des Landkrieges zu entnehmen, dass Beteiligung am Kampfe ohne Vorliegen der in diesem Artikel bestimmten Voraussetzungen trotz landesrechtlicher Autorisierung oder staatlichen Befehls strafrechtliche Verantwortung gegenueber dem bekaempften Staate begruendet. 225 Darueber, wann sie eintritt, s. u. III. Im Kriege ist sie ohnehin gegeben. 226 Dies scheint _Bluntschli_, § 349, anzunehmen. 227 Vgl. auch _Lawrence-Wheaton_, Commentaire, Leipzig 1868 I, S. 162; Dr. _Lushington_ bei _Phillimore_ I, S. 501: "Even an independent State may ... be guilty of piratical acts." _ 228 v. Martitz_, Rechtshilfe I, S. 50. 229 Der Staat haftet fuer die eigene Unterlassung; so die durchaus herrschende Meinung seit _Grotius_ und _Pufendorf_. Die gegen sie gerichteten Ausfuehrungen _Triepels_ (S. 324 f.), wonach der Staat fuer die Tat des einzelnen hafte (S. 384: "nicht _wird_ der Staat erst, wie es immer heisst, durch seine Indolenz verantwortlich fuer die Tat, sondern er war verantwortlich und bleibt es, wenn er verabsaeumt, wozu er wegen der Tat verpflichtet ist"), verwandeln die mit der Anerkennung des Staates gegebene selbstaendige Pflicht der Bestrafung und die Haftung fuer verschuldete Versaeumnis dieser Pflicht in eine einheitliche Haftung fuer fremdes Verschulden. Diese kuenstliche Konstruktion ist nicht notwendig. Es ist eine blosse Konstruktion, denn dass der Inhalt der Haftung bei hinzutretendem Verschulden des Staates ein anderer wird, erkennt auch _Triepel_ an (die urspruengliche Pflicht ist die Pflicht der Bestrafung, "zur Entstehung der Reparationsverbindlichkeit bedarf es nun allerdings nach der gegenwaertig herrschenden Staatenpraxis einer zur Verletzung durch den einzelnen hinzutretenden Verschuldung seines Staates"). 230 Es entscheidet der Zeitpunkt, in dem das Piratenschiff das Jurisdiktionsgebiet des Staates verlaesst. _ 231 Woolsey_, Introduction, § 213, bemerkt richtig, dass auch gegenueber Kriegsschiffen ein Durchsuchungsrecht bei Piraterieverdacht besteht. 232 Dies tut u. a. _Oppenheim_, § 273. Meist uebergeht die in Frage kommende Literatur den Punkt mit Stillschweigen. _Hall_, S. 264, hilft sich ueber die Schwierigkeit, indem er hier ploetzlich die Loesung des Schiffes vom Heimatstaate, die doch sonst mit dem piratischen Gewaltakte gegeben sein soll (s. o. S. 79, N. 1), als ein konstitutives Merkmal des Begriffes einfuehrt ("it cannot be treated as a pirate unless it has evidently thrown off its allegiance to the state"). 233 In dem Vertrage ueber den Schutz der unterseeischen Telegraphenkabel, Art. 10, ebenso im Quintuplevertrag, Art. 4, ist die Ausuebung der in ihnen geregelten internationalen, seepolizeilichen Hoheitsrechte gegen Kriegsschiffe untersagt. In beiden Vertraegen stehen nur einzelne Handlungen (im Gegensatz zu gewerbsmaessiger Veruebung von Gewaltakten) in Frage 234 Z. B. stand im amerikanischen Rechte bis zu der Akte vom 15. Januar 1897 auf alle Faelle der piracy Todesstrafe. 235 So ist die Charakterisierung illegaler Kaperei als Piraterie zu verstehen. 236 Im aelteren englischen Rechte, s. o. § 2, III, 1. _ 237 Perels_, S. 104, zaehlt hierhin: "1. nach partikulaerem Recht Schiffe, die den Negersklavenhandel betreiben; 2. Kaper unter gewissen Umstaenden; 3. Schiffe, welche ohne Flagge oder unter einer von keiner Staatsgewalt sanktionierten Flagge fahren, oder solche, die eine Nationalflagge usurpieren und unter derselben Gewaltakte ausueben." Im Zusammenhang mit der letzten Gruppe behandelt er namentlich auch die Kriegsschiffe Aufstaendischer. 238 S. o. § 12, II, 2. Es kommen nicht nur piratische Akte in Frage. 239 Eine solche Massnahme ist rechtlich moeglich, vgl. auch die deutsche Allgemeine Dienstinstruktion fuer die Konsulate vom 6. Juni 1871, zu § 30 des Konsulargesetzes, wonach der Konsul einem deutschen Schiffe eroeffnen kann, dass es, "solange es die Nationalflagge nicht fuehrt, als ein deutsches nicht angesehen werden koenne, also weder des Schutzes seitens des Konsulats, noch der Rechte werde teilhaftig werden, welche die Vertraege mit dem Auslande den deutschen Schiffern einraeumen." 240 Eine derartige einseitige Ablehnung hebt die Verantwortlichkeit nicht auf; fuer sie gelten nach wie vor die allgemeinen Grundsaetze (s. o. § 12 III). 241 Der Huascar, 1877, wurde in den peruanischen Hoheitsgewaessern angegriffen, die Crete a Pierrot lag im innersten Hafen von Gonaives vor Anker; s. naeher S. 94, N. 4. 242 Nur auf das Kuestenmeer bezieht sich die Streitfrage ueber die Zulaessigkeit der Verfolgung eines Piratenfahrzeuges in fremde Hoheitsgewaesser; s. _Perels_, S. 115. 243 Vgl. _Perels_, S. 111; _Pradier-Fodere_, § 2510, 2511; _Piedelievre_ I, S. 587; _Rougier_, § 64-66; Journal de droit int. prive 12 (1885), S. 661 f. Abweichend _Geffcken_ bei _Holtzendorff_ IV, S. 576 f. (seine Ausfuehrungen sind sehr fluechtig). 244 Wie _Hall_ auch _Lawrence_, Principles, S. 211. 245 "Its [piracy] essence consists in the pursuit of private, as contrasted with public, ends." 246 Die Begruendung ist auffaellig, da _Hall_ im allgemeinen die Richtung gegen alle Nationen der Piraterie nicht wesentlich haelt. 247 Ob eine "politisch organisierte Gemeinschaft" vorliegt, ist "a question of fact", S. 260. 248 So auch _Kenny_, S. 315; _Walker_, Manual, S. 56, N. 1. Abweichend _Perels_, S. 175 ("Autorisation eines Praetendenten"); _v. Liszt_, S. 211 (er aeussert sich nur ueber Kaperschiffe); _Phillimore_ I, S. 506 f. (Kaper Jakobs II.). _G. F. v. Martens_, Kaper, § 11, ist unentschieden. 249 Deutsche "Bestimmungen fuer den Dienst an Bord", § 21, Nr. 16; Queens Regulations von 1899, Art. 450; Regulation for the Government of the navy of the United States von 1900, Art. 306. 250 Praezedenzfaelle bei _Perels_, S. 110 f., _Rougier_, § 65 und besonders _Pradier-Fodere_, § 2510 f. 251 Von dem Grundsatze der Nichtintervention gehen die Maechte auch bei Aufforderung der durch die Revolution bedrohten Regierung nicht ab; der Aufforderung Spaniens in dem Buergerkriege von 1873 (Dekret vom 20. Juli; ferner Note an Grossbritannien, Staatsarchiv 1874, Nr. 5218), die Rebellenflotte als Piraten zu behandeln, kamen sie nicht nach, s. Staatsarchiv 1874, Nr. 5219 (Grossbritannien), 5226 (Frankreich), 5227 (Deutschland). Aehnlich brasil. Erklaerungen gegenueber Aufforderungen Argentinas 1873 (Fall der Portena, _Pradier-Fodere_, § 2511) und Spaniens 1877 (Montezuma, _Pradier-Fodere_ a. a. O.). Das egoistische Interesse schwacher Regierungen ist kein Interesse der Voelkerrechtsgemeinschaft. 252 England: der Huascar, 1877 (Bericht bei _Pradier-Fodere_, § 2512, _Halleck_ I, S. 388 f.), ein peruanisches Kriegsschiff in den Haenden von Aufstaendischen, hatte englische Handelsschiffe angehalten und von einem derselben Kohlen weggenommen; er wurde von englischen Kriegsschiffen in den peruanischen Gewaessern angegriffen, entkam aber; in Suedamerika entstand eine grosse politische Erregung gegen England (die Darstellungen _Pradier-Fodere's_ und _Calvo's_ sind durch sie beeinflusst); die englische Regierung erklaerte im Unterhause nicht ohne Widerspruch (_W. Harcourt's_, s. _Geffcken_ bei _Holtzendorff_ IV, S. 570) den Huascar fuer einen Piraten. In demselben Sinne in dem spanischen Buergerkriege von 1873 das auswaertige Amt an die Admiralitaet, 24. Juli 1873, Staatsarchiv 1874, Nr. 5219 (vgl. S. 94, N. 3). Deutschland: am 6. Sept. 1902 bohrte der "Panther" das in den Haenden Aufstaendischer befindliche haitanische Kanonenboot Crete a Pierrot, das am 2. Sept. in den haitanischen Gewaessern von dem deutschen Dampfer Markomannia der haitanischen Regierung gehoerige Waffen weggenommen hatte, im Hafen von Gonaives in den Grund; Bericht Marinerundschau 1902, S. 1189 f., ferner Besprechung in der Rev. gen. 1903, S. 315 f. Die Berechtigung des Vorgehens ist ohne Zweifel; es war eine repressive Intervention mangels Funktionierens der staatlichen Strafrechtspflege; die -- politisch gehaessige -- Besprechung in der Revue generale, die Deutschland des Voelkerrechtsbruches beschuldigt, geht davon aus, dass die Wegnahme der Waffen rechtmaessig gewesen sei, da die Markomannia sich durch den Transport derselben einer Verletzung des Prinzips der Nichtintervention in Buergerkriegen schuldig gemacht habe und die Waffen demzufolge _Kontrebande_ im Sinne des Voelkerrechtes gewesen seien; die Auffassung ist seltsam verworren ("Les devoirs imposes aux Etats par la non-intervention sont sensiblement les memes que ceux de la neutralite, mais ils affectent le caractere d'une obligation morale plutot que d'une obligation juridique"); ein Minimum juristischer Bildung genuegt, ihre Unhaltbarkeit zu erkennen. Die deutsche Regierung bezeichnete die Crete a Pierrot als Seeraeuber (Marinerundschau, S. 1189). Die amerikanische Regierung soll dem nicht beigestimmt haben, weil die Beschlagnahme der Waffen innerhalb der Dreimeilenzone stattgefunden hatte (piracy, ein Akt upon the high seas, Rev. Stat. s. 5368), ohne die Berechtigung des deutschen Eingreifens zu bestreiten (Koeln. Zeitung 1902, Nr. 707). 253 Waere der "Huascar" aus dem Rechtsgrunde der Piraterie angegriffen worden, so wuerde in der Tat "une flagrante violation de l'immunite territoriale" (peruanische Regierung, _Pradier-Fodere_, § 2512) vorgelegen haben. Nicht anders in dem Falle der Crete a Pierrot, s. auch vorige Note a. E. 254 Erklaerung des Attorney-General im Unterhause, _Halleck_ I, S. 390: "In strictness the crew of the 'Huascar' were pirates, and might have been treated as such; but it was one thing to say that, according to the strict letter of the law, people have been guilty of acts of piracy, and another to advise that they should be tried for their lives and hanged at Newgate;" die Queens Regulations (Art. 450 der Fassung von 1899, gegen damals nicht veraendert) schreiben aber sehr deutlich vor, dass wahre Piraten dem naechsten zustaendigen Gerichte zuzufuehren sind, "that they may be dealt with according to law". Auch das deutsche Vorgehen gegen die Crete a Pierrot war von strafprozessualen Gesichtspunkten frei, der Besatzung wurde freier Abzug gewaehrt. 255 Die Repression der Piraterie ist eine voelkerrechtliche, die Intervention eine staatsrechtliche Pflicht (Schutzpflicht). Deutschland, s. die Angaben in N. 2. Frankreich, ebenda und decret sur le service a bord vom 20. Mai 1885, Art 138. England, Queens Reg. von 1899, Art. 450, zweiter Teil in Verbindung mit Art. 447, ferner sehr deutlich Auswaertiges Amt an die Admiralitaet 24. Juli 1873 (Staatsarchiv 1874, Nr. 5219): "If such vessels commit any acts of piracy affecting British subjects or British interests, they should be treated as pirates ... but if they do no such act they should not be interfered with," im Gegensatz zu der die wahre Piraterie betreffenden Anweisung der Queens Regulations, Art. 450, erster Teil, die ausdruecklich auch "piratical acts against the vessels and goods of the subjects of any Foreign Power in amity with Her Majesty" als Grund zum Einschreiten nennt. Vereinigte Staaten, Regulation for the Government of the navy von 1900, Art 306. Brasilien, Anweisung des Ministers des Auswaertigen in der Affaire der Portena (s. o. S. 94, N. 3), bei _Pradier-Fodere_, § 2511: "Nos escadres ne traitent pas comme pirates les navires soupconnes d'appartenir aux insurges d'une nation, si ce n'est dans le cas ou ces navires porteraient atteinte au pavillon bresilien, aux personnes ou aux proprietes bresiliennes." 256 Deutschland, 9. Aug. 1873, deutscher Botschafter an den englischen Minister des Auswaertigen, Staatsarchiv 1874, Nr. 5227 (Uebersetzung): "In this question my Government takes as basis: 1. In principle, non-intervention ... 2. Limiting military action exclusively to the protection of German life and property;" ferner Bestimmungen fuer den Dienst an Bord, § 21, Nr. 16, Abs. 2: "Ein Einschreiten ist in solchen ... Faellen [gegen "Schiffe, welche im Besitz von Aufstaendischen sind"] nur so weit zulaessig, als dies zum Schutz des Lebens, der Freiheit oder des Eigentums deutscher Reichsangehoeriger erforderlich ist und die Gefahr auf andere Weise nicht abgewendet werden kann." Frankreich, Instruktion an die Schiffskommandanten vom 4. Aug. 1873, Staatsarchiv 1874, Nr. 5226, kein Einschreiten gegen die Schiffe der Aufstaendischen ausser dem Falle "que vous auriez a faire usage du droit de protection qui vous incombe en vertu de vos fonctions". Vereinigte Staaten, Forderung der intention of general hostility (s. o. S. 57, N. 1), so auch Botschaft des Praesidenten _Cleveland_ vom 8. Dez. 1885 (_Perels_, S. 112, N. 1): "... neither could the vessels of insurgents against the legitimate sovereignty be deemed hostes humani generis within the precepts of international law" (anders die Proklamation _Lincolns_ vom 19. April 1861 betreffend die Flotte der Suedstaaten). -- Auf dem richtigen Wege auch Dr. _Lushington_ in The Magellan Pirates bei _Phillimore_ I, S. 498 f., Handlungen Aufstaendischer gegen den eigenen Staat sind nicht Piraterie, "it does not follow that rebels and insurgents may not commit piratical acts against the subjects of other States, _especially if such acts were in no degree connected with the insurrection or rebellion_". 257 Die hauptsaechlichste Gewaehr gegen ihr Wiederaufleben liegt in der modernen Einrichtung der "freiwilligen Flotte", "Hilfsflotte"; vgl. auch spanisches Dekret vom 24. April 1898 (Rev. gen. 1898, S. 761), Art 4: "Le gouvernement espagnol, maintenant son droit de conceder des patentes de course ... organisera, pour le moment, avec des navires de la marine marchande, des croiseurs auxiliaires de la marine militaire." 258 So franzoes. Arrete du gouvernement vom 22. Mai 1803; span. Ordonnanz vom 20. Juni 1801. 259 Versuch ueber Kaper, 1795. Die zahlreichen, meist tendenzioesen, modernen Schriften ueber das Thema erreichen _Martens'_ Abhandlung weder an Vollstaendigkeit noch an Durchdringung des Materials. _ 260 G. F. v. Martens_, § 5 u. 6 ("sofern man also den Unterschied zwischen unseren Kapern und den Seeraeubern darin setzt, dass erstere mit besonderer Erlaubnis einer kriegfuehrenden Macht versehen sind ..."); s. auch oben S. 38, N. 6. _ 261 Wheaton_ II, S. 18; _Kenny_, S. 316 ("Even though their action be spontaneous and without any commission at all from the Power whose interests they serve"); _Piedelievre_ I, S. 585. Abw. v. _Liszt_, S. 335. 262 Vgl. auch § 12, II, 2. Es ist geschehen im ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 322 ("senza essere provveduta di lettere di marco", eine Voraussetzung, die die einer Autorisation als das kleinere einschliesst) und im brasil. St.G.B., Art 105, § 1, waehrend z. B. das franzoes. Gesetz von 1825 eine dahingehende Bestimmung nicht enthaelt (Art 2, Nr. 2: "un navire ... etranger, lequel, _hors l'etat de guerre_ ... commettrait lesdits actes envers des navires francais ..."). 263 Denn sie widerspricht den Kriegsgesetzen. Preuss. Allgem. Landrecht I, 9, § 206 (noch in Geltung): "Wer ohne diese [Kaperbriefe] auf Kaperei ausgeht, wird als ein Seeraeuber angesehen;" so auch hollaend. Gesetz von 1597 (_Baud_, S. 79 f.) und darauf gestuetzt _Bynkershoek_, Quaest. Jur. Publ. L. I, C. XVII. Im allgemeinen betrachtet der Heimatstaat das Schiff nicht als Piraten, vgl. franzoes. Gesetz von 1825, Art. 2, Nr. 1 (Gewaltakte franzoesischer Schiffe Piraterie nur, wenn gerichtet "envers des navires francais ou des navires d'une puissance avec laquelle la France ne serait pas en etat de guerre") und brasil. St.G.B., Art. 104, § 1. Ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 322, Abs. 2 und span. St.G.B. von 1870, Art. 155, Abs. 2 bezeichnen zwar die Handlungen als piratische, stellen aber einen wesentlich milderen Strafrahmen fuer sie auf; das spanische St.G.B. von 1848 liess sie noch straflos. Ueber das englische Recht s. folgende Note. 264 Strafbarkeit ausgeschlossen im franzoesischen (s. S. 98, N. 3), italienischen (Cod. p. l. mar. merc., Art. 321, Gewalthandlungen fremder Schiffe nur, wenn "fuori dello stato di guerra" begangen, als Piraterie bezeichnet und strafbar) und brasilischen (St.G.B., Art. 105, § 1) Rechte. Dementgegengesetzt scheinen die Queens Reg., Art. 450 (und aehnlich schon die Naval Reg. von 1787 und 1826, bei _Halleck_ II, S. 12, N. 1): "Should any armed vessel, not having a Commission of War ... from a Foreign de facto Government, commit piratical acts and outrages against the vessels and goods of Her Majesty's subjects, or of the subjects of any other Foreign Power in amity with Her Majesty ... such vessel is to be seized ...;" wenn aber, wie daraus ersichtlich, das englische Recht den Angriff fremder Schiffe auf Feinde Englands nicht als Piraterie betrachtet, so kann es sich nicht wohl berufen fuehlen, ihre Hostilitaeten gegen Feinde ihrer eigenen Nation als solche zu reprimieren. 265 So die durchaus herrschende Meinung. _G. F. v. Martens_, Kaper, § 14; _Nau_, Grundsaetze des Voelkerseerechts, 1802, S. 395; _Perels_, S. 174; _Ortolan_ I, S. 246; _Wheaton_ I, S. 142; _Phillimore_ I, S. 503; _Hall_, S. 262; _Woolsey_, Introduction, S. 234; u. a. m. Abweichend _Pradier-Fodere_, § 2506; _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 581. Der Fall ist besonders genannt im niederl. St.G.B., Art. 381, Abs. 2. 266 Die Autorisation ist rechtsfoermig, Ausserachtlassung der Form eine Voelkerrechtsverletzung. Wie der Text _G. F. v. Martens_, Precis, § 288: "Celui qui, sans lettres de marque, commettrait des hostilites sur mer, peut etre puni comme pirate, tant par l'ennemi que par son souverain;" so auch Kaper, § 10. Das englische (s. S. 99, N. 5), italienische (S. 98, N. 3) und brasilische (S. 98, N. 3) Recht erklaeren den Kriegsgegner ohne Kaperbrief fuer einen Piraten; nach deutschem Rechte wuerden die Bestimmungen des St.G.B. ueber Mord, Raub usw. Anwendung finden. 267 Piraterie soll vorliegen nach _Saripolos_, Griechisches Strafrecht, 1870, § 561 {~GREEK SMALL LETTER GAMMA~} und _Senly_, La piraterie, 1902 (s. o. S. 64, N. 5), S. 79. Dagegen betrachten _v. Liszt_, S. 336 und _Piedelievre_ I, S. 585, den Kaper selbst als ueberhaupt nicht verantwortlich. Richtig Revue generale IV, 1897, S. 695: "L'abolition de la course aurait eu pour effet de permettre a chacun d'eux [Griechenland und der Tuerkei] de considerer les corsaires de l'autre comme pirates." 268 Vgl. _G. F. v. Martens_, Kaper, § 18 (bei Wegnahme von Schiffen in den Fluessen des Feindes wird der Kaper nicht "als rechtmaessiger Feind angesehen, sondern als Seeraeuber gestraft") und dort Note o Nachweisungen ueber das Landesrecht; _Baud_, S. 95 f. (niederl. Placaat vom 24. Februar 1696 und mehrere spaetere setzen Todesstrafe auf das blosse Eindringen feindlicher Kaper in die niederlaendischen Fluesse); _Wheaton_ II, S. 87. 269 Hierzu _G. F. v. Martens_, Kaper, § 10; _Perels_, S. 174. 270 Nicht Piraterie (kein Einschreiten des neutralen Staates) _Wheaton_ I, S. 141; _Kent_, Int. Law, S. 409; _Woolsey_, Introduction, S. 234; _Phillimore_ I, S. 503; _Ortolan_ I, S. 239; _Pradier-Fodere_, § 2503; _Piedelievre_ I, S. 584. Der Heimatstaat ist voelkerrechtlich verantwortlich, wenn die Verfolgung der Entschaedigungsansprueche der Neutralen vor seinen Gerichten nicht zum Ziele fuehrt, amerik.-englischer Schiedsvertrag vom 19. Nov. 1794, Art. 7 (_La Fontaine_, Pasicrisie internationale 1902, S. 5). 271 Nicht Piraterie: _Bynkershoek_, Quaest Jur. Publ. I, XVII; _Fiore_, Droit int., § 495; _Samios_, S. 37. Abw. _Rivier_ II, S. 259. 272 Doch bedrohen Brasil. St.G.B., Art. 104, § 2 und Niederl. St.G.B., Art. 381, Abs. 2 Ueberschreitungen der Kommission ganz allgemein (nicht in Beschraenkung auf Verletzungen der eigenen Interessen) als piratische Akte. _Perels_, S. 173 f. und 110, bezeichnet die im Text beschriebenen Tatbestaende als "Quasipiraterie", ohne sich ueber die Rechtsfolgen (ob internationale Verfolgung) naeher auszulassen. 273 Eine Aeusserung darueber, ob sich der autorisierende Staat einer Voelkerrechtsverletzung schuldig mache, sucht man in der Literatur vergeblich; auch das Landesrecht ergibt nichts darueber. 274 Franzoes. Ordonnanz von 1681, Buch III, Tit. IX, Art. 5: "Tout Vaisseau ... ayant Commission de deux differens Princes ou Estats, sera ... de bonne prise; et s'il est Arme en Guerre, les Capitaines et Officiers seront punis comme Pirates," aehnlich Kapereireglement vom 22. Mai 1803 und jetzt Gesetz von 1825, Art. 1, Nr. 2. Span. Kapereiordonnanz vom 20. Juni 1801, Art. 27. Ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 325. Brasil. St.G.B., Art. 105, § 3. Niederl. Placaat vom 29. Januar 1658 (_Baud_, S. 91). Die Bestimmungen beziehen sich auch auf auslaendische Schiffe und Nichtuntertanen. Doch zwingt der ganze Komplex von Vorschriften nicht unbedingt zu der Annahme, dass ihm die Auffassung der Gleichheit des Tatbestandes mit dem der Piraterie zugrunde liegt. Denn die prisenrechtlichen Vorschriften (franzoes. Ordonnanz von 1681 und Kapereireglement von 1803, span. Ordonnanz von 1801) denken wohl daran, dass sich die mehrfache Kommissionierung bei der Kontrolle fremder Kaper durch franzoesische bezw. spanische Kriegsschiffe (ueber die Zulaessigkeit einer solchen Ueberwachung vgl. _Hall_, S. 526) herausstellt; und die strafrechtlichen setzen nicht notwendig Inanspruchnahme eines Aufbringungsrechtes in einem ihnen entsprechenden Umfange voraus. _ 275 G. F. v. Martens_, Kaper, § 14; _Phillimore_ I, S. 503; _Pradier-Fodere_, § 2506; auch _Perels_, S. 174. 276 So _Ortolan_ (im Zusammenhang mit seiner Ansicht, dass Kaperei durch ein nicht dem autorisierenden Staate angehoeriges Schiff Piraterie sei) I, S. 246; wie er _Calvo_, § 496. -- _Bynkershoek_, Quaest Jur. Publ. I, XVII (im Anschluss an die niederlaendische Gesetzgebung, s. S. 101, N. 4) und _Rivier_ II, S. 259, scheinen allgemein Piraterie anzunehmen. 277 Nicht einmal dem Staate, dessen Nationalflagge missbraeuchlich gefuehrt wird, steht die Befugnis der Kontrolle auf hoher See zu, vgl. die Schlussbestimmung in § 3 b der deutschen Verordnung vom 21. Aug. 1900 (die Kriegsschiffe haben die unbefugte Fuehrung der Nationalflagge zu verhindern) in Verbindung mit den "Bestimmungen fuer den Dienst an Bord" von 1903, § 23, Nr. 11 f (Einschreiten auf hoher See nur bei Uebertretung der Verordnung durch _deutsche_ Handelsschiffe gestattet). Beilaeufig hat die erwaehnte Bestimmung des § 3 b in dem § 22 des Flaggengesetzes, in dessen Ausfuehrung die Verordnung von 1900 ergangen ist, keine Grundlage. _ 278 Vattel_ L. III, C. XV, § 229; _G. F. v. Martens_, Kaper, § 13 ("nichts hindert, auch Untertanen neutraler oder alliierter Maechte Markbriefe zu geben, wenn diese in dem Fall sind, sie nachsuchen zu koennen"); _Pradier-Fodere_, § 2505; _Kent_, Int. Law, S. 410; _Hall_, S. 262 f. ("some writers hold, that usage ought to be modified"); _Halleck_ I, S. 398 Note; _Travers Twiss_, Int. Law II, S. 419. 279 Der Gegner kann die Besatzung strafrechtlich verantwortlich machen; so wohl _Phillimore_ I, S 504: "That such a vessel is guilty of a gross infraction of International Law, that she is not entitled to the liberal treatment of a vanquished enemy, is wholly unquestionable; but it would be difficult to maintain that the character of piracy has been stamped upon such a vessel by the decision of International Law." _ 280 Perels_, S. 172 f.; _Ortolan_ I, S. 243 f.; _Bonfils_, § 1273; _Rivier_ II, S. 259. 281 Die Frage ist zu bejahen. So _G. F. v. Martens_, Kaper, § 13 ("da es aber der Neutralitaet nicht gemaess ist, zu gestatten, dass Untertanen durch dergleichen Kapereien den einen kriegfuehrenden Teil unterstuetzen und dem anderen schaden, so verbieten alle Staaten ueberhaupt Markbriefe von einer fremden Macht ohne Erlaubnis ihres Souverains anzunehmen, und viele Vertraege verpflichten sie sogar, ... ihren Untertanen dieses zu untersagen." Er faehrt fort: "Gleichwohl ist die kriegfuehrende Macht, wider welche sie solche Markbriefe erlangt haetten, nicht berechtigt, sie als Seeraeuber zu behandeln"); _Heffter_, § 148. 282 Vgl. N. 2. Sie haben den Sinn der Erfuellung einer Neutralitaetspflicht, doch wird namentlich den aelteren auch das rein egoistische Interesse der Erhaltung der Schiffe fuer den eigenen Staat zugrunde liegen. Dass die Bestimmungen nicht zur Begruendung der Ansicht herangezogen werden koennen, die Piraterie im Sinne des Voelkerrechts behauptet, ergibt mit aller Klarheit der haeufige Zusatz: "ohne Erlaubnis der Regierung" und dann die Tatsache, dass ueberhaupt nur ein Teil von ihnen die Handlung als Piraterie bezeichnet. Solche Verbote sind: Franzoes. Ordonnanz von 1681, L. III, Tit. IX, Art. 3 ("defendons a tous nos Sujets de prendre Commission d'aucuns Roys ... estrangers, pour ... courir la Mer sous leur Banniere, si ce n'est par nostre permission, a peine d'estre traitez comme Pirates"); niederl. Placaaten von 1611, 1653 und sonst; englische Verbote im 17. Jahrhundert (Leoline Jenkins bei _Phillimore_ I, S. 492: "'Tis a crime in an Englishman to take commission from any foreign prince, that is in open war with another prince or State ... since his Majesty hath forbid it by various proclamations." Aber: "Yet if a man do take such a commission, or serve under it, then 'tis no robbery to assault, subdue, and despoil his lawful enemy"); s. auch die Angaben bei _G. F. v. Martens_, Kaper, § 13, Note s. Aus neuerer Zeit: englische Foreign Enlistment Act, 1870, s. 4; amerik. Rev. Stat. s. 5281 f. (Neutralitaetsakte vom 20. April 1818); franzoes. Gesetz von 1825, Art. 3, Nr. 1; span. Kapereiordonnanz von 1801, Art. 29; brasil. St.G.B., Art. 104, § 6 (in den drei letztgenannten Gesetzen ist der Tatbestand als Piraterie bezeichnet); niederl. St.G.B., Art. 388; und implicite alle Landesgesetze, die den Eintritt in fremde Kriegsdienste allgemein untersagen. Besonders erwaehnt ferner in zahlreichen Neutralitaetserklaerungen (verschiedenen rechtlichen Charakters), so z. B. oesterr. Erlass vom 25. Mai 1854 (Annahme von Kaperbriefen soll als Versuch des Raubes betrachtet werden) und aehnlich 11. Mai 1859, ital. Dekrete vom 6. April 1866 und 26. Juli 1870. Das Geltungsgebiet der Verbote ist verschieden, z. B. ist die amerik. Neutralitaetsakte von 1818 auf innerhalb des amerikanischen Territoriums, die engl. For. Enl. Act, 1870, auf von englischen Untertanen begangene Handlungen anwendbar. -- Das englische und das amerikanische Recht haben zur Begruendung unbeschraenkter Strafkompetenz Feindseligkeiten englischer bezw. amerikanischer Untertanen gegen ihr Vaterland "under colour of any commission from any foreign prince" fuer piracy erklaert, 11 u. 12 Will. 3 c. 7 s. 8 (1698), 18 Geo. 3 c. 30 (1744), amerik. Rev. Stat. s. 5373 (30. April 1790); der Tatbestand ist ein Fall des Landesverrats. 283 Haeufig haben einzelne Maechte sich vertragsmaessig verpflichtet, ihren Untertanen die Annahme fremder Kaperbriefe zu verbieten, wobei mehrfach, aber nicht einmal in der groesseren Zahl der Faelle, der reprobierte Tatbestand als Piraterie qualifiziert wurde. Wie man aus diesen Vertraegen herauslesen will, dass jeder nicht nationale Kaper Pirat im Sinne des Voelkerrechts sei (_Bonfils_, § 1273), ist ganz unerfindlich. Eine detaillierte Anziehung des in Frage kommenden Quellenmaterials eruebrigt sich (die aelteren Vertraege siehe bei _G. F. v. Martens_, Kaper, § 13, Note t, die neueren bei _Pradier-Fodere_, § 2505). 284 Placaaten vom 29. Juli 1661, Verbot an jeden Nichtportugiesen, auf portugiesischen Kaperschiffen Dienst zu tun, bei Strafe, als Seeraeuber behandelt zu werden, und vom 11. Maerz 1665, dasselbe gegenueber England (_Baud_, S. 92, 94). 285 Mr. _Randolph_, Sec. of State, to Mr. _Hammond_, 23. Okt. 1794 (_Wharton_, Int. Law, § 383): "The British position that American citizens employed on French privateers in the war with revolutionary France were pirates, is in conflict with settled principles of international law." Mr. _Madison_, Sec. of State, report 25. Januar 1806 (_Wharton_ a. a. O.): "The French decree of June 6, 1803, importing that every privateer of which two-thirds of the crew should not be natives of England, or subjects of a power the enemy of France, shall be considered a pirate, is in contravention of the law of nations." 286 "Je dois faire connoitre a V. E. qu'afin d'empecher, dans l'interet du commerce de toutes les nations, qu'un systeme de piraterie et de brigandage ne s'organise sous le pavillon mexicain, j'ai donne ... aux capitaines des navires de guerre sous mes ordres des instructions dont voici l'extrait: 'Ne seront consideres comme mexicains que les navires armes dans un des ports du Mexique, pourvus d'une lettre de marque reguliere, emanee directement du gouvernement de ce pays, et dont le capitaine et les deux tiers de l'equipage au moins seront nes mexicains. Tout corsaire, sous pavillon mexicain, qui ne satisferait pas a ces conditions, sera considere comme pirate, et, comme tel, traite avec toute la severite des lois de la guerre'" (_Ortolan_ I, S. 449). 287 "Every subject or citizen of any foreign state, who is found and taken on the sea making war upon the United States, or cruising against the vessels and property thereof, or of the citizens of the same, contrary to the provisions of any treaty existing between the United States and the state of which offender is a citizen or subject, when by such treaty such acts are declared to be piracy, is guilty of piracy, and shall suffer death." Vorgeschlagen durch Botschaft des Praesidenten vom 8. Dez. 1846 (bei _Ortolan_ I, S. 242, N. 1), weil die Gefahr der Annahme mexikanischer Kaperbriefe durch spanische Untertanen bestand (entgegen Art. 14 des spanisch-amerikanischen Vertrages vom 20. Okt. 1795). 288 "Seront consideres et juges comme pirates, avec toute la rigueur des lois, les capitaines, patrons officiers des navires qui, n'etant ni nord-americains, ni montes par un equipage aux deux tiers americains, seront captures exercant des actes de guerre contre l'Espagne, meme s'ils sont pourvus de lettres de marque delivrees par la Republique des Etats-Unis" (Revue generale V, 1898, S. 761, N. 1). 289 Vgl. auch _Pradier-Fodere_, § 2505: "Il est bien evident qu'un Etat ... assimilant aux pirates les nationaux de Puissances etrangeres avec lesquelles il est en paix, qui prendraient d'Etats tiers des commissions en course contre lui ..., pourvoit a sa propre defense, a sa propre surete, mais ne peut pas imposer aux Puissances etrangeres, qui n'ont pas les memes interets que lui, les dispositions des lois qu'il a faites." 290 Das folgende gehoert schon nicht mehr zur Abgrenzung des voelkerrechtlichen Tatbestandes der Piraterie. 291 S. o. S. 105, N. 3. _Pradier-Fodere_, § 2504 und _Hall_, S. 263, uebersehen auffaelligerweise diese wesentliche Beschraenkung. -- Das Gesetz ist nicht leicht verstaendlich. Ist die Erteilung der Kaperbriefe unzulaessig, so liegt kein Grund vor, die Strafdrohung auf Faelle zu beschraenken, in denen der Heimatstaat sich seinerseits verpflichtet hat, die Annahme durch seine Untertanen zu verhindern; ist sie zulaessig, so ist der Empfaenger der Kommission als rechtmaessiger Feind zu behandeln. _Pradier-Fodere_, § 2505 und _Travers Twiss_, Int. Law II, S. 419, betrachten denn auch (unter Zugrundelegung der zweiten Alternative) die Bestrafung der Besatzung trotz Bestehens eines Vertrages des in dem amerikanischen Gesetze bezeichneten Inhalts als voelkerrechtswidrig. Ihrer Ansicht duerfte beizutreten sein. Doch ist zu beachten, dass die Behandlung des Kapers nach droit de guerre nur dem Kriegsgegner, nicht auch dem Heimatstaate des Kapers gegenueber rechtswidrig ist, da dieser durch den Vertrag gebunden ist, sein Schutzrecht nicht auszuueben (Wortlaut der Vertraege: "il sera puni comme pirate," "sous peine d'etre considere et traite comme pirate"); die Beschraenkung des amerikanischen Gesetzes hat also immerhin einen guten Sinn. 292 Die franzoesische und die spanische Erklaerung differieren darin, dass die Forderung nationaler Bemannung in der einen absolut, in der anderen alternativ mit der der Staatsangehoerigkeit des Schiffes aufgestellt wird. Die Note _Baudins_, nach Inhalt und Ton ein Produkt europaeischen Ueberlegenheitsgefuehls, droht, auch mexikanische und mit Inlaendern bemannte Kaperschiffe als Piraten zu behandeln, wenn sie nicht in Mexiko ausgeruestet sind. _ 293 Ortolan_ I, S. 243: "Comment, tandis que l'etat reste neutre, les sujets particuliers de cet etat prendraient-ils partie pour l'un ou pour l'autre des belligerants?" Das Voelkerrecht hat allerdings nichts dagegen einzuwenden. 294 So _Hall_, S. 263, 264; _Pradier-Fodere_, § 2504 ("ce navire est couvert, du moins vis-a-vis des Puissances tierces, par la commission qu'il a obtenue"). 295 Die letztere Ansicht bei _Perels_, S. 110. Ueber die Geschichte der Identifizierung siehe _Pradier-Fodere_, § 2513 f. 296 Quintuplevertrag vom 20. Dez. 1841, Art 1. 297 Das Landesrecht regelt fast durchweg Piraterie und Sklavenhandel unabhaengig voneinander (eine Uebersicht ueber die gegen den Sklavenhandel gerichteten Landesstrafgesetze gibt _Kaysel_, Die Gesetzgebung der Kulturstaaten zur Unterdrueckung des afrikanischen Sklavenhandels, Breslau 1905). Abweichend nur das englisch-amerikanische Recht, s. o. S. 35, N. 5. 298 Vgl. _Cauchy_, Le droit maritime international, 1862, II, S. 388: "Assimiler la traite des noirs a la piraterie, c'etait, suivant elle [l'Angleterre], le moyen de faire rentrer sous l'empire de principes deja reconnus un fait anormal." 299 Siehe darueber _Renault_, De la protection internationale des cables telegraphiques sous-marins, Revue de droit international XII, S. 251 f. (S. 258-265) und _Scholz_, Krieg und Seekabel 1904, S. 5 f. BEMERKUNGEN ZUR TEXTGESTALT In der Originalausgabe sind die Anmerkungen als Fussnoten gesetzt; die Zaehlung beginnt auf jeder Seite neu. Die Kombination "{~LATIN SMALL LETTER LONG S~}s" (langes s und rundes s) ist in der elektronischen Ausgabe als "ss" wiedergegeben. Gesperrte Passagen sind durch Unterstrich (_..._) gekennzeichnet, Fettdruck durch Sternchen (*...*). Korrektur offensichtlicher Druckfehler: Seite 8: "Heimatsstaate" in "Heimatstaate" geaendert Seite 16: Punkt hinter "16" ergaenzt Seite 20: "bord" in "board" geaendert Seite 33: "franzoesichen" in "franzoesischen" geaendert Seite 40: Punkt hinter "Kap" ergaenzt Seite 43: Punkt hinter "10" ergaenzt Seite 46: "Kap. 1" in "Kap. I" geaendert Seite 73: Punkt hinter "l" ergaenzt Seite 100: Punkt hinter "S" ergaenzt Seite 101: "Literaturbetrachtet" in "Literatur betrachtet" geaendert Seite 104: "2505." in "2505)." geaendert Seite 114: Semikolon in Punkt geaendert (hinter "S. 15, A. 4") Nicht vereinheitlicht wurden Schreibweisenvarianten ("Voelkerrechts" und "Voelkerrechtes", "Queen's" und "Queens", "Verwandschaft" neben "verwandt"). Fehlende Akzente (z. B. bei "Etat") wurden nicht ergaenzt. ***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER TATBESTAND DER PIRATERIE NACH GELTENDEM VOeLKERRECHT*** CREDITS January 31, 2011 Project Gutenberg TEI edition 1 Produced by Mark C. Orton and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net (This book was produced from scanned images of public domain material from the Google Print project.) A WORD FROM PROJECT GUTENBERG This file should be named 35137.txt or 35137.zip. This and all associated files of various formats will be found in: http://www.gutenberg.org/dirs/3/5/1/3/35137/ Updated editions will replace the previous one -- the old editions will be renamed. Creating the works from public domain print editions means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. 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